Lernwelt eleKtr OMObilität - weiterbildung Konzepte, Erfahrungen und Trends für die Zukunft der Arbeit - IBBF
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LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Schriftenreihe Ausgabe 4 | März 2016 weiterbildung Konzepte, Erfahrungen und Trends für die Zukunft der Arbeit
Inhaltsverzeichnis Mit der Elektromobilität zu neuen Mobilitätskonzepten 3 LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin mit neuen Konturen 4 Neue Mobilitätskonzepte erfordern Weiterbildung 5 Innovative Lernformen für innovative Technologien 8 Systemisches Wissen für die Energiewende 10 Kunden für E-Nutzfahrzeuge begeistern 12 Der Zukunft ein Stück näher 14 Vorbereitung auf E-Mobilität in Fuhrparks 16 Entwicklung eines MOOCs an der HTW 18 Elektromobilität in Adlershof 20 Nutzerakzeptanz von Elektrofahrzeugen 21 Weiterbildung in der Elektromobilität 24 BSR: Nachhaltigkeit als Richtschnur der Unternehmensentwicklung 26 Unternehmen brauchen bedarfsgerechte Qualifizierung 28 Mobilität neu ausrichten 32 Vorsicht: Hochspannung! 34 Weiterbildungsbedarf in vielen Bereichen 36 In Veränderungen weiterbilden 38 Wirtschaft 4.0 40 Diese Schriftenreihe mit insgesamt vier Ausgaben erscheint im Rahmen des Modellprojektes LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin – Netzwerk für Qualifizierung und Karrierewege. Das Vorhaben wird gefördert von der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen. Titelfoto: © Dirk-Martin Heinzelmann
Vorwort Mit der Elektromobilität zu neuen Mobilitätskonzepten Tür zu Tür, mit schnell und einfach zugänglichen Infor- mationen und unkomplizierter Ticketbuchung. Die BVG entwickelt sich so vom traditionellen Verkehrsunterneh- men zum integrierten Mobilitätsanbieter. Die Kombination von Bus und Bahn mit E-Bike-Leih- systemen, Carsharing und dem klassischen Taxi ist ein Anfang, denn die Zukunft der Mobilität liegt in der Ver- netzung. Über Apps wird es möglich, die gesamte Rei- sekette abzurufen, alle Teilangebote zusammen zu bu- chen und gebündelt zu bezahlen. Vernetzung bedeutet natürlich auch, Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung besser ab- zustimmen und so den Umweltverbund zu stärken. Seit Dr. Sigrid Evelyn Nikutta 2006 errichten wir deshalb mehr Fahrradabstellanlagen Foto: Marcus Höhn an Bahnhöfen und Haltestellen und beteiligen uns an FuE-Projekten wie dem Pedelec-Korridor. Elektromobilität erscheint vielen noch als eine Zukunfts- Unsere Hauptstadtregion hat neben diesen neuen Ent- vision – für die Berliner Verkehrsbetriebe ist sie längst wicklungen und den langen Erfahrungen im ÖPNV auch Realität. Schon 1881 fuhr die erste elektrische Straßen- wertvolle Kompetenzen in der Fahrzeugherstellung und bahn der Welt hier in Berlin. Mit ihr begann der Aufbau bei der Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Ener- des heute international vorbildlichen Nahverkehrsnet- gie. Um Vorreiter für die gemeinsam gestaltete Ener- zes der Hauptstadt. Heutzutage bringen U- und Straßen- gie- und Verkehrswende zu werden, sind das sehr gute bahnen rund zwei Drittel unserer Fahrgäste elektrisch Voraussetzungen. Allerdings sind mit der dynamischen ans Ziel. Und auf dem Wasser haben wir vier Solarfäh- Digitalisierung in der Produktion und der Kopplung von ren im Einsatz. Energie und Verkehr auch komplexe Lernprozesse ver- bunden. Seit August 2015 läuft der Pilotbetrieb mit vier kabel- los geladenen E-Bussen auf der Berliner Innenstadtlinie Diese sind nur durch Vernetzung von Forschungsein- 204. Hierbei zeigt sich, wie anspruchsvoll der Betrieb ei- richtungen, Unternehmen und Weiterbildungspraxis ner solchen Linie für Fahrzeuge und Ladetechnik ist und erfolgreich zu gestalten, so wie es in der LERNWELT dass weitere langfristige Tests notwendig sein werden. ELEKTROMOBILITÄT geschieht. Bereits gemeinsam entwickelte Weiterbildungsbausteine zeigen, wie das Elektrifiziert wird derzeit die Pkw-Flotte der BVG. Bis selbstgesteuerte Lernen der Beschäftigten wirksam ge- Ende 2016 werden dann alle 100 nicht-personenge- fördert wird. Dieser didaktische Ansatz des WEITERBIL- bundenen Dienstwagen mit Strom unterwegs sein. Und DUNGSSYSTEMS ENERGIETECHNIK ist zukunftsweisend. dieser stammt bei der BVG ausschließlich aus Erneuer- Mit handlungsorientierter, betrieblicher Weiterbildung baren Energien. lassen sich auch die hohen Ziele, die sich das Land mit „Klimaneutrales Berlin 2050“ gesetzt hat, in Chancen für Schon heute sparen eine Milliarde Fahrten mit der BVG die regionale Beschäftigung und Wirtschaft übersetzen. über 400.000 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr. Und je mehr Menschen unser Angebot nutzen, desto besser ist Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre! das für die berühmte Berliner Luft. Deshalb entwickeln wir neue Mobilitätskonzepte, in denen der öffentliche Dr. Sigrid Evelyn Nikutta, Vorstandsvorsitzende/Vor- Nahverkehr das Rückgrat bildet für Mobilitätsketten von stand Betrieb der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)
Weiterbildung LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin mit neuen Konturen Weiterbildungserfahrungen und Arbeitsinhalte der nahen Zukunft Dieses Heft präsentiert Erfahrungen und Ergebnisse in der Weiterbildung für Themen der Elektromobilität. Der vordere Teil des Heftes zeigt dazu sieben Beispiele aus der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin, die im letzten Jahr in der Hauptstadtregion realisiert wurden. Ergänzt werden diese durch zwei Projekte, die im Schaufenster Bayern-Sachsen realisiert wurden, und die e-mobilen Entwicklungen und damit verbundenen Weiterbildungen Weiterhin sollen neue Herausforderungen, die mit den bei der Deutschen Post/DHL. Diese Beispiele beinhalten sich verändernden Mobilitätsaspekten einhergehen, in vielfältige Herangehensweisen an das Thema Weiterbil- pilothaften Entwicklungswerkstätten eines Stadtbezir- dung für E-Mobilität in ganz unterschiedlichen Formaten. kes an dort ansässige Wirtschaftsbetriebe, Beschäftig- te und Bewohner gemeinsam adressiert werden. Am Wichtig war uns auch der Expertenblick, hier vom Leiter Gegenstand regionaler E-Mobilität können Beteiligte der Agentur für Elektromobilität, von der Leiterin des gemeinsame Projekte entwickeln und konzipieren. Das Verkehrsforschungsinstitutes am DLR und vom Team am Institut untersucht die Lernprozesse der Beteiligten und Bundesinstitut für Berufsbildung, die unsere eigenen begleitet die Projektumsetzung. Überlegungen zur Weiterbildung sowie die Einsichten der Unternehmenslandschaft vervollständigen und um Da das Wissen zur und die Anforderungen an die Elek- neue Aspekte – auch für künftig notwendige Entwick- tromobilität rasant wachsen, soll darüber hinaus ein lungen erweitern. Überblick in Form eines Kompendiums zum Systemwis- sen verfasst und herausgegeben werden. Die Sammlung Den Blick auf kommende Themen wirft Walter Brückner und Veröffentlichung des entstehenden Kompendiums (IBBF) mit seinem Artikel über zunehmende Digitalisie- soll Grundlagen für den Transfer der in den Weiterbil- rung der Arbeit. Er beschreibt auf den Seiten 40-42, die dungserprobungen gesammelten Erfahrungen bilden. Transformation der Prozesse und Strukturen in Unter- nehmen, welche ohne die betriebliche Bildung nicht ge- Neben der Kompetenzentwicklung der Fachkräfte in staltbar ist. Das trifft ebenso auf alle Elemente der Ener- Produktions- und Dienstleistungsunternehmen sollen gie- und Verkehrswende mit vielen branchentypischen mit diesen Arbeitsschwerpunkten auch andere Zielgrup- Eigenheiten zu. pen, wie z.B. EU-Binnenzuwanderer erreicht, in Zukunft entsprechende Weiterbildungen entwickelt und wirk- Aus diesen Gründen werden wir in der LERNWELT ELEK- sam angeboten werden. TROMOBILITÄT Berlin in diesem Jahr die erforderlichen Kompetenzen für den Übergang zur Wirtschaft 4.0 ent- Die LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin bleibt auch lang der gesamten Bildungskette, besonders für die 2016 ein Netzwerkprojekt mit vielen Partnern. Wir berufliche Bildung in den Fokus nehmen. Pilothaft soll freuen uns auf die gemeinsame Arbeit an den span- damit begonnen werden, geeignete Formate zu entwi- nenden Themen der Elektromobilität und laden Sie ckeln und auszugestalten. ein, mit uns neue Konzepte für das Lernen 4.0 zu ent- wickeln und zu erproben. Darüber hinaus werden Qualifizierungserfordernisse, die im Zusammenhang mit der Elektrifizierung betrieblicher Flotten entstehen, ermittelt und in Weiterbildungen um- Christine Schmidt, Mathias Schäfer gesetzt. Dazu wird gemeinsam mit Organisationen der Projektleitung am Institut für Hauptstadtregion ein Lernlabor konzipiert, entwickelt Betriebliche Bildungsforschung und organisiert. Derzeit werden öffentliche und betriebli- Christine.Schmidt@institut-bbf.de che Flottenbetreiber zur Mitwirkung eingeladen. Mathias.Schaefer@institut-bbf.de 4
Weiterbildung Neue Mobilitätskonzepte steigern den Bedarf an Weiterbildungsan- geboten rasant Interview mit Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität eMO Heißt Änderung im Mobilitätsverhalten Verzicht? Niemand sagt, dass wir künftig auf Mobilität verzichten sollen. Wir brauchen Lösungen, die eine nachhaltige Mobilität mit unseren Bedürfnissen verbinden und die- se sogar besser als heute befriedigen. Wir müssen han- deln, um die Co2-Emissionen zu senken und die Innen- städte durch eine Verminderung der Verkehrsbelastung wieder lebenswert zu machen. Genau darum geht es beim systemischen Herangehen. Gernot Lobenberg, Leiter Berliner Agentur für Elektromobilität eMO Was bedeutet das konkret? © eMO Heute reden wir über Reichweiten, Aussehen und Kos- Gegenwärtig werden ständig neue Elektrofahrzeuge ten von Elektroautos. In Wahrheit geht es aber darum, vorgestellt, die Zulassungszahlen entwickeln sich al- wie wir umweltverträglich und bequem von A nach B lerdings noch verhalten. Wie beurteilen Sie in dieser kommen. Viele Berliner haben schon jetzt kein eigenes Situation den Bedarf von Unternehmen an Weiterbil- Auto mehr, weil sie mit dem öffentlichen Personennah- dungsangeboten zur Elektromobilität? verkehr und Carsharing oder Mietfahrrädern sehr gut Natürlich wächst die Nachfrage nach spezifischen Wei- durch die Stadt kommen und viele Ärgernisse vermei- terbildungsangeboten in dem Maße, wie Elektromo- den können. Die Bedeutung des eigenen Fahrzeugbesit- bilität zum Alltag wird. Trotzdem: Es gibt bereits jetzt zes wird mit zunehmenden intermodalen Mobilitätsan- vielfältige Bildungsangebote, die durch private Bildungs- geboten perspektivisch abnehmen. unternehmen und staatliche Einrichtungen entwickelt werden. Oft sind es Zusatzqualifizierungen zu Grund- Wie soll die Alternative aussehen? lagen der Elektromobilität oder Bildungsbausteine wie Den Beginn einer neuen, nachhaltigen Mobilität erleben der Umgang mit Hochvolttechnik in den Elektro- oder wir bereits. Innovative kleine Unternehmen schaffen Hybridfahrzeugen, und diese werden auch nachgefragt. zum Beispiel Plattformen, um verschiedene Verkehrs- Wir erleben aktuell eine Erweiterung dieser Themen. anbieter zu vernetzen und ihren Kunden den Zugang zu verschaffen. Die Plattform des Berliner Startup ALLY ist In welche Richtung? solch ein Beispiel. Hier gibt es Echtzeitinformationen, Die Digitalisierung übt hier eine integrierende Wirkung wie ich mit verschiedenen Verkehrsmitteln am schnells- aus. Bisher wurden Elektrofahrzeuge und das Elektro- ten vom Standort zum Ziel gelange. ÖPNV, Carsharing, mobilitätssystem als getrennte Welten verstanden – Taxi und alle weiteren Anbieter lassen sich hier integrie- diese Sicht überwinden wir gerade. Durch Digitalisie- ren. Für Dienstleister, die Unternehmen Komplettpakete rung und Vernetzung wird es möglich, intermodale einschließlich der notwendigen Schulung anbieten, ein Verkehrslösungen tatsächlich zu realisieren. Nutzer- aussichtsreiches Geschäftsfeld. freundliche Apps gewährleisten einen unkomplizierten Zugang zu diesen Angeboten. Das ist die Grundlage für Was bedeutet das für Unternehmen? Reicht es, kon- ein neues Nutzerverhalten beim Umgang mit intermo- ventionelle Fahrzeuge durch solche mit Elektroantrieb dalen Mobilitätsangeboten. Wenn wir von den Kunden- zu ersetzen? bedürfnissen her denken, gibt es viele Ansätze für neue Elektrofahrzeuge sind meistens sinnvoll, das hängt aber Geschäftsmodelle – und damit auch für Weiterbildungs- von den konkreten Transportaufgaben und den Einsatz- bedarf in diesen Unternehmen. profilen ab. Es geht um die Effizienz insgesamt, bei der 5
Weiterbildung Wer sind dabei die Akteure? Es engagieren sich neben Universitäten und Hochschulen sowie TÜV und Dekra zahlreiche weitere private Weiter- bildungseinrichtungen bei der Entwicklung von Bildungs- angeboten. Manche kommen aus der Kiezszene, beraten zum Beispiel Genossenschaften, die sich Elektrofahrzeu- ge für ihre Transportaufgaben anschaffen wollen. Bei Messen erleben wir, dass Vertreter von Wohnungsgenos- senschaften sich für Konzepte zu Ladeinfrastruktur und Smart Metering interessieren, um ihren Mietern einen umweltverträglichen Umgang mit Energie und Mobilität zu ermöglichen. Sowohl die Verantwortlichen brauchen Weiterbildung, um die Konzepte bewerten und darüber entscheiden zu können, als auch die Handwerker, Faci- litymanager oder Hausmeister, die für die Betreuung zu- ständig sein werden. Der Bedarf an Know-how und Wis- Vernetzung durch Kooperationen und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft© AA+W/Fotolia sensvermittlung ist so breit wie das komplexe Feld der Elektromobilität, mit Schnittstellen zu anderen Bereichen effizienten Gestaltung von Fahrzeugflotten beraten eine der Energietechnik und der Energieeffizienz. ganze Reihe Berliner Unternehmen. Braucht ein Flotten- betreiber zahlreiche eigene Fahrzeuge in einer Stadt wie Berlin, von denen viele nur herumstehen und gar nicht fahren? Für welche Einsatzprofile können welche Elek- trofahrzeuge eingesetzt werden? Lässt sich die dienst- liche Mobilität der Mitarbeiter mithilfe des ÖPNV oder Carsharing verbessern, bei geringeren Kosten? Das sind Fragen, die ein typischer Fuhrparkleiter heute kaum stellt und auch nicht beantworten kann. Eine Aufga- be für „Mobilitätsmanager“, ein neues Berufsbild, das durch Weiterbildung entwickelt werden kann. Wird das Know-how, das in den Startups entsteht, bereits ausreichend systematisiert und für Weiterbil- dungsangebote verallgemeinert? Das ist die Aufgabe, die wir gemeinsam lösen müssen, um den Umbruch zu einer nachhaltigen Mobilität so Integration des Themas Elektromobilität in die berufliche und akade- mische Aus- und Weiterbildung © Berlin Partner / Dirk Lässig effizient wie möglich vollziehen zu können! Die Voraus- setzungen sind recht gut, denn die Fachkräfte, die hier Welche Berufsgruppen werden besonders von dem agieren, haben ihr Wissen in der Regel an einer Univer- Wandel betroffen sein? sität oder Hochschule erworben und/oder eine Berufs- Im Kfz-Handwerk werden mit dem Übergang zu Elektro- ausbildung absolviert. Gerade das systemische Wissen fahrzeugen deutlich weniger Arbeiten an mechanischen zur Nachhaltigkeit und über Themen der Digitalisie- Teilen nötig, dafür ist mehr Verständnis für Elektrik, Elek- rung werden in den letzten Jahren in Studiengänge in- tronik und Steuerungen erforderlich. Die Elektromobilität tegriert oder als Aufgabenstellungen für Masterarbei- 2.0, das System intermodaler Verkehrslösungen, wird in ten vergeben. Wichtig ist nun, die neuen Erkenntnisse vielen Berufen das Denken in Netzwerken fördern, das für aus der Praxis aufzubereiten und wieder in die Lehre IT-Fachleute häufig selbstverständlich ist. Dieses Know- und nach Möglichkeit auch in betriebliche Aus- und how müssen wir alle in unterschiedlichem Maß erwerben, Weiterbildung einfließen zu lassen. Die Entwicklung um die Digitalisierung zu meistern, ob als Macher oder als von Weiterbildungsbausteinen ist ein entscheidender Anwender. Wobei die Anwendungen trotzdem immer ein- Schritt, um diesen Prozess transparent und systema- facher und intuitiver werden – wenn die Entwickler von tisch zu vollziehen. unseren Bedürfnissen und Verhaltensweisen her denken. 6
Weiterbildung Wir brauchen Akzeptanz anstelle technologieverliebter Spielereien, dieser Grundsatz muss in der Aus- und Wei- terbildung unbedingt beachtet werden. Welche Bildungsformate werden aus Ihrer Sicht diesen Ansprüchen am besten gerecht? Planspiele und Projekte werden als Lernformen an Be- deutung gewinnen. Die Innovation der Digitalisierung lässt sich nur schlecht in Schubladen zwängen, wir brauchen Kreativität und viele unterschiedliche Ansät- ze, und diesen folgen auch die Bildungsangebote. Die Auswahl trifft der Markt, die Nachfrage der Unterneh- men und der Verbraucher. Diese Flexibilität müssen wir erhalten, ohne dabei Ressourcen zu verschwen- den. Denn überall auf der Welt, wo sich kluge Köpfe mit Elektromobilität und neuen Verkehrskonzepten beschäftigen, stehen die gleichen Fragen. Was heißt das für die staatliche Förderung? Mit dem „Internationalen Schaufenster Elektromobili- tät Berlin-Brandenburg“ ist eine Entwicklung nachhaltig unterstützt worden, die über das Elektrofahrzeug hinaus zu innovativen, umweltgerechten Mobilitätslösungen führt. Die eMO trägt als Agentur der Hauptstadtregion dazu bei: durch Unterstützung aussichtsreicher Projekte, die öffentlichkeitswirksame Präsentation von Beispiellö- sungen, Vernetzung von Akteuren und Wissenstransfer. Das Ziel der Hauptstadtregion ist es, Berlin-Brandenburg zu einem in- ternational anerkannten Vorbild der Elektromobilität zu entwickeln. Auch aus den internationalen Kontakten weiß ich, dass © Berlin Partner wir in Berlin-Brandenburg gut aufgestellt sind, obwohl hier keine großen Fahrzeughersteller ansässig sind. Die erstklassige Wissenschaftslandschaft und die innovative Die Berliner Agentur für Elektromobilität eMO ist Unternehmensszene ermöglichen uns das systemische die zentrale Anlaufstelle für Elektromobilität in der Denken, das letztlich den Durchbruch bringen wird. Aller- deutschen Hauptstadtregion. Die eMO bündelt die dings wünsche ich mir, dass die neuen Anforderungen der Kompetenzen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Poli- Elektromobilität schneller in den gesetzlichen Vorgaben tik und Verwaltung, um Elektromobilität technolo- berücksichtigt werden, im Baurecht etwa oder im Ener- gisch voranzutreiben und nachhaltig in die Smart gierecht. Zugleich müssen innovative Ansätze Eingang in City Berlin zu integrieren. Die Agentur vernetzt die Rahmenbedingungen für Aus- und Weiterbildung fin- Akteure sowie Kompetenzen zielgerichtet und un- den, um Berufsbilder zu ergänzen und die Anerkennung terstützt das Initiieren und Vermarkten regionaler, von Zusatzqualifikationen verbindlich zu regeln. nationaler und internationaler Forschungs- und Technologieprojekte. Die staatliche Förderung der Elektromobilität zahlt sich aus. Davon sind wir heute mehr denn je überzeugt, auch Die eMO ist eine Agentur des Landes Berlin. Sie wenn die größten Veränderungen noch vor uns liegen. wird getragen von der Berlin Partner für Wirt- Sie gibt zum Beispiel jetzt den nötigen Anschub, damit schaft und Technologie GmbH und besitzt keine ei- Berlin bis 2050 zur CO2-neutralen Stadt werden kann, gene Rechtspersönlichkeit. Partner sind das Land trotz anhaltendem Bevölkerungswachstum. Und dieses Brandenburg sowie Unternehmen und Institutio- Know-how wird für Deutschland als Wirtschaftsstandort nen aus Wirtschaft und Wissenschaft. für den globalen Markt künftig äußerst wichtig sein. Das Gespräch führten Dr. Ulrich Conrad und Mathias Schäfer 7
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Innovative Lernformen für innovative Technologien BVG: Bildungsbaustein zum Thema Bat terietechnik DQR-Niveau 4) Kenntnisse über den Umgang mit un- terschiedlichen Batterievarianten von Elektrobussen zu vermitteln. Dazu sollten diese die Fachbegriffe der Bat- terietechnik kennen und verstehen und in der Lage sein, die verschiedenen Varianten hinsichtlich ihres Energie- ertrags und der Lebensdauer zu unterscheiden – somit auch Vor- und Nachteile für unterschiedliche Einsatz- zwecke zu beurteilen. Im Alltag brauchen diese Fach- kräfte ganz grundlegendes Wissen, zum Beispiel zur Re- gulierung der Batterie sowie für das sichere Aufspüren von Fehlerquellen. An der Qualifizierung nahmen zwei Nicht nur für die Fahrgäste neu. Einer der vier Elektrobusse der BVG. © BVG/Lang Mitarbeiter aus der Bus-Werkstatt sowie zwei Ausbilder aus dem BVG-Betriebshof Machandelweg teil. Der elektrische Antrieb ist im öffentlichen Personennah- verkehr Berlins nichts Besonderes – jedenfalls für Straßen- Der Bildungsbaustein bahn und U-Bahn. Für den Busbetrieb sah die Situation Die Teilnehmenden erwarben in sieben Selbstlernlekti- lange Zeit anders aus: Von Oberleitungsbussen abgese- onen Fachkenntnisse auf einer Moodle-Plattform, einer hen, die dem Prinzip der Straßenbahn folgen, schien eine internetbasierten Open-Source-Lernplattform. Am Ende Elektrifizierung bis vor kurzem nicht realisierbar. Größtes jeder Lektion stand ein Test zur Kontrolle des Lernfort- Hemmnis bildeten die zu leistungsschwachen Batterien. schritts mit Multiple-Choice Fragen, Kurzantworten, Zu- ordnungen und Wahr-oder-falsch-Fragen. Mit Hochleistungsbatterien der Lithium-Polymer-Tech- nologie ist die Technik inzwischen ein entscheidendes Zunächst stand die Vermittlung von grundlegenden Stück weiter. Der Testbetrieb der ersten vollelektrischen technisch-technologischen Kenntnissen im Mittelpunkt: Buslinie startete am 31. August 2015 in Berlin. Inner- Grundlagen der Batterietechnik wurden erläutert und an halb des „Schaufensters Elektromobilität“ betreibt die Hand verschiedener Zelltypen von Batterien unterschied- BVG vier E-Busse auf der Linie 204 – gemeinsam mit den licher Hersteller vertieft. Um später Fehlerquellen identi- vier Partnern Bombardier Transportation, Vossloh Kiepe fizieren zu können, wurden strukturelle Zusammenhänge GmbH, Solaris Bus & Coach S.A. und der TU Berlin. Im von Batteriemanagementsystemen erklärt. Auf dieser Test zeigen sich indes die hohen Ansprüche einer Berli- Grundlage folgten konkrete Informationen aus den Pro- ner Innenstadtlinie an Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur. zessen – mögliche Fehlerquellen und Gefährdungspoten- ziale wurden analysiert. Die Mitarbeiter/innen wurden in Um künftig eigenes Know-how aufzubauen und weni- der Bewertung solcher Gefährdungen weitergebildet und ger von den Herstellerfirmen abhängig zu sein, war es erlangten Kenntnisse über den sicheren Umgang mit Tei- den BVG-Verantwortlichen wichtig, die Beschäftigten in len des Batteriesystems. Ausgerüstet mit diesem Wissen Elektromobilität zu schulen. Das Modellprojekt „LERN- und nach dem entsprechenden praktischen Training sind WELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin“ des IBBF bot dafür sie in der Lage, bei Bedarf Komponenten des Batteriesys- ideale Bedingungen. Bei einem ersten Treffen im Früh- tems zu demontieren und auszutauschen. jahr 2015 vereinbarte die BVG mit dem bfw – Berufs- fortbildungswerk als Partner, einen Bildungsbaustein zu In den Schulungen erwarben die Teilnehmenden wei- entwickeln und zu erproben. terhin Wissen über die Auswahl und den sachgemäßen Umgang mit Werkzeugen bei ihrer Tätigkeit an Batterie- Die Zielgruppen systemen. Die Gewährleistung der Sicherheit betriebs- Das Ziel bestand darin, Facharbeiter/innen aus den fremder Personen spielte eine wichtige Rolle. In der Pra- Bereichen Kfz-Mechatronik und Kfz-Elektrik (mit dem xis können das sowohl Fahrgäste als auch Mitarbeiter 8
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Weiterbildung Das Team während der ersten Abstimmung zu den Weiterbildungsinhalten: Michael Wagner, Jörg Miller (beide MA Versuch und Erprobung), Erhard Musal (zuständig für Omnibus Fahrzeugelektrik bei der BVG), Florian Kriegisch (Weiterbildungsleiter bfw), Bülent Polat (MA Versuch und Erprobung) (vlnr). © BVG der Feuerwehr oder Rettungsdienste sein. Um die er- Als Vorbereitung auf die abschließende Prüfung diente forderliche Sicherheit im Umgang mit batteriegetriebe- eine intensive Besprechung und Auswertung der Tes- nen Fahrzeugen bei Fehlern oder Havarien zu erreichen, tergebnisse und Lernprojekte des gesamten Blended wurden außerdem die vorgegebenen Demontagerei- Learnings. henfolgen, eine anforderungsgerechte Beurteilung des Arbeitsfortschritts und eigenständiges Ableiten, Planen Die Prüfung selbst erfolgte dann in Form eines situati- und Umsetzen der nächsten Arbeitsschritte vermittelt. ven Fachgesprächs, bei dem die Kenntnisse getestet und der gesamte Weiterbildungsbaustein nochmals re- Ein äußerst wichtiger Aspekt ist die Einhaltung der ein- flektiert wurde. Dabei standen folgende Teilsysteme im schlägigen gesetzlichen Regelungen und Richtlinien. Ge- Mittelpunkt: schult wurde der sichere Umgang mit Energiespeichern Pick-up für induktives Laden, im Hochvoltbereich mit über 700 Volt Spannung. Einen das Batteriesystem, zentralen Bestandteil bildete deshalb die spezielle Qua- das Batteriemanagementsystem, lifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsys- die Zellen, temen, DGUV 8686. das Regelsystem einschließlich des Kühl- und Heizsystems. Betriebliches Lernprojekt und anschlieSSende Prüfung Den Bildungsbaustein gestrafft Während der Präsenz- und Praxisphase wurde in der und präzisiert Omnibuswerkstatt der BVG das Erlernte vertieft und Für den Bildungsbaustein wurde ein Online-Test entwi- praktisch trainiert. ckelt. Mit den hier gesammelten Erfahrungen wurden zahlreiche Veränderungen vorgenommen, um das Bil- Die Teilnehmenden führten eine Wartung am Batterie- dungsprogramm zu straffen und präziser zu fassen. system eines Elektrobusses aus. Zu ihren Aufgaben ge- hörten vor allem: Eines wurde im Testprojekt ganz deutlich: Elektromo- die Analyse der Rahmenbedingungen und Vor- bilität ist ein unglaublich breites Spektrum. Um das er- aussetzungen für die Wartung, forderliche Wissen zu vermitteln, müssen weitere Wei- die Planung der jeweiligen Arbeitsschritte, terbildungsbausteine entwickelt und das BVG-Personal das Berücksichtigen der Arbeitssicherheit, langfristig qualifiziert werden. Die innovativen Techno- die Durchführung der Arbeitsaufgabe, logien bedürfen dabei ebenso innovativer Lernformen, das selbstständige Beurteilen und Dokumentie- wie sie bei BVG bereits pilothaft angewendet wurden. ren der geleisteten Arbeiten sowie die finale Bewertung – Auswertung der durch- Kontakt geführten Wartungsarbeiten und der angefer- Berufsfortbildungswerk GmbH – bfw tigten Dokumentation in Form eines Fachge- Florian Kriegisch sprächs mit dem Ausbilder. Kriegisch.Florian@bfw.de 9
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Systemisches Wissen für die Energiewende Weiterbildung für die zukünftigen Herausforderungen im Themenfeld der Energie- und Ressourceneffizienz onen und hybride Wertschöpfungssysteme sind für das Gelingen der Transformation aber von großer Bedeu- tung: Innovative Geschäftsmodelle und Technologien, neue Akteurskonstellationen und sich permanent ver- ändernde regulatorische und politische Rahmenbedin- gungen charakterisieren die Energiewende. Der Weiterbildungsbaustein „Multiplikatoren der Ener- gieeffizienz – Systemisches Wissen angewandt“ bietet Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen daher eine auf den spezifischen Bedarf abgestimmte Vermittlung systemischen Wissens: multidisziplinär, anwendungsbe- zogen und auf dem neuesten Stand der Forschung. Der EUREF-Campus um den Gasometer in Berlin-Schöneberg steht als Reallabor für die Themen der Weiterbildung. Die Weiterbildung findet auf dem EUREF-Campus in Ber- ©TU-Campus EUREF lin-Schöneberg statt, einem urbanen Innovations- und Der von der TU-Campus EUREF gGmbH, einem An-Ins- Experimentierraum für die innerstädtische Energiewen- titut der TU Berlin, entwickelte und angebotene Wei- de. An dem Standort forschen und testen Unternehmen terbildungsbaustein „Multiplikatoren der Energieeffi- und Organisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft zienz – Systemisches Wissen angewandt“ qualifiziert gemeinschaftlich Technologien und Geschäftsmodelle Fach- und Führungskräfte für das Management zukünf- für eine energieeffiziente und klimafreundliche Stadt tiger Herausforderungen im Themenfeld der Energie- der Zukunft. Ein zentraler Forschungsgegenstand ist und Ressourceneffizienz. Mit systemischem Fachwis- dabei die Erprobung und Implementierung eines Micro sen und anwendungsbezogener Methodenkompetenz Smart Grid, eines dezentralen intelligenten Netzes, in werden innovative und nachhaltige Lösungsstrategien das regenerative Energieerzeugungsanlagen und Spei- für das Gelingen der Energiewende entwickelt. cherformen in verschiedenen Modi des gesteuerten La- dens integriert werden. Der Campus als Living Lab und Die Energiewende als soziotechnische Transformation Experimentierraum bietet gute Bedingungen für die beschreibt einen Systemumbau, der an den Schnittstel- Durchführung der Weiterbildung. len zwischen traditionell getrennten Sektoren Innovati- onen und multidisziplinäres Wissen verlangt. Insbeson- Erstmalig erprobt wurde der Weiterbildungsbaustein dere die Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der Summer School „Energy Efficiency and des Energie-, Mobilitäts- und Gebäudesektors stehen Use of Renewable Energy in Urban Environments“, die mit hohen CO2-Einsparpotenzialen im Fokus. Fach- und vom 10. bis zum 21. August 2015 von TU-Campus EU- Führungskräfte können zur erfolgreichen Gestaltung REF in Kooperation mit der russischen Uralischen Föde- der zukünftigen Energielandschaft beitragen, wenn sie ralen Universität Jekaterinburg auf dem EUREF-Campus Kenntnisse auch außerhalb des eigenen Kernbereichs er- durchgeführt wurde. Junge Führungskräfte verschiede- langen, die der Komplexität des Themas gerecht werden. ner Unternehmen aus der Energiebranche und Studie- Die fachspezifische Ausbildung an deutschen Hochschu- rende in der Abschlussphase ihres Studiums diskutierten len orientiert sich an den traditionellen Disziplingrenzen mit über 35 Referenten aus Wissenschaft und Wirt- und greift dabei oftmals zu kurz, Zusammenhänge und schaft über die Chancen und Herausforderungen der Schnittstellen, die der aktuelle Veränderungsprozess Energiewende. Unternehmensbesuche, Anlagenbesich- aufwirft, abzubilden. Sektorenübergreifende Kooperati- tigungen, beispielsweise der Micro-Smart-Grid-Kompo- 10
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Weiterbildung nenten, und Begehungen energieeffizienter Gebäude auf dem Campus sicherten den Anwendungsbezug und die Anschaulichkeit der Fachvorträge: „The fact that va- rious different companies and institutes explored their projects, allowed us to gain a comprehensive insight on smart grids“, erklärte ein Teilnehmer im Feedback. Ziel der Weiterbildung ist es, zukünftige energietechni- sche und energiepolitische Herausforderungen zu dis- kutieren und Problemlösungskompetenzen zu entwi- ckeln – immer mit dem Anspruch einer ganzheitlichen Gruppenarbeit bei der Design-Challenge. ©TU-Campus EUREF Betrachtung. „’Energiewende’ and renewable energies are not only about wind and solar, but there are many plexen, disziplinübergreifenden Zusammenhänge sowie more technologies and especially challenges like storage, ein methodischer Kompetenzzuwachs zur Entwicklung distribution, grid stability”, resümmierte ein Teilnehmen- kreativer Lösungsansätze vermittelt werden: „The prob- der. Gegenstand der Summer School waren die folgenden lems were named and it‘s possible to solve them.“ Themen: Energiemanagement und Energiewirtschaft, in- telligente Netze, rechtliche und politische Aspekte, Klima Bei der Durchführung orientieren sich die Inhalte des und Ressourcen, Erneuerbare Energien, energieeffizien- Programms an den eingangs festgestellten Kompeten- tes Gebäudemanagement und zukünftige Mobilität. zen und Erwartungen der Teilnehmenden, was eine bedarfsgerechte Zusammenstellung der Inhalte ermög- Ergänzt wurde das systemische Fachwissen durch die licht Aufgrund verschiedener Qualifikationshintergrün- Vermittlung anwendungsbezogenen Methodenwissens. de und Tätigkeitsfelder der Teilnehmenden sind auch In dem pilothaft durchgeführten Weiterbildungsbau- die Erwartungen, Wissensbestände und Vorkenntnisse stein erfüllten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entsprechend heterogen. Interessierte Unternehmen in dem Workshop „Ideating for Eco-Innovation“ eine können dann bedarfsorientiert einzelne Interessen- „Design-Challenge“: Die Entwicklung innovativer Lösun- schwerpunkte wählen, z.B. aktuelle Trends der Mobili- gen für Smart-Home-Anwendungen erforderte von den tätswende, oder Themen kombinieren, z.B. Integration Teilnehmenden, eine Vielzahl von Ideen zu generieren, von Elektromobilität in Smart Grids. Zielgruppe des Wei- aus denen schließlich eine einzige erfolgreiche Innova- terbildungsbausteins sind Nachwuchsführungskräfte tion entstehen kann. Während des Prozesses stehen aus Unternehmen oder Organisationen aus den Berei- jederzeit die Bedarfe und Erlebnisse der potenziellen chen Energie, Gebäude, Mobilität mit den Eingangsvor- Nutzer im Fokus. So wird sichergestellt, dass das vermit- aussetzungen mindestens eines Bachelor oder staatlich telte systemische Wissen immer den Anwendungsbezug geprüften Technikers/Betriebswirts oder eines Master. und die Nutzerfokussierung bewahrt. Die individuelle Arbeitsplatzaufgabe orientiert sich an einem real beste- Ziel der Weiterbildung ist es, den Teilnehmenden stra- henden Projekt oder einer Problemstellung im jeweili- tegisches Entscheidungswissen über komplexe Zusam- gen Unternehmen, die es mit den erlernten methodi- menhänge der aktuellen und zukünftigen Energieland- schen und fachlichen Kenntnissen zu lösen gilt – und die schaft sowie für nachhaltige und innovative Lösungen dabei der Reflektion des Erlernten dient. für eine gelingende Energiewende zu vermitteln. Die Entwicklung einer individuellen Problemstellung und Der Kompetenzgewinn und das detaillierte Feedback ihre Bearbeitung in dem spezifischen Arbeitskontext zum Programm wurden mithilfe von Evaluationsbögen mithilfe lösungsorientierter und kreativer Methoden nach Abschluss der Erprobungsphase abgefragt. Insbe- und Fertigkeiten bedeutet dabei einen direkten Nutzen sondere die Mischung aus Exkursionen und Vorträgen sowie die Reflektion und Vertiefung des neuen Wissens. von Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft fand viel Anklang bei den Teilnehmenden: „Excellent spea- Franziska Engels kers from different organizations and companies were Wissenschaftliche Mitarbeiterin able to provide helpful insights related to their respective bei der TU-Campus EUREF gGmbH, ein An-Institut subjects”, erklärte ein Teilnehmender der Erprobungs- der Technischen Universität Berlin phase. Insgesamt konnten ein Verständnis für die kom- franziska.engels@tu-campus-euref.de 11
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Kunden für Nutzfahrzeuge mit elektrifizierten Aufbauten begeistern TÜV Rheinland Akademie entwickelt Bildungsbaustein für Vertriebs- mitarbeiter der Hüffermann Transportsysteme GmbH den Betrieb von Kran-, Kipp oder Abfallsammel-Auf- bauten sorgen. Das Ganze ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern erfordert vor allem, Kunden für die Elektromobilität zu gewinnen und mit ihnen ge- meinsam Lösungen für die spezifischen Anwendungs- felder zu gestalten. Das ist eine große Aufgabe für die Vertriebsmitarbeiter, die deutschlandweit vor Ort für Hüffermann Transportsysteme tätig sind. „Um Kunden Hüffermann Elektro-Lkw ermöglicht Praxiserfahrung für die Vertriebs- mitarbeiter ©ibbf die Vorteile zu erklären, müssen sie natürlich die Vor- züge von Elektrofahrzeugen kennen und selbst davon Die Hüffermann Transportsysteme GmbH ist als ein überzeugt sein“, so Peter Tilger. „Das Projekt LERNWELT hochspezialisierter Hersteller von Lkw-Anhängern und ELEKTROMOBILITÄT bot uns die Chance, diese Kollegen Sonderaufbauten bekannt. Seit 1990 hat die Firma systematisch und intensiv auf diesem Gebiet zu qualifi- auch eine große Niederlassung in Neustadt/Dosse. Als zieren.“ Zusammen mit der TÜV Rheinland Akademie als Pionier im Nutzfahrzeugbereich entwickelte das Un- Bildungspartner wurde diese Qualifizierung entwickelt ternehmen gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut und erprobt. für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) Anwendungsfälle von Nutzfahrzeugen mit Elektro- oder Ziele und Inhalte der Weiterbildung Hybridantrieb für Kunden. So setzt zum Beispiel das Lo- An der 40-stündigen Weiterbildung haben neun Mit- gistikunternehmen Meyer & Meyer in den Nachtstun- arbeiter teilgenommen, die von Hamburg bis Bayern den ein 7,5-Tonnen-Elektrofahrzeug zur Belieferung Vertriebsgebiete des Unternehmens betreuen. Mit der von Textilgeschäften in Berlin ein. Ein 12-Tonner von Weiterbildung sollten sie in die Lage versetzt werden, Hüffermann Transportsysteme wird aktuell als Projekt Kunden fachgerecht zu beraten – in der Erstberatung zu- im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität Berlin- nächst Interesse zu wecken, dabei sicher zu argumentie- Brandenburg entwickelt. Hybridfahrzeuge für die Ab- ren und Kundenbedarfe zu ermitteln. „Wichtig ist, dass fallentsorgung zeigen eine ähnliche, technisch jedoch die Kollegen ein Gespür dafür bekommen, wie sich aus eigenständige Entwicklung. Ein 26-Tonnen-Hybridfahr- Kundenbedarfen Ideen für innovative Projekte bei Hüf- zeug von Hüffermann wird von der AWU Abfallwirt- fermann entwickeln lassen“, sagt Peter Tilger. schaftsunion Oberhavel genutzt, auch mit der Berliner Stadtreinigung und dem Potsdamer Stadtentsorgungs- Bei zwei Präsenzveranstaltungen in Neustadt/Dosse betrieb STEP arbeitet das Unternehmen zusammen. wurde den Vertriebsmitarbeitern grundlegendes Wis- „Mittelfristig werden Elektro-Nutzfahrzeuge in allen In- sen zur Elektromobilität vermittelt. Die Teilnehmenden nenstädten präsent sein“, sagt Peter Tilger, Projektleiter lernten das Gesamtsystem des Energieflusses kennen, im Elektro-Nutzfahrzeugbau bei Hüffermann. „Die Ver- d. h. die Energiebereitstellung und -speicherung im meidung von Kohlendioxidemissionen und die geringe Fahrzeug, die Energiewandlung und der Energieein- Geräuschbelastung sind Vorteile, an denen kein Weg satz bei verschiedenen Antriebsformen. Hinzu kamen vorbeiführt.“ Von der Entwicklung der Elektromobilität Kenntnisse zur Marktentwicklung, um die Wettbe- will Hüffermann nicht nur profitieren, sondern sie aktiv werbsvorteile von Elektronutzfahrzeugen gegenüber vorantreiben. Deshalb wird aufwändig in die Entwick- verbrennungskraft-getriebenen Nutzfahrzeugen besser lung kundenspezifischer Nutzfahrzeuge und Anhänger darstellen zu können, aber auch um im Zusammenwir- investiert, bei denen Elektro- oder Hybridantriebe für ken mit Kunden neue Entwicklungen voranzubringen. 12
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Weiterbildung Karsten Oltersdorf (TÜV Rheinland Akademie) vor Elektro-Lkw von Hüffermann ©ibbf „Besonders wichtig ist die Anwendbarkeit in der Praxis und die Einbindung des Gelernten in die tägliche Ar- beit der Vertriebsmitarbeiter“, verdeutlicht Karsten Ol- tersdorf, der bei der TÜV Rheinland Akademie für das Präsenzmodul der Weiterbildung bei Hüffermann ©ibbf Projekt Verantwortliche. Im betrieblichen Lernprojekt Weitere Inhalte zu rechtlichen Rahmenbedingungen, hatten die Teilnehmenden deshalb die Aufgabe, eine den Zusammenhängen zwischen Antriebstechnik, Um- Kundenberatung über E-Nutzfahrzeuge durchzuführen. weltschutz und Gesundheitsschutz, den verschiede- Zunächst galt es, den Bedarf zu ermitteln und anschlie- nen Arten der Stromerzeugung und der Verwendung ßend eine Auswahl kundenspezifischer Angebote zur im Fahrzeug, Kenntnisse der Umweltbilanzen und Gesprächsvorbereitung zu treffen. Es folgten der Bera- Funktionsweisen von E-Nutzfahrzeugen rundeten das tungstermin mit Erfassung der Kundenwünsche und die Themenspektrum der Weiterbildung ab. Die Vertriebs- Auswertung der Kundenanforderungen. Hier standen spezialisten von Hüffermann bekamen so einen ganz- auch Impulse für eine eventuell nötige Produktanpas- heitlichen Überblick zur Elektromobilität. sung oder Neuentwicklung im Fokus. Die Abstimmung der Inhalte und die einzelnen Stufen Qualifizierung wurde zum des Bausteins wurden von der TÜV Rheinland Akademie Brainstorming für neue Projekte direkt auf die im Vorfeld definierten Anforderungen und Parallel zur Weiterbildung gab es einen mehrstufigen Bedürfnisse von Hüffermann zugeschnitten. Reflexionsprozess zur Vertiefung der Kenntnisse. Peter Tilger stand während dieser Phase gemeinsam mit Kars- Selbstkompetenzen erweitern ten Oltersdorf als Ansprechpartner für Fragen zur Ver- „Unsere Vertriebsmitarbeiter beobachten die Marktent- fügung. „Über die Ideen führten wir eine sehr rege und wicklung genau“, erklärt Peter Tilger. „Angesichts der spannende Diskussion, ein regelrechtes Brainstorming“, Zunahme von Elektro-Pkw besteht durchaus Verständnis resümiert Peter Tilger. „Es gab zum Beispiel auch Ideen dafür, dass sich Hüffermann im Nutzfahrzeugbereich zei- für die Ausrüstung von Anhängern, die unser Hauptpro- tig auf das Thema einstellen will. Die Mitarbeiter kennen dukt darstellen, von der elektrischen Verriegelung bis aber auch gleichzeitig das Problem, dass sich Kunden zur Energierückgewinnung beim Bremsen.“ Sein Fazit: ohne Referenzen nur schwer entscheiden können.“ In Mit der Qualifizierung haben die Vertriebsmitarbei- diesem Spannungsfeld bewegte sich die Diskussion über ter das Wissen erworben, mit dem sie aktiv als Mittler mögliche Vertriebsaktivitäten, für die als Teil der Qualifi- zwischen den Kunden und den für die Produktplanung zierung realistische Ideen zu entwickeln waren. Das ge- Verantwortlichen im Unternehmen auftreten können. lernte Verständnis für die komplexen Sachverhalte der Besonders erfreulich ist, dass sich aus der Qualifizierung Elektromobilität war dabei sehr hilfreich. Verschiedene bereits einige konkrete Kundenanfragen ergeben haben. Kommunikationsmethoden wurden an Hand neuer Pro- dukte trainiert. In der Konsequenz werden künftig die Kontakt firmeninternen Standards für die Vorbereitung einer Be- TÜV Rheinland Akademie GmbH ratung, ihre Durchführung und Dokumentation, um ent- Karsten Oltersdorf sprechende Angebote für E-Nutzfahrzeuge erweitert. Karsten.Oltersdorf@de.tuv.com 13
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Der Zukunft durch Weiterbildung ein Stück näher Weiterbildung für Verkäufer von Elektrofahrzeugen im Autohaus Mayer Mit Fakten gegen Klischees Zunächst galt es festzustellen, wo die Verkäufer beim Thema Elektromobilität stehen. Ein Fragebogen brach- te interessante Aussagen: So verneinte ein Verkäufer die Frage, ob sein nächstes Privatauto ein Elektroauto sein wird. Begründung: „Die Technik sei frühestens 2020 ausgereift“. Erfahrungen mit Elektroautos hatte der Ver- triebsmitarbeiter bisher nicht; sein Wissen über Elektro- autos bewertete er mit der Schulnote vier. Selbst Profis nutzen Klischees, wo ihnen Kompetenzen noch fehlen. Dem wurden im ersten Workshop Informationen über den politisch-gesellschaftlichen Kontext entgegenge- TFA-Akademie Geschäftsführer Marco Hammer © TFA setzt, in dem sowohl Klima- als auch Gesundheitsschutz eine wachsende Rolle spielen. Ein zweiter Workshop widmete sich verschiedenen Pkw-Modellen und techni- „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“ – mit schen Komponenten, die auch für Kunden von Bedeu- dieser Überzeugung setzt das Autohaus Mayer in Wit- tung sind. Beantwortet wurden u.a. die Fragen: Wie tenberge auch auf alternative Antriebe bei Pkw`s. Den weit komme ich? Wie schnell kann ich damit fahren? Schlüssel zur Tür in die Zukunft sieht der Geschäftsfüh- Wie lange muss der Akku geladen werden? Zwischen rer in seinen kompetenten Verkäufern: Nur wer hinter den Workshops erhielten die Verkäufer Aufgaben. Sie seinen innovativen Produkten steht und argumentieren sollten sich ein E-Auto eines Mitbewerbers genauer an- kann, warum, wird diese auch verkaufen können – weiß schauen und mit den eigenen Produkten vergleichen, Herr Mayer. Deshalb wurden auf Anregung des IBBF in um die Vielfalt technischer Lösungsansätze kennenzu- fünf Workshops seine Vertriebsmitarbeiter auf die neu- lernen und zu bewerten. en Herausforderungen vorbereitet. Die Weiterbildung wurde in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Berlin von Training der Kompetenzen der Trainings- und Fortbildungsakademie GmbH (TFA) im Verkauf: Was will der Kunde? Neubrandenburg konzipiert und erprobt. Anhand der Fakten wurden das überzeugende Argu- mentieren, die Präsentation und Beratung des Kunden Basiswissen und Vertriebskonzept in den folgenden Workshops trainiert. Hier ging es um Das Ziel dieser Verkäuferweiterbildung bestand darin, die Fragen: Wer ist der potenzielle Kundenkreis? Wel- den Automobilkaufleuten umfangreiches Basiswissen che Verkaufstechniken muss ich anwenden? Wie nehme über technische, ökonomische und ökologische Aspek- ich den Kunden mit? Im Dialog erkannten die Verkaufs- te von Elektrofahrzeugen zu vermitteln, welches sie für profis, dass sich Privatkunden beim Autokauf oft irratio- das Endkundengeschäft benötigen. Theorievermitt- nal verhalten. „Sie suchen Fahrzeuge nicht danach aus, lung und Training zielten dabei auf die praktische An- wozu sie es zu 95 Prozent des Jahres brauchen. Eher wendbarkeit ab, also auf kompetente Verkaufsgesprä- bestimmen Ausnahmesituationen wie Familienurlau- che. In dem betrieblichen Lernprojekt erarbeiteten die be, die Anforderungen an das Fahrzeug.“, sagt Rainer Teilnehmenden deshalb ein unternehmensspezifisches Böhme, einer der Dozenten. Gewerbekunden hingegen Vertriebskonzept, das den Verkauf von Elektrofahrzeu- würden ihre Bedürfnisse nach dem Einsatzgebiet defi- gen beschreibt und fördert. nieren und E-Fahrzeuge rational sehen. 14
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Weiterbildung Teilnehmer der Fortbildung Marian Pankow (Dozent), Marko Mayer, Olaf Kaiser, Wilfried Mayer (Geschäftsführer des Autohauses), Harald Vogel, Marco Hammer (Geschäftsführer TFA-Akademie) (vlnr) © TFA Die im Arbeitsfeld von Automobilkaufleuten weiterzu- entwickelnden Kompetenzen beziehen sich somit vor allem auf die Verkaufssituation, mit spezieller Betrach- tung der Kunden von E-Autos. Die Einführung einer neuen Technologie, der die Kunden mit Skepsis und Klischeedenken gegenüberstehen, erfordert also so- wohl Fachkompetenz als auch Verkaufs- und Verhand- lungsgeschick. Eigene Erfahrungen NUTZEN,- um Kundenpotenziale zu erschlieSSen Wo lässt sich dieses besser trainieren als am realen Ar- beitsplatz, dem Verkaufsraum im Autohaus? Nach fünf Seminaren mit Vorträgen, Übungen und Aufgaben sollte dort auch ein unternehmensspezifisches Vertriebskon- zept für Elektrofahrzeuge entwickelt werden. Dazu setz- ten sich die Automobilverkäufer mit eigenen und den Geschäftsführer Wilfried Mayer im abschließenden Fachgespräch © TFA Produkten der Mitbewerber auseinander. Sie analysier- ten das Kundenpotenzial im Vertriebsgebiet und sammel- Autohaus-Chef Wilfried Mayer weiß, dass die Zukunft ten Erfahrungen mit den zu vertreibenden E-Fahrzeugen. darin besteht, Kunden Gesamtpakete anzubieten. Fahr- zeug, Batterie und Ladeinfrastruktur verlangen innovative Die Ergebnisse wurden dem Geschäftsführer präsen- Vertriebskonzepte und Service aus einer Hand. Elektriker tiert. Im anschließenden Fachgespräch stand das neu und Stromlieferanten können dabei zu neuen strategi- entwickelte Vertriebskonzept im Mittelpunkt. Dabei gab schen Partnern der Automobilkaufleute werden. Durch es unterschiedliche Ansätze. Ein Teilnehmer sah das Po- die Weiterbildung ist E-Mobilität jedenfalls in den Fokus tenzial eher im gewerblichen Bereich. Eine andere Stra- dieser Autoverkäufer gerückt und hat sie mit Kompeten- tegie lautete, Privatkunden von Verbrennern im Repara- zen ausgestattet, die sie in naher Zukunft brauchen. turfall Elektroautos als Ersatzwagen anzubieten, damit diese Erfahrungen sammeln und Vorurteile abbauen. Kontakt TFA Trainings- und Fortbildungsakademie GmbH Ganz gleich, welche Ansätze mittelfristig realisiert werden, Marco Hammer der Vertrieb von E-Cars ist mehr, als nur Fahrzeugverkauf. MHammer@tfa-akademie.de 15
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Vorbereitung auf die Einführung von Elektro- mobilität in groSSen Fuhrparks Qualifizierung für Werkstat tmeister bei der Berliner Stadtreinigung als Verantwortliche und Multiplikatoren Ausgangspunkt der Weiterbildung war die Qualifizie- rung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen. Auch wenn die Wartung der Test-Fahrzeuge heute noch durch die Hersteller erfolgt, brauchen die Beschäftigten in den Servicebereichen diese Grundqualifikation. „Ge- genüber dem bereits gängigen Hochvolt-Lehrgang ging es bei dem zu entwickelnden Bildungsbaustein jedoch um weitergehende Kompetenzen“, erklärt Peter Becht- loff, der das Projekt vonseiten der Dekra Akademie be- treute. Grundsätzlich bestand das Ziel der Weiterbildung darin, die vier Teamleiter in den beiden Regie-Werkstät- ten der BSR auf die Veränderungen vorzubereiten, die sich aus der Elektrifizierung der Unternehmensflotte er- geben. Sie sollten über die Freischaltung des Hochvolt- Ein Teilnehmer der Schulung prüft die Spannungsfreiheit des 12 Volt systems hinaus Zusammenhänge verstehen, mögliche Bordnetzes © Stefan Escher Fehlerquellen kennen und Risiken beurteilen lernen. Zu Zahlreiche Unternehmen testen derzeit Elektro- oder ihrer Rolle als Teamleiter gehört auch, dieses Wissen an Hybridfahrzeuge in Projekten. Die Berliner Stadtreini- ihr Team weitergeben zu können. Sie müssen Mitarbei- gung (BSR) testet solche effizienten und geräuscharmen terinnen und Mitarbeiter in Aufgaben an E- und Hybrid- Fahrzeuge in der Müllabfuhr und hat E-Serien-Pkw meh- Fahrzeugen einweisen und sicher anleiten. rerer Hersteller im Einsatz. Darüber hinaus werden stän- dig Spezialfahrzeuge für den großen Fuhrpark gesucht. Der Inhalt des Bildungsbausteins Ein aktuelles Thema ist die Leerung der über 22.000 Zunächst wurden die Voraussetzungen und Erwartungen Papierkörbe in Berlin, die mit elektrisch angetriebenen der Teilnehmer besprochen – alle Meister auf den Ge- Leicht-Nutzkraftwagen geräuscharm und emissionsfrei bieten Kfz-Mechanik oder Kfz-Elektrik. Sie hatten zuvor erfolgen könnte – leider fehlt bisher ein passendes Pro- das Curriculum für den Lehrgang erhalten und konnten dukt auf dem Markt. Angesichts dieser Situation gibt sich zu den Inhalten der 40-stündigen Qualifizierung äu- es Überlegungen, selbst die Initiative zur Entwicklung ßern. Das Curriculum ist sehr detailliert und umfasst viele von Fahrzeugen mit elektrischen Spezialaufbauten zu Themen, die sowohl theoretisch als auch in praktischen ergreifen. Der in jedem Fall deutlich zunehmende Ein- Übungen behandelt werden. Ausgehend von der Sensibi- satz solcher Fahrzeuge stellt in absehbarer Zukunft lisierung für die neue Verantwortung als Führungskräfte neue Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung der beim Arbeiten an Elektro-Fahrzeugen stand der Umgang Mitarbeiter in den Werkstätten – und nicht nur dieser. mit Hochvoltsystemen im Mittelpunkt. Vertiefend ging es Mit dem Ziel, diesen Bildungsbedarf zu analysieren, ein um Fahrzeugvarianten und Arbeitstechnologien, Havarie- Weiterbildungsangebot dafür zu entwickeln und sofort und Unfallszenarien sowie Gefahrenstellen. Um diese Zu- praktisch zu erproben, nahm die BSR gemeinsam mit sammenhänge wirklich zu verstehen und beeinflussen zu der DEKRA Akademie Berlin-Brandenburg als Bildungs- können, wurden den Teilnehmern wichtige Grundlagen partner am Projekt LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT teil. der Elektrotechnik und Elektronik vermittelt. 16
Weiterbildung in der LERNWELT ELEKTROMOBILITÄT Weiterbildung Unterweisung der Teilnehmer an der Hochvoltanlage am Fahrzeug Die Teilnehmer kontrollieren in der Schulung den Ladevorgang am © Stefan Escher Display des Fahrzeugs © Stefan Escher Zu den praktischen Teilen gehörte der Umgang mit Mess- somit zum Beispiel für Kfz-Klempner/innen sechs der geräten und Prüfmitteln. Die Teamleiter lernten unter- insgesamt 20 Lerneinheiten vorgesehen, für Kraftfah- schiedliche Batterie- und Ladearten bzw. Ladevarianten rer mit Schlossertätigkeit sieben – je nachdem, welche sowie Antriebe kennen. Weitere Themen waren Leis- Arbeiten zu ihren Aufgaben gehören. „Immer geht es tungselektronik und Zweispannungsnetze sowie das Frei- darum, zunächst für die Hochvolttechnik zu sensibilisie- schalten. Relativ breiten Raum wurde auch den Rechts- ren“, sagt Peter Bechtloff. „Auf dieser Grundlage erwer- grundlagen und Sicherheitsvorschriften eingeräumt, da ben die Beschäftigten neue Kompetenzen, die sie in die diese aus dem Blickwinkel der Verantwortung als Team- Lage versetzen, künftig eigenverantwortlich Arbeiten an leiter noch einmal zusätzliches Gewicht besitzen. Fahrzeugen auszuführen, sogar an solchen, die durch die BSR selbst oder mit Partnern entwickelt werden.“ Ein bedarfsgerechtes Die so qualifizierten Fachleute werden ihre Erfahrungen Weiterbildungsangebot auch in neue Entwicklungsprojekte einbringen und mit Der durch die Dekra im Auftrag des Instituts für Be- Ingenieuren zusammenarbeiten. triebliche Bildungsforschung entwickelte Bildungsbau- stein hat die BSR-Verantwortlichen überzeugt: „Er ist in- Auch für die Lehrlingsausbildung können die entwickel- haltlich sehr gut aufgebaut und vermittelt praxisnah die ten Bildungsinhalte genutzt werden. Zudem ist eine notwendigen Kenntnisse“, urteilt Swen Schützler, der weitere Zielgruppe im Blick: Nach Gesprächen mit den im Produktmanagement für die technische Beschaffung Fuhrparkverantwortlichen zeigte sich, dass Probleme von Fahrzeugen verantwortlich ist. „Wichtig ist, dass un- mit den Fahrzeugen oft auf Fehlbedienung durch die serem Bedarf entsprechend weitergebildet wird. Genau Nutzer zurückgehen. Für sie könnte eine Weiterbildung das brauchen wir, bevor es mit Elektromobilität losgeht.“ eine praktische Einweisung und Fahrtraining umfassen. In der BSR ist im Ergebnis des Projektes die Nachfrage Weitere Zielgruppen im Blick nach weiteren Qualifizierungen gestiegen: „In nächster Der bereits jetzt genutzte Bildungsbaustein soll auch künftig Zeit wird es Weiterbildungen außerhalb des Bereiches für die Qualifizierung von weiteren Beschäftigtengruppen eigensicherer Fahrzeuge und nach Stufe 2 der BGUV der BSR zur Verfügung stehen. Im Verlauf der Erprobung Information 200-005 geben“, so Dekra-Schulungsleiter brachten die beteiligten Meister dazu ihre Erfahrungen Peter Bechtloff. Und die Dekra Akademie wird das Wei- ein. In den Regie-Werkstätten sind Mitarbeiterinnen und terbildungsangebot auch weiteren Interessenten zu- Mitarbeiter mit unterschiedlicher Spezialisierung und Aus- gänglich machen, die ihren Fuhrpark auf Fahrzeuge mit bildung tätig, die auch an Elektro- und Hybridfahrzeugen alternativen Antrieben umstellen wollen. arbeiten werden. Dies sind beispielsweise Kfz-Mechatro- niker, Elektriker und Mechaniker oder Klempner und nicht zuletzt Kraftfahrer mit Schlossertätigkeit. Kontakt Für sie wurden die jeweils bedarfsgerechten Bildungs- DEKRA Akademie GmbH inhalte definiert, die nun als Varianten des Bildungs- Raphael Ittner bausteins vorliegen. Entsprechend einer Matrix sind raphael.ittner@dekra.com 17
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