25.-29. AUGUST Ein Festival feiert das pure Leben - GAIA Festival
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WILLKOMMEN I N H A LT zum GAIA Musikfestival Oberhofen KONZERTPROGRAMM 5 GÖTTERFUNKEN Mittwoch, 25. August 2021 6 19.30 Uhr, Stadtkirche Thun IN BEETHOVENS UNIVERSUM Donnerstag, 26. August 2021 8 Sehr geehrte Zuhörerinnen 19.30 Uhr, Kirche Scherzligen und Zuhörer, liebe L’EROICA Freundinnen und Freunde Freitag, 27. August 2021 12 Beethoven war nicht gerade dafür bekannt, ein mitsingen und kennt einen der bewegendsten 19.30 Uhr, Kirche Hilterfingen geduldiger Mensch zu sein. Wie hätte er wohl Refrains der Geschichte: die Ode an die Freude. FRATRES darauf reagiert, dass seine Geburtstagsfeier- Seit dem letzten GAIA Musikfestival sind Samstag, 28. August 2021 16 lichkeiten nicht wie geplant stattfinden konn- 27 Monate vergangen. In dieser Zeit haben ten? Womöglich hätte er es kaum bemerkt, wir unser Festival dreimal geplant und wieder 20 Uhr, Kirche Hilterfingen denn um seine eigene Person machte er wenig abgesagt. Wir haben alles in unserer Macht DER STURM Aufhebens. Schon Rossini war erschrocken, Stehende getan, um die ursprüngliche Künst- Sonntag, 29. August 2021 20 wie ärmlich der berühmte Beethoven lebte. lerliste aufrechtzuerhalten. Wir haben mit Ih- 11 Uhr, Schloss Oberhofen Ganz gleich ob Empathie oder Frustration, nen, unserem Publikum, über personalisierte eines ist klar: Beethovens Einfluss ist stärker Newsletter, Briefe oder E-Mails Kontakt gehal- DAS IDOL als je zuvor. Sein Vermächtnis, Musiker und ten. Wir haben eng mit den Gemeinden Ober- Matinée Publikum auf der ganzen Welt zu inspirieren, hofen und Hilterfingen und dem Kanton Bern Sonntag, 29. August 2021 24 scheint immer weiter zuzunehmen. zusammengearbeitet, mit unseren Sponsoren, 18 Uhr, Kirche Hilterfingen Nie zuvor haben wir in der 13-jährigen Ge- den Stiftungen und Einzelspendern, die unser schichte von GAIA für jemanden den Teppich Überleben gesichert haben. Wir haben uns als GÖTTERFUNKEN so feierlich ausgerollt wie für den Grossmeis- Team von Komiteemitgliedern und Freiwilligen Abschlusskonzert ter der Wiener Klassik. In der Vergangenheit so sicher und häufig wie möglich getroffen. Vor setzten wir uns unter anderem dafür ein, zeit- allem aber haben wir Sie vermisst. Wir haben genössische Komponisten zu fördern, indem es vermisst, persönlich bei Ihnen zu sein, für K Ü N S T L E R P O R T R ÄT S 29 wir sie mit neuen Werken für unser Festival Sie zu spielen, mit Ihnen Ideen auszutauschen beauftragten. In diesem Jahr ist Beethoven un- und mit Ihnen Teil dieser Gemeinschaft zu ser Composer in Residence. sein. Unsere Reise durch Beethovens Universum Vielen Dank für Ihre und eure anhaltende Wir sind das GAIA 39 führt uns nicht nur entlang seiner eigenen Mu- Unterstützung. Es ist fast unmöglich, auszu- Musikfestival Oberhofen sik, sondern auch zu jenen, die er inspirierte. drücken, wie glücklich wir sind, wieder hier Impressum Schüler wie Ries, Zeitgenossen wie Mosche- zu sein. Beethovens Götterfunken schafft es les und Vorgänger wie Mozart kreisen um ihn. am besten, die Freude zu vermitteln, die unsere Einige Figuren des diesjährigen Festivals sind Herzen in diesem August 2021 erfüllt. Wir danken 40 entweder weitgehend vergessen, wie Dussek, oder unterschätzt, wie Spohr. Beinahe alle stehen sie im Schatten von Beethoven. Selbst Freudigst, Ihre in einer Welt, in der klassische Musik eine Ni- schenkunstform ist, kann praktisch jeder die Gwendolyn Masin ersten vier Töne von Beethovens 5. Sinfonie Gründerin und künstlerische Leiterin 2 3
Mittwoch, 25. August 2021, 19.30 Uhr Stadtkirche Thun IN BEETHOVENS UNIVERSUM Ludwig van Beethoven (1770–1827) Sieben Variationen über «Bei Männern, welche Liebe fühlen» aus Die Zauberflöte, WoO 46 Carl Czerny (1791–1857) Marcia funebre sulta morte di Luigi van Beethoven op. 146 Ferdinand Ries (1784–1838) Klavierquintett b-Moll op. 74 Ausführende Ludwig van Beethoven – Sieben Variationen über «Bei Männern, welche Liebe fühlen» Ludwig van Beethoven (1770–1827) Violine aus W.A.Mozarts Die Zauberflöte, WoO 46 Wouter Vossen Septett Es-Dur op. 20 Gwendolyn Masin Weder von Haydn, noch von Mozart ist ein einziges Solowerk für Violon- Viola cello erhalten, sieht man einmal vom Fragment einer Sinfonia Concertante Razvan Popovici für Streichtrio und Orchester KV 320e ab, die Mozart sehr wahrscheinlich Tomoko Akasaka wegen der Unmöglichkeit einen ausreichend versierten Cellisten für die Cello Umsetzung in Salzburg zu finden, abbrach. Während Solisten wie Luigi Chiara Enderle Samatanga Boccherini und Giuseppe Maria Jacchini in der Barockzeit Sonaten schrie- Benedict Klöckner ben, fiel es Beethoven zu, das sich stärker von der Rolle des Basso conti- Kontrabass nuo weg zu einem prominent solistisch eingesetzten Streichinstrument zu Lars Schaper entwickeln. Neben den fünf bedeutenden Cellosonaten, bei denen in op. Klarinette 5 noch das Klavier dominiert, schrieb er um die Jahrhundertwende 1800 Moritz Roelcke insgesamt drei Variationswerke für Klavier und Violoncello, eines über ein Horn Thema aus Händels «Judas Maccabaeus» und zwei zu Themen aus Mozarts Hervé Joulain «Zauberflöte». Diesen passgenau auf die Bedürfnisse der zunehmend prak- Das Konzert wird von Radio SRF Fagott tizierten bürgerlichen Kammermusik zugeschnittenen, gut verkäuflichen aufgenommen. Über die Ausstrahlung Igor Ahss Werke verlieh der Komponist keine Opuszahlen. Das opus 1 behielt er den auf Radio SRF 2 Kultur informieren Klavier gewichtigeren Klaviertrios aus gleicher Zeit vor. wir Sie gerne in unserem GAIA-Newsletter. José Gallardo Diana Ketler 6 7
Donnerstag, 26. August 2021, 19.30 Uhr Johann Nepomuk Hummel – Klavierquintett Es-Dur op. 87 Kirche Scherzligen Der in Bratislava (damals Pressburg) geborene Hummel war ein Wunder- kind, das innerhalb weniger Jahre mit den Grössen seiner Zeit verkehrte. Bei Mozart, der von ihm beeindruckt war, zog er als kleiner Knabe sogar ein und erhielt zwei Jahre lang kostenlosen Unterricht, war auf diese Weise Mozarts engster Schüler. Auch bei Haydn und Johann Georg Albrechtsber- ger nahm er später Stunden, eben jenen beiden Männern, die auch Beetho- L’ E R O I C A ven instruierten, als dieser 1792 nach Wien kam. Dessen beeindruckendes Klavierspiel, nebst seinem extrovertierten Charakter, schüchterte Hum- mel stark ein, was er aber mittels einer allmählichen Annäherung an den Rheinländer überwand. Ihre Freundschaft war meist von gegenseitigem Respekt geprägt. Zuweilen gab es aber höchst unglückliche Ereignisse, wie Beethovens zuweilen abfällige Bemerkungen über Hummels Qualitäten in Musikerkreisen, die dem Jüngeren zu Ohren kamen, wie auch Beethovens offensichtlich amouröses Interesse an Hummels Ehefrau. Johann Nepomuk Hummel (1778 – 1837) Abseits Wiens übernahm Hummel ab 1804 viele Pflichten des krän- Klavierquintett es-Moll op. 87 kelnden Haydn am Hof Nikolaus II. von Esterházy in Eisenstadt. Erst nach I. Allegro e risoluto assai dessen Tod 1809 erhielt er den Titel und Rang eines Kapellmeisters, wurde II. Menuetto. Allegro con fuoco aber schon 1811 entlassen, weil er angeblich seine vertraglichen Obliegen- III. Largo heiten vernachlässigte. Weitere Stationen führten ihn nach Stuttgart und IV. Finale: Allegro agitato Weimar, wo er gegen Ende seines Lebens feststellen musste, wie seine auf spätklassischen Fundamenten ruhende Musik langsam aus der Mode kam. Ignaz Moscheles (1794 – 1870) Auf dem Gipfel seines Ruhms weit respektiert und geschätzt, hinterliess Variations concertantes d-Moll op. 21 er neben umfangreicher Klaviermusik solo, mit Orchester und in der Kam- Var. I mermusik auch kuriose Werke, wie ein Mandolinenkonzert. Das in der «Fo- Var. II Piu mosso rellen-Quintett»- Besetzung geschriebene Klavier-Quintett – die auch von Var. III Tempo 1mo Ferdinand Ries verwendet wurde – entstand 1802 und gibt besonders dem Var. IV Majore Klavier ausreichend Gelegenheit zu glanzvoller Präsentation. Das Quintett Var. V (pianoforte solo) Ausführende op. 87 ist dennoch ein meisterlich verfertigtes Werk. Der erste Satz fesselt Var. VI Allegretto und beeindruckt den Hörer mit seiner Kraft und Leidenschaft zugleich. Das Violine Majore eigenwillige Hauptthema hat einen robust drängenden, fast martialischen Suyeon Kang Wouter Vossen Charakter, flankiert von romantischen Kontrasten, während das Minuetto Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) mit einer Mischung aus Lebendigkeit und Überschwang mit melancholi- Viola Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 Tomoko Akasaka scher Note überzeugt. Das Finale ist voller unbeschwerter Fröhlichkeit und instrumentiert für Klavierquartett Razvan Popovici endet mit einem brillanten und wirkungsvollen Abschluss. Der Kontrabass, von Ferdinand Ries Violoncello wie auch bei Ries, dient mehr der Erweiterung des tiefen Registers, als dass Allegro con brio Chiara Enderle Samatanga ihm je ein eigenes Podium eröffnet würde. Beide Quintette sind dadurch Marcia funebre. Adagio assai Benedict Klöckner eher Klavierquartette mit der Erweiterung durch einen Kontrabass. Erst in Scherzo: Allegro vivace Kontrabass Schuberts «Forelle», fast zwei Jahrzehnte später, darf der Kontrabass sich Finale: Allegro molto Lars Schaper gleichwertige Geltung verschaffen. Flöte Maximilian Randlinger Klavier José Gallardo Diana Ketler 8 9
Ignaz Moscheles– Variations concertantes d-Moll op. 21 zunächst Hoffnungen auf die Erfüllung hehrer gesellschaftlicher Ziele. Thema Andantino Erst nach dessen eigener Erhebung in den Stand eines Kaisers rückte er ab von seiner Widmung und nannte die Sinfonie «Eroica». Sie sollte nicht Der Jüngste der Komponisten im Umfeld Beethovens am diesjährigen Fes- mehr an einen bestimmten Menschen erinnern, sondern an das Heroische tival – wie alle anderen auch ein glänzender Pianist – war früh glühender in jedem Menschen, der sich aufmacht, Ausserordentliches zu leisten. Anhänger des Revolutionärs, was ihm sein Lehrer Bedřich Diviš Weber Geschrieben ist das Werk in Heiligenstadt, jenem Ort und zu jener Zeit, (1766 – 1842) austreiben wollte, da er Bach, Mozart und Clementi bevor- als Beethoven eigentlich nicht mehr weiter wusste und den Wunsch hat- zugte. Nach Wien ging er 1808 als Vierzehnjähriger und studierte, wie te, sein Leben würde hier enden. Wie andere grosse Künstler hat er seine die vorherige Generation Musiker bei Albrechtsberger und Antonio Sali- übergrosse Begabung genutzt, um sich aus eigener Kraft aus dem Schla- eri Komposition. Beethoven begegnete er endlich und beeindruckte ihn massel zu ziehen, was immer wieder erstaunt, wenn man bedenkt, welche derart, dass der Ältere ihm den handgeschriebenen Klavierauszug seines Kraft nötig ist, schöpferisch tätig zu sein, wenn die Seele darniederliegt. Fidelio anvertraute. Sie blieben einander verbunden bis zuletzt, als Mo- Exemplarisch für den eigentlichen Kraftakt ist auch die Länge der Sinfonie, scheles für Beethoven einen Vorschuss auf eine 1o.Symphonie bei der Lon- die viele Zeitgenossen an die Grenze ihrer Konzentrationsfähigkeit brach- don Society of Music erwirkte. Beethoven aber starb wenige Tage später. te. Gerade der erste Satz sprengt alle bisherigen Massstäbe. Beethoven Als Pianist und Pädagoge weit herum respektiert und begehrt, gilt als eine verhandelt darin eine überbordende Fülle von Themen und Impulsen, die von Moscheles bemerkenswertesten Lebensabschnitte die Nähe zu Felix sich schlicht nicht abkürzen lässt. Das Adagio ist der erste Trauermarsch in und Fanny Mendelssohn: «Das ist eine Familie, wie ich sie noch nie erlebt einer Symphonie. Wahrscheinlich verbindet ihn am meisten mit des Kom- habe. Felix, ein Junge von fünfzehn Jahren, ist ein Phänomen. Was sind ponisten Leidensweg. Das Scherzo mit all seinen rhythmisch absichtlichen alle Wunderkinder im Vergleich zu ihm? … Er ist bereits ein reifer Künst- Verwirrungen stiftet wieder zum Lebensmut an. Der letzte Satz mischt die ler. Seine ältere Schwester Fanny ist ebenfalls ausserordentlich begabt.» verschiedensten Elemente zusammen: Die Variationsform, eine betont ba- Wenig später schrieb er: «Heute Nachmittag … gab ich Felix Mendelssohn rocke Fuge, ein Rondo, ein zur pathetisch aufgeladenen Coda-Apotheose seine erste Unterrichtsstunde, ohne ihn auch nur einen Augenblick aus strebendes, innehaltendes Poco Andante. den Augen zu verlieren, da ich neben einem Meister, nicht neben einem Wie kann man eine so gewaltige Musik auf nur vier Instrumente ver- Schüler sass.» Moscheles Begeisterung für Beethoven brachte er gegen- kleinern? Ferdinand Ries (1784 – 1838), Beethovens einziger Kompositions- über den beiden Ausnahmetalenten vielfach zum Ausdruck, studierte mit schüler neben Carl Czerny war nahe am Meister dran, der Beethoven das ihnen seine Werke, was deren Hingabe an den Wiener Meister vertiefte. Werk einmal alleine am Klavier vorspielte: «…ich glaube Himmel und Erde Die Variations concertantes gehören zu einer Handvoll Kompositionen für muss einem zittern bei ihrer Aufführung.» schrieb er anschliessend an den Flöte und Klavier, eher eine selten verwendete Kombination Anfang des Verleger Simrock, dem die Sinfonie zum Kauf angeboten wurde. 19. Jahrhunderts. Allerdings lässt Moscheles offen, ob eine Violine das (da- Zunächst waren Bearbeitungen von grossen Werken immer praktisch malige) Holzinstrument ersetzt. Es ist ein effektvolles kurzes Stück, das gedacht. Sie sollten wichtige Musik in viele bürgerliche Häuser tragen. Was seine Kontraste geschickt ausspielt. Eine der Variationen ist dem Klavier diese Reduktionen – wenn sie, wie in diesem Fall, sehr gut gemacht sind alleine vorbehalten. – leisten können, ist Transparenz. Man hört Vertrautes in ungewohntem Gewand. Man gewöhnt sich schnell daran, weil das innere Ohr vervollstän- digt, ganz unwillkürlich. Dabei ertappt man sich aber zugleich, wie man Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 plötzlich Einzelheiten wahrnimmt, die bisher im grossen Ganzen verloren instrumentiert für Klavier, Violine, Viola und Violoncello gingen. von Ferdinand Ries unter Hinzunahme eines Kontrabasses Die Hinzunahme eines Kontrabasses gründet auf dem Impuls von Lars Wieder Es-Dur, jene Tonart, die Erhabenheit ausstrahlt und oft besonders Schaper zurück, dem heute ausführenden Bassisten. Andernorts bereits majestätisches Gepräge hat. Viele zentrale Werke Mozarts nutzen sie, wie erfolgreich erprobt, spielt dieser einfach die originale Beethoven’sche die «Sinfonia Concertante», das Divertimento für Streichtrio, die 39.Sym- Stimme, welche dem Klavierquartett eine im wahrsten Sinne fundamentale phonie. Die Parallel-Tonart ist c-Moll, die düsterste aller Moll-Tonarten. klangliche Erweiterung schenkt. Kein Komponist von Format wählt Tonarten zufällig und natürlich sollte Die Hauptsache bleibt immer: Der Kern der musikalischen Sprache liegt die «Eroica» etwas Besonderes sein. Wie wir wissen, dachte er bei der Kon- frei und entfaltet seine vereinnahmende Kraft. zeption der Partitur an Buonaparte, aber diesen, als er noch erster Konsul war. Er schätzte ihn damals ausserordentlich hoch und verband mit ihm 10 11
Freitag, 27. August 2021, 19.30 Uhr Arvo Pärt – Cantus in Memoriam of Benjamin Britten (1977) Kirche Hilterfingen Cantus & Fratres sind die beiden bekanntesten Stücke Arvo Pärts, dem est- nischen Komponisten und Vertreter der «Neuen Einfachheit». Das Stück kann als Meditation über den Tod angesehen werden, denn Arvo Pärt sagt über den Anlass zu seiner Komposition: «In den zurückliegenden Jahren haben wir sehr viele Verluste für die Musik zu beklagen gehabt. Warum hat das Datum von Benjamin Brittens Tod – 4. Dezember 1976 – gerade eine F R AT R E S Saite in mir berührt? Offenbar bin ich in dieser Zeit reif dafür geworden, die Grösse eines solchen Verlustes zu erkennen. Unerklärbare Gefühle der Schuld, ja mehr als das, entstanden in mir. Ich hatte Britten gerade für mich entdeckt. Kurz vor seinem Tod bekam ich einen Eindruck von der seltenen Reinheit seiner Musik – einer Reinheit, die dem Eindruck vergleichbar ist, den ich von Balladen Guillaume de Machauts erhalten hatte. Ausserdem hatte ich lange schon den Wunsch gehabt, Britten persönlich kennen zu lernen. Es kam nicht mehr dazu und jetzt werde ich nie die Möglichkeit Arvo Pärt (*1935) dazu haben.» Cantus in Memoriam of Benjamin Britten Ausführende Joseph Haydn – Streichquartett C-Dur, op. 20 Nr. 2 Joseph Haydn (1732 – 1809) Streichquartett C-Dur, op. 20 Nr. 2 Violine «In Nomine Domini» im Namen des Herrn, begann Joseph Haydn 1772 die I. Moderato Sebastian Bohren Niederschrift seiner Streichquartette Opus 20 auf Schloss Esterháza, dem II. Adagio Gwendolyn Masin seit 1766 bewohnbaren neuen Schloss des musikliebenden Prinzen Niko- III. Menuetto (Allegretto) laus Esterházy. Es war von Schloss Versailles inspiriert, aber lag im Sumpf- CHAARTS Chamber Artists IV. Allegro gebiet, dem Nordwind ausgesetzt und galt als ungesunde Wohnstätte. Fürst Nikolaus «der Prachtliebende», liess sich aber nicht davon abhalten, aus Alfred Schnittke (1934 – 1998) diesem Provinznest ein auf ganz Europa anziehend wirkendes Schlossen- semble – 13 Millionen Gulden schwer – zu errichten, wovon dessen heu- Moz-Art à la Haydn tiger Zustand nur einen unvollständigen Eindruck vermittelt. Es gab u.a. Spiel mit 2 Violinen und Ensemble ein eigenes Wohnhaus für die Hofmusik, ein freistehendes, vollausgestat- tetes Opernhaus (1781 vollendet, heute verschwunden, das erste Gebäude Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) war 1779 abgebrannt) und ein Marionettentheater, das die Zeitgenossen als Konzert für 2 Violinen d-Moll, BWV 1043 eine Art Weltwunder bestaunten. Letzteres wurde im 19. Jahrhundert zu I. Vivace einem mehrgeschossigen Kornspeicher umfunktioniert, dabei sind seine II. Largo, ma non tanto Innenverzierungen völlig vernichtet worden. Haydns Wirkungsort lag ab III. Allegro vom Schuss, aber war ein idealer Arbeitsort mit luxuriösen Bedingungen. Die sechs Quartette des Opus 20 sind die dritte dort geschriebene Gat- Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) tungs-Gruppe nach op. 9 und op. 17. Adagio und Fuge c-Moll KV 546 Nach dem Abschluss seiner neuen Quartette im Sommer 1772, muss sich I. Adagio der 40jährige Komponist bewusst gewesen sein, alle bisherigen Quartet- II. Allegro te an Kunstfertigkeit, Vielfalt und Dichte übertroffen zu haben. Besonders bemerkenswert am C-Dur Quartett ist das langsame c-Moll Adagio, als Arvo Pärt (*1935) »Capriccio» bezeichnet, in dem Haydn eine Art freie, pathetische Phanta- Fratres sie entwirft, in der sich Unisonopassagen und Rezitativgesten der 1.Violine zu einem instrumentalen »Recitativo accompagnato» voller Opera-seria- 12 13
Pathos vereinen, und dessen Gesamtablauf stark an Haydns «Die sieben Wolfgang Amadeus Mozart – Adagio und Fuge c-Moll KV 546 letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze» erinnert. Der Schlusssatz ist Wenige Stücke Mozarts wirken derart aus der Zeit gefallen, wie diese kom- eine Fuge mit vier Themen, ein Finale von grösster Kunstfertigkeit. Das plexe, raue, kühn-chromatische Fuge. 1782 zunächst für zwei Klaviere ent- moderne Streichquartett erhebt Haydn hier erstmals zum Inbegriff kom- standen, bearbeitete Mozart das Stück 1788 für Streicher. Die Fuge als kon- positorischer Konzentration und Raffinesse. In einer Adaption für Strei- trapunktisches Übungsfeld angehender Komponisten war obligatorisch, cherensemble von Andreas Fleck werden Licht und Schatten, Feinheit und auch lange nach dem Ausklingen der Barockzeit. Beethoven soll sich über Wucht experimentell neu beleuchtet. endlose solcher Übungen im Haydnschen Unterricht beschwert haben. Für Mozart, der sich gerade zu dieser Zeit besonders für die traditionelle Tech- Alfred Schnittke – Moz-Art à la Haydn nik interessierte, geriet die Fuge mit ihrem düster-dissonant einleitenden Adagio zu einer Ebene maximalen Ausdrucks. Mag sein, dass Mozart den «Manchmal denke ich an Alte Musik als eine wunderbare Art zu schrei- Blick in die Zukunft als Experiment betrachtete. Die bis heute anhaltende ben, die verschwunden ist und niemals wiederkehren wird. In diesem Popularität des KV 546 würde ihn bestimmt selbst in Erstaunen versetzen. Sinne empfinde ich sie als tragisch.» sagte Schnittke einmal. Es wurde zu einem Markenzeichen des russischen Komponisten, Bezüge zu realer und imaginierter klassischer Musik zu ironischen, zeitgenössisch formulierten Arvo Pärt – Fratres Kollagen zu montieren. So schrieb er in einem Satz diese witzig-vitale Par- Die Beliebtheit von Fratres, das 1977 als Quintett für Streicher oder Bläser ent- odie eines Doppelkonzertes mit seinen überraschenden Effekten für Gidon stand, verstellt etwas den Blick auf die grosse Vielseitigkeit des Komponisten Kremer und Tatjana Grindenko und zeigt auf hervorragende Weise Schnitt- Arvo Pärt. Daran ist er aber nicht ganz unschuldig, immerhin veröffentlichte kes Ansinnen den heute nur noch wenig benutzen Begriff von der «ernsten er zwischen 1977 und 2009 insgesamt 20 verschiedene Besetzungsvarianten (klassischen) Musik» zu entlarven. davon. Eine geniale, unmittelbar packende musikalische Idee zu Lebzeiten derart finanziell einträglich zu verbreiten, ist man ansonsten nur aus dem Johann Sebastian Bach – Konzert für 2 Violinen d-Moll, BWV 1043 Popbusiness gewohnt. Der lettische Geiger Gidon Kremer, der viele baltische und russische Komponisten des 20.Jahrhunderts aus der Isolation heraus auf Im grossen Bachschen Œuvre gehört dieser Geniestreich eines einerseits im die grossen Bühnen der Welt holte, hat wesentlichen Anteil am Erfolg Pärts, Wettstreit stehenden, andererseits in vollendeter Harmonie aufgehenden der 1980 endlich nach längerem Kampf mit den Sowjetischen Behörden nach Geigenpaares, zu den beliebtesten Kompositionen. In der Ausgewogenheit Wien emigrieren konnte. Die 1984 erschienene CD «Tabula Rasa» mit Werken und Gleichberechtigung beider Solostimmen rangiert Bachs Doppelkon- Pärts bei ECM gehört zu den meistverkauften Alben der zeitgenössischen zert auf einem Spitzenrang. Hier ist es vollkommen ohne Belang, ob man Musik und begründete seinen Weltruhm. nun 2. oder 1.Geige spielt. Entstanden ist das Werk aus eben jenem Geist Pärt fand Inspiration für seine Musik vor allem im christlichen Glauben, des freudvollen gemeinsamen Musizierens, vermutlich um 1730 in Leipzig. seinem Helden Jesus Christus, weswegen eine Vielzahl seiner Kompositio- Denn hier gab es etwas, das Bach nach langer Zeit endlich wieder so richtig nen religiöse Inhalte transportieren. Selbst wenn Hinweise im Titel hierzu Freude machte: das Collegium Musicum. Ein Orchester aus Studierenden, fehlen, suggeriert sein Stil immer eine eigene Charakteristik, die im etwas das er gerade erst übernommen hatte. In diesem Studentenorchester sas- ratlos anmutenden Versuch, sie zu umschreiben, Holy, Sacred oder Spiritu- sen viele hochtalentierte Jungmusiker, auch seine eigenen Söhne Wilhelm al Minimalism genannt wird. Henryk Górecki, Terry Riley, Philip Glass und Friedemann und Carl Philipp Emmanuel. Sie trafen sich jede Woche zum andere werden dieser Gruppe mehr oder weniger ebenfalls zugerechnet, Konzertieren, Freitagabends um acht in «Zimmermanns Kaffeehaus». wobei das Hauptelement des Stils die radikale Vereinfachung des kompo- sitorischen Materials ist. Allen gemeinsam ist die Abwendung von der im Zuge der Zweiten Wiener Schule und vor allem der Seriellen Musik nach dem 2.Weltkrieg entstandenen Komplexität und der oft mangelnden Fass- lichkeit dieser Werke. So wendet sich Pärt dem Zuhörer wieder zu, appel- liert an das im Menschen vorhandene Streben nach Harmonie, möchte ihn mithilfe seiner Musik auf eine höhere Stufe der Spiritualität heben. 14 15
Samstag, 28. August 2021, 20 Uhr Osvaldo Golijov – Lullaby und Doina Kirche Hilterfingen Lullaby and Doina ist ein Auftragswerk der Boston Symphony Chamber Players. Golijov schreibt dazu: »Das Stück beginnt mit einer Reihe von Variationen über ein jiddisches Wiegenlied, das ich für Sally Potters Film The Man Who Cried (Film von 2000 mit Christina Ricci, Jonny Depp & Cate Blanchett) komponiert habe und das als Kontrapunkt zu einem an- deren wichtigen Musikthema des Soundtracks funktioniert: Bizets Arie DE R S TURM Je crois entendre encore aus der Oper Die Perlenfischer (1863). In ihrem stimmungsvollen Film erforscht Sally das Schicksal von Juden und Roma in der tragischen Mitte des 20. Jahrhunderts anhand einer Liebesgeschichte zwischen einer jungen Jüdin und einem gleichaltrigen Roma. Dementspre- chend verwandelt sich das Thema des jüdischen Wiegenliedes hier in eine dichte und dunkle Doina (ein langsames Romastück, rubato), bei dem be- sonders die tiefste Saite der Bratsche zum Einsatz kommt. Das Stück endet in einem schnellen Galopp mit einem Thema, das ich von meinen Freunden Osvaldo Golijov (*1960) der wilden Band Taraf de Haidouks gestohlen habe. Das Thema wird hier in Lullaby und Doina einer fast kanonischen Verfolgungsjagd präsentiert, bei der die Klarinette Konzertstück für Flöte, Klarinette, Violine, der davoneilenden Flöten-Violinen-Kombination nachsetzt.» Viola, Violoncello und Kontrabass Jan Ladislav Dussek (1760 – 1812) Ausführende Jan Ladislav Dussek – Notturno Concertant op. 68 Notturno Concerto op. 68 Andante – Minuetto Violine Die seltene Besetzung Klavier, Violine, Horn (Brahms op. 40!) des Notturno Sebastian Bohren von Dussek aus dem Jahr 1809 ist nicht wirklich ein Klaviertrio im traditi- Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Gwendolyn Masin onellen Sinn. Auf der Partitur steht avec un Cor ad libitum. So handelt es Suyeon Kang sich eigentlich um ein konzertantes Nachtstück für Violine und Klavier. Die Streichquintett C-Dur op. 29 Viola romantische Klangfarbe des Horns macht es aber ungemein viel reizvol- I. Allegro moderato Razvan Popovici ler. Überhaupt fällt der sehnsuchtsvolle, frühromantische Tonfall wie für II. Adagio molto espressivo Tomoko Akasaka eine sommerlaue Serenade mit seiner einnehmenden Thematik besonders III. Scherzo: Allegro Violoncello auf und scheint auf den frühen Schubert zu verweisen. Im tänzerischen IV. Presto Chiara Enderle Samatanga Menuettteil dann hört man förmlich eine Art volkstümlich unterstrichene Benedict Klöckner Sorglosigkeit innerhalb einer unbeschwerten Jahreszeit. In Dussek lernen Louis Spohr (1784 – 1859) Kontrabass wir einen weiteren Vertreter der bedeutendsten Pianisten an der Schwelle Septett a-Moll op. 147 Lars Schaper zwischen dem 18. und 19.Jahrhundert kennen. Wie bei den meisten seiner I. Allegro vivace Klarinette späteren Werke, ist auch hier der Klavierpart nicht mehr — trotz seines II. Pastorale: Larghetto Moritz Roelcke Titels — stark von Virtuosität geprägt, sondern folgt bei pianistisch mittle- III. Scherzo: Vivace Horn ren Ansprüchen ganz der herrlich melodisch geprägten Atmosphäre. Tragi- IV. Finale: Allegro molto Hervé Joulain scherweise zog sich Dussek in den letzten Jahren infolge einer zunehmend Flöte belastenden Fettleibigkeit aus dem Konzertleben zurück. Es gelang ihm Maximilian Randlinger kaum mehr die Tasten zu erreichen. Fagott Igor Ahss Klavier Diana Ketler 16 17
Louis Spohr – Septett a-Moll op. 147 Obwohl Spohr eindeutig zu den Romantikern zählt, war er gleichzeitig ein Zeitgenosse Beethovens, den er in Wien persönlich kennenlernte und gros- sen Anteil an seinem Schicksal nahm. Folgende Anekdote beschriebt er in seinen Erinnerungen: «Da Beethoven zu der Zeit, wo ich seine Bekannt- schaft machte (1814), bereits aufgehört hatte, öffentlich zu spielen, so habe ich nur ein einziges Mal Gelegenheit gefunden, ihn zu hören. Ein Genuss wars nicht, denn erstlich stimmte das Pianoforte sehr schlecht, was Beet- hoven wenig kümmerte, da er ohnehin nichts davon hörte, und zweitens war von der früher so bewunderten Virtuosität des Künstlers infolge seiner Taubheit fast gar nichts übrig geblieben! Im Forte schlug der arme Taube so darauf, dass die Saiten klirrten, und im Piano spielte er wieder so zart, dass ganze Tongruppen ausblieben, so man das Verständnis verlor, wenn man nicht zugleich in die Klavierstimme blicken konnte. Über ein so har- tes Geschick fühlte ich mich von tiefer Wehmut ergriffen! Ist es schon für jedermann ein grosses Unglück, taub zu sein, wie soll es ein Musiker ertra- gen, ohne zu verzweifeln! Beethovens fast fortwährender Trübsinn war mir nun kein Rätsel mehr.» Spohr, ein hochgewachsener, fast zwei Meter grosse Mann, war in vielen Bereichen ein herausragender Musiker. Einerseits als Ludwig van Beethoven – Streichquintett C-Dur op. 29 wichtigster deutscher Geiger, andererseits als überaus geschätzter Kompo- Das Interesse an Musik und die Förderung derselben durch den Adel war nist (allein 18 Violinkonzerte), Dirigent und Pädagoge. Das überaus popu- um 1800 entscheidend für den Aufstieg und Karrieren vieler Musiker. Eine läre Beethovensche Septett op. 20 kannte Spohr natürlich. Sein Septett ist öffentliche Musikförderung existierte nicht, fast alle Unterstützung kam nicht - wie Schuberts Oktett - davon inspiriert, denn es weist eine entschie- aus privater Hand und durch Aufträge des Hochadels und der Kirche. Das den andere Besetzung aus. Die Holzbläser werden um die Flöte erweitert, Verhältnis der Musiker zu ihren Gönnern war nicht immer unbelastet. Mit sowie ein Klavier hinzugefügt, aber dafür fehlen Viola und Kontrabass. So- Graf Moritz von Fries, dem Widmungsträger von op. 29, war Beethoven mit zählt das Septett zur Klavierkammermusik. Spohr hatte ein Faible für aber regelrecht befreundet. Aus einer Schweizer Bankiersfamilie stam- bisher ungenutzte Besetzungen in der Kammermusik. So «erfand» er soge- mend, war der junge Mann mit knapp über 20 einer der vermögendsten nannte Doppel(streich)quartette, das erste Streichsextett und Nonett. Dass Männer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, schaffte es Septett unterstreicht, warum Spohr zu Lebzeiten so geschätzt war. aber innerhalb gut zwei weiterer Jahrzehnte bankrott zu gehen und seinen Kindern keinen Heller zu hinterlassen. Ein Gutteil seiner Ausgaben betraf die Kunst und Kultur, die sich durch die Weitergabe von Urheberrechten nur teilweise nach seinem Tod zur Tilgung von Schulden nutzen liessen. Beethovens einziges originäres Quintett mit zwei Bratschen (op. 4 und op. 104 sind Bearbeitung anderer Werke) orientiert sich stark ein seinem damaligen Säulenheiligen Mozart, dessen sechs Quintette der bis heute bedeutendste Gattungsbeitrag sind. 1801 waren gerade Beethovens sechs Streichquartette op. 18 erschienen, die wihtigste Gruppe an Quartetten seit Haydns op. 76 von 1798. Die Zukunft der Kammermusik sah Beethoven eher im streicherischen Viererbund. Er soll einmal geäussert haben, er könne musikalisch mit eben vier Stimmen Gleiches ausdrücken, wie mit fünf. Dennoch ist sein allerletzter Kompositionsversuch 1827 einem Streich- quintett, ebenfalls in C-Dur, gewidmet. Der letzte Satz von Opus 29 ist von einer rauschhaften, wild angespannten Atmosphäre geprägt, weswegen das Quintett zuweilen «Der Sturm» genannt wird. 18 19
Sonntag, 29. August 2021, 11 Uhr Für die Entstehung des in seinen Dimensionen jeden bisherigen kammer- Schloss Oberhofen musikalischen Rahmen sprengenden Oktetts D 803 von Franz Schubert muss die Nachwelt einem (Amateur-) Klarinettisten dankbar sein: Der Auftrag zur Komposition stammt angeblich von Ferdinand Graf Troyer, dem Obersthofmeister des Erzherzogs Rudolf in Wien. Mit seinen musi- DA S IDOL – zierenden Freunden spielte er gerne Beethovens Septett und bestellte sich einfach ein Schwesterwerk bei Schubert dazu. Da Schubert es zu diesem Zeitpunkt in der Gattung Streichquartett schon zu höchster Meisterschaft MATI NÉE gebracht hatte und sich aktuell mit Quartetten beschäftigte, erschien es ihm natürlicher, dem Entwurf Beethovens noch eine 2. Violine hinzuzu- fügen. Denn schon beim Komponieren wusste Schubert, dass das Werk die Grenzen der Kammermusik überschreiten würde, ja musste: «An Liedern habe ich wenig Neues gemacht», liess er in einem herzzerreissenden, am Leben verzweifelten Brief Ende März 1824 seinen in Rom weilenden Freund Leopold Kuppelwieser wissen und fügt als einzigen Hoffnungsschimmer Franz Schubert (1797 – 1828) hinzu: «dagegen versuchte ich mich in mehreren Instrumental-Sachen, Oktett F-Dur D 803 denn ich componirte 2 Quartetten für Violinen, Viola und Violoncelle u. I. Adagio. Allegro ein Octett, u. will noch ein Quartetto schreiben, überhaupt will ich mir auf II. Adagio diese Art den Weg zur großen Sinfonie bahnen.» Das Oktett war demnach III. Allegro vivace eine Art sinfonischer Studie, was man an vielen Stellen hören kann. IV. Andante, Var. I-VII An dem Auftrag von prominenter Stelle hat der junge Komponist beson- V. Menuetto. Allegretto – Trio ders intensiv gearbeitet. Sein Malerfreund Moritz von Schwind war ganz VI. Andante molto – Allegro – konsterniert, angesichts des so unhöflichen Betragens seines arbeitswü- Andante molto – Allegro molto tigen Freundes: »Schubert ist unmenschlich fleissig. Ein neues Quartett wird Sonntags bei Schuppanzigh aufgeführt, der ganz begeistert ist und be- sonders fleissig einstudiert haben soll. (Es ist die Rede vom «Rosamunde»- Quartett a-Moll) Jetzt schreibt er schon lang an einem Oktett mit dem grössten Eifer. Wenn man unter Tags zu ihm kommt, sagt er grüss dich Gott, wie geht’s? gut?’, und schreibt weiter, worauf man sich entfernt.» Trotz seines Fleisses musste Schubert nach einer ersten Privatauffüh- Ausführende rung im Hause des Grafen Troyer auf dem Graben in Wien 1824 noch drei Violine Jahre auf die öffentliche Premiere des Werkes warten. Franz Lachner, bay- Wouter Vossen erischer Komponistenfreund Schuberts, erhob in seinen Erinnerungen Gwendolyn Masin ebenfalls Anspruch auf die Ehre der ersten Aufführung: «In meiner Woh- Viola nung wurde auch zum ersten Male das grosse Octett Op. 166 für Streich- Tomoko Akasaka und Blasinstrumente produziert.» Tatsächlich entstand dessen eigenes Violoncello Septett in Es-Dur zur gleichen Zeit in Wien. Im Gegensatz zu Beethoven Benedict Klöckner nutzte Lachner eine Flöte, statt eines Fagotts. Man kann sich leicht vorstel- Kontrabass len, dass an jenem denkwürdigen Abend Lachner (übrigens in dessen Gar- Lars Schaper tenhaus) selbst sein Septett vorstellte, ja, dass die beiden gross angelegten Klarinette Werke sogar Hand in Hand entstanden. Denn die Freunde tauschten «Ar- Moritz Roelcke beiten im Entwurfe aus», um sie gegenseitig zu begutachten. Sie berieten Horn sich insbesondere über Fragen der Instrumentation und Form, alles Dinge, Hervé Joulain die man an einem Oktett bzw. Septett ideal studieren konnte. Allerdings Fagott hört man bei Lachner vielmehr Schuberts Einfluss, als umgekehrt. Gemein- Igor Ahss sam war den beiden dem übermächtigen Ideal Beethovens nachzueifern. 20 21
Öffentlich wurde es dann erst am Ostermontag 1827 aus der Taufe ge- hoben: Der berühmte Wiener Geiger Ignaz Schuppanzigh, der sich nach Schwinds Erinnerungen schon so sehr für Schuberts a-Moll-Quartett be- geistert hatte, spielte auch das Oktett in einer seiner Quartettmatineen im Schloss Oberhofen damaligen Gebäude des Wiener Musikvereins, den Tuchlauben «Zum roten Museum und Park Igel». Das Oktett ist Schuberts längstes Kammermusik-Werk. Formale Grund- lage ist das Wiener Divertimento, das er hier unter sinfonischen Vorzei- chen noch einmal aufleben lässt. Dabei folgte er nicht nur dem Vorbild von Beethovens Septett, sondern auch dem Mozarts, der in einigen besonders anspruchsvollen Werken diese Form der unterhaltenden Suite gleichsam klassisch nobilitiert hatte, besonders aber im Divertimento KV 563 für Streichtrio. Wie Mozart und Beethoven liess auch Schubert auf das erste Allegro in Sonatenform fünf weitere Sätze folgen: ein Adagio, ein erstes Menuett bzw. in seinem Fall ein Scherzo, dann als zweiten langsamen Satz Variationen, ein zweites Menuett und ein Finale. Schubert unterstrich den sinfonischen Zug noch durch die bedeutenden langsamen Einleitungen, die er dem ersten und letzten Satz vorausschickt. Bemerkenswert an seiner Deutung der Form ist nicht nur dieses beson- dere Gewicht der Ecksätze und ihrer Einleitungen, von denen die des Fi- nales düster-darmatische Töne anschlägt. Neuartig ist auch die klanglich- harmonische Bandbreite der Variationen über ein Thema aus Schuberts früher Oper «Die Freunde von Salamanca». Dessen Divertimento-Ton wird Die romantische Schlossanlage mit mittelalterlichen Bergfried liegt inmit- im Laufe der insgesamt sieben ausgedehnten Variationen völlig ins Roman- ten eines englischen Landschaftsgartens direkt am Thunersee. Hoch oben im tisch-Sehnsüchtige überhöht. Turm befindet sich der orientalische Rauchsalon mit spektakulärer Aussicht. Im Scherzo und der kanonisch geführten Melodie des Adagio erinnert Schubert unmittelbar an Beethoven (4. Sinfonie). Ganz eigenständig und NEU: SCHLÖSSERCARD! Entdecke die fünf ThunerseeSchlösser mit einer Karte, die typisch für ihn behandelt ist aber der Klang, in dem hier Bläser und Strei- Tore öffnet zu Geschichte, Kunst und Kultur. cher zu wunderbar verwobenen Klangteppichen verschmelzen. Die Klarinette als solistisches Konzertinstrument übrigens hatte ihre – Allgemeine und thematische Führungen auf Anfrage Blüte ebenfalls in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Doch dann verlor – Stilvoller Rahmen für private Anlässe das Instrument sehr bald an modischem Reiz, und der scharfzüngige Wie- ner Musikkritiker Eduard Hanslick schrieb 1866 aufatmend: Mäusepfad und Rittertrail für Kinder ab 4 Jahren «Über die Zeit, wo diese Künstler scharenweise angereist kamen und Konzerte auf ihrem langweiligen Einzelrohr bliesen, sind wir nun gottlob Weitere Angebote und Veranstaltungen unter hinüber.» schlossoberhofen.ch Dass die Faszination an der Klarinette und ihrem Klang auch knapp 170 Jahre später nicht zu Ende ist, beweisen nicht nur die zahllosen Wiederauf- 9. Mai bis 31. Oktober 2021 lagen der für sie komponierten Meisterwerke der Vergangenheit, sondern Di – So | 11 – 17 Uhr auch die immer noch scharenweise reisenden Interpreten des Holzblas- instrumentes, seien Sie nun in der Klassischen Musik oder ganz anderen Stiftung Schloss Oberhofen Stilen zuhause. 3653 Oberhofen am Thunersee Tel. +41 (0)33 243 12 35 22 23
Sonntag, 29. August 2021, 18 Uhr Gioacchino Rossini – Ouvertüre zu «Der Barbier von Sevilla» Kirche Hilterfingen Rossini, der eine Art leichtfüssige künstlerische Gegenwelt zu Beethovens titanischem Fussabdruck errichtete, erzählt einmal, wie er Beethoven zu- hause besuchte und zutiefst erschrocken war über dessen Lebensumstän- GÖTTERFUNKE N – de: «Als die Tür sich öffnete, befand ich mich in einer Art Verschlag, der sehr schmutzig war und von einer entsetzlichen Unordnung zeugte. Ich erinnere mich besonders daran, dass die Zimmerdecke unmittelbar unter A B SCHL USSK O N Z E RT dem Dach grosse Risse aufwies, durch die der Regen in Strömen eindringen musste. Als wir eintraten, stand er ohne uns vorher zu beachten, für einige Momente über einem Notenheft gebeugt. Dann sah er auf und sagte plötz- lich in ziemlich verständlichem Italienisch zu mir: ‚Ah! Sie sind Rossini, der Komponist des Barbiere di Siviglia? Gratuliere, das ist eine ausgezeichnete komische Opera. Ich habe sie mit Vergnügen gelesen und mich daran er- freut. Solange es italienische Opernhäuser gibt, wird man sie spielen. Ver- suchen Sie niemals, etwas anderes als komische Opern zu schreiben. In an- Gioacchino Rossini (1792 – 1868) Ausführende deren Gattungen erfolgreich sein zu wollen, hiesse Ihrem Schicksal Gewalt Ouvertüre «Der Barbier von Sevilla» Violine antun.» Was man als herablassendes Urteil lesen kann, war im Kern auch Gwendolyn Masin von Neid geprägt. Beethoven spürte, dass ein neues Zeitalter aufzog, wo Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Wouter Vossen das Publikum verdaulich erbaut werden wollte, auch weil die politischen Klaviertrio D-Dur «Geister» op. 70 Suyeon Kang Verhältnisse gerade in Wien den überwachten und bespitzelten Menschen I. Allegro vivace e con brio Viola kaum Luft zum Atmen liessen. Rossinis Opern waren unvorstellbare Kas- II. Largo assai ed espressivo Razvan Popovici senschlager, der Italiener ein Star ersten Ranges. Des Älteren Urteil musste III. Presto Tomoko Akasaka ihn wegen des Erfolgs nicht belasten, traf aber einen Nerv: «...sehen Sie, die Violoncello ernste Oper liegt nun einmal den Italienern nicht. Um das wahre Drama zu Ignaz Moscheles (1794 – 1870) behandeln, haben sie zu geringe musikalische Kenntnisse...» Chiara Enderle Samatanga Grand Septett, op. 88 Benedict Klöckner I. Allegro con spirito Kontrabass II. Scherzo Lars Schaper Ludwig van Beethoven – Klaviertrio D-Dur «Geister» op. 70/1 III. Adagio con moto Klarinette IV. Finale. Allegro con spirito Als sich Beethoven 1794 in Wien entschloss, sein Opus 1 mit drei Werken Moritz Roelcke zu veröffentlichen, wählte er die Gattung des Klaviertrios. Dies geschah mit Flöte Bedacht, handelte es sich doch um eine noch junge, aber sehr populäre Gat- Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Maximilian Randlinger Finale aus der 9. Sinfonie tung, deren kompositorisches Potential noch lange nicht ausgeschöpft war. Horn Mit den Werken Haydns und Mozarts hatten sich zwar die beiden Streich- Presto Hervé Joulain instrumente gegenüber dem Klavier bereits etabliert. Mit seinen 6 Trios Fagott aber hat Beethoven den vielleicht wichtigsten Gattungsbeitrag überhaupt Igor Ahss erbracht. Die Grenzen der damaligen Konventionen überschritt er weit Klavier seltener als bei den Streichquartetten, gab aber besonders in den späteren José Gallardo Trios den beteiligten Protagonisten auf einmal so viel individuellen Raum, Diana Ketler dass alle romantischen Weiterentwicklungen bei jüngeren Komponisten GAIA Festival Chor auf diese Errungenschaften bauten. Das Trio op. 70/1 entstammt Beetho- Leitung vens mittlerer Periode in der Zeit der 5. und 6. Sinfonie, der Entstehung Michael Schär des Fidelio. Seine Faszination entfaltet es besonders im langsamen Satz mit seiner abgründig - fast gespenstischen – Atmosphäre, die dem Werk seinen Beinamen gab. Hier hat Beethoven das Klaviertrio auf eine Höhe geführt, an die Schubert direkt anknüpft. 24 25
Ignaz Moscheles – Grand Septuor D-Dur op. 88 Wie bei Spohr, wenn auch zwei Jahrzehnte zuvor, nutzt Moscheles das Kla- vier als dritte Klangebene neben den Holzblasinstrumenten und den Strei- chern. Die in GAIA 2021 im Umfeld Beethovens vorgestellten Komponisten Ferdinand Ries und Johann Nepomuk Hummel taten es ihm gleich, aber mit anderen Besetzungen. Ries: Klavier, Klarinette, zwei Hörner, Violine, Cello & Kontrabass; Hummel: Klavier, Flöte, Klarinette, Trompete, Violi- ne, Cello, Kontrabass. Gegenüber Spohr gewichtet Moscheles die Streicher stärker, nutzt alle vier denkbaren Instrumente, von den Holzbläsern aber nur Klarinette und Horn. Das «Grand» im Titel war eine damals, besonders im französisch geprägten Sprachraum, übliche Beifügung. Sie sollte das Gewicht einer Komposition anhand ihres musikalischen Gehaltes ausdrü- cken, also nicht deren Länge. Die im fortschreitenden Jahrhundert übliche Musikpraxis unterschied immer mehr in unterhaltende, brillante (virtuose) und ernsthafte Musik, die keine reine Hintergrundsfunktion hatte. Darauf legte übrigens auch Spohr besonderen Wert, der sich gegen die Praxis, Mu- sik als Staffage zu nutzen, entschieden verwehrte. Moscheles Septett erfüllt den gesetzten Anspruch vollauf in einem dich- ten, oft dramatisch aufgeladenen Satz, der besonders dem Klavier starkes Gewicht verleiht. Man spürt allenthalben, dass Moscheles für seine eige- nen, grossen Fertigkeiten auf dem Tasteninstrument schrieb. Dabei ist das Septett keinesfalls ein Klavierkonzert, sondern setzt auf gleichwertige Part- ner. Dem gravitätisch ernsten Satz folgt ein turbulent, raffiniertes Scherzo ganz eigenständiger Machart mit viel Dialogqualität und chopinähnlichen Zwischennoten. Ganz und gar geisterhaft nachtschatten eröffnet das Ada- gio, entführt aber in eine weitläufige, friedliche Landschaft. Der Finalsatz verbreitet festliche Heiterkeit, deutlich vom Klavier aus angeführt. Mo- scheles hatte, wie Beethoven, 2020 ebenfalls Jubiläum: Den 150. Todestag. Spielen lassen. Zuhören. Geniessen. WIE IHR WOHNZIMMER ZUM KONZERTSAAL WIRD. Ludwig van Beethoven – Finale aus der 9. Sinfonie GAIAS Instrumentalisten vereinen sich zum denkbar gewichtigsten musi- kalischen Abschiedsgruss an das Publikum, der Freudenbotschaft Beetho- Ob Klassik, Pop oder Jazz – erleben Sie die weltbesten Künstler live in Ihrem vens an die Menschheit im letzten Satz der berühmten Neunten Sinfonie. Der darin enthaltene Aufruf an die alle Gräben überwindende Gemein- Zuhause. Wie das möglich ist? Mit Spirio, dem ersten hochauflösenden Selbst- schaft der Menschen könnte aktueller nicht sein. Dass Beethoven, der spielsystem von Steinway & Sons. Geniessen Sie ein Meisterwerk aus Handwerk exemplarisch für die Integration und Kulmination menschlicher Werte in und Perfektion, das Sie und Ihre Lieben erfreuen wird. Sie lassen es spielen, Sie der klingenden Kunst steht, mit diesem - bei aller technischen Souveräni- tät - eher einfacher gestrickten Schlusssatz einen bis heute so anhalten- hören zu und Ihre Herzen beginnen zu tanzen – und wenn Sie mögen, spielen den Erfolg erreichen würde, war nach der gefeierten Uraufführung nicht Sie selbst. garantiert. Es hagelte auch geharnischte Kritik mit Adjektiven wie «naiv» und «aufgeblasen». Dabei erkannte ausgerechnet Richard Wagner, was die Klarheit und Einfachheit darin bedeutet: «Sie ist das menschliche Evange- lium der Kunst der Zukunft.» Könizstrasse 1 | 3008 Bern steinway.bern@musikhug.ch | musikhug.ch 26 Ins_GAIA_Festival_122x188mm_11.03.19.indd 1 11.03.19 10:28 27
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Die Frutiger AG ist Royal Solisten Partner von Gwendolyn Masin GWENDOLYN MASIN IGOR AHSS TOMOKO AKASAKA SEBASTIAN BOHREN Violine Fagott Viola Violine Gwendolyn Masin ist Konzertviolinistin, Do- Der israelische Fagottist Igor Ahss begann im Tomoko Akasaka ist eine vielseitige Brat- Der Schweizer Geiger ist als Solist und Kam- zentin, künstlerische Leiterin, Autorin und Alter von 5 Jahren an der Gnessin School of schistin aus Japan, die für ihre ausserge- mermusiker gleichermassen versiert. Seine Inhaberin eines Doktortitels. Ihre internationa- Music in seiner Heimatstadt Moskau Violi- wöhnliche Ausstrahlung und Bühnenpräsenz klug ausgewählten Programme, besonders len Auftritte mit Musikern, Künstlern und Or- ne zu spielen. Schon bald wechselte er aber sowohl als Solistin, als auch als Kammermu- in Kombination mit Musik des 20. Jahrhun- chestern aus aller Welt werden von Publikum aufs Fagott, welches ihn faszinierte. Er zog sikerin geschätzt wird. Zunächst begann sie derts, zeichnen ihn aus. Sebastian Bohren und Presse gleichermassen gelobt. Gwendolyn mit seiner Familie nach Israel studierte und im Alter von fünf Jahren mit dem Geigen- verfügt über einen magischen Geigenton und Masin entstammt einer traditionsreichen Musi- übersiedelte an die Basler Musik-Akademie. spiel, wechselte aber nach einem Studium konzertiert im In- und Ausland. 2018 debü- kerfamilie aus Mittel- und Osteuropa. Kammer- Er arbeitet mit vielen Orchestern rund um in Ungarn in ihrer Heimat final zur Bratsche. tierte er beim Lucerne Festival. Eine enge musik gehört zu ihren frühesten musikalischen den Globus, darunter stechen das Mahler Bald war sie selbst Pädagogin, beispielsweise Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem En- Erfahrungen, und wann immer es ihr möglich Chamber Orchestra und MusicAeterna unter als Gastprofessorin in Neuchâtel. semble Chaarts, mit dem er 2016 Beethovens ist, kehrt sie zu ihr zurück. Seit längerem kon- Teodor Currentzis besonders hervor, welche Ihre musikalische Beziehung zu György Violinkonzert einspielte und deren gemein- zentriert Masin sich in ihrer Arbeit verstärkt durch ihre Musikpraxis das Kammermusika- Kurtág beeinflusste sie tiefgreifend, aber sames Mozart-Album 2021 beim Label Avie darauf, alternative Wege zu finden, über die sie lische besonders pflegen. Man hört Ahss Vir- auch andere zeitgnössische Komponisten wie erscheint. mehr Musik zu immer mehr Menschen bringen tuosität auf der neuen CD Publikation eben Helmut Lachenmann und Toshio Hosokawa. kann. 2006 rief sie in Stuttgart das GAIA Mu- letzteren Orchesters, das berühmte Solo in Sie hat zahlreiche zeitgenössische Werke für sic Festival ins Leben, das 2009 mit ihr nach «Stravinsky, Le Sacre du Printemps». Bratsche (ur)aufgeführt. Tomoko Akasaka Thun umzog. Angetrieben vom gemeinsamen war Mitglied des Amaryllis Quartetts und ist Wunsch nach dem Spiel in tiefer Verbunden- Partnerin vieler namhafter Klassikgrössen heit miteinander finden Masin und die mehr auf allen Kontinenten. als 180 Musiker, die seit dem Beginn der GAIA- Festivals miteinander aufgetreten sind, in ihm einen Rückzugsort vom hektischen Alltag der Musiktourneen in ihrer Einheit mit anderen und dem hochgeschätzten Publikum von GAIA. 30 31
CHIARA ENDERLE JOSÉ GALLARDO HERVÉ JOULAIN SUYEON KANG SAMATANGA Klavier Horn Violine Violoncello Auch Chiara Enderle Samatanga wurde in Der Argentinier ist einer der gefragtesten Von dem französischen Virtuosen wurde Die in Südkorea geborene und in Kanada und eine Musikerfamilie geboren und verbrach- Kammermusikpianisten weltweit. Schon als schon in Le Monde de la Musique behauptet, Australien aufgewachsene Geigerin lebt seit te ihre frühe Kindheit auf Konzertreise mit 5-Jährigen zog es ihn ans Pianoforte. Wäh- er «wandelt auf den Spuren der legendären 2007 in Europa, wo sie ein vielfältiges und dem Streichquartett ihrer Eltern. Schon rend seiner Zeit an der Uni Mainz entdeckte Hornisten Dennis Brain und Barry Tuckwell.» -farbiges Musikleben pflegt. Zunächst welt- bald stand sie selbst auf den Brettern, die er auch seine Leidenschaft für die Kammer- Das Solo-Repertoire mit Orchester ist weit als Solistin unterwegs, entdeckte sie die Welt bedeuten. Seitdem ist sie solistisch musik, inspiriert beispielsweise durch Me- überschaubar, aber Joulain hat alle wichtigen bald die vitale Kammermusikerin in sich und und kammermusikalisch intensiv und lei- nahem Pressler, die er seitdem mit vielen Konzerte überall in der Welt aufgeführt, am gründete 2014 das Boccherini Trio, das sich denschaftlich unterwegs. Ihre erste CD, eine herausragenden Künstlern und auf wichti- Dirigentenpult erlesenste Namen inklusive. der Wiederentdeckung und Aufführung von Einspielung des Cellokonzerts op. 17 von Paul gen internationalen Bühnen teilen konnte. Darüber hinaus wirkt er unermüdlich als Boccherinis zahlreichen Werken für Streich- Wranitzky mit dem Münchner Kammeror- Seit 2008 unterrichtet er am Leopold-Mo- Tutor zahlreicher internationaler Meisterkur- trio widmet. Das Debütalbum der Streichtrios chester und Howard Griffiths, erschien 2016 zart-Zentrum der Universität Augsburg und se, spielt aber auch liebend gerne Kammer- op. 9 von Beethoven wurde von der Kritik sehr bei Sony. Ihre zweite Aufnahme mit Solo- und leitet zusammen mit Andreas Ottensamer musik, wo das Horn sein unverwechselbares gelobt. Suyeon Kang ist Konzertmeisterin der Kammermusikwerken von Ernest Bloch folg- die Kammermusikreihe «Bürgenstock Fes- Timbre einbringen kann. Gerne kombiniert er Kammerakademie Potsdam und Mitglied der te 2017. Seit 2018 ist sie Mitglied im Streich- tival» in Luzern. Die Süddeutsche Zeitung dieses Interesse mit neuesten Kompositionen: Camerata Bern. Ausserdem konzertiert sie mit quartett ihrer Eltern, das ihr so sehr vertraut beschreibt ihn als «Gentleman-Pianist mit György Ligeti nannte ihn einst den besten In- dem Orchestre de Chambre de Genève und ist, dem Carmina Quartett. der subtilen, gleichwohl interpretatorisch terpret seines berühmten Klaviertrios. der Kammerphilharmonie Bremen. reichen Reduktionskunst des Alleskönners.» 32 33
DIANA KETLER BENEDICT KLÖCKNER RAZVAN POPOVICI MAXIMILIAN RANDLINGER Klavier Violoncello Viola Flöte «A high level of pianism with an unusual Bemerkenswert früh, nämlich bereits mit Die Eltern des Bratschisten Razvan Popovici Während seines Studiums bei Andrea Lie- musical intelligence. She will make her mark 14 Jahren, begann Benedict Klöckner sein sind beides bekannte Pädagogen und Musi- berknecht an der Hochschule für Musik in in the future» – so beschrieb der Komponist Instrumentalstudium an der Musikhoch- ker, die in den 1990er Jahren von Rumänien München entdeckte Maximilian Randlin- György Ligeti die Pianistin Diana Ketler nach schule in Karlsruhe und alsbald räumte er in den idyllischen bayerischen Chiemgau ge- ger seine grosse Hingabe für die Kammer- einem Konzert in London. Aufgewachsen ist bei internationalen Wettbewerben ab. Seine zogen sind, um ihren Kindern die bestmög- musik. Im Jahr 2009 gründete der Flötist sie in einer Musikerfamilie in Riga und setzt unprätent iös frische, aber gleichzeitig ver- lichen Chancen zu eröffnen. Razvan nutze zusammen mit ehemaligen Mitgliedern des sich leidenschaftlich für die Musik der bal- bindliche Art des Musizierens brachte ihn in diese Möglichkeiten und ist heute nicht nur Bundesjugendorchesters das canorusquin- tischen Ländern ein. Sie spielte zahlreiche Verbindung mit den Who Is Who der Klassik- ein brillanter Kammermusiker und Solist, er tett in klassischer Bläserquinettbesetzung. Erstaufführungen von Klavier- und Kammer- szene. Starke Impulse gewinnt er in der Be- ist auch für die Musik, für Konzerte, ganze Das Ensemble wurde preisgekrönt, auch am musikwerken in England und Deutschland. schäftigung mit moderner Musik und deren Festivals und immer auch für junge Talente ARD-Musikwettbewerb. Geschätztes Ensem- In ihren Konzerten hat Diana in den vergan- Schöpfer, wie Wolfgang Rihm und Eun Hwa europaweit aktiv. So ist er Initiator und Inten- blemitglied ist und war Randlinger auch bei genen Jahre für zahllose besonders inspirier- Cho. Seit 2014 ist Benedict Klöckner Künst- dant des SoNoRo Festivals in Bukarest, das CHAARTS, dem Bayerischen Staatsorches- te, berührende und überraschende Momente lerischer Leiter des von ihm gegründeten es mit klassischer Musik schafft ein urbanes ter, dem Gewandhausorchester Leipzig und in unterschiedlichsten Programmen gesorgt. Internationalen Musikfestival Koblenz. und junges Publikum zu begeistern und er ist dem Symphonieorchester des Bayerischen Als künstlerische Leiterin des Chiemgauer Initiant des Chiemgauer Musikfrühlings, also Rundfunks. Musikfrühlings Traunstein und SoNoRo in in der Umgebung seiner Jugend und frühen Bukarest beherrscht sie auch die andere Seite Adoleszenz. 2019 wurde er dazu als einer des Festivalbetriebs virtuos. der Leiter des Europalia Festivals in Brüssel verpflichtet. Razvan ist Mitglied des Ensemble Raro. Das Klavierquartett ist quasi ein musischer Wunderkasten, der immer die Musik, darun- ter viele Raritäten «auflegt», die gerade den besten Ton verkörpern. 34 35
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