02/2017 pressto - Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover

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02/2017 pressto - Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
[02/2017 ]

                                 pressto
                                 Magazin der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover

                                                          stimmgewaltig
sanierung                                                 Ob solistisch oder im Chor,
22 Millionen für Haupt-                                   ob als Korrepetitor oder Dirigentin,
gebäude am Emmichplatz
                                                          ob modern oder klassisch – die

führungswechsel                                           Arbeit mit der menschlichen Stimme
Hochschulpräsidentin                                      berührt und fordert
übernimmt Vorsitz der
Rektorenkonferenz

jubiläum
Förderkreis feiert 30-jähriges
Bestehen
                                                                                           1
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02/2017 pressto - Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
s            t i m m g e w a lt i g
Kinder singen gern voller Inbrunst und mit Leidenschaft eingängige Lieder in
Versform – manchmal auch am Takt vorbei. Generationenübergreifend findet
man diejenigen, die in ihrem Alltag – manchmal improvisierend – vor sich hin-
singen: beim Kochen, Duschen oder bei der Autofahrt beispielsweise. Und auch
                                                                                     4

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                                                                                         Prof. Dr. Richard Jakoby, Gründungs-
                                                                                         präsident und Ehrenbürger der HMTMH

                                                                                         Schaufenster

                                                                                         Nachrichten
                                                                                         Rode-Breymann übernimmt
                                                                                         RKM-Vorsitz | Neuer Film | 10 Jahre
diejenigen, die ihre Konzert- und Theaterkarten wie Trophäen am Spiegel der              VIFF-regional‹ | Drei Freiwilligen-
Garderobe sammeln. Das Singen im Alltag ist zwar in manchen Kulturkreisen                plätze | 20 Jahre Konzerte mit
stärker ausgeprägt als in anderen; Menschen fühlen sich jedoch (fast) immer              E + S Rück | Tenure-Track-Professuren |
besonders von der Stimme berührt.                                                        22 Millionen Euro für Sanierung
      Tritt zu der Sangesleidenschaft der Wunsch nach Professionalisierung, kann
daraus mit den nötigen stimmlichen Voraussetzungen ein Karriereweg werden.          14   Sich das Leben ersingen
Yannick Spanier hat an der HMTMH Gesang im Bachelor und Master studiert und              Yannick Spaniers Weg zum
jetzt sein erstes Engagement an der Staatsoper Hannover erhalten. Im pressto             Opernsolisten
erzählt er gemeinsam mit seinem Professor Dr. Peter Anton Ling von seiner
Entwicklung hin zum professionellen Sänger und davon, wie die Hochschule ihre       18   Den Applaus bekommen andere
Studierenden auf den Berufseinstieg vorbereitet. Die Freude am Gesang gepaart            Korrepetitor an der Oper
mit familiärer Prägung und pianistischem Können brachte Daniel Rudolph in den
Masterstudiengang Opernkorrepetition. Mit Professor Paul Weigold und Profes-        22   Zehn Jahre Kinder- und Jugend-
sorin Anne Champert blickt er im Interview auf dieses Berufsfeld und gibt einen          chorleitung Ein Standpunkt
Einblick in die beruflichen Möglichkeiten für Pianistinnen und Pianisten.
      Wie sich der Masterstudiengang Kinder- und Jugendchorleitung in den           24   Über den Tellerrand blicken
vergangenen zehn Jahren entwickelt hat und was die besondere Verknüpfung                 ›Messiah‹ als Mitsingkonzert und
von Stimmbildung und Chorleitung in der Lehre bewirkt, erläutert Professorin             Chorprojekt
Friederike Stahmer in der Rubrik ›Standpunkt‹. Die eigene frühe Gesangserfah-
rung im Kinderchor eines Stadttheaters weckte bei Elisa Handt, seit 2016 Profes-    25   Zehn Fragen an …
sorin für Elementare Musikpädagogik, das Interesse an der Musik und ließ sie             Elisa Handt, Professorin für Elementare
nicht mehr los. Im Format ›10 Fragen an …‹ stellt sie sich in diesem pressto vor.        Musikpädagogik
      Wir informieren Sie außerdem über Erfolge und Jubiläen: Hochschulpräsi-
dentin Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann wird ab Oktober für drei Jahre die poli-     26   30 Jahre Förderkreis der HMTMH e. V.
tische Stimme der Musikhochschulen in Deutschland sein. Das Hauptgebäude am              Eine Erfolgsgeschichte
Emmichplatz, das ›Ohr‹, wird eine längst überfällige Fassadensanierung erhalten
und der Förderkreis der Hochschule feiert sein 30-jähriges Bestehen. Einer der      29   Felix Christian Thiesen:
Wegbereiter für die heute so erfolgreiche Förderkreis-Arbeit war der langjährige         ›Musikalisches Sushi‹
Hochschulpräsident und Ehrenbürger der HMTMH Prof. Dr. Richard Jakoby, der               Promotionsstudierende und
im Juli dieses Jahres im Alter von 87 Jahren verstarb. Als stimmgewaltiger Leiter        ihre Themen
und engagierter Entwickler hat Jakoby wie kein Zweiter die Geschicke dieser Ein-
richtung über 30 Jahre gelenkt. Zwei Nachrufe auf den folgenden vier Seiten         30   Tagungen
dieses Magazins würdigen sein Schaffen und geben Einblicke in sein Leben.
                                                                                    34   Zu Gast
                                                                                         Hans-Ola Ericsson | Jacob Collier |
                                                                                         Peter-Lukas Graf
Eine bereichernde Lektüre wünscht Ihnen
                                                                                    36   Personelles

                                                                                    37   Publikationen

Leiterin Marketing und Kommunikation                                                38   Impressum

                                                                                                                               3
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[ NACHRUF]

     Prof. h.c. Prof. Dr. phil.
         Richard Jakoby
                                               *11.9.1929, †9.7.2017

                    Gründungspräsident und Ehrenbürger der Hochschule für Musik,

                                               Theater und Medien Hannover
    Nur vier Jahre nachdem Richard Jakoby      derung und als wüssten die Musikhoch-             Ebenso hochaktuell, nur heute
    als Professor für Musikwissenschaft und    schulen nicht um ihre diesbezügliche        unter einem anderen Begriff (nämlich
    Musikpädagogik an die Hochschule für       Verantwortung. Und dann liest man in        ›Third Mission‹ der Hochschulen) disku-
    Musik und Theater Hannover berufen         Richard Jakobys Text ›Struktur und Ziel-    tiert, sind Richard Jakobys Überlegun-
    worden war, übernahm er 1968 ihre Lei-     setzungen‹ von 1973: »Es gibt überhaupt     gen zur gesellschaftlichen Verantwor-
    tung und realisierte sogleich ein Groß-    keine Disziplin an unseren Kunst- und       tung der Hochschule: »Die Hochschule
    projekt – den Hochschulneubau am           Musikhochschulen, die nicht hinsicht-       hatte vom Anbeginn der Planungen ein
    Emmichplatz. Jakoby sei in den Pla-        lich ihrer Inhalte problematisch gewor-     starkes Interesse daran, als Standort für
    nungssitzungen ›gedanklich‹ immer          den wäre. Denken wir etwa an die            den Neubau einen Platz nahe der City
    ›zwei bis drei Stationen voraus‹ gewe-     Ausbildung in der Opern- oder der           zu erhalten. Sie ließ sich dabei von dem
    sen, so erinnert sich Architekt Rolf       Schauspielabteilung: Wenn Theater und       Gesichtspunkt leiten, daß Kunst, will
    Ramcke.                                    Musiktheater als kulturelle Institutio-     sie sich in unserer Zeit und für unsere
          Vorausdenken auf der Grundlage       nen ihre Existenzberechtigung neu zu        Gesellschaft verstehen, in der Idylle al-
    einer klaren Analyse der Gegebenhei-       begründen haben, müssen zwangs-             lein nicht existieren kann […] So ist es
    ten – das kennzeichnete Richard Jakobys    läufig auch die zu den entsprechenden       die Absicht – und der Neubau wird es er-
    Persönlichkeit, mit der er die Hoch-       Berufen führenden Studiengänge disku-       möglichen – nicht nur hochschulintern
    schule leitete. Damit legte er künst-      tiert werden. Es kann nicht genügen,        Kunst- und Kunstausbildung ablaufen
    lerisch, wissenschaftlich und pädago-      traditionelle Methoden und Techniken«       zu lassen, um eine gewisse, in der
    gisch Grundsteine, auf denen noch          zu vermitteln. Ein nach 44 Jahren hoch-     Gesellschaft benötigte Anzahl von
    heute das ›Haus‹ der HMTMH steht –         aktueller Standpunkt, ein klar sich posi-   Künstlern und Kunstpädagogen hervor-
    wie ein Atlas, der 1973 den Globus die-    tionierender Direktor, ein Handelnder,      zubringen, sondern auch eine Kommu-
    ser Hochschule auf seine Schultern lud     der in seiner Gegenwart von 500 Studie-     nikationsstätte für alle an Musik und
    und dabei so vorausdachte, dass dieser     renden, 85 hauptamtlichen und 55            Theater jedweder Art interessierten
    Globus für uns in der nächsten Genera-     nebenamtlichen Lehrenden eine ideale        Bürger zu schaffen. Die Grenze zwi-
    tion eine bewohnbare Welt ist, in der      Hochschule ›erfindet‹ und dabei um          schen innen und außen, zwischen
    wir leben und uns kreativ entfalten        das Prozessuale von Weiterentwicklung       ›hochschulintern‹ und ›öffentlich‹ soll
    können.                                    weiß, sodass diese ideale Hochschule in     möglichst fließend gehalten werden.«
          Auf diese Weise könnten wir je-
    derzeit mit Richard Jakoby in lebhafte
    Gespräche eintreten: Hochschul- und
                                               fünf Jahrzehnten auf das Dreifache an-
                                               wachsen kann – allerdings mit einem
                                               anderen Verhältnis zwischen haupt-
                                                                                           Diese Position ist heute unverändert
                                                                                           handlungsleitend für die HMTMH.             …
    kulturpolitisch wurde in den vergan-       amtlichen und nebenamtlichen Lehren-         Als Präsident des Deutschen Musikrates
    genen Jahren die Berufsorientierung        den, wodurch der Globus durchaus in                     war Richard Jakoby gefragter
    von künstlerischem Studieren dringend      Gefahr ist, aus dem Gleichgewicht zu        Gesprächspartner für die kulturpolitische
    angemahnt, so als sei das eine neue For-   geraten.                                                       Entwicklung im Land.

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         Es ließen sich weitere solcher nach    tung der Eigenheiten hinsichtlich der             Für einen Moment rückt angesichts
    wie vor aktuellen Grundsatzthemen           Körperstruktur, der Studieninhalte und      solcher Parallelen nach 44 Jahren der
    anführen. In vielem sind wir heute das,     Studienformen.«                             Gedanke in den Vordergrund, Hoch-
    was wir sind, weil Richard Jakoby Grund-         Genau um dieses Thema, die             schulleitung sei eine Sisyphusaufgabe –
    steine legte, auf denen sich unser ›Haus‹   Gleichberechtigung der Musikhoch-           und das mag auch Richard Jakoby ab
    ausbauen ließ.                              schulen, ging es Ende Juni 2017, zwei       und an gedacht haben. Dann aber wird
         Das gilt auch für die Positionie-      Wochen vor Richard Jakobys Tod, in der      man gewahr, dass diese Aufgabe – und
    rung von Musikhochschulen innerhalb         Präsidiumssitzung der Hochschulrekto-       sei es eine Sisyphusaufgabe – auf einem
    der Hochschullandschaft, als deren In-      renkonferenz (die 1990 die WRK ablöste):    Globus stattfindet, der von einem Atlas
    teressensvertretung 1949 die Westdeut-      Das Präsidium nahm sich Zeit, sich aus-     getragen wird. Denn wie könnte man
    sche Rektorenkonferenz (WRK) gegrün-        führlich mit diesem inzwischen von          heute, bei einer umso vieles mehr von
    det wurde. Erst 1974, während der Ära       der Rektorenkonferenz der deutschen         Konkurrenzen gesteuerten Hochschul-
    Jakoby, wurden die Kunst- und Musik-        Musikhochschulen vertretenen Hoch-          landschaft und -mittelvergabe, über-
    hochschulen Mitglieder der Konferenz.       schultyp zu beschäftigen – und wieder       haupt argumentieren, wenn nicht auf
    Jakoby vertrat diesen Hochschultyp in       war zu argumentieren, was Gleich-           all die Grundsteine Verlass wäre, die
    der WRK und leistete Überzeugungs-          berechtigung von Musikhochschulen           Richard Jakoby gelegt hätte?
    arbeit: »Wir wollten in allen Belangen      innerhalb der Hochschullandschaft
    eine absolute Gleichberechtigung der        meint, und darzulegen, dass wir sie z. B.       von Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann,
    Musikhochschulen im Vergleich zu den        hinsichtlich des Verhältnisses zwischen     Präsidentin der HMTMH seit 2010, Vorsit-
    so genannten wissenschaftlichen Hoch-       hauptamtlichen und nebenamtlichen           zende der Rektorenkonferenz der Deutschen
    schulen erreichen – und dies bei Beach-     Lehrenden längst nicht erreicht haben.      Musikhochschulen seit Oktober 2017

                            Erinnerungen
    Mit wem man auch spricht, immer             und Schauen beeinflusst: Er wusste          Pfälzer und damit in nächster Nähe zu
    erhält man – zumindest in Teilen – ein      immer, wer momentan der interessan-         Frankreich erlebt, zunächst in Mainz
    anderes Bild von dem Mann, der von          teste Pianist oder Fagottist, der renom-    als Student, anschließend als Studien-
    1968 bis 1993 die Hochschule für Musik      mierteste Musikwissenschaftler, der lei-    rat für Französisch und Musik am dorti-
    und Theater in Hannover geleitet hat.       denschaftlichste Pädagoge war. Außer-       gen Gymnasium und als Dozent für
    Die Farbigkeit dieses Porträts ist Aus-     dem half ihm, dass er weltweit durch        Musikpädagogik am Konservatorium.
    weis dafür, wie sehr er sich auf Kolle-     seine Funktion als Präsident des Deut-      Für ihn war die Verantwortung für das
    gen, Freunde, Politiker, Künstler, aber     schen Musikrates vernetzt und so stets      Gelingen des Wiederaufbaus nicht eine
    auch auf sehr konkrete Situationen ein-     außerordentlich gut informiert war.         Angelegenheit der anderen, sondern
    stellen konnte. Sein stark ausgeprägtes     Nur: Man bedarf des Gespürs, was tat-       ganz konkret seine eigene. Aufbau hieß
    Interesse, dass ›seine‹ Hochschule im in-   sächlich valide ist, und das hatte er in    Aussöhnung, hieß Internationalität, hieß
    ternationalen Vergleich bestehen kann       übergroßem Maß.                             aber genauso Bildung. Gestaltung war
    (was überhaupt nur möglich ist, wenn              Zudem konnte Richard Jakoby           überlebensnotwendig, die – jenseits des
    sich mit ihr die Kolleginnen und Kolle-     eines in besonderer Weise: Anderen zu-      Verdrängens von Schuld – im Hier und
    gen identifizieren), aber auch seine        hören, die aber bitte nicht schwadronie-    Jetzt neu buchstabiert werden musste.
    Achtsamkeit beim Entwerfen von Strate-      ren durften! Denn (zu) viele, auch eige-    Dafür fand er eine Sprache, einen nüch-
    gien, sein hohes Qualitätsbewusstsein,      ne Worte waren ihm schnell zuwider,         ternen Ton, der stets verstanden wurde.
    sein Misstrauen gegenüber jeglichem         den Smalltalk beschränkte er auf das              Gerade auch in der Musikpädago-
    Pathos und nicht zuletzt seine Verläss-     höfliche Minimum, ausschweifendes           gik, die sich verbal gern an einen Jar-
    lichkeit – diese Grundzüge machten ihn      Reden war ihm unerträglich, ob im Mu-       gon anlehnt! Alles Tümelnde der Ju-
    unverwechselbar. Wahrscheinlich hat         sikrat oder in Herausgebersitzungen         gendbewegung um Fritz Jöde war ihm
    es keinen anderen Musikhochschulprä-        des Schott-Verlags, in den Stiftungen       genauso fremd wie jede religiöse Über-
    sidenten zu seiner Zeit gegeben, der mit    oder auch in der Hochschule.                höhung. Stattdessen vertraute er – in
    so langem Atem strategisch geplant und            Jahrgang 1929 – Jakoby, Sohn          dieser Hinsicht ähnlich der Position
    gehandelt hat wie Richard Jakoby.           eines Lehrers in Dreis-Wittlich, hatte      Adornos, jedoch nicht so skeptisch –
          Seine für die Hochschule wegwei-      den Wiederaufbau der neu gegründe-          auf die Kunstwerke und ihre Wirksam-
    sende Personalpolitik war vom Hören         ten Bundesrepublik sehr bewusst als         keit, auf historische wie analytische

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Klarheit und nicht zuletzt auf den          pädagogik. Durch sein Verhandlungs-         nicht für sich isoliert in ihrer jeweili-
interdisziplinären Bezug, den er bereits    geschick gegenüber dem Wissenschafts-       gen Community arbeiten wollten, son-
zu einem Zeitpunkt gefordert hat, als       ministerium gab es über Jahre allein        dern im Verbund mit anderen inner-
andere noch glaubten, es würde ein          vier hauptamtliche Musikpädagogen           halb des Hauses und auch darüber
Kreisen um die eigene Disziplin aus-        und fünf Musikwissenschaftler an die-       hinaus. Genau dies entsprach Jakobys
reichen.                                    sem Haus – ein Alleinstellungsmerkmal!      Hochschulidee.
       Überhaupt war ihm der ›homo in       Damit aber setzte er auch ein kulturpo-          Lange Jahre lebte Richard Jakoby
se incurvatus‹ stets fremd; das galt auch   litisches Signal: Breitenbildung und        nach seiner Emeritierung 1993 eher zu-
für seine weit ausgelegte Hochschulpo-      Exzellenz bedürfen der Interdisziplina-     rückhaltend, gleichzeitig aber sehr zu-
litik. Während noch heute ein Großteil      rität, die Wissenschaften und die Künste    gewandt gegenüber seinem Haus am
der deutschen (Musik-)Hochschullehre        gehören zusammen.                           Emmichplatz, das allein schon, wenn
um Wettbewerbe, gewonnene Probe-                   Die Gründungen der Hochschulins-     man das Gebäude betritt, seinen Geist
spiele und Engagements kreist, ging         titute für Journalistik und Kommunika-      vermittelt; es ist dieser liberale Geist
Jakoby einen entgegengesetzten Weg.         tionsforschung, für musikpädagogische       von Offenheit, von Klarheit, von Unauf-
Für ihn war bereits in den 70er Jahren      Forschung, für Musikphysiologie und         geregtheit, von Zuverlässigkeit und von
die Hochschule eine Plattform für den       Musiker-Medizin, die in seiner Zeit ent-    Qualitätsbewusstsein. Vielleicht ist es
Dialog von Kunst und Wissenschaft –         standen, gehören zu diesem Ansatz.          das, was dazu geführt hat, dass diese
und das nicht nur als Postulat, sondern     Schaut man sich deren Entstehungs-          Hochschule in Deutschland bis heute
als eine ständig neu zu erobernde Form,     geschichte an, so erkennt man sehr          kein Pendant fand; ein solcher Geist ist
um den klugen Musiker, den musikali-        schnell, dass die jeweiligen Ideen und      nicht einfach abrufbar, er bedarf der
schen Wissenschaftler auszubilden. Ge-      Anstöße zwar nicht unbedingt von ihm        Personen, die ihn leben. Und so eine
lingen aber konnte dies nur, weil neben     selbst ausgingen, sondern (wie es auch      Person war er: Richard Jakoby!
den künstlerischen entsprechend viele       eigentlich sein sollte) aus dem Kollegen-
wissenschaftliche Professuren einge-        kreis und seiner jeweiligen Fachkompe-                     von Prof. Dr. Hans Bäßler,
worben wurden: Historische und Sys-         tenz kamen; von Kollegen, die sich in       Promotionsstudent von Prof. Dr. Richard
tematische Musikwissenschaft, Musik-        einer Weise mit ihrem Fach und der          Jakoby, von 1994 bis 2014 Professor für
ethnologie, Musiker-Medizin, Musik-         Hochschule identifizierten, die gerade      Musikpädagogik an der HMTMH

                                                                                                                                    7
02/2017 pressto - Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
»Jedem Kind ein Instrument?«: Die Wissen-
schaftliche Sozietät Musikpädagogik (WSMP)
hat Dr. Valerie Krupp-Schleuß ner den
Sigrid-Abel-Struth-Preis für ihre heraus-
ragende Dissertation zugesprochen. Krupp-
Schleußner promovierte bei Prof. Dr.
Andreas Lehmann-Wermser am Institut für
musikpädagogische Forschung (ifmpf ).

                                                                                              Ioana Cristina Goicea aus der Violinklasse
                                                                                              von Prof. Krzysztof Wegrzyn hat am 10. Juni
                                                                                              2017 den 1. Preis beim renommierten Inter-
                                                                                              nationalen Michael Hill Violinwettbewerb
                                                                                              in Neuseeland gewonnen.

»Große fachliche Exzellenz, hohe gesell-
schaftliche Resonanz«: Mit seiner Disser-
tation zu Neugründungen und Start-ups im
Journalismus belegte Dr. Christopher
Buschow, Institut für Journalistik und Kom-
munikationsforschung, einen 2. Platz beim
Deutschen Studienpreis 2017.

Für die Entwicklung familiengerechter
Arbeits- und Studienbedingungen ist die
HMTMH – vertreten durch ihre Gleichstel-
lungsbeauftragte und Projektleiterin Birgit
Fritzen – im Juni 2017 in Berlin erneut mit
dem Zertifikat ›audit familiengerechte
hochschule‹ ausgezeichnet worden.

                                              Erstmals hat sich ein HMTMH-Student in
                                              die Gewinnerliste eines der größten Klavier-
                                              wettbewerbe der Welt eingetragen: Der Süd-
                                              koreaner Yekwon Sunwoo aus der Klavier-
                                              klasse von Prof. Bernd Goetzke gewann im
                                              US-amerikanischen Forth Worth den 1. Preis
                                              beim 15. Internationalen Van Cliburn Klavier-
                                              wettbewerb 2017.
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[ SCHAUFENSTER]

1. Juni 2017 – Hamburger Hafen – Werftge-     Beim 28. Bundeswettbewerb deutschsprachiger
lände Blohm+Voss: Der ECHO JAZZ 2017 in       Schauspielstudierender wurde Amelle Schwerk
der Kategorie ›Instrumentalist National Gi-   aus dem 3. Studienjahr Schauspiel mit einem Solo-
tarre‹ geht an Arne Jansen, Lehrkraft für     preis für ihre Rolle der Frau in ›Buch (5 ingredientes
besondere Aufgaben an der HMTMH!              de la vida)‹ ausgezeichnet.

                                              ECHO Klassik 2017 für Genova & Dimitrov: Ge-
                                              meinsam mit dem Symphonieorchester des Bul-
                                              garischen National Radio unter der Leitung von
                                              Y. Kamdzhalov erhält das Klavierduo, das einen
                                              Lehrauftrag an der HMTMH innehat, für die CD
                                              ›Bela Bartok & Victor Babin – Konzerte für zwei
                                              Klaviere‹ am 29. Oktober in der Elbphilharmonie in
                                              Hamburg die begehrte Auszeichnung.
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[ NACHRICHTEN]

        p r o f. d r.
                                       s
                            übernimmt rkm-vorsitz
                                                    usanne rode-breymann

     Im Rahmen der Wintertagung der Rek-               »Musikalische Spitze, Breite, Viel-   für den Erhalt und die Entwicklung
     torenkonferenz der deutschen Musik-         falt fördern, internationalen Reichtum      sind.«
     hochschulen (RKM) an der Universität        von Menschen und Kulturen und                     Die Rektorenkonferenz der Musik-
     der Künste Berlin wurde die Präsiden-       Musiken fördern, immer wieder auch          hochschulen ist der Zusammenschluss
     tin der Hochschule für Musik, Theater       Tradition in die Zukunft führen. Das        der Hochschulleitungen aller 24 Musik-
     und Medien Hannover, Professorin            sind die Kernaufgaben von Musikhoch-        hochschulen in Deutschland. Sie ver-
     Dr. Susanne Rode-Breymann zur neuen         schulen heute«, stellt Susanne Rode-        tritt die Interessen dieses Hochschul-
     Vorsitzenden ab Oktober 2017 gewählt.       Breymann heraus. »Dabei ist es wichtig,     typs in Politik und Gesellschaft sowie in
     Sie folgt damit auf Prof. Dr. Martin Ull-   Musik in all ihrer ausübenden und for-      Verbünden wie der Hochschulrektoren-
     rich, Präsident der Hochschule für          schenden Vielfalt zusammenzudenken,         konferenz und dem Deutschen Musik-
     Musik Nürnberg. Erstmals in der Ge-         Menschen mit ihr und durch sie zu-          rat. Der Vorstand wird für drei Jahre
     schichte der RKM wandert die Federfüh-      sammenzubringen und diese Kompe-            gewählt. Mit Übernahme des Vorsitzes
     rung des Gremiums damit nach Hanno-         tenzen in den politischen Diskurs           im Oktober 2017 wechselt die Geschäfts-
     ver, an die einzige niedersächsische        und gesellschaftlichen Raum zu stellen,     stelle der RKM für diesen Zeitraum an
     Musikhochschule.                            um auszuhandeln, wie die Bedingungen        die HMTMH.

10
auf dem weg –
 neuer film zum
  s t u d i e n s ta r t
                                                       10 jahre
                                                                            v      iff-regional

Alina, Justin, Svea, Tom, Marisa und       Mit einem Festkonzert, einem Podiums-       besondere die Bereiche Gehörbildung,
Hauke haben eines gemeinsam: Sie alle      gespräch und interessanten Fortbil-         Musiktheorie und Rhythmusschulung
starteten im Oktober 2016 in ihr Stu-      dungsangeboten hat das Institut zur         vermittelt werden. Ergänzend werden vor
dium an der HMTMH. Für einen Kurz-         Früh-Förderung musikalisch Hochbe-          Ort Angebote in Singen, Ensemblespiel
film für die Initiative Wissenschaft       gabter (IFF) der HMTMH vom 15. bis 17.      sowie Musik und Bewegung gemacht.
Hannover haben die sechs Musik-,           September 2017 den zehnten Geburts-               Höhepunkt des Jubiläumswochen-
Schauspiel- und Medienstudierenden         tag des bundesweit einmaligen musi-         endes im Hauptgebäude am Emmich-
Einblicke in ihren ganz persönlichen       kalischen Begabungsförderprogramms          platz war ein Festkonzert am 16. Sep-
Studienalltag zwischen Übezelle, Schau-    ›VIFF-regional‹ begangen.                   tember im Richard Jakoby Saal mit
spielbühne und Bibliothek gewährt.               VIFF-regional bietet seit 2007 eine   solistischen und kammermusikalischen
Wie und warum haben sie sich für           Zusatzausbildung für musikalisch über-      Beiträgen aktueller und ehemaliger
ihr Studienfach entschieden? Wie auf-      durchschnittlich begabte Kinder in der      VIFF-Kinder aus Hannover und den Re-
regend war der Studienstart? Was frus-     Nähe ihres Heimatortes. Neben dem           gionalstandorten. Die beteiligten ›VIFF-
triert und motiviert sie im Alltag? Es     zentralen VIFF-Standort an der Hoch-        ler‹, wie die Schülerinnen und Schüler
wird schnell klar: Das erste Semester      schule – das VIFF ist die 2004 gegrün-      des Programms VIFF gern genannt wer-
an der HMTMH fügt sich auf ganz            dete Vorklasse des IFF – tragen fünf        den, führten zudem eine von Axel Fries,
besondere Weise in jeden individuellen     Musikschulen in Niedersachsen (Braun-       Komponist und künstlerischer Leiter
Lebenslauf ein und bedeutet doch auch      schweig, Hildesheim, Oldenburg, Osna-       des Landesjugendschlagzeugensembles
für alle, das zu tun, was ihnen wichtig    brück und Stade) das Angebot zur            GONG, speziell für diesen Anlass ge-
ist!                                       Förderung musikalisch begabter Schü-        schaffene ›Drumrum-Musik‹ auf.
      ›Auf dem Weg – Mein Start an der     lerinnen und Schüler im Alter zwischen            VIFF-regional wird gefördert vom
HMTMH‹ entstand als Projektfilm von        neun und 13 Jahren. Begleitend zum Ins-     niedersächsischen Kultusministerium
Johanna Brodmann, die von September        trumentalunterricht, der auch musik-        im Rahmen des Projektes ›Hauptsache:
2016 bis August 2017 ihr Freiwilliges      schulextern erfolgen kann, sollen ins-      Musik!‹.
Soziales Jahr Kultur in der Abteilung
Marketing und Kommunikation absol-
vierte. Während der Dreharbeiten im                drei freiwilligenplätze ab
April und Mai 2017 begleitete die Frei-
willige die Studierenden mit künstleri-                  september 2017
schem, musikvermittelndem oder wissen-
schaftlichem Schwerpunkt gemeinsam         Erstmals bietet die Hochschule für          kultur- und hochschulbezogene Öffent-
mit dem Filmteam an ihre Studienorte.      Musik, Theater und Medien Hannover          lichkeitsarbeit bietet mit dem Studien-
So spielt der dokumentarische Film         zwei Plätze im Rahmen des Freiwilligen      bereich Schauspiel nun erstmals auch
nicht nur im Hauptgebäude Emmich-          Sozialen Jahres Kultur (FSJ Kultur) und     ein Ausbildungsbereich der HMTMH
platz, sondern wirft auch einen Blick in   einen Platz für ein Freiwilliges Wissen-    ein FSJ Kultur an. »Kira Vollenweider
die Tonstudios der Popular-Music-Stu-      schaftliches Jahr an. Die Idee: Jugend-     soll Einblicke in die künstlerische Aus-
dierenden am Weidendamm, in die            liche von 16 bis 26 Jahren arbeiten ein     bildung erhalten, sich mit den struktu-
Schauspielstudios und in das Institut      Jahr lang in Vollzeit in einer Kultur-      rellen Zusammenhängen von Kunst und
für Journalistik und Kommunikations-       bzw. Wissenschaftseinrichtung. In die-      Gesellschaft befassen und erfahren, dass
forschung an der Expo Plaza. Besonders     sem Bildungsjahr ermöglichen Praxis,        Teamarbeit die Grundvoraussetzung
Studieninteressierte können so einen       eigenverantwortliche Projektarbeit und      dieser Kunstform ist. Wir hoffen auf
ersten ganz persönlichen Eindruck vom      Seminare Persönlichkeitsbildung und         eine Bereicherung durch den neugieri-
Studium an der HMTMH erhalten.             Kompetenzentwicklung.                       gen Blick von außen und freuen uns auf
Zu sehen im Multimediaportal der Initia-         Neben dem bereits etablierten         Unterstützung bei vielen organisatori-
tive Wissenschaft Hannover:
wissen.hannover.de
                                           Platz in der Abteilung Marketing und
                                           Kommunikation mit dem Schwerpunkt
                                                                                       schen, medialen und inhaltlichen Auf-
                                                                                       gaben zwischen Kunst und Technik«,         …
                                                                                                                                  11
[ NACHRICHTEN]

…    erläutert Professorin Regina Guhl für
     den Fachbereich.
                                                 betreuen und an unseren Vorlesungen
                                                 und Seminaren teilnehmen. Daneben
                                                                                              tenure-track-
          Am Institut für Musikphysiologie       kann er ein eigenes musikphysiologi-          professuren
     und Musiker-Medizin gibt Prof. Dr. med.     sches Projekt vorbereiten und durch-
     Eckart Altenmüller Fynn Lautenschlä-        führen – mit allem, was dazu gehört:           für hmtmh
     ger die Möglichkeit, in einem Freiwilli-    Planung, Erstellung des Ethikantrages,
     gen Wissenschaftlichen Jahr die Arbeit      Erhebung der Daten, Auswertung der         Als einzige künstlerisch-wissenschaft-
     und Forschung des Instituts zu unter-       Studie und Erstellung eines Berichts«,     liche Hochschule und eine von 34 Uni-
     stützen. »Der Freiwillige wird beispiels-   erläutert Altenmüller und stellt heraus:   versitäten insgesamt wird die HMTMH
     weise bei der Datenerhebung für die         »Für mich ist Fynn ein vollwertiger Mit-   in der ersten Runde des Bund-Länder-
     Studien zur Musikerdystonie und zu          arbeiter, der lernend die wissenschaft-    Programms zur Stärkung des wissen-
     Schmerzsyndromen bei Musikstudie-           lichen Arbeiten begleitet und Einblicke    schaftlichen Nachwuchses gefördert.
     renden mitwirken und die Daten mit          in das Leben einer Wissenschaftler-        »Damit wurde ein großer Schritt in die
     auswerten. Er wird die Probanden mit        gruppe an der Musikhochschule erhält!«     richtige Richtung getan. Mit dem Zu-
                                                                                            schlag in diesem Programm werden die
                                                                                            Karrieremöglichkeiten des hochqualifi-
             2 0 j a h r e ko n z e r t e m i t e + s                                       zierten künstlerisch-wissenschaftlichen
                                                                                            Nachwuchses gestärkt. Eine nachhaltige
                   rückversicherung                                                         und systematische Förderung in diesem
                                                                                            Bereich ist für unseren Hochschultypus
                                                                                            mehr als überfällig«, unterstreicht Hoch-
                                                                                            schulpräsidentin Prof. Dr. Susanne Rode-
                                                                                            Breymann die Wichtigkeit dieses Erfolgs.
                                                                                            Jann Bruns, Hauptberuflicher Vizepräsi-
                                                                                            dent der HMTMH, bestätigt: »Dass die
                                                                                            HMTMH als einzige künstlerisch-wis-
                                                                                            senschaftliche Hochschule ausgewählt
                                                                                            wurde, zeichnet unsere strategische
                                                                                            Arbeit zur Weiterentwicklung der Per-
                                                                                            sonalstruktur und der Karrierewege des
                                                                                            Personals insgesamt aus. Ich freue mich
                                                                                            sehr über diesen Erfolg.«
                                                                                                  Der Schwerpunkt der Förderung
                                                                                            durch das Bund-Länder-Programm liegt
                                                                                            auf der Etablierung der sogenannten
                                                                                            Tenure-Track-Professur als besser plan-
                                                                                            barem, transparenterem Karriereweg:
                                                                                            Im Unterschied zum klassischen aka-
                                                                                            demischen Karrierepfad mündet die
     Seit 1998 veranstaltet die in Hannover            Mit Max Bruchs Konzert für Vio-      Tenure-Track-Professur bei positiver
     ansässige Versicherung E+S Rück in          line und Orchester Nr. 1 und Johannes      Evaluation für Nachwuchswissenschaft-
     Zusammenarbeit mit der Hochschule           Brahms Konzert für Klavier und Orches-     lerinnen und -wissenschaftler in den
     für Musik, Theater und Medien Hanno-        ter Nr. 2 wurde am 28. Juni 2017 die-      unmittelbaren Wechsel auf eine Lebens-
     ver jährlich ein Examenskonzert für         se überaus erfolgreiche Kooperations-      zeit-Professur. Das bedeutet eine bes-
     Solistinnen und Solisten in der Galerie     veranstaltung zum bereits 20. Mal aus-     sere Planbarkeit der Karriere, eine bes-
     Herrenhausen. Ausgewählte Soloklas-         gerichtet. Gemeinsam mit dem Göttin-       sere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
     senstudierende erhalten durch diese         ger Symphonie Orchester unter ihrem        und hilft bei der Gewinnung und Bin-
     Förderung die besondere Gelegenheit,        Generalmusikdirektor Christoph-Mathias     dung der besten Talente.
     ihr Examen mit einem großen Orches-         Mueller spielten Airi Suzuki (2. v. r.)          Das Programm läuft – verteilt auf
     ter abzulegen. Zugleich bietet die E+S      aus der Violinklasse von Prof. Krzysztof   zwei Bewilligungsrunden – von 2017 bis
     Rück ihren Kunden durch das Konzert         Wegrzyn (r.) und Annika Treutler aus       2032. Innerhalb dieses Zeitraums wer-
     einen musikalischen Höhepunkt im            der Klavierklasse von Prof. Bernd          den ausgewählte Universitäten für einen
     Rahmen einer Fachtagung.                    Goetzke.                                   Zeitraum von bis zu 13 Jahren gefördert.

12
22 millionen                                  f   ür sanierung
                                   am emmichplatz
Die Hochschule für Musik, Theater und           »Das Gebäude ist dringend sanie-      kalische Proben- und Konzertnutzung
Medien Hannover erhält 21,7 Millionen     rungsbedürftig. Wir freuen uns sehr,        optimiert werden. Es ist davon auszu-
Euro für die dringend benötigte Sanie-    dass nun der Grundstein für die Erhal-      gehen, dass die Arbeiten mehrere Jahre
rung der Betonfassade und der ehema-      tung des denkmalgeschützen Haupt-           in Anspruch nehmen. Die detaillierte
ligen Tanzsäle am und im Hauptge-         hauses der Hochschule gelegt wurde.         Planung wird mithilfe der bei der Probe-
bäude Emmichplatz. Möglich wird dies      Eine international glänzend aufgestellte    sanierung im zweiten Halbjahr 2017
durch das am 9. Juni 2017 bekanntgege-    Institution wie die HMTMH verdient          gewonnenen Erkenntnisse erfolgen.
bene ›Sondervermögen zur Nachholung       eine Infrastruktur, die dies auch wider-         Im November 1973 wurde das da-
von Investitionen bei den Hochschulen     spiegelt«, betont Prof. Dr. Susanne Rode-   mals eigens für die Hochschule errich-
in staatlicher Verantwortung‹ durch das   Breymann, Präsidentin der Hochschule.       tete Gebäude an der Spitze des hanno-
Land Niedersachsen. Darüber hinaus              Im Fokus steht die Instandsetzung     verschen Stadtwaldes Eilenriede nach
wurden 300.000 Euro für diese Maß-        der in den vergangenen Jahrzehnten          mehrjähriger Planungs- und Bauzeit
nahme über das Denkmalschutz-Son-         witterungsbedingt geschädigten Außen-       bezogen. Der Architekt war Prof. Rolf
derprogramm der Bundesbeauftragen         fassade, die inzwischen im Bereich des      Ramcke. Das Gebäude wurde medial als
für Kultur und Medien, Monika Grüt-       Sichtbetons stellenweise porös ist und      ein Glanzpunkt in der deutschen Musik-
ters, bewilligt. Dieses Programm dient    Feuchtigkeit aufnimmt. Darüber hinaus       hochschul-Architektur gefeiert. Seit 2011
der Erhaltung von Objekten, die das       sollen die seit 2001 nicht mehr für die     steht es unter Denkmalschutz.
nationale kulturelle Erbe prägen.         Tanzsparte benötigten Säle für musi-

                                                                                                                                  13
[SCHWERPUNKT]

                    sich das
            Bachelor, Master, Soloklasse:

     »Wie schön ist doch die Musik, … aber
     wie schön erst, wenn sie vorbei ist!«,
     heißt es im Schlussmonolog der komi-
     schen Oper ›Die schweigsame Frau‹. So-
                                                      l        eben ersingen
                                                                Yannick Spaniers Weg zum Opernsolisten

                                                  habe, ist stilistisch alles noch viel brei-
                                                  ter aufgestellt. Zum einen, weil es na-
                                                  türlich auch Studierende gibt, die nicht
                                                  die Opernbühne, sondern die Gesangs-
                                                                                                bestehe nur ein Bruchteil von vielen Be-
                                                                                                werberinnen und Bewerbern diese Prü-
                                                                                                fung, die Grundvoraussetzung für die
                                                                                                Studienaufnahme an der HMTMH ist.
     fern er könnte, würde Yannick Spanier        pädagogik oder die freie Tätigkeit an-        »Dabei sind wir eine Abteilung, die In-
     dem geräuschempfindlichen Morosus            streben. Und zum anderen, weil an             ternationalität geradezu anzieht. Der-
     wohl aufs Energischste widersprechen.        Operngesang anfangs rein technisch            zeit sind etwa 15 Nationalitäten vertre-
     Er, der hier im Juli 2017 mit der amüsan-    fast gar nicht zu denken ist. In der Regel    ten.«
     ten Strauss-Arie gerade den Schluss-         beginnt man sein Gesangsstudium mit                 Um auf die Anforderungen der
     punkt unter sein Prüfungskonzert setzt,      Lied und Oratorium.«                          Bühne vorzubereiten, nehmen die künst-
     hat mit der Musik persönlich noch ganz             Yannick Spanier hätte ohne eine         lerischen Hauptfächer den größten
     viel vor. Zwei Jahre lang hat sich der       engagierte Musiklehrerin, »die mich in        Raum des Opernstudiums ein. Exzellen-
     heute 27-Jährige im Masterstudiengang        den Oberstufenchor steckte«, und einige       tes solistisches Singen in musikalischer,
     Gesang/Oper erfolgreich auf den Beruf        Schulkameraden, die ihm eine Gesangs-         technischer und interpretatorischer
     des Opernsängers vorbereitet. Nun tritt      stunde schenkten, wohl niemals den            Hinsicht ist das Ziel des Einzelunter-
     er zum Oktober ein Festengagement            Weg an den Emmichplatz gefunden.              richts und zugleich die Grundvoraus-
     als Bass-Solist im jungen Ensemble der       »Ich habe früher vor allem Theater            setzung, um als ›Sängerdarsteller‹ er-
     Staatsoper Hannover an.                      gespielt und lange Zeit gar nicht wirk-       folgreich zu sein. »Die künstlerische
           Neben ›Gesang in freiberuflicher       lich realisiert, dass ich das stimmliche      Durchdringung einer Opernpartie, um
     Tätigkeit‹ ist das Angebot ›Gesang/Oper‹     Potenzial besitze, dass daraus mein Beruf     die es in letzter Konsequenz geht, ist
     der zweite Masterstudiengang, der jun-       werden könnte.« Seinen ersten Gesangs-        auf der Grundlage einer fundierten
     gen Sängerinnen und Sängern nach             unterricht nimmt der Ostwestfale erst         stimmlichen und darstellerischen Tech-
     dem Bachelorabschluss an der HMTMH           mit 19 Jahren – »spät, aber vertretbar!«,     nik und höchster musikalischer Qua-
     offensteht. Ziel der Ausbildung ist es,      wie sein Hochschullehrer, Prof. Dr.           lität überhaupt erst möglich«, betont
     die Absolventinnen und Absolventen           Peter Anton Ling, einordnet: »Durch die       Peter Anton Ling. »Ist dieser Schritt
     zur Aufnahme einer erfolgreichen Kar-        Auswirkungen des Stimmbruchs kön-             getan, dann kann man eigentlich nicht
     riere als Sängerdarsteller/in zu befähi-     nen junge Männer ohnehin erst mit             anders, als die Rolle exzellent zu ver-
     gen.                                         ungefähr 16, 17 Jahren mit der stimm-         körpern: die psychologische Auseinan-
           »Der Master Gesang/Oper konzen-        lichen Ausbildung beginnen. Wir haben         dersetzung, ihre Verinnerlichung und
     triert sich inhaltlich voll auf die späte-   die Repertoireanforderungen für die           die Identifikation mit ihr sind in der
     ren beruflichen Anforderungen«, fasst
     Yannick Spanier seine zwei letzten Stu-
     dienjahre zusammen. Im Mittelpunkt
                                                  Eignungsprüfung aber so genau umris-
                                                  sen, dass sich die Voraussetzungen der
                                                  Bewerberinnen und Bewerber recht zu-
                                                                                                Musik enthalten und drängen sich re-
                                                                                                gelrecht auf.«                               …
     stehen der Hauptfachunterricht, der          verlässig ablesen lassen. Dafür prüfen                    Ensembleprojekt zu Mozarts
     szenische Unterricht und das Partien-        wir nicht nur das stimmliche, sondern          ›Così fan tutte‹: Yannick Spanier als Don
     studium. »Im Bachelorstudiengang, den        auch das darstellerische und gesamt-               Alfonso in ›La Scuola degli Amanti‹.
     ich zwischen 2010 und 2015 studiert          musikalische Potenzial.« Naturgemäß

14
[SCHWERPUNKT]

…          Von seinen Studierenden erwar-
     tet der Professor, dass sie ›wach‹ sind:
                                                 Yannick fast das gesamte Mozart-Reper-
                                                 toire abdecken können, ebenso Rossini-                         Im Wintersemester 2016/17
     »Außergewöhnliche Aufnahmebereit-           Partien und die deutsche Spieloper.       singt Yannick Spanier (Mitte) mit dem Sarastro in der
     schaft ist mir wichtig, auch Leiden-        Dieses große Spektrum wird für einen      ›Zauberflöte‹ seine erste große Basspartie.
     schaft für die Arbeit mit und an sich       Anfänger vorausgesetzt, damit er im
     selbst, Organisiertsein, Repertoirekennt-   Theaterspielplan universell eingesetzt    Produktion ist ein Highlight, weil es
     nis, Fleiß und unbedingt Freude und         werden kann.« Hinzu komme allmäh-         sich so anfühlt, als ob man seinen Ar-
     positives Denken. Die Sängerin bzw.         lich die Individualität einer Sänger-     beitsplatz schon hätte.« Unvergessen
     der Sänger muss sich das Leben regel-       persönlichkeit, die spezielle Partien     bleiben ihm Mozarts ›Zauberflöte‹, in
     recht ersingen!« Ob es etwas gibt, das      nahelegt. »Hier vertrauen wir auf die     der er mit dem Sarastro seine erste
     alle Lehrenden des Studienbereiches in      Führung durch die Opernhäuser.«           große Basspartie sang, und der ›Sommer-
     ihren hervorragenden Ergebnissen ver-             Einen Vorgeschmack auf die Ar-      nachtstraum‹ von Benjamin Britten –
     eint? »Die unterschiedlichen pädagogi-      beitsweise im professionellen Theater-    »einfach schön!«
     schen Konzepte der international täti-      betrieb gibt die HMTMH mit ihren                Neben den Hauptfächern stehen
     gen Kolleginnen und Kollegen! Nur           Opernproduktionen, vor allem mit je-      ›Künstlerische Berufsspezifika‹ wie Ita-
     durch diese Vielfalt und besonders          ner im Wintersemester auf der großen      lienisch der Oper, Dialoggestaltung und
     durch den Austausch darüber entsteht        Bühne des Richard Jakoby Saals. »Die      Bühnentanz auf dem Stundenplan der
     die kollektive Intelligenz, die auf dem     Hochschule organisiert diese Arbeits-     Opernstudierenden. Im Wahlpflicht-
     Berufsmarkt selbstverständlich ist und      phase so, dass die anderen Fächer ruhen   bereich reichen die Angebote von Alter
     im konkreten Fall das Musiktheater          und wir uns ganz auf diese Aufgabe ein-   Musik über Lied und Oratorium bis hin
     trägt.«                                     lassen können. Proben bis zehn Uhr        zu Musikwissenschaft und Vom-Blatt-
           Sein Student Yannick Spanier sei      abends und morgens um zehn schon          Singen. »Neu eingeführt im sogenann-
     in den vergangenen Jahren ›in großen        wieder hier sein, einmal nicht durch      ten Professionalisierungsbereich ist das
     Schritten‹ vorangegangen. Etwa 20 Par-      Klavier, sondern durch ein großes         Vorsingtraining bei Prof. Weigold und
     tien des Opernrepertoires habe er sich      Orchester begleitet werden, die gemein-   Prof. Champert«, erzählt Yannick Spa-
     pünktlich zum solistischen Berufsein-       same Feier nach der Dernière …«,          nier. »Das stresst ein bisschen, ist aber
     stieg erarbeitet: »Als junger Bass muss     Yannick Spanier strahlt: »Jede einzelne   um ehrlich zu sein, eine sehr gute

16
»Als ob man
 den Arbeitsplatz schon hätte«: in der Maske
              für ›Ein Sommernachtstraum‹.

Sache. Man ist immer nervös beim Vor-
singen und je öfter man es macht und
ein professionelles Feedback bekommt,
desto besser. Gerade auch, weil unser
Studiengangsleiter häufig Intendanten
oder Agenten zu diesen Terminen ein-
lädt – Herr Weigold hat da viele Kontakte
und ist sehr aktiv für uns Studierende.«
      Aktiv sein, Kontakte knüpfen –
gute Stichwörter auch für die angehen-
den Opernsängerinnen und Opernsän-
ger selbst. »Die Zeit, die ein Masterstu-
dierender innerhalb der Hochschule
verbringt, wird immer geringer. Man
singt zunehmend mehr Konzerte, ist
auf Wettbewerben unterwegs, bewirbt            singen?‹ – Na klar, dann macht man das       Engagement an der Staatsoper Hannover
sich«, erklärt Yannick Spanier. »Die Leh-      als Freundschaftsdienst, auch wenn die       mit Prof. Ling weiterarbeiten. »Es heißt:
renden unterstützen uns dabei natür-           Zeit vor dem Abschlusskonzert eigent-        Man lernt erst auf der Bühne wirklich
lich, aber letztlich muss jeder selbst         lich kostbar ist.« 45 Minuten reine Musik-   singen, aber persönlich denke ich nicht,
daran arbeiten, seinen Platz außerhalb         zeit sind für diese Prüfung vorzubereiten,   dass das reicht. Dadurch, dass deine
der Hochschule zu finden. Und das ist          davon 30 Minuten Musiktheater mit            Stimme in dir drin ist und du sie nicht
auch gut so.« Er selbst habe über einen        Rezitativ, Arie und Ensemble und wei-        mit den Händen ansteuern kannst wie
Korrepetitor der HMTMH ein Vorsin-             tere 15 Minuten Lied und Oratorium.          ein Instrument, dadurch, dass ich mich
gen bei einem Agenten bekommen, der            Auch zeitgenössische Musik und drei          selbst nicht so höre, wie mich andere
ihm wiederum weitere Vorsingen ver-            unterschiedliche Sprachen sind Pflicht.      hören, ist es gut, sich immer wieder bei
schaffte. Dr. Cornelia Preissinger, der               Yannick Spanier hat mit seiner        seinem Lehrer rückzuversichern. Dass
Künstlerischen Betriebsdirektorin der          Masterabschlussnote einen Studien-           wir nun noch weitere zwei Jahre eng
Staatsoper Hannover, begegnete der             platz in der Soloklasse der HMTMH er-        zusammenarbeiten können, ist ein
junge Bass im Vorsingtraining seines           halten und wird parallel zu seinem           Glücksfall für mich!« von Silke Reinhard
Studiengangs und zuvor bereits in ihrer
Eigenschaft als Jurymitglied beim Mari-              Seinen ersten Gesangsunterricht        Warberg und sang den Arkel in Debussys
tim Musikpreis. »Als der Wettbewerb            erhielt yannick spanier 2009 in seinem       ›Pelléas et Mélisande‹ am Thalia Theater
vorbei war, sprach sie mich an und riet        Geburtsort Vlotho bei Claudia Lücking.       in Hamburg. Aufführungen von Oratorien
mir bei der Staatsoper vorzusingen. Das        Seit 2010 studiert er Gesang an der          (›Weihnachtsoratorium‹ und andere Kan-
sei jetzt genau das Richtige für mich …        HMTMH, zunächst in der Gesangsklasse         taten von Johann Sebastian Bach, ›Krö-
und ja, es hat geklappt!«                      von Jacques Schwarz, seit 2015 bei Prof.     nungsmesse‹ von Wolfgang Amadeus
      Wenn Yannick Spanier auf seine           Dr. Peter Anton Ling. Im Studienjahr 2013/   Mozart) sowie anderer geistlicher Vokal-
Zeit an der HMTMH zurückblickt und             2014 führte er seine Studien in Frankreich   musik (wie ›Petite messe solenelle‹ von
nach den großen Pluspunkten seines             am Conservatoire de Toulouse fort und        Gioachino Rossini) führten Yannick Spa-
Studiums befragt wird, gibt er die             erweiterte so besonders sein Repertoire      nier auch in das französische und spani-
hohe Zahl an Hauptfachlehrenden und            der französischen Vokalmusik.                sche Ausland. Im März 2016 war er im Rah-
die sehr guten Korrepetitorinnen und                 Im Laufe seines Studiums wirkte der    men eines Meisterkurses von Peter Kooji
Korrepetitoren, die Opernphasen, vor           Bass bei diversen Opernproduktionen der      als Jesus in Bachs ›Johannespassion‹ in
allem aber auch den Zusammenhalt               Hochschule mit, wie z. B. ›Die Krönung der   Hannover zu hören. 2017 debütierte er in
unter den Kommilitoninnen und Kom-             Poppea‹ von Claudio Monteverdi oder          einem Galakonzert am Gewandhaus Leip-
militonen an. »Das Klima untereinan-           ›Street Scene‹ von Kurt Weill. 2014 ver-     zig. Ab der Spielzeit 2017/18 ist Yannick
der ist einfach gut. Wenn jemand fragt         körperte er Benoît und Alcindoro in der      Spanier an der Jungen Oper Hannover
›Kannst du nicht in meiner Prüfung mit-        Oper ›La Bohème‹ von Puccini auf Burg        engagiert.

                                                                                                                                        17
den applaus
                                                           b        e ko m m e n a n d e r e
     Beruf und Berufung: Korrepetitorinnen und Korrepetitoren an der Oper sind engagierte

                                            Alleskönner am Klavier. Ein Interview

     Paul Weigold und Anne Champert lehren an der HMTMH im Bereich Opernkorrepetition.          › Lieber Daniel Rudolph, woher rührt Ihr
     Der Professor für Dirigieren und die Professorin für Ensemblearbeit und Partienstudium     Wunsch, in die Opernkorrepetition zu gehen?
     blicken mit viel eigener Arbeitserfahrung auf dieses Berufsfeld und wissen, es lohnt
     sich, bei Pianistinnen und Pianisten dafür zu werben. Daniel Rudolph studiert im dritten   Daniel Rudolph (D. R.): Meine Eltern wa-
     Semester in Hannover mit der Absicht, künftig im Musiktheater mit Sängerinnen und          ren schon immer aktive Chormitglie-
     Sängern zu arbeiten. Melanie Bertram sprach mit ihnen über das Studium und die             der und ich so seit Kindertagen mit Ge-
     Entwicklung des Fachs Korrepetition in Deutschland.                                        sang und Stimme ›vertraut‹. Mit etwa
                                                                                                sieben Jahren wollte ich unbedingt
     › Als Teil des Masterstudiengangs Dirigie-     spezialisierten Vocal-Coaches, die mit      Klavier spielen lernen. Für mich hat sich
     ren bietet die HMTMH das Schwerpunkt-          Sängern für bestimmte Fächer arbeiten.      früh eine Verbindung zwischen Gesang
     fach Opernkorrepetition an. Lieber Herr        Wir bieten Pianistinnen und Pianisten       und Klavierspiel aufgebaut. Ich habe ge-
     Weigold, liebe Frau Champert, bitte erläu-     die Spezialisierungsmöglichkeit Opern-      lernt, auf den Dirigenten und den Chor
     tern Sie mir die Position einer Korrepetito-   korrepetition an …                          zu achten und meine Spielweise darauf-
     rin/eines Korrepetitors an der Bühne.                                                      hin flexibel anzupassen. Ich kann schnell
                                                    Anne Champert (A. C.): Diese Karriere von   neue Stücke lernen und habe ein ausge-
     Paul Weigold (P. W.): Korrepetitoren ver-      der Repetition zur Kapellmeister-Tätig-     prägtes Musikliteraturinteresse. Das
     mitteln musikalisch zwischen den               keit ist in Deutschland durch den hier      hat sich ganz natürlich miteinander so
     Singenden, dem Dirigenten und dem              weltweit einzigartigen Repertoirebe-        entwickelt. Ich wurde gewissermaßen
     Orchester. Sie begleiten mit viel Flexibi-     trieb im Gegensatz zum Stagionesys-         von selbst mit dem Handwerkszeug für
     lität und psychologischem Geschick die         tem begünstigt. Im Stagionesystem, in       die Korrepetition ausgestattet.
     Sängerinnen und Sänger in der Proben-          dem ein Stück en bloc gezeigt wird,
     phase und bereiten mit ihnen am Kla-           werden Pianisten oft pro Produktion en-     A. C.: Daniel hat viele wichtige Punkte
     vier ihre jeweiligen Rollen vor. Früher        gagiert. Das fordert Profilierung und       erfasst. Eine gute Klavierbasis und die
     war es so, dass Dirigenten zunächst als        Spezialisierung. Beide Systeme brau-        Lust auf die Arbeit mit Stimme, ein
     Korrepetitoren tätig waren. Herbert            chen aber umfassend gebildete Repeti-       gutes Gehör für den Klang und dafür,
     von Karajan zum Beispiel war ein sehr          toren für die Einstudierung, die Beglei-    wie Sängerinnen und Sänger das Best-
     guter Repetitor, der zum Teil selbst die       tung der szenischen Proben und für die      mögliche aus der Partie herausholen
     Einstudierung der Opernpartien über-
     nommen hat. Inzwischen haben sich
     die Berufsbilder deutlich ausdifferen-
                                                    Orchesterdienste am Klavier, Cembalo
                                                    oder Hammerklavier. Von ihnen wird
                                                    außer den pianistischen Fähigkeiten
                                                                                                können, sowie eine schnelle Auffassungs-
                                                                                                gabe und ein ausgeprägtes Interesse an         …
     ziert. Ein Korrepetitor muss heute nicht       viel Wissen verlangt: sprachlich, stimm-    Berufspraxis während des Studiums: Daniel
     mehr zwingend dirigieren (wollen) und          lich, stilistisch. Genau deshalb ist ein    Rudolph begleitete das Ensembleprojekt zur
     umgekehrt, ein Dirigent nicht unbe-            Masterstudiengang wie der bei uns an        Oper ›Eugen Onegin‹ im Juli 2017 in Studio D
     dingt Pianist sein. Aus dem anglo-ameri-       der HMTMH sehr sinnvoll. Wir bereiten        am Klavier. Die Musikalische Leitung hatte
     kanischen Raum kommt der Trend zu              gezielt auf diesen Arbeitsalltag vor.                 sein Professor Paul Weigold inne.

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spielen. Darum habe ich im Dezember
                                                                                                      2016 vielleicht auch den Karl-Berge-
                                                                                                      mann-Blattspielwettbewerb an der Hoch-
                                                                                                      schule gewonnen.

                                                                                                       P. W.: Opern-Klavierauszüge haben oft
                                                                                                       300, 400 Seiten, die in kurzer Zeit be-
                                                                                                       wältigt werden wollen, da ist gutes
                                                                                                       Blattspiel eine wichtige Voraussetzung.
                                                                                                       Wobei der Klavierauszug nur als Skizze
                                                                                                       des Orchesterklangs dient. Daraus eine
                                                                                                       Fassung zu erstellen, die sich möglichst
                                                                                                       nah am Orchesterklang bewegt, ist die
                                                                                                       Aufgabe. Gute Korrepetitoren benöti-
                                                                                                       gen sehr viel Eigeninitiative, Selbststän-
                                                                                                       digkeit und Fleiß. Die Studierenden ar-
                                                                                                       beiten dafür während des Studiums
                                                                                                       eng mit den Sängern, begleiten zum
                                                                                                       Beispiel das Vorsingtraining. Und sie
                                                                                                       sind wichtiger Teil der jährlichen
                                                                                                       Opernproduktionen, sei es assistierend
                         Prof. Anne Champert lehrt seit   Dieses Geflecht, das mich seit meiner oder auch selbst vom Klavier aus lei-
     2014 an der HMTMH im Bereich Ensemblearbeit und      Kindheit prägt, führte sich fort. Nach tend wie bei den Produktionen in Stu-
     Partienstudium.                                      vier Jahren war für mich klar, dass ich dio D. Das ›Standardrepertoire‹ als
                                                          auch weiter mit Sängerinnen und Sän- Grundlage für den Job umfasst viel-
     der Gattung Oper mit allem was dazu-                 gern arbeiten will. Die Bewerbung für leicht 30 Opern. Davon versuchen wir
     gehört – zum Beispiel auch die Arbeit                den Master Kammermusik/Liedgestal- während des zweijährigen Studiums
     im Theaterbetrieb – qualifizieren für                tung an der HMTMH bei Jan Philip möglichst viel zu vermitteln.
     eine gute Opernkorrepetition.                        Schulze folgte daraus. Inzwischen hat
                                                          sich hier ein tolles Netzwerk aufgebaut. A. C.: Die Berufsrealität ist tatsächlich
     › Beherrschung der Technik des theater-              Und jetzt studiere ich Opernkorrepe- hart: Man muss gerade in den ersten
     gemäßen Klavierspiels für die relevanten             tition – im Master Lied gab es dieses Jahren immer weiter Repertoire lernen.
     Stilepochen, Umgang mit Stimmen und                  Nebenfach bei Herrn Bauche. Das hat Man ist immer in der Situation, Neues
     Gesangsliteratur, Kennenlernen des pro-              mich nicht losgelassen und passt ein- erfassen zu müssen. Mit der Zeit wird
     fessionellen Opernbetriebs – diese The-              fach für mich.                               dies besser. Fertig ist man aber nie. Ich
     men stehen folgerichtig auch im Fokus des                                                         entdecke auch immer wieder Stücke,
     Schwerpunktfachs. Woher kommen die Stu-              A. C: Stichwort Profil: In diesem Job bil- die ich noch nie gespielt oder live ge-
     dierenden und was müssen sie mitbringen?             den viele durch eigene musikalische hört habe.
                                                          Praxiserfahrung Expertisen aus, für die
     P. W.: Der Studienzugang hängt ganz                  sie dann gefragt sind: Wenn jemand – wie    ›   Vom Übergang in die Berufsrealität
     klar von der eigenen Profilbildung und               ich als Muttersprachlerin Französisch – haben wir noch nicht explizit gesprochen.
     den Potenzialen des einzelnen Studie-                einen Sprachschwerpunkt hat, dann Welche Praxisanteile gibt es im Studium und
     renden ab: Musikvermittelnde grund-                  kann man Sänger besonders gut bei der wo können die Studierenden anknüpfen?
     ständige Studiengänge, Klavier oder                  Einstudierung französischer Partien un-
     auch Liedbegleitung sind typische Vor-               terstützen. Daniel hat bereits viel Arbeits- P. W.: Wir bieten natürlich Hospitations-
     bildungen für den Masterstudiengang                  erfahrung im Bereich Chor und Lied.          möglichkeiten für erste Praxiseinhei-
     Dirigieren mit dem Schwerpunkt Opern-                                                             ten und zur eigenen Netzwerkbildung
     korrepetition.                                       D. R.: Mein Ziel ist aber auch immer, fle- – beispielsweise an den Häusern in
                                                          xibel zu bleiben: Von Renaissance über Wien, Hamburg, Berlin, Braunschweig,
     D. R: Ich habe zunächst ein Klavierstu-              Klassik bis zu Jazz, Rock, Pop oder Gospel Osnabrück oder auch direkt hier in
     dium in Lübeck bei Konstanze Eickhorst               habe ich schon alles begleitet. Das schult Hannover. Daniel zum Beispiel war für
     absolviert. Das Nebenfach Liedgestal-                ungemein. Ich kann mit viel Notentext vier Wochen in Wien und hat die Pro-
     tung hat mich dort sofort interessiert.              gut umgehen und sehr gut vom Blatt ben für eine Gluck-Oper mit begleitet.

20
Und im Februar saß er beim Vorsingen       viel Arbeit im Verborgenen leistet und     enleiterin an der Deutschen Oper Berlin
für die Junge Oper an der Staatsoper       selbst nicht im Rampenlicht steht.         und dort für die musikalische Einstudie-
Hannover am Klavier und hat über-          Wem das nicht so wichtig ist, der kann     rung der Solistinnen und Solisten verant-
zeugt. Ab September ist er für eine Pro-   hier durchaus seine Erfüllung finden.      wortlich. Sie wird als Gastcoach u. a. re-
duktion für die Junge Oper engagiert.                                                 gelmäßig an die Komische Oper Berlin, zu
Diese Praxiseinheiten sollen genau         D. R.: Meine ersten Hospitationen waren    den Bregenzer Festspielen sowie an die
diese Brücke zur Berufsrealität schaffen   jedenfalls sehr positiv und ich wäre       Israeli Opera Tel Aviv eingeladen.
und sind nicht zuletzt auch Möglichkei-    nach Studienende gern Teil des Teams
ten für den Berufseinstieg.                für die musikalische Einstudierung an            paul weigold war am Stadtthea-
                                           einer Oper. Wie das genau aussehen         ter Würzburg und an der Hamburgischen
A. C.: Zudem bietet die gute Ensemble- wird, wird sich noch zeigen. Ich habe          Staatsoper engagiert, als Chefdirigent
und Chorstruktur in Hannover unseren allerdings auch Lust, weiter für Lied auf        und künstlerischer Leiter an der Wiener
Studierenden zahlreiche Möglichkeiten der Bühne zu stehen. Ich bleibe offen.          Kammeroper, war Studienleiter und Assis-
zur Qualifikation und für die Ausbil-                                                 tent des Musikdirektors Seiji Ozawa an
dung ihres eigenen künstlerischen Netz- Weitere Informationen: www.hmtm-han-          der Wiener Staatsoper. Er dirigierte an vie-
werkes und Profils außerhalb der Hoch- nover.de/de/bewerbung/studienangebote/         len bedeutenden Opernhäusern wie der
schule – das fördert die Selbstständigkeit                                            Wiener Staatsoper, der Opera Bastille
und die Vielfältigkeit. Dieser Beruf ist anne champert war als Repetitorin an         Paris, dem Teatro Regio Turin, dem Teatro
nicht nur ein Job, für mich ist es auch der Scottisch Opera, Glasgow, und der         Real Madrid, der Wiener Volksoper und
eine Art zu leben und zu arbeiten.         Opéra National de Paris engagiert. Seit    der Komischen Oper Berlin. Aktuell unter-
                                           1999 arbeitet sie in Deutschland, zuerst   richtet Paul Weigold außer an der HMTMH
P. W.: Man muss sich allerdings im Kla- am Saarländischen Staatstheater Saar-         auch als Gastprofessor an der Hanyang
ren sein, das man als Korrepetitor sehr brücken. Von 2004 bis 2014 war sie Studi-     Universität in Seoul.

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