Zuschnitt 7777 - proHolz Bayern

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Zuschnitt Zeitschrift über Holz als Werkstoff und Werke in Holz März 2020 Nr. 77 | 20. Jahrgang | Euro 8 | isbn 978-3-902926-35-7   proHolz Austria

                                    zuschnitt 77

       Brandrede für Holz
       Im Brandfall ist Holz berechenbar. Im Brandfall schützt Holz
       sich selbst. Diese Gewissheit spiegelt sich in den gelockerten
       Brandschutzvorschriften für den modernen Holzbau wider.
       Damit wird das Bauen mit Holz immer sicherer und einfacher,
       und das ist gut so.
Inhalt
                                                                  Zuschnitt 77.2020

                                                                  Seite 3                       Seite 12 – 13                   Seite 22 – 23
                                                                  Editorial                     Digital vernetzte Brand-        Lernen vom 60 Meter hohen
                                                                  Text Anne Isopp               schutzplanung Studenten-       ­U nihochhaus im Kanton Zug
                                                                  Seite 4                       wohnheim in Norwegen            Text Clementine Hegner-
                                                                  Essay                         Text Eva Guttmann               van Rooden
                                                                  Riskantes Denken mit Holz     Seite 14 – 16                   Seite 24
                                                                  Text Yves Schihin             Drei Brandschutzexperten im     Brandausbreitung über die
                                                                                                Gespräch Holz brennt überall    Fassade Unterschiedliche
                                                                  Themenschwerpunkt             gleich, und doch unterschei-    Schutzziele in Deutschland,
                                                                  Seite 6 – 7                   den sich die nationalen He-     Österreich und der Schweiz
                                                                  Allgemeine Ziele des Brand-   rangehensweisen                 Text Thomas Engel, Michael
                                                                  schutzes                      Text Anne Isopp                 Merk und Markus Lechner
                                                                  Text Stefan Winter            Literatur
                                                                  Seite 8 – 9                   Seite 17                       Seite 25
Zuschnitt 78.2020 Ausbildung                                      Mit Sprinkler und Rauchent-   Alles F 30                     Seitenware
erscheint im Juni 2020                                            lüftung Interdisziplinäres    Aufstockung in Berlin          Biegen mit Hitze
                                                                  Laboratorium in Linz          Text Claus Käpplinger          Text Michael Hausenblas
                                                                  Text Anne Isopp               Seite 18 – 19                  Biegen durch Trocknen
Welche Ausbildungswege gibt es in Österreich,                     Seite 10 – 11                 Lernen vom 84 Meter hohen      Text Anne Isopp
um in der Holzbranche im Bereich Holzbau arbeiten                 Lernen vom 34 Meter hohen     Hochhaus in Wien               Seite 26 – 27
zu können? Wie genau schauen diese Berufsbilder                   Wohnhaus in Heilbronn         Text Maik Novotny              Wald – Holz – Klima
aus und welche Anforderungen werden an die                        Text Roland Pawlitschko       Seite 20 – 21                  Care for Paris
Lehrlinge und Studierenden heute gestellt? Der kom-                                             Wenn Holz brennt, dann         Text Anne Isopp
                                                                                                helfen der vorbeugende und     Seite 28
mende Zuschnitt führt zu den Fachschulen, Fach-
                                                                                                abwehrende Brandschutz         Holz(an)stoß
hochschulen und Universitäten im In- und Ausland,                                               und die Schutzschicht des      Toshikatso Endō
in die Büros und zu den Firmen, um die Vielfalt der                                             Holzes                         Text Stefan Tasch
Berufsbilder und Ausbildungswege im Holzbau
und in der Holzbranche nachzeichnen zu können.

Zuschnitt                          Impressum                      Offenlegung nach § 25         Redaktionsteam                 Fotografien
issn 1608-9642                     Medieninhaber und              Mediengesetz                  Anne Isopp (Leitung)           Atelier Andrea Gassner s. 1
Zuschnitt 77                       Heraus­geber                   Arbeitsgemeinschaft der       Linda Lackner                  überholz⁄ Veronika Müller s. 2
isbn 978-3-902926-35-7             proHolz Austria                österreichischen Holzwirt-    (Assistenz)                    tu München s. 3
                                  Arbeitsgemeinschaft der         schaft nach Wirtschafts­      Kurt Zweifel                   icd⁄ itke University of Stuttgart
www.zuschnitt.at
                                   ös­t erreichischen Holzwirt-   kammergesetz (wkg § 16)       redaktion @ zuschnitt.at       s. 5, 25 u.
Zuschnitt erscheint viertel­       schaft zur Förderung der                                                                    Mark Sengstbratl s. 8, 9
jährlich, Auflage 11.500 Stk.     ­A nwendung von Holz            Ordentliche Mitglieder        Lektorat                       Bernd Borchardt s. 10, 11
Einzelheft euro 8                  Obmann Richard Stralz          Fachverband der Holz­-        Esther Pirchner, Innsbruck     Jørgen Freim s. 12, 13
Preis inkl. USt., exkl. Versand    Geschäftsführer                indus­t rie Österreichs                                      Marcus Bredt s. 17
                                   Georg Binder                   Bundesgremium des Holz-       Gestaltung                     cetus Baudevelopment⁄
                                   Projektleitung Zuschnitt       und Baustoffhandels           Atelier Andrea Gassner,        KiTO.photography s. 18, 19
                                   Kurt Zweifel                                                 Feldkirch; Reinhard Gassner,   erne ag Holzbau⁄
                                   A-1030 Wien                    Fördernde Mitglieder          Marcel Bachmann,               Myriam Brunner s. 22, 23
                                   Am Heumarkt 12                 Präsidentenkonferenz der      Christopher Walser             Thonet s. 25 o.
                                  T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74          Landwirtschaftskammern                                       Toshikatso Endō s. 28 li.
                                   info @ proholz.at              Österreichs                   Druck                          Hideto Nagatsuko s. 28 re.
                                   www.proholz.at                 Bundesinnung der Zimmer-      Print Alliance, Bad Vöslau
                                                                  meister, der Tischler und     gesetzt in Foundry Journal
                                  Copyright 2020 bei proHolz      andere Interessenverbände     auf GardaPat 13 Kiara
                                  Austria und den AutorInnen      der Holzwirtschaft
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                                  und Abbildungen sind ­          Reinhard Gassner, Schlins     info @ proholz.at
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                                  rechts ist ohne Zustimmung      Arno Ritter, Innsbruck
                                  des Herausgebers unzulässig     Andreas Schleicher, Wien
                                  und strafbar.                   Dietger Wissounig, Graz
Editorial

                                                                                                                                        Editorial
                                                                                                                                        Inhalt
Anne Isopp

16 Jahre ist es her, dass wir einen Zuschnitt zum Thema Brandschutz

                                                                                                                                        2
                                                                                                                                        3
herausgegeben haben. Damals, 2004, konnte man in Wien schon vier-
geschossige Wohnbauten in Holz errichten mit einem Erdgeschoss in

                                                                                                                                            zuschnitt 77.2020
mineralischer Bauweise. Heute darf man in Österreich laut oib sechs
Vollgeschosse in Holz ohne zusätzliche Brandschutzmaßnahmen bauen.
So wie in Österreich wurden auch in Deutschland und der Schweiz
die Brandschutzvorschriften parallel zu den technologischen Entwick-
lungen des Holzbaus liberalisiert. Das Bauen mit Holz wurde damit ein-
facher und wirtschaftlicher, weil es bis zu einer bestimmten Gebäude-            Vollholz nach Brand
höhe keine erhöhten Anforderungen für den Holzbau mehr gibt. Die
Schweizer liberalisierten nach einer intensiven Forschungs- und Ent-
wicklungsphase ihre Brandschutzvorschriften ­sogar so weit, dass seit
2015 brandschutztechnisch robuste Holzbauteile nicht brennbaren
Bauweisen gleichgestellt sind. Auch über die Hochhausgrenze hinaus
können hier Häuser ohne Weiteres in Holz gebaut werden.
Diese Gleichstellung mit anderen Baustoffen bietet ein großes Potenzial
für das nachhaltige Bauen in den Städten. Endlich kann auch in großem
Maßstab in den Städten in Holz gebaut werden, ohne zusätzliche Auf-
lagen erfüllen zu müssen. In diesem Sinne kann man den Essay, den der
Schweizer Architekt Yves Schihin für diesen Zuschnitt geschrieben hat,
auch als eine Art Brandrede für Holz lesen. Er sagt, wir sind gefordert,         wienwood 2020
unser Verhalten im Bauwesen den neuen klimatischen Gegebenheiten                 Holzbaupreis Wien
anzupassen und endlich wieder nachhaltig zu planen und zu bauen.
Es ist höchste Zeit.                                                             proHolz Austria prämiert 2020, zum dritten Mal nach
                                                                                 2005 und 2015, in Zusammenarbeit mit der Stadt
                                                                                 Wien und dem Architekturzentrum Wien, herausra-
                                                                                 gende Holzbauten in der Bundeshauptstadt. Ziel
                                                                                 von wienwood ist es, Architektur zu fördern bzw.
                                                                                 hervorzuheben, bei der Holz als moderner Baustoff
                                                                                 eine zentrale Rolle spielt. Darüber hinaus soll das
proHolz Student Trophy                   bau:Holz-Seminare in Wien und Graz      Bewusstsein für die zeitgemäße Verwendung des
Light up! Aufstockungen mit Holz         Nachverdichtung und mehr­               traditionsreichen Baustoffs und dessen Nachhaltig-
Preisverleihung am 26. Mai 2020          geschossiger Holzbau                    keit, auch im Hinblick auf das Thema Ressourcen,
                                                                                 weiter gestärkt werden. Gesucht werden Beispiele
 proHolz Austria lobte in Kooperation    Die erfolgreiche Seminarreihe           aus den Bereichen Wohnbau, öffentliche Bauten,
 mit der Stadt Wien und Wiener Woh-      bau:Holz geht 2020 in eine weitere      Gewerbebau und Innenausbau⁄ Umbau⁄ Sonstige.
nen einen Studentenwettbewerb aus,       Runde. In Graz geht es in den           Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Werk-
an dem Teams der Fachrichtung Ar-        bau:Holz-Seminaren um den mehrge-       stoffs Holz sollen verdeutlicht und hervorgehoben
chitektur und Bauingenieurwesen          schossigen Holzbau. Hier werden die     werden. Eine hochkarätig besetzte Jury wird
zahlreicher europäischer Universitäten   aktuellen Holzbautechnologien, Ge-      vier bis sechs Preise v­ ergeben, die mit ­insgesamt
und Fachhochschulen teilnehmen.          setze und Normen für die praktische     15.000,– Euro dotiert sind.
­Anhand von drei ausgewählten            Umsetzung vermittelt. In Wien wird
 Wohnbau­t en in Wien aus den 1960er     ein neuer Themenschwerpunkt ange-       Jury
Jahren sollen die Studierenden das       boten: Hier widmen sich die vier Mo-    _ Gabriele Kaiser (Publizistin, Juryvorsitzende, Wien)
Verdichtungspotenzial durch Aufsto-      dule der innerstädtischen Nachver-      _ Reinhard Kropf (Architekt, Stavanger⁄ NO)
 ckungen mit Holz ausloten. Die Preis-   dichtung mit Holz.                      _ Claudia Ruck (Architektin, Klagenfurt)
 verleihung findet am Dienstag,          proHolz Austria bietet nun auch         _ Stefan Zöllig (Tragwerksplaner, Thun⁄ CH)
 26. Mai 2020, im Kuppelsaal der         ­Tagesexkursionen an. Sie führen von    _ Sylvia Polleres (Holzforschung Austria, Wien)
 tu Wien statt.                           Produktionsstätten bis hin zu Vor­     _ Gerhard Kast (Stv. Bundesinnungsmeister Holzbau, Gols)
 Infos unter                              zeigebauten. Die erste Exkursion im
 www.proholz-student-trophy.at            Frühjahr ist bereits ausgebucht, die   Einreichfrist: 18. März bis 24. Juni 2020
                                          zweite wird im Herbst stattfinden.     Preisverleihung: Donnerstag, 24. September 2020
                                          Infos unter www.proholz.at/bauholz     Infos unter www.wienwood.at
Essay Riskantes Denken mit Holz

Yves Schihin

In seiner Festrede zum Beginn der Salzburger Festspiele 2018 for-      Die gelockerten Brandschutzvorschriften ermöglichen so neue
derte der Schriftsteller Philipp Blom, dass wir in Zeiten des Klima-   systemische Denkweisen, mit gesundem Menschenverstand ein
notstandes wieder mehr „riskantes Denken“ wagen sollten. Als           riskantes Denken und generieren schließlich auch einen neuen
Kinder der Aufklärung wissen wir, dass die Baubranche einer der        Ausdruck in der Holzarchitektur.
Hauptverursacher für den enormen Ressourcenverbrauch ist und           Im Zuge der Anpassung der Brandschutzvorschriften der Vereini-
dass allein die Zementindustrie für satte 8 Prozent des weltweiten     gung Kantonaler Feuerversicherungen (vkf) 2015 fiel auch die
CO2-Ausstoßes verantwortlich zeichnet. Im Gegensatz dazu ist             Höhenbeschränkung für Holzhäuser. Die Regulierung der Höhen
  Holz ein nachwachsendes, regional verfügbares, CO2-speicherndes,       für Hochhäuser wurde neu definiert. Nach den neuen Vorschriften
  leicht bearbeitbares und vor allem rückbaubares und wiederver-         gilt jedes Gebäude ab einer Höhe von 30 Metern unabhängig
wendbares Baumaterial. Damit steht es für einen kreislaufgerech­         von seinem Baumaterial als Hochhaus. Daraus ergeben sich neue
ten, verantwortungsvollen Umgang mit den endlichen Ressourcen            ­Perspektiven für den Holzbau beim Einsatz von Hochhäusern.
unserer Erde.                                                             Holz, ein Baustoff mit hohen ökologischen und nachhaltigen
Das Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde von den meisten                  ­Eigenschaften, hat nun aufgrund der Gleichstellung im Brand-
Staaten ratifiziert. Es fordert, die menschengemachte globale          schutzbereich die Chance, sein Potenzial auch im Bereich hoch-
­Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen          leistungsfähiger Bauweisen und Konstruktionen unter Beweis
 Werten zu begrenzen. Hierfür scheint es also entscheidend, dass       zu stellen. Die Holzbauweise löst gegenüber einem Hochhaus in
 die Hindernisse abgebaut werden, welche die Holzbauweise              Massiv- oder Stahlbauweise hinsichtlich der Brandschutzvorgaben
 (scheinbar noch) daran hindern, die konventionelle Bauweise           keine erhöhten Anforderungen aus. Dies betrifft sowohl den
 mit Beton, Stahl und Backstein sinnvoll zu ersetzen und Holz im       ­Feuerwiderstand als auch die Fluchtwegsituationen oder tech-
 großen Maßstab zur urbanen Verdichtung heranzuziehen.                  nischen Brandschutzmaßnahmen.
 Eines der größten Hemmnisse war bis vor kurzem das Brandver-           Dies wird beispielsweise im Modul 17,* einem soeben publizierten
 halten von Holz. Das älteste Holzhaus in Europa steht in Schwyz        Innosuisse-Forschungsprojekt zu einer hochflexiblen Typologie
 und wurde 1287 errichtet. Der Einsatz von Holz als Baumaterial         für Holz-Hybrid-Hochhäuser zur urbanen Verdichtung deutlich.
 war bis zum Aufkommen von Stahl und Beton im 19. Jahrhundert           Dabei gelangte das Autorenteam mit einem modular aufgebauten
 weit verbreitet. Das Problem der eng zusammenstehenden Holz-           Konzept zu einem Prototyp mit über 100 Metern Gebäudehöhe
 bauten waren die Großfeuer, die Dörfer und Städte großflächig          und einem sichtbaren Holzanteil von knapp 90 Prozent. Mit dem
 zerstörten. Als sich im 18. Jahrhundert unsere Vorfahren in Evolène    Forschungsprojekt bewiesen die Autoren, dass dank der Liberali-
 im Wallis infolge des begrenzt verfügbaren bebaubaren Bodens           sierung der Brandschutzvorschriften neue Wege in der Hoch-
 und des regional verfügbaren Baumaterials entscheiden mussten,         hausdebatte eingeschlagen werden können: Das Projekt postuliert
 mit Holz in die Höhe zu bauen, und in dichter Bauweise vier- und       eine komplett flexibel bespielbare vertikale Stadt mit einem
 fünfstöckige „Holzhochhäuser“ errichteten, erforderte dies ein         ­hybriden Nutzungsmix. Die Vorteile der Nachhaltigkeit und der
 riskantes Denken.                                                       Vorfabrikation wiegen die etwas höheren Baukosten der Holz-
 Eva Guttmann hat noch 2004 im Editorial zum Zuschnitt 14 ge-            bauweise auf, insbesondere dann, wenn nicht nur die Erstellungs-
 schrieben: „Holz brennt sicher.“ Mit dem ambivalenten Ausspruch         kosten berücksichtigt werden, sondern die gesamten Lebenszy-
 meinte sie, dass Holz zwar brennt, aber dank der Verkohlung             kluskosten inklusive der CO2-Äquivalente für Herstellung und
 ­berechenbar brennt. Seither hat sich im Brandschutz zum Glück        Entsorgung der Produkte der Fossilindustrie.
  enorm viel getan. Mit der Liberalisierung der Brandschutzvor-        Damit wir die Ziele des Pariser Klimaabkommens als globale Ge-
  schriften 2005, vor allem aber 2015 erfolgte – zumindest in der        sellschaft einhalten können, sind wir gefordert, unser Verhalten
  Schweiz – eine Gleichstellung der Holzkonstruktionen mit Bauten        im Bauwesen den neuen klimatischen Gegebenheiten anzupas-
  aus nicht brennbaren Baustoffen. Während das Sicherheitsniveau         sen und endlich wieder nachhaltig zu planen und zu bauen. Das
  im Personenschutz beibehalten wurde, setzen die neuen Vor-             Wissen, die digitalisierte Materialtechnologie und die Brand-
  schriften beim Sachwertschutz dank riskanterem Denken auf eine         schutznormen erlauben es uns heute. Die Leitworte dabei sind
  wirtschaftliche Optimierung.                                           „Refuse, Reuse, Reduce, Recycle“. Dahinter steht der Mut zu
  Die Bedeutung dieser Liberalisierung ist in unserer Arbeit der         einem riskanten Denken.
  letzten zwanzig Jahre deutlich sichtbar: Vor der Jahrhundertwende      Oder um nochmals mit Philipp Blom zu sprechen: „Der Homo sa-
  beschränkte sich die Kubatur der neu erstellten Holzbauten auf         piens kann sein Verhalten durch Verständnis der Fakten, Fantasie
  eingeschossige Pavillons wie die Forstwerkhöfe und um die Jahr-        und Empathie ändern und so vielleicht eine Zukunft schaffen, in
  tausendwende auf zwei- bis dreigeschossige Siedlungen wie die          welcher Ökonomie als Teil der Ökologie begriffen wird. Das wäre
  Wohnhäuser Ziegelwies in Altendorf. Während 2013 bei der vier-         riskant für unseren Wohlstand. Das wäre aufklärerisch.“
  geschossigen Aufstockung beim Bahnhof Giesshübel in Zürich
  noch alle tragenden Bauteile gekapselt werden mussten, sind
                                                                       Yves Schihin
  bei der aktuell im Bau befindlichen fünfgeschossigen Wohnüber-
                                                                       ist Architekt und Mitinhaber bei burkhalter sumi architekten. Er ist an diversen
  bauung Waldacker in St. Gallen sogar offene Laubengänge mit          Forschungsprojekten im Holzbau beteiligt und ist Lehrbeauftragter am Lehrgang
  linearen tragenden Bauteilen und Fassaden in Holz möglich. Nur       Überholz, Kunstuniversität Linz.
  der jeweils an beiden Enden der Veranda angeordnete vertikale
  Fluchtweg ist nach wie vor mit nicht brennbaren Materialen gebaut.   * Modul 17. Hochhaustypologie in Holzhybridbauweise, www.vdf.ch/modul17.html
Dieser komplex gekrümmte Turm steht im Remstal bei Stuttgart, s. S. 25   Themenschwerpunkt Brandschutz
Allgemeine Ziele des Brandschutzes

Stefan Winter

Für den Entwurf, die Planung, Werkstattzeichnungen, Ausführung, Qualitätssicherung und den Betrieb
mehrgeschossiger Gebäude aller Art spielt der vorbeugende Brandschutz eine wesentliche Rolle. Dies gilt
weltweit gleichermaßen und unabhängig von der Wahl des dominierenden konstruktiven Werkstoffs.
Holz ist allerdings im Vergleich zu Stahlbeton, Mauerwerk und Stahl der einzige Konstruktionswerkstoff,
der selbst brennbar ist und somit im Falle eines Brands einen Teil der Brandlast eines Gebäudes darstellen
kann. Diese Brennbarkeit des Werkstoffs trägt – zusammen mit der Erinnerung an zum Teil verheerende
Stadtbrände im Mittelalter und in den großen Kriegen – bis heute zu Vorurteilen bezüglich der Brand­
sicherheit moderner Holzgebäude bei. Dass diese Vorurteile sachlich unbegründet sind, wird nachfolgend
anhand einer Reihe typischer Fragestellungen dargelegt.

                           Brandentstehungsrisiko in Holzgebäuden                 Brennbarkeit und Feuerwiderstand
                           Das Brandentstehungsrisiko ist grundsätzlich unab-     Es ist unbedingt notwendig, zwischen der Brennbar­
                           hängig von den Konstruktionswerkstoffen. Denn          keit der Baustoffe (durch die Baustoffklassen defi-
                           das Risiko einer Brandentstehung geht nicht vom        niert) und dem Feuerwiderstand der Bauteile (durch
                           Konstruktionsmaterial eines Gebäudes aus, sondern      die Feuerwiderstandsklassen der Bauteile definiert)
                           von den technischen Installationen und im Wesent-      zu unterscheiden. Die Brennbarkeit der Baustoffe
                           lichen von menschlichem Fehlverhalten. Hier sind       beeinflusst im Wesentlichen die Ausbreitung eines
                           beispielsweise der implodierende alte Röhrenfern-      Brands unmittelbar nach der Entstehung und wäh-
                           seher, der vergessene Milchtopf auf dem Herd oder      rend der Brandentwicklung. Der Feuerwiderstand
                           die unsachgemäße Elektroinstallation neben den         eines Bauteils beschreibt das Vermögen, stand­
                           häufig vorkommenden Brandursachen wie der              sicher zu bleiben (Kriterium R) ­sowie bei raumab-
                           Weihnachtsbaumkerze und dem Einschlafen mit            schließenden Bauteilen den Durchgang von Rauch-
                           brennender Zigarette die wesentlichen Brandent-        gasen (Kriterium E) und den Durchgang von Wärme
                           stehungsrisiken. Eine Holzkonstruktion selbst stellt   (Kriterium I) für die geforderte Feuerwiderstands-
                           für sich kein Risiko einer Brandentstehung dar.        dauer zu verhindern. Entsprechend ihrer Feuer­wider­
                                                                                  standsdauer werden Bauteile in Feuerwiderstands-
Leistungsanforderungen an den Brandschutz                                         klassen eingeteilt, denen die bauaufsichtli­chen
Die weltweit gleichen Leistungsanforderungen an den Brandschutz sind:             ­Begriffe „feuerhemmend“, „hochfeuerhemmend“
_ die Verhinderung der Entstehung eines Brands und der Brandausbreitung            und „feuerbeständig“ zugeordnet sind. Tragende
_ die mögliche Rettung von Menschen und Tieren                                     Bauteile wie Wohnungstrennwände (rei) können
_ das Zulassen von wirksamen Rettungs- und Löscharbeiten                           zugleich raumabschließend sein, während einzelne
                                                                                   Stützen nur bezüglich ihrer Standsicherheit zu
Diese Leistungsanforderungen sind von allen Bauwerken gleichermaßen zu er-
                                                                                   ­bemessen sind (R).
füllen. Dazu ist eine Reihe von Parametern zu berücksichtigen, beispielsweise:
_ die Größe der brandschutztechnisch abgetrennten Nutzungseinheiten
                                                                                  Die Brennbarkeit eines Baustoffs und der Feuer­
_ vorhandene Brandlasten
                                                                                  widerstand eines Bauteils haben nicht direkt mit­
_ Flucht- und Rettungswege in Abhängigkeit von der Nutzung
                                                                                  ein­ander zu tun. Einige Beispiele:
_ bauliche Situation des Gebäudes
                                                                                  _ Eine Stahlstütze (Baustoffklasse A – nicht brenn-
_ Gestaltung der Außenfassaden
                                                                                  bar), die weder durch eine Brandschutzbekleidung
_ Anlagen des vorbeugenden Brandschutzes (Alarmierung, Sprinkler)
                                                                                  noch durch einen Brandschutzanstrich geschützt
                           Aus den vorgenannten Anforderungen werden in           wird, verliert im Regelfall spätestens nach 30 Minu-
                           den meisten Ländern fortlaufend präskriptive (also     ten ihre Tragfähigkeit.
                           detailliert vorschreibende) Regeln für den vorbeu-     _ Eine Stütze aus Brettschichtholz brennt zwar
                           genden baulichen und den anlagentechnischen            an ihren Außenseiten ab, kann aber auf mehr als
                           Brandschutz entwickelt, die in den jeweiligen Bau-     90 Minuten Standsicherheit im Brandfall ohne
                           ordnungen niedergelegt sind. Als Beispiele seien       ­zusätzliche Schutzbekleidungen oder -anstriche
                           hier die Anforderungen an den Feuerwiderstand           ­bemessen werden.
                           der tragenden und aussteifenden Bauteile in Ab-          _ Eine Glasscheibe ist nicht brennbar, lässt aber
                           hängigkeit von den Gebäudehöhen und Ausdehnun­           ­einen nahezu sofortigen Wärmedurchgang zu. Eine
                           gen genannt, weil diese wiederum die Möglichkei­          30 mm dicke Platte aus Holzweichfasern brennt
                           ten der Feuerwehr für Lösch- und Rettungsarbeiten         zwar, behindert aber den Wärmedurchgang wesent-
                           wesentlich beeinflussen. Diese bilden beispielsweise      lich und führt frühestens nach ca. 15 Minuten zu
                           die Grundlage für die Anforderungen an den Feuer-         einer Temperaturerhöhung auf der dem Feuer abge-
                           widerstand von Gebäuden je nach Gebäudeklasse.         wandten Seite.
Brandrede für Holz
   Eine wesentliche Rolle spielt die Brennbarkeit aller-           den inneren Bereich. Da zudem die Wärmeleitzahl                Dies ist ein Auszug aus dem

                                                                                                                                                                 6
                                                                                                                                                                 7
   dings in der Brandentstehungsphase und hinsicht-                des Holzes relativ gering ist (l ≤ 0,13 – 0,17 W⁄ mK)          Text „Schutzfunktionen“ von
   lich der Weiterleitung eines Brands. Daraus folgen              bleibt der innere, unversehrte Bereich kühl und                Stefan Winter. Der Original-

                                                                                                                                                                 zuschnitt 77.2020
                                                                                                                                  artikel ist nachzulesen in:
   in den präskriptiven Bauordnungen Anforderungen                 damit tragfähig. Durch eine Erhöhung der Bauteil-
                                                                                                                                  Atlas Mehrgeschossiger
   an die Nichtbrennbarkeit von Oberflächen in                     dicken gegenüber den statisch erforderlichen Ab-               Holzbau, Detail Business
   Fluchtwegen (z. B. in notwendigen Treppenräumen                 messungen lässt sich somit eine Brandschutzbeklei-             Information GmbH, München
   und notwendigen Fluren) oder die Anforderung,                   dung aus Holz erzeugen. Die massiven Holzbauteile              2017, S. 72 – 87.
   schwer entflammbare Baustoffe für Fassadenbeklei-               haben zudem den Vorteil, dass ein Brand nicht in               Zu bestellen unter:
   dungen zu verwenden, um die vorgenannten gene-                  Hohlräume eindringen kann, in denen er sich un-                shop.proholz.at

   rellen Leistungsanforderungen zu erfüllen.                      kontrolliert und für die Feuerwehr nahezu unerreich-
                                                                   bar ausbreiten könnte. Massive Holzbauteile selbst
   Leistungsvermögen des Holzbaus                                  sind gut löschbar, Nachzündungen treten nicht auf.
   Da bei einem Holzbau ein gleichwertiges Sicherheits-            Es ist daher durchaus möglich und wird in vielen
   niveau gewährleistet sein muss, ist es erforderlich,            Fällen auch realisiert, massive und sichtbare Holz-
   eine realistische Beurteilung des Brandverhaltens               bauteile mit einem Feuerwiderstand von 90 Minu-
   von Holz und Holzkonstruktionen vorzunehmen und                 ten (REI 90) in Gebäuden bis zur Hochhausgrenze
   unabhängig von der Brennbarkeit die im Brandfall                einzusetzen, auch in Treppenraumwänden als
   durchaus positiven Eigenschaften des Materials zu               Brandwandersatzwand (REI 90-M).
   nutzen. Die grundlegenden Leistungsanforderungen
   an alle Konstruktionen im Brandfall sind durch die              Fazit
   Holzbauweisen gleichermaßen zu erfüllen.                        Beachtet man einige grundlegende Anforderungen an den Brandschutz, ist das
   Da es oft Wunsch von Planern, Bauherren und Nut-                Bauen mit Holz zumindest bis zur Hochhausgrenze in Europa unproblematisch.
   zern ist, in Holzgebäuden das Holz auch (zumindest              In vielen europäischen Ländern werden die entsprechenden baurechtlichen
   in Teilbereichen) sichtbar zu belassen, muss die                Anforderungen laufend angepasst. Ob dem Holzbau in größerer Anzahl auch der
   Brennbarkeit des Werkstoffs in besonderem Maße                  Sprung über die Hochhausgrenze gelingt, ist von der Akzeptanz und Verbesse-
   berücksichtigt werden. Das Brandverhalten von                   rung von Sprinkleranlagen, der Weiterentwicklung von ökonomisch vertretbaren
   Holzbauteilen wird durch das Verhältnis von Ober-               brandschutztechnisch wirksamen Bekleidungen und dem Nachweis abhängig,
   fläche zu Querschnitt und durch die Rohdichte der               dass auch Holztragwerke Vollbrände ohne Löscharbeiten der Feuerwehr über-
   Hölzer sehr stark beeinflusst. Je größer die Rohdichte          stehen können. Einzelne Pilotprojekte weltweit zeigen, dass diese Möglichkeit
   eines Holzes, umso geringer ist seine Abbrandrate.              generell besteht.
   Das abbrennende Holz trägt zur Brandlast im Raum
   bei, zugleich schützt aber die Holzkohleschicht, die            Stefan Winter
   sich auf der dem Feuer zugewandten Seite bildet,                Professor für Holzbau und Baukonstruktion an der tu München

   1.000 °C

                                        Reanimationsgrenze
                                                    17 min.                                            REI 30

   500 °C
                                  Erträglichkeitsgrenze
                                          13 min.
                Eintreffen Feuerwehr
   Brandtemperatur

   20 °C

   Entzündung            Entstehungsbrand                   Flashover             Vollbrand                             abklingender Brand

Minuten              5             10               15                  20              25               30               45                 50

                             In Wien ist die Feuerwehr im         Die Rettung von Personen muss vor Flashover und Vollbrand erfolgen.
   Entwicklung               Durchschnitt in 7 Minuten            Danach ist der Schutz von Sachwerten relevant (Abschottung, Brandabschnitte …).
   des Brandes               ab Alarm vor Ort.                    Die Bauweise spielt erst bei ausgedehnten Bränden eine Rolle.
Mit Sprinkler und Rauchentlüftung
Interdisziplinäres Laboratorium in Linz

Anne Isopp

Der Campus der Johannes Kepler Universität liegt am Stadtrand           Im Inneren sorgen die weiß lasierten Holzoberflächen für eine
von Linz, das neue interdisziplinäre Forschungsgebäude am äußer­s­      angenehme Raumatmosphäre, die großen Brandschutzver­
ten Rand dieses Campus. Der Wald ist hier zum Greifen nahe.             glasungen zur angrenzenden Forschungsfabrik unterstützen die
Der lang gestreckte Kubus mit seiner rot lasierten Lamellenfassade      Kommunikation von Firmen und Universität, von Labor- und
beheimatet Laborräume sowie 240 Arbeitsplätze, die sich in einer        ­Bürotätigkeit. Die Sheds, die sowohl die Labors als auch die
Art Großraumbüro über zwei Geschosse verteilen. Im lit Open              ­Büros mit ausreichend Licht von oben versorgen, bringen zudem
Innovation Center (lit oic) soll angewandte Forschung statt­              einen industriellen Charme mit ein. Den Sheds kommt auch beim
  finden, an dem Projekt beteiligte Firmen treffen hier auf univer­       Brandschutz eine besondere Bedeutung zu. Sie sorgen für eine
  sitäre Forscher. Das Untergeschoss und die Treppenhäuser sind           ausreichende Rauchentlüftung im Brandfall. Nur so war es mög-
  in Stahlbeton errichtet, der Rest des Gebäudes ist ein lupenreiner      lich, einen Bürotrakt mit sichtbaren Holzoberflächen zu schaffen,
  Holzbau.                                                                der sich als Großraumbüro über zwei Etagen erstreckt. Dies be-
  Riepl Riepl Architekten gewannen 2016 den Realisierungswettbe-          durfte einer Ausnahmeregelung der oib. Mithilfe einer verdichte-
werb für die Neu- und Umgestaltung des Unicampus in Linz. Der             ten Sprinkleranlage und der Rauchentlüftung über die Sheds
Weg von der Straßenbahnendhaltestelle zum lit oic führt an den            konnten die Behörde und die Feuerwehr vom Brandschutzkonzept
vielfältigen Bautätigkeiten vorbei, der Aufstockung der Bibliothek,       überzeugt werden.
dem neuen, im Herzen der Anlage gelegenen Eingangs- und                   Der Holzbau ist ein Skelettbau mit Holz-Beton-Verbunddecken.
­Veranstaltungsgebäude und neu gestalteten Außenanlagen.                  Die Aufbauten der Decken sind dabei, dem Budget entsprechend,
 Man erkennt gleich, dass Riepl Riepl keine Architekten sind, die         sehr einfach gehalten: nur Holz, Beton und Teppich.
 ein bevorzugtes Baumaterial haben. Holz gehört zu ihrem Reper-           Kurz vor der Fertigstellung kam der Wunsch auf, eine ausgediente
 toire wie viele andere Materialien.                                      Postrutsche vom Postverteilerzentrum hierhin zu transferieren.
 Dass sie beim lit oic zum Holz griffen, ist auch dem großen              Gesagt, getan. Nun kann, wer will, vom zweiten Obergeschoss bis
 Zeitdruck geschuldet. Denn erst, als der Wettbewerb schon ent-           ins Untergeschoss rutschen. Ganz ungefährlich war der Einbau
 schieden war, kam dem Bauherrn die Idee, ein interdisziplinäres          nicht, erzählt Christof Pernkopf, Projektleiter und Partner im Büro
 Forschungsgebäude zu errichten. Dafür sollte es umso rascher             Riepl Riepl. Man musste in dem schon fast fertiggestellten Ge-
 umgesetzt werden. Zwischen der ersten Ideenskizze und der                bäude noch einmal schweißen, um die einzelnen Teile der Rutsche
 ­Fertigstellung lagen gerade einmal zwei Jahre. Um in so kurzer          zusammenzusetzen. Gerade während der Bauphase bedarf der
  Zeit mit geringem Budget ein hochwertiges Gebäude erstellen             Brandschutz im Holzbau besonderer Achtsamkeit. Eine gute Bau-
  zu können, schien den Architekten Holz optimal geeignet. Das            aufsicht aber war vorhanden und bewachte die nachträglichen
  nachhaltige und innovative Image des Holzbaus gefiel dem Bau-           Schweißarbeiten aufmerksam.
  herrn sogleich.
  Der Eingang in das lit Open Innovation Center liegt an der Naht-
  stelle zwischen den drei gleich großen Laboren der Forschungs­
  fabrik und dem Bürotrakt. Vom Eingang aus fällt der Blick auf die
  Zugangsstufen und dann weiter auf eine Treppenanlage, die die
  beiden Büroetagen verbindet und mit breiten Stufen zum Sitzen
  einlädt. Eine zweite, ähnlich gestaltete Treppenanlage ist räumlich
  von den Büros abgetrennt und kann auch für Vorträge genutzt
  werden.

Standort Altenberger Straße 69, Linz⁄ AT
Bauherr oic Open Innovation Center GmbH, Linz⁄ AT
Planung Riepl Riepl Architekten, Linz⁄ AT, www.rieplriepl.com
Statik Bollinger und Grohmann, Wien⁄ AT, www.bollinger-grohmann.com
Brandschutzplanung FireX Greßlehner GmbH, Leonding⁄ AT, www.firex.at
Holzbau Graf-Holztechnik GmbH, Loosdorf⁄ AT, www.graf-holztechnik.at
Fertigstellung Juni 2019
Brandrede für Holz
                                                                          9
                                                                          8
                                                                          zuschnitt 77.2020
                                                        EI30 +
                                                        verdichteter
                                                        Sprinklerschutz

Brandabschnitt
Rauchabschnitt
Schleuse
Rauchentlüftung
Sprinkleranlage
Fluchtweg
Hauptzugang Feuerwehr

5m                      Brandabschnitt
                        Rauchabschnitt
                        Schleuse
                        Rauchentlüftung
                        Sprinkleranlage

                        Fluchtweg
                        Hauptzugang für die Feuerwehr
Lernen vom 34 Meter hohen Wohnhaus in Heilbronn

Roland Pawlitschko

Zur Bundesgartenschau 2019 initiierte die Stadt Heilbronn mehre-
re Stadtentwicklungsprojekte. Die „Stadtausstellung Neckarbogen“
entstand auf dem BuGa-Gelände direkt nordwestlich des Stadt-
zentrums – auch um vorhandene innerstädtische Flächenressour-
cen neu zu erschließen. Dabei realisierten verschiedene Bauherren
mit unterschiedlichen Architekten modellhaft innovative Projekte,
die sowohl Eigentums- und Mietwohnungen als auch Wohn- und
Inklusionskonzepte für Studenten, junge und ältere Menschen
umfassen. Das Wohnhochhaus aus Holz bietet 56 kompakte Ein-
bis Zwei-Zimmer-Wohnungen, vier größere Einheiten für Wohnge-
meinschaften sowie eine gemeinschaftliche Dachterrasse, ein
­öffentliches Café und einen Gemeinschaftsraum mit Küche und
 Waschsalon. Als Eckbebauung an einer der Haupterschließungs-
 achsen des Geländes und als höchstes Gebäude des Stadtausstel-
 lungsensembles nimmt es eine besondere städtebauliche Rolle ein.
 Außergewöhnlich ist das Haus aber vor allem, weil es als ­aktuell
 höchstes Holz-Hochhaus Deutschlands gilt. Genau ­genommen
 handelt es sich um e­ ine Hybridkonstruktion, bei der auch Stahl-
 beton- und Stahlbauteile zum Einsatz kamen.
 Angesichts bereits zahlreicher in Holzbauweise realisierter Wohn-
 häuser waren die Berliner Architekten des Büros Kaden+Lager
 schon vor Planungsbeginn hinreichend mit diesem Baustoff                               Um die Wohnungen mit viel Tageslicht zu versorgen und umge-
 ­vertraut. Dennoch stellte der Bau eines Hochhauses auch für                           kehrt den ungestörten Blick auf das neu gestaltete Neckarufer zu
  sie eine Herausforderung dar, nicht zuletzt, weil die in Baden-                       ermöglichen, entwarfen die Architekten große raumhohe Fenster,
  Württemberg nicht eingeführte Muster-Hochhausrichtlinie (mhhr)                        die sie in der Gebäudehülle aus Aluminiumpaneelen versetzt
   lediglich als Orientierungshilfe diente. Aus diesem Grund war                        anordneten. Als Kompensation zur dadurch entstehenden Gefahr
  zur brandschutztechnischen Bewertung des Projekts die aktuelle                        eines Brandüberschlags über die Fassade wurde eine Hochdruck-
  Landesbauordnung (lbo) Baden-Württemberg heranzuziehen.                               Wassernebellöschanlage eingebaut. Diese Anlage wirkt nicht nur
  Diese erlaubt brennbare Tragkonstruktionen ohne nicht brennbare                       der Entwicklung eines Vollbrands effektiv entgegen, sie ermög­
  Bekleidungen bei Bauten der Gebäudeklasse 5 nur dann, wenn                            lichte es auch, sämtliche Außenwände als nicht tragende, außen-
  ein Brandüberschlag (insbesondere zwischen den Geschossen)                            seitig gedämmte Massivholzwände in F30 und von innen holzsich-
  durch bauliche Maßnahmen ausgeschlossen werden kann.                                  tig auszuführen. Als weitere Folge der fehlenden Brüstungen,
  Um dies zu gewährleisten, arbeitete Kaden+Lager von Anfang an                         aber auch aufgrund der großen Stützenabstände von 8,5 Metern
  mit den Statikern und den Brandschutzingenieuren zusammen,                            wurden in der Außenfassade Stahlträger eingebaut, die zugleich
  die ein sehr ausführliches Brandschutzkonzept erstellten. Teil                        als Ringanker und Decken­auflager dienen. Holzträger kamen hier
  dieses Konzepts war eine in statischer und brandschutztechni­                         wegen zu großer Aufbauhöhen nicht infrage.
  scher Hinsicht sehr „robuste“ Konstruktion, die beispielsweise ein                    Wesentliches brandschutztechnisches Thema dieses Projekts
  ­Sockel­geschoss und ein mittiges Sicherheitsfluchttreppenhaus                        ist die Rauchdichtigkeit der Deckenkonstruktion. Sie wird durch
   in Stahlbeton beinhaltet. Letzteres verfügt über Schleusen und                       Fugen an den Bauteilverbindungen erreicht, die mehrfach mit
   steht zudem unter Überdruck, wodurch verhindert wird, dass                           Nuten und Gipsfaserplatten sowie teils zusätzlich mit Brand-
   Rauch aus einer brennenden Etage in den Treppenraum gelangt.                         schutzmasse und Klebebändern geschützt sind. An den Decken-
   Die tragenden Stützen bestehen aus Brettschichtholz, die ­Decken                     stößen wird dieses Prinzip ebenso angewendet wie an den Decken­
   und die vereinzelt tragenden Wände der Wohnungen aus Brett­                          anschlüssen zu Beton- und Holzwänden. Hinzu kommt ein aus
   sperrholz – alle Bauteile wurden aus zertifiziertem Fichtenholz                      vielen weiteren Einzelschichten bestehender Bodenaufbau mit
   vorgefertigt. Massive Holzbauteile bieten vor allem zwei Vorteile:                   Trockenestrich. Der weitgehende Verzicht auf aufschäumende
   Sie sind frei von Hohlräumen, in denen Hohlraumbrände entste-                        Brandschutzmasse ist ebenso Teil der ökologischen Nachhaltig-
   hen können, und sie sind im Brandfall durch die einsetzende                          keit dieses Projekts wie der trockene Bodenaufbau. Letzterer
   Holzkohlebildung geschützt.                                                          macht es möglich, sämtliche Baustoffe eines Tages einfach zer­
                                                                                        legen und getrennt recyceln oder wiederverwenden zu können.
                                                                                        Gebäudeentwurf und Brandschutzkonzept sind das Ergebnis aus
Standort Fruchtschuppenweg 3, Heilbronn⁄ DE
Bauherr Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, Heilbronn⁄ DE, www.stadtsiedlung.de
                                                                                        den langjährigen Holzbau-Erfahrungen sowohl der Architekten
Planung Kaden+Lager, Berlin⁄ DE, www.kadenundlager.de                                   als auch der Ingenieure. Um diese tatsächlich in die Realität um-
Statik bauart Konstruktions GmbH & Co. kg, Lauterbach⁄ DE, www.bauart-konstruktion.de   setzen zu können, war es unerlässlich, sie in allen Einzelheiten
Brandschutzplanung Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. kg, Gifhorn⁄ DE,
                                                                                        schon sehr früh mit den Baubehörden und der Feuerwehr der Stadt
www.kd-brandschutz.de
Holzbau Züblin Timber, Aichach⁄ DE, www.zueblin-timber.com                              Heilbronn abzustimmen. Dies war umso wichtiger, als sich das
Fertigstellung März 2019                                                                Projekt ja jenseits der bauaufsichtlichen Regelwerke bewegte.
Brandrede für Holz
                                                                                                                                                                      10
                                                                                                                                                                      11
                                                                                                                                                                       zuschnitt 77.2020
                                                                               von 1:200 um 40 Prozent auf 1:500 verkleinert

5m

Dass sich der enge Austausch gelohnt hat, zeigt ein Genehmi-                      Sowohl die hybride Konstruktion als auch das Brandschutzkonzept
gungsprozess, der nach Abgabe der Pläne vergleichsweise un-                       hätten – zwar mit größeren Bauteilquerschnitten, aber in der
spektakulär und ohne wesentliche Nachforderungen wie Brand-                       gleichen innenräumlichen Qualität – die Ausführung eines viel
versuche ablief. Und auch eine Teilbaugenehmigung für den                         höheren Holzhochhauses erlaubt. Während die Böden Linoleum-
Betonbau wurde problemlos erteilt, weil die Aussicht auf Rea­                     beläge erhielten, erscheinen sämtliche Außenwände und die
lisierung des Gesamtprojekts zu keinem Zeitpunkt infrage stand.                   ­Decken in unbekleidetem Holz. Die Leichtbauwände hingegen
Diese Teilbaugenehmigung bot vor allem den Vorteil, mit dem                        wurden mit Gipskartonbekleidung versehen und die Betonwände
Bau beginnen und gleichzeitig die Holzbauteile vorfertigen zu                      des Fluchttreppenhauses gespachtelt und gestrichen. Ergebnis ist
können.                                                                            eine differenzierte Innenraumwirkung mit hohem Anteil an wohn­
                                                                                   lich warmen Holzoberflächen. Das Wohnhochhaus in Heilbronn
                                                                                   ist ein Wegbereiter eines undogmatischen und immer selbstver-
                                                                                   ständlicher werdenden Holzbaus, dem die konstruktiven und
Detail Deckenstoß                                                                  brandschutztechnischen Anstrengungen nicht anzusehen sind.
Auf eine korrekte Ausführung vor Ort kommt es an. Nur dann
kann die Konstruktion als absolut rauchdicht eingeschätzt werden.
                                                                                  Roland Pawlitschko
                                                                                  ist freier Architekt, Autor und Redakteur sowie Architekturkritiker. Er kuratiert
                                                                                  Ausstellungen rund um das Thema Architektur und Öffentlichkeit, organisiert
                                                                                  Architekturexkursionen und veröffentlicht Artikel und Aufsätze in Büchern,
                                                                                  Zeitschriften und Tageszeitungen. Roland Pawlitschko lebt und arbeitet in
                                                                                  München.

                                                                                  Quelle (Detail): Brandschutzkonzepte für mehrgeschossige Gebäude und
                                                                                  Aufstockun­gen, holzbau handbuch, Reihe 3, Teil 5, Folge 1, Informationsdienst
                                                                                  Holz, Berlin 2019
                            Brandschutzmasse
                            Rauchdichtheitsschicht mit Gipsfaserplatte 18 mm
                            Fase 3 mm
                            Rauchdichtheitsschicht mit Klebeband

Brandschutzkonzept (Auszug)
_ Hybridbauweise: Sockelgeschoss und Treppenhaus aus Stahlbeton
_ Treppenhaus mit Schleusen und Überdruck, damit kein Rauch in den Treppenraum gelangt
_ Hochdruck-Wasserlöschanlage, verhindert Brandüberschlag über Fassade und erlaubt Außenwände in F 30
_ enger Austausch mit Behörden und Feuerwehr
_ Rauchdichtigkeit der Decken
Sorhauggata
              kein Nordpfeil vorhanden!
Digital vernetzte Brandschutzplanung
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Studentenwohnheim in Norwegen

                                                                           EI 60 [B 60]
                                                                           REI 120 A2-s1, d0 [A 120]

      EI60
      REI 120, A2-s1, d0
      Fluchtweg

      5m

Eva Guttmann

Seit der Bürogründung Mitte der 1990er Jahre beschäftigen sich             tern eines Projekts auch deren inhärente Komponenten wie etwa
Helen & Hard mit dem Holzbau. Die technischen Möglichkeiten                unterschiedliche, hierarchisch gegliederte inhaltliche und mate­
haben sich seither maßgeblich weiterentwickelt und in Norwegen             rielle Ebenen gemeinsam mit Spezialisten aus anderen Disziplinen
gelten Siv Helene Stangeland und Reinhard Kropf zu Recht als               zu berücksichtigen und in den Entwurf miteinzubeziehen.“
Holzbau­pioniere. Neben Innenraumgestaltungen, Ein- und Mehr-              So wurde das 2015 fertiggestellte Studentenheim in der Sørhaug-
familienhäusern, Bürogebäuden etc. haben die Architekten auch              gata 100 in Haugesund gemeinsam mit den Experten von
viele großmaßstäbliche öffentliche Bauten in Holz geplant und              itre (Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des Euro­
realisiert, u. a. das Vennesla Library and Cultural House (Vennesla,         päischen Parlaments) entwickelt. Es wurde in einer Baulücke im
2011), die Grimstad Library (Grimstad, 2017), den Bjergsted                  Zentrum von Haugesund in Massivholzbauweise mit Sichtoberflä-
Financial Park (Stavanger, 2019) oder den Samling-Komplex, ein             chen im Inneren und Holzfassaden dank Vorfertigung in einer
multifunktionales Gebäude mit Bibliothek und Wohnungen                     Bauzeit von nur sieben Monaten errichtet und besteht aus einem
(Nord-Odal, 2019).                                                         fünfgeschossigen straßenbegleitenden und einem kleineren,
Technische Innovation in Planung und Ausführung, Ressourcen-               ­weiter hinten am Grundstück positionierten Trakt. Die beiden Teile
management, Bionik und „Relational Design“ spielen bei all diesen           sind durch eine gemeinsame Terrasse miteinander verbunden,
Bauwerken eine wichtige Rolle. Reinhard Kropf beschreibt letzte-            ­dazwischen gibt es einen Hof. An der Straßenfront fällt neben
ren Begriff so: „Bei Relational Design geht es darum, neben den              der bewegten Trauflinie, deren Verlauf mit der Dachlandschaft
technischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Parame-              entlang der Straße zu tun hat, die Dreiteilung des Gebäudes auf.

Standort Sørhauggata 100, Haugesund⁄ NO
Bauherr Student Welfare Organization of Stord, Haugesund⁄ NO
Planung Helen & Hard, Stavanger⁄ NO, www.helenhard.no
Statik Høyer Finseth (heute wsp) Oslo⁄ NO, www.wsp.com
Brandschutzplanung Roar Jørgensen as, Hønefoss⁄ NO, www.roarjorgensen.no
Holzbau Woodcon as, Brumunddal⁄ NO, www.woodcon.no
Fertigstellung 2015
In formaler Hinsicht ist diese Dreiteilung der gewünschten Maß-      Ausrüstung der örtlichen Feuerwehr im Brandschutzkonzept mit
stäblichkeit und Rhythmisierung im urbanen Kontext geschuldet,       zu bedenken. Ist ein entsprechendes Brandschutzkonzept vorhan-
in funktionaler Hinsicht der Belichtung der Mittelgangerschließung   den, dann ist die Freigabe durch die Behörde meist kein Problem,
in den Wohngeschossen. Technisch bestand die Notwendigkeit,          auch wenn es Abweichungen von den „regulären“ Richtlinien und
zwei Treppenhäuser zu implementieren, ein Haupttreppenhaus mit       Gesetzen gibt.
selbstschließenden Brandschutztüren und ein Fluchttreppenhaus.
Dazu kommen eine Sprinkleranlage, Rauchmelder und konstruk-
                                                                     Eva Guttmann
tive Maßnahmen an neuralgischen Punkten.
                                                                     2004 – 09 Chefredakteurin der Zeitschrift Zuschnitt, 2010 – 13 Geschäftsführerin
In Norwegen war bis 1997 Holz für Häuser mit mehr als drei           des hda, Haus der Architektur in Graz. Freischaffende Autorin, Herausgeberin,
­Geschossen verboten, erst dann wurden die Gesetze nach und          Redakteurin und Verlagsrepräsentantin für Park Books Zürich; lebt und arbeitet
 nach adaptiert. „Doch immer noch sind die Brandschutzbestim-        in Graz und Wien.
 mungen in Nor­wegen streng und gerade im Holzbau eine
 ­Herausforderung“, berichtet ein Mitglied des Planungsteams.
  ­Daher war es auch bei diesem Bauwerk essenziell, von Anfang an
   Brandschutzinge­nieure in den Entwurfsprozess miteinzubeziehen
   und im Rahmen von digital vernetzter Planung optimale Lösun­gen
   zu erzielen. Zudem ist es in Norwegen notwendig, die verfügbare

                                                         5m

                                                                          0 1      5
Drei Brandschutzexperten im Gespräch
Holz brennt überall gleich, und doch unterscheiden
sich die nationalen Herangehensweisen

Anne Isopp

Holz brennt überall gleich, und doch gibt es unterschiedliche         kohle und brennbaren Gasen zersetzt) zu vieler brennbarer Ober-
Einschätzungen der Brandgefahr. Unterschiedliche Denk- und            flächen schneller vonstatten gehen kann, dass wir eine ­größere
Herangehensweisen führen zu unterschiedlichen Brandschutz­            Feuersäule vor der Fassade bekommen und dass wir u­ nter Umstän-
verordnungen. Wir haben dazu die Brandschutzexperten Stefan           den bei einem voll ventilierten Brand eine Tempe­ratur­ent­wicklung
Winter aus Deutschland, Reinhard Wiederkehr aus der Schweiz           bekommen, die über der Einheitstemperaturkurve im Prüfverfahren
und Frank Peter aus Österreich befragt.                               liegt. Man muss die Grenzen kennen. Holz ist ein brennbarer Stoff.

Deutschland                                                           Welche weiteren Änderungen in Bezug auf den Brandschutz
Gespräch mit Stefan Winter                                            sind zu erwarten? Es gibt noch eine Frage, die uns vor allem bei
Im letzten Jahrzehnt wurde in Deutschland die Gesetzgebung            den Hochhäusern beschäftigt: Geht das Holz nach einem Brand
für den Brandschutz im Holzbau liberalisiert. Wie ist es dazu         von allein wieder aus? Nach etwa anderthalb Stunden ist bei
gekommen? Einen großen Beitrag hat hier die internationale For-       einem entsprechend ventilierten Brand die mittlere mobile
schung geleistet. Insbesondere in den dach-Ländern haben wir          Brandlast (Möbel, Einrichtung, Bücher) verbrannt. Dann geht
durch koordinierte Forschungen nachweisen können, dass wir im         das Feuer aus und die Konstruktion bleibt stehen. Muss aber ein
Holzbau zu einem vergleichbaren Sicherheits- und Risikoniveau         Gebäude einen Brand komplett alleine überstehen, ohne dass
kommen wie bei den mineralischen Bauarten. Es braucht aber            die Feuerwehr kommt? Auch schon bei der Gebäudeklasse 5?
immer seine Zeit, bis sich solche Erkenntnisse in der Praxis durch-   Die Frage nach der Definition des Schutzzieles ist, zumindest in
setzen. Je mehr große und mehrgeschossige Gebäude aus Holz            Deutschland, nicht vollständig beantwortet. Die wissenschaft-
entstehen, umso gesellschaftsfähiger wird diese Bauweise.             liche Antwort in Deutschland, der Schweiz und Österreich lautet:
                                                                      Nach 90 Minuten, nach einem Vollbrand, darf ein Gebäude theo-
Trotz koordinierter Forschungen im dach-Raum werden die               retisch zusammenstürzen. Egal ob Holzbau oder Stahlbau – so
Ergebnisse in den jeweiligen Ländern verschieden ausgelegt            ist das Schutzziel. Nur ist diese klare Formulierung des Schutz-
und führen zu unterschiedlichen Gesetzgebungen. Das Thema             ziels gesellschaftlich nicht ausdiskutiert. Es gibt Experten, die
der brennbaren Fassaden ist hier ein gutes Beispiel. Da gab es        ­s agen, ein solches Gebäude muss einen Naturbrand überleben.
Versuche in Österreich, in der Schweiz und bei uns. Es kam mehr        Dann sind wir beim selbst verlöschenden Holz. Der dicke Holz-
oder weniger überall das Gleiche heraus, und doch haben wir            querschnitt geht im Regelfall von allein aus. Man könnte aber
­unterschiedliche Systeme. Der Brandschutz in der Schweiz wird         auch nachhelfen, daran forschen wir gerade. Man kann Massiv-
 im Wesentlichen von der Vereinigung Kantonaler Feuerver­              holzbauteile herstellen, die eine innen liegende Brandstopp-
 sicherungen (vkf) getrieben. Die Bauordnungen bei uns sind            schicht haben, bei der ein Feuer definitiv aufhört und die den
 ­L andesgesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Das          ­innen liegenden Querschnitt weiter schützt.
  ist ein ­anderer Entscheidungsprozess, es sind andere Player mit
  unterschiedli­chem Hintergrund. Gesetzestexte werden überwie-
                                                                      Stefan Winter ist Professor für Holzbau und Baukonstruktion an der
  gend von ­Juristen geschrieben, Brandschutzrichtlinien der vkf
                                                                      tu München. Brandschutz im Holzbau zählt zu seinen Forschungsgebieten.
  überwiegend von Technikern.

Der Umgang mit Sichtholzflächen ist auch ein gutes Beispiel           Schweiz
dafür, wie unterschiedlich das Brandrisiko von Holz beurteilt         Gespräch mit Reinhard Wiederkehr
wird. Wie schaut es hier in der deutschen Gesetzgebung aus?           Worin unterscheidet sich die schweizerische Herangehenswei­
Da gibt es im Moment unterschiedliche Auffassungen. Nach              se im Brandschutz von jener der Nachbarländer? Die Schweizer
­baden-württembergischer Bauordnung kann man alle Oberflä-            sind weniger normengläubig als gewisse europäische Nachbar-
 chen in Sichtholz bauen.                                             länder. Wenn wir feststellen, dass eine Norm ungenügend ist, dann
 Nach dem jetzigen Entwurf der Muster-Holzbaurichtlinie hingegen      suchen wir nach Lösungen. In der Schweiz darf man theoretisch
 darf entweder die Decke sichtbar in Holz belassen werden oder        alles bauen, wenn man es verantworten kann. In Deutschland
 ein Anteil der Wände. Diese Regelung halte ich für vernünftig.       hingegen können Sie, wenn es für etwas keine Norm gibt, das auch
 Wir wissen, dass die Brandausbreitung durch die Pyrolysen (dem       nicht bauen. So können in der Schweiz natürlich Neuerun­gen viel
 thermischen Prozess, bei dem sich Holz unter Bildung von Holz-       schneller umgesetzt werden.
1990                    1995              2000                                                                     2005                                2010                      2015                                                      2020                                                 Entwicklung der Brandschutzvorschriften
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      So hoch darf man mit Holz bauen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      ohne ­Z usatzauflagen

                                                                                                                                                                                                                                                                                         ≤ 22 m
                                                                                                                2004 Muster-Holzbaurichtlinie
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Auch in Deutschland ist die Baugesetzge-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Brandrede für Holz
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      bung Ländersache. In immer mehr Bundes-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      ländern ist es möglich, mit Holzbau ohne

                                                                                                                                                                                                                                        2018 Stand September
                                                                                                                                                                                                                                                                                 R 90

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             ≤ 13 m
                                                                                                                                                                                    ≤ 13 m
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Kapselung bis zu einem Fluchtniveau von
                                                                                                                                                                                A                                                                                                                   R 60              22 Metern zu bauen. Auch für die Muster-
                                                                                                                                                                     R 6 0 -B
                                                                                                                                                                                                                                                                                 R 90

                                                                                      ≤7m
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      bauordnung liegt inzwischen ein Entwurf
                                                                                                                                                                                A                                                                                                                  R 60
                                                               R 60                                                                                                  R 6 0 -B                                                                                                                                         vor, der eine Abweichung für das Bauen
Deutschland
                                                               R 60                                                                                                                                                                                                                                                   mit Holz bis zur Hochhausgrenze erlaubt.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   14
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   15
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   ≤ 100 m

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    zuschnitt 77.2020
                                                                                                                                                                                                                                   ≤ 30 m
                                                                                                                                                                                                                                                                                     R 60
                                                                                                                                                                                                                                                                                      mit
                                                                                                                                                                                                                                                                                            k-
                                                                                                                                                                                                                                                                                   S p rin
                                                                                                                                                                                                                                                                                               -
                                                                                                                                                                                                                                                                                   le r v o ll
                                                                                                                                                                                                                                                                                             z
                                                                                                                                                                                                                                                                                   s c hut
                                    1993 vkf-Brandschutznorm

                                                                                           2003 vkf-Brandschutznorm

                                                                                                                                                                                                        2015 vkf-Brandschutznorm
                                                                                                                                                                                                                                                                   R0
                                                                                                                                                                                                                                                                  R 60
                                                                                                                                                                                                                                                                   bei
                                                                                                                                                              R0                                                                                                         k-                                           Die Schweiz hat als erstes Land ein
                                                                                                                                                                                                                                                                S p rin
                                                                                                                                                                                                                                                                            -                                         materialunabhängiges Sicherheitsniveau
                                                                                                                                                                                                                                                                le r v o ll
                                                                                                                                                                                                                                                                          z
                                                                                                                                                           R 60 ⁄                                                                                               s c hut                                               eingeführt. Damit können Holzbauteile
                                                                                                                                                                                                                                                                            ­
                                                                 R0                                                                                        EI 3 0                                                                                               R e duk                                               in allen Gebäudekategorien und Nutzun­
Schweiz                      R0                                                                                                                                                                                                                                           m
                                                                                                                                                           (nb b)                                                                                              t io n u .
                                                                R 30                                                                                                                                                                                           3 0 M in                                               gen eingesetzt werden.
                             R 30

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      In Österreich ist die Baugesetzgebung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Ländersache. Die hier gezeigten Angaben
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      gelten für Wien. Die oib-Richtlinie 2 zum

                                                                                                                                                                                                                                                                                ≤ 22 m
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Thema Brandschutz kann und wird in den
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      meisten Bundesländern als Basis für die
                                                                                                                                                                                                            ≤ 11 m
                                                                                                                                                                    ≤ 11 m

                                                                                                                                                                                                                                                                  R 60
                                                                                                                                                     2007 Techniknovelle

                                                                                                                                                                                             2015 Techniknovelle
                                                                     2001 Techniknovelle

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      länderspezifischen bautechnischen Vor-
                                                               ≤7m

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      schriften herangezogen. Die letzte Ände-
                                                                                                                                                R 60                                   R 30                                                                       R 90                                                rung der oib von 2015 hat vor allem in der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Gebäudeklasse 5 Erleichterungen für den
Österreich                                                                                                                                      R 60                                   R 60
                                                                                                                                                       2                                                                                                                                                              Holzbau mit sich gebracht.
                                                                                                                                    R           9 0 +A

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ≤ m Fluchtniveau

Die Schweizer trauen sich also in Bezug auf den Brandschutz                                                                                                                                       Holzbau eine faire Chance zu geben und die Grundsätze des Vor-
mehr? Auch in der Schweiz ist ein Material viel zu stark danach                                                                                                                                   schriftenwerks zu überarbeiten. Mit der rein technischen Diskus-
beurteilt worden, ob es brennbar ist oder nicht. Dabei ist das Ge-                                                                                                                                sion, ob ein Material brennbar oder nicht brennbar ist, kam man
samtbrandverhalten von Holzgebäuden nicht markant schlechter                                                                                                                                      nicht weiter und hat deshalb die ganze Gesetzgebung grundsätz-
als von Gebäuden aus anderen Baustoffen. Mithilfe von Forschun-                                                                                                                                   lich hinterfragt. Das zaghafte Vorwärtsgehen in den anderen
gen und Entwicklungen und anhand von Schadensfällen konnte                                                                                                                                        Ländern ist darauf zurückzuführen, dass man dort das Gegenteil
aufgezeigt werden, dass die Kategorisierung in brennbar und nicht                                                                                                                                 einer Norm beweisen will. Damit bleibt man immer im gleichen
brennbar nicht mehr sinnvoll ist. Heute bauen wir Holzbauten                                                                                                                                      Denkmuster.
technisch robuster und haben eine ganze andere Wasserversorgung.
Darum kann der Brand im Kleinen bekämpft werden. Zugleich                                                                                                                                         Sind in Zukunft noch weitere Erleichterungen für den Brand­
haben sich die Schweizer auch die Frage gestellt, wo die heuti­                                                                                                                                   schutz im Holzbau zu erwarten oder ist nun alles ausgereizt?
gen Risiken liegen, und festgestellt: Die CO2-Thematik stellt ein                                                                                                                                 In der Schweiz können heute Gebäude bis zur Hochhausgrenze
viel größeres gesellschaftliches Risiko dar als ein Brand. In der                                                                                                                                 ohne Weiteres in Holz gemäß Standardkonzept der Brandschutz-
Schweiz gibt es kantonale Monopol-Gebäudeversicherungen. Diese                                                                                                                                    vorschriften gebaut werden. Hier gibt es sicher noch Vereinfa-
Versicherungen sind daran interessiert, ein Gebäude möglichst                                                                                                                                     chungsmöglichkeiten. Da es in der Logik unserer technischen
sicher bauen zu lassen, damit es nicht niederbrennt. Während aber                                                                                                                                 Entwicklung nicht mehr um die Frage geht, ob ein Material
die Brandschäden in der Schweiz gleichbleibend sind, haben die                                                                                                                                    brennbar ist oder nicht, können durchaus auch Hochhäuser in
Schäden im Elementarbereich – durch Überschwemmungen oder                                                                                                                                         Holz gebaut werden.
Murenabgänge – zugenommen. Das haben die Versicherungen                                                                                                                                           Es gibt aber noch ein anderes Thema, das wir als Branche ernst-
erkannt.                                                                                                                                                                                          nehmen müssen: den Brandschutz auf der Baustelle. Holzgebäude
Da eine gesunde Waldwirtschaftspolitik einen positiven Einfluss                                                                                                                                   sind sicher, wenn sie fertiggebaut und in Betrieb sind. Aber wäh-
auf das Klima hat, will man der Wertschöpfungskette Wald und                                                                                                                                      rend der Bauphase muss sich die Branche der Risiken bewusst sein
Holz mehr Bedeutung verleihen. In diesem Kontext kann man                                                                                                                                         und verantwortungsbewusst damit umgehen.
auch volkswirtschaftlich etwas mehr Brandschäden verantworten.
Die Frage der Personensicherheit hat nichts mit der Materialwahl                                                                                                                                  Reinhard Wiederkehr ist Holzbauingenieur und Brandschutzexperte im Büro
der Geschossdecke oder der Trennwand zu tun. Dies ist eine                                                                                                                                        Makiol Wiederkehr ag. Er war als Mitglied des Fachausschusses Brandschutz im
wohnungsinterne Frage. So hat man politisch entschieden, dem                                                                                                                                      Holzbau in die Überarbeitung der Brandschutzvorschriften involviert.
Literatur

Österreich                                                                  Atlas Mehrgeschossiger Holzbau
Gespräch mit Frank Peter                                                    Detail Business Information GmbH, München 2017, Euro 130,–
In Österreich wurden in den letzten Jahren die Brandschutz­                 Zu bestellen unter: shop.proholz.at
vorschriften für den Holzbau liberalisiert. Welche Vorbehalte
gegenüber dem Holzbau sind dennoch geblieben? Wir können                    att.Zuschnitt
in Österreich sechs Geschosse in Holz errichten, ohne besondere             Brandschutzvorschriften in Österreich
                                                                            Anforderungen nach oib-Richtlinie 2
Anforderungen erfüllen zu müssen. Wir müssen nicht mehr, wie                proHolz Austria (Hg.), 3. Auflage 2015
in einigen deutschen Bundesländern nach wie vor gefordert, die              Zum Download: shop.proholz.at
Holzkonstruktion kapseln. Mit einer Kapselung will man verhin-
dern, dass sich Holzbauteile durch einen Raumbrand entzünden                Fassaden aus Holz
und in weiterer Folge eine unkontrollierte Brandausbreitung                 Ein Fachbuch von proHolz Austria (Hg.)
stattfindet. Natürlich kann der Baustoff Holz einen zusätzlichen            Zu bestellen unter: shop.proholz.at
Beitrag zum Brand leisten und damit die Größe eines Brand­
ereignisses beeinflussen. Die wesentliche Frage ist immer, ob der           www.dataholz.eu
Brand für die Feuerwehr beherrschbar bleibt oder nicht. Erst ab             Interaktiver Online-Bauteilkatalog behördlich zugelassener
einem gewissen Stadium in der Brandentwicklung spielt es eine               sowie bauphysikalisch und ökologisch geprüfter Holzbauteile
Rolle, dass Holz ein brennbarer Baustoff ist. Ein Raumvollbrand
in der Größe von einer Wohnung ist für die Feuerwehr beherrsch-             Lignum Dokumentation Brandschutz
bar, unabhängig davon, ob das Gebäude aus Holz oder einem                   Technische Dokumentationsreihe zur Anwendung der Schwei-
­anderen Material errichtet wurde.                                          zer Brandschutzvorschriften. Die detaillierten Publikationen
                                                                            thematisieren jeweils einzelne Aspekte der Brandschutzpla-
                                                                            nung von den Anschlüssen bei Bauteilen mit Feuerwiderstand
Wie schaut es in Österreich mit Gebäuden mit mehr als sechs                 bis hin zur Qualitätssicherung im Brandschutz.
Geschossen in Holzbauweise aus? Derzeit haben wir eine klare                www.lignum.ch
Trennlinie: Erst bei mehr als sechs Geschossen in Holzbauweise
brauchen wir ein Brandschutzkonzept, in dem wir begründen,                  www.proholz.at/bauholz – bau:Holz – Seminarreihe Mehr­
dass wir das gleiche Sicherheitsniveau wie mit mineralischen                geschossiger Holzbau
Baustoffen erreichen. Uns fehlt hier ein Übergangsbereich von               Die Vorträge von 2018 und 2019 stehen zum Download und
sechs Geschossen zu h­ öheren Gebäuden. Man sollte sich von der             zum Nachlesen auf www.proholz.at/bauholz bereit.
Genehmigungsseite her überlegen, wie man Holzbauten mit
mehr als sechs Geschossen auch ohne besondere Maßnahmen                     Modul 17. Hochhaustypologie in Holzhybridbauweise
ausführen kann. Das kann e­ ine kleinzellige Bauweise sein oder             Frank Keikut, Sonja Geier, Kompetenzzentrum Typologie & ­
es kann Kompromisse in B  ­ ezug auf die Sichtholzflächen geben.            Planung in Architektur (cctp), Zürich 2019
                                                                            Basierend auf der Liberalisierung der Brandschutzvorschriften
So könnte man auf der Basis einer Risikobetrachtung neue Vorga-
                                                                            im Jahr 2015 in der Schweiz beschäftigte sich dieses For-
ben für Gebäude aus Holz über sechs Geschosse festsetzen.                   schungsprojekt mit den Merkmalen einer spezifischen Hoch-
                                                                            haustypologie in Holzhybridbauweise. Der Umgang mit dem
Wollen Sie das Grenzdenken durch Risikodenken ablösen?                      Brandschutz ist dabei wesentlich.
Die Risikobetrachtung im Brandschutz ist eine schwierige Materie.           www.vdf.ch/modul17.html
Im Gegensatz zu einem Brandereignis ist das Risiko, im Straßen-
verkehr zu verunglücken, ein akzeptiertes. Ein Brand hingegen ist
ein ungewöhnliches Ereignis. Die Angst vor Feuer zählt zu den
Urängsten des Menschen und unsere Gesellschaft hat hier ein
hohes Sicherheitsbedürfnis. Nehmen wir als Beispiel einen gewöhn­
lichen Lebensmittelmarkt mit 1.200 m2 Fläche, bei dem keine
Brandschutzeinrichtung gefordert ist. Wenn das Brand­ereignis
eine entsprechende Größe entwickelt hat, wird es der Feuerwehr
nicht mehr gelingen, den Brand zu l­öschen. Der Lebens­mittel­
markt wird vollständig abbrennen, egal ob er aus Holz, Beton
oder Stahl errichtet wurde. Dieses Risiko ist in der Bauordnung
enthalten und damit gesellschaftlich akzeptiert. Dennoch tun
sich die Menschen sehr schwer, einen solchen Verlust, ein solches
Schadensereignis zu akzeptieren. Die Schweizer hingegen betrach-
ten das Risiko bei Bränden viel objektiver und lassen auch volks-
wirtschaftliche Aspekte in ihre Risikobetrachtun­gen miteinfließen.

Frank Peter ist Brandschutzexperte und Geschäftsführer der Firma brandRat
für Brandschutz, Consulting und Engineering.
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