2019 2025 2050 Aufbruch ins digitale Zeitalter - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus ...
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2019 2025 2050 Medizin in Zeiten individueller Therapien und digitalen Wandels Jahresbericht 2018 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
2 INHALT 2018 1 4 Prolog 2 13 Big Data: Chancen potenzieren 3 21 Hightech am Patienten: Technologie weiterentwickeln 4 29 Molekulare Diagnostik: in der Onkologie personalisiert therapieren 5 37 Frühe Patientenstudien: gemeinsam innovative Krebstherapien etablieren
3 INHALT 6 45 Modellstudiengang: Versorgungslücken mit „Medizin in Chemnitz“ schließen 7 53 Digitales Feedback: Qualität in Echtzeit verbessern 8 61 Daten und Fakten 9 79 Chronik 86 Epilog
6 PROF. D. MICHAEL ALBRECHT Wir richten unsere Strategie konsequent auf die digitale Medizin aus Herr Professor Albrecht, mit dem Jahresbericht Warum stellen Sie gerade jetzt Visionen in 2018 gibt das Universitätsklinikum Carl Gustav den Mittelpunkt? Vertrauen Sie nicht mehr Carus Dresden einen Einblick in Szenarien dem Kurs, der dem Klinikum über Jahre klares der näheren, aber auch der weiteren Zukunft. Wachstum gesichert hat? Viele Menschen sind bei Prognosen eher skeptisch und halten es mit dem markigen Satz von Bundeskanzler Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.” MA Viele Jahre galt das Wachstumsprinzip bei Krankenhäusern als Grundvorausset- zung für eine erfolgreiche medizinische wie wirt- Was bewegt Sie, in die Offensive zu gehen schaftliche Entwicklung. Uns hat das in den Jahren und die Zukunft in ganz konkreter Weise des Aufbaus und Aufholens gegenüber anderen vorzudenken? Uniklinika sehr geholfen. Die kontinuierlich aus- gebaute wirtschaftliche Stärke trug zur Zukunfts- MA Wir können durchaus selbstbewusst auf 25 Jahre Hochschulmedizin Dresden zurückblicken – und auch auf die Visionen, mit festigkeit der Hochschulmedizin Dresden bei. Sie eröffnete uns immer wieder die Möglichkeit, In- novationen auf den Weg zu bringen. Strategisches denen wir damals begonnen haben, Fakultät und Ziel dabei war es stets, Impulse zu setzen, um im Klinikum auf- und auszubauen. Gut ablesbar ist weiteren Verlauf Wege für deren Finanzierung zu dies auch an den seit 2002 erschienenen Jahres- finden. Ein gutes Beispiel dafür ist das Universitäts berichten des Uniklinikums, mit denen wir jeweils KrebsCentrum. Aus dem Projekt, mit dem das Kli- nicht nur Bilanz gezogen, sondern immer auch Aus- nikum erheblich in Vorleistung gegangen ist, entwi- blicke gegeben haben. Im Rückblick ist es selbst für ckelten sich anerkannte und effiziente Strukturen uns ein wenig überraschend, wie treffsicher diese mit Vorbildcharakter. Die Patientenversorgung in Texte unsere Strategien und Visionen widergespie- diesen Strukturen gehört inzwischen bundesweit gelt haben. Trotz der nur schwer vorhersehbaren zum Standard und wird von den Kostenträgern Entwicklungen in der Gesundheitspolitik und in der entsprechend vergütet. Medizin, lagen wir fast immer richtig. Das lässt sich auch an den betriebswirtschaftlichen und medizi- Fraglich ist heute jedoch, ob die bisherige Strategie, nischen Daten der vergangenen 17 Jahre ablesen. Wachstum vor allem durch innovative Versorgungs- konzepte und effiziente Strukturen zu generieren, in der nahen Zukunft noch erfolgreich sein kann: Weitere Zuwächse bei den Patientenzahlen lassen sich auch nur noch mit einem Aufwuchs an Mit- arbeitern umsetzen. Und hier stößt nicht nur das Dresdner Universitätsklinikum an seine Grenzen.
7 KATRIN ERK Es muss uns gelingen, unsere Innovationskraft zu erhalten Frau Erk, zum 1. Juni 2019 haben Sie die großer Investitionsbedarf, insbesondere durch die Position des Kaufmännischen Vorstands Digitalisierung. Für diese Aufgaben brauchen wir am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus entsprechende finanzielle Spielräume. Dresden übernommen. Was hat Sie bewogen, diese Herausforderung anzunehmen? Auf welche beruflichen Erfahrungen können Sie zurückgreifen, um die Entwicklung KE Das Dresdner Uniklinikum zählt zu den er- folgreichsten Universitätsklinika Deutsch- lands. Es ist sehr strategisch ausgerichtet und des Dresdner Uniklinikums weiter voranzu- treiben? verfügt auch aufgrund seiner Qualitäten in der translationalen Medizin über eine herausragende Strahlkraft. Durch die große Bandbreite in der KE Ich blicke auf eine 13-jährige Aufbauzeit am Zentralinstitut für Seelische Gesund- heit Mannheim zurück. In gleicher Position wie Krankenversorgung, in der die meisten Fächer nun in Dresden habe ich die dortige Landesstiftung bundesweit eine Spitzenposition einnehmen, öffentlichen Rechts weiterentwickelt. In dieser Zeit bin ich an ein hervorragend aufgestelltes Haus hat sich die Zahl der Mitarbeiter fast verdoppelt gekommen. Diese Stärken trotz zunehmender und es gelang uns, im Herzen der Stadt ein Regulierung und herausfordernder finanzieller ambitioniertes Neubauprogramm bei laufendem Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen weiter Betrieb umzusetzen. Basis dieses erfolgreichen zuentwickeln, ist eine Aufgabe, die ich gern an Kurses ist der „Masterplan ZI 2020“ – ein von mir nehme. Hierfür finde ich am Uniklinikum eine mitentwickeltes Strategiepapier. Heute zählt das solide finanzielle Basis vor. Sie verschafft der Hoch- Zentralinstitut zu den führenden Einrichtungen schulmedizin Dresden insgesamt einen Handlungs- Europas, was die Krankenversorgung ebenso rahmen, um ihren erfolgreichen Kurs im Sinne von einschließt wie die exzellente Forschung auf den Spitzenmedizin und Spitzenforschung auch in den Gebieten Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- kommenden Jahren fortführen zu können. Diese und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Sucht Basis gilt es absolut zu erhalten! Denn immer wie- medizin. Vor der Zeit in Mannheim war ich Mitglied der wird die Finanzierung der stationären Kranken- der Geschäftsführung eines Klinikverbundes und versorgung auf den Prüfstand gestellt. Deshalb ist trug die kaufmännische Verantwortung für mehrere es auch wichtig, dass es den deutschen Uniklinika somatische Akutkliniken, Behinderten- und Pflege- gemeinsam gelingt, ihre Innovationskraft dauer- heime. In Mannheim wie nun in Dresden stehe ich haft zu erhalten. – Auch weil wir als Krankenhäuser als Kaufmännischer Vorstand an der Schnittstelle der Supra-Maximalversorgung in der Pflicht stehen, von Krankenversorgung und Forschung. die Medizin weiterzuentwickeln. Es besteht dabei
8 PROF. D. MICHAEL ALBRECHT Denn dem bisherigen Wachstum steht auch eine 2018 kann hier als Jahr des Aufbruchs gelten: Den andere Entwicklung entgegen: Zwar steigt das Anfang markierte das Engagement im Forschungs- Durchschnittsalter der Bevölkerung und damit die konsortium MIRACUM – eines von fünf Konsortien, Wahrscheinlichkeit, von bestimmten Erkrankun- die vom Bundesministerium für Bildung und For- gen wie Krebs, Diabetes oder Demenz betroffen schung im Rahmen der Medizininformatik-Offen zu sein – doch dies bedeutet nicht, dass die Zahl sive des Bundes gefördert werden. Damit partizipiert der behandlungsbedürftigen Menschen – ambulant die Hochschulmedizin Dresden an dieser Initiative, wie stationär – kontinuierlich wächst. die in einer ersten vierjährigen Phase mit über 150 Millionen Euro finanziert wird. In diesem Rah- Dieses Szenario lässt den Schluss zu, dass men wurden unter anderem eine Professur für Me- das Gesundheitssystem vor einem großen dizininformatik sowie Nachwuchsgruppen geschaf- Umbruch steht. Was ist aus Ihrer Sicht fen. Um die Chancen der digitalen Transformation in notwendig, damit das Universitätsklinikum der Medizin so schnell wie möglich in den Alltag von diese Herausforderung meistern kann? Krankenversorgung und Forschung zu überführen und zu etablieren, wurde das Zentrum für Medizini- MA Wer als Krankenhaus trotzdem auf den sche Informatik – ZMI – gegründet, das an der Me- Kurs des „weiter so“ setzt und Kapazitä- dizinischen Fakultät sowie dem Uniklinikum beste- ten ausbaut, um besonders lukrative Behandlungs- hende Kräfte bündelt und gleichzeitig neue schafft. fälle zu akquirieren, wird wirtschaftlich scheitern. Um die stationäre Krankenversorgung langfristig Es gibt unzählige Akteure, die von der zu sichern und im Sinne der Sozialsysteme effizient digitalen Medizin und dem Krankenhaus 4.0 zu bleiben, bedarf es einer langfristigen Strategie sprechen. Im Krankenhausalltag und erst und nicht der häufig zu beobachtenden Ad-hoc- recht in der ambulanten Versorgung ist aus Aktivitäten. der Perspektive des Patienten derzeit nur we- nig erkennbar. Wohin geht die Entwicklung Deshalb setzt die Hochschulmedizin Dresden in aus Sicht der Hochschulmedizin Dresden? dieser Situation auf eine Vision. Dabei geht es nicht um einen radikalen Umbruch auf den Gebieten Forschung, Lehre und Krankenversorgung, sondern darum, die bisherige Strategie konsequent auf die MA Das größte Potenzial liegt darin, die Hochtechnologie mit dem Routinebetrieb in Klinik, Ambulanzen und Arztpraxen zu verknüp- digitale Medizin auszuweiten. Erste Schritte in fen. Solche Ansätze gibt es bisher nur als Ideen be- diese Richtung sind bereits erfolgreich umgesetzt ziehungsweise als erste Fragmente. Eine Ursache worden. dafür ist, dass medizintechnologische Innovationen
9 KATRIN ERK Eine wichtige Aufgabe wird es sein, das enge Neubauten und auch neue Institutionen Zusammenspiel zwischen Klinikum und Fakultät im können nur erfolgreich sein, wenn die Fokus zu halten, um die erfolgreiche Entwicklung Hochschulmedizin dafür neue Mitarbeiter der Hochschulmedizin fortsetzen zu können. Dies gewinnen kann. schließt insbesondere auch eine gute Zusammen arbeit mit den Ministerien mit ein. Welche Rolle spielen dabei die weiteren KE Die Strategie der Hochschulmedizin muss weiterhin darauf setzen, als Arbeit geber attraktiv zu sein. Dabei geht es nicht allein Neubauaktivitäten? um Geld. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich einen Ort, an dem sie Wertschätzung KE Bauen bedeutet für das Universitäts klinikum, aber auch für die Medizinische Fakultät Weiterentwicklung. Dabei ist es wichtig, erfahren. Mit entsprechenden Programmen wie beispielsweise dem Familienbüro, den Belegrechten für Kindertagesstätten, dem Gesundheitszentrum insbesondere auch die Prozesse in den Mittelpunkt Carus Vital oder dem Mitarbeiterrestaurant zu stellen – zum Beispiel für mehr Interdisziplina- Caruso ist das Klinikum gut aufgestellt. Doch das rität und für ein patientenfreundlicheres Umfeld. Wertesystem junger Menschen verändert sich und Ein hervorragendes Beispiel dafür ist das in Planung darauf müssen wir uns einstellen. Sie erwarten befindliche Zentrum für Seelische Gesundheit. ein anderes, flexibleres Verhältnis zwischen Beruf In dem Neubau ist nicht nur Platz für die psychia und Privatleben und setzen in der Arbeit teilweise trischen Fachgebiete, sondern unter anderem auch andere Schwerpunkte als frühere Generationen. für das Zentrum für gesundes Altern. Ein weiteres Dabei ist es aber auch wichtig, dass diese Haltungen Beispiel ist das derzeit im Bau befindliche Zentrum weiterhin mit den Gegebenheiten der Hochschul- für Metabolisch-Immunologische Erkrankungen medizin übereinstimmen. und Therapietechnologien Sachsen, das eine naht- lose Übertragung von Ergebnissen aus der Grundla- genwissenschaft in die Krankenversorgung sicher- stellen wird. Um in diesen Gebäuden Strukturen zu schaffen, die Forschung und Medizin auf dem von uns erwarteten Niveau ermöglichen, wird für mich das Baumanagement ein zentrales Thema sein.
10 PROF. D. MICHAEL ALBRECHT zumeist von Unternehmen vorangetrieben werden, Welche Lösungen können in diesem Kontext die das Hauptaugenmerk logischerweise auf damit entwickelt werden? zu erzielende Gewinne und die Amortisation ihrer Investitionen legen müssen. Allein dadurch reduziert sich das Spektrum der auf den Weg gebrachten In- novationen. Zweiter Hemmschuh sind die fehlenden MA Konkret geht es unter anderem um mo- bile Systeme zur kontaktlosen Erfassung von Patientendaten, miniaturisierte Implantate, Innovationsimpulse durch die Anwender. Oftmals die auf nanoelektronischen Schaltungen basieren, werden Ärzte und Pflegende erst dann in den Ent- oder neue Methoden der intraoperativen Naviga- wicklungsprozess einbezogen, wenn es um Praxis- tion und Robotik. Dazu bedarf es neuer Software, tests bereits entwickelter Produkte geht. Sensorik, besserer Mensch-Robotik-Interaktion sowie privater Clouds: Auf diese Weise lassen Diese unbefriedigende Situation, aber auch das sich cybermedizinische Systeme entwickeln, mit große, weitgehend ungenutzte Potenzial, die Mikro denen die Ärzte und das Pflegepersonal jederzeit elektronik viel stärker in der Medizin einzusetzen, den aktuellen Zustand des Patienten abfragen und ist der Ausgangspunkt für eine Initiative, die die viel schneller als bisher Therapieentscheidungen Hochschulmedizin Dresden gemeinsam mit der treffen können. All diese mit der Digitalisierung Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik, verbundenen Ansätze ebnen den Weg zu einer viel der Fakultät Informatik der TU Dresden sowie außer stärker patientenzentrierten und individualisierten universitären Partnern auf den Weg gebracht hat. Medizin. Ein nicht unerheblicher Effekt dieser Inno- Zusammen ist es in diesem Frühjahr gelungen, die vationen ist es, dass die Krankenversorgung damit Else Kröner-Fresenius-Stiftung mit einem Antrag für deutlich effizienter wird. Die digitale Medizin liefert ein Modellvorhaben in der klinischen Forschung zu Antworten auf viele der aktuellen Herausforde- überzeugen. Die Stiftung finanziert nun mit insge- rungen – von der Personalnot in der Pflege bis zur samt 40 Millionen Euro den Aufbau des „Zentrums demographisch bedingten Finanzierungsproblematik für Digitale Gesundheit“ über einen Zeitraum von des deutschen Gesundheitswesens. ✚ zehn Jahren. Damit bietet sich die einzigartige Perspektive, auf dem Dresdner Campus eine neue Interdisziplinarität zwischen Hochtechnologie, Informatik und Medizin zu schaffen.
11 KATRIN ERK Der vorliegende Jahresbericht beschäftigt Die digitale Transformation wird das Arbeitsum- sich intensiv mit der Digitalisierung und feld nahezu aller Mitarbeiter betreffen, und zwar deren Auswirkungen auf die Medizin. stärker, als es die reine Einführung der EDV in den Gibt es auch aus betriebswirtschaftlicher vergangenen Jahren mit sich gebracht hat. Dabei Sicht Bereiche mit einem ebenso großen galt es zunächst, bestehende Prozesse EDV- Veränderungspotenzial? gestützt zu optimieren. Durch die Digitalisierung werden nun auch völlig neue Methoden kommen, KE Die Digitalisierung ist zweifelsohne eines der zentralen Zukunftsthemen. An erster Stelle stehen auch hier neue Möglichkeiten für die neue Chancen, aber auch neue Anforderungen an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen, weil Sie die Prozesse nachhaltig verändern. Krankenversorgung und Wissenschaft. Dass Infor- mationstechnologie betriebswirtschaftliche Prozes- Darauf werden wir uns intensiv einstellen und se unterstützt und auch verändert, ist in einigen vorbereiten. Unser Ziel ist es, möglichst alle auf Bereichen Alltag, in anderen sind dafür die diesen Weg mitzunehmen, indem wir unsere Weichen bereits gestellt. Aber es gibt noch viel Personalentwicklung nochmals verstärken und Potenzial, das weitere Veränderungen mit sich unsere akademischen und nichtakademischen bringen wird. Die Digitalisierung der Beschaffungs- Ausbildungsangebote darauf ausrichten. prozesse ist dabei nur ein Beispiel. Wir haben das in unserer Hand. ✚
2 Big Data: Chancen potenzieren
14 INFORMATIONSTECHNOLOGIE 2025 Helmut B. ist überrascht: Bei der Patientenaufnahme bekommt er einen modernen Tablet-PC in die Hand gedrückt. Papier? Formulare? Gibt es nicht mehr. Nachdem sein Fingerabdruck eingescannt ist, kann er das Gerät freischalten und findet darauf nicht nur die nötigen Formulare und Aufklärungsbögen, sondern alle ihn betreffenden medizinischen Informationen. – Willkommen im digitalen Zeitalter! Das Dresdner Uniklinikum hat die Transformation zur durchgehend digitalisierten Patientenakte weitgehend abgeschlossen. Doch allein der Abschied vom Papier reicht nicht aus. Die Daten so unterschied- licher Quellen wie die Dokumentation des Anamnesegesprächs, MRT-Bilder oder Genanalysen des zu behandelnden Tumors in einer elektronischen Patientenakte zu bündeln, ist nur ein erster Schritt. Für eine erfolgreiche Behandlung und weitergehende Analysen zum Krankheitsverlauf müssen diese Daten automatisiert auswertbar sein. Im Fall von Helmut B. ist das in Teilen bereits möglich. Als Datenspender unterstützt der Diabetespatient unter anderem die vielfältigen, vom Zentrum für Metabolisch-Immunologische Erkrankungen und Therapietechnologien Sachsen gebündelten Forschungsaktivitäten, mit denen Diagnose und Therapie seiner Krankheit kontinuierlich verfeinert und verbessert werden.
Um diese Aufgaben zuverlässig und vertrauensvoll händer datenschutzkonform verwahrt. Nur wenn nen. Sie werden durch die unabhängigen Treu- Daten genutzt wurden. generierte Buchstaben- oder Zahlenkombinatio- für welche Forschungsprojekte ihre medizinischen Pseudonym. Das sind zumeist mehrstellige zufällig len, diesen gegebenenfalls ändern und erfahren, oder andere Identifikationsmerkmale durch ein Informationen zu ihrem Einwilligungsstatus einho- hensweise ersetzt die Treuhandstelle den Namen Von als Dienstleister der Datenspender: Hier können sie Option der Pseudonymisierung. Bei dieser Vorge- anderen Richtung definiert sich die Treuhandstelle den Datenschutz zu beeinträchtigen, gibt es die der Teilnehmer im Vorfeld freigegeben hat. In der transparent wie möglich nutzen zu können, ohne Treuhändern diese Daten nur in der Art verwenden, für die sie Um personenbezogene medizinische Daten so 2019 den Mitarbeiter auch dafür, dass Wissenschaftler Künftig sorgen er und seine noch dazukommen- fene nicht darüber informiert werden. und nehmern datenschutzkonform zu verwahren. nen medizinischen Auffälligkeit könnte der Betrof- identifizierenden Informationen von Studienteil- kontaktieren. Und im Falle einer zufällig gefunde- zu Forschungszwecken gespeicherten personen Chance, diesen komplett anonymen Patienten zu beratenden hinaus. Die Aufgabe des 32-Jährigen ist es, die selbst über den Umweg der Treuhandstelle keine die einzigartig in Sachsen ist – und auch darüber nach Teilnehmern für Studien suchen, haben sie Gesundheitswissenschaftler eine Einrichtung, Betroffenen auch ein Nachteil sein: Wenn Forscher Avataren Mit der Unabhängigen Treuhandstelle leitet der Behandlung genutzt werden. Das könnte für den pus der Hochschulmedizin Dresden befindet. tionen zu seinem Gesundheitszustand und seiner das sich in einem Gebäude außerhalb des Cam- für welche Forschungsprojekte sich die Informa- Januar 2019: Philipp Heinrich bezieht sein Büro, Datenspender im Nachgang nicht mehr erfahren, Januar 2019: Philipp Heinrich bezieht sein Büro, Datenspender im Nachgang nicht mehr erfahren, das sich in einem Gebäude außerhalb des Cam- für welche Forschungsprojekte sich die Informa- pus der Hochschulmedizin Dresden befindet. tionen zu seinem Gesundheitszustand und seiner Mit der Unabhängigen Treuhandstelle leitet der Behandlung genutzt werden. Das könnte für den Gesundheitswissenschaftler eine Einrichtung die Betroffenen auch ein Nachteil sein: Wenn Forscher einzigartig in Sachsen ist – und auch darüber nach Teilnehmern für Studien suchen, haben sie hinaus. Die Aufgabe des 32-Jährigen ist es, die selbst über den Umweg der Treuhandstelle keine zu Forschungszwecken gespeicherten personen Chance, diesen komplett anonymen Patienten zu identifizierenden Informationen von Studienteil- kontaktieren. Und im Falle einer zufällig gefunde- nehmern datenschutzkonform zu verwahren. nen medizinischen Auffälligkeit könnte der Betrof- Künftig sorgen er und seine noch dazukommen- fene nicht darüber informiert werden. den Mitarbeiter auch dafür, dass Wissenschaftler diese Daten nur in der Art verwenden, für die sie Um personenbezogene medizinische Daten so der Teilnehmer im Vorfeld freigegeben hat. In der transparent wie möglich nutzen zu können, ohne anderen Richtung definiert sich die Treuhandstelle den Datenschutz zu beeinträchtigen, gibt es die als Dienstleister der Datenspender: Hier können sie Option der Pseudonymisierung. Bei dieser Vorge- Informationen zu ihrem Einwilligungsstatus ein hensweise ersetzt die Treuhandstelle den Namen holen, diesen gegebenenfalls ändern und erfahren, oder andere Identifikationsmerkmale durch ein für welche Forschungsprojekte ihre medizinischen Pseudonym. Das sind zumeist mehrstellige zufällig Daten genutzt wurden. generierte Buchstaben- oder Zahlenkombinatio- nen. Sie werden durch die unabhängigen Treu- Um diese Aufgaben zuverlässig und vertrauensvoll händer datenschutzkonform verwahrt. Nur wenn erfüllen zu können, ist die Treuhandstelle rechtlich, der Datenspender sein explizites Einverständnis personell und räumlich unabhängig. Philipp Heinrich gibt und mehrere Gremien das Forschungsprojekt ist in erster Linie kein weiterer IT-Spezialist, sondern genehmigt haben, werden die Daten an die ein Manager hochsensibler Informationen. Die von Forscher weitergegeben. Basis dafür sind das der Institution verwahrten Daten lassen in ihrer von Philipp Heinrich verantwortete Einwilligungs ursprünglichen Form Rückschlüsse auf den Patien- management für Patientenstudien, die Verknüp- ten, aber gegebenenfalls auch auf Institutionen und fung von Patientendaten unterschiedlicher Quellen deren Mitarbeiter zu. Um das zu unterbinden, sowie die Re-Pseudonymisierungen zur erneuten lassen sich personenbezogene Daten derart ver- Kontaktaufnahme von Studienteilnehmern. ändern, dass sie sich nachträglich nicht mehr dem Patienten zuordnen lassen. Damit kann selbst der
Kooperation mit der TU Dresden – die IT-Versor- Weg konsequent fort: Seit 2012 wird – in enger 16 INFORMATIONSTECHNOLOGIE Institutionen ihren bereits vor Jahren begonnenen setzt wird. wickelt und verabschiedet. Damit setzen beide des Patienten umgehend und umfassend umge- IT-Strategie für den Zeitraum 2018 bis 2022 ent- handstelle dafür verantwortlich, dass der Wunsch die Medizinische Fakultät der TU Dresden eine widerrufen. Auch in diesen Fällen ist die Treu- bar. Deshalb haben das Universitätsklinikum und jederzeit seine Einwilligung anzupassen oder zu medizin Dresden sind diese Ziele nicht erreich- Es bedarf Darin ist auch das Recht jedes Patienten enthalten, Patienteneinwilligung erarbeitet und abgestimmt. Dafür wurde auf Bundesebene eine rechtssichere einer großen Zahl an Prozessen in der Hochschul- Ohne eine tiefgreifende digitale Transformation einer leistungsfähigen, zugänglich machen möchte und welche nicht. entscheiden, welche seiner Daten er der Forschung der Medizininformatik-Initiative jeder Patient selbst revolutionieren. Fall von Universitätsklinika Forschung und Lehre zu Innovationen und Kooperationen zu ebnen und im ders schutzwürdiges Gut handelt, kann im Rahmen versorgung effizienter zu gestalten, neue Wege zu Da es sich bei medizinischen Daten um ein beson- Deren grundlegende Aufgabe ist es, die Kranken- entierten IT-Struktur innerhalb der Krankenhäuser. Technischen Universität Dresden. bedarf es einer leistungsfähigen, anwendungsori- anderer Institutionen innerhalb und außerhalb der dieses Potenzial möglichst umfassend zu nutzen, Anspruch nehmen, sondern auch Wissenschaftler dem Weg zur digitalisierten Medizin. Doch um nur Forscher der Hochschulmedizin Dresden in zur Verfügung stellen, ist ein wichtiger Schritt auf Diese Leistungen der Treuhandstelle können nicht Dass Patienten ihre Daten auch für die Forschung Diese Leistungen der Treuhandstelle können nicht Dass Patienten ihre Daten auch für die Forschung nur Forscher der Hochschulmedizin Dresden in zur Verfügung stellen, ist ein wichtiger Schritt auf Anspruch nehmen, sondern auch Wissenschaftler dem Weg zur digitalisierten Medizin. Doch um anderer Institutionen innerhalb und außerhalb der dieses Potenzial möglichst umfassend zu nutzen, Technischen Universität Dresden. bedarf es einer leistungsfähigen, anwendungsori- entierten IT-Struktur innerhalb der Krankenhäuser. Da es sich bei medizinischen Daten um ein beson- Deren grundlegende Aufgabe ist es, die Kranken- ders schutzwürdiges Gut handelt, kann im Rahmen versorgung effizienter zu gestalten, neue Wege zu der Medizininformatik-Initiative jeder Patient selbst Innovationen und Kooperationen zu ebnen und im entscheiden, welche seiner Daten er der Forschung Fall von Universitätsklinika Forschung und Lehre zu zugänglich machen möchte und welche nicht. revolutionieren. Dafür wurde auf Bundesebene eine rechtssichere Patienteneinwilligung erarbeitet und abgestimmt. Ohne eine tiefgreifende digitale Transformation Darin ist auch das Recht jedes Patienten enthalten, einer großen Zahl an Prozessen in der Hochschul- jederzeit seine Einwilligung anzupassen oder zu medizin Dresden sind diese Ziele nicht erreich- widerrufen. Auch in diesen Fällen ist die Treu- bar. Deshalb haben das Universitätsklinikum und handstelle dafür verantwortlich, dass der Wunsch die Medizinische Fakultät der TU Dresden eine des Patienten umgehend und umfassend umge- IT-Strategie für den Zeitraum 2018 bis 2022 ent- setzt wird. wickelt und verabschiedet. Damit setzen beide Institutionen ihren bereits vor Jahren begonnenen Weg konsequent fort: Seit 2012 wird – in enger Kooperation mit der TU Dresden – die IT-Versor- gung konsolidiert. Ein wichtiger infrastruktureller Baustein hierfür ist ein Maschinenraum der höchs- ten Verfügbarkeits- und Sicherheitsklasse im Leh- mann-Zentrum (LZR) der TU Dresden. Hier betreibt die Hochschulmedizin Dresden ein eigenständiges Rechenzentrum.
17 relevanten Felder der Hochschulmedizin Dresden. einen wesentlichen Wertschöpfungsbeitrag für die ist. Mit seinen Services leistet das neue Zentrum Verfügbarkeit der Systeme und Daten geknüpft tungshaltung der Nutzer an eine immerwährende Ausstrahlungskraft zu sein. IT-Durchdringung erfahren, die an eine hohe Erwar- akademisches, medizinisches Zentrum mit starker alle damit verbundenen Prozesse die zunehmende den, ein national wie international hervorragendes Lehre nachhaltig bündelt. Dies ist notwendig, weil der gesamten Region und ist mit dem Ziel verbun- anwendungsorientierten die IT in den Bereichen Versorgung, Forschung und greifenden, synergistischen Serviceeinheit, welche die organisatorischen Voraussetzungen einer über- und Lehre ebenso wie für die Patientenversorgung bauen. Dies gilt für die medizinische Forschung Hochschulmedizin Dresden zu sichern und auszu- IT-Struktur innerhalb für Medizininformatik, geleitete Zentrum schafft sowie Prof. Martin Sedlmayr, Inhaber der Professur vom CIO des Uniklinikums, David Senf-Mothes, Enablers trägt das ZMI dazu bei, die Exzellenz der voraus sein. Mit dem Selbstverständnis eines müssen den Entwicklungen jeweils einen Schritt der Krankenhäuser. für Medizinische Informatik (ZMI). Das gemeinsam Forschung stetig weiterentwickeln, sondern sie Uniklinikum und Medizinische Fakultät das Zentrum den innovativen Methoden der Versorgung und Strukturen zusammengefasst. Hierfür gründeten aus entstehenden IT-Services nicht nur parallel zu wurden Anfang 2018 auch die organisatorischen können, müssen sich die IT-Strategie und die dar- Um diese neue Infrastruktur optimal zu nutzen, Um diesen Anspruch nachhaltig erfüllen zu Um diese neue Infrastruktur optimal zu nutzen, Um diesen Anspruch nachhaltig erfüllen zu wurden Anfang 2018 auch die organisatorischen können, müssen sich die IT-Strategie und die dar- Strukturen zusammengefasst. Hierfür gründeten aus entstehenden IT-Services nicht nur parallel zu Uniklinikum und Medizinische Fakultät das Zentrum den innovativen Methoden der Versorgung und für Medizinische Informatik (ZMI). Das gemeinsam Forschung stetig weiterentwickeln, sondern sie vom CIO des Uniklinikums, David Senf-Mothes, müssen den Entwicklungen jeweils einen Schritt sowie Prof. Martin Sedlmayr, Inhaber der Professur voraus sein. Mit dem Selbstverständnis eines für Medizininformatik, geleitete Zentrum schafft Enablers trägt das ZMI dazu bei, die Exzellenz der die organisatorischen Voraussetzungen einer über- Hochschulmedizin Dresden zu sichern und auszu- greifenden, synergistischen Serviceeinheit, welche bauen. Dies gilt für die medizinische Forschung die IT in den Bereichen Versorgung, Forschung und und Lehre ebenso wie für die Patientenversorgung Lehre nachhaltig bündelt. Dies ist notwendig, weil der gesamten Region und ist mit dem Ziel verbun- alle damit verbundenen Prozesse die zunehmende den, ein national wie international hervorragendes IT-Durchdringung erfahren, die an eine hohe Erwar- akademisches, medizinisches Zentrum mit starker tungshaltung der Nutzer an eine immerwährende Ausstrahlungskraft zu sein. Verfügbarkeit der Systeme und Daten geknüpft ist. Mit seinen Services leistet das neue Zentrum einen wesentlichen Wertschöpfungsbeitrag für die relevanten Felder der Hochschulmedizin Dresden.
Daten und Anwendungen für die medizinische l Aufbau eines Datenintegrationszentrums, das 18 der Telemedizin. externen Leistungserbringern, beispielsweise in l Ausbau von IT-Services für Kooperationen mit systemen und weiteren Anwendungen. bau, Anpassen oder Erneuern von Abteilungs weiteren IT-Großprojekten – etwa dem Auf- „Digitale Transformation“. Dies geht einher mit Erster Schritt Patientenakte im Rahmen des Programms l Einführung einer vollständigen elektronischen ten umfassend ausgeschöpft wird. zial der digitalisierten Medizin im Sinne der Patien- beziehungsweise Langzeitarchivierung. Bundes. Damit tragen sie dazu bei, dass das Poten- Telekommunikation, Server, Storage und Backup tät zudem an der Medizininformatik-Initiative des technischen Infrastruktur in den Bereichen sich Universitätsklinikum und Medizinische Fakul- l Weitere Modernisierung und Ausbau der des Forschungskonsortiums MIRACUM beteiligen Wissenschaftsrates vollumfänglich auf. Als Partner paket umzusetzen: Hochschulmedizin Dresden die Empfehlungen des verbunden, ein umfassendes Maßnahmen rischen und technischen Maßnahmen greift die Mit der Gründung des ZMI ist der Auftrag Mit diesen Strukturen wie auch den organisato- Mit der Gründung des ZMI ist der Auftrag Mit diesen Strukturen wie auch den organisato- verbunden, ein umfassendes Maßnahmen rischen und technischen Maßnahmen greift die paket umzusetzen: Hochschulmedizin Dresden die Empfehlungen des Wissenschaftsrates vollumfänglich auf. Als Partner l Weitere Modernisierung und Ausbau der des Forschungskonsortiums MIRACUM beteiligen technischen Infrastruktur in den Bereichen sich Universitätsklinikum und Medizinische Fakul- Telekommunikation, Server, Storage und Backup tät zudem an der Medizininformatik-Initiative des beziehungsweise Langzeitarchivierung. Bundes. Damit tragen sie dazu bei, dass das Poten- zial der digitalisierten Medizin im Sinne der Patien- l Einführung einer vollständigen elektronischen ten umfassend ausgeschöpft wird. Patientenakte im Rahmen des Programms „Digitale Transformation“. Dies geht einher mit weiteren IT-Großprojekten – etwa dem Auf- bau, Anpassen oder Erneuern von Abteilungs systemen und weiteren Anwendungen. l Ausbau von IT-Services für Kooperationen mit externen Leistungserbringern, beispielsweise in der Telemedizin. l Aufbau eines Datenintegrationszentrums, das Daten und Anwendungen für die medizinische Forschung bereitstellt. Damit unterstützt und beschleunigt das ZMI sowohl die Entwicklung von medizinischen und technischen Innovationen wie auch deren Translation in den Versorgungs- prozess. Dieser Aufbau wird eng mit dem Zentrum für Informationsdienste und Hoch leistungsrechnen der TU Dresden sowie mit dem „Big Data Kompetenzzentrum ScaDS Dresden/Leipzig“ koordiniert.
19 INFORMATIONSTECHNOLOGIE 2050 Maik B. weiß bereits seit der Diabetesdiagnose seines Vaters Helmut, dass er im Laufe seines Lebens höchstwahrscheinlich auch von dieser Stoffwechselerkrankung betroffen sein wird. Ein Vierteljahrhundert nach seinem Vater muss er sich nun auch einer Therapie stellen. Allerdings bleiben ihm dank einer engmaschigen, wohnortnahen Versorgung schwere Komplikationen wie ein diabetischer Fuß erspart. Dazu leistet die digitale Telemedizin einen wichtigen Beitrag: Nicht nur er selbst und sein behandelnder Arzt haben Einblick in alle Details seines physischen Status, sondern auch Apotheker und Physiotherapeutin im Heimatort. Maik B. hat sich ganz bewusst dafür entschieden, allen ihn versorgenden Berufsgruppen Zugriff zu seinen jeweils relevanten medizinischen Daten zu ermöglichen. Diese Regelungen kann er jederzeit und überall modifizieren. Dass er als medizinischer Laie das dafür nötige Wissen ziehungsweise den Überblick hat, verdankt er der Kombination be aus persönlicher ärztlicher Beratung und einem durch künst liche Intelligenz betriebenen Avatar. Der aktualisiert und analysiert die über Jahrzehnte gesammelten Daten aller Diabetespatienten kontinuierlich und verknüpft sie mit den in Echtzeit erhobenen eigenen. Aus den daraus generierten Informationen kann Maik B. eigenständige und auch aus medizinischer Sicht haltbare Schlüsse ziehen.
3 Hightech am Patienten: Technologie weiterentwickeln
22 TECHNOLOGIEENTWICKLUNG 2025 Für Mukoviszidose-Patient Winfried R. ist die Pulmologische Station unfreiwillig so etwas wie das zweite Zuhause: Nicht nur zu den jährlichen Checks wird er hier eingewiesen, sondern auch, wenn sich wieder einmal eine Lungenentzündung entwickelt hat. Früher lag die Lebenserwartung mit dieser Erkrankung bei gerade einmal 20 Jahren – zur Jahrtausendwende hatte sich dieser Wert bereits verdoppelt. Winfried R. selbst rutschte nach seinem 70. Geburtstag in eine gesundheitliche Krise und ist dadurch nicht nur auf eine intensive Antibiotika-Therapie, sondern auch auf eine engmaschige Überwachung seiner Vitaldaten angewiesen. Die regelmäßigen Checks von Sauerstoffsättigung, Blutdruck oder Herzfrequenz durch Pflegekräfte bleiben ihm dennoch erspart – diese und weitere Daten zu seinem gesundheitlichen Status werden für ihn unbemerkt gemessen. Dafür sorgt sein Patientenbett, das auch Gewicht, Atemfrequenz, Körpertemperatur und weitere Vitaldaten in Echtzeit erhebt, automatisch in der vernetzten elektronischen Patientenakte dokumentiert und bei gefährlichen Situationen selbstständig Hilfe alarmiert.
betten kann das eher lange dauern. „Wir müssen ist. Im Fall der alten, sehr robusten Krankenhaus- beschafft, wenn das bisherige Material verschlissen ist – innovative technische Lösungen werden erst gen Investitionsbudgets überdurchschnittlich lang der Produktzyklus im Krankenhaus durch die gerin- zogen werden. Ein weiterer Hemmschuh ist, dass ring zu nutzen, wäre eigentlich naheliegend. Entwicklung bis zum marktreifen Erzeugnis einbe- zur Beobachtung und dem medizinischen Monito- innovationen noch in die weiteren Schritte der Bettwäsche, Matratzen, Mikrophone und Kameras Digitalisierung derzeit weder in die initialen Phasen von Produkt- lität kommen in der Regel auf täglich 16 Stunden. 2019 Das liegt auch daran, dass Ärzte und Pflegende den am Tag liegen. Selbst Kranke mit hoher Mobi- Klinikbett, in dem viele Patienten nahezu 24 Stun- vom Bettlaken Betten vorbeigegangen. so direkte Schnittstellen zum Patienten wie ein sind die diversen technischen Revolutionen an den andere Standardausstattung eines Krankenhauses merken. Bis auf eine elektrische Höhenverstellung derzeit reine Zukunftsmusik ist. Dabei bietet keine bis zum schied zu Kliniken des späten 19. Jahrhunderts be- stationären wie ambulanten Krankenversorgung ein Krankenhausbett legt, kann kaum einen Unter- des Pflegebetts 4.0 für die meisten Akteure in der intelligente Softwaresysteme. Wer sich dagegen in Facharzt für Innere Medizin weiß, dass ein Konzept Venenkatheter machen. Dafür sorgen zahlreiche Sensoren und sein“, sagt Dr. Robin Weidemann. Der angehende die das Fahren angenehm, leichter und sicherer nischer Innovationen in der Krankenversorgung zu von elektronischen Assistenzsystemen umgeben, mehr als nur Zuschauer bei der Entwicklung tech- April 2019: Wer in einem modernen Auto sitzt, ist „Die Ärzteschaft muss heute neue Wege gehen, um April 2019: Wer in einem modernen Auto sitzt, ist „Die Ärzteschaft muss heute neue Wege gehen, um von elektronischen Assistenzsystemen umgeben, mehr als nur Zuschauer bei der Entwicklung tech- die das Fahren angenehm, leichter und sicherer nischer Innovationen in der Krankenversorgung zu machen. Dafür sorgen zahlreiche Sensoren und sein“, sagt Dr. Robin Weidemann. Der angehende intelligente Softwaresysteme. Wer sich dagegen in Facharzt für Innere Medizin weiß, dass ein Konzept ein Krankenhausbett legt, kann kaum einen Unter- des Pflegebetts 4.0 für die meisten Akteure in der schied zu Kliniken des späten 19. Jahrhunderts be- stationären wie ambulanten Krankenversorgung merken. Bis auf eine elektrische Höhenverstellung derzeit reine Zukunftsmusik ist. Dabei bietet keine sind die diversen technischen Revolutionen an den andere Standardausstattung eines Krankenhauses Betten vorbeigegangen. so direkte Schnittstellen zum Patienten wie ein Klinikbett, in dem viele Patienten nahezu 24 Stun- Das liegt auch daran, dass Ärzte und Pflegende den am Tag liegen. Selbst Kranke mit hoher Mobi- derzeit weder in die initialen Phasen von Produkt- lität kommen in der Regel auf täglich 16 Stunden. innovationen noch in die weiteren Schritte der Bettwäsche, Matratzen, Mikrophone und Kameras Entwicklung bis zum marktreifen Erzeugnis einbe- zur Beobachtung und dem medizinischen Monito- zogen werden. Ein weiterer Hemmschuh ist, dass ring zu nutzen, wäre eigentlich naheliegend. der Produktzyklus im Krankenhaus durch die gerin- gen Investitionsbudgets überdurchschnittlich lang ist – innovative technische Lösungen werden erst beschafft, wenn das bisherige Material verschlissen ist. Im Fall der alten, sehr robusten Krankenhaus- betten kann das eher lange dauern. „Wir müssen uns auf die Tugenden der Ärzte des 19. Jahrhun- derts besinnen, die ihre Arbeitsmittel noch selbst entwickelt haben“, sagt Dr. Robin Weidemann aus der Medizinischen Klinik I. Ein Beispiel dafür ist der Dresdner Urologe Maximilian Nitze, der 1877 eine Optik mit Lichtquelle für den endoskopischen Blick ins Innere der Blase entwickelt hatte.
zen, wenn das Bett beispielsweise bereits beim He- vern oder bei der Dekubitus-Prophylaxe unterstüt- 24 TECHNOLOGIEENTWICKLUNG die Pflegenden automatisiert bei Lagerungsmanö- Ein Hightech-Krankenbett könnte noch mehr: Etwa mit seinem Fingerabdruck autorisiert. Lösungen bekommt der Patient nur, wenn er sich werden – automatisch. Patientenzimmer befindet. Seine Tabletten und sicher und zuverlässig an den richtigen Ort gefahren „Digital Medication Drawer“, der sich in jedem mit 1.300 Betten dafür zu sorgen, dass die Patienten Essen. Medikamente kommen aus einem künstlicher Intelligenz, um in einem Krankenhaus es fahren Roboter über die Flure und bringen Weidemann. Es bedarf also smarter Lösungen und station. Ihr Bett ist mit Sensoren ausgestattet, kenhaus häufig weniger geordnet“, erklärt Dr. erleben – im Pflegebett ebenso wie auf der Kranken tionsbetrieb verlaufen die Prozesse in einem Kran- Langone Medical Center in New York täglich Teufel im Detail: „Im Vergleich zu einem Produk bereits möglich ist, können Patienten des NYU ein großes Zukunftspotenzial. Allerdings steckt der ließe sich in kürzester Zeit umsetzen. Was heute Mangel an Arbeitskräften haben diese Lösungen wagten Vision zu tun. Ein Großteil der Features Angesichts steigender Personalkosten und dem zu überführen, hat dennoch nichts mit einer ge- von Prozessschritt zu Prozessschritt zu transportieren. sierten Patientenidentifikation in die Krankenakte 120 Roboter rund um die Uhr dafür, Siliziumscheiben generierten Daten kombiniert mit einer automati- Norden sorgen bereits seit mehr als fünf Jahren daten. Sie in die Betten zu integrieren und die so tätig zum MRT? In einer Chipfabrik im Dresdner Betten aufgestellte Geräte die klassischen Vital- Warum fahren die Betten den Patienten nicht selbst- Derzeit kontrollieren noch zusätzlich neben den Und Dr. Weidemann denkt bereits darüber hinaus: Derzeit kontrollieren noch zusätzlich neben den Und Dr. Weidemann denkt bereits darüber hinaus: Betten aufgestellte Geräte die klassischen Vital- Warum fahren die Betten den Patienten nicht selbst- daten. Sie in die Betten zu integrieren und die so tätig zum MRT? In einer Chipfabrik im Dresdner generierten Daten kombiniert mit einer automati- Norden sorgen bereits seit mehr als fünf Jahren sierten Patientenidentifikation in die Krankenakte 120 Roboter rund um die Uhr dafür, Siliziumscheiben zu überführen, hat dennoch nichts mit einer ge- von Prozessschritt zu Prozessschritt zu transportieren. wagten Vision zu tun. Ein Großteil der Features Angesichts steigender Personalkosten und dem ließe sich in kürzester Zeit umsetzen. Was heute Mangel an Arbeitskräften haben diese Lösungen bereits möglich ist, können Patienten des NYU ein großes Zukunftspotenzial. Allerdings steckt der Langone Medical Center in New York täglich Teufel im Detail: „Im Vergleich zu einem Produk erleben – im Pflegebett ebenso wie auf der Kranken tionsbetrieb verlaufen die Prozesse in einem Kran- station. Ihr Bett ist mit Sensoren ausgestattet, kenhaus häufig weniger geordnet“, erklärt Dr. es fahren Roboter über die Flure und bringen Weidemann. Es bedarf also smarter Lösungen und Essen. Medikamente kommen aus einem künstlicher Intelligenz, um in einem Krankenhaus „Digital Medication Drawer“, der sich in jedem mit 1.300 Betten dafür zu sorgen, dass die Patienten Patientenzimmer befindet. Seine Tabletten und sicher und zuverlässig an den richtigen Ort gefahren Lösungen bekommt der Patient nur, wenn er sich werden – automatisch. mit seinem Fingerabdruck autorisiert. Ein Hightech-Krankenbett könnte noch mehr: Etwa die Pflegenden automatisiert bei Lagerungsmanö- vern oder bei der Dekubitus-Prophylaxe unterstüt- zen, wenn das Bett beispielsweise bereits beim He- reinkommen der Krankenschwester automatisch in die Höhe für eine ideale Arbeitsposition fährt und körperlich anstrengende Bewegungen unterstützt. Viele der pflegerischen Handlungen lassen sich zeit- gleich in der Patientenakte dokumentieren: Wer hat wann was gemacht? Diese Ideen sind eher das Er- gebnis eines spontanen Brainstormings denn einer wissenschaftlichen Erhebung zum Bedarf und dem erwartbaren Potenzial für einen effizienteren und sichereren Stationsbetrieb. Denn dazu wären ent- sprechende Strukturen und Zeitbudgets notwendig.
25 In Einzelfällen funktioniert die Zusammenarbeit In diesem Rahmen hat sich an der TU Dresden ein zwischen Ingenieuren und Medizinern ohne eta- interdisziplinäres Team aus Ärzten, Pflegenden, blierte Strukturen. Ein Beispiel ist das Projekt des Versorgungsforschern, Technikern und Informati- Lehrstuhls für Materialwissenschaft und Nanotech- kern gebildet, das Ideen entwickelt, wie sich mit nik: Dank der Erfahrungen in der Entwicklung von bedarfsgerechten Digital-Health-Lösungen in der elektrischen Sensoren und Biosensoren auf der Gesundheitsversorgung Innovationssprünge initiie- Basis von Nanomaterialien arbeitet ein interdiszi ren lassen. Der Startschuss dazu fiel im Herbst 2018 plinäres Team nun daran, Sensoren zu entwickeln, mit dem Workshop „Digital Health – Challenges die in Zentralvenenkathetern integriert werden. for healthy health systems”. Rund 50 Teilnehmer, Damit können bei intensivmedizinisch versorgten darunter zahlreiche Ärzte, Apotheker, Pflegende, Patienten wie auch bei Krebspatienten kontinu- Versorgungsforscher, Techniker und Informati- ierlich Laborwerte direkt aus dem Blutstrom ermit- ker, trafen sich im Universitätsklinikum zu einem telt werden. Auf diese Weise lassen sich nicht nur ersten intensiven Austausch. Im Ergebnis wurden die Zahl der Blutentnahmen drastisch reduzieren, zahlreiche Probleme sowie Anforderungen aus der sondern auch bestimmte Parameter kontinuierlich medizinischen Versorgung identifiziert und erste erheben. Dies kann die Ärzte nicht nur dabei unter- technologische Lösungswege skizziert. Neben viel- stützen, den Krankheitsverlauf besser zu verstehen, fältigen, pragmatischen Ansätzen ist auf diese Wei- sondern auch ein noch effizienteres Monitoring zu se ein enges Netzwerk aus Forschenden in Medizin etablieren und in der Intensivmedizin die Zahl le- und Informatik entstanden. bensbedrohlicher Krisen weiter zu reduzieren. Dass viele Prozesse in der Therapie und Pflege von Patienten nach wie vor auf einem technologisch sehr niedrigen Niveau ablaufen, ist auch für viele Mediziner ein ständiges Ärgernis. Doch im eng ge- takteten Krankenhausalltag bleibt äußerst selten Zeit, sich darüber Gedanken zu machen und ent- sprechende Innovationen anzuregen. Hier künftig Freiräume und Entwicklungsperspektiven zu schaf- fen, ist für Dr. Weidemann auch eine Frage der Kultur. Deshalb engagiert sich der angehende In- ternist im strategischen Forschungsbereich „Digital Health“ der Technischen Universität Dresden.
Um diese Aufgaben zuverlässig und vertrauensvoll händer datenschutzkonform verwahrt. Nur wenn nen. Sie werden durch die unabhängigen Treu- 26 Daten genutzt wurden. generierte Buchstaben- oder Zahlenkombinatio- für welche Forschungsprojekte ihre medizinischen Pseudonym. Das sind zumeist mehrstellige zufällig holen, diesen gegebenenfalls ändern und erfahren, oder andere Identifikationsmerkmale durch ein Informationen zu ihrem Einwilligungsstatus ein hensweise ersetzt die Treuhandstelle den Namen als Dienstleister der Datenspender: Hier können sie Option der Pseudonymisierung. Bei dieser Vorge- anderen Richtung definiert sich die Treuhandstelle den Datenschutz zu beeinträchtigen, gibt es die der Teilnehmer im Vorfeld freigegeben hat. In der transparent wie möglich nutzen zu können, ohne diese Daten nur in der Art verwenden, für die sie Um personenbezogene medizinische Daten so den Mitarbeiter auch dafür, dass Wissenschaftler Künftig sorgen er und seine noch dazukommen- fene nicht darüber informiert werden. nehmern datenschutzkonform zu verwahren. nen medizinischen Auffälligkeit könnte der Betrof- identifizierenden Informationen von Studienteil- kontaktieren. Und im Falle einer zufällig gefunde- zu Forschungszwecken gespeicherten personen Chance, diesen komplett anonymen Patienten zu hinaus. Die Aufgabe des 32-Jährigen ist es, die selbst über den Umweg der Treuhandstelle keine einzigartig in Sachsen ist – und auch darüber nach Teilnehmern für Studien suchen, haben sie Gesundheitswissenschaftler eine Einrichtung die Betroffenen auch ein Nachteil sein: Wenn Forscher Mit der Unabhängigen Treuhandstelle leitet der Behandlung genutzt werden. Das könnte für den pus der Hochschulmedizin Dresden befindet. tionen zu seinem Gesundheitszustand und seiner das sich in einem Gebäude außerhalb des Cam- für welche Forschungsprojekte sich die Informa- Januar 2019: Philipp Heinrich bezieht sein Büro, Datenspender im Nachgang nicht mehr erfahren, Darüber hinaus muss der medizinische Nachwuchs Die Facetten sind vielfältig: Schnittstellen in in die Lage versetzt werden, das Potenzial der Digi Form der Kommunikation zwischen Mensch und talisierung zu nutzen und damit eine innovative Maschine, Grundlagen der Robotik oder Daten- Krankenversorgung zu gestalten. Denn ein Ver- strukturen und -verarbeitung. Medizinern wird in ständnis von Daten, ein sicherer Umgang mit neuen dem Curriculum vermittelt, wie sie mit den Mitteln Technologien und das Wissen um Zusammenhänge von Digital Health arbeiten, um Patienten besser zwischen diesen unterschiedlichen Gebieten ge versorgen zu können. winnen zunehmend an Relevanz, um individuelle Therapien und effiziente Patientenversorgung Dazu kommt: Neben gezielten Fortbildungsan- vorantreiben zu können. Zu diesen Themen bietet geboten entsteht mit dem Else Kröner-Fresenius- Dr. Weidemann einen Kurs für interessierte Zentrum für Digitale Gesundheit derzeit an der Studenten und Mitarbeiter des Universitäts Hochschulmedizin Dresden, ein komplett neues klinikums im Alumni- und Fördernetzwerk Carus klinisches Forschungszentrum. Neben dem Ziel, in Campus an. Das Interesse daran ist groß. diesem Rahmen neue Technologien am medizini- schen Bedarf ausgerichtet in die Krankenversor- Aber auch in der umgekehrten Richtung gibt es gung zu bringen, sollen sich angehende Mediziner Handlungsbedarf: Viele Ingenieure und Informati- bereits während ihres Studiums mit der Entwick- ker wissen nichts von den Möglichkeiten, die sich lung technischer und informatischer Lösungen ihnen in der Medizin bieten. Daran will die Hoch- praxisnah auseinandersetzen. Dazu wird beispiels- schulgruppe „Lehren und Lernen an der Medizi- weise das Angebot des Medizinisch-Interprofes- nischen Fakultät“ etwas ändern. Die Mitglieder – sionellen Trainingszentrums (MITZ) in Form eines Dresdner Studenten aus der Medizin und der Infor Living Medical Space erweitert. Im Miteinander matik – haben das Fortbildungsangebot „Clinicum mit den Studierenden des neuen Bachelor- und Digitale“, das in der Sächsischen Landesärzte- Master-Studiengangs „Medizinische Software“ kammer stattfinden wird, auf den Weg gebracht. fördert das Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Medizininformatik-Professor Martin Sedlmayr und Digitale Gesundheit die interdisziplinäre Kommuni- Dr. Weidemann begleiten das Curriculum, in dem kation und Zusammenarbeit zwischen angehenden Mediziner und Technologen gemeinsam ihr Wissen Medizinern und IT-lern. Dazu wird es gemeinsame vertiefen können. Inhaltliche Schwerpunkte bilden Projekte und fakultative Seminare geben. Basiskenntnisse in Informatik und Medizin sowie deren Anwendung.
27 TECHNOLOGIEENTWICKLUNG 2050 Selbst Krankenhäuser der Supra-Maximalversorgung wie das Universitätsklinikum Dresden konnten in den vergangenen beiden Jahrzehnten ihre Bettenkapazitäten und Fallzahlen kontinuierlich auf ein Drittel des Standes von 2019 reduzieren. Zwar bleibt das Klinikum als universitäts medizinischer Kompetenzträger letzte Instanz bei der Versorgung schwerst- kranker Patienten. Die Betreuung chronischer Erkrankungen oder nach operativen Routineeingriffen erfolgt jedoch über- wiegend im häuslichen Umfeld. Umfassende, weitgehend automatisierte technische Lösungen sowie eine effiziente Netzwerk- und Versorgungs struktur in der Fläche sorgen dafür, die Zeiten stationärer Behandlungen selbst bei seltenen oder besonders schweren Erkrankungen drastisch zu verkürzen. Dank des ausgeklügelten Systems können die Patienten wohnort nah von den Dresdner Spezialisten behandelt und wo nötig überwacht sowie gepflegt werden. Dazu stellt das Uniklinikum Patienten wie dem hochbetagten mukoviszidosekranken Winfried R. zu Hause mobiles Kommunikations- und Monitoringequipment sowie digitalisierte Pflegebetten zur Verfügung. Eine dezentrale Taskforce übernimmt die ärztliche wie pflegerische Versorgung.
4 Molekulare Diagnostik: in der Onkologie personalisiert therapieren
30 MOLEKULARE DIAGNOSTIK 2025 Den Tumor in ihrer linken Brust hat Meike G. selbst als Erste ertastet. Aber um so präzise und umfassend wie möglich festzustellen, was sich da in ihrem Körper entwickelt, haben innerhalb kürzester Zeit Ärzte aus vier unterschiedlichen Fachgebieten des Dresdner Uniklinikums ihre Expertise eingebracht: Koordiniert durch das Spezialisten-Board des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) beteiligten sich daran auf Onkologie spezialisierte Gynäkologen ebenso wie Radiologen, Genetiker und Pathologen. Dank innovativer molekularer Diagnostik liegt nach wenigen Tagen ein detaillierter Steckbrief für den Tumor vor. Dies ist die Grundlage für die State-of-the-Art-Therapiestrategie der personalisierten Präzisionsonkologie. Obgleich bei der 43-jährigen Patientin kein erhöhtes Brustkrebsrisiko bekannt war, screenten Experten im Rahmen eines Forschungspro- jekts gut 160 Gene bei ihr. Denn bei mehr als einem Zehntel der un- ter 50-jährigen Patienten lassen sich genetische Veränderungen in der Keimbahn nachweisen, die eine erbliche Krebserkrankung aufdecken. Unmittelbar zugute kamen der Patientin schließlich pharmakogeneti- sche Untersuchungen, mit denen sich die Risiken von Interaktionen bei der weiteren medikamentösen Therapie ermitteln lassen.
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