7 KulturGeschichtsPfad - Sendling-Westpark - muenchen.de
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Bereits erschienene und zukünftige Inhalt Publikationen zu den KulturGeschichtsPfaden: Stadtbezirk 01 Altstadt-Lehel Vorwort Oberbürgermeister Dieter Reiter 3 Stadtbezirk 02 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt Grußwort Bezirksausschussvorsitzender Stadtbezirk 03 Maxvorstadt Günter Keller 5 Stadtbezirk 04 Schwabing-West Geschichtliche Einführung 9 Stadtbezirk 05 Au-Haidhausen Stadtbezirk 06 Sendling Stadtbezirk 07 Sendling-Westpark Rundgänge Stadtbezirk 08 Schwanthalerhöhe Rundgang 1: Rund um den Luise-Kiesselbach-Platz Stadtbezirk 09 Neuhausen-Nymphenburg Kettenproduzent IWIS 34 Stadtbezirk 10 Moosach Stadtbezirk 11 Milbertshofen-Am Hart Kriegersiedlung 38 Stadtbezirk 12 Schwabing-Freimann Katholische Pfarrkirche St. Thomas Morus 42 Stadtbezirk 13 Bogenhausen Luise-Kiesselbach-Platz 45 Stadtbezirk 14 Berg am Laim Großwohnanlage Oberlandsiedlung 50 Stadtbezirk 15 Trudering-Riem Stadtbezirk 16 Ramersdorf-Perlach Gartenstadt Holzapfelkreuth 53 Stadtbezirk 17 Obergiesing-Fasangarten Illegale Druckerei des kommunistischen Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching Widerstands 1933 55 Stadtbezirk 19 Thalkirchen-Obersendling- Evangelisch-lutherische Gethsemanekirche 57 Forstenried-Fürstenried-Solln Stadtbezirk 20 Hadern Richard Lindner 59 Stadtbezirk 21 Pasing-Obermenzing Staltacher Straße 62 Stadtbezirk 22 Aubing-Lochhausen-Langwied Lebenshilfe Werkstatt GmbH München 64 Stadtbezirk 23 Allach-Untermenzing Stiftung ICP München 66 Stadtbezirk 24 Feldmoching-Hasenbergl Stadtbezirk 25 Laim Altenheim St. Josef 69 Katholische Kirche St. Heinrich 72 GWG-Siedlung Krüner Straße 75 Grund- und Mittelschule an der Fernpaßstraße 77 Zwei detaillierte Lagepläne zur Orientierung im Katholische Pfarrkirche St. Stephan 80 Stadtbezirk finden Sie im Anhang. Partnachplatz 82 Am Ort selbst sind die wesentlichen Stationen durch Markierungsschilder kenntlich gemacht. Rundgang 2: Radtour entlang der südlichen und westlichen Grenzen des Stadtbezirks Städtischer Holz- und Kohlenhof 86 Alle Texte und weitere Informationen stehen unter Gewofag-Siedlung Passauerstraße 88 www.muenchen.de/kgp zur Verfügung. Hirsch-Gereuth-Straße 90
Sportstätten an der Höglwörther Straße 92 Sendlinger Wald / Südpark 94 Sportanlage MTV München von 1879 e. V. 97 Grundschule an der Werdenfelsstraße 99 Waldrestauration Holzapfelkreuth 102 Gilmstraße 104 Gymnasien an der Fürstenrieder Straße 106 Nervenheilanstalt Neufriedenheim / Bayerische Landesschule für Gehörlose 108 Jüdische Patientinnen und Patienten in Neufriedenheim während der NS-Zeit 113 Gerty-Spies-Straße 115 Rundgang 3: Spaziergang durch den Westpark Vorwort U-Bahnstation Westpark 118 Westpark, westlicher Teil 120 Die KulturGeschichtsPfade der Landeshauptstadt München Ostasien-Ensemble 122 sind Rundgänge entlang historisch bedeutsamer Orte und Bayerwaldhaus 126 Ereignisse im städtischen Raum. Sie sind nach Stadtbezirken Fußgängerbrücke und östlicher Teil gegliedert und sollen zu einem flächendeckenden topogra des Westparks 127 phischen Netzwerk der Geschichte Münchens ausgebaut Basketballhalle (Audi-Dome) 129 werden. Ostsee, Feuchtbiotop und Mollsee 132 Kleingartenanlage Süd-West 83 134 Wir laden alle Münchnerinnen und Münchner und alle aus- Amorbahn 136 wärtigen Besucherinnen und Besucher dazu ein, neben Bauunternehmen Leonhard Moll 138 den geläufigen Glanzlichtern Münchens auch den weniger Adi-Maislinger-Straße 143 bekannten Besonderheiten der Stadtgeschichte auf die Spur Villa Flora 145 zu kommen. Jeder KulturGeschichtsPfad ist als Broschüre erhältlich und im Internet abrufbar. Er führt zu den bedeu Literaturauswahl 148 tenden Bauwerken, den geschichtsträchtigen Plätzen und Webseitenauswahl 151 den Wohnungen oder Wirkungsstätten bemerkenswerter Bildnachweis 151 Persönlichkeiten des jeweiligen Bezirks. An Ort und Stelle Dank 152 weisen Orientierungstafeln den jeweiligen Pfad und die be- Übersichtskarten 153 treffende Einzelstation aus. Die KulturGeschichtsPfade sind 3
so angelegt, dass sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück- gelegt werden können. Ich wünsche allen Reisenden, die sich zu den historischen Marksteinen vor der eigenen Haustür und jenseits der aus- getretenen Wege aufmachen, anregende, neue Erkenntnisse und dem Projekt der münchenweiten KulturGeschichts Pfade große Resonanz in der Bevölkerung. Grußwort Wir freuen uns, Ihnen den KulturGeschichtsPfad für Send- ling-Westpark vorstellen zu dürfen. Nachdem ich nun schon sehr lange im Stadtbezirk wohne, dachte ich, dass ich schon viel über Sendling-Westpark weiß. Aber die Fülle an für mich Dieter Reiter neuen Informationen im KulturGeschichtsPfad hat mich Oberbürgermeister doch überrascht. Die erste Lektüre war richtig spannend und das intensivere Nachverfolgen des Pfades hat mir ganz neue Erkenntnisse verschafft. Vielleicht geht es Ihnen genauso. Die Besonderheit unseres Stadtbezirk Sendling-Westpark ist schon in seinem Namen genannt: der Westpark. Für die Internationale Gartenbau-Ausstellung (IGA) im Jahr 1983 wurde eine ehemalige Kiesgrube in den wunderbaren West- park verwandelt, womit sich auch das Gesicht des Stadtbe- zirks änderte. Nicht mehr die Knotenpunkte des Verkehrs aus dem Süden und Westen und die Drehscheibe Luise- Kiesselbach-Platz prägten die Umgebung, sondern der freundliche, grüne Park, den immer mehr Münchnerinnen und Münchner für Erholung und Freizeit aufsuchten. Das ist bis heute so geblieben. 4 5
Die Verkehrsprobleme sind leider nicht weniger geworden – sie haben sich seit der Fertigstellung des Tunnels unter der Heckenstallerstraße, dem Luise-Kiesselbach-Platz und der Garmischer Straße nur verändert. Hier hoffen wir, im Rahmen der Verkehrswende Verbesserungen erreichen zu können. Sendling-Westpark spiegelt seit jeher in vielen Punkten einen Querschnitt Münchens wider, z. B. in den Wahlergebnissen oder der Bevölkerungsstruktur. Es gibt hier ein gutes Zusam menleben: Kleine Gartenstadtvillen koexistieren mit sozialem Wohnungsbau. Doch auch dies beginnt sich zu wandeln, im mer mehr Gartenstadthäuser werden in Häuser mit Luxus- Eigentumswohnungen umgewandelt. Wir müssen achtge- ben, dass sich der Charakter des Stadtbezirks nicht deutlich verändert. Im Namen des Bezirksausschusses Sendling-Westpark be danke ich mich bei den Verantwortlichen im Kulturreferat der Landeshauptstadt München, aber vor allem bei der Autorin Frau Dr. Pohl, die mit viel Engagement und Geduld eine groß artige Leistung erbracht hat. Der Dank gilt auch dem Vor- Sendling-Westpark sitzenden des Historischen Arbeitskreises Sendling, Herrn Klaus Huber, der mit seinem umfassenden Text- und Bild- archiv viele Details beitragen konnte, sowie Herrn Hartmut 7 Küfner, der ebenfalls viel historisches Wissen eingebracht hat. Auch den BA-Mitgliedern danke ich herzlich für ihre Beiträge und Frau Charlotte Mosebach, der Vorsitzenden unseres Unterausschusses Soziales und Kultur, für ihre Koordination. Mit herzlichen Grüßen Runter von der Autobahn, rein in den Park Ihr Günter Keller Vorsitzender des Bezirksausschusses Sendling-Westpark 6
Geschichtliche Einführung Der 7. Stadtbezirk, Sendling-Westpark, liegt südwestlich des Münchner Stadtkerns und grenzt an die Stadtbezirke Sendling, Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürsten ried-Solln, Hadern, Laim und Schwanthalerhöhe. Die Be- Grünflächen und Parks, Wohnbebauung zirksgrenzen sind im Westen die Fürstenrieder Straße, im und Hauptverkehrswege prägen Sendling- Nordwesten Ammersee- und Westendstraße, im Nordosten Westpark. Das Luftbild von 2020 zeigt den südwestlichen Teil des Stadtbezirks von und Osten die S-Bahntrasse. Die südliche Bezirksgrenze seiner westlichen Grenze in Richtung Osten: schlängelt sich vom Kreuzhof entlang der Boschetsrieder Am unteren Bildrand ist der Waldfriedhof Straße, Sendlinger Wald / Höglwörther Straße, Surheimer (Stadtbezirk Hadern), begrenzt von der Weg, Illingstraße zur Ohlenschlagerstraße und von dort bis Fürstenrieder Straße; darüber beziehungs weise östlich sind die Sportanlagen des zur S-Bahn. MTV München von 1879 e. V. Diese gehören zur Oberlandsiedlung, die im Norden von Sendling-Westpark ist von mehreren zentralen Verkehrs- der Waldfriedhofstraße (links) und im Süden wegen durchzogen: Albert-Roßhaupter-Straße (bis 1962 von der A 95 (rechts) – beide führen zum Mittleren Ring – gerahmt wird. Südlich der Forstenrieder Straße genannt; zu Albert Roßhaupter siehe A 95 ist der Sendlinger Wald / Südpark. Im KGP 6) und Waldfriedhofstraße queren den Stadtbezirk oberen Drittel des linken Bildrands sieht in Ost-West-Richtung; Hansa- und Passauerstraße sowie man einen Teil des Westparks. Garmischer und Murnauer Straße bilden wichtige Nord-Süd- Achsen, wobei die Garmischer Straße Teil des Mittleren Rings ist. In diesen münden im Bereich des 7. Stadtbezirks 8 9
zwei Bundesautobahnen, die Lindauer Autobahn (A 96) und die Garmischer Autobahn (A 95). Die von 2009 bis 2015 erfolgte Untertunnelung des Mittleren Rings zwischen A 96 und Passauerstraße ermöglichte die Schaffung attraktiver Orte für die Bevölkerung: Über dem Tunnel in der Garmischer Straße entstand eine begrünte Mittelpromenade, am Luise- Kiesselbach-Platz eine Grünanlage, die auch für Veranstal- tungen genutzt wird und über dem Heckenstallertunnel der Heckenstallerpark mit abwechslungsreichen Sport- und Spielflächen. Die größten Grün- und Freizeitanlagen sind der Historische Zugehörigkeit Da der größte Teil Sendlinger Wald / Südpark, der Westpark und mehrere Klein- zu Sendling von Sendling-West- park ursprünglich zu gartenanlagen; die größte, Land in Sonne, befindet sich im Der Name Sendling-Westpark signali- Unter- und Mitter nördlichen Teil des Stadtbezirks, beiderseits der Garmischer siert, dass der Stadtbezirk 7 aus dem sendling gehörte, Straße. historischen Sendling hervorging. Das ist die Geschichte Gebiet von Sendling-Westpark umfasst dieser Dörfer ein prägender Bestand- Die Bebauung des heutigen Stadtbezirks verdichtete sich weite Teile der einstigen Sendlinger teil der Identität des erst in der Zwischenkriegszeit und – zum größeren Teil – nach Haide beziehungsweise des Unter- und 7. Stadtbezirks. In dem Zweiten Weltkrieg. Entlang der Hauptverkehrsstraßen Mittersendlinger Oberfelds, wobei die einer Unterführung dominiert Geschosswohnungsbau, in den ruhigeren Neben historischen Siedlungskerne Unter- und beim Sendlinger Wald greift ein Graf- straßen überwiegen Ein- und Zweifamilienhäuser mit Gärten. Mittersendling heute im Nachbarbezirk fito von Fraubath Sendling liegen. Dort, auf der Isarhang und Kollegen die Im Stadtbezirk 7 gibt es mit dem Altenheim Haus St. Josef, kante in Mittersendling, fand man auch Sendlinger Bauern der Lebenshilfe Werkstatt GmbH München und der Stif- die ältesten Siedlungsspuren der Ge- schlacht auf: Es zeigt den eine Fahne tung ICP München wichtige soziale Einrichtungen. Zentrale gend: Gräber aus der Zeit um 2000 bis tragenden und eine Dienstleister, wie die Kraftfahrzeugzulassungsstelle und 1800 v. Chr. sowie weitere aus dem Keule schwingenden der Technische Überwachungsverein TÜV SÜD sind an der Frühmittelalter um 400 bis 600 n. Chr. legendären Schmied Westendstraße angesiedelt. In der Hansastraße befinden Für den Stadtbezirk Sendling-Westpark von Kochel als An- führer der aufstän- sich die Hauptverwaltung des Forschungsverbunds Fraun sind hingegen keine nennenswerten dischen Oberländer hofer-Gesellschaft, das Kulturzentrum Feierwerk und die archäologischen Spuren belegt. Das vor der Untersend- Zentrale des Automobilclubs Deutschland e. V. (ADAC). Bayerische Landesamt für Denkmal- linger Kirche St. Mar- pflege nennt lediglich einen Fundort im garet. Foto 2019 Bereich Grünstraße / Grabbeweg, wo Körpergräber des frühen Mittelalters 10 11
nachgewiesen wurden. Bei der Kreuzung Ehrwalder Straße / Gilmstraße soll sich ein Reihengräberfeld befunden haben. Erstmals urkundlich erwähnt ist der Ortsname Sendling in einer Schenkungsurkunde von 782. Darin übertrugen ein Apolt und sein Sohn Huasuni dem Kloster Schäftlarn ihren Besitz in Schwabing und Sendling. In der Gemarkung Send- ling entstanden die Siedlungen Unter-, Mitter- und Ober sendling und Thalkirchen. Diese wurden um 1290 bis 1346 drei herzoglichen Landgerichten zugewiesen: Unter- und Mittersendling dem Landgericht Dachau, Obersendling dem Landgericht Pähl, später Starnberg, und Thalkirchen dem Landgericht Wolfratshausen. Im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) wurde das Münchner Umland, einschließlich Unter- und Mittersendling, wieder- die unzureichend bewaffneten Auf- Schäfer Zanker mit holt ausgeraubt und in Teilen niedergebrannt. Während des ständischen zurück und schlugen sie Hund und Herde auf einer Weide westlich Spanischen Erbfolgekriegs (170 – 1714) wurde Sendling bei der Dorfkirche St. Margaret brutal des Untersendlinger bayernweit bekannt: Nachdem der bayerische Kurfürst nieder. An den verschiedenen Schau- Ortskerns, circa 1920 Maximilian II. Emanuel nach der verlorenen Schlacht bei plätzen starben rund 1.100 Rebellen, Höchstädt (13. August 1704) außer Landes geflohen war, etwa 400 davon in Untersendling. Das ließ sein Gegner, der Habsburger Joseph I., Kaiser des Heili- Massaker vom 25. Dezember 1705 gen Römischen Reichs Deutscher Nation, Bayern besetzen. brannte sich, unterstützt durch die Am 16. Mai 1705 marschierten kaiserlich-habsburgische Legende vom heldenhaften Schmied Truppen mit rund 3.200 Mann in München ein. Die aus- von Kochel, als sogenannte Sendlinger beuterische Besatzungspolitik provozierte den Widerstand Bauernschlacht oder Sendlinger Mord- der Bevölkerung. Bauern, Knechte, Tagelöhner, ehemalige weihnacht ins kollektive Gedächtnis ein. kurfürstliche Soldaten und Befehlshaber sammelten sich im Denkmäler und Straßennamen erinnern Herbst 1705 in der Oberpfalz, in Niederbayern und im Tölzer bis heute an die blutige Auseinander- Oberland, um die Besatzer zu vertreiben. Am 24. Dezember setzung. In Sendling-Westpark ist zum 1705 wählten die Oberländer Untersendling als Hauptquar- Beispiel die Heckenstallerstraße nach tier für die Befreiung Münchens. Tags darauf scheiterte das dem kurfürstlich-bayerischen Gehei- Vorhaben: Die überlegenen kaiserlichen Truppen drängten men Ratssekretär Urban Heckenstaller, 12 13
einem Unterstützer der Aufständischen aus dem Oberland, benannt. Die Passauerstraße heißt nach dem Studenten Anton Passauer, einem Anführer der Tölzer Schützen. Und die Johann-Clanze-Straße erinnert an den kurbayerischen Gardeoberleutnant Johann Clanze, der als Mitanführer der oberbayerischen Bauern am 29. Januar 1706 von den habs- burgischen Besatzern auf dem Münchner Marienplatz hin gerichtet wurde. Ab 1818 bildeten die Bauerndörfer Untersendling mit der Sendlinger Haide und Mittersendling mit Neuhofen die Land gemeinde Untersendling. Diese wurde zum 1. Januar 1877 als XIX. Stadtbezirk, Sendling, nach München eingemeindet. Ab 1906 gehörte auch das Gebiet des neuangelegten Wald friedhofs (eröffnet 1907) dazu. Durch Abtrennung vom Stadt bezirk Sendling entstand 1948 der 34. Stadtbezirk mit der Bezeichnung „Waldfriedhofviertel“. 1953 zählte dieses da- mals noch recht dünn bebaute Gebiet 25.030 Einwohnerin- nen und Einwohner. Im Zuge einer Neuordnung der Münch- ner Stadtbezirke 1992 wurde der einstige 34. Stadtbezirk – Das Gebiet von Sendling-Westpark Mitte des 19. Jahrhunderts: Der mit kleineren Anpassungen und ohne den Waldfriedhof, der Planausschnitt vermerkt lediglich die Ansiedlung „Beim Holzapfel“ – gemeint ist das Gut Holzapfelkreuth. In der Karte sind mehrere Wege an Hadern ging, – zum Stadtbezirk Sendling-Westpark. Ge- eingezeichnet, von denen einige heute noch als prägende Verkehrs- genüber den 1950er Jahren ist der Stadtbezirk heute deut- verbindungen bestehen. Der Wald am westlichen Rand des Karten- lich dichter bebaut. So hat sich die Einwohnerzahl mehr als ausschnitts ist von einer schnurgeraden Schneise – ein sogenanntes verdoppelt: Ende März 2021 lebten in Sendling-Westpark Geräumt – in nordsüdlicher Richtung durchzogen. Es ist eine in der Barockzeit geschaffene Verbindung der kurfürstlichen Schlösser 60.571 Menschen auf einer Fläche von rund 780 Hektar. Nymphenburg und Fürstenried, die heutige Fürstenrieder Straße. Aus dieser Zeit stammt auch die von Schloss Fürstenried über Unter Bebauung bis zum Ersten Weltkrieg: Holzapfelkreuth, sendling nach München führende Allee, die spätere Forstenrieder Neufriedenheim und der Bereich westlich der Bahntrasse Straße (heutige A 95/Albert-Roßhaupter-Straße). Die in der Mitte des Plans eingezeichnete Gabelung zeigt einen nach Großhadern Weite Teile des heutigen Stadtbezirks 7 waren bis weit ins abzweigenden Weg: Im Stadtbezirk 7 ist das die vom Partnachplatz 20. Jahrhundert hinein unbebaut. Hier lagen die Felder und abgehende Treffauerstraße/Ehrwalder Straße. Im Osten beschnitt Viehweiden, die die Unter- und Mittersendlinger Bauern über die Maximiliansbahn den ungestörten Verkehr zwischen den Dörfern alte Wege erreichten. Im Westen war ein breiter Waldgürtel, Unter- und Mittersendling und den westlich vorgelagerten Feldern. Montage zweier Positionspläne von 1853 und 1856 14 15
im Osten beeinträchtigte die 1854 eröffnete Bahnlinie nach Hesselohe – ein Abschnitt der Maximiliansbahn – die west- liche Ausdehnung der Dörfer und die Verbindungen zu den Ländereien. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich am westlichen Rand des heutigen Stadtbezirks 7 die Ansied- lung Holzapfelkreuth. Diese bestand Anfang des 20. Jahr- hunderts aus drei Anwesen. In einer Stadtkarte von 1904 ist ein Gutshof als Holzapfelkreuth 2 eingezeichnet, heute Schongauerstraße 24; das damals beliebte Ausflugslokal Holzapfelkreuth an der Straße nach Großhadern mit Nummer Holzapfelkreuth 1a, heute in etwa Ehrwalder Straße 79. Und schließlich gab es noch die Adresse Holzapfelkreuth 1, das wäre heute die Esterbergstraße 21, wo noch ein altes Bau- ernhaus steht. Eigentümer der genannten Anwesen war die Nördlich von Holzapfelkreuth entstand Im Verkaufsprospekt Heilmann’sche Immobiliengesellschaft. Diese Terraingesell- 1891 – auf einem Gebiet, das damals von circa 1914 bewarb die Heilmann’sche schaft hatte 1898 das 155 Hektar große Areal Holzapfel- teils zu Laim, teils zu Großhadern Immobiliengesell- kreuth – teils auf Großhaderner, teils auf Sendlinger Flur ge- gehörte – die Nervenheilanstalt Neu- schaft die neue, gut legen – gekauft, um neue Baugebiete zu erschließen. Einen friedenheim. Der Name leitet sich angeschlossene Teil verkaufte das Unternehmen 1898 der Stadt München, von der zwischen Laim und München Siedlung im Grünen. Die Ansicht zeigt die die hier einen neuen Friedhof plante. Der Vertrag verpflich- liegenden Siedlung Friedenheim ab, bis dahin realisierte tete die Immobiliengesellschaft zum Bau einer breiten Allee zu der eine Wegverbindung, die spä- Bebauung an Mitten- von der Forstenrieder Straße zum Waldfriedhof; entlang der tere Westendstraße, führte. Nach walder / Wessobrun- neuen Waldfriedhofstraße richtete die Stadt im Gegenzug dem Ersten Weltkrieg verkaufte Ernst ner / Habacher und Rottenbucher Straße eine Straßenbahnverbindung ein. Die Trambahnverlängerung Rehm, leitender Arzt und Besitzer der sowie die Trambahn vom Harras zum Waldfriedhof, mit Endstation Holzapfel- Heilanstalt, einen Teil der Ländereien: an der Waldfriedhof- kreuth, eröffnete am 1. Juli 1904, der Waldfriedhof drei Jahre Auf Grundstücken, die einst zu Neufrie- straße. Die ersten später. Trotz der guten Verkehrsanbindung entwickelte sich denheim gehörten, entstanden 1928 Häuser der Garten- stadt Holzapfelkreuth die von der Terraingesellschaft geplante Gartenstadt Holzap- bis 1930 die Siedlung Neufriedenheim lagen also östlich der felkreuth bis zum Ersten Weltkrieg nur langsam; die meisten in Laim (siehe KGP 25) und 1935 die ursprünglichen Sied- Häuser nördlich der Waldfriedhofstraße entstanden erst in Kurparksiedlung in Großhadern (siehe lung Holzapfelkreuth. den 1920er und 1930er Jahren. KGP 20), wobei auch der östlich der 16 17
Fürstenrieder Straße gelegene Teil der Kurparksiedlung zu Großhadern gehörte. Erst im Zuge der 1992 erfolgten Neu- ordnung der Münchner Stadtbezirke wurde der südlich der Ammerseestraße und östlich der Fürstenrieder Straße ge- legene Bereich dem neuen Stadtbezirk Sendling-Westpark zugeteilt. Am östlichen Rand des heutigen Sendling-Westpark setzte die Bebauung erst im 20. Jahrhundert ein. Die Baulinien- planung Arnold Zenettis aus den 1880er Jahren sah bereits einen schmalen Stadterweiterungsbereich westlich der Bahn linie vor. In der Stadtkarte von 1912 enden etliche Straßen- verbindungen in der Hansastraße beziehungsweise in deren südlicher Fortsetzung, der Passauerstraße. Die Bebauung der Straßenabschnitte war zu diesem Zeitpunkt noch sehr gering. Im nördlichen Bereich der Hansastraße siedelte sich Gewerbe an, wie zum Beispiel die Eisenwarengroßhandlung Röchling und das Bauunternehmen Leonhard Moll. Blick auf die Fürstenrieder Straße nach Süden Das neoklassizis- um 1910: Im Vordergrund ist die Nervenheil- tische Mietshaus in anstalt Neufriedenheim mit zugehörigen der Fuggerstraße 2 Gebäuden, Garten und Wald. An der von entstand 1910 als Osten zur Fürstenrieder Straße führenden Solitär westlich der Verbindung, heute Ehrwalder Straße (obere Bahnlinie. Aufnahme Bildmitte), lag die Ausflugsgaststätte Holz von 1910 apfelkreuth. Südlich des Waldstücks führt die von Bäumen gesäumte Waldfriedhof straße über freies Feld zum Waldfriedhof. 18 19
Weiter südlich folgte Wohnbebauung, so zum Beispiel das noch vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Mietshaus Fugger- straße 2. Später entstanden Genossenschaftshäuser, wie die in den 1920er Jahren errichtete Wohnanlage des Bau- vereins für Kleinwohnungen in der Hansastraße 185 bis 189, zwischen Daxenberger- und Trautmannstraße. Altenheim St. Josef und Umgebung Da es für große Teile des heutigen Stadtbezirks 7 bis zum Zweiten Weltkrieg keine Baulinienplanung gab, entstanden etliche Siedlungen auf dem freien Feld, wie zum Beispiel die Kriegersiedlung an der Forstenrieder Straße und die städtische Kleinhauskolonie an der Staltacher Straße. Öst- lich der Staltacher Straße, an der Abzweigung der Wald- friedhofstraße von der Forstenrieder Straße, errichtete die Stadt München ab 1925 das von Stadtbaurat Hans Grässel Zeit des Nationalsozialismus Die Aufnahme zeigt geplante Altenheim St. Josef mit einer kleinen Platzanlage, In der NS-Zeit (1933 – 1945) wurde an links unten den Luise-Kiesselbach- dem 1930 benannten Luise-Kiesselbach-Platz. der Passauerstraße eine sogenannte Platz, gegenüber das Volkswohnanlage und westlich davon Altenheim St. Josef Um das Altenheim St. Josef herum entstanden – begünstigt eine Einfamilienhaussiedlung für mit dahinterliegen- durch den Straßenbahnanschluss – größere Wohnanlagen. NSDAP-Mitglieder gebaut. Südlich der dem Nutzgarten. Links des Altenheims Bereits ab 1924 errichtete beispielsweise die Heimstätten- Waldfriedhofstraße entstand ab 1935 ist die Kleinhaus- Aktiengesellschaft, Heimag, eine Kleinhaussiedlung südöst- die Oberlandsiedlung, 1941 / 1942 die siedlung an der lich des Luise-Kiesselbach-Platzes zwischen Johann-Clanze- zu dieser gehörende Großwohnanlage. Staltacher Straße. Straße / Mainburger Straße und Max-Seidl-Weg. Weitere Nicht realisiert wurde hingegen die von Am unteren Bildrand verläuft die damalige Häuser baute die Heimag in der Waldfriedhofstraße und in der Sonderbaubehörde der „Haupt- Forstenrieder Straße, der Bernrieder Straße. stadt der Bewegung“ 1937 im Bereich an deren Biegung die der Krüner Straße geplante Arbeiter- Gasstätte Wöllinger siedlung beziehungsweise „Kraft-durch- liegt. Foto circa 1930 Freude-Stadt Sendling“. Selbsthilfekörperschaften, wie sie im westlichen Sendling – vor allem im nörd 20 21
lichen Bereich – in Gestalt zahlreicher Kleingartenvereine und Siedlergenossenschaften bestanden, waren den Natio- nalsozialisten ein Dorn im Auge, zumal viele dieser Einrich- tungen ihren Ursprung in der Arbeiterschaft hatten. Das NS-Regime sorgte ab 1933 durch diverse Gesetze und wei- tere Maßnahmen dafür, dass die auf Freiwilligkeit, Wahlen, Selbsthilfe und Gemeinsinn beruhenden Einheiten organisa- torisch und ideologisch gleich- beziehungsweise ausgeschal- tet wurden – und schließlich im Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands aufgingen. Die rassistische „Blut-und-Boden“-Propaganda betrachtete Kleingärtner und Kleinsiedler als Repräsentanten einer bäuerlichen Lebens- weise in der Stadt – eine Einordnung, die sich auch in der städtebaulichen Gestaltung der betreffenden Wirkungs- und Lebensbereiche niederschlug. Die Strategie der ideologi- schen Durchdringung lässt sich rund um den Stuiben Platz (seit 1951 Pfrontener Platz) veranschaulichen. Seit der Not- transferierten alten Linden bepflanzt Die Aufnahme zeigt zeit des Ersten Weltkriegs betrieb der 1915 / 1916 gegrün- wurden; auch Fußwege, ein Spielplatz die Einweihung des Stuiben Platzes am dete Verein Gartenfreunde München West (heute: Klein und Sitzbänke waren vorhanden. Der 14. Oktober 1934 gartenverein München SW 12) Nutzgärten östlich der nördliche Bereich des Platzes wurde auf dem gekiesten Westendstraße. Südlich der Kleingartenanlage kaufte die gekiest und sollte als Versammlungsort Versammlungsplatz Baugenossenschaft Ludwigsvorstadt, die bereits im Arbei- beziehungsweise Aufmarschplatz für mit Hakenkreuzfah- nen. Auf dem zwi- terviertel Westend Wohnraum geschaffen hatte, Bauland. Parteiveranstaltungen dienen. Zwei schen zwei Linden Entlang von Grünten-, Säuling- und Nebelhornstraße errich- Masten mit Hakenkreuzfahnen standen gespannten Banner teten die Siedler ab 1924 in Selbsthilfe eine Wohnsiedlung ab 1933 am nördlichen Platzende und prangte die Parole mit Selbstversorgergärten; den benötigten Kies holten sie flankierten zwei Linden, von denen eine des Reichsbunds der Kleingärtner aus einer Grube, die später als Platzanlage dienen sollte. dem Reichspräsidenten Paul von Hin- und Kleinsiedler Deren Gestaltung übernahm 1933 / 1934 die Stadtgartendi- denburg und eine dem Reichskanzler Deutschlands: „Die rektion im Sinne der NS-Ideologie. Die Arbeiten am Stuiben Adolf Hitler gewidmet war. Der Stuiben Kleingärtner und Platz führten sogenannte Gemeindepflichtarbeiter – gemeint Platz wurde am 14. Oktober 1934 in An Kleinsiedler sind die Träger des Blut- und sind dienstverpflichtete arbeitslose Fürsorgeempfänger – wesenheit von NSDAP-Prominenz – da- Bodengedankens in aus. Es entstand eine 80 Meter breite, etwa 200 Meter runter der Münchner Oberbürgermeis- der Stadt“. lange Rasenfläche, deren Langseiten mit eigens hierher ter Karl Fiehler – feierlich eingeweiht. 22 23
Die Umgebung veränderte sich nach dem Zweiten Welt- Lebenswege und ihres Verhaltens in der NS-Zeit und danach krieg grundlegend. Auf einem ehemaligen Grundstück der als besonders erinnerungswürdig und vorbildhaft gelten und Kleingartenanlage entstand Anfang der 1980er Jahre an der im Stadtbezirk mit Straßennamen geehrt werden. Westendstraße die Kirche St. Philippus mit Pfarrzentrum. Weitere Siedlungshäuser wurden gebaut, der ehemalige Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg: Aufmarschplatz begrünt. Heute ist der Pfrontener Platz über Neue Baugebiete und Mittlerer Ring eine Brücke, die über die A 96 führt, mit dem Westpark ver- Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich im westlichen bunden. Sendling Flüchtlinge, Heimatvertriebene und ausgebombte Münchnerinnen und Münchner an. Sozialer Wohnungsbau Widerstand und Verfolgung in der NS-Zeit entstand an der Attenkoferstraße und entlang der Krüner Zeugnisse widerständischen Verhaltens gegen das NS-Re- Straße. Etliche weitere Siedlungen folgten, wie zum Beispiel gime und Orte der Verfolgung finden sich auch im Stadtbe- die Siedlung Am Hansapark Ende der 1980er Jahre. zirk 7. So führt der KulturGeschichtsPfad zu einer im August 1933 ausgehobenen kommunistischen Druckerei und zur Eine erhebliche Veränderung bedeutete der Bau des Mittle- Adresse von Rudolf Vacek, der als Angehöriger der Glau- ren Rings. Der Generalverkehrsplan von 1958 sah einen in bensgemeinschaft Zeugen Jehovas 1942 im Konzentrations- vier bis fünf Kilometer Entfernung von der Stadtmitte gele- lager (KZ) Mauthausen starb. Eine Station ist den jüdischen genen, durchgehend geschlossenen Verkehrsring zur Entlas- Patientinnen und Patienten der Nervenheilanstalt Neufrie- tung der Innenstadt vor. Bereits seit den frühen 1950er Jahre denheim gewidmet. Eine weitere erinnert an Richard Lind- wurden im Osten und Südosten Teile des Mittleren Rings ner, der aufgrund seiner jüdischen Abstammung von den realisiert. Im Stadtentwicklungsplan von 1963, der den Aus- Nationalsozialisten drangsaliert, inhaftiert und als Zwangs bau des Straßenverkehrsnetzes als Tangenten-Radial-System arbeiter ausgebeutet wurde, aber überlebte. Ergänzend sei konzipierte, war der Verlauf des Mittleren Rings bereits be- auf das Schicksal der jüdischen Familie Stiebel hingewiesen. schrieben. Eine dieser Tangenten war die heutige Garmi- Felix Stiebel war seit 29. Mai 1934 in der Fürstenrieder scher Straße, die als Teilstück einer autobahnmäßig ausge- Straße 257 / II gemeldet; er starb am 3. März 1935 aus un- bauten Nord-Süd-Schnellstraße von der Landshuter Allee bekannten Gründen. Seine Witwe Amalie und der gemein- kommend in die (spätere) Autobahn nach Garmisch mün- same Sohn Otto waren wegen der Juden diskriminierenden dend, geplant war. Diese Trasse war schon seit den 1930er Wohnungspolitik zu häufigen Adresswechseln gezwungen. Jahren von Bebauung freigehalten worden. So gab es zum Sie wurden am 21. November 1941 nach Kaunas deportiert Beispiel mitten in der 1932 angelegten Kleingartenanlage und dort ermordet. Der KulturGeschichtsPfad informiert au- Land in Sonne einen breiten ungenutzten Wiesenstreifen für ßerdem über Personen, die – wie Gerty Spies und Adi Mais- den späteren Straßenbau. Die Garmischer Straße wurde ab linger – zwar keinen lebensgeschichtlichen Bezug zum west- 1962 vom heutigen Südende des Luise-Kiesselbach-Platzes lichen Sendling haben, die aber aufgrund ihrer besonderen nach Norden bis zum Heimeranplatz sechsspurig gebaut, 24 25
wo sie auf die 1933 / 1934 errichtete Bahnunterführung traf. Im Osten erfolgte die Trassierung des Mittleren Rings auf Flächen, die bis dahin weitgehend unbebaut waren. Hier Die Aufnahme von der Tunnelbaustelle entstand zwischen 1959 und 1963 die Heckenstallerstraße. Mittlerer Ring Süd- Mit der Vollendung des Mittleren Rings im Jahr 1972 durch- west entstand im schnitt eine Verkehrsschneise von mehr als vier Kilometern August 2011 und Länge das Viertel. Entlang dieser Strecke wurde der Verkehr zeigt die Bauarbei- ten bei der Zufahrt mit Ampeln reguliert. Die Folgen waren häufige und lange zur A 95, Blick in Staus, verbunden mit erheblichen Lärm- und Abgasbelas- Richtung Altenheim tungen für die Anwohnerinnen und Anwohner. Der Luise- St. Josef. Kiesselbach-Platz war in den 1980er Jahren – insbesondere seit dem Anschluss der Lindauer Autobahn A 96 an die Gar- und dazwischen die tiefergelegte, 400 Meter lange Strecke mischer Straße und dem Ausbau der Forstenrieder Straße „Einschnitt Heckenstallerstraße“. Die Fertigstellung wurde zur Autobahn A 95 – der am stärksten von Straßenverkehr am 25. Juli 2015 mit einem Bürgerfest in und über den Tun- belastete Platz Münchens. neln gefeiert. Die Reduktion des Oberflächenverkehrs und die attraktiven neuen Grün- und Freizeitflächen führten zur Schon seit den 1970er Jahren diskutierte man über den Bau Aufwertung der Umgebung. Um die Zusammensetzung der von Straßentunneln für eine möglichst kreuzungsfeie Ver- Wohnbevölkerung zu sichern, gilt für weite Bereiche östlich kehrsführung am Luise-Kiesselbach-Platz. Die Frage wurde der Garmischer Straße und nördlich der Heckenstallerstraße zum Politikum: Nachdem Trappentreu- und Brudermühltun- seit 2016 die Erhaltungssatzung, die für bestimmte bauliche nel in den 1980er Jahren fertiggestellt worden waren, ent- Vorhaben beziehungsweise Nutzungsänderungen eine zu- schied der Münchner Stadtrat aufgrund der damit verbunde- sätzliche Genehmigungspflicht verlangt. nen hohen Kosten 1990 gegen den Bau weiterer Tunnel am Mittleren Ring. Die CSU setzte sich an die Spitze der Tunnel- Zwischen 1964 und 1967 entstand am äußersten südwes befürworter und initiierte 1996 ein Bürgerbegehren, gefolgt tlichen Rand des Stadtbezirks mit dem Knotenpunkt am von dem Bürgerentscheid „3 Tunnels braucht der Mittlere Kreuzhof ein weiteres wichtiges Verkehrsbauwerk, das auf Ring“. Dieser wurde von der Wählerschaft äußerst knapp – engem Raum kreuzungsfreie Verbindungen beziehungs- 50,7 Prozent stimmten dafür – angenommen und führte zum weise Fortführungen von Fürstenrieder Straße, Boschets Bau des Petueltunnels (1997 bis 2002), des Richard-Strauss- rieder Straße und A 95 ermöglicht. Es gelang, die Straßen- Tunnels (2003 bis 2009) und zur Teiluntertunnelung am führung so gestalten, dass die Sichtbezüge in Richtung Mittleren Ring Südwest: In diesem Abschnitt entstanden Fürstenrieder Schloss mit Allee beziehungsweise in Rich- zwischen 2009 und 2015 der 1.530 Meter lange Luise-Kies- tung Münchner Frauentürme erhalten blieben. Der Bund selbach-Tunnel, der 620 Meter lange Heckenstallertunnel Deutscher Architekten (BDA) zeichnete das federführende 26 27
städtische Baureferat mit dem BDA-Preis-Bayern für das Jahr 1969 aus. Der Name Kreuzhof erinnert an die 1875 an der Kreuzung von Fürstenrieder und Forstenrieder Straße er- richtete Ausflugsgaststätte, die 1963 dem Straßenausbau weichen musste. Westpark und IGA 83 Um die zunehmende Bebauung des Stadtgebiets auszuglei- chen, strebte die Stadtverwaltung bereits in Grünflächen plänen der 1950er Jahre die Zusammenführung bestehen- der Grünanlagen an; auch die vorhandenen natürlichen Frei- und Grünflächen wurden ausgewiesen. Bei der Planung großer Wohnsiedlungen – sogenannte Entlastungsstädte – entstand in den 1960er Jahren die Idee, wohnortnahe Groß grünanlagen zu schaffen. Die Entlastungsstadt Neuperlach erhielt den Ostpark; im westlichen Sendling wurde der Send linger Wald vor weiterer Bebauung geschützt und mit dem Namenszusatz Südpark bedacht; der Olympiapark von 1972 galt als Nordpark. Der Stadtentwicklungsplan von 1975 sah Große Teile des späteren Westpark-Geländes gehörten einen Westpark vor, der auf Freiflächen im Umkreis von ursprünglich der Baufirma Leonhard Moll. Die Aufnahme von 1977 zeigt in der Bildmitte das aus zwei Teilen beste- A 96 und Mittlerem Ring entstehen sollte. Im Juli 1976 lobte hende Areal vor Beginn der Bauarbeiten: Südlich (im Bild die Landeshauptstadt München einen Gestaltungswettbe- unterhalb) der A 96 lag ein ehemaliges Kiesabbaugebiet werb für den Westpark aus: Zu bearbeiten war ein rund der Firma Moll. Westlich der Garmischer Straße befand 60 Hektar großes Areal in zwei Teilen, die über den Mittle- sich ein Gutshof, der ebenfalls Leonhard Moll gehörte. Etwa dort, wo einst der Hof war, ist heute die Brücke zwi- ren Ring hinweg miteinander verbunden werden sollten. schen West- und Ostteil des Parks. Östlich des Mittleren Die Planer hatten auch die mögliche Durchführung einer Rings bis zur Hansastraße (rechts oberhalb Bildmitte) Internationalen Gartenbauausstellung auf dem Gelände war flaches Brachland und das Moll-Betonwerk. mitzubedenken. Der Landschaftsarchitekt Peter Kluska (1938 – 2020) gewann den Wettbewerb am 10. Februar 1977. Sein Konzept beinhaltete die grundlegende Umgestaltung des nahezu flachen Gebiets in eine abwechslungsreiche Hügel- und Tallandschaft, versehen mit Wasser- und Frei flächen und einem differenzierten Wegenetz. Mit Kluskas 28 29
Entwurf bewarb sich die Landeshauptstadt München im nahe dem an der Hansastraße gelegenen Haupteingang. Mai 1977 für die Internationale Gartenbauausstellung im Vom Haupteingang gelangte man auch zu den Ausstellungs- Jahr 1983 (IGA 83) und erhielt zwei Monate später den hallen, den früheren Hallen des Moll-Betonwerks. Auf dem Zuschlag. Westparkplanung und IGA 83 waren somit von Ausstellungsgelände waren die insgesamt 23 Nationengär- Anfang an miteinander verwoben. ten mit einer Kleinbahn, die für die Dauer der IGA 83 auf dem weiträumigen Parkareal fuhr, bequem zu erreichen. Im Januar 1978 begannen die Erdarbeiten. In den Mittella- gen entstanden durch Aushub Täler, an den Rändern durch Nach der IGA 83 wurde die Umzäunung entfernt und die Um Aufschüttungen Hügel und Erdwälle, die den Lärm der wandlung in den öffentlich zugänglichen Westpark begann. angrenzenden Hauptverkehrsstraßen abschirmen. Für die Etliche IGA-83-Attraktionen, wie der Rosengarten, diverse Modellierung der Parklandschaft wurden insgesamt zwei Gebäude, Spielplätze und Kunstwerke blieben erhalten. Bür- Millionen Kubikmeter Erde bewegt. Um den gewünschten gerengagement verhinderte den geplanten Rückbau des Eindruck eines natürlichen Landschaftsparks zu verstärken, Ostasien-Ensembles, das während der IGA 83 das Publikum ließ Kluska insgesamt 6.000 20 bis 40 Jahre alte Großbäume begeistert hatte. Die einzelnen Elemente, besonders der aus ganz Bayern an zuvor errechneten und im Modell fest Thai-Sala, gehören zu den meistfotografierten Objekten des gelegten Punkten anpflanzen. Die im Dezember 1977 ge Westparks. gründete IGA 83 München GmbH bereitete die Durchfüh- rung der Gartenschau vor. 60 Länder wurden zur Teilnahme Der ursprünglich vor allem für Anwoh- eingeladen; Künstlerinnen und Künstler zur Schaffung von nerinnen und Anwohner geschaffene Skulpturen angeregt; ein Begleitprogramm zu gartenpflege- Westpark ist – nach dem Englischen rischen und globalen politischen Themen wie Welthunger, Garten – der beliebteste Park Mün- Umwelt- und Naturschutz zusammengestellt, außerdem ein chens. Dies ist vor allem der Konzep- umfangreiches Kulturprogramm. tion und beratenden Begleitung Kluskas zu verdanken, der nicht nur die land- Am 28. April 1983 eröffnete Bundespräsident Karl Carstens schaftlich-ästhetische Wirkung im Blick in Anwesenheit von Ministerpräsident Franz Josef Strauß, hatte, sondern auch die soziale Balance. Oberbürgermeister Erich Kiesl und zahlreicher Ehrengäste Seine Gestaltung schuf Orte des Rück- Zur IGA 83 gab es das internationale Großereignis in der Rudi-Sedlmayer-Halle. zugs und der Begegnung sowie ein zahlreiche Werbear- tikel und Souvenirs, Die IGA 83 dauerte bis zum 9. Oktober 1983 und wurde ein breites Angebot für unterschiedliche wie zum Beispiel den großer Erfolg für München mit insgesamt mehr als 11 Millio Interessen, Bedürfnisse und Genera hier gezeigten Stock- nen Besucherinnen und Besuchern. Diese erreichten das tionen und sorgte dafür, dass der West- nagel mit dem Igartl- Ausstellungsgelände mehrheitlich mit öffentlichen Verkehrs- park „ein Park für alle“ ist. Die beson Flori, dem offiziellen IGA-83-Maskottchen. mitteln – eine IGA-Sonderhaltestelle der S-Bahn befand sich dere Bedeutung drückt sich auch darin 30 31
Motive vom West- aus, dass der Westpark seit 1992 Be- Sendling-Westpark park und aus der standteil des Stadtbezirksnamens ist. Sendlinger Geschichte finden sich auf der von Martin Blumöhr Der KulturGeschichtsPfad lädt ein, den 7 2020 verschönerten Stadtbezirk Sendling-Westpark entlang Gasdruckregelstation von drei Rundgängen zu entdecken. im nordöstlichen Teil der Grünanlage Luise- Der erste erkundet die Gegend um den Kiesselbach-Platz. Luise-Kiesselbach-Platz; der zweite, Als Verweis auf die der auch als Radtour geeignet ist, führt Covid-19-Pandemie über den südlichen zum westlichen malte der Künstler auch eine Blume mit Rand des Stadtbezirks. Rundgang drei Blüte in Gestalt des gilt dem Westpark und endet an der Rundgang 1: Corona-Virus, die von Hansastraße. Rund um den Luise-Kiesselbach-Platz. Masken tragenden Blumen umgeben ist. Ein Spaziergang im Herzen des Viertels Foto 2021 32
In Erwartung von Rüstungsaufträgen des NS-Regimes er richtete das Unternehmen 1936 / 1937 eine neue Werkshalle und verdoppelte seine Produktionsflächen. Während des Zweiten Weltkriegs stellte der Familienbetrieb neben An- triebsketten auch Aufschlagzünder für die Zwei-Zentimeter- Flakgranate her. Ab 1942 beschäftigte IWIS Zwangsarbeite- rinnen und Zwangsarbeiter: Unter den 283 Mitarbeitern im Jahr 1942 waren 26 ausländische Beschäftigte, vor allem Kettenproduzent IWIS Ukrainerinnen und Ukrainer sowie russische Kriegsgefan- gene. IWIS-Werksgelände Der Hersteller von Präzisionskettensys- 1937: Links das temen IWIS an der Albert-Roßhaupter- Wohn- und Bürohaus an der Albert-Roß- Straße 53 ist der wohl älteste, bis Werbekatalog von heute bestehende Industriebetrieb im 1937 haupter-Straße (da- mals Forstenrieder Stadtbezirk Sendling-Westpark. 1916 Straße), in der Mitte wählte der aus München stammende die 1937 fertigge stellte, rechts an- Fahrradpionier Johann Baptist Winkl schließend die alte hofer (1859 – 1949), der 1885 in Chem- Werkshalle. Die Ge- nitz die Wanderer-Werke mitgegründet bäude bestehen in hatte, eine ehemalige Möbelfabrik in modernisierter Form bis heute. Auf dem der Forstenrieder Straße als Standort Werksgelände kamen für sein Unternehmen. Mit finanzieller später weitere Pro- und personeller Unterstützung der duktionsanlagen Wanderer-Werke startete die Johann- hinzu. Winklhofer-Maschinenfabrik als Rüs- tungsbetrieb, der Zünder für Haubitzen produzierte. Nach dem Ersten Welt- krieg gelang der Firma – sie hieß ab 1920 Joh. Winklhofer & Söhne – die Umstellung auf die Produktion von Fahrrad-, Motorrad- und Autoketten. 34 35
Bis in die 1990er Jahre wurden sämtliche Einzelteile, die für die Kettenproduktion notwendig sind – aus hochwertigen Stahlbändern und Stahldrähten entstehen Bolzen, Hülsen, Rollen und Laschen – am Firmenstandort auf dem Unter sendlinger Oberfeld hergestellt, in Spezialöfen behandelt und zusammengefügt. Die Einzelteilproduktion verdoppelte sich von sechs Millionen im Jahr 1966 auf zwölf Millionen im Jahr 1986; damals beschäftigte das Unternehmen rund 570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da das Werksgelände an der Albert-Roßhaupter-Straße keine weitere Expansion zuließ, baute IWIS 1999 ein neues Werk in Landsberg am Lech. Das Unternehmen eröffnete 2002 ein erstes Werk in Südamerika und ist mittlerweile weltweit an 45 Standorten vertreten. Hauptsitz der iwis SE & Co. KG – die international agierende Firma ist seit 2021 eine Europäische Gesellschaft (SE) – ist der Stammsitz in Sendling-Westpark. IWIS-Kettensortiment Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die bei der Hannover US-amerikanische Besatzungsmacht 1973 gründete IWIS auf dem Firmengelände Messe 1955 den Betriebskindergarten Kinderkette für die den Betrieb für kurze Zeit stilllegen, Kinder der Belegschaft. Zwanzig Jahre später erteilte jedoch bereits am 14. Juli 1945 ging die Trägerschaft auf den neugegründe- die Erlaubnis zur Herstellung von Fahr- ten gemeinnützigen Verein Kinderkette e. V. rad- und Antriebsketten für motorisierte über. Die Kinderkette nimmt seither auch Fahrzeuge. 1966 stellte IWIS die Pro- Kinder aus der näheren Umgebung auf. duktion von Fahrradketten ein. Das Un- ternehmen hatte sich inzwischen zum größten Kettenlieferanten der deut- schen Automobilindustrie entwickelt. Neben Antriebsketten für Fahrzeuge setzte IWIS nun verstärkt auf die Her- stellung von Präzisionskettensystemen für den Maschinen- und Anlagenbau in verschiedenen Industriezweigen. 36 37
Die Kriegersiedlung steht als Ensemble unter Denkmalschutz, da sie städtebaulich von den Bedürfnissen ihrer Erbauer zeugt. Bauherrin war die am 8. Juli 1919 gegründete Bau- und Kleinsiedlungsgenossenschaft Kriegersiedlung eGmbH des seit 1918 bestehenden Kriegsbeschädigtenvereins München: Kriegsversehrte des Ersten Weltkriegs hatten sich genossenschaftlich zusammengeschlossen, um ge- meinsam Wohnungen zu errichten. Als Baugrund kaufte die Baugenossenschaft ein rund 3,4 Hektar großes Grundstück des Sendlinger Landwirts Simon Kaffler. Es lag zwar in nahezu unbebauter Umgebung, zeichnete sich aber durch eine gute Verkehrsanbindung – die Straßenbahn bediente seit 1904 die Forstenrieder Straße – aus. Die Kriegersiedlung entstand von 1920 bis 1927 in mehreren Bauabschnitten durch die Architekten Peter Schneider, Max Kriegersiedlung Graessel und Gerald Leindecker. Von Letzterem stammen auch die 1926 und 1927 errichteten Kopfbauten an der Zugang zur Krieger- In direkter Nachbarschaft der Firma heutigen Albert-Roßhaupter-Straße 57, 59, 61 und 63. siedlung um 1930: IWIS liegt eine Wohnsiedlung der be- Dort waren neben Wohnungen Einrichtungen für die Grund- Im linken Kopfbau war damals ein sonderen Art: die Kriegersiedlung. Durch versorgung der ursprünglich aus 109 Haushalten bestehen- Laden des Konsum- ein Tor gelangt man von der stark fre- den Kriegersiedlung: ein Milchladen, eine Metzgerei, ein Vereins von 1864, quentierten Albert-Roßhaupter-Straße Geschäft für Waren des täglichen Bedarfs, eine Gaststätte im rechten die Gast- in eine ruhige Privatstraße, die zu bei- und das Büro der Genossenschaft. Die in Eigeninitiative stätte Kriegersied- lung. den Seiten von niedrigen Häusern mit und Selbsthilfe errichteten Häuser hatten Wohnungen mit Vorgärten und dahinterliegenden Nutz- je rund 70 Quadratmetern Wohnfläche und verfügten über gärten gesäumt ist. Die Straße, die 2010 eine für die damalige Zeit überdurchschnittlich gute Ausstat- erneuert und als Spielstraße umgestal- tung wie elektrischen Strom, fließend Kaltwasser und ein tet wurde, führt in gerader Linie nach Wasserklosett. Hinzu kamen Vorgärten für die Kleintierhal- Süden. An ihrem Ende bildet der quer- tung und größere Nutzgärten für den Kartoffel-, Obst- und stehende Riegel eines mehrstöckigen Gemüseanbau zur Selbstversorgung der Bewohner. Wohnblocks den optischen Abschluss und unterstreicht baulich die Einheit der Anlage. 38 39
Im Zweiten Weltkrieg wurden einige Häuser durch Bomben und Luftminen zerstört. Die unter neuem Namen 1948 als Baugenossenschaft an der Forstenrieder Straße wiederge- gründete Institution kümmerte sich um den Wiederaufbau. 1954 bis 1955 errichtete die Baugenossenschaft fünf Häuser in dem vierstöckigen Block Johann-Clanze-Straße 52 bis 60, 1960 / 1961 kam der Eckbau Johann-Clanze-Straße 48 / Euckenstraße 1 hinzu. Die Baugenossenschaft Kriegersiedlung e. G. – so der Name seit 1990 – hat die älteren Siedlungshäuser behutsam mo- dernisiert und saniert und stellt sicher, dass der besondere Charakter der Siedlung erhalten bleibt. Die Bewohner sind stolz auf ihre idyllische Siedlung und den guten Zusammen- halt und feiern jedes Jahr ein Siedlungsfest. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1971 eröffnete die Grundschule in der Kon- Die 1934 in Sendling wertete die US-Besatzungsmacht rad-Celtis-Straße 44. Zum Einstand schenkte gebaute Lok gelangte den Namen Kriegersiedlung als die Baufirma Leonhard Moll der Schule eine 1971 durch Schen- militaristisch und erzwang die Lokomotive aus der Fabrik Krauss & Comp., kung in den Hof der Umbenennung in Baugenossen- die einst in der Lindwurmstraße produzierte Konrad-Celtis-Schule schaft an der Forstenrieder (siehe KGP 6). Wegen Verletzungsgefahr und war ein beliebtes Straße eGmbH. 1990 beschlos- wurde die alte Lok, die im Schulhof bei der Kletter- und Spiel sen die Mitglieder die Rückkehr Arnimstraße steht, mit einem Sicherheits- objekt. Foto 1971 zum ursprünglichen Namen zaun versehen. Die Schule wurde 2015 / 2016 Baugenossenschaft Kriegersied- durch den Neubau einer Pavillonschule lung e. G. Die Interimsbezeich- erweitert. nung findet sich am Eingang zur Siedlung auf der Plakette, die die Genossenschaft 1969 anlässlich ihres 50jährigen Bestehens anbrachte. Foto 2019 40 41
Katholische Pfarrkirche St. Thomas Morus Im Zuge der Bebauung des Gebiets zwischen Albert-Roß haupter-Straße und Heckenstallerstraße erfolgte 1964 die Gründung der Pfarrei St. Thomas Morus. Namensgeber der neuen Pfarrgemeinde ist der englische Staatsmann und Autor Thomas Morus (1478 – 1535). Der Katholik und frühere Lordkanzler verweigerte 1534 den Eid auf König Heinrich VIII., weil der sich einer päpstlichen Entscheidung widersetzt hatte. Morus wurde daraufhin wegen Hochverrat geköpft. Die katholische Kirche verehrt Morus als Märtyrer, den sie 1886 selig- und 1935 heiligsprach. Kardinal Julius Döpfner weihte die Kirche St. Thomas Morus, Friedrich-Hebbel-Straße 26, am 4. Dezember 1966. Architekt war Karl Jantsch, der der Pfarrgemeinde ange- hörte und auch das Pfarrhaus mit Kindergarten in der Kon- rad-Celtis-Straße 71 plante. Bis zur Tieferlegung der Hecken- stallerstraße und der Schaffung des Heckenstallertunnels war der 44 Meter hohe freistehende Glockenturm eine weit- hin sichtbare Wegmarke am Mittleren Ring. Die Kirche ist ein Betonskelettbau mit Klinkerverkleidung und hat einen glockenförmigen Grundriss. Ein 131 Quadratmeter großes Glasfenster, das die Wiederkehr Christi zeigt, schmückt die 32 Meter breite Südseite der Kirche. Geschaffen hat es – ebenso wie das schlichte Metallkreuz an der Altarwand – der Künstler Christian Wolf. Das Luftbild von 1967 zeigt die Kirche Eine prägende Persönlichkeit der Gemeinde St. Thomas St. Thomas Morus am Mittleren Ring; südlich der Heckenstallerstraße lag damals Morus war Monsignore Erwin Hausladen (1925 – 2015), noch der städtische Holz- und Kohlenhof Gründungspfarrer und Stadtpfarrer bis 2011. Die Kirche wird (im Bild oben rechts). im Frühjahr 2021 geschlossen und umfassend saniert. Pfarrhaus mit Pfarrheim und Kindergartengebäude sind 42 43
marode und werden abgebrochen und neugebaut. St. Tho- mas Morus und St. Achaz (siehe KGP 6) bilden den Pfarrver- band Mittersendling. Im Auftrag der Baufirma Leonhard Moll planten die Architekten Johannes Ludwig, Hellmut von Werz und Johannes Christian Ottow die 1970 fertiggestellte Wohnanlage zwischen Friedrich-Hebbel- / Jean-Paul- Richter- / Konrad-Celtis- und Mainburger Straße mit drei Wohnhofbereichen. An der Ecke Jean-Paul-Richter-Straße/Hölty straße findet jeden Mittwochvormittag ein Wochenmarkt statt. Dort ist auch die Skulp- tur einer Frau zu sehen, die ihr langes Haar auswringt. Der Bildhauer Martin Mayer schuf die Haarwaschende 1969 ursprünglich als Brunnenfigur. Auf einem rund 1,6 Hektar großen Grund- Luise Kiesselbach stück, auf dem viele Jahrzehnte ein Büro (1863 – 1929), Foto gebäude der Firma Leonhard Moll mit Haus- 1924 nummern Konrad-Celtis-Straße 75 bis 83 stand, wurde ab 2016 eine neue Wohnanlage mit rund 280 Wohneinheiten errichtet. Luise-Kiesselbach-Platz Der Luise-Kiesselbach-Platz erinnert seit 1930 – unterbro- chen von einer Umbenennung in der NS-Zeit – an die Politi- kerin und Pionierin für Frauenrechte und soziale Wohlfahrt Luise Kiesselbach. Die 1863 in Hanau als Tochter eines Leh- rers geborene Luise Becker heiratete 1884 Wilhelm Kiessel- bach (1839 – 1902), der später Professor für Ohrenheilkunde in Erlangen wurde. 1906 gründete Luise Kiesselbach in Erlangen den Verein Frauenwohl und setzte sich für Frauen- rechte und für die Zulassung von Frauen zur Armenpflege ein; 1909 wurde sie als eine der ersten Hilfsarmenpflegerin- nen Bayerns berufen. 44 45
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