Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...

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Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...
Österreichische Post AG, MZ 02Z031654 M, MEDMEDIA Verlag, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien                                        ISSN 1605-881X

                                                                                                                           ÖSTERREICHISCHE
                                                                                                                           GESELLSCHAFT
                                                                                                                           FÜR NEPHROLOGIE

Interdisziplinäre Fortbildungsreihe der
                                                                                              Script
Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie                                                                         21. JAHRGANG/NR. 3/2018

                                              Österreichische Forschungsleistungen
                           auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen

                    Unsere ERA-EDTA-Highlights
                                                                                                                      19
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Foto: siehe Impressum
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NEPHRO Script

                        INHALT
                        04   Impressum                                                26   Studie zur Assoziation
                                                                                           mit Transplantatglomerulopathie und Graftverlust
                        05   Editorial                                                     Minimale mikrovaskuläre Inflammation:
                                                                                           Rolle der diffusen peritubulären Kapillaritis
                                                                                           Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Željko Kikić

                                         FOCUS: ERA-EDTA 2018                         28   Studie an der MUI zu den Langzeitrisiken
                                                                                           für Lebendnierenspender
                                                                                           Arterielle Hypertonie als Risikofaktor
                        06   Am ERA-EDTA 2018 präsentierte                                 für CKD bei Nierenlebendspendern
                             eigene klinische und translationale Studiendaten              Dr. Julia Kerschbaum, MSc, MPH
                             Peritoneumprotektion
                             durch Alanyl-Glutamin-Zusatz in Dialyselösungen          30   Studie an der MUW zur Aussagekraft histomorpho­
                             Univ.-Prof. Dr. Andreas Vychytil,                             logischer Veränderungen in Transplantatbiopsien
                             Priv.-Doz. DI Dr. Klaus Kratochwill                           Tubulusektasie als Indikator für urologische
                                                                                           Komplikationen nach Nierentransplantation
                        10   Studie zu Patienten des Hämodialyseprogramms                  Dr. Marija Bojic
                             der MUW
                             Einfluss des Volumszustands auf die T1-Zeit in der CMR   33   Studien zur Bedeutung für die Progression
                             Dr. Marlies Antlanger                                         von CKD und die Organfunktion nach Nieren-TX
                                                                                           Endogene renoprotektive Faktoren
                        14   Daten zum Einfluss auf die Transplant-Outcomes                mit prognostischem Potenzial
                             Präemptive Nierentransplantation vs. Dialyse-Vintage          Dr. Paul Perco, Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer
                             Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer
                                                                                      36   Studie zur Inzidenz von Infektkomplikationen
                        18   Evidenz zu Absetz- vs. Langzeitrisiken                        und der Identifikation potenzieller Risikofaktoren
                             Steroidentzug nach Nierentransplantation –                    Rituximab und Risiko für schwere Infekte
                             falls ja, wann?                                               bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden
                             Dr. Maria Haller, MSc, MBA                                    Dr. Andreas Kronbichler, PhD

                        20   Ursachen für Transplantatdysfunktion und -verlust
                             Sensibilisierung gegen Non-HLA-Antigene –
                                                                                               ENTGELTLICHE EINSCHALTUNGEN
                             klinisch relevant?
                             Dr. Roman Reindl-Schwaighofer,
                             ao. Univ.-Prof. Dr. Georg A. Böhmig                      40   Agalsidase beta (Fabrazyme®) – Morbus Fabry:
                                                                                           diagnostische und therapeutische Herausforderung

                                                                                      42   Tacrolimus (Envarsus®) – Effektive Immunsuppression
                                                                                           in der Nierentransplantation
Foto: siehe Impressum

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Nachruf

In memoriam
MR Prim. Dr. Wilfried Jilly                                                                                              MR Prim. Dr. Wilfried Jilly (1942–2018)

Am 14. Juni 2018 ist MR Prim. Dr. Wilfried Jilly, unser Kollege und Freund, im Alter
von 76 Jahren einer heimtückischen Erkrankung erlegen.

E
     r war langjähriges Mitglied der ÖGN und bei allen Kollegen                     seinstitut Pörtschach als Feriendialyseeinrichtung. 1982 gründete
     und Freunden sehr beliebt. Er verstand es mit seinem Charme                    er das Dialyseinstitut Klagenfurt als Krankenanstalt, das er viele
     und seinem Charisma, alle, die ihn gekannt haben, für sich                     Jahre als ärztlicher Leiter mit noch anderen Ärzten führte.
zu gewinnen. Die Medizin war bis zu seinem Tod seine große                          Von 1980 bis 1999 war er auch in verschiedenen Funktionen in
Berufung und Freude, er setzte sich für seine Patienten ein, war                    der Kärntner Ärztekammer tätig.
immer für sie mit Rat und Tat da und wurde sowohl von diesen

                                                                                                                                                                                                        Foto: feel image – Fotogtrafie e.U./Felicitas Matern
als auch den Mitarbeitern sehr geschätzt.                                           Weiters hat er den einstigen Familienwohnsitz in Pörtschach am
                                                                                    Wörthersee zu einem wunderschön gestalteten Hotel und einem
Dr. Jilly wurde am 30. April 1942 in Znaim in Mähren in einer                       direkt am See gelegenen Restaurant ausgebaut.
bereits in der vierten Generation bestehenden Arztfamilie gebo-
ren. 1945 übersiedelte die Familie nach Kärnten, wo der Vater                       Leider hat die vor rund einem Jahr aufgetretene Erkrankung sei-
bereits ein Haus am Wörthersee besaß. Nach der Schule studierte                     nem Leben ein Ende bereitet, wir werden ihn alle, die ihn kann-

                                                                                                                                                                       Foto: Sissi Furgler Fotografie
Wilfried Jilly in Graz und Wien Medizin. Anschließend machte                        ten, in bester Erinnerung behalten. Unser aller Mitgefühl gilt
er die Facharztausbildung für Innere Medizin im LKH Klagen-                         seiner Frau und seinen 3 Söhnen.
furt. Weiters erwarb er auch die Zusatzfächer für Gastroentero-
logie und Hepatologie sowie Nephrologie. 1980 eröffnete er eine                                              Für die Österreichische Gesellschaft für Nephrologie
Ordination als Internist in Klagenfurt und errichtete das Dialy-                                                                        Prim. Dr. Werner Gießauf

IMPRESSUM
Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für N             ­ ephrologie,
Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien. Chef-
redakteur: Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität
Wien. Anzeigen/Organisation: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11. Projekt­leitung: Elisabeth
Hönigschnabel. Produktion: Sigrid Redl. Redaktion/Lektorat: Peter Lex. Layout/DTP: Oliver Miller-Aichholz. Cover: Ramona Heim – shutterstock.com. Druck:
Donau Forum Druck, 1230 Wien. Druckauflage: 7.257 Stück im 2. Halbjahr 2017 laut Österreichischer Auflagenkontrolle. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum
Einzelpreis von 9,50 Euro plus MwSt. zu be­ziehen. Grundsätze und Ziele von ­NEPHROScript: Information für nephrologisch interessierte Krankenhaus- und
niedergelassene Ärzte. Angaben über Dosierungen, ­Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf
ihre Richtigkeit überprüft werden. Herausgeber und Medieninhaber übernehmen dafür keine Gewähr. L       ­ iteratur zu den Fachbeiträgen bei den jeweiligen Autoren.
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Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung übernehmen
Medieninhaber und Herausgeber ­keinerlei Haftung für druck­technische und inhaltliche Fehler. Der besseren Lesbarkeit halber werden die Personen- und Berufsbe-
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finden Sie auch unter www.medmedia.at zum Download. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der
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NEPHRO Script

                                                                                        EDITORIAL

                                                                                                                                                                                                             Univ.-Prof. Dr.
                                                                                                                                                                                                            Rainer Oberbauer

                                                                                        Sehr geehrte Damen und Herren!                                                                                       Leiter der Klinischen
                                                                                                                                                                                                          ­ bteilung für Nephrologie
                                                                                                                                                                                                          A

                                                                                        Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
                                                                                                                                                                                                           und Dialyse, Univ.-Klinik
                                                                                                                                                                                                            für Innere Medizin III,
                                                                                                                                                                                                          Medizinische Universität
                                                                                                                                                                                                                     Wien

                                                                                        E
                                                                                           s ist mir eine außerordentliche Freude, Ihnen in dieser Aus-       Neben dieser sehr positiven Entwicklung muss ich Ihnen leider
                                                                                           gabe von NEPHROScript eine Auswahl der österreichischen            auch eine traurige Nachricht mitteilen. Herr MR Prim. Dr.
                                                                                           Beiträge zum Europäischen Nierenkongress ERA-EDTA in               Wilfried­Jilly, ein langjähriges Mitglied der Österreichischen
                                                                                        Kopenhagen vom 24. bis zum 27. Mai 2018 vorzustellen.                 ­Gesellschaft für Nephrologie und Förderer des Faches, ist nach
                                                                                                                                                               kurzer, aber schwerer Krankheit am 14. Juni 2018 in Kärnten
                                                                                        Die österreichischen Beiträge haben das gesamte nephrologische         verstorben. Aus diesem Anlass finden Sie in diesem NEPHROScript-
                                                                                        Spektrum von der Basiswissenschaft bis zu klinischen Studien zu        Heft einen Nachruf auf Dr. Jilly, verfasst von Herrn Prim. Dr.
                                                                                        chronischer Niereninsuffizienz, Nierenersatztherapie durch Dia-        Werner Gießauf,­einem langjährigen Weggefährten des Verstor-
                                 Foto: feel image – Fotogtrafie e.U./Felicitas Matern

                                                                                        lyse und Transplantation abgedeckt.                                    benen.
                                                                                                                                                               Die Mitglieder der ÖGN möchten der Familie von MR Prim.
                                                                                        Es ist sehr erfreulich, dass die Beteiligung von jungen Kolleginnen    Dr. Wilfried Jilly ihr herzliches Beileid ausdrücken!        ■
                                                                                        und Kollegen so erfolgreich war – das beweist das große Potenzial
                                                                                        des Faches auch in der Zukunft. Weiters ist als sehr positiv anzu-    Mit freundlichen Grüßen,
Foto: Sissi Furgler Fotografie

                                                                                        merken, dass es eine homogene geografische Verteilung über ganz
                                                                                        Österreich und sowohl nationale als auch internationale Kolla-
                                                                                        borationen in den eingereichten und präsentierten Arbeiten aus
                                                                                        Österreich gab.                                                       Rainer Oberbauer

                                                                                                                                                                                                                                       Die MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH unterstützt diese Veranstaltung mit dieser Gratiseinschaltung.

                                                                                                                                                                                                                                   5
Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...
NEPHRO Script                                                                                                                          FOCUS

     Auch
    uu         durch „biokompatible“ Peritonealdialyse-Lösungen konnte bisher keine
       s­ ignifikante Verbesserung harter Endpunkte (z. B. Peritonitisrate, Therapie­
        versagen oder P ­ atientenüberleben) gezeigt werden.
    uu  Eigene klinische Studien: durch Zugabe von AlaGln zu PD-Lösungen protektiver Effekt auf
        peritoneale Zellen und antiinflammatorische Wirkungen sowohl lokal als auch systemisch.
     In einer aktuellen experimentellen Studie (Rattenmodell) mit Proteomanalyse der
    uu
     ­Mesothelzellen wurde nach Zugabe von AlaGln ein Großteil der durch PD-Lösungen
      ­aktivierten Schädigungs­mechanismen wieder deaktiviert.

Am ERA-EDTA 2018 präsentierte eigene klinische und translationale Studiendaten

Peritoneumprotektion durch
Alanyl-Glutamin-Zusatz in Dialyselösungen
Langzeitschäden durch
Peritonealdialyse-Lösungen
Im Rahmen der Peritonealdialyse (PD) kommt das Peritoneum
oft viele Jahre durchgehend mit unzähligen Litern PD-Lösung in
Kontakt.
Die Zusammensetzung der konventionellen PD-Lösungen (mit
unphysiologisch niedrigem pH-Wert und einer relativ hohen Kon-                                         Univ.-Prof.                 Priv.-Doz. DI
                                                                                             Dr. Andreas Vychytil1       Dr. Klaus Kratochwill2
zentration an toxischen Glukoseabbauprodukten durch die Hit-
zesterilisation sowie Laktatpuffer), aber auch der sogenannten
                                                                                                1
                                                                                                  Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse,
                                                                         Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien
„biokompatiblen“ PD-Lösungen (mit neutralem pH-Wert und              2
                                                                       Universitätsklinik für Kinder- u. Jugendheilkunde/Christian Doppler Labor
geringeren Konzentration an toxischen Glukoseabbauprodukten                             für Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse,
und/oder Bikarbonat-Puffer) führt zu Langzeitschäden des Peri-                                                      Medizinische Universität Wien
toneums, wie submesothelialer Fibrose und Hyalinose vor allem
postkapillärer Venolen. Die klinische Endstrecke ist bei einem
                                                                                                                                                     Fotos: privat, feel image – Fotogtrafie e.U./Felicitas Matern

Teil der Patienten das chronische Membranversagen (vor allem       Rationale für Glutamin-Zusatz
mit abnehmender peritonealer Ultrafiltrationsleistung) und das     zur Peritoneum-Protektion
technische Versagen mit der Notwendigkeit, an die Hämodialyse
zu wechseln. Darüber hinaus ist die Peritonitis bei PD-Patienten   Der Ansatz, den Forscher am Wiener AKH – Prof. Dr. Andreas
nach wie vor eine wichtige Drop-out-Ursache.                       Vychytil (Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Univ.-Klinik
Rezente Metaanalysen zeigen, dass die sogenannten „biokompa-       für Innere Medizin III), Prof. Dr. Christoph Aufricht (Univ.-
tiblen“ PD-Lösungen, die seit knapp 20 Jahren verfügbar sind,      Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde), Priv.-Doz. DI Dr. Klaus
nicht zu einem signifikanten Einfluss auf harte Endpunkte, wie     Kratochwill (Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde/
z. B. Peritonitisrate, Therapieversagen oder Patientenüberleben,   CDL-MSRPD) – verfolgen, ist es weniger, durch Veränderung
geführt haben. Es ist daher höchste Zeit, neue Konzepte zu ent-    der chemischen Eigenschaften der PD-Lösungen eine Verbesse-
wickeln.                                                           rung der klinischen Ergebnisse zu erzielen, sondern der Lösung

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Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...
FOCUS                                                                                                                                        NEPHRO Script

                                                                eine protektive Substanz beizufügen, die im optimalen Fall anti-                             wir die Ergebnisse der ersten intraperitonealen Anwendung von
                                                                fibrotische, antiinflammatorische, antiangiogenetische und im-                               AlaGln bei PD-Patienten publiziert. In dieser randomisierten kon-
                                                                munmodulatorische Effekte hat.                                                               trollierten Studie mit Crossover-Design führte die 4-stündige in-
                                                                Ein interessanter Wirkstoff, der diese Eigenschaften erfüllt, ist die                        traperitoneale Applikation einer mit AlaGln substituierten PD-
                                                                Aminosäure Glutamin. Glutamin ist in zahlreiche zelluläre und                                Lösung (Dianeal, Baxter) zu einer Steigerung der Expression von
                                                                metabolische Prozesse eingebunden. Bei schweren Erkrankungen,                                Hitzeschockproteinen peritonealer Zellen. Bei Patienten, die in
                                                                wie z. B. Sepsis, besteht häufig ein Zustand der intrazellulären                             der Vorgeschichte eine Peritonitis hatten, konnte nach 4 Stunden
                                                                Glutamindepletion. Diese ist wiederum bei diesen Patienten mit                               außerdem eine Reduktion der Konzentration des proinflamma-
                                                                einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert. Umgekehrt zeigt eine Me-                            torischen Zytokins IL-8 im Dialysatauslauf aus der Peritonealhöhle
                                                                taanalyse, dass enterale und parenterale Glutaminsubstitution bei                            nachgewiesen werden. Die Inkubation von Spendermonozyten
                                                                kritisch kranken Patienten mit einer Reduktion der infektiösen                               mit der drainierten PD-Lösung führte zu einer signifikant verbes-
                                                                Morbidität und Reduktion der Länge der Spitalsaufenthalte ver-                               serten stimulierten Sekretion proinflammatorischer Zytokine,
                                                                bunden ist.                                                                                  wenn der Lösung vor der 4-stündigen Füllung der Peritonealhöhle
                                                                Aufgrund des niedrigen Molekulargewichtes wird Glutamin gut                                  AlaGln zugesetzt wurde. Diese Resultate können im Sinne einer
                                                                über das Peritoneum eliminiert. Dies führt bei chronischen PD-                               verbesserten peritonealen Immunkompetenz interpretiert werden.
                                                                Patienten zu einer lokalen Glutamindepletion.                                                Auch in einer Analyse des Proteoms in Mesothelzellen konnte
                                                                Die Expression von Hitzeschockproteinen stellt einen bedeutenden                             nach intraperitonealer Gabe von AlaGln zur PD-Lösung eine Re-
                                                                Schutzmechanismus vor Zelltod dar. In vitro ist die Expression                               duktion profibrotischer und proangiogenetischer Prozesse nach-
                                                                von Hitzeschockproteinen in peritonealen Zellen bei Glutamin-                                gewiesen werden.
                                                                depletion reduziert, während Exposition gegen PD-Lösungen mit
                                                                pharmakologischen Dosen von Glutamin zu einer deutlichen Stei-                               Phase-II-Studie:
                                                                gerung der Hitzeschockantwort führt. Im Tierexperiment ist in-                               Einfluss auf wichtige Surrogatparameter
                                                                traperitoneale Zugabe von Glutamin zur PD-Lösung mit einer
                                                                Steigerung der Hitzeschockreaktion, einer Reduktion der Abschil-                             In einer derzeit zur Publikation eingereichten (und beim ERA-
                                                                ferung von Mesothelzellen und einer Reduktion des Proteinver-                                EDTA-Kongress in Kopenhagen von Prof. Dr. Andreas Vychytil
                                                                lustes über das Peritoneum verbunden. In einem PD-Modell in                                  vorgestellten)1 randomisierten, kontrollierten, doppelt verblinde-
                                                                Ratten und Mäusen ist die Zugabe von AlaGln außerdem mit                                     ten Phase-II-Studie mit Crossover-Design wurden PD-Patienten
                                                                einer signifikanten Reduktion der peritonealen Fibrose, Angio-                               über 8 Wochen mit einer AlaGln-hältigen und einer mit Placebo
                                                                genese und Zahl inflammatorischer Zellen sowohl im Dialysat-                                 versetzten PD-Lösung (Physioneal, Baxter) behandelt (Abb.). In
                                                                auslauf aus der Peritonealhöhle als auch im Peritoneum verbunden.                            diese Studie haben 8 österreichische Zentren teilgenommen und
                                                                Diese Effekte werden über eine Reduktion der Interleukin-(IL)-                               insgesamt 50 Patienten eingeschlossen. Primäre Endpunkte waren
                                                                17-Expression von T-Helferzellen vermittelt.                                                 die CA-125-Konzentration in der aus der Peritonealhöhle drai-
                                                                In der klinischen Medizin wird Alanylglutamin (AlaGln; das Di-                               nierten PD-Lösung (als Marker für den Mesothelzellstatus) sowie
                                                                peptid wird aufgrund der besseren Stabilität verwendet) bereits                              die Ex-vivo-Sekretion von IL-6 in peritonealen Zellen nach In-
                                                                seit vielen Jahren als enterale oder parenterale Therapie verab­                             kubation mit dem drainierten Dialysat (als Marker für die Im-
                                                                reicht. Die intraperitoneale Gabe ist aber neu. Im Jahr 2016 haben                           munkompetenz).
                                                                                                                                                             Die intraperitoneale Therapie mit biokompatibleren PD-Lösungen
                                                                                                                                                             im Vergleich zu älteren Lösungen hat in praktisch allen klinischen
                                                                                Run in period      Treatment period 1         Treatment period 2             Studien zu einem Anstieg der CA-125-Konzentration im Dialysat
                                                                                  4 weeks               8 weeks                    8 weeks
                                                                                                                                                             geführt. Die ex vivo stimulierte Zytokinfreisetzung aus Blutzellen/
                                                                                                                                                             Leukozyten des Blutes war in klinischen Studien mit Intensivpa-
                                                                 Sequence A-B                           Placebo                    AlaGln
Fotos: privat, feel image – Fotogtrafie e.U./Felicitas Matern

                                                                                                                                                             tienten außerdem signifikant mit harten Endpunkten assoziiert.
                                                                                                                                                             Beide Biomarker wurden in einem rezent publizierten Konsensus-
                                                                 Sequence B-A                           AlaGln                     Placebo
                                                                                                                                                             Papier als wichtige Surrogatparameter für klinische Studien mit
                                                                                                                                                             PD-Patienten angeführt.

                                                                          Screening      Visit 1        Visit 2     Visit 3         Visit 4        Visit 5
                                                                                                                                                             Ergebnisse: In unserer Phase-II-Studie hat die 8-wöchige Thera-
                                                                                          PET                        PET                            PET      pie mit einer AlaGln-hältigen PD-Lösung im Vergleich zu Placebo-
                                                                                                                                                             hältiger PD-Lösung sowohl zu einer höheren CA-125-Konzen-
                                                                 Abb.: Studiendesign der multizentrischen                                                    tration im Dialysat als auch zu einer verbesserten ex vivo stimu-
                                                                 ­österreichischen Phase-II-Studie zum Zusatz                                                lierten Freisetzung von IL-6 in peritonealen Zellen geführt. Beide
                                                                 von AlaGln in die PD-Lösung                                                                 primären Endpunkte waren also positiv.                          ˘

                                                                                                                                                                                                                               7
Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...
NEPHRO Script                                                                                                                                      FOCUS

Interessant war auch eine Reduktion des peritonealen Proteinver-     Ergebnisse: Die erhaltenen Daten zur differenziellen Expres-
lustes, möglicherweise als Ausdruck einer verminderten peritone-     sion von Proteinen weisen auf eine massive Aktivierung von
alen Inflammation. Zusätzlich fand sich unter Therapie mit AlaGln    Schädigungsmechanismen in den Zellen der Peritonealmem-
eine signifikant niedrigere Konzentration von IL-8 im Blut sowie     bran durch PD-Lösungen hin. In der Bauchwand von Ratten,
auch eine Tendenz zu niedrigeren Konzentrationen des hochsen-        die mit Alanylglutamin in der PD-Lösung behandelt wurden,
sitiven C-reaktiven Proteins. Alle 4 Episoden von Peritonitis tra-   ist ein Großteil der Schädigungsmechanismen wieder deakti-
ten unter Placebo-Behandlung auf. Trotz der geringen Anzahl          viert. In einigen biologischen Prozessen, wie zum Beispiel dem
dieser Ereignisse ist diese Beobachtung wichtig.                     Akute-Phase-Signalweg kommt es zu einer Umkehr der Regu-
                                                                     lation der Signalkaskade, verbunden mit einer Verbesserung
Translationale Studie:                                               von funktionellen Parametern, wie der submesothelialen Fi-
Einfluss auf das Mesothel-Proteom                                    brosierung und der Hyaluronsäure-Freisetzung. Weiterführende
                                                                     Studien, die die beobachteten Veränderungen auf Ebene der
Der translationale Charakter der PD-Forschung am Wiener AKH          assoziierten Transkriptionsfaktoren charakterisieren sollen, sind
manifestiert sich in einem Christian Doppler Labor für Moleku-       derzeit im Gange.
lare Stressforschung in der Peritonealdialyse (CDL-MSRPD), das
als Kooperation zwischen der Medizinischen Universität Wien          Die beiden vorgestellten Vorträge von Prof. Vychytil1 und Priv.-
und der Biotech-Firma Zytoprotec GmbH betrieben wird. Die            Doz. Kratochwill2 wurden für die ERA-EDTA-Highlights Session
vorrangigen Forschungsziele des CDL-MSRPD sind einerseits            bei der ASN Kidney Week 2018 ausgewählt.
die Identifikation von leistungsfähigeren prädiktiven Biomarkern
in der PD und andererseits die Erforschung von zytoprotektiven       ZUSAMMENFASSEND weisen unsere Studienergebnisse darauf
Zusätzen (wie Alanylglutamin) zur PD-Lösung.                         hin, dass die Zugabe von AlaGln zu PD-Lösungen einen protek-
Nachdem die molekularen Mechanismen, die während der Ver-            tiven Effekt auf peritoneale Zellen und sowohl lokale als auch
weilzeit der PD-Lösung in der Peritonealwand ablaufen, nicht         systemische antiinflammatorische Wirkungen hat. Über die um-
direkt beobachtbar sind, wird intensiv an analytischen Verfahren     fassenden Daten in der Grundlagenforschung (in vitro und in
gearbeitet, um abgeschilferte Zellen und gelöste Stoffe (Proteine,   vivo) hinaus, lässt sich dieser Effekt in den bisher durchgeführten
RNA, Metaboliten) im Dialysatauslauf für diesen Zweck auszu-         klinischen Studien nachweisen. In der aktuell vorliegenden Phase-
nutzen. Kürzlich wurde eine Proteomics-Methode im Journal            II-Studie ist dieser Effekt auch dann nachweisbar, wenn biokom-
„Molecular and Cellular Proteomics“ veröffentlicht, die es ermög-    patiblere PD-Lösungen (z. B. Physioneal) verwendet werden.
licht, die Proteinzusammensetzung des PD-Dialysatauslaufs erst-      Größere klinische Studien müssen zeigen, ob dies auch mit einer
mals genau zu charakterisieren und so Hinweise auf Pathomecha-       verbesserten Peritonitisrate, einem verbesserten technischen Über-
nismen und mögliche therapeutische Interventionen zu erhalten.       leben und/oder Patientenüberleben von PD-Patienten assoziiert
Dennoch bietet die Kombination mit etablierten chronischen           ist. Eine Phase-III-Studie ist in Planung, um diese Fragen zu be-
Tiermodellen einzigartige Einblicke in die Auswirkungen der PD-      antworten.                                                      ■
Lösungen auf die Peritonealmembran.

Im Rattenmodell der chronischen PD: In einer aktuellen experi-
                                                                     Kontext ERA-EDTA 2018
mentellen Studie (beim ERA-EDTA-Kongress in Kopenhagen
                                                                     Free Communication SuO013:
von Priv.-Doz. DI Dr. Klaus Kratochwill vorgestellt)2 wurde der      Vychytil A.1, Herzog R.2, Probst P.1, ­Ribitsch W.3, Lhotta K.4,
Einfluss von Alanylglutamin-hältiger PD-Lösung auf das Proteom       ­Machold-Fabrizii V.5, Wiesholzer M.6, ­Kaufmann M.7, Salmhofer H.8,
                                                                         Windpessl M.9, König F.10, ­Rosenkranz A.3, Oberbauer R.1,
der Peritonealmembran von Ratten durch Prof. Michael Böhm             ­Kratochwill K.2, Aufricht C.11: Alanyl-glutamine in peritoneal
(Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde) in Kooperation          ­dialysis fluids improves peritoneal health and systemic
                                                                        ­inflammation: a double-blinded randomized cross­over trial
mit der Forschungsgruppe von Prof. Rob Beelen (VUMC Amster-          1
                                                                      Klin. Abt. f. Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik f. Innere Medizin III, MUW;
dam) untersucht. In einem anerkannten Modell der chronischen         2
                                                                      Christian Doppler Labor f. Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse,
                                                                     MUW; 3 Klin. Abt. f. Nephrologie, Universitätsklinik f. Innere Medizin, MUG; 4 Abt. f.
PD wurden Ratten 5 Wochen lang über einen dorsal implantierten       Nephrologie und Dialyse, Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch; 5 Med. Abt.
Katheter mit PD-Lösung mit oder ohne Alanylglutamin behan-           mit ­Nephrologie und Dialyse, Wilhelminenspital, Wien; 6 Abt. f. Innere Medizin I,
                                                                     Universitätskrankenhaus St. Pölten; 7 Interne III, Ordensklinikum der Elisabethinen,
delt. Am Ende der Behandlungsphase wurden Blut- und Dialy-           Linz; 8 Abt. f. Innere Medizin I, PMU Salzburg; 9 Abt. f. Innere Medizin IV, Klinikum
                                                                     Wels-Grieskirchen; 10 Institut f. Medizinische Statistik, MUW; 11 Klin. Abt. für
satproben im Rahmen eines verkürzten peritonealen Äquilibrati-       Pädiatrische Nephrologie und Gastroenterologie, Kinderklinik, MUW
onstests (PET) gewonnen. Nach Euthanasie der Versuchstiere
                                                                     Free Communication SuO016:
wurde ein Stück der parietalen Bauchwand präpariert und in einem     Kratochwill K.1, 2, Boehm M.2, Herzog R.2, 1, Aufricht C.2: The
speziell dafür entwickelten Gerät wurden die oberflächlichen Me-     ­influence of alanyl-glutamine on the peritoneal proteome in a
sothelzellen für die Proteom-Analyse gewonnen. Diese Studie stellt    chronic rat model of peritoneal dialysis
                                                                     Christian Doppler Labor f. Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse,
                                                                     1

die erste gezielte Charakterisierung dieser Körperfläche auf Ebene   MUW; 2 Klin. Abt. für Pädiatrische Nephrologie und Gastroenterologie, Kinderklinik,
des Proteoms dar.                                                    MUW

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Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...
Unsere ERA-EDTA-Highlights - Österreichische Forschungsleistungen auf dem Europäischen Nierenkongress 2018 in Kopenhagen - Österreichische ...
NEPHRO Script                                                                                                                      FOCUS

rd,
kar-
         Die
        uu     T1-Zeit (in der kardialen Magnetresonanztomografie [CMR] gemessen)
zto-
         ist ein Surrogat für myokardiale Fibrose; es ist jedoch unklar, ob systemische
eit,
         ­Überwässerung diesen Wert beeinflusst.
ms-
        uuIn dieser cross-sektionellen Analyse war die T1-Zeit bei hypervolämen
          ­Hämodialysepatienten deutlich länger als bei normovolämen und gesunden Kontrollen;
           die Bedeutung dieser Ergebnisse sollten auch bei anderen mit Überwässerung verbundenen
           Erkrankungen bedacht werden.

       Studie zu Patienten des Hämodialyseprogramms der MedUni Wien

       Einfluss des Volumszustands
       auf die T1-Zeit in der CMR
       Studienhintergrund                                                                   um einiges höher als noch im Prädialysestadium. Als
                                                                                            wichtige Faktoren gewinnen hier der Volumsstatus
       Patienten mit terminalem Nierenversagen, insbeson-                                   und seine Variabilität zusätzlich Bedeutung. Einerseits
       dere jene an der chronischen Hämodialyse, weisen be-                                 durch interdialytische Gewichtsschwankungen sowie
       sonders häufig eine linksventrikuläre myokardiale                                    andererseits durch chronische (postdialytische) Über-
       ­Hypertrophie (LVH) und eine myokardiale Relaxati-                                   wässerung kommt es sowohl zu kurzfristiger Variabi-
        onsstörung (diastolische Dysfunktion) auf. Die Ent­                                 lität in der Hämodynamik als auch zu langfristigen
        stehungsmechanismen sind vielfältig und haben ihre        Dr. Marlies Antlanger     vaskulären Veränderungen, welche beide in myokar-
        Wurzeln teilweise schon im Prädialyse-Stadium.           Klinische Abteilung für    diale Umbauprozesse münden können.
                                                                      Nephrologie und
                                                                  ­Dialyse, Abteilung für
       Pathophysiologie – Volumen, Druck und andere Fak-            ­Innere Medizin III,    T1-Zeit als Marker der myokardialen Fibrose: Mittels
       toren: Durch ein komplexes Zusammenspiel einiger          Medizinische Universität kardialer Magnetresonanztomografie (CMR) konnten
                                                                           Wien
       nicht-modifizierbarer Faktoren (Alter, Geschlecht) mit                             in den vergangenen Jahren auf nicht-invasivem Weg
       überhäufig bei CKD-Patienten zu findenden Patho-                                   zahlreiche Einsichten hinsichtlich struktureller Myo-
       logien (Hypertonie, Diabetes mellitus, koronare Herzkrankheit,          kardveränderungen gewonnen werden. Bei der HFpEF im Spe-
       chronische Inflammation etc.) kommt es zu einer hämodyna-               ziellen konnte die im CMR gemessene T1-Zeit als guter Marker
       mischen Belastung2. Auf zellulärer Ebene zeigt sich dies u. a. in       für myokardiale Fibrose isoliert werden.7 Dieser Parameter ist ein
       einer Hypophosphorylierung des myokardialen Titins (was zur             „composite signal“ von Myozyten und dem Extrazellulärvolumen
       „Steifheit“ des Muskels führt) sowie zu Vermehrung der extrazel-        und seine wichtigsten Determinanten sind myokardiales Ödem
       lulären Matrix (was letztlich u. a. die LVH bedingt)3. Neben direkt     und Fibrose8.
       druckassoziierten Veränderungen spielt damit untrennbar ver-
       bunden auch das Körpervolumen – insbesondere das Extrazellu-            Studie: Volumsstatus und T1-Zeit
       lärvolumen – eine nicht zu unterschätzende Rolle.4, 5 Hier stellt       bei HD-Patienten
       nun wiederum die CKD-Kohorte eine interessante Population
       dar, da es häufig schon früh zu einer signifikanten Hypervolämie        Der Zusammenhang zwischen dem systemischen Volumsstatus
       kommt und Patienten diesbezüglich unter engmaschiger Obser-             und der T1-Zeit bzw. weiteren myokardialen Veränderungen war
                                                                                                                                                      Fotos: privat, beigestellt (2)

       vanz und Therapiekontrolle stehen.6                                     bislang unklar, weswegen deren Analyse das Ziel dieser Studie
       Die Raten von LVH und diastolischer Dysfunktion (und lang-              darstellte.
       fristig das Krankheitsbild der HFpEF [= Herzinsuffizienz mit er-
       haltener myokardialer Auswurfleistung]) sind bei Patienten mit          Methoden – Bioimpedanz zur Bestimmung des Volumszustands
       terminalem Nierenversagen (insbesondere an der Hämodialyse)             und kardiale Magnetresonanztomografie (CMR): In dieser cross-

       10
FOCUS                                                                                                                                      NEPHRO Script

                                 sektionellen Analyse wurden 37 Patienten aus dem chronischen               Ergebnisse – gesunde Kontrollen vs. normovoläme HD-Patienten
                                 Hämodialyseprogramm der Medizinischen Universität Wien ein-                vs. „überwässerte“ HD-Patienten: Es zeigten sich keine statistisch
                                 geschlossen. Als Vergleichsgruppe dienten 35 gesunde Kontrollen.           signifikanten Unterschiede zwischen gesunden Probanden und
                                 Bei allen Patienten und Probanden wurde eine 1,5-Tesla-CMR                 der Studiengruppe hinsichtlich Alter, Größe, Gewicht und links-
                                 durchgeführt (MAGNETOM Avanto, Siemens Medical Solu-                       ventrikulärer Auswurfleistung (EF). In der Tabelle sind die wich-
                                 tions, Abb. 1). Bei der Studiengruppe erfolgte dies postdialytisch         tigsten CMR-Parameter ersichtlich. Deutliche Unterschiede zeigten
                                 oder am dialysefreien Tag. Für das T1-Mapping wurde die                    sich bei der Herzgröße und myokardialen Masse, wobei Dialyse-
                                 MOLLI-Messung (modifizierte Look-Locker Inversion recovery)                patienten allesamt eine LVH mit einer Septumdicke im Median
                                 angewandt (5[3]3-Prototyp; kurze Achse mittig ventrikulär bzw.             von 14 (IQR 11–16) mm hatten, wohingegen diese im Schnitt
                                 im 4-Kammer-Blick, Bewegungskorrektur für alle Messungen;                  in der Kontrollgruppe nur 9 (8–10) mm maß. Ebenso waren der
                                 genauere Spezifikationen siehe Originalpublikation).                       linksventrikuläre enddiastolische Durchmesser genauso wie der
                                 Weiters erfolgte bei allen Dialysepatienten eine standardisierte prä-      linksatriale Durchmesser deutlich größer. Dies schlug sich in wei-
                                 dialytische Bioimpedanzmessung zur Bestimmung des (extrazellu-             terer Konsequenz auch auf die errechneten Volumina des linken
                                 lären) Volumszustands und der „body composition“ (BCM,                     Herzens sowie auf die linksventrikuläre Masse (172 ± 53 g vs. 108
                                 ­Fresenius Medical Care). Mittels Bestimmung der elektrischen Wi-          ± 21 g, p < 0,001) nieder.
                                  derstandswerte des Gesamtkörperwassers und des Extrazellulärwas-
                                  sers wurden hierbei zunächst die Kompartimente extrazelluläres            T1-Zeit bei „überwässerten“ HD-Patienten verlängert: Interessante
                                  Wasser (ECW), intrazelluläres Wasser sowie Körpermuskel- und              Unterschiede zeigten sich bei der T1-Zeit. Diese war bei Hämo-
                                  fettmasse bestimmt und in weiterer Folge die extrazelluläre Über-         dialysepatienten generell signifikant länger als bei gesunden Kon-
                                  wässerung algorithmisch abgeleitet. Basierend auf früheren Studien        trollen (Tab.). Bei weiterer Analyse und unter Einbeziehung der
                                  wurde eine prädialytische extrazelluläre Überwässerung ab einer           Bioimpedanzdaten wurde hier jedoch aufgeschlüsselt, dass dieser
                                  Expansion des ECW > 15 % festgelegt. Postdialytische Überwäs-             Unterschied nur durch jene Patienten hervorgerufen wurde, die
                                  serung entspricht einer ECW-Expansion > 0 % (dies wird durch              eine signifikante extrazelluläre Überwässerung aufwiesen (T1-Zeit
                                  die Einberechnung der geplanten Ultrafiltration errechnet).               HD hypervoläm: 1.042 ± 46 ms vs. HD normovoläm: 1.005 ± 49
                                  Darüber hinaus wurde bei allen Dialysepatienten eine postdialy-           ms vs. gesunde Kontrollen: 998 ± 47 ms, p = 0,030).
                                  tische Echokardiografie durchgeführt. Als Ausschlusskriterien für         In Korrelationsanalysen zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang
                                  die Studienteilnahme galten eine signifikante systolische Funkti-         zwischen dem extrazellulären Volumszustand und der nativen
                                  onseinschränkung (HFrEF mit einer EF < 40 %), eine Dialyse-               T1-Zeit (Abb. 2). Dies war sowohl bei absoluten als auch relativen
                                  dauer < 3 Monate, höhergradige Vitien bzw. unsanierte KHK,                ECW-Werten und weiters prä- als auch postdialytisch ähn- ˘
                                  COPD GOLD IV und vorangegangene Herz- oder Lungentrans-
                                  plantation.                                                                Tab.: CMR-Parameter bei den Studienteilnehmern
                                                                                                                     Variable               Kontrollen       Hämodialyse            p-Wert
                                                                                                                                             (n = 35)          (n = 37)
                                                                                                                   Alter (Jahre)              43 ± 17            49 ± 16              0,180
                                                                                                                   BMI (kg/m )  2
                                                                                                                                             24,5 ± 3,6         24,4 ± 3,4            0,873
                                                                                                                     IVS (mm)                 9 (8–10)         14 (11–16)            < 0,001
                                                                                                                  LV-EDD (mm)                  47 ± 5             51 ± 8              0,011
                                                                                                                  RV-EDD (mm)                  37 ± 6             37 ± 6              0,961
                                                                                                                     LA (mm)                   54 ± 6             60 ± 9              0,002
                                                                                                                     RA (mm)                   55 ± 6             57 ± 9              0,233
                                                                                                                     LV-EF (%)                 65 ± 7             63 ± 9              0,273
                                                                                                                   LV-EDV (ml)                132 ± 26          164 ± 53              0,002
                                                                                                                    RV-EF (%)                  60 ± 8             59 ± 7              0,581
                                                                                                                   RV-EDV (ml)                139 ± 27          160 ± 45              0,017
                                                                                                             Cardiac output (l/min)           5,9 ± 1,7         7,3 ± 2,2             0,004
                                                                                                              LV-Masse (Gramm)                108 ± 21          172 ± 53             < 0,001
Fotos: privat, beigestellt (2)

                                  Mittels manuellen Tracings wurde in weiterer Folge in der MOLLI-Sequenz      Native T1-Zeit (ms)            998 ± 47         1.022 ± 50             0,043
                                  ­(modifizierte Look-Locker Inversion recovery) die T1-Zeit berechnet.

                                                                                                             BMI = Body Mass Index; IVS = interventrikuläre Septumdicke; LV = linker Ventrikel;
                                  Abb. 1: Natives T1-Mapping eines                                           RV = rechter Ventrikel; LA = linkes Atrium; RA = rechtes Atrium; EF = myokardiale
                                  ­Hämodialysepatienten (kurze Achse mittventrikulär)                        ­Auswurfleistung; EDV = enddiastolisches Volumen

                                                                                                                                                                                                  11
NEPHRO Script                                                                                                                                                                                      FOCUS

                                                  ■ normovolämische HD-Patienten                                                                 ■ normovolämische HD-Patienten
                              1.150               ■ hypervolämische HD-Patienten                                                  1.150          ■ hypervolämische HD-Patienten

                              1.110                                                                                               1.110
 Native T1-Zeit im CMR (ms)

                                                                                                     Native T1-Zeit im CMR (ms)
                              1.050                                                                                               1.050

                              1.000                                                                                               1.000

                               950                                                                                                 950

                               900                                                                                                 900
                                                                                         r = 0,409                                                                                                 r = 0,530
                                                                                         p = 0,031                                                                                                 p = 0,009
                               850                                                                                                 850
                                      –20   –10       0         10         20       30     40                                             –40   –20               0             20                    40
                                                  Flüssigkeitsstatus präHD (%ECW)                                                                 Flüssigkeitsstatus postHD (%ECW)
                                                                                                                                                                       Nach: Antlanger M. et al., Sci Rep 20181

     Abb. 2: Korrelationsanalysen zwischen Extrazellulärvolumen und nativer T1-Zeit: (li.) prädialytischer und (re.)
     postdialytischer Volumszustand

lich stark und jeweils signifikant ausgeprägt (r = 0,409, p = 0,031                                  insuffizienz, Leberversagen etc.) ist, sollten diese Daten auch hier
präHD %ECW; r = 0,530, p = 0,009 postHD %ECW).                                                       bedacht werden (Abb. 3).
In der multiplen Regressionsanalyse (unter Einbeziehung von NT-                                      Künftige, prospektiv und interventionell angelegte Studien sollen
proBNP, linksventrikulärem enddiastolischen Durchmesser, links-                                      helfen, die quantitative und qualitative Bedeutung der systemischen
ventrikulärer Masse) blieb lediglich der Volumsstatus signifikant                                    Überwässerung auf myokardiale Veränderungen zu klären. Da-
mit der T1-Zeit assoziiert.                                                                          rüber hinaus sollen auch Erfahrungen mit der T2-Zeit gewonnen
                                                                                                     werden. Diese wird aktuell zur Deutung interstitieller Hypervo-
RESÜMEE UND AUSBLICK: Es lässt sich zusammenfassen, dass                                             lämie, insbesondere bei Entzündung (z. B. bei Myokarditis) he-
Patienten an der chronischen Hämodialyse bekanntermaßen über-                                        rangezogen; Daten in Bezug auf systemische Überwässerung feh-
häufig oft klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren aufweisen und                                   len bislang.                                                     ■
darüber hinaus besonderen Volums- und Hämodynamikschwan-
kungen unterworfen sind. Dies führt zu einer stark erhöhten Rate                                         Kontext ERA-EDTA 2018
an LVH und diastolischer Dysfunktion. Die T1-Zeit, welche ak-                                            Posterpräsentation FP 539:
tuell zur Fibrosequantifizierung verwendet wird, muss in Hinblick                                        Antlanger M.1, Aschauer S.2, K
                                                                                                                                      ­ ammerlander A.2, Duca F.2, Säemann
                                                                                                         M.3, 4, Bonderman D.2, M
                                                                                                                                ­ ascherbauer J.2: Impact of systemic volume
auf die gewonnenen Daten mit Bedacht interpretiert werden, da                                            status on cardiac m
                                                                                                                           ­ agnetic resonance T1 mapping in hemodialysis
systemische Überwässerung einen Einfluss auf diesen Parameter                                            patients
                                                                                                         1
                                                                                                           Klin. Abt. für Nephrologie und Dialyse, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, MUW;
auszuüben scheint. Da systemische Überwässerung eine häufige                                             2
                                                                                                           Klin. Abt. für Kardiologie, Univ.-Klinik für Innere Medizin II, MUW; 3 6. Med. Abt. mit
(sub)klinische Pathologie nicht nur bei CKD-Patienten, sondern                                           ­Nephrologie und Dialyse, Wilhelminenspital, Wien; 4 Lehrstuhl für Nephrologie, Sigmund
                                                                                                         Freud Privatuniversität, Wien
auch bei Patienten mit anderen Organdysfunktionen (z. B. Herz-

                                                                                                     1
                                                                                                                 Antlanger M., Aschauer S., Kammerlander A.A., Duca F., Säemann M.D., Bonderman
                                                                                                                 D., Mascherbauer J.: Impact of Systemic Volume Status on Cardiac Magnetic Resonance
                                                                                                                 T1 Mapping. Sci Rep 2018; 8: 5572
                                                                                                     2
                                                                                                                 LeWinter M.M., Meyer M.: Mechanisms of diastolic dysfunction in heart failure with a preserved
                                                                                                                 ejection fraction: If it’s not one thing it’s another. Circ Heart Fail 2013; 6: 1112–1115
                                                                                                     3
                                                                                                                 Loffredo F.S., Nikolova A.P., Pancoast J.R., Lee R.T.: Heart failure with preserved ejection
                                                                                                                 fraction: molecular pathways of the aging myocardium. Circ Res 2014; 115: 97–107
                                                                                                     4
                                                                                                                 Koell B., Zotter-Tufaro C., Duca F., Kammerlander A.A., Aschauer S., Dalos D., Antlanger
                                                                                                                 M., Hecking M., Säemann M., Mascherbauer J., Bonderman D.: Fluid status and outcome
                                                                                                                 in patients with heart failure and preserved ejection fraction. Int J Cardiol 2016
                                                                                                     5
                                                                                                                 Miller W.L., Mullan B.P.: Volume Overload Profiles in Patients With Preserved and Reduced
                                                                                                                 Ejection Fraction Chronic Heart Failure: Are There Differences? A Pilot Study. JACC
                                                                                                                 Heart Fail 2016; 4: 453–459
                                                                                                     6
                                                                                                                 Khan Y.H., Sarriff A., Adnan A.S., Khan A.H., Mallhi T.H.: Chronic Kidney Disease,
                                                                                                                 Fluid Overload and Diuretics: A Complicated Triangle. PLoS One 2016; 11: e0159335
                                                                                                     7
                                                                                                                 Duca F., Kammerlander A.A., Zotter-Tufaro C., Aschauer S., Schwaiger M.L., Marzluf
                                                                                                                 B.A., Bonderman D., Mascherbauer J.: Interstitial Fibrosis, Functional Status, and Outcomes
                                                                                                                 in Heart Failure With Preserved Ejection Fraction: Insights From a Prospective Cardiac
                                                                                                                 Magnetic Resonance Imaging Study. Circ Cardiovasc Imaging 2016; 9
                                                                                                     8
                                                                                                                 Mascherbauer J., Marzluf B.A., Tufaro C., Pfaffenberger S., Graf A., Wexberg P., Panzenböck
                                                                                                                 A., Jakowitsch J., Bangert C., Laimer D., Schreiber C., Karakus G., Hülsmann M., Pacher
     Abb. 3: Konzept der systemischen Überwässerung                                                              R., Lang I.M., Maurer G., Bonderman D.: Cardiac Magnetic Resonance Post-Contrast T1
     als Confounder der T1-Zeit                                                                                  Time is Associated with Outcome in Patients with Heart Failure and Preserved Ejection
                                                                                                                 Fraction. Circ Cardiovasc Imaging 2013

12
Fachkurzinformation siehe Seite 32
NEPHRO Script                                                                                                                                                                             FOCUS

 n,
mp-       Eine
         uu    präemptive Transplantation ist klar zu empfehlen und somit auch ein
me,       ­ esentliches Qualitätskriterium des Transplantzentrums.
          w
Pati-
ns-       Eine chronische Dialysetherapie vor der Transplantation („Dialyse Vintage“) geht
         uu

mor-      abhängig von der Dauer mit einer statistischen Reduktion der Überlebenswahrscheinlichkeit
 me       und Transplantatfunktion einher.

        Daten zum Einfluss einer vor der Transplantation erfolgten chronischen Dialysetherapie
        („Dialyse Vintage“) auf die Transplant-Outcomes

        Präemptive Nierentransplantation
        vs. Dialyse-Vintage
        D
             ie unbestritten beste Form der Nierenersatztherapie ist die
             Nierentransplantation. Im Vergleich zur Peritoneal- und auch
             Hämodialyse ist die Transplantation langfristig billiger und
        erlaubt eine fast normale Lebensqualität von längerer Dauer als
        bei den anderen Nierenersatzverfahren. Es muss hier aber darauf
        hingewiesen werden, dass meist aufgrund des hohen Alters oder                                                                                Univ.-Prof. Dr.
        der beträchtlichen Komorbiditäten der Dialysepatienten in fast                                                                           Rainer Oberbauer
        allen Ländern weniger als 20 % der Dialysepatienten für eine                                         Leiter der Klinischen ­Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Univ.-Klinik für
        Nierentransplantation geeignet sind.                                                                                            Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien

                                                                                                                                                                                       Tod oder Ende
                                                                                                                                                                                       des Follow-ups

              Einschlusskohorte von
             Transplantkandidaten auf                                                                                                               auf Warteliste
                 der Warteliste für                                                              auf Warteliste
               Nieren-TX, stratifiziert                             auf Warteliste
                nach Altersgruppen        auf Warteliste

                                                                                                                                                    transplantiert
                                                                                                 transplantiert
                                                                     transplantiert
                                          transplantiert

             Indexdatum = Zeitpunkt der        T1                           T2                          T3                                                   Tn                                 Ende
               Aufnahme in Warteliste                                                                                                                                                      des Follow-ups

                                                inverse Wahr­               inverse Wahr­               inverse Wahr­
                                                scheinlichkeit für Erhalt   scheinlichkeit für Erhalt   scheinlichkeit für Erhalt
                                                                                                                                                                                                                 Foto: feel image – Fotogtrafie e.U./Felicitas Matern

                                                der Behandlung zum          der Behandlung zum          der Behandlung zum
                                                Zeitpunkt T1                Zeitpunkt T2                Zeitpunkt T3, etc.

         Die Zeit wird in s. g. Landmarks eingeteilt, zu denen jeweils die Wahrscheinlichkeit errechnet wird, ob ein Patient transplantiert wurde
         oder noch auf der Warteliste ist, und für die eine statistische „Pseudorandomisierung“ erfolgt.

                                                                                                                      Nach: Nephrol Dial Transplant 2018 Apr 20; doi: 10.1093/ndt/gfy099 (Epub ahead of print)

         Abb. 1: Landmarking ist eine Möglichkeit, den Immortal-Time-Bias zu behandeln

        14
FOCUS                                                                                                                                                             NEPHRO Script

                                                       Klare Empfehlung für präemptive Nieren-TX                                                 können, die dann auch wirklich transplantiert wurden (Tab.). Die-
                                                                                                                                                 ser sogenannte Immortal-Time-Bias ist überhaupt recht häufig,
                                                       In fast allen internationalen Richtlinien wird die präemptive Nie-                        wenn Dialysepatienten mit Transplantpatienten verglichen wer-
                                                       rentransplantation, also ohne vorherige chronische Dialysethera-                          den (Abb. 1).6 Weiters ist von Bedeutung, wann der „Startzeit-
                                                       pie („Dialyse Vintage“) als die beste Strategie bewertet. Dies setzt                      punkt“ für die Überlebensanalyse gewählt wird. Wenn dieser die
                                                       allerdings voraus, dass ein Lebendspender vorhanden ist oder eine                         Transplantation wie in den meisten Studien ist, besteht außerdem
                                                       einsprechend zeitgerechte Aufnahme auf die Warteliste für eine                            ein Lead-Time-Bias, d. h. die Dialysepatienten haben dadurch
                                                       Leichennierenspende erfolgt.                                                              natürlich einen rechnerischen Nachteil. Nur die Studie aus Bor-
                                                       Diese Empfehlung beruht auf Daten aus älteren Studien aus dem                             deaux hat auch den Zeitpunkt der Wartelistenaufnahme als Start
                                                       amerikanischen Dialyseregister (USRDS) bzw. Transplantregister                            in einer Analyse gewählt und konnte zeigen, dass dadurch der
                                                       (SRTR)1, 2. Neuere Daten aus Frankreich und aus Kanada unter-                             Überlebensvorteil deutlich geringer ausfällt.3 Unabhängig davon
                                                       stützen diese Empfehlung.3, 4 Auch österreichische Daten zeigen                           gilt aber nach wie vor die klare Empfehlung, dass Patienten mit
                                                       einen Überlebensvorteil und eine längere Transplantatfunktion                             einem Lebendspender so gemanagt werden sollten, dass eine
                                                       von präemptiv transplantierten Patienten.5 All diese Analysen                             präemptive Transplantation möglich ist. Durch die Vermeidung
                                                       haben aber einen intrinsischen Bias, also eine mögliche Fehler-                           der Dialyseinitiation und Kreation eines Gefäßzuganges ist eine
                                                       quelle, da nur jene Patienten in die Analyse aufgenommen werden                           Reduktion der Komorbidität möglich.                            ˘

                                                        Tab.: Übersicht über die relevanten Studien zur Dialyse-Vintage
                                                                                                                                                                                                    Limitationen                Beitragende
                                                                                                                                                                Graft-                               (Ära-Effekt,
                                                                                                Präemptiv                                        Graft-                                                                           Faktoren
                                                                                                                        HD-Vintage                              Über­         Patienten-          ­Selektionsbias,
                                                                 Studie               LD     DD  vs. HD-                                      Überleben                                                                          (nationale
                                                                                                                         ­abgestuft                             leben         überleben           Lead-Time-Bias,
                                                                                                 Vintage                                      funktionell                                                                         Regulie-
                                                                                                                                                                actual                             Immortal-Time-               rungen, SES
                                                                                                                                                                                                        Bias)
                                                        Wolfe et al.                          x                                                                                                   EE, SB, LTB, IB               USA, SES
                                                        Meier-Kriesche et al.          x      x          x                                                                                      EE, SB, LTB, IB               USA, SES
                                                        Mange et al.                   x      x          x                                                                                       EE, SB, LTB, IB               USA, SES
                                                        Kasiske et al.                 x      x          x                                                                                       EE, SB, LTB, IB               USA, SES
                                                        Meier-Kriesche und             x      x          x                                                                                                                        USA
                                                        Kaplan
                                                                                                                       < 6 Mon. vs.
                                                        Goldfarb-Rumyantzev            x      x          x           präemptiv keine                                                             EE, SB, LTB, IB                   USA
                                                        et al.                                                            Effekte
                                                                                                                                                                                                   EE (geringerer
                                                        Becker et al.                  x      x      x (n = 8)                                                                                  Effekt in ­rezenter                 USA
                                                                                                                                                                                                         Ära)
                                                        Augustine et al.               x      x          x          akute Abstoßung                                                                                                  USA
                                                        Johnston et al.                x      x          x                                                                                        SB, LTB, IB                     USA
                                                        Schold                         x      x          x                                                                                           SB, LTB, IB                     USA
                                                                                                                     aber < 12 Mon.
                                                        Abramowicz et al.              x                 x         vs. präemptiv keine                                                                                      Metaanalyse
                                                                                                                          Effekte
Foto: feel image – Fotogtrafie e.U./Felicitas Matern

                                                                                                                                          (kein
                                                                                                                     aber < 18 Mon.
                                                        Haller et al.                  x      x          x         vs. präemptiv keine abgestufter                                                  SB, LTB, IB                 EU (AUT)
                                                                                                                                          Effekt
                                                                                                                          Effekte      > Jahr 2000
                                                                                                                   > 10 Jahre Dialyse                                           (nach
                                                        Rose et al.                           x                                                                                                       SB, LTB, IB               USA (SRTR)
                                                                                                                         vs. HD                                               675 Tagen)
                                                        Prezelin-Reydit et al.         x      x          x                    x                                                                    SB, LTB, IB                 Franz. DB
                                                        DD = Leichenspende (deceased donor); LD = Lebendspende (living donor); EE = Ära-Effekt; DB = Datenbank; IB = Immortal-Time-Bias;
                                                        LTB = Lead-Time-Bias; SB = Selektionsbias; SES = sozioökonomischer Status
                                                                                                                                                            Nach: Nephrol Dial Transplant 2018 Apr 20; doi: 10.1093/ndt/gfy099 (Epub ahead of print)

                                                                                                                                                                                                                                                   15
NEPHRO Script                                                                                                                                                                                                     FOCUS

                                                                                                                                                            Mortalität                funktioneller Transplantatverlust
                                            > 30                              ■ transfundiert (n = 50)
                                            > 20                              ■ nicht transfundiert (n = 155)                  Rohmodell
 Anzahl an Antikörpern mit MFI-Änderung

                                            ≥ 10                              p = 0,006
   (mittl. Floureszenzintensität) > 1.000

                                                                                                                                Präemptiv
                                             ≥9
                                                                                                                                  Tertile 2      HD > 1,5 Jahre
                                             ≥8
                                                                                                                                  Tertile 3       HD < 3 Jahre
                                             ≥7
                                             ≥6
                                                                                                                               Klinisches
                                             ≥5                                                                                    Modell
                                             ≥4                                                                                 Präemptiv
                                             ≥3
                                                                                                                                  Tertile 2
                                             ≥2
                                                                                                                                  Tertile 3
                                             ≥1

                                                   0   10   20    30         40           50        60         70                                     0,5    0,7    1           2         0,5    0,7      1               2
                                                                    Patienten (%)                                                                        Hazard Ratio                             Hazard Ratio

                                                                 Nach: Yabu J.M. et al., NDT 2013 Nov; 28 (11): 2908–18
                                                                                                                                                                               Nach: Haller M. et al., CJASN 2017; 12: 122–130

   Abb. 2: Dialyse-Vintage führt zur Sensibilisierung                                                                         Abb. 3.: Assoziation von Dialyse-Vintage mit Mortalität
                                                                                                                              und funktionellem Transplantatverlust in Österreich
Dauer der Dialyse-Vintage und Outcomes
                                                                                                                          der Vielzahl von Voruntersuchungen, die der Patient meist am-
Wenn nun keine präemptive Transplantation möglich ist, sollte                                                             bulant im niedergelassenen Bereich zu bewältigen hat. Ein mög-
die Bestrebung der Transplantnephrologen eine möglichst rasche                                                            licher Ansatz ist die gezielte Reduktion der Voruntersuchungen
Aufnahme auf die Warteliste und somit Chance auf eine rasche                                                              ohne wirklichen Informationsverlust. Viele Transplantzentren in
Transplantation zu sein. Bis zu welcher Dialysedauer ein nur ge-                                                          Europa haben sich inzwischen auf eine schlanke Palette von Vor-
ringer Einfluss auf das Post-Transplant-Patienten- und Trans-                                                             untersuchungen geeinigt und entsprechende Fachgesellschaften
plantatüberlegen besteht ist etwas unklar. Einige Observations-                                                           unterstützen diese mit ihren Richtlinien (DESCARTES)8. ■
studien legen nahe, dass selbst eine kurze Dialysedauer von we-
nigen Monaten mit einer zwar diskreten, aber doch statistischen
                                                                                                                              Kontext ERA-EDTA 2018
Reduktion der Überlebenswahrscheinlichkeit und Transplantat-
                                                                                                                              Session „Hot and new in transplantation: selected topics from
funktion einhergeht. Eine mögliche Erklärung für das erhöhte                                                                  2017/18“:
Risiko eines Transplantatverlustes ist die etwaige Sensibilisierung                                                           Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer: Dialysis vintage and
                                                                                                                              outcomes
an der Dialyse, meist durch Blutkonserven (Abb. 2).7 Da aber seit
Einführung der Eisensubstitution und ESA-Therapie (Erythro-
                                                                                                                          1
                                                                                                                              Meier-Kriesche H.U., Kaplan B.: Waiting time on dialysis as the strongest modifiable risk
poese-stimulierende Agentien) die Raten an Transfusionen deut-                                                                factor for renal transplant outcomes: a paired donor kidney analysis. Transplantation 2002;
lich rückläufig sind, zeigen neuere Studien, dass eine Dialyse-                                                               74: 1377–81
                                                                                                                          2
                                                                                                                              Meier-Kriesche H.U., Port F.K., Ojo A.O. et al.: Effect of waiting time on renal transplant
Vintage von weniger als ein bis eineinhalb Jahren nur keine oder                                                              outcome. Kidney Int 2000; 58: 1311–7
geringe Auswirkungen auf das Transplantüberleben, sehr wohl
                                                                                                                          3
                                                                                                                              Prezelin-Reydit M., Combe C., Harambat J. et al.. Prolonged dialysis duration is associated
                                                                                                                              with graft failure and mortality after kidney transplantation: results from the French transplant
aber immer noch auf das Patientenüberleben haben (Abb. 3).5                                                                   database. Nephrology Dialysis Transplantation 2018 (in press)
                                                                                                                          4
                                                                                                                              Gill J.S., Rose C., Joffres Y., Landsberg D., Gill J.: Variation in dialysis exposure prior to
Mögliche Erklärungen ist die verbesserte Dialysetechnik sowie                                                                 nonpreemptive living donor kidney transplantation in the United States and its association
die deutliche Überalterung sowohl der Dialyse- als auch der Trans-                                                            with allograft outcomes. Am J Kidney Dis 2018; 71: 636–47
                                                                                                                          5
                                                                                                                              Haller M.C., Kainz A, Baer H., Oberbauer R.: Dialysis vintage and outcomes after kidney
plantpatienten.                                                                                                               transplantation: a retrospective cohort study. Clin J Am Soc Nephrol 2017; 12: 122–30
                                                                                                                          6
                                                                                                                              Gleiss A., Oberbauer R., Heinze G.: An unjustified benefit: immortal time bias in the
                                                                                                                              analysis of time-dependent events. Transpl Int 2018; 31: 125–30
ZUSAMMENFASSEND ist die rechtzeitige Planung und Durch-                                                                   7
                                                                                                                              Yabu J.M., Anderson M.W., Kim D. et al.: Sensitization from transfusion in patients
                                                                                                                              awaiting primary kidney transplant. Nephrol Dial Transplant 2013; 28: 2908–18
führung einer präemptiven Transplantation klar zu empfehlen                                                               8
                                                                                                                              Abramowicz D., Hazzan M., Maggiore U. et al.: Does pre-emptive transplantation versus
und somit auch ein wesentliches Qualitätskriterium des Trans-                                                                 post start of dialysis transplantation with a kidney from a living donor improve outcomes
                                                                                                                              after transplantation? A systematic literature review and position statement by the Descartes
plantzentrums. Oft scheitert die rechtzeitige Durchführung an                                                                 Working Group and ERBP. Nephrol Dial Transplant 2016; 31: 691–7

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NEPHRO Script                                                                                                                          FOCUS

  Randomisierte
 uu              Studien zeigen ein signifikant höheres Risiko für akute Abstoßung
  sowie ein signifikant niedrigeres Risiko für Posttransplantdiabetes nach
  ­Steroidentzug bei unklaren Langzeiteffekten auf Mortalität und Transplantatverlust.
 uuÖsterreichische Registerstudie: Überlebensvorteil nach Steroidentzug konnte nicht gezeigt
   werden, jedoch signifikant höhere Rate an Transplantatverlust bei Steroidentzug vor dem
   18. Monat nach Transplantation.

Evidenz zu Absetz- vs. Langzeitrisiken

Steroidentzug nach
Nierentransplantation – falls ja, wann?
D
      ie meisten immunsuppressiven Schemata bei Nie-                                     matic review“ nicht verfügbar, macht es Sinn, indivi-
      rentransplantation enthalten Steroide, die seit lan-                               duelle Studien zu suchen und kritisch zu lesen.
      gem für ihre Wirksamkeit gegen Abstoßungsre-
aktionen bekannt sind. Gleichzeitig werden Steroide                                      Cochrane-Metaanalyse
auch mit einem ungünstigen Nebenwirkungsprofil,
vor allem mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko                                     Die Cochrane Collaboration publiziert unabhängige,
infolge einer Verschlechterung von arteriellem Blut-                                     vertrauenswürdige „systematic reviews“ und hat 2016
druck, Glukose- und Lipidstoffwechsel assoziiert. Im             Dr.  Maria Haller,      eine systematische Übersichtsarbeit zu Steroidentzug
                                                                     MSc, MBA
Bestreben, diese Nebenwirkungen hintanzuhalten,                                          nach Nierentransplantation veröffentlicht (Haller,
                                                            Interne 3 – Nephrologie,
werden Steroide in vielen Zentren weltweit zu unter-            Ordensklinikum Linz      2016)1. Insgesamt wurden 48 Studien mit 7.803 in-
schiedlichen Zeitpunkten nach einer Nierentransplan-          ­Elisabethinen; Institut   kludierten Studienpatienten gefunden, die das Abset-
tation abgesetzt.                                            für  klinische Biometrie,   zen von Steroiden entweder innerhalb von 14 Tagen
                                                           ­Medizinische Universität
Bis heute wird der Nutzen einer Beendigung der Ste-                     Wien
                                                                                         nach Transplantation oder nach dem 14. postopera-
roidtherapie kontrovers diskutiert. Wie bei den meisten                                  tiven Tag untersucht haben.
klinischen Entscheidungen gilt es auch in der Frage                                      Der Effekt von Steroidentzug innerhalb der ersten 14
des Steroidentzugs nach Nierentransplantation die Vor- und Nach-             Tage als auch nach dem 14. Tag auf Mortalität, Transplantatver-
teile abzuwiegen. Wiegt die Gefahr eines drohenden Transplan-                lust und Posttransplantdiabetes verglichen mit Steroiderhaltung
tatverlusts infolge der reduzierten Immunsuppression oder die                blieb trotz Metaanalyse unklar. In der Metaanalyse zeigte sich al-
Gefahr eines erhöhten kardiovaskulären Risikos als Konsequenz                lerdings ein signifikant höheres Risiko für eine akute Abstoßung
einer Langzeitsteroidtherapie schwerer?                                      für Patienten, denen Steroide entzogen wurden, verglichen zu den-
Zur evidenzbasierten und gleichzeitig zeitsparenden Beantwortung             jenigen, die Steroide weiter erhielten. Das relative Risiko für eine
einer fokussierten klinischen Fragestellung, ist eine „Top-down“-            akute Abstoßung war um 58 % höher für Steroidentzug innerhalb
Literatursuche ratsam, beginnend mit der Suche nach einem qua-               der ersten 14 Tage (RR 1,58, 95%-KI 1,08 bis 2,30) und um 77
litativ hochwertigen „systematic review“ in der Cochrane Database            % höher für Steroidentzug nach dem 14. postoperativen Tag (RR
of Systematic Reviews (www.cochranelibrary.com). Systematische               1,77, 95%-KI 1,20 bis 2,61). Einschränkend muss erwähnt wer-
Übersichtsarbeiten stehen an der Spitze der Evidenzpyramide, da              den, dass relevante Endpunkte in einigen Studien nicht oder nur
                                                                                                                                                    Foto: privat

sie einen Panoramablick auf die gesamte verfügbare Evidenz zu                inadäquat berichtet wurden und die Evidenz generell für alle Ver-
einer bestimmten klinischen Fragestellung erlauben. Ist ein „syste-          gleiche von nur geringer bis moderater Qualität waren.

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FOCUS                                                                                                                                                                                                                       NEPHRO Script

               HARMONY-Studie                                                                                                                  entenpaare, bestehend aus je einem Patienten mit und ohne Ste-
                                                                                                                                               roidentzug, mit der gleichen Wahrscheinlichkeit für Steroidentzug
               Seit Veröffentlichung dieses Cochrane Reviews wurde eine weitere                                                                gebildet. In dieser so genannten „Propensity Score“-gematchten
               deutsche multizentrische Studie, die HARMONY-Studie, im                                                                         Kohorte haben wir dann Mortalität und Transplantatverlust mit
               „Lancet“ publiziert (Thomusch, 2016)2. In HARMONY wurden                                                                        einem medianen Beobachtungszeitraum von 6,5 Jahren verglichen.
               knapp 600 Patienten inkludiert und Steroidentzug unter Basili-                                                                  Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass ein Steroidentzug bis
               ximab oder ATG-Induktion (Antithymozytenglobulin) ab dem                                                                        zum 18. Monat nach Transplantation mit einer signifikant hö-
               8. postoperativen Tag verglichen mit Steroiderhaltungstherapie.                                                                 heren Rate an Transplantatverlust einhergeht (Steroidentzug nach
               Wenn man nun diese neuen HARMONY-Daten in der Cochrane                                                                          12 Monaten: HR 1,6, 95%-KI 1,2 bis 2,0; Steroidentzug nach
               Metaanalyse einschließt, bleibt weiterhin das Risiko für akute                                                                  18 Monaten: HR 1,3, 95%-KI 1,1 bis 1,6). Für Mortalität be-
               Abstoßung infolge Steriodentzug signifikant erhöht (RR 1,47,                                                                    stand zu keinem Zeitpunkt ein Unterschied, womit ein eindeu-
               95%-KI 1,06 bis 2,05), das Risiko für einen Posttransplantdia-                                                                  tiger kardiovaskulärer Benefit durch Steroidentzug nicht nach-
               betes wird nun ebenfalls statistisch signifikant mit einem höheren                                                              weisbar war.
               Risiko bei Steroiderhaltungstherapie (RR 0,70, 95%-KI 0,52 bis
               0,94).                                                                                                                          ZUSAMMENFASSEND zeigen aktuell verfügbare Daten von ran-
                                                                                                                                               domisierten Studien ein signifikant höheres Risiko für akute Ab-
               Österreichische Registerstudie                                                                                                  stoßung sowie ein signifikant niedrigeres Risiko für Posttrans-
                                                                                                                                               plantdiabetes nach Steroidentzug, während Langzeiteffekte auf
               Der Effekt von Steroidentzug auf harte Endpunkte wie Mortali-                                                                   Mortalität und Transplantatverlust weiterhin unklar bleiben. In
               tät und Transplantatverlust bleibt aber weiterhin unklar, weil ei-                                                              einer österreichischen Beobachtungsstudie hat sich bei gleichzei-
               nerseits die Studien zu geringe Fallzahlen und andererseits ein zu                                                              tigem Vergleich mehrerer Zeitpunkte gezeigt, dass es unter Ste-
               kurzes Follow-up aufweisen. Darüber hinaus können klinische                                                                     roidentzug innerhalb der 18 Monate nach Transplantation zu
               Studien nur einen einzigen Zeitpunkt für Steroidentzug untersu-                                                                 signifikant mehr Transplantatverlusten kommt, während ein Vor-
               chen und sind somit nicht in der Lage, die Frage nach einem                                                                     teil im Überleben der Patienten durch das antizipierte reduzierte
               optimalen Zeitpunkt für Steroidentzug oder anders formuliert                                                                    kardiovaskuläre Risiko ausgeblieben ist.
               einer notwendigen Mindeststeroidtherapiedauer zu beantworten.                                                                   In Zusammenschau der gesamten verfügbaren Evidenz ist der
               Zu diesem Zweck haben wir in einer österreichischen Register-                                                                   Vorteil durch Steroidentzug weiterhin fraglich. Zur Protektion
               studie mehrere Zeitpunkte für Steroidentzug gleichzeitig in einer                                                               des Transplantats scheint aber zumindest eine Steroidtherapie in
               Analyse verglichen (Haller, 2017)3. Das Österreichische Dialyse-                                                                den ersten 18 Monaten notwendig zu sein.                      ■
               und Transplantregister lieferte dazu exzellente Daten, die im in-
               ternationalen Vergleich durch ihre engmaschigen Langzeitdaten                                                                       Kontext ERA-EDTA 2018
               sehr hochwertig sind. In dieser Kohortenstudie haben wir 5.170                                                                      Session „Hot and new in transplantation: selected topics from
                                                                                                                                                   2017/18“:
               verfügbare Nierentransplantatempfänger zwischen 1990 und 2012                                                                       Vortrag von Dr. Maria Haller, MSc, MBA: Steroid withdrawal:
               nach deren Steroidtherapiestatus zu verschiedenen sogenannten                                                                       if and when?
               Landmark-Zeitpunkten während des gesamten Posttransplant-                                                                       1
                                                                                                                                                   Haller M.C., Royuela A., Nagler E.V., Pascual J., Webster A.C.: Steroid avoidance or
               verlaufes in Steroidentzug oder Steroiderhaltung klassifiziert. In                                                                  withdrawal for kidney transplant recipients. Cochrane Database Syst Rev 2016; (8)
                                                                                                                                               2
                                                                                                                                                   Thomusch O.: Rabbit-ATG or basiliximab induction for rapid steroid withdrawal after
               einem weiteren Schritt wurde dann für jeden Patienten zu jedem                                                                      renal transplantation (HARMONY): an open-label, multicentre, randomised controlled
               dieser Zeitpunkte die Wahrscheinlichkeit für Steroidentzug be-                                                                      trial. Lancet 2016; 388
                                                                                                                                               3
                                                                                                                                                   Haller M.C,. Kammer M., Kainz A., Baer H.J., Heinze G., Oberbauer R.: Steroid withdrawal
               rechnet. Basierend auf dieser Wahrscheinlichkeit wurden Pati-                                                                       after renal transplantation: a retrospective cohort study. BMC Med 2017; 15 (1): 8

               Fachkurzinformation
               Envarsus 0,75 mg Retardtabletten. Envarsus 1 mg Retardtabletten. Envarsus 4 mg Retardtabletten.                                 zeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der oben genannten sonstigen Bestandteile. Die Anwendung von
               Zusammensetzung (arzneilich wirksame Bestandteile nach Art und Menge): Jede Retardtablette enthält 0,75 mg Tacrolimus           Galafold wird bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz nicht empfohlen. Galafold ist nicht für die gleichzeitige Anwendung
               (als Monohydrat). Jede Retardtablette enthält 1 mg Tacrolimus (als Monohydrat). Jede Retardtablette enthält 4 mg Tacrolimus     mit Enzymersatztherapie vorgesehen. Nebenwirkungen: siehe Fachinformation. Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere
               (als Monohydrat). Sonstige Bestandteile: Jede Tablette enthält 41,7 mg Lactose (als Monohydrat). Jede Tablette enthält 41,7     Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel, ATC-Code: A16AX14 Inhaber der Zulassung: Amicus Therapeutics
               mg Lactose (als Monohydrat). Jede Tablette enthält 104 mg Lactose (als Monohydrat). Wirkstoffgruppe: ATC-Code L04AD02.          UK Ltd, Phoenix House, Oxford Road, Tatling End, Gerrards Cross, Buckinghamshire SL9 7AP Vereinigtes Königreich. Ver-
               Anwendungsgebiete: Prophylaxe der Transplantatabstoßung bei erwachsenen Nieren- oder Lebertransplantatempfängern.               schreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Stand der Information:
               Behandlung der Transplantatabstoßung, die sich gegenüber anderen Immunsuppressiva als therapieresistent erweist, bei            Dezember 2017. Weitere Angaben zu Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, besonderen Warnhinweisen und Vorsichts-
               erwachsenen Patienten. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten         maßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Fertilität,
               sonstigen Bestandteile. Überempfindlichkeit gegen sonstige Makrolide. Liste der sonstigen Bestandteile: Hypromellose,           Schwangerschaft und Stillzeit sowie zu Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
               Lactose-Monohydrat, Macrogol 6000, Poloxamer 188, Magnesiumstearat, Weinsäure (E334), Butylhydroxytoluol (E321),                Referenzen: * Eine aktuelle Liste aller therapie-ansprechenden Mutationen finden Sie unter: http://www.galafoldamenabili-
               Dimeticon 350. Name oder Firma und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers: Chiesi Farmaceutici S.p.A., Via Palermo,        tytable.com/de 1. Galafold Fachinformation, Stand: Mai 2017. 2. Hughes DA, Nicholls K, Shankar SP, et al. Oral pharmaco-
               26/A, 43122 Parma, Italien. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwir-              logical chaperone migalastat compared with enzyme replacement therapy in Fabry disease: 18-month results from the
               kungen mit anderen Mitteln, Nebenwirkungen sowie Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation zu                randomized phase 3 ATTRACT study. J Med Genet. 2017;54(4):288-296.
               entnehmen. Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Erstellungsdatum/Änderungsdatum:
               15.09.2014.                                                                                                                     JINARC® 15 mg Tabletten, JINARC® 30 mg Tabletten, JINARC® 45 mg Tabletten/JINARC® 15 mg Tabletten, JINARC®
                                                                                                                                               60 mg Tabletten/JINARC® 30 mg Tabletten, JINARC® 90 mg Tabletten/JINARC® 30 mg Tabletten.
               Galafold 123 mg Hartkapseln.
                        ®
                                                                                                                                                Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Er-
                Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Er-        kenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung
               kenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung     zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 Fachinformation. Zusammensetzung: Wirkstoff:
               zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Fachinformation, Abschnitt 4.8.                                       Jede Tablette enthält Tolvaptan 15 mg, 30 mg, 45 mg, 60 mg, 90 mg. Sonstige Bestandteile: Maisstärke, Hyprolose, Lactose-
               Wirkstoff: Migalastathydrochlorid. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Kapsel enthält Migalastathydrochlo-       Monohydrat, Magnesiumstearat, Mikrokristalline Cellulose, Indigokarmin, Aluminiumlack. Anwendungsgebiete: Verlangsamung
Foto: privat

               rid, entsprechend 123 mg Migalastat. Sonstige Bestandteile: Vorverkleisterte Stärke (Mais), Magnesiumstearat, Gelatine,         der Progression von Zystenentwicklung und Niereninsuffizienz bei autosomal-dominanter polyzystischer Nierenerkrankung
               Titandioxid (E171), Indigotin (E132), Schellack, Eisen(II, III)-oxid, Kaliumhydroxid. Anwendungsgebiete: Galafold ist für die   (ADPKD) bei Erwachsenen mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) (Stad. 1 - 3 zu Behandlungsbeginn mit Anzeichen für
               Dauerbehandlung von Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von 16 Jahren und älter mit gesicherter Morbus Fabry-           rasch fortschreitende Erkrankung). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Tolvaptan
               Diagnose (-Galaktosidase A-Mangel) indiziert, die eine auf die Behandlung ansprechende Mutation aufweisen. Gegenan-            oder sonstige Bestandteile; erhöhte Leberenzyme u./o. Anzeichen oder Symptome von                   Weiter auf Seite 32 

                                                                                                                                                                                                                                                                          19
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