75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
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2 3 Das Jubiläum: 75 Jahre DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz Füreinander da. Miteinander stark. Mit dem Roten Kreuz in eine lebendige Zukunft.
4 5 Inhaltsverzeichnis 6 Vorwort 8 Grußworte 12 Das Jubiläum: 75 Jahre DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz 14 Impuls Menschlichkeit 16 Das Gründungsjahr 1947 20 Impuls Unparteilichkeit 22 Stationen der Geschichte – hilfsbereit 98 Impuls Neutralität 100 Stationen der Geschichte – einsatzbereit 132 Impuls Unabhängigkeit 134 Stationen der Geschichte – sozial 152 Impuls Freiwilligkeit 154 Stationen der Geschichte – solidarisch 180 Impuls Einheit 182 Das Jubiläumsjahr 2022 186 Impuls Universalität 188 Präsidenten, Landesgeschäftsführungen 188 Zeitzeug*innen 191 Impressum Fiaccolata in Solferino. 2022. Jacques Ciaffone. DRK-Bildarchiv RLP. Bereitschaften im Einsatz bei Mainzer Firmenlauf. 2016. Michael Jarmusch. DRK-Bildarchiv RLP. Bergwacht Ettringen übt den Notfall. DRK-Bildarchiv RLP. Rettungshund bei der Vermisstensuche. 2018. Brigitte Hiss. DRK-Bildarchiv. Henry Dunant. Gründer der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften. DRK-Bildarchiv. Weitere Bildnachweise siehe Seite 28, 66, 110, 137, 163, 174, 183.
6 Vorwort 7 Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, ir laden Sie herzlich ein, ein Stück ie Geschichte des Roten Kreuzes ist Ein wesentlicher Ursprungsort für den DRK- Unser Dank geht an die Zeitzeug*innen, die W unserer Geschichte „75 Jahre: DRK- Landesverband Rheinland-Pfalz“ D eine Geschichte von Menschen für Menschen. Manchmal sind es aber Landesverband Rheinland-Pfalz ist Koblenz. Dort findet im Dezember 1947 die Gründungs- bereit waren, im Rahmen des Projektes „oral history – Region West“ uns ihre Geschichten mitzugehen. Station für Station erleben Sie auch Orte, die eng mit unserem Ursprung als versammlung des DRK-Landesverbandes zu erzählen. Unser Dank geht auch an alle eh- die Wirksamkeit unseres Füreinander Daseins: DRK-Landes-verband Rheinland-Pfalz verwo- Rheinland-Pfalz im gerade neu entstandenen ren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden, die hilfsbereit, einsatzbereit, sozial und solida- ben sind. Land Rheinland-Pfalz statt. Auf dem Kob- mit viel Herzblut dieser 75-jährigen Geschichte risch. Verwurzelt in unserer Tradition entde- lenzer Rittersturz wird die Bundesrepublik ein „Gesicht geben“ und unsere Zukunft mit- cken Sie, wie unsere Werte tagtäglich gelebt Es ist die grausame Schlacht von Solferi- Deutschland im Jahr 1948 gegründet. Es folgt gestalten. Möge unser landesweites Miteinan- werden. Und so laden wir Sie ein, auch die no, die unseren Gründervater Henry Dunant im Jahr 1950 die Neugründung des bundes- der viele Menschen begeistern und sie moti- Geschichten der vielen Zeitzeug*innen mit zu 1859 motiviert, seine Mission zu entwickeln, weiten Deutschen Roten Kreuzes. Koblenz ist vieren, sich für unsere Rotkreuz-Bewegung zu verfolgen, die sie selbst und das rheinland- das Los verwundeter Soldaten zu verbessern somit politisch wie auch für die Entwicklung engagieren. pfälzische Rote Kreuz geprägt haben. und den Krieg menschlicher zu machen. Sei- des landesweiten und regionalen Roten Kreu- ne Erlebnisse veröffentlicht er 1862 in seinem zes bedeutungsvoll. Viele Rotkreuz-Orte der Wir freuen uns, mit Ihnen dieses Jubiläum zu „75 Jahre: DRK-Landesverband Rhein- Buch „Eine Erinnerung an Solferino“. Dunant Geschichte im In- und Ausland folgen. Nicht feiern. land-Pfalz“ ist nur eine Geschichte von un- schildert darin seine Erfahrungen als Ersthel- zuletzt schreiben die rheinland-pfälzischen zählig vielen in der weltweiten Rotkreuz- und fer und entwirft einen Plan zur Gründung eines DRK-Bezirks- und DRK-Kreisverbände und Rothalbmondbewegung. Wir wissen: Unsere „internationalen Hilfswerks“ für Verwundete in DRK-Ortsverein vor Ort tagtäglich Geschichte. Geschichte kann nur einige Meilensteine auf- Kriegszeiten. Dieses soll von Europas Regie- zeigen. So kann es sein, dass vielleicht der/die rungen ermöglicht und von freiwilligen Helfern ein*e oder andere von Ihnen, das für ihn/sie so getragen werden. Das „Hilfswerk“ zielt darauf, Mit dankbaren Grüßen bedeutungsvolle Ereignis vermisst. Wenn dies „im Sinne wahrer Menschlichkeit und Zivi- so ist, dann erzählen Sie uns gern Ihre Ge- lisation die Schrecken des Krieges etwas zu schichte. Nur so gelingt es uns, wie bei einem mildern“. Fünf Genfer Honoratioren gründen bunten Mosaik, Stück für Stück unsere rhein- 1863 das internationale Komitee vom Roten land-pfälzische Geschichte zu füllen. Kreuz (IKRK). Und auf einer Konferenz im Ok- tober 1863 treffen sich in Genf Delegierte aus Als rheinland-pfälzisches Rotes Kreuz sind wir 16 Nationen, um Dunants Ideen zu diskutie- Teil einer weltweiten großartigen Bewegung. ren und weiterzuentwickeln. Dabei einigen sie Bewegt und bewegend wollen wir gemeinsam sich auf eine weiße Armbinde mit einem roten Rainer Kaul Anke Marzi Manuel Gonzalez mit den drei DRK-Bezirksverbänden, 30 DRK- Kreuz als Schutzzeichen der neuen Hilfsgesell- Präsident Vorstandsvorsitzende Vorstand Kreisverbänden, den vielen Einrichtungen, schaften. In Stuttgart wird die weltweit erste Partner*innen und Förder*innen in eine leben- Rotkreuzgesellschaft ins Leben gerufen. Es dige Zukunft gehen – immer im Blick auf unse- folgt die Gründung vieler regionaler und ört- re Grundsätze, die sich wie ein roter Faden licher Sanitätsvereine des Roten Kreuzes in durch unsere Geschichte ziehen und unser ganz Deutschland. Handeln prägen.
8 Grußworte 9 Grußworte eit 75 Jahren bietet der DRK-Landesverband Rhein- durch die Entsendung von Notfallsanitäterinnen und -sanitätern S land-Pfalz den Helferinnen und Helfern des Roten in die Ukraine. Auch in der Corona-Pandemie haben die Rot- Kreuzes in der Region ein gemeinsames Dach. Sie kreuz-Kräfte in Rheinland-Pfalz Unglaubliches geleistet. Schon sind für ihre Mitmenschen da, unterstützen sie in allen Lebens- zu Beginn wurden Reiserückkehrende aus China in der Süd- lagen und begleiten sie von der Geburt bis ins hohe Alter. 75 pfalz-Kaserne in Germersheim von einem Team von Freiwilligen Jahre im Zeichen der Menschlichkeit – dazu gratuliere ich sehr betreut. Beim Aufbau von Test- und Impfangeboten war Rhein- herzlich. land-Pfalz als Grenzregion ebenfalls besonders gefordert. Die vergangenen 75 Jahre stehen für Kontinuität, aber auch für Schnelle Hilfe, wo immer sie gebraucht wird, und gleichzeitig Wandel. Es ist eine Zeit, in der sich das DRK neu ausgerich- die Zukunftsfähigkeit sichern, das zeichnet das DRK in Rhein- tet hat. 1950 fand die demokratische Neugründung des Deut- land-Pfalz besonders aus, sei es durch die Ausbildung von schen Roten Kreuzes nach dem Zweiten Weltkrieg in Koblenz Fachkräften, die Nachwuchsgewinnung im Ehrenamt oder die statt. Das DRK in Rheinland-Pfalz kann mit Recht stolz darauf Erprobung neuer Technologien. Ein vielversprechendes Bei- sein, dieses historische Ereignis zu beheimaten. spiel durfte ich kürzlich auf der Messe Interschutz erleben: den Einsatz künstlicher Intelligenz in Rettungsleitstellen. Technik, DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt Auch heute sehen wir uns neuen Herausforderungen gegen- die rettende Hilfe noch schneller und effektiver zu den in Not über. Wir erleben Krisen und Katastrophen nie geahnten Ausma- Geratenen bringt, damit überträgt das DRK in Rheinland-Pfalz ßes. Die Flutkatastrophe im Sommer 2021 hat unermessliches den Rotkreuz-Gedanken in unser modernes Zeitalter. Leid verursacht. In Rheinland-Pfalz verloren 134 Menschen ihr Leben, Unzählige wurden verletzt, trauern um Angehörige und Ich beglückwünsche das DRK in Rheinland-Pfalz zu 75 Jahren haben ihr ganzes Hab und Gut verloren. erfolgreicher Arbeit und danke allen ehren- und hauptamtlichen Kräften für ihren unermüdlichen Einsatz. Aus dem gesamten DRK wurde Hilfe geleistet. Bis zu 3.500 Personen waren im Einsatz, allen voran die Helferinnen und Ihre Helfer aus Rheinland-Pfalz. Von der Rettung und Versorgung der Verletzten über die Suche nach Vermissten und Betreuung der Betroffenen bis hin zum Wiederaufbau lebensnotwendiger Infrastruktur reichten die Hilfen. Bis heute steht ein umfang- reiches Beratungsangebot für Flutbetroffene zur Verfügung. Ich möchte allen Helferinnen und Helfern von Herzen Danke sagen, Gerda Hasselfeldt und den betroffenen Menschen sichere ich zu: Wir bleiben, so- Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes lange wir gebraucht werden. Nicht allein in Katastrophenfällen leistet das DRK in Rheinland- Pfalz Hilfe, seine Angebote decken das gesamte Spektrum der Rotkreuzarbeit ab. Der Landesverband und seine Gliederungen bringen sich aktiv in die Zusammenarbeit innerhalb der Rot- kreuz- und Rothalbmondbewegung ein, aktuell zum Beispiel
10 Grußworte 11 ehr geehrte Damen und Herren, Jahre uneigennütziger Dienst am Nächsten – diese S liebe Mitglieder, 75 schöne Bilanz darf der DRK-Landesverband Rhein- land-Pfalz in diesem Jahr ziehen. Erst vor kurzem hat Rheinland-Pfalz seinen 75. Geburts- Eine Leistung, die Dank und Anerkennung aller Menschen in tag gefeiert. Nun begeht auch der Landesverband des Deut- unserem Bundesland verdient, ist doch niemand von uns davor schen Roten Kreuzes sein 75-jähriges Jubiläum, zu dem ich gefeit, in Not zu geraten und schnelle und wirksame Hilfe zu Ihnen allen ganz herzlich gratuliere. Seit 75 Jahren steht das brauchen! Deutsche Rote Kreuz in Rheinland-Pfalz für Unterstützung in allen Lebenslagen. Mit der stolzen Zahl von mehr als 10.000 Als Koblenzer OB gratuliere ich dem Deutschen Roten Kreuz hauptamtlichen Mitarbeitenden und 15.000 Freiwilligen ist das herzlich zum Jubiläum auch im Namen aller Koblenzerinnen Deutsche Rote Kreuz in Rheinland-Pfalz tief in der Gesellschaft und Koblenzer, die ich mit den besten Wünschen auf eine gute verwurzelt. Die hohe Zahl an Fördermitgliedschaften zeigt ganz Zukunft verbinde. deutlich: Die Menschen in Rheinland-Pfalz verlassen sich auf das Deutsche Rote Kreuz. Die Situation der Flüchtlinge 2015, die seit 2020 andauernde Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe 2021 - das alles stellt Besonders sichtbar wurde die unverzichtbare Arbeit des DRK- das DRK vor ständig neue Herausforderungen. Die Gründung Landesverbandes in den Krisensituationen der vergangenen des DRK verbindet sich bekanntlich besonders mit dem Elend Monate: Während der Corona-Pandemie und bei der Bewäl- und der Not des Krieges. Leider finden brutale kriegerische tigung der Folgen der schrecklichen Flutkatastrophe ist das Auseinandersetzungen wieder mitten in Europa statt. Der DRK ein unverzichtbarer Partner der Landesregierung. Bei der schreckliche Krieg in der Ukraine schockt uns alle. Auch dort Planung und Umsetzung von dringend notwendigen Hilfsmaß- ist das DRK gefragt, das rote Kreuz auf dem weißen Feld ist be- nahmen ist das DRK mit seinem großen Erfahrungsschatz und sonders in diesen Regionen wieder einmal ein Symbol für Hilfe. praktischen Know-how wichtiger Ratgeber und tatkräftiger Unterstützer zugleich. Getreu dem Motto „Die Flut geht. Wir Zugleich sind den Mitgliedern des DRK auch bei uns eine Viel- bleiben.“ sind die Einsatzkräfte bis heute unermüdlich im Ein- zahl neuer Dienstleistungen zugewachsen, die von der Alten- satz – dafür danke ich allen Einsatzkräften ganz ausdrücklich. pflege bis zur Kinderbetreuung reichen. Ohne den Blutspen- Ebenso danke ich auch für den engagierten Einsatz der mo- dedienst des DRK würden viele Menschen nicht am Leben bilen Impfteams, die ganz entscheidend zur Eindämmung der bleiben. Pandemie beigetragen haben. © Bildnachweis: © Staatskanzlei RLP/ Elisa Biscotti Dies alles bedeutet einen großen Auftrag. Die beispielhafte Solidarität innerhalb der Rotkreuzfamilie be- eindruckt mich tief. Allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbei- Das DRK in Rheinland-Pfalz und seine Mitglieder werden sich tern und Mitarbeiterinnen des DRK in Rheinland-Pfalz gratuliere ihrer Verantwortung auch in Zukunft mit viel Engagement und ich ganz herzlich zum Jubiläum und wünsche Ihnen weiterhin Empathie stellen, da bin ich sicher! viel Kraft für Ihre wertvolle Arbeit! Herzliche Grüße, Ihr Malu Dreyer Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz David Langner
12 Das Jubiläum: Fünfundsieben(zig) Jahre. 13 Das Jubiläum: Fünfundsieben(zig) Jahre. Wer den 75. Geburtstag feiert, hat die bunte Vielfalt des Da- seins erlebt, Herausforderndes gemeistert, Entwicklungen mit geprägt und erkannt, was wirklich bedeutungsvoll im Leben ist. Vielleicht ist er/sie sogar bei all den vielen Erlebnissen und Erfahrungen ein bisschen lebensweiser geworden, dankbar für all die vielen Menschen, die ihn/sie begleitet, gefördert und in schwierigen Zeiten beigestanden haben. er DRK-Landesverband Rheinland- Welt kennenzulernen und sich der Rotkreuz- D Pfalz blickt an seinem 75. Jubiläum auf viele seiner Entwicklungen zurück Bewegung anzuschließen. und bleibt zugleich offen, kreativ, um wirkungs- Im Jubiläumsjahr kommt zu den 7 Grund- voll eine lebendige Zukunft zu gestalten. Eine sätzen noch eine 5 hinzu. Eine 5, die in fünf lebendige Zukunft zu gestalten, das braucht gleichgroßen Quadraten im Rotkreuz-Logo ein Verwurzeltsein in seinen Werten, ein Be- Gestalt annimmt. Diese fünf Quadrate lassen wusstsein für die eigene Stärke, die Freude sich mit dem Lebensrot füllen, das täglich, gemeinsam mit Menschen etwas zu bewegen stündlich, vielleicht sogar minütlich anders im und einen Willen trotz mancher Hemmnisse, Alltag aussehen kann. Doch in der Mitte ist fest den Herzensauftrag „Füreinander da sein“ zu der DRK-Herzensauftrag „Füreinander Da- leben. sein“ verankert. Um diese Mitte kann sich viel- leicht unser „Miteinander stark sein“ zeigen: Das 75. Jubiläums vereint dies alles in seiner Miteinander hilfsbereit, einsatzbereit, sozial, ganzen Zahlenmagie. Was wäre der DRK- solidarisch - von Menschen für Menschen in Landesverband Rheinland-Pfalz ohne die 7 eine lebendige Zukunft. Als Hilfsorganisation Grundsätze? Wie ein roter Faden ziehen sich und Wohlfahrtsverband heißt dies, unsere sat- die weltweiten Werte durch die Rotkreuz- und zungsgemäßen Aufgaben umzusetzen, wozu Rothalbmond-Bewegung. Und jeden Tag kön- der Rettungsdienst, die Nationale Hilfsgesell- nen sie Rotkreuzler*innen, egal ob ehren- oder schaft mit dem Bevölkerungs- und Katastro- hauptamtlich tätig, Impulse setzen. Wie lebe phenschutz und die Soziale Arbeit gehören. ich heute Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Möge der DRK-Landesverband Rheinland- Einheit und Universalität? Und wie beein- Pfalz weiterhin mit dem 7. Sinn im Herzen sätze flusst dies mein Handeln und Mitgestalten in und den 5 Sinnen im „Gepäck“ wirkungsvoll en Grund der Gesellschaft? Und so ist diese 7 im Jubilä- Gesellschaft mitgestalten - von Menschen für Sieb umsjahr fast wie eine kleine Aufforderung, sich Menschen. tiefer mit den Grundsätzen zu verwurzeln und zugleich Menschen zu begeistern, die DRK-
14 Menschlichkeit 15 Menschlichkeit „ „Was geht mit Menschlichkeit?“ So lautete 2019 die bundes- weite Kampagne des Jugendrotkreuzes. Sicherlich: Als Rotes Kreuz sind wir gemäß unserem Gründungsvaters Henry Du- „Wir waren Helfer*innen aus 21 Nationen, damals in nant der „Hilfe nach dem Maß der Not“ verpflichtet. Natürlich Rumänien. Und haben zusammen Silvester gefeiert. Das sind wir immer wieder in Krisen- und Notzeiten als Helfende war schön. Viele junge Frauen, die teilweise Kinder und unterwegs, regional wie weltweit. Doch hilfsbereit zu sein, heißt nicht zugleich Menschlichkeit zu leben. Baby hatten, waren Zimmermädchen in unserem Hotel. Als wir unseren Einsatzbefehl nach Bukarest bekamen, haben ie können wir Menschlichkeit der nachbarter DRK-Landesverbände sowie die wir beschlossen unsere Notrationen an sie zu verschenken: W Welt schenken? Und wie können wir Unterstützung vieler helfender Hände und För- Essen und auch Babynahrung. Sie haben sich sehr gefreut. Menschlichkeit im Verband leben? derer*innen. Das sind Fragen, die wir uns täglich stellen. Am nächsten Tag war die Abreise. Mein Seesack mit der Doch die Antwort sieht jedes Mal anders aus. ganzen Bekleidung war weg. Eine Aufregung, wir mussten Es gibt kein fixes Statut für Menschlichkeit, sondern nur ein menschliches Handeln aus der ja weiter und sind durchs ganze Hotel gerannt. Die Frauen jeweiligen Situation heraus. Das können ein 1. hatten den Rucksack aus meinem Zimmer geholt, haben Lächeln, ein offenes Ohr, ein aufmunterndes Wort, ein Pflaster, eine Mahlzeit, ein Transport meine ganze Kleidung gewaschen, haben sie gebügelt, weil ins Krankenhaus oder eine pflegende Hand DRK-Grundsatz: Menschlichkeit sie doch die Babynahrung bekommen hatten. Sie wollten sein. Es sind manchmal die unterstützenden „Die internationale Rotkreuz- und Rot- Kleinigkeiten im Alltag, die unser Mitgefühl, halbmond-Bewegung, entstanden ihre Dankbarkeit zeigen.“ unsere Solidarität und unseren Respekt mit aus dem Willen, den Verwundeten Anderen zeigen. der Schlachtfelder unterschiedslos Hilfe zu leisten, bemüht sich in ihrer Norbert Günther Natürlich kann es auch einmal passieren, dass internationalen und nationalen Tätig- unsere Unterstützung individuell nicht ganz keit, menschliches Leiden überall und passend war. Wir sind eben nicht perfekt, kei- jederzeit zu verhüten und zu lindern. ne Held*innen, obwohl wir alles geben, was in Sie ist bestrebt, Leben und Gesund- „1989/1990: da spielte das Rote Kreuz eine ganz große dem jeweiligen Moment möglich ist. Wir Rot- heit zu schützen und der Würde des kreuzler*innen sind eben auch nur Menschen, Menschen Achtung zu verschaffen. Rolle. Bei der Aufnahme der Geflüchteten, bei der Menschen mit Gefühlen, Erfahrungen und ei- Sie fördert gegenseitiges Verständnis, menschlichen Unterbringung, gerade am Anfang, als noch gener Betroffenheit. Freundschaft, Zusammenarbeit und einen dauerhaften Frieden unter allen alles wild durcheinander ging und nicht so geordnet war. Die Erfahrungen bei der Flutkatastrophe in den Völkern.“ Es ging um die menschliche Begegnung von Ost- und Hochwassergebieten im Sommer 2021, vor al- lem im Ahrtal, haben uns als Rotes Kreuz ge- Westdeutschland.“ zeigt, wie verletzlich wir trotz aller Kompeten- zen sind. Die Natur hat uns deutlich Grenzen aufgezeigt. Und so waren wir dankbar für das Dr. Klaus-Dieter Uelhoff menschliche Dasein vieler Kolleg*innen be-
16 Das Gründungsjahr 1947 Das Gründungsjahr 1947 Das Jahr 1947 beginnt mit einem Hungerwinter. Es mangelt an Nahrung, Heizmaterial u.v.m. Anfang Mai gibt es auf Lebens- mittelkarten täglich eine dünne Brotscheibe und monatlich 210 Gramm Fett. Der extreme heiße Sommer führt zu Missernten. Menschen sterben an Mangelernährung und ansteckenden Krankheiten. in weiterer kalter Winter 1947/48 Im Durchgangslager Friedland trifft der erste Flüchtlingsfamilie vor DRK-Betreuungsstelle. E verschärft die Situation. Von bis zu minus 20 Grad müssen fast 75% Transport ehemaliger Rotkreuzschwestern ein, die sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1950er Jahre. Marianne Leib. DRK-Bildarchiv. aller Industriebetriebe in der amerikanischen befunden hatten. In Berlin wird die Such- Boden eine andere Organisation statt des Ro- Besatzungszone zeitweise stillgelegt werden. dienst-Verbindungsstelle des Deutschen Ro- ten Kreuzes. So entstehen örtliche Hilfsstellen In Berlin werden pro Tag 1.000 Menschen mit ten Kreuzes gegründet. unter Leitung von Vertretern ehemaliger Rot- Erfrierungen in die Krankenhäuser eingeliefert. kreuz-Kreisverbände. Sie sind vorwiegend als Roten Kreuz ist es zu verdanken, dass am 16. Nachrichtenstelle zwischen Gefangenen und April 1947 der Oberkommandierende General Die amerikanische und britische Besatzungs- Auf dem Weg zur Gründung des DRK-Lan- Angehörigen tätig, stellen Nachforschungen Koenig die Erlaubnis erteilt, in allen Ländern zone vereinigt sich wirtschaftlich zur Bizone. desverbandes Rheinland-Pfalz. nach vermissten Personen und gewähren Hilfe der „Zone Francaise d’ Occupation“ eine Ge- Der US-Außenminister George C. Marshall for- Nach dem Zweiten Weltkrieg trennen sich die für Entlassene und Durchwandernde. sellschaft vom Roten Kreuz zu gründen. Am dert in einer Rede ein wirtschaftliches Aufbau- Siegermächte von der Zentral-Struktur des 7. August wird ein vorbereitender Ausschuss programm für Europa und die Einbeziehung Deutschen Roten Kreuzes aufgrund des En- In Rheinland-Pfalz beendet das Auflösungsde- für die Gründung eines Landesverbandes ge- Deutschlands auf Basis der gegenseitigen gagements in der Nazi-Diktatur. Die Mitglieder kret vom 3. Januar 1946 die Rotkreuz-Arbeit bildet. Am 12. September 1947 genehmigt die Hilfe und Hilfestellung der USA (Marshallplan). des Alliierten Kontrollrates sind sich uneinig und der soeben erst gegründeten Hilfskomi- Landesregierung die eingereichten Satzungen. Die erste „Exportmesse“ Hannover eröffnet. über den weiteren Umgang mit dem Roten tees. Für die Einhaltung des Verbots sind die Kreuz. In der amerikanischen Besatzungszo- jeweiligen Landräte verantwortlich. Die Aus- Orts- und Kreisvereine gründen sich, um auf Der ehemalige deutsche Boxweltmeister im ne wird im März 1945 entschieden, dass die führungsbestimmungen zum Erlass vom April einer Versammlung den Landesverband ins Schwergewicht, Max Schmeling, erhält von Hilfsorganisation ihre Tätigkeiten zunächst gestatten eine Hilfsgemeinschaft mit anderem Leben rufen zu können. Die Militärregierung der US-Militärregierung eine Boxerlaubnis für fortsetzen darf. Doch bereits am 21. April wird Namen zu gründen. Am 30. August starten die weist mit der Verfügung Nr. 22, die die Wieder- die amerikanische Besatzungszone. Und der jegliche Aktivität untersagt und der Kranken- „Gesellschaft für Sanitäts- und Hilfsdienst“ in herstellung des Vereinsrechts in der französi- Modemacher Christian Dior stellt seine erste transport dem staatlichen Gesundheitsdienst den rechtsrheinischen Gebieten. „Hauptstel- schen Besatzungszone regelt, ausdrücklich eigene Kollektion „New Look“ vor. Die erste übertragen. Dieses Verbot hat auch nach Ab- len für Sanitäts- und Hilfsdienst“ entstehen in darauf hin, dass Gründungsmitglieder nicht Tour de France findet wieder nach 1939 statt. tritt der rheinland-pfälzischen Gebiete an die den linksrheinischen Gebieten und der Pfalz. der NSDAP angehört haben dürfen. Die erste Franzosen Bestand. Auf lokaler Ebene wird konstituierende Sitzung des Vorstandes fin- Die Entnazifizierung schreitet weiter fort und einzelnen Rotkreuz-Mitgliedern gestattet, Ge- Dr. Hans Fuchs wird als Präsident der neuen det am 2. Dezember 1947 im Oberpräsidium deren Durchführung wird nun in deutsche Ver- fangene zu besuchen und Spenden zu vertei- Organisationen „Gesellschaft für Sanitäts- und in Koblenz statt. Dr. Hans Fuchs wird als Prä- antwortung übertragen. Das KZ Ausschwitz len. Hilfsdienst“ und „Hauptstellen für Sanitäts- sident (bis 1956), Rudolf Walther, Margarete wird Gedenkstätte. und Hilfsdienst“ gewählt. Doch beide Organi- Maur, Hermann Caspers und Eugen Leininger Die Notsituation der Nachkriegszeit erfordert sationen finden in der Bevölkerung lange nicht in den Vorstand gewählt. Der Generalgouver- Das Land Rheinland-Pfalz, bereits 1946 ge- weitere Hilfeleistungen. Im Oktober 1945 ge- den gleichen Zuspruch wie das Rote Kreuz. neur der Militärregierung gibt am 6. Dezember gründet, erhält von der Mehrheit der Bevölke- nehmigt der damalige Gouverneur Monsieur Den Bemühungen von Dr. Fuchs mit Unter- 1947 sein Einverständnis zur Gründung des rung die Zustimmung für seine Verfassung. Billot auf Bitten des Regierungspräsidenten Dr. stützung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuzes in Rheinland-Pfalz. Damit wird
18 Das Gründungsjahr 1947 19 auch die Gründung der Ortsvereine und Kreis- rungsreform im Juni führt das rheinland-pfäl- verbände, der Bezirksverbände und des Lan- zische Rote Kreuz erste Spendensammlungen desverbandes gestattet. durch. Mitgliedsbeiträge, Einzel- und Sach- spenden helfen über die Verluste des Roten Am 29. Dezember folgt die erste Mitglieder- Kreuzes hinweg, die sich durch Zerstörung versammlung im Koblenzer Rathaus. Die 269 von Gebäuden, Abgabe und kriegsbedingtem Delegierten, die insgesamt 13.450 Mitglieder Ausfall von Krankenwagen, die Umstellung vertraten, beschließen sämtliche Anstalten, von Reichsmark in Deutsche Mark ergaben. Vereinigungen und Einrichtungen des Roten Auch französische Soldaten und ihre Familien Kreuzes zum Landesverband Rheinland-Pfalz beteiligen sich am Aufbau des Roten Kreuzes. zusammenzuschließen. Einstimmig werden General Koenig spendet 50.000 Mark für die die Satzung des Landesverbandes und die Flüchtlingshilfe. Französische Schulen sam- Mustersatzungen der Orts- und Kreisvereine, meln Kleidung für Flüchtlingskinder. Dazu der Bezirksverbände und der Schwestern- kommt die Spende von fünf Tonnen Kleidungs- schaften verabschiedet und die Wahl des Lan- stücke und 48 Tonnen Lebensmittel. desbeirates verbindlich festgelegt. Ministerpräsident Peter Altmeier teilt noch am 30. Dezember 1947 mit, dass die Satzung des Roten Kreuzes Rheinland-Pfalz vom In- nenministerium wie von der Militärregierung genehmigt ist und das Rote Kreuz nun seine Tätigkeit landesweit wieder aufnehmen kann. Sitz des neuen Landesverbandes ist Koblenz, „ 1947 dessen hauptamtliche Geschäftsführung Hans Scheuren (bis 1959) übernimmt. Am 19. Mai 1948 erkennt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz den DRK-Landes- verband Rheinland-Pfalz an. Nach der Wäh- Das DRK ist so ein Uhrwerk. Jede*r ist eines dieser Räder, egal ob groß oder klein, sie greifen ineinander. Harry Dinges Verteilung von Schuhen an Flüchtlinge und Vertriebene. Nach 1945. Hans Müller. DRK-Bildarchiv.
20 Unparteilichkeit 21 Unparteilichkeit Kann das überhaupt gelingen, unparteilich zu sein? Wie schwer fällt das im Alltag? Schiedsrichter*innen müssen beim Fuß- ballspiel unparteiisch sein. Und wir als Rotes Kreuz haben uns ebenfalls dazu verpflichtet. „ s ist ein hohes Ideal, unvoreingenom- E men, von unterschiedlichen Perspek- tiven objektiv und sachlich auf eine Situation zu schauen und dann zu handeln. 2. Diesen unparteilichen Blick einzunehmen und klar zu erkennen, wer jetzt dringender das Blut nach einem Gewaltakt braucht, der Täter „Ich achte, dass jemand anders ist als ich. Ich behaupte oder das Opfer. Das kann emotional berüh- DRK-Grundsatz: Unparteilichkeit ren. Manchmal widerstrebt es persönlich, mit „Die Rotkreuz- und Rothalbmond- nicht, das ist schlechter, das ist besser. Ich achte einfach, diktatorischen Staatsoberhäuptern zu konfe- bewegung unterscheidet nicht nach dass das jetzt so ist und bitte, dass das für mich das einfach rieren. Doch nur so besteht die Chance, dass Nationalität, Rasse, Religion, sozialer z.B. Kriegsgefangene Kontakt zu ihren Ange- Stellung oder politischer Überzeu- anders ist. Gegenseitiger Respekt und Achtung ist das A hörigen oder Briefe erhalten. gung. Sie ist einzig bemüht, den Men- und O. Das ist etwas Entscheidendes, finde ich.“ schen nach dem Maß ihrer Not zu hel- Es erfordert einen starken Willen, Demut und fen und dabei den dringendsten Fällen Toleranz, sich von Diskriminierung und Vor- den Vorrang zu geben.“ urteilen zu lösen. Einmal dafür entschieden, Elke Günther ist es ein lebenslanger Prozess, sich als Rot- kreuzler*in darin zu verfeinern. Vielleicht gibt es schon heute Momente, in denen die Ruhe und Gelassenheit zu spüren ist, die mit dieser unparteilichen Haltung verbunden ist. Auch wenn es „nur“ während des Sanitätsdienst- einsatzes im Fußballstadion ist, wenn man als Fan der Heimmannschaft, einem verletzten Gegner hilft.
Suchdienst, DRK-Mitarbeitende und Hilfesuchende. 1955. DRK-Bildarchiv. hilfsbereit Stationen der Geschichte 23
24 Stationen der Geschichte 25 Stationen der Geschichte „ 75 Jahre. Miteinander stark: hilfsbereit. „Und das muss ich sagen, wenn richtig Not war, Hand in Hand, immer an der Seite von Menschen, einfach es so richtig gravierend war, waren sie alle da. Der da sein, wenn es nötig ist, das zeichnet das Rote Kreuz Zusammenhalt war wahnsinnig gut – auch mit den aus, egal ob ehren- oder hauptamtlich. Schauen wir auf die anderen Hilfsorganisationen. Und die Zusammenarbeit, die rheinland-pfälzische Anfänge nach 1947 sind es zunächst die hat immer gut geklappt.“ ehrenamtlichen Rotkreuzler*innen, die unermüdlich hilfsbereit sich für Andere engagieren. Einige der Meilensteine auf dem Inge Geers Weg der Rotkreuzgemeinschaften, des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes, des Suchdienstes, der Blutspende, stellen wir vor. Erlebnisse von Zeitzeug*innen lassen spüren, wie der Herzensauftrag „füreinander dasein“ im rheinland- pfälzischen Roten Kreuz gelebt wird. „ „Die Ausbildung ist so wichtig, nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis auffrischen. Das hilft für die Einsätze. Das Emotionale, das ist nicht zu unterschätzen. Immer hilfsbereit: 1948. Flüchtlinge, Schulspeisung, Unfallhil- Und deshalb braucht man hinterher eine Nachbesprechung. festellen und erste Einsätze. Man muss sich mit den Leuten zusammensetzen, Bereitschaften Bis 1948 führen rund 580 ehrenamtliche Hel- Verbesserungen rausfinden, wie man Einsätze optimieren fern Flüchtlingstransporte durch und betreuen dabei rund 3.900 Personen. Ehrenamtliche kann. Denn jeder Einsatz ist anders und der Mensch ist geben zudem auf drei Bahnhöfen an Verpfle- 1948. Rotkreuzler*innen kümmern sich um gungsstellen Essen aus. Und das Rote Kreuz keine Maschine. Er/Sie ist ein Individuum und reagiert Kriegsheimkehrer. beteiligt sich an der Schulspeisung. Die Be- anders. Es braucht auch die Gemeinschaft. Denn wenn Die Versorgung und Betreuung von Kriegs- reitschaften unterhalten landesweit 607 Un- heimkehrern und Kranken steht Ende der fallhilfestellen an Straßen und leisten dort wie man sich kennt, fällt es einem leichter, sich mit jemandem 40iger Jahre im Fokus: In Neuwied, Mainz und auch bei Sport- und Theaterveranstaltungen auszutauschen. Irgendwo gibt es immer Hilfe, wenn man Birkenfeld entstehen eigene Krankenhäuser Erste Hilfe. Die Explosion eines Kesselwagens mit insgesamt 465 Betten. Ein Teil der Betten bei BASF am 28. Juni 1948, bei der 210 Men- auch im Moment keine Aussicht sieht. Man muss die in Birkenfeld ist als Kindersanatorium für Tu- schen starben und rund 3.000 Menschen ver- Situationen so nehmen wie sie sind und das Beste daraus berkolosekranke vorbehalten. Für Spätheim- letzt wurden, erfordert den ersten Großeinsatz kehrer wird am 1. Juni ein eigenes Erholungs- des Roten Kreuzes mit knapp 190 Rotkreuz- machen, was möglich ist.“ heim in Manderscheid errichtet. lern. Es folgen weitere Katastropheneinsätze Edith Weingart
26 Stationen der Geschichte 27 wie das Eisenbahnunglück in Neuwied oder die Explosion eines mit Sprengstoff gefüllten dedienst, Technischer Dienst und Wasser- wacht. Über 30 Gruppen mit 200 Ehrenamt- „ Stollens auf dem Prümer Kalvarienberg am 15. lichen aus 16 DRK-Kreisverbänden zeigen ihr Juli 1949 – ein Einsatz, der 42 Tage andauert. Können, wenn es um Erste Hilfe, Geschicklich- Für solche unvorhergesehenen Einsätze hält keit, Teamarbeit, Genfer Rotkreuz-Abkommen, der Landesverband landesweit verteilt elf Zel- Karten- oder Geländekunde geht. Gesamtsie- „Man wusste es gar nicht, hat es nicht erkannt, dass es te mit 25 Betten und knapp 500 Tragen bereit. ger ist der DRK-Ortsverein Bellheim im DRK- Kreisverband Germersheim. so etwas gibt, vielleicht hat man es sogar verdrängt und gesagt, dass ist ein Weichei. Also hat niemand etwas gesagt. 1966. Zum Aktiven Dienst zusammengeführt. Neue Wege beschritt bereits 1987 der DRK- Staatssekretär a.D. und rheinland-pfälzischer Bezirksverband Trier mit dem 1. Bezirkshelfer- Das war so, fertig ab, Ende. Und heute weiß man, dass man DRK-Präsident Robert Hartmann führt 1966 tag, dem 1988 und 1989 weitere folgten. Ab über Einsätze reden muss.“ die männlichen und weiblichen Bereitschaf- 1989 führten die Bezirksverbände Rheinhes- ten zum Aktiven Dienst zusammen. Bis dahin sen-Pfalz und Koblenz diese Wettbewerbsform Klaus Mühlbeier waren die Bereitschaften und die Aufgaben- ebenfalls ein. Der Wettbewerb des Bezirksver- gebiete strikt voneinander getrennt: Frauen bandes Koblenz in Ahrweiler wurde allerdings kümmerten sich in der Nachkriegszeit vor al- abgesagt, da der geplante Wettbewerbsort, lem um Menschen in sozialen Notlagen. Dazu die Katastrophenschule des Bundes, im Okto- gehörten u.a. das Verteilen von Care-Paketen ber 1989 mit Übersiedlern belegt war. und die Betreuung von Kriegsheimkehrern. Die männlichen Bereitschaften engagierten sich Viele Landeshelfertage folgen und mit neuem vorwiegend bei Sanitätsdiensten und im Kran- Konzept der Rotkreuz-Erlebnistage sind die kentransport. Einsatzbereiche des Aktiven Wettbewerbe für die rheinland-pfälzischen Dienstes waren Blutspende, Krankentrans- Rotkreuzler*innen jedes Jahr ein freudiges Er- port, Erste Hilfe-Ausbildung (bereits seit 1953), eignis. Katastrophenschutz, Kreis-Auskunftsbüros, Sanitätsdienst sowie soziale Dienste. 1995. DRK-Bergwacht ausgebaut. Als Sanitätshilfe-Korps fanden sich bereits Die DRK-Bergwacht Rhein-Hunsrück gründet 1866 in Kaiserslautern Freiwillige zusammen. sich. Sie ist eine von insgesamt drei Berg- Unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ent- wacht-Gruppen in Rheinland-Pfalz. Auch die stand ein Männer- und Frauenverein 1870/71 Ortsgruppen Bingen (Kreisverband Mainz-Bin- in Zweibrücken. Neue Sanitätskolonnen bilde- gen) und Rotenfels (Kreisverband Bad Kreuz- ten sich 1875, die sich zum Teil unabhängig nach) kümmern sich um Unglücksfälle, Ka- vom Roten Kreuz in Sanitäts-, Transport- und tastrophen und die Rettung Verunglückter in Lagerdiensten engagierten. Es folgten regel- unwegsamem Gelände. mäßige Hilfeleistungen bei Veranstaltungen, Festlichkeiten und Krankentransporten. 2005. Zusammenarbeit mit chemischer Industrie gestartet. 1990. Erster Landeshelfertag durchgeführt. Das Rote Kreuz arbeitet seit 2005 mit dem Ver- Der 1. Landeshelfertag findet vom 22. bis 24. band der Chemischen Industrie zusammen. Juni 1990 in Gerolstein statt. Erstmalig nehmen Ziel ist es langfristig, DRK-Einsatzgruppen alle Fachdienste des DRK-Landesverbandes (UEBI-Gruppen) im Rahmen des Transport- Einsatzübung. Rheinland-Pfalz teil: Sanitätsdienst, Fernmel- Unfall-Informations- und Hilfeleistungssys- 1958. Lotte Müller. DRK-Bildarchiv.
28 Stationen der Geschichte 29 tems (TUIS) der Chemischen Industrie zu bilden. Dieses System leistet schnell und un- hen im Rahmen der internationalen DRK-Hilfe nach dem Wirbelsturm in Myanmar (April 2008) „ bürokratisch technische Hilfe bei Transport- und nach dem Erdbeben in Haiti (Januar 2010) und Lagerunfällen mit Chemikalien. Es ist eine in den Einsatz. Sie koordinieren Hilfsmaßnah- freiwillige Initiative der Werksfeuerwehren der men, unterstützen mobile Rotkreuzhospitale Chemischen Industrie zur technischen Unter- beim Aufbau wie bei der Versorgung. „Der Fernmeldedienst ist wichtig, um die Kommunikation stützung. Bislang bot TUIS telefonische Bera- tung, technische Hilfe mit Mannschaft, Gerät aufzubauen. Früher geschah das mittels riesengroßer und Beratung an der Unfallstelle an. Ein zu- 2019. Länderübergreifende Übung in Funkgeräte. Das war ja noch alles analog. Heute sind das sätzliches Hilfeleistungs-Modul zur Informa- Mannheim. tion und Betreuung der von einem Gefahren- Beim Search und Rescue Day RLP treffen sich kleine tragbare Geräte, die hundertmal wirkungsvoller gutunfall vor Ort betroffenen Menschen soll in im Sommer die DRK-Rettungshunde-staffeln sind. Die Funkgeräte stellen Verbindungen zwischen Kooperation mit dem DRK angeboten werden. des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz, Die neuen DRK-Einsatzgruppen sollen dann die Bereitschaft und Rettungshundestaffel verschiedenen Standorten und den Fahrzeugen her. die Betroffenen medizinisch versorgen und in Mannheim sowie die Höhenrettungsgruppe Und der Kabelbau ist notwendig. Das sind zweiadrige der konkreten Situation betreuen. der Feuerwehr Mannheim zu einem ersten gemeinsamen länderübergreifenden Training. Litzen auf einer Spule, 800 Meter lang, die man auf dem Das Highlight in der SAP Arena Mannheim war Rücken hat. Dann zieht man das Kabel und hängt es 2006. „Team Ausland“ geht an den Start. die Abseilübung der Höhenrettungsgruppe mit Auslandseinsätze bedürfen besonderer Qua- einem Hund – eine Übung, die in der Realität in Bäume, an Laternen. Am Ende kommt das Telefon, lifikationen und Fähigkeiten. Gemeinsam mit vor allem bei Trümmereinsätzen Anwendung das funktioniert, wenn man an einer Kurbel dreht. Ein dem DRK-Generalsekretariat hat der DRK- findet. Die Teilnehmenden durchlaufen sieben Landesverband Rheinland-Pfalz Eignungs- Stationen mit unterschiedlichem Aufgaben- richtig schönes, altes Telefon. Das Drehen an der Kurbel tests durchgeführt. Rund 20 Rotkreuzler*innen profil, u.a. Vermisstensuche und sanitäts- sagt der Vermittlungsstelle, da will jemand etwas. Die haben diese bestanden und sind seit 2006 in dienstliche Versorgung. das neue Team Ausland berufen. Ihr Wissen Vermittlungsstelle spricht: und Können erweitern sie ständig durch re- Der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz ver- gelmäßige Ausbildungen und Fachtagungen. fügt zu diesem Zeitpunkt über 11 Rettungs- Rotkreuzler*innen aus dem Team Ausland ge- hundestaffeln mit über 150 Mitgliedern, 34 Hier Vermittlungsstelle – wen wollen sie sprechen? Ich Flächen- und 5 Trümmerhunden. hätte gern die Einsatzleitung. Anmerkung: Mehr Dann hat man so ein Stück Kabel mit einem Stecker noch zu finden unter „Station genommen und durch Drehen der Kurbel hat die Miteinander stark: Vermittlungsstelle dann die Verbindung zur Einsatzleitung einsatzbereit.“ aktiviert. Heute gibt es ja den Digital-Funk. Ein Funkgerät damals kostete 7.000 D-Mark. Heute kostet das Gerät 400 Euro. Früher hatten wir als Ortsverein vier Funkgeräte, heute sind wir bei 20.“ Wolf-Ingo Heers Team Ausland: Hilfstransport. 2013. DRK-Bildarchiv.
30 Stationen der Geschichte 31 einheiten. Bis 1997 entstehen 38 SEG-Ein- satzgruppen als wesentlicher Bestandteil der „ Gefahrenabwehr in Rheinland-Pfalz. Immer hilfsbereit: 1994. Übung Nibelungen 94 erfolgreich. „Katastrophenschutz ist ein realistisches Instrument. Wenn Die Hilfszugabteilung III in Sprendlingen er- Bevölkerungs- und probt vom 12.-15. Mai 1994 bei der Übung „Ni- unsere 30 DRK-Kreisverbände in Rheinland-Pfalz für Katastrophenschutz belungen 94“ in Worms seine Einsatzfähigkeit. einen großen Einsatz zusammengezogen werden, dann Ziel der Übung ist es, den Leistungsstand der eingesetzten Helfer*innen und Führungskräfte ist das ein riesiges Potential, an Helfer*innen, Material zu überprüfen. Rund 1.000 Einsatzkräfte, Mi- und Fahrzeugen. Doch ohne finanzielle Unterstützung 1953. Hilfszug findet in Sprendlingen sei- men, Kooperationspartner*innen und Gäste nen Standort. sind an der Übung beteiligt. Registrierung aller oder Maßnahmen der Bundesländer wird der Die Hilfszugsabteilung III als eine von bundes- Einsatzkräfte, der Verletzten und Betroffenen, Katastrophenschutz schlicht und ergreifend auf Dauer nicht weit zehn Hilfszuglagern des Deutschen Roten Verpflegung, Betreuung, Einrichtung eines ei- Kreuzes wird 1953 in Sprendlingen unterge- genen Stromnetzes und der Einsatz der Trink- überleben. Er muss überleben, weil er zwingend notwendig bracht. Die Hauptaufgabe des Hilfszuges ist wasseraufbereitungsanlage werden geprobt. ist. Im Moment leisten die Hilfsorganisationen dies alles es, Betroffene zu versorgen, unterzubringen und zu verpflegen. Pro Hilfszug wird eine Pfle- Die Hilfszugabteilung III als überregionale Ein- mit großem Bravour und Enthusiasmus.“ gestation mit 90 Betten zu sanitätsdienstlichen satzreserve ist 1994 personell und materiell und pflegerischen Betreuung von Kranken und so ausgestattet, dass sie in der Lage ist, bis Giesbert Wiethoff Verletzten vorgehalten, die jederzeit in den 3.000 Personen/Betroffene zu versorgen, un- Einsatz gehen können. Weitere Aufgaben be- terzubringen und zu verpflegen. Zur Ausstat- stehen u.a. in der Strom- und Trinkwasserver- tung gehören: je 3.000 Luftmatratzen, Schlaf- sorgung, Aufbau eines Kommunikationsnetzes säcke, 9 Feldkochherde, 1 Küchenwagen, und Hilfsmaßnahmen von Fachdiensten. Über 300 Helfer*innen des Aktiven Dienstes stehen Trinkwasseraufbereitungsgeräte, Notstrom- aggregate, Zelte, Wasch- und Spülanlagen „ im Falle von Katastrophen, Notständen und und Nottoiletten. Damit die Hilfszugabteilung Konflikten dafür zur Verfügung. autark handeln kann, verfügt sie über einen Fernmeldezug, der sowohl drahtgebundene Mit dem DRK-Hilfszug III sind somit mobile Kommunikation über Feldkabelbau als auch „Wir waren so ein Katastrophenzug, ein SAN-Zug, mit Einsatzreserven geschaffen, die Aufgaben bei Funkkommunikation sicherstellen kann. größeren Katastrophen im In- und Ausland 50 Leuten. Bis die alle alarmiert waren. Damals hatte übernehmen. man keinen Piepser oder Rufmelder, sondern es musste 2007. ZELK in Betrieb. Staatssekretär Roger Lewentz, der rheinland- telefonisch angerufen werden. Zwei, drei Stunden hat es 1991. Konzept für Katastrophenschutz ent- pfälzische DRK-Präsident Rainer Kaul und gedauert bis der Zug ausrücken konnte. Später hat man wickelt. Landesbereitschaftsleiter Rainer Hoffmann Der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz legt nehmen im Jahr 2007 die Zentrale Einrichtung Schnelleinsatzgruppen gebildet, kleinere Einheiten, die 1991 ein Konzept für Schnelleinsatzgruppen Landesvorhaltung Katastrophenschutz (ZELK) flexibel, schneller am Einsatzgeschehen waren.“ (SEG) im Rahmen des Katastrophenschutzes in Sprendlingen in Betrieb. Die ursprüngliche vor. Dieses Konzept schließt die Versorgungs- Hilfszugabteilung III des Roten Kreuzes ist nun Klaus Mühlbeier lücke bezüglich Einsatzzeiten zwischen dem mit drei Behandlungsplätzen 150 und Material Rettungsdienst und den Katastrophenschutz- für bis zu 1.500 Betroffene ausgestattet. Rund
32 Stationen der Geschichte 33 50 Rotkreuzhelfer*innen können im Einsatzfall Hochwasser im Osten und Süden Deutsch- die Behandlungsplätze in zwei bis drei Stun- lands. Das Hochwasser in Mitteleuropa von den aufbauen und das notwendige Material in Ende Mai bis Anfang Juni wird durch tagelan- bis zu 4 Stunden an jeden Ort in Rheinland- ge Regenfälle atmosphärischer Flüsse verur- Pfalz transportieren. sacht. Insgesamt kommt es in sieben Ländern zu schweren Überflutungen. „ 2012: K-Vorschrift: DRK beteiligt an MTF. Mit der Krisenmanagement-Vorschrift wird 2017. Multikopter im Einsatz. 2012 auch in Rheinland-Pfalz eine einheitliche Bei Großschadenslagen und zur Absiche- und verbindliche Regelung des Roten Kreuzes rung von Großereignissen wie beispielsweise 1970. Erdbeben in der Türkei im Bevölkerungsschutz und der Katastrophen- dem Tag der Deutschen Einheit 2017 in Mainz hilfe geschaffen. Die Medizinische Task Force kann das DRK zusätzlich zu Materialien der (MTF) ist dabei Kernelement des Ausstat- Zentralen Einheit Landesvorhaltung Katastro- „Bei dem schweren Erdbeben in der Türkei 1970 war tungskonzeptes des Bundes. Das rheinland- phenschutz (ZELK) nun auch auf Multikopter alles zerstört. Wir hatten den Auftrag vom DRK- pfälzische Rote Kreuz ist in der MTF beteiligt zurückgreifen. Diese können im Bedarfsfall live und erarbeitet gemeinsam mit den anderen Bilder in einer Höhe von 100 Meter übertragen. Generalsekretariat erhalten, die Trinkwasseraufbereitung Hilfsorganisationen die Module „Dekontami- Der Mulitkopter übernimmt damit die Arbeit zu übernehmen. Bei solchen Naturkatastrophen ist meist nation“ und „Logistik“. In Rheinland-Pfalz sind der Menschen, die sich früher möglicherwei- drei MTF mit jeweils 110 Helfer*innen und über se in eine Gefahrenzone begeben mussten. das erste, was es nicht mehr gibt, Strom und Wasser. 20 Fahrzeugen stationiert. So erleichtert das Gerät u.a. Verschüttete, Über Wochen haben wir Trinkwasser gefiltert. Es waren Bewusstlose oder Brandherde zu finden. Der Einsatz des Multikopters ist nach §21a Luft- transportable Filter-Anlagen. Die waren in einem VW- 2013: ZELK im Hochwasser-Einsatz. verkehrs-Ordnung nur mit Aufstiegserlaubnis Bus installiert. Wir haben das Wasser aus einem Teich, Die Zentrale Einheit Landesvorhaltung Katas- der zuständigen Luftfahrtbehörde und dem trophenschutz (ZELK) unterstützt mit Betten, Kenntnisnachweis des Piloten möglich. Brunnen angepumpt, durch Filteranlage gedrückt und dann Decken, Kopfkissen und Hygienesets beim sauberes Wasser erhalten. Dann kam die türkische Armee und wir haben aus den 3.000-Liter-Tanks Wasser in die LKWs reingepumpt. Dann fuhren diese zu verschiedenen Zapfstellen, wo sich die Bevölkerung das Trinkwasser holen konnte. Die Trinkwasseraufbereitung kam auch in Nord-Afrika zum Einsatz – als Milchkuh. Wasser wurde mit Milchpulver vermischt und dann für die Bevölkerung in Tetra-Pack-Beutel abgefüllt.“ Manfred Schumacher Behandlungsplatz 50. 2013. DRK-Bildarchiv RLP.
34 Stationen der Geschichte 35 „ Wir waren mit zwei Einheiten vier Wochen dort. Es war ein 1970. Erdbeben in der Peru. interessanter Einsatz. Wir haben viel gelernt, auch weil der Einsatzort in 3.200 Höhenmeter sehr schwierig war. Mit „Kunststoff-Iglus haben wir beim schweren Erdbeben in den Dieselaggregaten hatten wir echt Probleme, einfach Peru 1970 gebaut. Bayer Leverkusen hat sie damals ge- weil die Luft dort oben in Anden so dünn war. Wenn sie meinsam mit dem Roten Kreuz entwickelt. Auf einer Art dann liefen, liefen sie den ganzen Tag. Karussell wurde Kunststoff aufgeblasen. Zwei Komponen- ten wurden gemischt und dann gespritzt. Wie, wenn man Wasser haben wir natürlich selbst gefiltert. Auf einem Ge- so eine Torte spritzt. Das wurde dann hart. Die Wandstär- stell in zwei Meter Höhe lag dann der 3.000 Liter Wasser- ke von diesem Iglu war ca. zehn Zentimeter, Durchmesser tank. Der wurde von der Sonne schön gewärmt, so dass sechs Meter, Höhe bis drei Meter. Fenster, Türen wurden man auch mal duschen konnte. Nachts haben wir bei zehn reingeschnitten. Wir brauchten 50 Leute, um ein Iglu hoch- Grad minus gefroren. zupacken, wegzutragen und dann auf den passenden Platz zu stellen. Außen wurden die Iglus aus Brandschutzgrün- den noch mit Schieferfarbe bespritzt. Vielleicht so 300-400 Auf dem Hinflug hatten wir in New York vier Stunden Auf- Iglus haben wir für die betroffenen Familien gebaut. Dann enthalt. Kein Dollar in der Tasche. Wir haben dann in der haben wir noch eine Zentralheizung reingestellt und sie Flughafenhalle gesessen und deutsche Lieder gesungen. waren glücklich. Touristen haben uns paar Dollar gegeben, so dass wir uns was zu trinken kaufen konnten.“ Manfred Schumacher
36 Stationen der Geschichte 37 300.000 Zuschauer*innen schnell und effektiv Hilfe leisten zu können. 1982. Aufbauhilfe in Italien geleistet. Immer hilfsbereit: Knapp 100 ehrenamtliche Rotkreuzhelfer*in- Großeinsätze nen aus Rheinland-Pfalz leisten 1982 Aufbau- hilfe nach der Erdbebenkatastrophe in Italien. „ Die Bereitschaften sind bei unzähligen ört- lichen und regionalen Einsätzen aktiv. Ihr En- 1982. Medica-Sozialstation im Jemen auf- gagement ist dabei von unschätzbarem Wert. gebaut. Sie leisten oftmals mit der DRK-Wasserwacht, Nach dem Erdbeben im Jemen errichten Rot- 1980. Papstbesuch. dem Jugendrotkreuz, Helfer*innen anderer kreuzler*innen aus Rheinland-Pfalz und dem Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfs- Saarland bei ihrem zehnwöchigen Einsatz eine werk, der Feuerwehr und der Bundeswehr Medica-Sozialstation mit Behandlungs- und einen großartigen Dienst bei Großschadens- Bettentrakt in Fertigbauweise. „Der Papst kam ja 1980 auf den Flugplatz in Mainz- lagen wie auch in der Auslandshilfe. Einige der Großeinsätze sind hier benannt, die auch bei Finthen, der damals noch von den Amerikanern verwaltet den Zeitzeug*innen Erinnerungsspuren hinter- 1988. Großeinsatz in Ramstein. wurde. Ein riesengroßes Gelände auf diesem Flugfeld lassen haben. Bei einer Vorführung auf dem Flugplatz in Ramstein am 28. August 1988 stoßen drei wurde geebnet. Vielleicht waren 200.000 Besucher*innen Flugzeuge zusammen und stürzen ab. Rund dort. Die mussten alle sanitätsmäßig betreut werden. 1959. Im Einsatz bei Heilig-Rock-Wallfahrt. 1.000 Personen aus vier Nationen sind be- Täglich sind rund rheinland-pfälzische 400 Hel- troffen. Helfer*innen des Kreisauskunftsbüros Die Zufahrtswege und ganze Infrastruktur – da waren fer*innen bei der Heilig-Rock-Wallfahrt im Ein- des DRK-Kreisverbandes Kaiserslautern-Land paar hundert Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Roten satz. Vom 19. Juli bis 20. September 1959 pil- sind vor Ort, um zu unterstützen, Verletzte und gern rund 3,7 Mio. Wallfahrer*innen nach Trier. Tote zu registrieren und Suchanfragen nach Kreuzes im Einsatz. Wir standen an der Strecke und haben Mit Unterstützung benachbarter DRK-Landes- Vermissten nachzugehen. Zusätzlich schaltet Leuten das Essen gebracht, das wir in der Nähe mit den verbände und dem DRK-Generalsekretariat in der DRK-Kreisverband Kaiserslautern-Stadt Bonn stehen insgesamt 2.340 Ehrenamtliche drei Telefonleitungen, die für 3 Tage und Näch- Feldküchen gekocht hatten. Verpflegung und 160 Zelte zur Verfügung. An acht Sanitätsstationen leis- te besetzt sind. Die bislang letzte Suchanfrage haben wir auch anlässlich des Papstbesuches auf der ten sie Hilfe für rund 14.000 Menschen. Weite- geht am 5. Juni 1997 beim DRK-Kreisverband re 35.000 Hilfeleistungen gewähren die Rot- Kaiserslautern-Land ein. Loreley aufgebaut. Dort hatten die Jugendlichen zwei kreuzhelfer*innen bei der Begleitung von über Nächte übernachtet und auch Messe gefeiert.“ 5.800 Prozessionen durch Trier. Auch 1996 Das Unglück von Ramstein ist bedeutsamer und 2012 engagiert sich das Rote Kreuz mit Auslöser, Notfallnachsorgeteams einzurich- einer großen Anzahl ehrenamtlicher Helfer*in- ten. Lange Zeit war unterschätzt worden, dass nen bei der Heilig-Rock-Wallfahrt. nicht nur verletzte Körper, sondern auch die Manfred Schumacher Psyche nach traumatischen Erfahrungen, Be- treuung braucht. Die Psychosoziale Notfall- 1980. Großeinsatz beim Papstbesuch. nachsorge (PSNV) arbeitet in enger Koope- Über 800 Helfer*innen sind 1980 beim Be- ration mit Rettungsdienst, Seelsorger*innen, such Papst Johannes Paul II. auf dem Flug- Ärzt*innen, Krankenhäusern und Pflegediens- platz in Mainz-Finthen im Einsatz, um bei etwa ten zusammen. 1999 gibt es bereits neun Not-
38 Stationen der Geschichte 39 „ „ 1982. Erdbeben in Italien. 1985. Besuch des amerikanischen Präsidenten. „Es gab ein schweres Erdbeben 1980 im Süden von „Der damalige amerikanische Präsident Ronald Reagan Italien. Innerhalb von 60 Sekunden Erdbeben gab es besuchte 1985 das Hambacher Schloss. Er hielt an der 350.000 Obdachlose. Und dann haben das Italienische Wiege der Demokratie eine große Rede an rund 5.000 und Deutsche Rote Kreuz Spenden gesammelt. Wir haben Jugendliche. Es war ein sehr heißer Tag, daran erinnere Holzhäuser gebaut. Vermehrt wohnten die Obdachlosen in ich mich noch. Das Rote Kreuz war da, um bei Bedarf Erste Garagen oder Wohnwagen. Fast eine sechsstellige Zahl an Hilfe zu leisten. Das zu organisieren war schon eine große Wohnwagen ist aus ganz Europa dort hinuntergeschafft Herausforderung. Die Zusammenarbeit mit den anderen worden. Sonntags hatten wir frei und haben eine Tour wichtigen Rettungsorganisationen war da ganz wichtig. durch die Region gemacht. Wir haben uns ein Bild gemacht, Wir haben ja alle dasselbe Ziel: Wir wollen Menschen wie kaputt manche Dörfer waren. An jedem Haus stand helfen, retten, sichern. Um es dann gemeinsam gut zu entweder ein „si“, also ich darf rein, oder ein „no“, was können, muss man gemeinsam üben. Das kostet Zeit, einsturzgefährdet hieß. Und überall stand nur „no“, „no“, man- und womanpower. Und diese Zusammenarbeit muss „no“ auf den Häuserwänden.“ ständig gepflegt sein, man muss miteinander reden und Erfahrungen austauschen.“ Wolf-Ingo Heers Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
40 Stationen der Geschichte 41 „ in welches Krankenhaus sie möglicherweise transportiert worden sind. Das hat sehr, sehr viel Zeit und Mühe gekostet. 1988. Flugkatastrophe in Ramstein. „Dieser Flugtag in Ramstein fand eigentlich jedes Jahr statt. Und wir wurden immer als Hilfsorganisation zusammen mit den Amerikanern in die Versorgung der Besucher*innen eingebunden. Die gesamten Katastrophenschutzeinheiten waren im Einsatz. An diesem Tag im Jahr 1988 geschah es, dass sich zwei Flugzeuge berührt haben und in die Zuschauermenge stürzten. Und dabei gab es 70 Tote, 300 Schwerstverletzte. Das war ein Erlebnis, das jahrelang an einem gekratzt hat. Die Verletzten mussten geborgen, versorgt, in Krankenhäuser gebracht werden. Ich persönlich war etwa so 600 bis 700 Meter von dem Aufschlag entfernt gewesen. Die Versorgung dauerte bis in die Nacht hinein, an Schlaf war nicht zu denken. Zunächst ging es ja um die Toten und Verletzten, doch dann kamen auch die Besucher*innen, die ihre Angehörigen suchten, mit Verzweiflung bei uns anriefen und um Hilfe baten. Es gab damals eine zentrale Einsatzleitung von den Amerikanern, Führungskräfte vom Notfallnachsorge. 1980er Jahre. Udo Bangerter. DRK BaWü. DRK waren dort mit integriert. Damals gab es noch keine Konzepte der Nachsorge. Schwierig war die Registrierung. Theoretisch gibt es dafür Wir hatten im Landkreis eine Psychiaterin, die hat Konzepte. Doch in der Praxis sah das damals anders aus. uns sehr geholfen, erste Schritte zu gehen, psychische Da waren Zivilpersonen, die Verletzte in ihr Auto verladen Schwierigkeiten nach solch einem Einsatz aufzuarbeiten.“ und weggefahren sind. Wohin, das wussten wir dann nicht. So mussten wir auf Bitten der Angehörigen recherchieren, Adolf Geib
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