7 KulturGeschichtsPfad - Sendling-Westpark - muenchen.de

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KulturGeschichtsPfad

 7    Sendling-Westpark
7 KulturGeschichtsPfad - Sendling-Westpark - muenchen.de
Bereits erschienene und zukünftige                    Inhalt
Publikationen zu den KulturGeschichtsPfaden:
Stadtbezirk 01   Altstadt-Lehel                       Vorwort Oberbürgermeister Dieter Reiter           3
Stadtbezirk 02   Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt         Grußwort Bezirksausschussvorsitzender
Stadtbezirk 03   Maxvorstadt                          Günter Keller                                     5
Stadtbezirk 04   Schwabing-West                       Geschichtliche Einführung                         9
Stadtbezirk 05   Au-Haidhausen
Stadtbezirk 06   Sendling
Stadtbezirk 07   Sendling-Westpark                    Rundgänge
Stadtbezirk 08   Schwanthalerhöhe                     Rundgang 1: Rund um den Luise-Kiesselbach-Platz
Stadtbezirk 09   Neuhausen-Nymphenburg                     Kettenproduzent IWIS                         34
Stadtbezirk 10   Moosach
Stadtbezirk 11   Milbertshofen-Am Hart                     Kriegersiedlung                              38
Stadtbezirk 12   Schwabing-Freimann                        Katholische Pfarrkirche St. Thomas Morus     42
Stadtbezirk 13   Bogenhausen                               Luise-Kiesselbach-Platz                      45
Stadtbezirk 14   Berg am Laim                              Großwohnanlage Oberlandsiedlung              50
Stadtbezirk 15   Trudering-Riem
Stadtbezirk 16   Ramersdorf-Perlach                        Gartenstadt Holzapfelkreuth                  53
Stadtbezirk 17   Obergiesing-Fasangarten                   Illegale Druckerei des kommunistischen
Stadtbezirk 18   Untergiesing-Harlaching                   Widerstands 1933                             55
Stadtbezirk 19   Thalkirchen-Obersendling-                 Evangelisch-lutherische Gethsemanekirche     57
                 Forstenried-Fürstenried-Solln
Stadtbezirk 20   Hadern                                    Richard Lindner                              59
Stadtbezirk 21   Pasing-Obermenzing                        Staltacher Straße                            62
Stadtbezirk 22   Aubing-Lochhausen-Langwied                Lebenshilfe Werkstatt GmbH München           64
Stadtbezirk 23   Allach-Untermenzing                       Stiftung ICP München                         66
Stadtbezirk 24   Feldmoching-Hasenbergl
Stadtbezirk 25   Laim                                      Altenheim St. Josef                          69
                                                           Katholische Kirche St. Heinrich              72
                                                           GWG-Siedlung Krüner Straße                   75
                                                           Grund- und Mittelschule an der Fernpaßstraße 77
Zwei detaillierte Lagepläne zur Orientierung im            Katholische Pfarrkirche St. Stephan          80
Stadt­bezirk finden Sie im Anhang.                         Partnachplatz                                82
Am Ort selbst sind die wesentlichen Stationen durch
Markierungs­schilder kenntlich gemacht.               Rundgang 2: Radtour entlang der südlichen
                                                      und westlichen Grenzen des Stadtbezirks
                                                           Städtischer Holz- und Kohlenhof             86
Alle Texte und weitere Informationen stehen unter          Gewofag-Siedlung Passauerstraße             88
www.muenchen.de/kgp zur Verfügung.                         Hirsch-Gereuth-Straße                       90
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Sportstätten an der Höglwörther Straße    92
      Sendlinger Wald  /  Südpark               94
      Sportanlage MTV München von 1879 e. V.    97
      Grundschule an der Werdenfelsstraße       99
      Waldrestauration Holzapfelkreuth         102
      Gilmstraße                               104
      Gymnasien an der Fürstenrieder Straße    106
      Nervenheilanstalt Neufriedenheim /
      Bayerische Landesschule für Gehörlose    108
      Jüdische Patientinnen und Patienten in
      Neufriedenheim während der NS-Zeit       113
      Gerty-Spies-Straße                       115

Rundgang 3: Spaziergang durch den Westpark           Vorwort
     U-Bahnstation Westpark                    118
     Westpark, westlicher Teil                 120   Die KulturGeschichtsPfade der Landeshauptstadt München
     Ostasien-Ensemble                         122   sind Rundgänge entlang historisch bedeutsamer Orte und
     Bayerwaldhaus                             126   Ereignisse im städtischen Raum. Sie sind nach Stadtbezir­ken
     Fußgängerbrücke und östlicher Teil              gegliedert und sollen zu einem flächendeckenden topogra­
     des Westparks                             127   phischen Netzwerk der Geschichte Münchens ausgebaut
     Basketballhalle (Audi-Dome)               129   werden.
     Ostsee, Feuchtbiotop und Mollsee          132
     Kleingartenanlage Süd-West 83             134   Wir laden alle Münchnerinnen und Münchner und alle aus-
     Amorbahn                                  136   wärtigen Besucherinnen und Besucher dazu ein, neben
     Bauunternehmen Leonhard Moll              138   den geläufigen Glanzlichtern Münchens auch den weniger
     Adi-Maislinger-Straße                     143   bekannten Besonderheiten der Stadtgeschichte auf die Spur
     Villa Flora                               145   zu kommen. Jeder KulturGeschichtsPfad ist als Broschüre
                                                     erhältlich und im Internet abrufbar. Er führt zu den bedeu­
Literaturauswahl                               148   ten­­­­den Bauwerken, den geschichtsträchtigen Plätzen und
Webseitenauswahl                               151   den Wohnungen oder Wirkungsstätten bemerkenswerter
Bildnachweis                                   151   Per­­sön­­lichkeiten des jeweiligen Bezirks. An Ort und Stelle
Dank                                           152   weisen Orientierungstafeln den jeweiligen Pfad und die be-
Übersichtskarten                               153   treffende Einzelstation aus. Die KulturGeschichtsPfade sind

                                                                                                                  3
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so angelegt, dass sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück-
gelegt werden können.

Ich wünsche allen Reisenden, die sich zu den historischen
Marksteinen vor der eigenen Haustür und jenseits der aus­-
getretenen Wege aufmachen, anregende, neue Erkennt­nisse
und dem Projekt der münchenweiten KulturGeschichts­
Pfade große Resonanz in der Bevölkerung.

                                                             Grußwort
                                                             Wir freuen uns, Ihnen den KulturGeschichtsPfad für Send-
                                                             ling-Westpark vorstellen zu dürfen. Nachdem ich nun schon
                                                             sehr lange im Stadtbezirk wohne, dachte ich, dass ich schon
                                                             viel über Sendling-Westpark weiß. Aber die Fülle an für mich
Dieter Reiter                                                neuen Informationen im KulturGeschichtsPfad hat mich
Oberbürgermeister                                            doch überrascht. Die erste Lektüre war richtig spannend und
                                                             das intensivere Nachverfolgen des Pfades hat mir ganz neue
                                                             Erkenntnisse verschafft. Vielleicht geht es Ihnen genauso.
                                                             Die Besonderheit unseres Stadtbezirk Sendling-Westpark
                                                             ist schon in seinem Namen genannt: der Westpark. Für die
                                                             Internationale Gartenbau-Ausstellung (IGA) im Jahr 1983
                                                             wurde eine ehemalige Kiesgrube in den wunderbaren West-
                                                             park verwandelt, womit sich auch das Gesicht des Stadtbe-
                                                             zirks änderte. Nicht mehr die Knotenpunkte des Verkehrs
                                                             aus dem Süden und Westen und die Drehscheibe Luise-
                                                             Kiesselbach-Platz prägten die Umgebung, sondern der
                                                             freundliche, grüne Park, den immer mehr Münchnerinnen
                                                             und Münchner für Erholung und Freizeit aufsuchten. Das ist
                                                             bis heute so geblieben.

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Die Verkehrsprobleme sind leider nicht weniger geworden –
sie haben sich seit der Fertigstellung des Tunnels unter der
Heckenstallerstraße, dem Luise-Kiesselbach-Platz und der
Garmischer Straße nur verändert. Hier hoffen wir, im Rahmen
der Verkehrswende Verbesserungen erreichen zu können.
Sendling-Westpark spiegelt seit jeher in vielen Punkten einen
Querschnitt Münchens wider, z. B. in den Wahlergebnissen
oder der Bevölkerungsstruktur. Es gibt hier ein gutes Zusam­
menleben: Kleine Gartenstadtvillen koexistieren mit sozia­lem
Wohnungsbau. Doch auch dies beginnt sich zu wandeln, im­
mer mehr Gartenstadthäuser werden in Häuser mit Luxus-­
Eigentumswohnungen umgewandelt. Wir müssen achtge-
ben, dass sich der Charakter des Stadtbezirks nicht deutlich
verändert.
Im Namen des Bezirksausschusses Sendling-Westpark be­
danke ich mich bei den Verantwortlichen im Kulturreferat der
Landeshauptstadt München, aber vor allem bei der Autorin
Frau Dr. Pohl, die mit viel Engagement und Geduld eine groß­
artige Leistung erbracht hat. Der Dank gilt auch dem Vor-             Sendling-Westpark
sitzenden des Historischen Arbeitskreises Sendling, Herrn
Klaus Huber, der mit seinem umfassenden Text- und Bild-
archiv viele Details beitragen konnte, sowie Herrn Hartmut

                                                                  7
Küfner, der ebenfalls viel historisches Wissen eingebracht hat.
Auch den BA-Mitgliedern danke ich herzlich für ihre Beiträge
und Frau Charlotte Mosebach, der Vorsitzenden unseres
Unterausschusses Soziales und Kultur, für ihre Koordination.

Mit herzlichen Grüßen
                                                                      Runter von der Autobahn,
                                                                      rein in den Park

Ihr Günter Keller
Vorsitzender des Bezirksausschusses Sendling-Westpark
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Geschichtliche Einführung
                                                  Der 7. Stadtbezirk, Sendling-Westpark, liegt südwestlich
                                                  des Münchner Stadtkerns und grenzt an die Stadtbezirke
                                                  Sendling, Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürsten­
                                                  ried-Solln, Hadern, Laim und Schwanthalerhöhe. Die Be-
    Grünflächen und Parks, Wohnbebauung           zirksgrenzen sind im Westen die Fürstenrieder Straße, im
    und Hauptverkehrswege prägen Sendling-        Nordwesten Ammersee- und Westendstraße, im Nordosten
    Westpark. Das Luftbild von 2020 zeigt den
    südwestlichen Teil des Stadtbezirks von
                                                  und Osten die S-Bahntrasse. Die südliche Bezirksgrenze
    seiner westlichen Grenze in Richtung Osten:   schlängelt sich vom Kreuzhof entlang der Boschets­rieder
    Am unteren Bildrand ist der Waldfriedhof      Straße, Sendlinger Wald / Höglwörther Straße, Surheimer
    (Stadtbezirk Hadern), begrenzt von der        Weg, Illingstraße zur Ohlenschlagerstraße und von dort bis
    Fürstenrieder Straße; darüber beziehungs­
    weise östlich sind die Sportanlagen des
                                                  zur S-Bahn.
    MTV München von 1879 e. V. Diese gehören
    zur Oberlandsiedlung, die im Norden von       Sendling-Westpark ist von mehreren zentralen Verkehrs-
    der Waldfriedhofstraße (links) und im Süden   wegen durchzogen: Albert-Roßhaupter-Straße (bis 1962
    von der A 95 (rechts) – beide führen zum
    Mittleren Ring – gerahmt wird. Südlich der
                                                  Forstenrieder Straße genannt; zu Albert Roßhaupter siehe
    A 95 ist der Sendlinger Wald / Südpark. Im    KGP 6) und Waldfriedhofstraße queren den Stadtbezirk
    oberen Drittel des linken Bildrands sieht     in Ost-West-Richtung; Hansa- und Passauerstraße sowie
    man einen Teil des Westparks.                 Garmischer und Murnauer Straße bilden wichtige Nord-Süd-
                                                  Achsen, wobei die Garmischer Straße Teil des Mittleren
                                                  Rings ist. In diesen münden im Bereich des 7. Stadtbezirks

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zwei Bundesautobahnen, die Lindauer Autobahn (A 96) und
die Garmischer Autobahn (A 95). Die von 2009 bis 2015
erfolgte Untertunnelung des Mittleren Rings zwischen A 96
und Passauerstraße ermöglichte die Schaffung attra­ktiver
Orte für die Bevölkerung: Über dem Tunnel in der Garmischer
Straße entstand eine begrünte Mittelpromenade, am Luise-
Kiesselbach-Platz eine Grünanlage, die auch für Veranstal-
tungen genutzt wird und über dem Heckenstaller­tunnel der
Heckenstallerpark mit abwechslungsreichen Sport- und
Spielflächen. Die größten Grün- und Freizeitanlagen sind der    Historische Zugehörigkeit                  Da der größte Teil
Sendlinger Wald / Südpark, der Westpark und mehrere Klein-      zu Sendling                                von Sendling-West-
                                                                                                           park ursprünglich zu
gartenanlagen; die größte, Land in Sonne, befindet sich im      Der Name Sendling-Westpark signali-        Unter- und Mitter­
nördlichen Teil des Stadtbezirks, beiderseits der Garmischer    siert, dass der Stadtbezirk 7 aus dem      sendling gehörte,
Straße.                                                         historischen Sendling hervorging. Das      ist die Geschichte
                                                                Gebiet von Sendling-Westpark umfasst       dieser Dörfer ein
                                                                                                           prägender Bestand-
Die Bebauung des heutigen Stadtbezirks verdichtete sich         weite Teile der einstigen Sendlinger       teil der Identität des
erst in der Zwischenkriegszeit und – zum größeren Teil – nach   Haide beziehungsweise des Unter- und       7. Stadtbezirks. In
dem Zweiten Weltkrieg. Entlang der Hauptverkehrsstraßen         Mittersendlinger Oberfelds, wobei die      einer Unterführung
dominiert Geschosswohnungsbau, in den ruhigeren Neben­          historischen Siedlungskerne Unter- und     beim Sendlinger
                                                                                                           Wald greift ein Graf-
straßen überwiegen Ein- und Zweifamilienhäuser mit Gärten.      Mittersendling heute im Nachbarbezirk      fito von Fraubath
                                                                Sendling liegen. Dort, auf der Isarhang­   und Kollegen die
Im Stadtbezirk 7 gibt es mit dem Altenheim Haus St. Josef,      kante in Mittersendling, fand man auch     Sendlinger Bauern­
der Lebenshilfe Werkstatt GmbH München und der Stif-            die ältesten Siedlungsspuren der Ge-       schlacht auf: Es
                                                                                                           zeigt den eine Fahne
tung ICP München wichtige soziale Einrichtungen. Zentrale       gend: Gräber aus der Zeit um 2000 bis      tragenden und eine
Dienstleister, wie die Kraftfahrzeugzulassungsstelle und        1800 v. Chr. sowie weitere aus dem         Keule schwingenden
der Technische Überwachungsverein TÜV SÜD sind an der           Frühmittelalter um 400 bis 600 n. Chr.     legendären Schmied
Westendstraße angesiedelt. In der Hansastraße befinden          Für den Stadtbezirk Sendling-Westpark      von Kochel als An-
                                                                                                           führer der aufstän-
sich die Hauptverwaltung des Forschungsverbunds Fraun­          sind hingegen keine nennenswerten          dischen Oberländer
hofer-Gesellschaft, das Kulturzentrum Feierwerk und die         archäologischen Spuren belegt. Das         vor der Untersend-
Zentrale des Automobilclubs Deutschland e. V. (ADAC).           Bayerische Landesamt für Denkmal-          linger Kirche St. Mar-
                                                                pflege nennt lediglich einen Fundort im    garet. Foto 2019
                                                                Bereich Grünstraße / Grabbeweg, wo
                                                                Körpergräber des frühen Mittelalters

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nachgewiesen wurden. Bei der Kreuzung Ehrwalder Straße /
Gilmstraße soll sich ein Reihengräberfeld befunden haben.

Erstmals urkundlich erwähnt ist der Ortsname Sendling in
einer Schenkungsurkunde von 782. Darin übertrugen ein
Apolt und sein Sohn Huasuni dem Kloster Schäftlarn ihren
Besitz in Schwabing und Sendling. In der Gemarkung Send-
ling entstanden die Siedlungen Unter-, Mitter- und Ober­
sendling und Thalkirchen. Diese wurden um 1290 bis 1346
drei herzoglichen Landgerichten zugewiesen: Unter- und
Mittersendling dem Landgericht Dachau, Obersendling
dem Landgericht Pähl, später Starnberg, und Thalkirchen
dem Landgericht Wolfratshausen.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) wurde das Münchner
Umland, einschließlich Unter- und Mittersendling, wieder-       die unzureichend bewaffneten Auf-          Schäfer Zanker mit
holt ausgeraubt und in Teilen niedergebrannt. Während des       ständischen zurück und schlugen sie        Hund und Herde auf
                                                                                                           einer Weide westlich
Spanischen Erbfolgekriegs (170 – 1714) wurde Sendling           bei der Dorfkirche St. Margaret brutal     des Untersendlinger
bayernweit bekannt: Nachdem der bayerische Kurfürst             nieder. An den verschiedenen Schau-        Ortskerns, circa 1920
Maximilian II. Emanuel nach der verlorenen Schlacht bei         plätzen starben rund 1.100 Rebellen,
Höchstädt (13. August 1704) außer Landes geflohen war,          etwa 400 davon in Untersendling. Das
ließ sein Gegner, der Habsburger Joseph I., Kaiser des Heili-   Massaker vom 25. Dezember 1705
gen Römischen Reichs Deutscher Nation, Bayern besetzen.         brannte sich, unterstützt durch die
Am 16. Mai 1705 marschierten kaiserlich-habsburgische           Legende vom heldenhaften Schmied
Truppen mit rund 3.200 Mann in München ein. Die aus-            von Kochel, als sogenannte Sendlinger
beuterische Besatzungspolitik provozierte den Widerstand        Bauernschlacht oder Sendlinger Mord-
der Bevölkerung. Bauern, Knechte, Tagelöhner, ehemalige         weihnacht ins kollektive Gedächtnis ein.
kurfürstliche Soldaten und Befehlshaber sammelten sich im       Denkmäler und Straßennamen erinnern
Herbst 1705 in der Oberpfalz, in Niederbayern und im Tölzer     bis heute an die blutige Auseinander-
Oberland, um die Besatzer zu vertreiben. Am 24. Dezember        setzung. In Sendling-Westpark ist zum
1705 wählten die Oberländer Untersendling als Hauptquar-        Beispiel die Heckenstallerstraße nach
tier für die Befreiung Münchens. Tags darauf scheiterte das     dem kurfürstlich-bayerischen Gehei-
Vorhaben: Die überlegenen kaiserlichen Truppen drängten         men Ratssekretär Urban Heckenstaller,

12                                                                                                                           13
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einem Unterstützer der Aufständischen aus dem Oberland,
benannt. Die Passauerstraße heißt nach dem Studenten
Anton Passauer, einem Anführer der Tölzer Schützen. Und
die Johann-Clanze-Straße erinnert an den kurbayerischen
Gardeoberleutnant Johann Clanze, der als Mitanführer der
oberbayerischen Bauern am 29. Januar 1706 von den habs-
burgischen Besatzern auf dem Münchner Marienplatz hin­
gerichtet wurde.

Ab 1818 bildeten die Bauerndörfer Untersendling mit der
Sendlinger Haide und Mittersendling mit Neuhofen die Land­
gemeinde Untersendling. Diese wurde zum 1. Januar 1877
als XIX. Stadtbezirk, Sendling, nach München eingemeindet.
Ab 1906 gehörte auch das Gebiet des neuangelegten Wald­
friedhofs (eröffnet 1907) dazu. Durch Abtrennung vom Stadt­
bezirk Sendling entstand 1948 der 34. Stadtbezirk mit der
Bezeichnung „Waldfriedhofviertel“. 1953 zählte dieses da-
mals noch recht dünn bebaute Gebiet 25.030 Einwohnerin-
nen und Einwohner. Im Zuge einer Neuordnung der Münch-
ner Stadtbezirke 1992 wurde der einstige 34. Stadt­bezirk –   Das Gebiet von Sendling-Westpark Mitte des 19. Jahrhunderts: Der
mit kleineren Anpassungen und ohne den Waldfriedhof, der      Planausschnitt vermerkt lediglich die Ansiedlung „Beim Holzapfel“ –
                                                              gemeint ist das Gut Holzapfelkreuth. In der Karte sind mehrere Wege
an Hadern ging, – zum Stadtbezirk Sendling-Westpark. Ge-      eingezeichnet, von denen einige heute noch als prägende Verkehrs-
genüber den 1950er Jahren ist der Stadtbezirk heute deut-     verbindungen bestehen. Der Wald am westlichen Rand des Karten-
lich dichter bebaut. So hat sich die Einwohnerzahl mehr als   ausschnitts ist von einer schnurgeraden Schneise – ein sogenanntes
verdoppelt: Ende März 2021 lebten in Sendling-Westpark        Geräumt – in nordsüdlicher Richtung durchzogen. Es ist eine in der
                                                              Barockzeit geschaffene Verbindung der kurfürstlichen Schlösser
60.571 Menschen auf einer Fläche von rund 780 Hektar.         Nymphenburg und Fürstenried, die heutige Fürstenrieder Straße.
                                                              Aus dieser Zeit stammt auch die von Schloss Fürstenried über Unter­
Bebauung bis zum Ersten Weltkrieg: Holzapfelkreuth,           sendling nach München führende Allee, die spätere Forstenrieder
Neufriedenheim und der Bereich westlich der Bahntrasse        Straße (heutige A 95/Albert-Roßhaupter-Straße). Die in der Mitte
                                                              des Plans eingezeichnete Gabelung zeigt einen nach Großhadern
Weite Teile des heutigen Stadtbezirks 7 waren bis weit ins    abzweigenden Weg: Im Stadtbezirk 7 ist das die vom Partnachplatz
20. Jahrhundert hinein unbebaut. Hier lagen die Felder und    abgehende Treffauerstraße/Ehrwalder Straße. Im Osten beschnitt
Viehweiden, die die Unter- und Mittersendlinger Bauern über   die Maximiliansbahn den ungestörten Verkehr zwischen den Dörfern
alte Wege erreichten. Im Westen war ein breiter Waldgürtel,   Unter- und Mittersendling und den westlich vorgelagerten Feldern.
                                                              Montage zweier Positions­pläne von 1853 und 1856

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im Osten beeinträchtigte die 1854 eröffnete Bahnlinie nach
Hesselohe – ein Abschnitt der Maximiliansbahn – die west-
liche Ausdehnung der Dörfer und die Verbindungen zu den
Ländereien.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich
am westlichen Rand des heutigen Stadtbezirks 7 die Ansied-
lung Holzapfelkreuth. Diese bestand Anfang des 20. Jahr-
hunderts aus drei Anwesen. In einer Stadtkarte von 1904
ist ein Gutshof als Holzapfelkreuth 2 eingezeichnet, heute
Schongauerstraße 24; das damals beliebte Ausflugslokal
Holzapfelkreuth an der Straße nach Großhadern mit Nummer
Holzapfelkreuth 1a, heute in etwa Ehrwalder Straße 79. Und
schließlich gab es noch die Adresse Holzapfelkreuth 1, das
wäre heute die Esterbergstraße 21, wo noch ein altes Bau-
ernhaus steht. Eigentümer der genannten Anwesen war die          Nördlich von Holzapfelkreuth entstand     Im Verkaufsprospekt
Heilmann’sche Immobiliengesellschaft. Diese Terraingesell-       1891 – auf einem Gebiet, das damals       von circa 1914 bewarb
                                                                                                           die Heilmann’sche
schaft hatte 1898 das 155 Hektar große Areal Holzapfel-          teils zu Laim, teils zu Großhadern        Immobiliengesell-
kreuth – teils auf Großhaderner, teils auf Sendlinger Flur ge-   gehörte – die Nervenheilanstalt Neu-      schaft die neue, gut
legen – gekauft, um neue Baugebiete zu erschließen. Einen        friedenheim. Der Name leitet sich         angeschlossene
Teil verkaufte das Unternehmen 1898 der Stadt München,           von der zwischen Laim und München         Siedlung im Grünen.
                                                                                                           Die Ansicht zeigt die
die hier einen neuen Friedhof plante. Der Vertrag verpflich-     liegenden Siedlung Friedenheim ab,        bis dahin realisierte
tete die Immobiliengesellschaft zum Bau einer breiten Allee      zu der eine Wegverbindung, die spä-       Bebauung an Mitten-
von der Forstenrieder Straße zum Waldfriedhof; entlang der       tere Westendstraße, führte. Nach          walder / Wessobrun-
neuen Waldfriedhofstraße richtete die Stadt im Gegenzug          dem Ersten Weltkrieg verkaufte Ernst      ner / Habacher und
                                                                                                           Rottenbucher Straße
eine Straßenbahnverbindung ein. Die Trambahnverlängerung         Rehm, leitender Arzt und Besitzer der     sowie die Trambahn
vom Harras zum Waldfriedhof, mit Endstation Holzapfel-           Heilanstalt, einen Teil der Ländereien:   an der Waldfriedhof-
kreuth, eröffnete am 1. Juli 1904, der Waldfriedhof drei Jahre   Auf Grundstücken, die einst zu Neufrie-   straße. Die ersten
später. Trotz der guten Verkehrsanbindung entwickelte sich       denheim gehörten, entstanden 1928         Häuser der Garten-
                                                                                                           stadt Holzapfelkreuth
die von der Terraingesellschaft geplante Gartenstadt Holzap-     bis 1930 die Siedlung Neufriedenheim      lagen also östlich der
felkreuth bis zum Ersten Weltkrieg nur langsam; die meisten      in Laim (siehe KGP 25) und 1935 die       ursprünglichen Sied-
Häuser nördlich der Waldfriedhofstraße entstanden erst in        Kurparksiedlung in Großhadern (siehe      lung Holzapfelkreuth.
den 1920er und 1930er Jahren.                                    KGP 20), wobei auch der östlich der

16                                                                                                                           17
Fürstenrieder Straße gelegene Teil der Kurparksiedlung zu
                                                     Großhadern gehörte. Erst im Zuge der 1992 erfolgten Neu-
                                                     ordnung der Münchner Stadtbezirke wurde der südlich der
                                                     Ammerseestraße und östlich der Fürstenrieder Straße ge-
                                                     legene Bereich dem neuen Stadtbezirk Sendling-Westpark
                                                     zugeteilt.

                                                     Am östlichen Rand des heutigen Sendling-Westpark setzte
                                                     die Bebauung erst im 20. Jahrhundert ein. Die Baulinien-
                                                     planung Arnold Zenettis aus den 1880er Jahren sah bereits
                                                     einen schmalen Stadterweiterungsbereich westlich der Bahn­
                                                     linie vor. In der Stadtkarte von 1912 enden etliche Straßen-
                                                     verbindungen in der Hansastraße beziehungsweise in deren
                                                     südlicher Fortsetzung, der Passauerstraße. Die Bebauung
                                                     der Straßenabschnitte war zu diesem Zeitpunkt noch sehr
                                                     gering. Im nördlichen Bereich der Hansastraße siedelte sich
                                                     Gewerbe an, wie zum Beispiel die Eisenwarengroßhandlung
                                                     Röchling und das Bauunternehmen Leonhard Moll.

     Blick auf die Fürstenrieder Straße nach Süden                                            Das neoklassizis-
     um 1910: Im Vordergrund ist die Nervenheil-                                              tische Mietshaus in
     anstalt Neufriedenheim mit zugehörigen                                                   der Fuggerstraße 2
     Gebäuden, Garten und Wald. An der von                                                    entstand 1910 als
     Osten zur Fürstenrieder Straße führenden                                                 Solitär westlich der
     Verbindung, heute Ehrwalder Straße (obere                                                Bahnlinie. Aufnahme
     Bildmitte), lag die Ausflugsgaststätte Holz­                                             von 1910
     apfelkreuth. Südlich des Waldstücks führt
     die von Bäumen gesäumte Waldfriedhof­
     straße über freies Feld zum Waldfriedhof.

18                                                                                                             19
Weiter südlich folgte Wohnbebauung, so zum Beispiel das
noch vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Mietshaus Fugger-
straße 2. Später entstanden Genossenschaftshäuser, wie
die in den 1920er Jahren errichtete Wohnanlage des Bau-
vereins für Kleinwohnungen in der Hansastraße 185 bis 189,
zwischen Daxenberger- und Trautmannstraße.

Altenheim St. Josef und Umgebung
Da es für große Teile des heutigen Stadtbezirks 7 bis zum
Zweiten Weltkrieg keine Baulinienplanung gab, entstanden
etliche Siedlungen auf dem freien Feld, wie zum Beispiel
die Kriegersiedlung an der Forstenrieder Straße und die
städtische Kleinhauskolonie an der Staltacher Straße. Öst-
lich der Staltacher Straße, an der Abzweigung der Wald-
friedhofstraße von der Forstenrieder Straße, errichtete die
Stadt München ab 1925 das von Stadtbaurat Hans Grässel        Zeit des Nationalsozialismus               Die Aufnahme zeigt
geplante Altenheim St. Josef mit einer kleinen Platzanlage,   In der NS-Zeit (1933 – 1945) wurde an      links unten den
                                                                                                         Luise-Kiesselbach-
dem 1930 benannten Luise-Kiesselbach-Platz.                   der Passauerstraße eine sogenannte         Platz, gegenüber das
                                                              Volkswohnanlage und westlich davon         Altenheim St. Josef
Um das Altenheim St. Josef herum entstanden – begünstigt      eine Einfamilienhaussiedlung für           mit dahinterliegen-
durch den Straßenbahnanschluss – größere Wohnanlagen.         NSDAP-­Mitglieder gebaut. Südlich der      dem Nutzgarten.
                                                                                                         Links des Altenheims
Bereits ab 1924 errichtete beispielsweise die Heimstätten-    Waldfriedhofstraße entstand ab 1935        ist die Kleinhaus-
Aktiengesellschaft, Heimag, eine Kleinhaussiedlung südöst-    die Oberlandsiedlung, 1941 / 1942 die      siedlung an der
lich des Luise-Kiesselbach-Platzes zwischen Johann-Clanze-    zu dieser gehörende Großwohnanlage.        Staltacher Straße.
Straße / Mainburger Straße und Max-Seidl-Weg. Weitere         Nicht realisiert wurde hingegen die von    Am unteren Bildrand
                                                                                                         verläuft die damalige
Häuser baute die Heimag in der Waldfriedhofstraße und in      der Sonderbaubehörde der „Haupt-           Forstenrieder Straße,
der Bernrieder Straße.                                        stadt der Bewegung“ 1937 im Bereich        an deren Biegung die
                                                              der Krüner Straße geplante Arbeiter-       Gasstätte Wöllinger
                                                              siedlung beziehungsweise „Kraft-durch-­    liegt. Foto circa 1930
                                                              Freude-Stadt Sendling“.

                                                              Selbsthilfekörperschaften, wie sie im
                                                              westlichen Sendling – vor allem im nörd­

20                                                                                                                          21
lichen Bereich – in Gestalt zahlreicher Kleingartenvereine
und Siedlergenossenschaften bestanden, waren den Natio-
nalsozialisten ein Dorn im Auge, zumal viele dieser Einrich-
tungen ihren Ursprung in der Arbeiterschaft hatten. Das
NS-Regime sorgte ab 1933 durch diverse Gesetze und wei-
tere Maßnahmen dafür, dass die auf Freiwilligkeit, Wahlen,
Selbsthilfe und Gemeinsinn beruhenden Einheiten organisa-
torisch und ideologisch gleich- beziehungsweise ausgeschal-
tet wurden – und schließlich im Reichsbund der Kleingärtner
und Kleinsiedler Deutschlands aufgingen. Die rassistische
„Blut-und-Boden“-Propaganda betrachtete Kleingärtner und
Kleinsiedler als Repräsentanten einer bäuerlichen Lebens-
weise in der Stadt – eine Einordnung, die sich auch in der
städtebaulichen Gestaltung der betreffenden Wirkungs- und
Lebensbereiche niederschlug. Die Strategie der ideologi-
schen Durchdringung lässt sich rund um den Stuiben Platz
(seit 1951 Pfrontener Platz) veranschaulichen. Seit der Not-   transferierten alten Linden bepflanzt      Die Aufnahme zeigt
zeit des Ersten Weltkriegs betrieb der 1915 / 1916 gegrün-     wurden; auch Fußwege, ein Spielplatz       die Einweihung des
                                                                                                          Stuiben Platzes am
dete Verein Gartenfreunde München West (heute: Klein­          und Sitzbänke waren vorhanden. Der         14. Oktober 1934
gartenverein München SW 12) Nutzgärten östlich der             nördliche Bereich des Platzes wurde        auf dem gekiesten
West­endstraße. Südlich der Kleingartenanlage kaufte die       gekiest und sollte als Versammlungsort     Versammlungsplatz
Baugenossenschaft Ludwigsvorstadt, die bereits im Arbei-       beziehungsweise Aufmarschplatz für         mit Hakenkreuzfah-
                                                                                                          nen. Auf dem zwi-
terviertel Westend Wohnraum geschaffen hatte, Bauland.         Parteiveranstaltungen dienen. Zwei         schen zwei Linden
Entlang von Grünten-, Säuling- und Nebelhornstraße errich-     Masten mit Hakenkreuzfahnen standen        gespannten Banner
teten die Siedler ab 1924 in Selbsthilfe eine Wohnsiedlung     ab 1933 am nördlichen Platzende und        prangte die Parole
mit Selbstversorgergärten; den benötigten Kies holten sie      flankierten zwei Linden, von denen eine    des Reichsbunds
                                                                                                          der Kleingärtner
aus einer Grube, die später als Platzanlage dienen sollte.     dem Reichspräsidenten Paul von Hin-        und Kleinsiedler
Deren Gestaltung übernahm 1933 / 1934 die Stadtgartendi-       denburg und eine dem Reichskanzler         Deutschlands: „Die
rektion im Sinne der NS-Ideologie. Die Arbeiten am Stuiben     Adolf Hitler gewidmet war. Der Stuiben     Kleingärtner und
Platz führten sogenannte Gemeindepflichtarbeiter – gemeint     Platz wurde am 14. Oktober 1934 in An­     Kleinsiedler sind die
                                                                                                          Träger des Blut- und
sind dienstverpflichtete arbeitslose Fürsorgeempfänger –       wesenheit von NSDAP-Prominenz – da-        Bodengedankens in
aus. Es entstand eine 80 Meter breite, etwa 200 Meter          runter der Münchner Oberbürgermeis-        der Stadt“.
lange Rasenfläche, deren Langseiten mit eigens hierher         ter Karl Fiehler – feierlich eingeweiht.

22                                                                                                                           23
Die Umgebung veränderte sich nach dem Zweiten Welt-            Lebenswege und ihres Verhaltens in der NS-Zeit und danach
krieg grundlegend. Auf einem ehemaligen Grundstück der         als besonders erinnerungswürdig und vorbildhaft gelten und
Kleingartenanlage entstand Anfang der 1980er Jahre an der      im Stadtbezirk mit Straßennamen geehrt werden.
Westendstraße die Kirche St. Philippus mit Pfarrzentrum.
Weitere Siedlungshäuser wurden gebaut, der ehemalige           Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg:
Aufmarschplatz begrünt. Heute ist der Pfrontener Platz über    Neue Baugebiete und Mittlerer Ring
eine Brücke, die über die A 96 führt, mit dem Westpark ver-    Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich im westlichen
bunden.                                                        Sendling Flüchtlinge, Heimatvertriebene und ausgebombte
                                                               Münchnerinnen und Münchner an. Sozialer Wohnungsbau
Widerstand und Verfolgung in der NS-Zeit                       entstand an der Attenkoferstraße und entlang der Krüner
Zeugnisse widerständischen Verhaltens gegen das NS-Re-         Straße. Etliche weitere Siedlungen folgten, wie zum Beispiel
gime und Orte der Verfolgung finden sich auch im Stadtbe-      die Siedlung Am Hansapark Ende der 1980er Jahre.
zirk 7. So führt der KulturGeschichtsPfad zu einer im August
1933 ausgehobenen kommunistischen Druckerei und zur            Eine erhebliche Veränderung bedeutete der Bau des Mittle-
Adresse von Rudolf Vacek, der als Angehöriger der Glau-        ren Rings. Der Generalverkehrsplan von 1958 sah einen in
bensgemeinschaft Zeugen Jehovas 1942 im Konzentrations-        vier bis fünf Kilometer Entfernung von der Stadtmitte gele-
lager (KZ) Mauthausen starb. Eine Station ist den jüdischen    genen, durchgehend geschlossenen Verkehrsring zur Entlas-
Patientinnen und Patienten der Nervenheilanstalt Neufrie-      tung der Innenstadt vor. Bereits seit den frühen 1950er Jahre
denheim gewidmet. Eine weitere erinnert an Richard Lind-       wurden im Osten und Südosten Teile des Mittleren Rings
ner, der aufgrund seiner jüdischen Abstammung von den          realisiert. Im Stadtentwicklungsplan von 1963, der den Aus-
Nationalsozialisten drangsaliert, inhaftiert und als Zwangs­   bau des Straßenverkehrsnetzes als Tangenten-Radial-­System
arbeiter ausgebeutet wurde, aber überlebte. Ergänzend sei      konzipierte, war der Verlauf des Mittleren Rings bereits be-
auf das Schicksal der jüdischen Familie Stiebel hingewiesen.   schrieben. Eine dieser Tangenten war die heutige Garmi-
Felix Stiebel war seit 29. Mai 1934 in der Fürstenrieder       scher Straße, die als Teilstück einer autobah­nmäßig ausge-
Straße 257 / II gemeldet; er starb am 3. März 1935 aus un-     bauten Nord-Süd-Schnellstraße von der Lands­huter Allee
bekannten Gründen. Seine Witwe Amalie und der gemein-          kommend in die (spätere) Autobahn nach Garmisch mün-
same Sohn Otto waren wegen der Juden diskriminierenden         dend, geplant war. Diese Trasse war schon seit den 1930er
Wohnungspolitik zu häufigen Adresswechseln gezwungen.          Jahren von Bebauung freigehalten worden. So gab es zum
Sie wurden am 21. November 1941 nach Kaunas deportiert         Beispiel mitten in der 1932 angelegten Kleingartenanlage
und dort ermordet. Der KulturGeschichtsPfad informiert au-     Land in Sonne einen breiten ungenutzten Wiesenstreifen für
ßerdem über Personen, die – wie Gerty Spies und Adi Mais-      den späteren Straßenbau. Die Garmischer Straße wurde ab
linger – zwar keinen lebensgeschichtlichen Bezug zum west-     1962 vom heutigen Südende des Luise-Kiesselbach-Platzes
lichen Sendling haben, die aber aufgrund ihrer besonderen      nach Norden bis zum Heimeranplatz sechsspurig gebaut,

24                                                                                                                       25
wo sie auf die 1933 / 1934 errichtete Bahnunterführung traf.
Im Osten erfolgte die Trassierung des Mittleren Rings auf
Flächen, die bis dahin weitgehend unbebaut waren. Hier                                                   Die Aufnahme von
                                                                                                         der Tunnelbaustelle
entstand zwischen 1959 und 1963 die Heckenstallerstraße.                                                 Mittlerer Ring Süd-
Mit der Vollendung des Mittleren Rings im Jahr 1972 durch-                                               west entstand im
schnitt eine Verkehrsschneise von mehr als vier Kilometern                                               August 2011 und
Länge das Viertel. Entlang dieser Strecke wurde der Verkehr                                              zeigt die Bauarbei-
                                                                                                         ten bei der Zufahrt
mit Ampeln reguliert. Die Folgen waren häufige und lange                                                 zur A 95, Blick in
Staus, verbunden mit erheblichen Lärm- und Abgasbelas-                                                   Richtung Altenheim
tungen für die Anwohnerinnen und Anwohner. Der Luise-                                                    St. Josef.
Kiesselbach-Platz war in den 1980er Jahren – insbesondere
seit dem Anschluss der Lindauer Autobahn A 96 an die Gar-       und dazwischen die tiefergelegte, 400 Meter lange Strecke
mischer Straße und dem Ausbau der Forstenrieder Straße          „Einschnitt Heckenstallerstraße“. Die Fertigstellung wurde
zur Autobahn A 95 – der am stärksten von Straßenverkehr         am 25. Juli 2015 mit einem Bürgerfest in und über den Tun-
belastete Platz Münchens.                                       neln gefeiert. Die Reduktion des Oberflächenverkehrs und
                                                                die attraktiven neuen Grün- und Freizeitflächen führten zur
Schon seit den 1970er Jahren diskutierte man über den Bau       Aufwertung der Umgebung. Um die Zusammensetzung der
von Straßentunneln für eine möglichst kreuzungsfeie Ver-        Wohnbevölkerung zu sichern, gilt für weite Bereiche östlich
kehrsführung am Luise-Kiesselbach-Platz. Die Frage wurde        der Garmischer Straße und nördlich der Heckenstallerstraße
zum Politikum: Nachdem Trappentreu- und Brudermühltun-          seit 2016 die Erhaltungssatzung, die für bestimmte bauliche
nel in den 1980er Jahren fertiggestellt worden waren, ent-      Vorhaben beziehungsweise Nutzungsänderungen eine zu-
schied der Münchner Stadtrat aufgrund der damit verbunde-       sätzliche Genehmigungspflicht verlangt.
nen hohen Kosten 1990 gegen den Bau weiterer Tunnel am
Mittleren Ring. Die CSU setzte sich an die Spitze der Tunnel-   Zwischen 1964 und 1967 entstand am äußersten südwes­
befürworter und initiierte 1996 ein Bürgerbegehren, gefolgt     tlichen Rand des Stadtbezirks mit dem Knotenpunkt am
von dem Bürgerentscheid „3 Tunnels braucht der Mittlere         Kreuzhof ein weiteres wichtiges Verkehrsbauwerk, das auf
Ring“. Dieser wurde von der Wählerschaft äußerst knapp –        engem Raum kreuzungsfreie Verbindungen beziehungs-
50,7 Prozent stimmten dafür – angenommen und führte zum         weise Fortführungen von Fürstenrieder Straße, Boschets­
Bau des Petueltunnels (1997 bis 2002), des Richard-Strauss-     rieder Straße und A 95 ermöglicht. Es gelang, die Straßen-
Tunnels (2003 bis 2009) und zur Teiluntertunnelung am           führung so gestalten, dass die Sichtbezüge in Richtung
Mittleren Ring Südwest: In diesem Abschnitt entstanden          Für­sten­rieder Schloss mit Allee beziehungsweise in Rich-
zwischen 2009 und 2015 der 1.530 Meter lange Luise-Kies-        tung Münchner Frauentürme erhalten blieben. Der Bund
selbach-Tunnel, der 620 Meter lange Heckenstaller­tun­nel       Deutscher Architekten (BDA) zeichnete das federführende

26                                                                                                                        27
städtische Baureferat mit dem BDA-Preis-Bayern für das
Jahr 1969 aus. Der Name Kreuzhof erinnert an die 1875 an
der Kreuzung von Fürstenrieder und Forstenrieder Straße er-
richtete Ausflugsgaststätte, die 1963 dem Straßenausbau
weichen musste.

Westpark und IGA 83
Um die zunehmende Bebauung des Stadtgebiets auszuglei-
chen, strebte die Stadtverwaltung bereits in Grünflächen­
plänen der 1950er Jahre die Zusammenführung bestehen-
der Grünanlagen an; auch die vorhandenen natürlichen Frei-
und Grünflächen wurden ausgewiesen. Bei der Planung
großer Wohnsiedlungen – sogenannte Entlastungsstädte –
entstand in den 1960er Jahren die Idee, wohnortnahe Groß­
grünan­lagen zu schaffen. Die Entlastungsstadt Neuperlach
erhielt den Ostpark; im westlichen Sendling wurde der Send­
linger Wald vor weiterer Bebauung geschützt und mit dem
Namens­zusatz Südpark bedacht; der Olympiapark von 1972
galt als Nordpark. Der Stadtentwicklungsplan von 1975 sah      Große Teile des späteren Westpark-Geländes gehörten
einen Westpark vor, der auf Freiflächen im Umkreis von         ursprünglich der Baufirma Leonhard Moll. Die Aufnahme
                                                               von 1977 zeigt in der Bildmitte das aus zwei Teilen beste-
A 96 und Mittlerem Ring entstehen sollte. Im Juli 1976 lobte   hende Areal vor Beginn der Bauarbeiten: Südlich (im Bild
die Landeshauptstadt München einen Gestaltungswettbe-          unterhalb) der A 96 lag ein ehema­li­­ges Kiesabbaugebiet
werb für den Westpark aus: Zu bearbeiten war ein rund          der Firma Moll. Westlich der Garmischer Straße befand
60 Hektar großes Areal in zwei Teilen, die über den Mittle-    sich ein Gutshof, der ebenfalls Leonhard Moll gehörte.
                                                               Etwa dort, wo einst der Hof war, ist heute die Brücke zwi-
ren Ring hinweg miteinander verbunden werden sollten.          schen West- und Ostteil des Parks. Östlich des Mittleren
Die Planer hatten auch die mögliche Durchführung einer         Rings bis zur Hansastraße (rechts oberhalb Bildmitte)
Internationalen Gartenbauausstellung auf dem Gelände           war flaches Brachland und das Moll-Betonwerk.
mitzubedenken. Der Landschaftsarchitekt Peter Kluska
(1938 – 2020) gewann den Wettbewerb am 10. Februar 1977.
Sein Konzept beinhaltete die grundlegende Umgestaltung
des nahezu flachen Gebiets in eine abwechslungsreiche
Hügel- und Tallandschaft, versehen mit Wasser- und Frei­
flächen und einem differenzierten Wegenetz. Mit Kluskas

28                                                                                                                          29
Entwurf bewarb sich die Landeshauptstadt München im            nahe dem an der Hansastraße gelegenen Haupteingang.
Mai 1977 für die Internationale Gartenbauausstellung im        Vom Haupteingang gelangte man auch zu den Ausstellungs-
Jahr 1983 (IGA 83) und erhielt zwei Monate später den          hallen, den früheren Hallen des Moll-Betonwerks. Auf dem
Zuschlag. Westparkplanung und IGA 83 waren somit von           Ausstellungsgelände waren die insgesamt 23 Nationengär-
Anfang an miteinander verwoben.                                ten mit einer Kleinbahn, die für die Dauer der IGA 83 auf
                                                               dem weiträumigen Parkareal fuhr, bequem zu erreichen.
Im Januar 1978 begannen die Erdarbeiten. In den Mittella-
gen entstanden durch Aushub Täler, an den Rändern durch        Nach der IGA 83 wurde die Umzäunung entfernt und die Um­
Aufschüttungen Hügel und Erdwälle, die den Lärm der            wandlung in den öffentlich zugänglichen Westpark begann.
angrenzenden Hauptverkehrsstraßen abschirmen. Für die          Etliche IGA-83-Attraktionen, wie der Rosengarten, diverse
Modellierung der Parklandschaft wurden insgesamt zwei          Gebäude, Spielplätze und Kunstwerke blieben erhalten. Bür-
Millionen Kubikmeter Erde bewegt. Um den gewünschten           gerengagement verhinderte den geplanten Rückbau des
Eindruck eines natürlichen Landschaftsparks zu verstärken,     Ost­asien-Ensembles, das während der IGA 83 das Publikum
ließ Kluska insgesamt 6.000 20 bis 40 Jahre alte Großbäume     begeistert hatte. Die einzelnen Elemente, besonders der
aus ganz Bayern an zuvor errechneten und im Modell fest­       Thai-Sala, gehören zu den meistfotografierten Objekten des
gelegten Punkten anpflanzen. Die im Dezember 1977 ge­          Westparks.
gründete IGA 83 München GmbH bereitete die Durchfüh-
rung der Gartenschau vor. 60 Länder wurden zur Teilnahme       Der ursprünglich vor allem für Anwoh-
eingeladen; Künstlerinnen und Künstler zur Schaffung von       nerinnen und Anwohner geschaffene
Skulpturen angeregt; ein Begleitprogramm zu gartenpflege-      Westpark ist – nach dem Englischen
rischen und globalen politischen Themen wie Welthunger,        Garten – der beliebteste Park Mün-
Umwelt- und Naturschutz zusammengestellt, außerdem ein         chens. Dies ist vor allem der Konzep-
umfangreiches Kulturprogramm.                                  tion und beratenden Begleitung Kluskas
                                                               zu verdanken, der nicht nur die land-
Am 28. April 1983 eröffnete Bundespräsident Karl Carstens      schaftlich-ästhetische Wirkung im Blick
in Anwesenheit von Ministerpräsident Franz Josef Strauß,       hatte, sondern auch die soziale Balance.
Oberbürgermeister Erich Kiesl und zahlreicher Ehrengäste       Seine Gestaltung schuf Orte des Rück-       Zur IGA 83 gab es
das internationale Großereignis in der Rudi-Sedlmayer-Halle.   zugs und der Begegnung sowie ein            zahlreiche Werbear-
                                                                                                           tikel und Souvenirs,
Die IGA 83 dauerte bis zum 9. Oktober 1983 und wurde ein       breites Angebot für unterschiedliche        wie zum Beispiel den
großer Erfolg für München mit insgesamt mehr als 11 Millio­    Interessen, Bedürfnisse und Genera­         hier gezeigten Stock-
nen Besucherinnen und Besuchern. Diese erreichten das          tionen und sorgte dafür, dass der West-     nagel mit dem Igartl-
Ausstellungsgelände mehrheitlich mit öffentlichen Verkehrs-    park „ein Park für alle“ ist. Die be­son­   Flori, dem offiziellen
                                                                                                           IGA-83-­Maskottchen.
mitteln – eine IGA-Sonderhaltestelle der S-Bahn befand sich    dere Bedeutung drückt sich auch darin

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Motive vom West-         aus, dass der Westpark seit 1992 Be-           Sendling-Westpark
park und aus der         standteil des Stadtbezirksnamens ist.
Send­linger Geschichte
finden sich auf der
von Martin Blumöhr       Der KulturGeschichtsPfad lädt ein, den

                                                                    7
2020 verschönerten       Stadtbezirk Sendling-Westpark entlang
Gas­druck­regelstation   von drei Rundgängen zu entdecken.
im nordöstlichen Teil
der Grünanlage Luise-­
                         Der erste erkundet die Gegend um den
Kiesselbach-Platz.       Luise-Kiesselbach-Platz; der zweite,
Als Verweis auf die      der auch als Radtour geeignet ist, führt
Covid-19-Pandemie        über den südlichen zum westlichen
malte der Künstler
auch eine Blume mit
                         Rand des Stadtbezirks. Rundgang drei
Blüte in Gestalt des     gilt dem Westpark und endet an der             Rundgang 1:
Corona-Virus, die von    Hansastraße.                                   Rund um den Luise-Kiesselbach-Platz.
Masken tragenden
Blumen umgeben ist.
                                                                        Ein Spaziergang im Herzen des Viertels
Foto 2021

32
In Erwartung von Rüstungsaufträgen des NS-Regimes er­
                                                                  richtete das Unternehmen 1936 / 1937 eine neue Werks­halle
                                                                  und verdoppelte seine Produktionsflächen. Während des
                                                                  Zweiten Weltkriegs stellte der Familienbetrieb neben An-
                                                                  triebsketten auch Aufschlagzünder für die Zwei-Zentimeter-
                                                                  Flakgranate her. Ab 1942 beschäftigte IWIS Zwangsarbeite-
                                                                  rinnen und Zwangsarbeiter: Unter den 283 Mitarbeitern im
                                                                  Jahr 1942 waren 26 ausländische Beschäftigte, vor allem
Kettenproduzent IWIS                                              Ukrainerinnen und Ukrainer sowie russische Kriegsgefan-
                                                                  gene.
IWIS-Werksgelände       Der Hersteller von Präzisionskettensys-
1937: Links das         temen IWIS an der Albert-Roßhaupter-
Wohn- und Bürohaus
an der Albert-Roß-
                        Straße 53 ist der wohl älteste, bis                                               Werbekatalog von
                        heute bestehende Industriebetrieb im                                              1937
haupter-Straße (da-
mals Forstenrieder      Stadtbezirk Sendling-Westpark. 1916
Straße), in der Mitte   wählte der aus München stammende
die 1937 fertig­ge­
stellte, rechts an-
                        Fahrradpionier Johann Baptist Winkl­
schließend die alte     hofer (1859 – 1949), der 1885 in Chem-
Werkshalle. Die Ge-     nitz die Wanderer-Werke mitgegründet
bäude bestehen in       hatte, eine ehemalige Möbelfabrik in
modernisierter Form
bis heute. Auf dem
                        der Forstenrieder Straße als Standort
Werksgelände kamen      für sein Unternehmen. Mit finanzieller
später weitere Pro-     und personeller Unterstützung der
duktionsanlagen         Wanderer-Werke startete die Johann-
hinzu.
                        Winklhofer-Maschinenfabrik als Rüs-
                        tungsbetrieb, der Zünder für Haubitzen
                        produzierte. Nach dem Ersten Welt-
                        krieg gelang der Firma – sie hieß ab
                        1920 Joh. Winklhofer & Söhne – die
                        Umstellung auf die Produktion von
                        Fahrrad-, Motorrad- und Autoketten.

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Bis in die 1990er Jahre wurden sämtliche Einzelteile, die für
                                                                  die Kettenproduktion notwendig sind – aus hochwertigen
                                                                  Stahlbändern und Stahldrähten entstehen Bolzen, Hülsen,
                                                                  Rollen und Laschen – am Firmenstandort auf dem Unter­
                                                                  sendlinger Oberfeld hergestellt, in Spezialöfen behandelt
                                                                  und zusammengefügt. Die Einzelteilproduktion verdoppelte
                                                                  sich von sechs Millionen im Jahr 1966 auf zwölf Millionen
                                                                  im Jahr 1986; damals beschäftigte das Unternehmen rund
                                                                  570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da das Werksgelände
                                                                  an der Albert-Roßhaupter-Straße keine weitere Expansion
                                                                  zuließ, baute IWIS 1999 ein neues Werk in Landsberg am
                                                                  Lech. Das Unternehmen eröffnete 2002 ein erstes Werk in
                                                                  Südamerika und ist mittlerweile weltweit an 45 Standorten
                                                                  vertreten. Hauptsitz der iwis SE & Co. KG – die international
                                                                  agierende Firma ist seit 2021 eine Europäische Gesellschaft
                                                                  (SE) – ist der Stammsitz in Sendling-Westpark.
IWIS-Kettensortiment   Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die
bei der Hannover       US-amerikanische Besatzungsmacht           1973 gründete IWIS auf dem Firmengelände
Messe 1955                                                        den Betriebskindergarten Kinderkette für die
                       den Betrieb für kurze Zeit stilllegen,
                                                                  Kinder der Belegschaft. Zwanzig Jahre später
                       erteilte jedoch bereits am 14. Juli 1945   ging die Trägerschaft auf den neugegründe-
                       die Erlaubnis zur Herstellung von Fahr-    ten gemeinnützigen Verein Kinderkette e. V.
                       rad- und Antriebsketten für motorisierte   über. Die Kinderkette nimmt seither auch
                       Fahrzeuge. 1966 stellte IWIS die Pro-      Kinder aus der näheren Umgebung auf.
                       duktion von Fahrradketten ein. Das Un-
                       ternehmen hatte sich inzwischen zum
                       größten Kettenlieferanten der deut-
                       schen Automobilindustrie entwickelt.
                       Neben Antriebsketten für Fahrzeuge
                       setzte IWIS nun verstärkt auf die Her-
                       stellung von Präzisionskettensystemen
                       für den Maschinen- und Anlagenbau in
                       verschiedenen Industriezweigen.

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Die Kriegersiedlung steht als Ensemble unter Denkmalschutz,
                                                                   da sie städtebaulich von den Bedürfnissen ihrer Erbauer
                                                                   zeugt. Bauherrin war die am 8. Juli 1919 gegründete Bau-
                                                                   und Kleinsiedlungsgenossenschaft Kriegersiedlung eGmbH
                                                                   des seit 1918 bestehenden Kriegsbeschädigtenvereins
                                                                   München: Kriegsversehrte des Ersten Weltkriegs hatten
                                                                   sich genossenschaftlich zusammengeschlossen, um ge-
                                                                   meinsam Wohnungen zu errichten. Als Baugrund kaufte die
                                                                   Baugenossenschaft ein rund 3,4 Hektar großes Grundstück
                                                                   des Sendlinger Landwirts Simon Kaffler. Es lag zwar in
                                                                   nahe­zu unbebauter Umgebung, zeichnete sich aber durch
                                                                   eine gute Verkehrsanbindung – die Straßenbahn bediente
                                                                   seit 1904 die Forstenrieder Straße – aus.

                                                                   Die Kriegersiedlung entstand von 1920 bis 1927 in mehreren
                                                                   Bauabschnitten durch die Architekten Peter Schneider, Max
Kriegersiedlung                                                    Graessel und Gerald Leindecker. Von Letzterem stammen
                                                                   auch die 1926 und 1927 errichteten Kopfbauten an der
Zugang zur Krieger-    In direkter Nachbarschaft der Firma         heutigen Albert-Roßhaupter-Straße 57, 59, 61 und 63.
siedlung um 1930:      IWIS liegt eine Wohnsiedlung der be-        Dort waren neben Wohnungen Einrichtungen für die Grund-
Im linken Kopfbau
war damals ein
                       sonderen Art: die Kriegersiedlung. Durch    versorgung der ursprünglich aus 109 Haushalten bestehen-
Laden des Konsum-      ein Tor gelangt man von der stark fre-      den Kriegersiedlung: ein Milchladen, eine Metzgerei, ein
Vereins von 1864,      quentierten Albert-Roßhaupter-Straße        Geschäft für Waren des täglichen Bedarfs, eine Gaststätte
im rechten die Gast-   in eine ruhige Privatstraße, die zu bei-    und das Büro der Genossenschaft. Die in Eigeninitiative
stätte Kriegersied-
lung.
                       den Seiten von niedrigen Häusern mit        und Selbsthilfe errichteten Häuser hatten Wohnungen mit
                       Vorgärten und dahinterliegenden Nutz-       je rund 70 Quadratmetern Wohnfläche und verfügten über
                       gärten gesäumt ist. Die Straße, die 2010    eine für die damalige Zeit überdurchschnittlich gute Ausstat-
                       erneuert und als Spielstraße umgestal-      tung wie elektrischen Strom, fließend Kaltwasser und ein
                       tet wurde, führt in gerader Linie nach      Wasserklosett. Hinzu kamen Vorgärten für die Kleintierhal-
                       Süden. An ihrem Ende bildet der quer-       tung und größere Nutzgärten für den Kartoffel-, Obst- und
                       stehende Riegel eines mehrstöckigen         Gemüseanbau zur Selbstversorgung der Bewohner.
                       Wohnblocks den optischen Abschluss
                       und unterstreicht baulich die Einheit der
                       Anlage.
38                                                                                                                           39
Im Zweiten Weltkrieg wurden einige Häuser durch Bomben
und Luftminen zerstört. Die unter neuem Namen 1948 als
Baugenossenschaft an der Forstenrieder Straße wiederge-
gründete Institution kümmerte sich um den Wiederaufbau.
1954 bis 1955 errichtete die Baugenossenschaft fünf Häuser
in dem vierstöckigen Block Johann-Clanze-Straße 52 bis 60,
1960 / 1961 kam der Eckbau Johann-Clanze-Straße 48 /
Eucken­straße 1 hinzu.

Die Baugenossenschaft Kriegersiedlung e. G. – so der Name
seit 1990 – hat die älteren Siedlungshäuser behutsam mo-
dernisiert und saniert und stellt sicher, dass der besondere
Charakter der Siedlung erhalten bleibt. Die Bewohner sind
stolz auf ihre idyllische Siedlung und den guten Zusammen-
halt und feiern jedes Jahr ein Siedlungsfest.

Nach dem Zweiten Weltkrieg                                     1971 eröffnete die Grundschule in der Kon-    Die 1934 in Sendling
wertete die US-Besatzungsmacht                                 rad-Celtis-Straße 44. Zum Einstand schenkte   gebaute Lok gelangte
den Namen Kriegersiedlung als                                  die Baufirma Leonhard Moll der Schule eine    1971 durch Schen-
militaristisch und erzwang die                                 Lokomotive aus der Fabrik Krauss & Comp.,     kung in den Hof der
Umbenennung in Baugenossen-                                    die einst in der Lindwurmstraße produzierte   Konrad-Celtis-Schule
schaft an der Forstenrieder                                    (siehe KGP 6). Wegen Verletzungsgefahr        und war ein beliebtes
Straße eGmbH. 1990 beschlos-                                   wurde die alte Lok, die im Schulhof bei der   Kletter- und Spiel­
sen die Mitglieder die Rückkehr                                Arnimstraße steht, mit einem Sicherheits-     objekt. Foto 1971
zum ursprünglichen Namen                                       zaun versehen. Die Schule wurde 2015 / 2016
Baugenossenschaft Kriegersied-                                 durch den Neubau einer Pavillonschule
lung e. G. Die Interimsbezeich-                                erweitert.
nung findet sich am Eingang zur
Siedlung auf der Plakette, die die
Genossenschaft 1969 anlässlich
ihres 50jährigen Bestehens
anbrachte. Foto 2019

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Katholische Pfarrkirche St. Thomas Morus
Im Zuge der Bebauung des Gebiets zwischen Albert-­Roß­
haupter-Straße und Heckenstallerstraße erfolgte 1964 die
Gründung der Pfarrei St. Thomas Morus. Namensgeber der
neuen Pfarrgemeinde ist der englische Staatsmann und
Autor Thomas Morus (1478  – 1535). Der Katholik und frühere
Lordkanzler verweigerte 1534 den Eid auf König Heinrich VIII.,
weil der sich einer päpstlichen Entscheidung widersetzt
hatte. Morus wurde daraufhin wegen Hochverrat geköpft.
Die katholische Kirche verehrt Morus als Märtyrer, den sie
1886 selig- und 1935 heiligsprach.

Kardinal Julius Döpfner weihte die Kirche St. Thomas
Morus, Friedrich-Hebbel-Straße 26, am 4. Dezember 1966.
Architekt war Karl Jantsch, der der Pfarrgemeinde ange-
hörte und auch das Pfarrhaus mit Kindergarten in der Kon-
rad-Celtis-Straße 71 plante. Bis zur Tieferlegung der Hecken-
stallerstraße und der Schaffung des Heckenstallertunnels
war der 44 Meter hohe freistehende Glockenturm eine weit-
hin sichtbare Wegmarke am Mittleren Ring. Die Kirche ist
ein Betonskelettbau mit Klinkerverkleidung und hat einen
glockenförmigen Grundriss. Ein 131 Quadratmeter großes
Glasfenster, das die Wiederkehr Christi zeigt, schmückt die
32 Meter breite Südseite der Kirche. Geschaffen hat es –
ebenso wie das schlichte Metallkreuz an der Altarwand –
der Künstler Christian Wolf.
                                                                 Das Luftbild von 1967 zeigt die Kirche
Eine prägende Persönlichkeit der Gemeinde St. Thomas             St. Thomas Morus am Mittleren Ring;
                                                                 südlich der Heckenstallerstraße lag damals
Morus war Monsignore Erwin Hausladen (1925 – 2015),              noch der städtische Holz- und Kohlenhof
Gründungspfarrer und Stadtpfarrer bis 2011. Die Kirche wird      (im Bild oben rechts).
im Frühjahr 2021 geschlossen und umfassend saniert.
Pfarrhaus mit Pfarrheim und Kindergartengebäude sind

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marode und werden abgebrochen und neugebaut. St. Tho-
mas Morus und St. Achaz (siehe KGP 6) bilden den Pfarrver-
band Mittersendling.

                    Im Auftrag der Baufirma Leonhard Moll
                    planten die Architekten Johannes Ludwig,
                    Hellmut von Werz und Johannes Christian
                    Ottow die 1970 fertiggestellte Wohnanlage
                    zwischen Friedrich-Hebbel- / Jean-Paul-
                    Richter- / Konrad-Celtis- und Mainburger
                    Straße mit drei Wohnhofbereichen.
                    An der Ecke Jean-Paul-Richter-Straße/Hölty­
                    straße findet jeden Mittwochvormittag ein
                    Wochenmarkt statt. Dort ist auch die Skulp-
                    tur einer Frau zu sehen, die ihr langes Haar
                    auswringt. Der Bildhauer Martin Mayer schuf
                    die Haarwaschende 1969 ursprünglich als
                    Brunnenfigur.
                    Auf einem rund 1,6 Hektar großen Grund-
                                                                                                             Luise Kiesselbach
                    stück, auf dem viele Jahrzehnte ein Büro­
                                                                                                             (1863 – 1929), Foto
                    gebäude der Firma Leonhard Moll mit Haus-
                                                                                                             1924
                    nummern Konrad-Celtis-Straße 75 bis 83
                    stand, wurde ab 2016 eine neue Wohnanlage
                    mit rund 280 Wohneinheiten errichtet.          Luise-Kiesselbach-Platz
                                                                   Der Luise-Kiesselbach-Platz erinnert seit 1930 – unterbro-
                                                                   chen von einer Umbenennung in der NS-Zeit – an die Politi-
                                                                   kerin und Pionierin für Frauenrechte und soziale Wohlfahrt
                                                                   Luise Kiesselbach. Die 1863 in Hanau als Tochter eines Leh-
                                                                   rers geborene Luise Becker heiratete 1884 Wilhelm Kiessel-
                                                                   bach (1839 – 1902), der später Professor für Ohrenheilkunde
                                                                   in Erlangen wurde. 1906 gründete Luise Kiesselbach in
                                                                   Erlangen den Verein Frauenwohl und setzte sich für Frauen-
                                                                   rechte und für die Zulassung von Frauen zur Armenpflege
                                                                   ein; 1909 wurde sie als eine der ersten Hilfsarmenpflegerin-
                                                                   nen Bayerns berufen.

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