MOBILITÄT IN HESSEN ENTWICKLUNGEN UND PERSPEKTIVEN - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

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MOBILITÄT IN HESSEN ENTWICKLUNGEN UND PERSPEKTIVEN - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
Hessisches Ministerium für
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

MOBILITÄT IN HESSEN
ENTWICKLUNGEN UND PERSPEKTIVEN
MOBILITÄT IN HESSEN ENTWICKLUNGEN UND PERSPEKTIVEN - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
Dieser Bericht „Mobilität in Hessen – Entwicklungen und Perspektiven“ beschreibt das Verkehrs-
system und wesentliche Mobilitätsangebote in Hessen und eignet sich als Informationsquelle
und Nachschlagewerk für Fachleute und Interessierte in Politik, Verwaltung, wissenschaftlichen
Einrichtungen, Unternehmen und Verbänden. Er würdigt die Bedeutung der Mobilität für den
Wirtschaftsstandort Hessen und nennt die künftigen Herausforderungen wie die Weiterentwick-
lung und Finanzierung der Infrastruktur, die Bewältigung der mit dem Verkehr verbundenen
Belastungen und die Aufrechterhaltung eines nachhaltigen Mobilitätsangebots in allen Räumen
Hessens. Auch wenn der Bericht einen Überblick über die verschiedenen Verkehrsträger und
ihre Spezifika bietet, so hat der Straßenverkehr einen besonderen Stellenwert für die
Wirtschaft und die Bürger.

2   Mobilität in Hessen
MOBILITÄT IN HESSEN ENTWICKLUNGEN UND PERSPEKTIVEN - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
INHALT

1.   Verkehrspolitische Leitlinien                                                          4

2.   Hessens Verkehrs- und Mobilitätssystem –                                               6
     Jobmotor und Standortfaktor

3.   Hessen – nationale und internationale Verkehrsdrehscheibe                              12
     3.1 Hessens Verkehrssystem im Überblick –
         dynamische Entwicklung und hohe Leistungsfähigkeit                                 14
     3.2 Hessen: Quell-, Ziel- und Transitland im europäischen Fernverkehr                  20

4.   Mehr Leistungsfähigkeit durch intelligente Vernetzung                                  34
     4.1 Vernetzung der Verkehrssysteme                                                     36
     4.2 Nahmobilität – sicher, umwelt- und klimafreundlich unterwegs                       38
     4.3 Ein attraktives ÖPNV-Angebot für alle Räume                                        46

5.   Zukunftsorientiertes Management und innovative Lösungen                                54

6.   Herausforderung Infrastrukturfinanzierung –                                             64
     neue Ansätze, neue Möglichkeiten

7.   Mobilität in Hessen –                                                                  70
     auch künftig effizient, umweltbewusst und sozialverträglich für alle

Impressum                                                                                   74

Quellenangaben                                                                              75

                                                                             Mobilität in Hessen   3
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1
VERKEHRSPOLITISCHE
LEITLINIEN

VERLÄSSLICHE RAHMENBEDINGUNGEN                                  ideologischen Gründen einschränken, noch sie in
                                                                gute oder schlechte Mobilitätsformen einteilen. Alle
FÜR EINE SCHNELLLEBIGE ZEIT –
                                                                Verkehrsmittel sollen je nach ihren Stärken genutzt
GRUNDSÄTZE UND LEITLINIEN                                       werden können.
DER HESSISCHEN VERKEHRSPOLITIK                                 Mobilität muss für Bürger und Unternehmen bezahl-
                                                                bar bleiben.
Wirtschaft und Gesellschaft wandeln sich immer schnel-
ler – gleichzeitig ist die Politik immer stärker gefordert,    Als Transitland in der Mitte Europas lebt Hessen von
nachhaltige Antworten zu geben. Die Aufgabe, verläss-           der Mobilität. Gleichzeitig hängt die Mobilität in ganz
liche Rahmenbedingungen für eine schnelllebige Zeit             Deutschland von der Leistungsfähigkeit der hessi-
zu gestalten, betrifft auch die Mobilität. Die Herausfor-       schen Verkehrsinfrastruktur ab, insbesondere von der
derungen reichen von der Bevölkerungsentwicklung                Straße, die nach wie vor die Hauptlast des Verkehrs
mit ihren Auswirkungen auf die Zukunft des ÖPNV über            trägt. Der Güterverkehr wird auch in Zukunft haupt-
Energiewende und Klimawandel bis hin zu Veränderun-             sächlich über die Straße erfolgen.
gen im Wertesystem der Gesellschaft. So beobachten             Mobilität sollte nicht zu Lasten kommender Generatio-
wir beispielsweise, dass junge Leute ihre ausgepräg-            nen gehen, weder finanziell noch ökologisch. Deshalb
ten Mobilitätswünsche längst nicht mehr an den Besitz           muss Mobilität nachhaltig und im gesellschaftlichen
eines Autos knüpfen. All dies vollzieht sich vor dem            Konsens gesichert werden. Dies ist umso wichtiger, als
Hintergrund enger werdender finanzieller Spielräume              auch die heutige Bevölkerung und die Wirtschaft nicht
der öffentlichen Hand – und all dies muss eine moderne          noch stärker finanziell belastet werden dürfen.
Verkehrspolitik berücksichtigen. Sie muss dabei von           Daraus ergeben sich die Leitlinien für das politische
folgenden Grundsätzen ausgehen:                               Handeln: Sie beginnen mit der Entscheidungsfreiheit
 Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Bürger und der         des Einzelnen. Die Politik schafft einen wettbewerbs-
  Wirtschaft, das so gut wie möglich zu erfüllen ist.         neutralen Rahmen für Mobilitätsangebote. Wer dann
  Die Politik darf die individuelle Mobilität weder aus       zu welchem Zweck welches Verkehrsmittel nutzt, obliegt

4   Mobilität in Hessen
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der individuellen Entscheidung. In Freiheit und Verant-   zentrum der neuen Generation. Der technologische
wortung entscheiden kann nur, wer informiert ist. Bei     Fortschritt erlaubt es auch, die Entscheidungsfreiheit der
Verkehrsvorhaben ist deshalb für eine breite Bürgerbe-    Bürger zu stärken. Wer auf seinem Smartphone überall
teiligung zu sorgen. Eine offene Erörterung der Vortei-   die augenblickliche Verkehrslage und die verfügbaren
le und Risiken eines Projekts ist Voraussetzung eines     Alternativangebote ablesen kann, kann auch jederzeit
nachhaltigen Konsenses. Respektvoller Umgang mit          das optimale Verkehrsmittel für seinen Weg und seinen
Bürgerinnen und Bürgern sowie völlige Transparenz in      Bedarf auswählen.
der Sache sind dabei unumgänglich.                        Intelligente Infrastruktur ist ein Beitrag zur Verkehrssi-
Ein Vorhaben, dem die Bürger in einem solchen Ver-        cherheit. Denn es bedarf trotz aller Erfolge weiterhin
fahren zugestimmt haben, darf anschließend nicht am       intensiver Anstrengungen, die Zahl der Unfälle und
Geldmangel scheitern.                                     Unfallopfer zu senken. An der Infrastruktur und den
Deshalb muss auch die Frage der Finanzierung der In-      Fahrzeugen ist ebenso anzusetzen wie am Verkehrsver-
frastruktur beantwortet werden. Es geht dabei zuerst      halten der Bürgerinnen und Bürger. Eine nachhaltige
um den effizienteren Einsatz der Mittel und um ihre an-    Politik muss nicht nur die Schäden für Leib und Leben
gemessene Verteilung, auch unter den Ländern. Dies        zu minimieren suchen, sondern auch die Auswirkungen
gilt für Straßen ebenso wie für Schienenwege.             auf Umwelt und Klima. Die Reduzierung von Lärm, CO2,
                                                          Feinstaub, NOX und Landschaftsverbrauch ist deshalb
Die rasante Entwicklung der Telekommunikation und
                                                          kein Anhängsel der Verkehrspolitik, sondern integraler
der EDV ermöglicht vernetzte Mobilitätsangebote und
                                                          Bestandteil ihrer Zielematrix.
intelligente Verkehrssysteme, mit denen die bestehende
Infrastruktur besser genutzt werden kann.
Dazu gehört auch das House of Logistics & Mobility
(HOLM), das Lösungen für Logistik und Mobilität von       Florian Rentsch
morgen erarbeiten soll. Das HOLM-Gebäude eröffnet         Hessischer Minister für
in 2013 als neutrales Forschungs- und Wissenschafts-      Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

                                                                                              Mobilität in Hessen      5
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HESSENS VERKEHRS-
UND MOBILITÄTSSYSTEM –
JOBMOTOR UND
STANDORTFAKTOR
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Wer von Skandinavien oder den Benelux-Ländern
nach Süden fährt, wer von Osteuropa seinen Weg nach
Frankreich oder Großbritannien nimmt oder von Italien
oder Spanien Ziele in Nordeuropa ansteuert, kommt an
Hessen kaum vorbei. Seit alters her ist das Land zwi-
schen Kasseler Bergen und Bergstraße, zwischen Rhön
und Rothaargebirge ein europäisches Zentrum der Ver-
kehrs- und Informationsströme. Mitten in Europa und im
Herzen Deutschlands verbindet es die attraktive Vielfalt
seiner Natur- und Kulturlandschaften mit einer hervor-
ragenden Infrastruktur, die das Land zu einem der am
besten erreichbaren Standorte des Kontinents macht.
Die kulturelle Vielfalt Hessens, die als hohe Lebensqua-
lität tagtäglich erlebt wird, ist Folge seiner reichen und
wechselvollen Geschichte. Neben dem hohen Grad an
Erreichbarkeit und einer ausgeprägten Konnektivität
des Landes zählt gerade diese Lebensqualität zu den
Standortvorteilen Hessens. Als Zentrum der Verkehrs-
und Informationsströme ist das Land seit langem der
internationalste Standort in Deutschland. Der intermo-
dale Knoten Flughafen Frankfurt am Main verknüpft in
beispielloser Weise die Verkehrsträger Flugzeug, Bahn
und Auto miteinander.
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2 HESSENS VERKEHRS- UND MOBILITÄTSSYSTEM – JOBMOTOR UND STANDORTFAKTOR

Hessen hat stets mit und vom Strom der Menschen,                     die Erfahrung auf den Gebieten Mobilität und Verkehr
Waren und Informationen gelebt. Und wie für wenige                   profilieren das Land im Herzen Deutschlands.
andere Regionen in Europa gilt hier Friedrich Lists Dik-             Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen, und
tum, dass der „wohlfeile, schnelle, sichere und regelmä-             mit dem Verkehrssystem als Infrastruktur schafft das
ßige Transport von Personen und Gütern … einer der                   Land die Grundlage, damit Menschen in Hessen mo-
mächtigsten Hebel des Nationalwohlstandes und der                    bil sein können. Mobilität sichert die Teilhabe am öf-
Civilisation nach allen ihren Verzweigungen“ ist. Hessen             fentlichen Leben und gewährleistet die Erreichbarkeit
steht heute – gemessen an seiner Wirtschaftskraft – in               von Unternehmen. Neben der zentralen Lage und der
der Spitzengruppe der Bundesländer und liegt – gemes-                Verfügbarkeit von Arbeitskräften ist die Anbindung und
sen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – auch in Europa                Erreichbarkeit bei der Vermarktung von Wirtschafts-
auf den vorderen Plätzen.                                            standorten und der Ansiedlung von Unternehmen ein
Der Wohlstand im Land ist ohne die Infrastruktur (Stra-              Hauptkriterium für die Standortwahl. Funktionierende
ßen, Schienen, Wasser- und Luftwege), ohne das Know-                 Anbindungen im öffentlichen Verkehr und attraktive
how und das Management der Verkehrs- und Informa-                    Angebote tragen zur Sicherung von Arbeitsplätzen in
tionsströme nicht denkbar. Für viele Unternehmen sind                Ballungszentren und in ländlich geprägten Regionen
diese Faktoren bei der Standortentscheidung ausschlag-               bei. Die Erreichbarkeit erhöht die Wettbewerbsfähigkeit
gebend. Von Kassel bis Darmstadt verfügt Hessen über                 der angesiedelten Unternehmen, wirkt sich positiv bei
gute Beispiele, wie Verkehrsströme zum Nutzen und                    der Mitarbeiterakquise aus und ist Imagefaktor in der
Vorteil der Kunden – ob Bürger oder Unternehmen – effi-               öffentlichen Wahrnehmung.
zient und umweltfreundlich organisiert werden können.                Die künftigen Verkehrsbelastungen werden zu neu-
Die Mobilität des Einzelnen, das Verkehrssystem mit                  en Herausforderungen in der Mobilität führen. Diese
seinen Infrastruktureinrichtungen, die Erreichbarkeit                müssen durch innovative Mobilitätskonzepte unter
des Lebens- und Wirtschaftsraums Hessen, aber auch                   Integration neuer Technologien und unter Berücksichti-

Hessen – Wirtschafts- und Lebensraum für 6 Millionen Menschen; Quelle: Luftaufnahme BFP, Hans Haas, Baunatal

8    Mobilität in Hessen
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2 HESSENS VERKEHRS- UND MOBILITÄTSSYSTEM – JOBMOTOR UND STANDORTFAKTOR

gung ganzheitlicher Ansätze erforscht und angewendet        ren, da zahlreiche zukunftsfähige Arbeitsplätze entste-
werden. Egal ob dies die Integration des Individualver-     hen. Dies sind Themen, mit denen sich das House of Lo-
kehrs in den öffentlichen Verkehr, die Einbindung der       gistics & Mobility (HOLM) in Frankfurt beschäftigen wird.
Elektromobilität in die Mobilitätskette oder die optimale   Künftig gilt es, übergreifende Strategien zur Sicherung
Kombination von unterschiedlichen Verkehrsträgern als       der Mobilität (Belastungsspitzen in den Ballungszent-
integrierte Reisekette betrifft – die Herausforderungen     ren, Infrastrukturerhalt in der Peripherie, Pendlerströme
der Branche werden durch gesellschaftliche Trends wie       als bedeutendes Beschäftigungsmerkmal) durch die
demografischer Wandel, Urbanisierung, Energiekosten-         Entwicklung und marktreife Anwendung intelligenter
steigerungen, Energieeffizienz, Klimawandel und Kli-         Verkehrssysteme auf Seiten des öffentlichen und indivi-
maschutzanforderungen künftig weiter wachsen. Damit         duellen Verkehrs und seiner Vernetzung anzustoßen. Die
werden neue Anforderungen an die Leistungsfähigkeit         Situation zeigt unter den prognostizierten wachsenden
der Mobilitätssysteme und an eine sozial verträgliche,      Verkehren die hohe Bedeutung und Verantwortung der
finanziell und ökologisch effiziente Mobilität gestellt.      Branche. Um Lösungen zu erarbeiten und diese anwen-
Hinzu kommen die unterschiedlichen Strukturen inner-        dungsbezogen in Hessen umsetzen zu können, sind gut
halb Hessens. Auf der einen Seite das Ballungszentrum       ausgebildete Fach- und Führungskräfte notwendig, die
FrankfurtRheinMain, auf der anderen Seite ländliche         sich in Nahverkehrsunternehmen, Verkehrsverbünden
Regionen mit Oberzentren oder mittelzentrischer Struk-      und Ingenieurbüros den Herausforderungen stellen und
tur in Nord-, Mittel- und Osthessen. In allen Regionen      diese bewältigen. Große Mobilitätsunternehmen wie die
siedeln sich Unternehmen an den Standorten an, die          Fraport AG, Deutsche Bahn AG, der Rhein-Main- und der
sehr gut angebunden sind bzw. an Verkehrsknotenpunk-        Nordhessische-Verkehrs-Verbund, die angeschlossenen
ten liegen. Der Frankfurter Flughafen und der Flughafen     Verkehrsunternehmen sowie Hessen Mobil sind zugleich
Kassel-Calden sind sowohl Verkehrsknotenpunkte, die         wesentliche Treiber von innovativen Mobilitätskonzepten
über eine gute Anbindung verfügen, als auch Jobmoto-        und große Arbeitgeber.

Mobilität und Natur; Quelle: RMV

                                                                                               Mobilität in Hessen   9
MOBILITÄT IN HESSEN ENTWICKLUNGEN UND PERSPEKTIVEN - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
2 HESSENS VERKEHRS- UND MOBILITÄTSSYSTEM – JOBMOTOR UND STANDORTFAKTOR

Die Planung, der Betrieb und das Management von                       schulen als auch Weiterbildungseinrichtungen innerhalb
Verkehrsdienstleistungen im Öffentlichen Verkehr sind                 Hessens haben diesen Trend erkannt und ihre Angebote
hochkomplexe Aufgaben, die neben spezifischem Fach-                    an den Bedarfen orientiert. In allen Regionen werden
wissen vor allem einen guten Blick für interdisziplinäre              speziell ausgerichtete interdisziplinäre Studiengänge
Zusammenhänge diverser Fachgebiete wie Technik,                       entwickelt und angeboten. Diese entstehen aus unter-
Wirtschaft und Recht erfordern.                                       schiedlichen Fachgebieten wie Mobilitätsforschung,
Zudem werden durch die Integration alternativer An-                   Stadt- und Verkehrsplannung, Verkehrstechnik, Bahn-
triebstechnologien und Dienstleistungen in bestehende                 systeme und Bahntechnik, Öffentlicher Personennahver-
und künftige Mobilitätskonzepte neue innovative Ar-                   kehr, Bau und Erhalt von Verkehrswegen, Fahrzeugtech-
beitsfelder geschaffen. Sowohl Universitäten, Fachhoch-               nik und Logistik.

Grundbedürfnis Mobilität – Reisende am Flughafen Terminal 1, Quelle: Fraport AG

10    Mobilität in Hessen
2 HESSENS VERKEHRS- UND MOBILITÄTSSYSTEM – JOBMOTOR UND STANDORTFAKTOR

Mit der Gründung der Gesellschaft und der Eröffnung des HOLM-Gebäudes in 2013 im Frankfurter Stadtteil Gate-
way Gardens direkt am Frankfurter Flughafen hat das Land einen innovativen Meilenstein in der Bearbeitung von
zukünftigen Fragestellungen in Mobilität und Logistik gesetzt. Das Gebäude, das sich als Forschungs- und Wissens-
zentrum der neuen Generation versteht, liegt an der Schnittachse des nationalen und internationalen Straßen-,
Schienen- und Luftverkehrs. Als neutrale Plattform, auf der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam agieren,
und internationaler Leuchtturm steht es für die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Logistik und Mobilität in
Deutschland. Die regionale Innovationskraft wird zusätzlich durch die Hessische Clusterstrategie gefördert. Unter
dem Dach des HOLM sind die regionalen Cluster Mobilität RheinMain, Logistik RheinMain und HESSEN Aviation
angesiedelt, die über eine aktive Vernetzung Austauschplattformen organisieren, Marketing betreiben und Verbund-
projekte aus dem Kreise der regionalen Partner anstoßen. Über Strategie- und Lenkungskreise „Hessen Logistik“ und
„Hessen Mobilität“ werden diese mit anderen regionalen Initiativen aus ganz Hessen systematisch vernetzt. Die Clus-
ter sind ein optimaler Nährboden für Kooperationen und damit ein wesentlicher Innovationstreiber in den Branchen.

A3 Offenbacher Kreuz, Quelle: Hessen Mobil

                                                                                             Mobilität in Hessen   11
MOBILITÄT IN HESSEN

3
HESSEN – NATIONALE
UND INTERNATIONALE
VERKEHRSDREHSCHEIBE
MOBILITÄT IN HESSEN

Hessens Verkehrssystem
Die Verkehrsinfrastruktur in Hessen setzt sich aus Fuß-
und Radwegen, Straßen, Schienenwegen, Wasserstra-
ßen und Verknüpfungspunkten zusammen. Diese sind
im weiteren Sinne z. B. Flughäfen, Häfen, Bahnhöfe
Parkierungseinrichtungen und Güterverkehrszentren, an
denen die verschiedenen Verkehrssysteme (Fußverkehr,
Radverkehr, Kraftfahrzeugverkehr, Schienenverkehr,
Binnenschiffsverkehr und Luftverkehr) miteinander ver-
knüpft werden. Hessen ist dabei sowohl Quell- und Ziel-
ort als auch Transitland im europäischen Fernverkehr.
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

3.1 HESSENS VERKEHRSSYSTEM IM                             Verkehrssicherheit werden in Hessen mit Maßnahmen
ÜBERBLICK – DYNAMISCHE ENTWICK-                           im Rahmen eines innovativen Verkehrsmanagements er-
                                                          zielt, beispielsweise durch temporäre Freigaben der Sei-
LUNG UND HOHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT
                                                          tenstreifen auf Abschnitten der Autobahnen. Dafür steht
Überörtlicher Straßenverkehr                              in Hessen in erster Linie Hessen Mobil, als Hessische
Hessen wird mit der Vorhaltung einer leistungsfähi-       Straßen- und Verkehrsverwaltung zuständig für Planung,
gen Infrastruktur seiner zentralen geografischen Lage      Bau, Unterhaltung und Management des überörtlichen
gerecht. Aufgrund dieser Lage ist insbesondere das        Straßennetzes. Das sind rund 17.000 km Autobahnen,
hessische Autobahnnetz nicht nur durch Binnen-, Ziel-     Bundes-, Landes- und Kreisstraßen.
und Quellverkehr, sondern in starkem Maße auch von        Ziel von Hessen Mobil ist die Verbesserung der Mobi-
Durchgangsverkehr (Transitverkehr) belastet. Auf einer    lität in Hessen sowie die Erhaltung des Infrastruktur-
Vielzahl von Streckenabschnitten wird in Spitzenzeiten    vermögens Straße und dies bei einem reibungslosen
die Kapazitätsgrenze erreicht. Entsprechend der vorhan-   Verkehrsfluss und einer Erhöhung der Verkehrssicherheit.
denen Möglichkeiten und auf Basis eines breiten Kon-      Dabei setzt Hessen Mobil auf aktuelle Verkehrsinforma-
senses sind noch einige Lückenschlüsse im Autobahn-       tionen und Maßnahmen der Verkehrslenkung.
netz notwendig und geplant. Dies sind im Wesentlichen
die A 66 zwischen Fulda und Neuhof, die A 66 Rieder-      Schienenpersonenfernverkehr
waldtunnel sowie der Weiterbau der A 44 zwischen Kas-     Hessen ist hervorragend in das nationale und europäi-
sel und Eisenach und der A 49 zwischen Neuental und       sche Schienenfernverkehrsnetz eingebunden. Mit den
Homberg (Ohm). Wesentliche Steigerungen der Kapazi-       Zuggattungen Intercity-Express (ICE), Intercity (IC) und
täten, Reduktion von Störungen und eine Erhöhung der      Eurocity (EC) sind deutsche sowie europäische Groß-
                                                          und Hauptstädte von Frankfurt aus schnell erreichbar.
                                                          Neben dem Frankfurter Hauptbahnhof gibt es in Hessen
                                                          weitere Städte, die Anschluss an das ICE-Hochgeschwin-
                                                          digkeitsnetz der Deutschen Bahn haben. Dies sind Bad
                                                          Hersfeld, Darmstadt, Fulda, Hanau, Kassel, Limburg und
                                                          Wiesbaden. Mit dem Fernbahnhof verfügt der Flugha-
                                                          fen Frankfurt zudem über einen eigenen ICE-, IC- und
                                                          EC-Anschluss.
                                                          Allerdings bestehen insbesondere im Ballungsraum
                                                          FrankfurtRheinMain noch Engpässe im Eisenbahnnetz,
                                                          das zum Großteil noch im Mischbetrieb von Personen-
                                                          und Güterverkehr, Fern- und Nahverkehr genutzt wird.
                                                          Mit Hilfe der Projektmaßnahmen Frankfurt RheinMainplus
                                                          zur Ertüchtigung des Schienennetzknotens und we-
                                                          sentlicher Zulaufstrecken im Raum FrankfurtRheinMain
                                                          werden diese schrittweise behoben.
Dynamischer Wegweiser mit Stauinformation (dWiSta),
Quelle: Hessen Mobil

14    Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

Öffentlicher Personennah- und                              Der Nahverkehrsplan als
Regionalverkehr                                            Entwicklungsinstrument des ÖPNV
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Hessen        Für die Weiterentwicklung des ÖPNV in Hessen erarbei-
ist in drei Verkehrsverbünden organisiert; im NVV (Nord-   ten die hessischen Verkehrsverbünde ihre Entwicklungs-
hessischer VerkehrsVerbund), im RMV (Rhein-Main-Ver-       strategie in Form von Regionalen Nahverkehrsplänen.
kehrsverbund) sowie für den Landkreis Bergstraße im        Hierbei legt das Land Hessen großen Wert auf eine hes-
VRN (Verkehrsverbund Rhein-Neckar). Aufgrund der           senweite Harmonisierung der ÖPNV-Systeme und deren
engen Verflechtungen zur Region Rhein-Neckar zählt          Nutzung vom Landkreis Kassel bis zur Bergstraße und
der südhessische Landkreis Bergstraße zum Verbundge-       vom Rheingau-Taunus-Kreis bis zum Landkreis Fulda.
biet des VRN. Die Angebote im ÖPNV in Hessen finden         Nahverkehrspläne beschreiben die Handlungsparame-
stetig wachsenden Zuspruch. Sowohl beim RMV als auch       ter für die Infrastruktur, die Fahrzeuge, die Fahrpläne, die
beim NVV wurde in den zurückliegenden Jahren ein           Tarife und Vertriebssysteme bis hin zu den Maßnahmen
Nachfragezuwachs erzielt.                                  der Sicherheit, Barrierefreiheit sowie der Kommunikation
Die in Teilbereichen, insbesondere in den Ballungs-        und Kundenbindung.
räumen, an die Grenzen ihre Kapazität gekommenen           Die Entwicklung der Infrastruktur ist dabei die lang-
Netze des Schienenpersonennahverkehrs wurden in den        wierigste und kostenintensivste Stellschraube für den
letzten Jahren maßvoll weiter ausgebaut. Dies betrifft     ÖPNV-Manager.
sowohl das Netz der S-Bahn Rhein-Main, als auch die
Straßenbahnnetze in Kassel, Frankfurt und Darmstadt.
                                                           Radverkehr
Die RegioTram als innovatives regionales Verkehrsmittel
                                                           Für den überörtlichen Radverkehr hat Hessen neun Rad-
verbindet die Stadt Kassel mit ihrem Umland.
                                                           fernwege (R 1– R 9) ausgewiesen, die insbesondere im
Das Netz des Schienenregionalverkehrs wurde zwar           Freizeitverkehr stark frequentiert werden.
in den vergangenen Jahren nicht erweitert, auf etlichen
                                                           Schon mehr als 80 % dieser Radwege sind allwettertaug-
Strecken haben aber die Betreiber mit neuen oder mo-
                                                           lich ausgebaut und verfügen über eine Asphalt- oder
dernisierten Fahrzeugen und einem erweiterten Leis-
                                                           Pflasterdecke. Ein weiterer Ausbau der überörtlichen
tungsangebot erhebliche Fahrgaststeigerungen erzielen
                                                           und örtlichen Radverkehrsinfrastruktur ist geplant. Eine
können.
                                                           interessante Ergänzung zur Infrastruktur ist der elektroni-
Im ländlichen Raum steht der ÖPNV vor großen Heraus-       sche Radroutenplaner. Er enthält mehr als 100 regionale
forderungen: Der Rückgang der Bevölkerung und die          und überregionale touristische Themenrouten.
Veränderung ihrer Altersstruktur führen zu einer Abnah-
                                                           Im Bereich der Nahmobilität unternimmt das Land
me der Fahrgastzahlen, was sich besonders im Schüler-
                                                           Hessen zusammen mit den kommunalen Gebietskörper-
verkehr bemerkbar macht. Eine sinnvolle Lösung be-
                                                           schaften große Anstrengungen zur weiteren Stärkung
steht in einer flexiblen Gestaltung des ÖPNV-Angebots,
                                                           des Rad- und des Fußverkehrs.
bei der zeitlich und/oder räumlich zwischen Linien- und
Bedarfsverkehr – je nach Umfang der Verkehrsnach-
frage – gewechselt wird oder beide Formen gemeinsam
angeboten werden.

                                                                                              Mobilität in Hessen    15
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

                                                                    LK Kassel

                                                                          Kassel

                                                                                            Werra-Meißner-Kreis

                                         LK Waldeck-Frankenberg                                                   BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG HESSEN
                                                                                                                  2009 BIS 2030
                                                               Schwalm-Eder-Kreis
                                                                                                                  Relative Änderungen (in %) und Anzahl der
                                                                                    LK Hersfeld-Rotenburg         betroffenen Gebietskörperschaften; Quelle:
                                LK Marburg-Biedenkopf
                                                                                                                  Hessenagentur 2010 (Hrsg.):
                                                                                                                  Bevölkerungsvorausschätzung für die hes-
              Lahn-Dill-Kreis                                                                                     sischen Landkreise und kreisfreien Städte.
                                                           Vogelsbergkreis
                                         LK Gießen
                                                                                                                  Eine Projektion für den Zeitraum von 2010
                                                                                         LK Fulda                 bis 2030 und eine Trendfortschreibung bis
                                                                                                                  2050; Wiesbaden 2010
     LK Limburg-Weilburg

                                               Wetteraukreis
                    Hochtaunuskreis

                                                                                                                    5   bis 15 (3)
Rheingau-Taunus-Kreis                                     Main-Kinzig-Kreis
                 Main-Taunus-Kreis                                                                                  0   bis 5   (6)
                          Frankfurt am Main
           Wiesbaden           Offenbach am Main
                                                                                                                    -5 bis 0    (8)
                                     LK Offenbach

                  LK Groß-Gerau
                                                                                                                    -10 bis -5 (3)
                                   Darmstadt
                                                                                                                    -20 bis -10 (5)
                                        LK Darmstadt-Dieburg

                                                                                                                    -50 bis -20 (1)
                                               Odenwaldkreis

                           LK Bergstraße

Die demografische Entwicklung – bedeutende Herausforderung für alle Systeme
Die Prognose der demografischen Entwicklung in Deutschland und speziell in Hessen geht bis 2030 von einer
Abnahme der Bevölkerung aus – in Deutschland von derzeit ca. 82 Mio. Menschen auf rd. 78 Mio. Menschen, in
Hessen von 6,1 Mio. auf 5,8 Mio. Menschen. Allerdings wird es auch in Zukunft noch Räume mit wachsender Be-
völkerung geben, so z. B. die Stadt Frankfurt am Main sowie einige suburbane Räume, während in der Fläche mit
Bevölkerungsrückgängen im teilweise deutlich zweistelligen Prozentbereich zu rechnen ist.
Auch die Altersstruktur der Bevölkerung wird sich weiter deutlich verändern: Der Anteil jüngerer Menschen wird
abnehmen, während der Anteil der Älteren ansteigt. Dies hat Folgen für das Verkehrsgeschehen vor allem in den
Flächenlandkreisen, wo der Schülerverkehr als Rückgrat des ÖPNV gilt. Ein spürbarer Rückgang der Schülerzahlen
ist zu erwarten, aber auch eine Konzentration der Schulstandorte, so dass das Volumen an Personenkilometern im
Schülerverkehr voraussichtlich auch bei sinkenden absoluten Schülerzahlen vorerst auf dem heutigen Niveau blei-
ben wird, d. h. weniger Schüler fahren aus unterschiedlichsten Richtungen längere Wege zu weniger Standorten
(Veränderung der Quell-Ziel-Beziehungen).

16         Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

Luftverkehr                                                   sel-Calden, der in den vergangenen Jahren ausgebaut
Am Flughafen Frankfurt am Main wurden im Jahre 2012           und am 4. April 2013 in Betrieb gegangen ist. Der auf-
57,5 Mio. Passagiere gezählt und mehr als zwei Mio.           strebende Wirtschaftsstandort Nordhessen erhofft sich
Tonnen Luftfracht umgeschlagen.                               von dem Ausbau einen starken Impuls. Darüber hinaus
Damit liegt der Flughafen beim Luftfrachtumschlag auf         werden zahlreiche neue Arbeitsplätze am und um den
Platz drei in Europa und ist hinsichtlich der Passagier-      Flughafen erwartet.
zahlen auf Platz elf weltweit. Die vorhandenen Terminals
1 und 2 haben heute schon in Spitzenzeiten die Gren-          Schienengüterverkehr
zen ihrer Kapazität erreicht. Mittelfristig sind mit einem    Der Güterverkehr wird in Deutschland in den nächsten
Terminal 3 weitere Kapazitäten zu schaffen, um künftig        zwei Jahrzehnten noch deutlich anwachsen. Davon wer-
die prognostizierten Verkehrsvolumina bewältigen zu           den der Lkw-Verkehr und in einem geringeren Maße der
können.                                                       Schienengüterverkehr betroffen sein. Dies gilt auch für
Die Inbetriebnahme der dritten Landebahn hat zu neuen         Hessen und bedeutet, dass einer ausreichenden Infra-
Kapazitäten, aber auch zu Lärmbelastungen geführt.            struktur für den Schienengüterverkehr künftig eine noch
Das Land Hessen und Fraport intensivieren deshalb ihre        größere Bedeutung zukommen wird. Wachstumspoten-
Programme zum Schutz der betroffenen Bevölkerung              ziale werden dem Kombinierten Ladungsverkehr (KLV)
vor den durch den Flugverkehr verursachten Lärmemis-          bescheinigt. Für das Umladen von Containern von der
sionen.                                                       Bahn auf den Lkw und umgekehrt stehen in Hessen eine
                                                              Reihe von Umschlagterminals, wie beispielsweise das
Weitere Flugplätze in Hessen befinden sich in Egels-
                                                              Terminal Ost in Frankfurt am Main, zur Verfügung.
bach, Reichelsheim/Wetterau, Allendorf/Eder und Kas-
                                                              Nordhessen hat sich in den vergangenen Jahren zu
                                                              einer der erfolgreichsten Logistikdrehscheiben entwi-
                                                              ckelt: Bedeutende Unternehmen haben in diesem Teil
                                                              Hessens ihre Deutschland-Hubs errichtet. Auch weltweit
                                                              agierende Unternehmen, die Bestellungen per Internet
                                                              entgegennehmen, versorgen vom Kirchheimer Dreieck
                                                              aus ihre Kunden in ganz Deutschland. Wichtiger Be-
                                                              standteil der Logistikdrehscheibe Nordhessen ist das
                                                              Güterverkehrszentrum in Kassel mit seinem KLV-Termi-
                                                              nal. Eine große Herausforderung stellt der Schienengü-
                                                              terverkehr im Mittelrheintal dar, als Teil der durch die
                                                              Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels noch stärker
                                                              belasteten großräumigen Verbindung zwischen Nord-
                                                              italien und den niederländischen Nordseehäfen. Im Mit-
                                                              telrheintal nimmt deshalb die Belastung der Anwohner
                                                              durch Schienenlärm immer mehr zu. Über Lösungsmög-
                                                              lichkeiten wird derzeit diskutiert.
Flughafen Frankfurt am Main; Quelle: Fraport AG

                                                                                               Mobilität in Hessen     17
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

Verkehrssysteme sind Motoren für Wachstum und Beschäftigung
Bereits heute ist der Frankfurter Flughafen mit rund 78.000 Beschäftigten die größte Arbeitsstätte Deutschlands.
Die Prognosen gehen von einem weiteren Wachstum der Zahl der Beschäftigten auf rd. 100.000 im Zusammenhang
mit der erwarteten Zunahme der Passagierzahlen auf bis zu 88 Mio. Passagieren aus. Darüber hinaus wählen immer
mehr nationale und internationale Unternehmen den Flughafen Frankfurt am Main als Standort, so dass sich im Laufe
der Zeit in der Region rund um den Flughafen eine „Airport City“ gebildet hat, die derzeit gerade um das Gebiet
„Gateway Gardens“ erweitert wird.
Die gute Erreichbarkeit des Flughafens Frankfurt am Main wird im ICE- und IC-Verkehr durch den Flughafenfern-
bahnhof, im Regional- und S-Bahnverkehr durch den Regionalbahnhof und im Pkw-Verkehr durch die unmittelbare
Nähe zu den Autobahnen A 3 und A 5, die am Frankfurter Kreuz miteinander verknüpft sind, sowie die B 43
gewährleistet.

Impression Gleisvorfeld Frankfurt am Main                 Güterzug an der Landesgrenze auf dem Diemelviadukt
Quelle: Deutsche Bahn AG/Max Lautenschläger               Quelle: Deutsche Bahn AG/Stefan Klink

18    Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

Binnenschiffsverkehr                                       entladen und in einem eigenen Tanklager zwischenge-
Hessen hat Anschluss an die Bundeswasserstraßen            lagert werden kann. Auch sämtliche Kraftwerke am Main
Rhein, Main, Lahn, Fulda, Werra und Weser. Für den         verfügen über eigene Kai-Anlagen, an denen die für die
Güterverkehr bedeutend sind Rhein, Main und die            Kraftwerke benötigte Steinkohle gelöscht werden kann.
Weser ab Hannoversch Münden. Insgesamt werden              Neben diesen speziellen Hafenanlagen gibt es den
Hessens Wasserstraßen für den Freizeit- und Ausflugs-       Frankfurter Osthafen, in dem im Jahr 2012 insgesamt
verkehr immer beliebter. Auf dem Main als Wasserstraße     mehr als 4 Mio. t Schiffsgüter umgeschlagen wurden.
der Klasse Vb dürfen auf dem hessischen Teilabschnitt
                                                           Das Frankfurter Hafenangebot wird ergänzt durch den
Binnenschiffe mit einer Länge bis zu 110 Metern bzw.
                                                           Gutleuthafen sowie den Trimodalport von Infraserv
Schubverbände bis zu 185 Meter und einer maximalen
                                                           Logistics, an dem sich die drei Verkehrssysteme Schie-
Tonnage von 6.000 t verkehren. Der Rhein ist als Was-
                                                           ne, Straße und Wasserstraße im Industriepark Höchst
serstraße der Klasse Vlb auch für größere Schiffe und
                                                           treffen.
Schubverbände zugelassen: Hier dürfen die Schiffe
maximal 140 m lang sein, Schubverbände sogar bis zu        Der Hanauer Mainhafen folgt hinsichtlich des Schiffsgü-
195 m bei einer Höchsttonnage von 12.000 t.                terumschlags dem Frankfurter Hafen. Allerdings hat sich
                                                           der Hanauer Hafen mehr auf Mineralölprodukte speziali-
Zum Be- und Entladen der Binnenschiffe und Schub-
                                                           siert, als dies in Frankfurt der Fall ist.
verbände verfügt Hessen über eine Reihe von Häfen
mit teilweise hoch spezialisierten Profilen: So nutzt der   In Gernsheim am Rhein befindet sich der einzige hessi-
Flughafen Frankfurt den benachbarten Mainhafen (Kels-      sche Rheinhafen. Dieser hat sich auf die Abwicklung von
terbach), in dem das für den Flugbetrieb nötige Kerosin    kombiniertem Verkehr zwischen der Region Rhein-Main-
                                                           Neckar und den „ARA“-Häfen (Amsterdam, Rotterdam,
                                                           Antwerpen) spezialisiert und verzeichnet einen wachsen-
                                                           den Umschlag.
                                                           Auch im Binnenschiffsverkehr wird die Verkehrsleistung
                                                           noch weiter zunehmen, so dass die Zukunft der hessi-
                                                           schen Häfen gesichert werden muss.

Hanauer Hafen; Quelle: Hanau Hafen GmbH

                                                                                            Mobilität in Hessen     19
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

3.2 HESSEN: QUELL-, ZIEL- UND                                                                                                                        Im Verhältnis zum DTV-Wert auf Autobahnen im gesam-
TRANSITLAND IM EUROPÄISCHEN                                                                                                                          ten Bundesgebiet (46.400 Kfz/24 h) liegt der Kfz-Verkehr
                                                                                                                                                     auf hessischen Autobahnen ca. 30 % höher. Für hessi-
FERNVERKEHR
                                                                                                                                                     sche Bundesstraßen wurde 2010 im Außerortsbereich
Mobilität ist die Grundlage für wirtschaftliche Entwick-                                                                                             eine Verkehrsstärke von 10.577 Kfz/24 h ermittelt. Auch
lung und Wohlstand. Es ist tägliche Herausforderung,                                                                                                 im Vergleich zum DTV-Wert im Bundesgebiet (9.340 Kfz/
ein leistungsstarkes und zukunftsfähiges Verkehrssystem                                                                                              24 h) sind hessische Bundesstraßen um ca. 13 % stärker
vorzuhalten, das auf die Vernetzung aller Verkehrsträger,                                                                                            belastet. Ursächlich für die überproportionalen Belastun-
Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit setzt.                                                                                                  gen ist auch der hohe Transitverkehr.
                                                                                                                                                     Auf hessischen Autobahnen wurde 2010 eine Jahres-
                                                                                                                                                     fahrleistung von 21,5 Mrd. Kfz-Kilometern erbracht. Dies
Hessens Fernverkehrsstraßen – hohe Leistung
                                                                                                                                                     waren rund 10 % der auf den Autobahnen im gesamten
und überdurchschnittliche Nutzung                                                                                                                    Bundesgebiet insgesamt gefahrenen 217,1 Mrd. Kfz-Ki-
Hessens Straßen sind hochleistungsfähige Verkehrs-                                                                                                   lometer. Der Streckenanteil der Autobahnen in Hessen
wege. Mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrs-                                                                                               am bundesweiten Autobahnnetz lag jedoch mit 7,6 %
stärke (DTV) von 60.540 Kfz/24 h auf Autobahnen                                                                                                      deutlich niedriger; das Autobahnnetz in Hessen ist somit
(Stand: 2010) weist Hessen den höchsten Wert aller                                                                                                   überproportional hoch belastet. Anhand dieser Zahlen
Flächenländer auf. Höhere Verkehrsstärken als Hessen                                                                                                 wird deutlich, dass es in Hessen immer wichtiger wird,
verzeichnen nur die Stadtstaaten Berlin (80.850 Kfz/                                                                                                 die Verkehrsinfrastruktur hocheffizient zu nutzen.
24 h) und Hamburg (78.800 Kfz/24 h).                                                                                                                 Die Verkehrsbelastung des Autobahnnetzes in der Me-

KFZ-BELASTUNGEN AUF BAB/BUNDESSTRASSEN (B) 2010 IM BUNDESVERGLEICH (Kfz/h); Quelle: Hessen Mobil

 90.000
                    80.846

 80.000
                              78.831

 70.000

 60.000
                                                60.540

                                                                  58.487

                                                                                    56.838

 50.000
                                                                                                      51.922

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  46.400
                                                                                                                                        45.232
                                                                                                                       46.111

 40.000
                                                                                                                                                         41.314

                                                                                                                                                                          39.947

                                                                                                                                                                                           38.437

                                                                                                                                                                                                            36.186

                                                                                                                                                                                                                              35.946
                                                                                             35.276

 30.000
                                                                                                                                                                                                                                               32.146

                                                                                                                                                                                                                                                                31.715
           24.274

 20.000
                                                                                                                                                                                                                                                                                 18.349
                                                         14.124

                                                                                                                                                                                                                     10.066
                                                                           10.542
                                       10.577

 10.000
                                                                                                                                                                                                                                                                         6.292
                                                                                                               9.640

                                                                                                                                                 6.484

                                                                                                                                                                                                    5.332
                                                                                                                                9.080

                                                                                                                                                                                                                                                                                          9.340
                                                                                                                                                                  6.756

                                                                                                                                                                                                                                                        6.151
                                                                                                                                                                                                                                       9.373
                                                                                                                                                                                   8.751

     0
              BE             HH            HE               BW               NW                  HB               BY                NI               ST             SN                RP               BB                SH               SL              TH               MV             BUND

          Belastungen der B = Bundesstraßen                                          Belastungen der BAB = Bundesautobahnen

20        Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

tropolregion FrankfurtRheinMain ist geprägt durch den                   liegt aber immer noch um 6,6 % über dem Niveau von
Fern- und Transitverkehr sowie durch den Pendlerver-                    1995. Bei den Lkw ohne Anhänger (> 3,5 t) ergibt sich
kehr. Dieses Netz ist täglich mit durchschnittlich 92.600               für den Gesamtzeitraum ein Minus von 12,7 %.
Kfz/24 h belastet.
Einer der bedeutendsten Verkehrsknotenpunkte ist das                    Zustandsentwicklungen der
Frankfurter Kreuz (A 3/A 5/B 43). Es gehört mit DTV-Wer-                Straßenverkehrsinfrastruktur in Hessen
ten von mehr als 300.000 Kfz/24 h, in Spitzenzeiten                     Fahrbahnen haben nur eine begrenzte Haltbarkeit und
sogar bis zu 350.000 Kfz/24 h, zu den höchstbelasteten                  erfordern eine ständige Überwachung.
Autobahnkreuzen im gesamten Bundesgebiet.
                                                                        Neben der Beseitigung sicherheitsrelevanter Mängel an
                                                                        der Oberfläche, z. B. nach Frostperioden oder zur Ver-
Entwicklung Fahrzeugarten auf Autobahnen                                besserung der Rauheit, wird in Hessen durch systema-
(BAB) und Bundesstraßen (B) in Hessen                                   tische und nachhaltige Erhaltungsplanung die Straßen-
Die Anzahl der Pkw auf hessischen Autobahnen ist im                     infrastruktur instandgesetzt und erneuert. Regelmäßige
Zeitraum 1995 bis 2010 um knapp 1 % gestiegen. Die                      Zustandserfassungen und –bewertungen (ZEB) dienen
Fahrzeugart mit dem stärksten Verkehrszuwachs sind                      zur Steuerung im Erhaltungsmanagement und als Basis
Liefertransporter (Lkw < 3,5 t) mit einem Plus von 122 %.               für mittelfristige Erhaltungsprogramme.
Nach einer Zunahme der Anzahl an Lastzügen auf Bun-                     Der Anteil der Fahrbahnabschnitte mit Substanzmängeln
desstraßen (Lkw mit Anhänger und Sattelkraftfahrzeuge)                  ist bei den Autobahnen zwar geringer als bei Bundes-
bis 2000 hat der Verkehr danach wieder abgenommen,                      oder Landesstraßen, aber im Vergleich der ZEB-Ergeb-

ENTWICKLUNG FAHRZEUGARTEN AUF AUTOBAHNEN                                ENTWICKLUNG FAHRZEUGARTEN AUF BUNDES-
VON 1995 BIS 2010 (Kfz/24 h); Quelle: Hessen Mobil                      STRASSEN VON 1995 BIS 2010 (Kfz/24 h); Quelle: Hessen Mobil

50.000                                                                  10.000
                             50.899        51.000
            47.983                                         48.284
                                                                                        9251          9251          9158              9259
 9.000                                                                    900

 8.000                                                                    800

 7.000                       6.484                             6.569      700
                                            6.167
 6.000                                                                    600                         526
                4.821
 5.000                                                                    500                                        482
                                                                                        408                                           435
 4.000                                                                    400                         336            359
                                                               3.192                    315
                                            2.919                                                                    289              374
 3.000                                                                    300                         326
                             2.281                                                 269
                                                               1.701                                                                  275
 2.000          1.631                       1.666                         200                                       223
                                                                                        205           207
         1.438               1.799                                                                                                    174
 1.000                                                         593        100
            449               327           427
                                                                                    59                                                  61
            316                                                   201                                  74            63
    0                            285          337                           0
                1995          2000          2005               2010                     1995          2000          2005              2010
         Auto      Lastzug   Transporter   Lkw      Motorrad      Bus            Auto      Lastzug   Transporter   Lkw     Motorrad     Bus

                                                                                                                   Mobilität in Hessen        21
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

nisse der Jahre 2001, 2005 und 2009 zeigt sich, dass die            Mittel für Erhalt und Ausbau eine Verschlechterung der
Investitionen nicht ausgereicht haben, um das Auto-                 Substanz zu verzeichnen. So ist etwa mit Blick auf die Er-
bahnnetz im Zustand zu verbessern. Die nächste ZEB er-              gebnisse von 2008 ein Viertel der Landesstraßen in nicht
folgt in 2013. Hier wird sich zeigen, ob der Trend anhält.          ausreichendem Zustand. Viele davon müssen von Grund
Bei den Fahrbahnen der Bundesstraßen konnte ausge-                  auf erneuert werden.
hend von der ZEB im Jahr 2003 eine weitere Verschlech-              Um hier die dringendsten Maßnahmen angehen zu
terung zumindest gestoppt werden, wie die jüngsten                  können, wird seit vielen Jahren regelmäßig eine Dring-
Ergebnisse aus 2011 erkennen lassen. Bei den Landes-                lichkeitsbewertung aufgestellt, in die auch Um- und
straßen mit immerhin ca. 7.000 km Länge ist seit der                Ausbaubedarf, Brücken und Stützwände sowie Radwege
Zustandserfassung 2001 trotz erheblich gesteigerter                 einbezogen werden. Die Ergebnisse der ZEB 2012, die

ZUSTANDSENTWICKLUNG AUTOBAHNEN IN HESSEN; Quelle: Hessen Mobil

             Zustand 2001                  Zustand 2005                        Zustand 2009

                     6,6 %                         8,9 %                              11,3 %
                             9,7 %                                                                      sehr schlecht
                                                         10,5 %                              11,5 %
                                                                                                        geringfügige Schäden
                               9,5 %
                                                           12,1 %                                       gut
                                                                                             15,1 %
            74,2 %                        68,5 %                             62,1 %
                                                                                                        sehr gut

ZUSTANDSENTWICKLUNG BUNDESSTRASSEN IN HESSEN; Quelle: Hessen Mobil

             Zustand 2003                 Zustand 2007                        Zustand 2011

                        24,4 %                       22,4 %                           17,5 %
                                                                                                      sehr schlecht

                                                                                                      geringfügige Schäden
         45,8 %                        44,3 %                             51,7 %
                                                                                         16,3 %
                                                                                                      gut
                             16,2 %                      19,2 %
                                                                                                      sehr gut
                                                                                      14,6 %
                  13,6 %                        14,2 %

22    Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

zum Berichtszeitpunkt noch nicht vorgelegen haben,         gen nach DIN 1076 (RI-EBW-PRÜF) einen objektiven
werden zeigen, inwieweit eine Entspannung der Situ-        Maßstab für die Zustandsqualität. Grundsätzlich ist bei
ation eingetreten ist. Eine deutliche Verbesserung des     allen Straßenkategorien die Tendenz der Verschlech-
Landesstraßennetzes ist allerdings kaum zu erwarten.       terung des Zustands der Brücken zu erkennen. Der
Die gleiche Problematik gilt auch für die kommunalen       Anteil der Bauwerke mit einer Zustandsnote von 3,0 und
Straßennetze.                                              schlechter ist jedoch bei Autobahnen im Vergleich zu
                                                           den Bundes- und Landesstraßen deutlich höher. In den
Problematischer Zustand der Brücken                        vergangenen Jahren konnte diesem Trend bereits mit
Der Zustand der Brücken ist u. a. abhängig von deren       Brückenverstärkungen und Ersatzneubauten entgegen-
Alter. Ein hoher Anteil der Brücken an Autobahnen ist      gewirkt werden. Weitere Erhaltungsschwerpunkte im
heute zwischen 35 und 50 Jahren alt. Bei Bundes- und       Bereich der Großbrücken (A 4, A 7, A 45, Schiersteiner-
Landesstraßen sind die Bauwerke im Mittel etwas jünger.    und Lahnbrücke) befinden sich derzeit in der Planung
                                                           bzw. in der Umsetzung.
Die älteren Brücken genügen in sehr vielen Fällen nicht
mehr den heutigen verkehrlichen Anforderungen. Die
erhöhten Transportleistungen, die mehrfach angepass-       Entwicklung der öffentlichen Bauhaushalte
ten Achslasten der Lkw und der altersbedingte Ver-         von Bund, Ländern und Landkreisen
schleiß machen mittlerweile in sehr vielen Fällen eine     Die Investitionen in den Bundesfernstraßenbau in Hes-
statische Nachrechnung erforderlich, deren Ergebnis oft    sen sind seit dem Jahr 2000 angestiegen. Insbesondere
in Tonnagebeschränkungen, baulichen Verstärkungs-          im Zuge der Konjunkturprogramme hat sich in den Jah-
maßnahmen oder gar in Ersatzneubauten münden.              ren 2009 bis 2011 nochmals eine deutliche Steigerung
Neben der Altersstruktur liefern die Zustandsnoten aus     der jährlichen Investitionsvolumina ergeben. Durch die
der Bauwerksprüfung auf der Grundlage der Richtlinie       Infrastrukturbeschleunigungsprogramme I + II für die
zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung       Jahre 2012 bis 2014 wurde das hohe Niveau nochmals
und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfun-         angehoben. Die Haushaltsmittel der Konjunkturpro-

ZUSTANDSENTWICKLUNG LANDESSTRASSEN IN HESSEN; Quelle: Hessen Mobil, BA3, Dez. 2012

            Zustand 2001                 Zustand 2004                Zustand 2008

                    15,6 %
                                                 21,1 %                      24,1 %         sehr schlecht
                                      22,5 %                      24,0 %
         26,4 %
                                                                                            geringfügige Schäden

                       29,2 %                                                               gut
                                     27,8 %       28,6 %          24,6 %
           28,8 %                                                             27,3 %        sehr gut

                                                                                           Mobilität in Hessen     23
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

ALTERSSTRUKTUR DER BRÜCKEN IN HESSEN IM BEREICH DER BUNDESFERNSTRASSEN UND LANDESSTRASSEN;
Quelle: Hessen Mobil

                                30

                                25

                                20
  Anteil an Brückenfläche in %

                                15

                                10

                                5

                                0
                                     bis 1954 1955-59   1960-64   1965-69 1970-74   1975-79 1980-84   1985-89   1990-94 1995-99   2000-04   2005-09   ab 2010

                                      Bundesautobahn      Bundesstraßen     Landesstraßen

gramme dienten überwiegend (ca. 70 %) der Erhöhung                                            zungen bzw. -erneuerungen. Obwohl der Bund für die
des Mittelansatzes für die Erhaltung. Trotz Steigerung                                        kommenden Jahre im Bedarfsplanbereich niedrigere
der Mittel konnte aufgrund der starken Nutzung der                                            Mittelansätze in Aussicht stellt, wird sich das Gesamtin-
Bedarf für die Erhaltung nicht erreicht werden.                                               vestitionsvolumen aufgrund der weiterhin hohen Vorga-
Dagegen werden die Infrastrukturbeschleunigungspro-                                           ben für die Erhaltung sowie des steigenden Umsatzes
gramme hauptsächlich (ca. 80 %) zur beschleunigten                                            für die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit mittelfristig
Abwicklung von Neubaumaßnahmen herangezogen.                                                  voraussichtlich auf einem ähnlich hohen Niveau bewe-
Der Bundesfernstraßenbauhaushalt gliedert sich derzeit                                        gen.
im Wesentlichen in die Finanzbereiche des Bedarfsplans                                        Im Vergleich zu den 90er Jahren konnten seit dem Jahr
(Neubau ohne Verkehrsprojekt Deutsche Einheit – VDE),                                         2005 die Investitionen im Landesstraßenbau auf einem
der Erhaltung, des Um- und Ausbaus sowie der Finanzie-                                        hohen Niveau konsolidiert werden. Besonders zu erwäh-
rung des Neubaus der A 44 (VDE). Im Gegensatz zu den                                          nen in diesem Zusammenhang ist die Umsetzung der
Jahren ab 2000 genießt derzeit die Erhaltung des Stra-                                        Konjunkturprogramme in den Jahren 2009 bis 2012.
ßennetzes einen besonderen Stellenwert, der geprägt                                           Die Haushaltsmittel für die Konjunkturprogramme wur-
wird von der hohen Anzahl von Bauwerksinstandset-                                             den fast ausschließlich zur Erhaltung des Straßennetzes

24                              Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

ENTWICKLUNG DER BAUHAUSHALTE BUND (ANTEIL HESSEN), LAND, KREISE
(in Mio. Euro); Quelle: Hessen Mobil

                                                                                                        788,2
 800
                                                              703,7                                         47,7   723,5
                                                                            700,9                                            708,0
                                                               13,8                                     578,2
 700                                                                         24,5                                  116,0     150,0
                                                              499,3                        636,2
                                                                            496,0

 600                                                                                        51,0
                                                                                                                   467,5
                                       488,1                                               401,4
                                                                                                                             418,0
                                                   472,0
 500                      461,6         4,4
           420,0           8,0                       4,4
                                       358,7
           20,9                                    337,6
                          327,6
 400
           274,1

 300

 200
                                                              155,6                        136,6
                                                                            137,8                       122,3
                                                   105,0                                                           100,0     100,0
 100       97,0           100,0        100,0

           28,0           26,0         25,0         25,0       35,0          42,6          47,2             40,0   40,0       40,0
    0
           2005           2006         2007         2008       2009          2010          2011             2012   2013       2014

         Kreis     Land      Bund ohne VDE (Anteil Hessen)   VDE (Anteil Hessen)        ab 2013 Planwerte

        eingesetzt. Diese Sondermittel führten zur Abflachung                       Zur Organisation des Winterdienstes werden Räum- und
        des jährlich ansteigenden Bedarfs für die hessischen                       Streupläne aufgestellt. Diese berücksichtigen die Ver-
        Landesstraßen in 2009 bis 2012.                                            kehrsbedeutung einer Strecke, topografische Beson-
                                                                                   derheiten, besonders gefährliche Stellen sowie weitere
        Sichere Wege –                                                             örtliche Randbedingungen. Die Meistereien haben
        der Winterdienst auf Hessens Straßen                                       Zugriff auf die Daten des Deutschen Wetterdienstes,
                                                                                   bekommen Warnmeldungen und können die Daten
        Der Winterdienst wird von den 60 Autobahn- und
                                                                                   der Glättemeldeanlagen in Hessen einsehen. Neben
        Straßenmeistereien mit rund 1.500 Winterdienstkräften
                                                                                   allgemeinen Vorhersagen stehen detaillierte Berichte
        und 500 Räum- und Streufahrzeugen durchgeführt. Die
                                                                                   für ca. 20 Regionen in Hessen und den benachbarten
        Lagerkapazität in den Salzlagerhallen auf den Gehöften
                                                                                   Bundesländern zur Verfügung. Die Glättemeldeanlagen
        und Stützpunkten der Meistereien beträgt rund 80.000 t.
                                                                                   liefern den Meistereien zusätzliche, punktuelle Angaben
        Daneben können je nach Bedarfslage bereits vertraglich
                                                                                   über den Zustand an exponierten Stellen. Dabei werden
        gesicherte Kontingente bei den Salzlieferanten nachge-
                                                                                   Daten über Luft- und Fahrbahntemperatur, Fahrbahnzu-
        ordert werden.
                                                                                   stand (nass, trocken), Taupunkt u. v. m. erfasst.

                                                                                                                      Mobilität in Hessen   25
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

Für die Beschaffung von Tausalz wird ein Großteil der                                              vereinbarten Bedingungen auf einen Teil dieser Salzre-
Sachmittel im Unterhaltungs- und Instandhaltungsdienst                                             serve zugreifen. Durch diese Maßnahmen ist gewährleis-
von Hessen Mobil aufgewendet. Der Verbrauch ist dabei                                              tet, dass die Mobilität auf den Straßen in Hessen auch
stark abhängig von den Witterungslagen und schwank-                                                bei winterlichen Straßenverhältnissen aufrechterhalten
te in den vergangenen zehn Jahren aufgrund dieser                                                  werden kann.
externen, nicht kalkulier- und vorhersehbaren Einflüsse                                             Durch den starken Preisanstieg für Tausalz (in den
um den Faktor sechs. So wurden minimal 35.000 t und                                                vergangenen fünf Jahren im Mittel um ca. 43 %) ist eine
maximal rund 210.000 t verbraucht. Diese Schwankung                                                genaue Beobachtung des Salzverbrauchs geboten.
führte in der Vergangenheit zeitweise zu Lieferschwierig-
                                                                                                   Um diese Beobachtung zu ermöglichen, werden die
keiten.
                                                                                                   Räum- und Streueinsätze mittels eines GPS-gestützten
Um hier eine Stabilisierung und eine Versorgungssicher-                                            Einsatzdatenerfassungssystems aufgezeichnet und
heit zu erreichen, werden derzeit durch Hessen Mobil                                               dokumentiert. So kann hessenweit jeder Einsatz samt
an verschiedenen Standorten die Salzlagerkapazitäten                                               der dazu verbrauchten Streustoffe ermittelt werden.
ausgebaut. Zusätzlich wurde durch den Bund eine natio-                                             Aufgrund der modernen Streutechnik und der Dosier-
nale Salzreserve angelegt. Hessen Mobil kann unter fest                                            genauigkeit konnte der Verbrauch von Tausalz auf die
                                                                                                   jeweils vorliegenden Witterungsverhältnisse angepasst
SALZVERBRAUCH DER LETZTEN ZEHN JAHRE                                                               und damit minimiert werden.
VON HESSEN MOBIL (in 1000 t); Quelle: Hessen Mobil

 250                                                                                               Lärmschutz
                                                                                                   Den Schutz vor Verkehrslärm nimmt Hessen Mobil sehr
                                                                                                   ernst, da sowohl die menschliche Gesundheit und Le-
 200                                                                                               bensqualität, als auch die Natur hiervon in erheblichem
                                                                                                   Maße betroffen sein können. Nicht vermeidbarem Lärm
                                                                                                   wird durch Maßnahmen des aktiven Schallschutzes wie
 150
                                                                                                   Schutzwände, Wälle, lärmmindernde Fahrbahnober-
                                                                                                   flächen und Einhausungen begegnet. Zusätzlich wer-
                                                                                                   den passive Schallschutzmaßnahmen (Förderung von
                                                                                                   Lärmschutzfenstern) durchgeführt. Hessen Mobil ist bei
 100
                                                                                                   dieser sogenannten Lärmvorsorge an klare Vorgaben
                                                                                                   des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der Ver-
                                                                                                   kehrslärmschutzverordnung gebunden, die das Verfah-
     50
                                                                                                   ren zur Lärmberechnung und -beurteilung sowie die
                                                                                                   Immissionsgrenzwerte festlegen.

      0
                                                                           10-11
           02-03

                   03-04

                           04-05

                                   05-06

                                           06-07

                                                   07-08

                                                           08-09

                                                                   09-10

                                                                                   11-12

                                                                                           12-13

26        Mobilität in Hessen
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

Naturschutz                                                Der Anteil der Lärmschutz- sowie Naturschutzmaßnah-
Straßenbauprojekte sind regelmäßig mit Eingriffen in       men im Zuge von Neubauprojekten der Straßeninfra-
Natur und Landschaft verbunden. Der gesamte Prozess        struktur beträgt durchschnittlich ca. 6 % der Baukosten.
von Planung, Bau und Unterhaltung des hessischen Stra-     Bei Großprojekten kann allein der Anteil für Umwelt-
ßennetzes orientiert sich an umweltfachlichen Anforde-     schutzmaßnahmen – insbesondere auch durch den Bau
rungen. Bereits ab den frühesten Planungsstadien sind      von Grünbrücken – bis zu 10 % erreichen.
die Landespflege von Hessen Mobil sowie die Natur-
schutz- und Forstbehörden beteiligt. Sie sorgen für die    Masterplan Verkehrssicherheit
Einhaltung der europäischen Naturschutzgesetzgebung        Die Aktionsfelder der Verkehrssicherheitsarbeit
und der bundesweit geltenden sowie hessischen gesetz-      „Mensch, Fahrzeug, Straße” sind abhängig vom gesell-
lichen Pflichten. Aufbauend auf intensiven Erkundungen      schaftlichen Wandel. Hessen Mobil überprüft daher
des Naturraums steht der Grundsatz der Vermeidung          kontinuierlich die eigene Effizienz und Ausrichtung der
oder Verminderung von Umweltschäden an erster Stelle.      Verkehrssicherheitsarbeit. Kampagnen im Bereich der
Besonderer Aufwand wird betrieben, um Zerschnei-           Verkehrssicherheit führt Hessen Mobil auch mit Partnern
dungswirkungen durch den Verkehrsweg aufzufangen.          wie dem ADAC Hessen-Thüringen e. V. durch. In den ver-
Hessen Mobil baut Grünbrücken, damit Wildtiere trotz       gangenen Jahren konnten dadurch große Erfolge erzielt
unüberwindbarer Verkehrsbarrieren ihre weiträumigen        werden. Thematischen Schwerpunktsetzungen, wie z. B.
Lebensräume erreichen können, schafft für Fledermäuse      Baumunfälle, Motorradunfälle und Nässeunfälle werden
Hilfen zum Überflug oder errichtet Straßentunnel, wenn      durch Hessen Mobil fachübergreifend bearbeitet und
der Schutz besonders wertvoller oder unter strengem        führen ebenfalls zu einem deutlichen Sicherheitsgewinn
europarechtlichen Schutz stehender Naturraumkom-           auf den Straßen.
plexe dies erfordert. Soweit Beeinträchtigungen unver-     Zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr und zur Redu-
meidbar sind, dienen Kompensationsmaßnahmen dazu,          zierung folgenschwerer Unfälle trägt auch verstärkt die
die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes aufrechtzu-     Nutzung moderner Technologien bei. Hessen Mobil initi-
erhalten. Dazu stellt Hessen Mobil naturnahe Lebensräu-    iert und beteiligt sich seit Jahren führend an Forschungs-
me wieder her, renaturiert Fließgewässer und errichtet     und Entwicklungsprojekten im Bereich der Intelligenten
Ersatzquartiere für Tiere, die durch die Baumaßnahme       Verkehrssysteme (IVS), um die dort liegenden Potenziale
ihren Lebensraum verloren haben.                           zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu nutzen.
Bei der Planung und dem Bau von Straßen stehen             Im Rahmen des Projekts „Masterplan Verkehrssicherheit”
effizientes Handeln und sparsamer Umgang mit finanzi-        soll ein strategisches Leitbild zur künftigen Verkehrs-
ellen Mitteln im Vordergrund. Hessen Mobil ist bei allen   sicherheitsarbeit in Hessen aufgestellt und mit einem
Eingriffen und Kompensationsmaßnahmen bestrebt,            Masterplan möglicher Maßnahmen bzw. Projekte hinter-
das Erforderliche umzusetzen, um ein Optimum für den       legt werden. Dadurch sollen in den nächsten Jahren die
Natur- und Landschaftsschutz im Einvernehmen mit allen     Handlungsfelder für die Verkehrssicherheitsarbeit von
Interessenträgern sowie unter Einhaltung sämtlicher        Hessen Mobil vorgegeben werden.
gesetzlicher Vorschriften zu erreichen.

                                                                                             Mobilität in Hessen   27
3 HESSEN – NATIONALE UND INTERNATIONALE VERKEHRSDREHSCHEIBE

REISEZEITEN IM FERNVERKEHR DER DEUTSCHEN BAHN AB FRANKFURT (M) HBF
Quelle: Deutsche Bahn für 2013

                                       Hamburg (3 ¾ Std.)

       Amsterdam
       (4 Std.)
                                                        Hannover
                                                        (2 ½ Std.)
                                                                                Berlin (3 ¾ Std. / 4 1 4 Std.)
Brüssel
(3 1 4 Std.)
                             Köln
                             (1 1 4 Std.)
                                                                          Leipzig (3 ½ Std.)

                                              Frankfurt am Main
     Paris
     (3 ¾ Std.)                                                   Nürnberg (2 Std.)

                                                Stuttgart
                                                (1 1 4 Std.)
                                                                                               Wien (6 ¾Std.)
                                                                   München (3 ¾ Std.)
      Lyon (6 Std.)                 Basel (2 ¾ Std.)
      Marseille (8 Std.)

                                            Zürich (4 1 4 Std.)

Hessen ist der Mittelpunkt                                         te Fernverkehrsknoten Deutschlands. Dabei bildet der
des Schienenverkehrs in Deutschland                                Hauptbahnhof mit seinen 350.000 Nutzern täglich den
Die Hälfte aller Güter- und Personenfernverkehrsleistun-           Mittelpunkt des Fernverkehrsnetzes der Deutschen Bahn
gen auf der Schiene in Deutschland verläuft durch Hes-             – national und international.
sen, endet oder beginnt hier. Durch eine erfolgreiche              Ob Wien, Zürich, Lyon, Paris, Brüssel oder Amsterdam,
Angebotspolitik konnten die Leistungen des Schienen-               ob Nürnberg, München, Stuttgart, Saarbrücken, Köln,
personenfernverkehrs in Hessen Jahr für Jahr gesteigert            Rhein-Ruhr, Hamburg, Berlin oder Leipzig – aus Frankfurt
werden.                                                            am Main werden die wichtigsten Wirtschaftsregionen
                                                                   Deutschlands und des angrenzenden Auslands ohne
Frankfurt am Main –                                                Umsteigen per Bahn erreicht.
Knotenpunkt des deutschen Fernverkehrs                             So liegen die Innenstädte von Paris und Frankfurt am
Frankfurt am Main ist mit seinen drei Fernbahnhöfen                Main bahntechnisch keine vier Stunden auseinander; die
(rund 85.000 Ein- und Aussteiger in und aus mehr als               Bundeshauptstadt Berlin ist bequem in etwas über vier
350 Fernzügen täglich allein im Fernverkehr) der größ-             Stunden bzw. im Sprinter sogar in dreidreiviertel Stun-

28     Mobilität in Hessen
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