75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz

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75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
75 Jahre:
        Füreinander da.
Miteinander stark.
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
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    Das Jubiläum:
    75 Jahre DRK-Landesverband
    Rheinland-Pfalz

    Füreinander da. Miteinander stark.
    Mit dem Roten Kreuz in eine
    lebendige Zukunft.
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
4                                                                                                                                                     5

                                                                                                      Inhaltsverzeichnis

                                                                                                 6    Vorwort

                                                                                                 8    Grußworte

                                                                                                 12   Das Jubiläum: 75 Jahre DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz

                                                                                                 14   Impuls Menschlichkeit

                                                                                                 16   Das Gründungsjahr 1947

                                                                                                20    Impuls Unparteilichkeit

                                                                                                22    Stationen der Geschichte – hilfsbereit

                                                                                                98    Impuls Neutralität

                                                                                                100   Stationen der Geschichte – einsatzbereit

                                                                                                132   Impuls Unabhängigkeit

                                                                                                134   Stationen der Geschichte – sozial

                                                                                                152   Impuls Freiwilligkeit

                                                                                                154   Stationen der Geschichte – solidarisch

                                                                                                180   Impuls Einheit

                                                                                                182   Das Jubiläumsjahr 2022

                                                                                                186   Impuls Universalität

                                                                                                188   Präsidenten, Landesgeschäftsführungen

                                                                                                188   Zeitzeug*innen

                                                                                                191   Impressum

Fiaccolata in Solferino. 2022. Jacques Ciaffone. DRK-Bildarchiv RLP.
Bereitschaften im Einsatz bei Mainzer Firmenlauf. 2016. Michael Jarmusch. DRK-Bildarchiv RLP.
Bergwacht Ettringen übt den Notfall. DRK-Bildarchiv RLP.
Rettungshund bei der Vermisstensuche. 2018. Brigitte Hiss. DRK-Bildarchiv.
Henry Dunant. Gründer der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften. DRK-Bildarchiv.
Weitere Bildnachweise siehe Seite 28, 66, 110, 137, 163, 174, 183.
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
6   Vorwort                                                                                                                                                                                       7

Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,

          ir laden Sie herzlich ein, ein Stück              ie Geschichte des Roten Kreuzes ist     Ein wesentlicher Ursprungsort für den DRK-      Unser Dank geht an die Zeitzeug*innen, die
    W     unserer Geschichte „75 Jahre: DRK-
          Landesverband Rheinland-Pfalz“
                                                     D      eine Geschichte von Menschen für
                                                            Menschen. Manchmal sind es aber
                                                                                                    Landesverband Rheinland-Pfalz ist Koblenz.
                                                                                                    Dort findet im Dezember 1947 die Gründungs-
                                                                                                                                                    bereit waren, im Rahmen des Projektes „oral
                                                                                                                                                    history – Region West“ uns ihre Geschichten
mitzugehen. Station für Station erleben Sie        auch Orte, die eng mit unserem Ursprung als      versammlung des DRK-Landesverbandes             zu erzählen. Unser Dank geht auch an alle eh-
die Wirksamkeit unseres Füreinander Daseins:       DRK-Landes-verband Rheinland-Pfalz verwo-        Rheinland-Pfalz im gerade neu entstandenen      ren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden, die
hilfsbereit, einsatzbereit, sozial und solida-     ben sind.                                        Land Rheinland-Pfalz statt. Auf dem Kob-        mit viel Herzblut dieser 75-jährigen Geschichte
risch. Verwurzelt in unserer Tradition entde-                                                       lenzer Rittersturz wird die Bundesrepublik      ein „Gesicht geben“ und unsere Zukunft mit-
cken Sie, wie unsere Werte tagtäglich gelebt       Es ist die grausame Schlacht von Solferi-        Deutschland im Jahr 1948 gegründet. Es folgt    gestalten. Möge unser landesweites Miteinan-
werden. Und so laden wir Sie ein, auch die         no, die unseren Gründervater Henry Dunant        im Jahr 1950 die Neugründung des bundes-        der viele Menschen begeistern und sie moti-
Geschichten der vielen Zeitzeug*innen mit zu       1859 motiviert, seine Mission zu entwickeln,     weiten Deutschen Roten Kreuzes. Koblenz ist     vieren, sich für unsere Rotkreuz-Bewegung zu
verfolgen, die sie selbst und das rheinland-       das Los verwundeter Soldaten zu verbessern       somit politisch wie auch für die Entwicklung    engagieren.
pfälzische Rote Kreuz geprägt haben.               und den Krieg menschlicher zu machen. Sei-       des landesweiten und regionalen Roten Kreu-
                                                   ne Erlebnisse veröffentlicht er 1862 in seinem   zes bedeutungsvoll. Viele Rotkreuz-Orte der     Wir freuen uns, mit Ihnen dieses Jubiläum zu
„75 Jahre: DRK-Landesverband Rhein-                Buch „Eine Erinnerung an Solferino“. Dunant      Geschichte im In- und Ausland folgen. Nicht     feiern.
land-Pfalz“ ist nur eine Geschichte von un-        schildert darin seine Erfahrungen als Ersthel-   zuletzt schreiben die rheinland-pfälzischen
zählig vielen in der weltweiten Rotkreuz- und      fer und entwirft einen Plan zur Gründung eines   DRK-Bezirks- und DRK-Kreisverbände und
Rothalbmondbewegung. Wir wissen: Unsere            „internationalen Hilfswerks“ für Verwundete in   DRK-Ortsverein vor Ort tagtäglich Geschichte.
Geschichte kann nur einige Meilensteine auf-       Kriegszeiten. Dieses soll von Europas Regie-
zeigen. So kann es sein, dass vielleicht der/die   rungen ermöglicht und von freiwilligen Helfern
ein*e oder andere von Ihnen, das für ihn/sie so    getragen werden. Das „Hilfswerk“ zielt darauf,   Mit dankbaren Grüßen
bedeutungsvolle Ereignis vermisst. Wenn dies       „im Sinne wahrer Menschlichkeit und Zivi-
so ist, dann erzählen Sie uns gern Ihre Ge-        lisation die Schrecken des Krieges etwas zu
schichte. Nur so gelingt es uns, wie bei einem     mildern“. Fünf Genfer Honoratioren gründen
bunten Mosaik, Stück für Stück unsere rhein-       1863 das internationale Komitee vom Roten
land-pfälzische Geschichte zu füllen.              Kreuz (IKRK). Und auf einer Konferenz im Ok-
                                                   tober 1863 treffen sich in Genf Delegierte aus
Als rheinland-pfälzisches Rotes Kreuz sind wir     16 Nationen, um Dunants Ideen zu diskutie-
Teil einer weltweiten großartigen Bewegung.        ren und weiterzuentwickeln. Dabei einigen sie
Bewegt und bewegend wollen wir gemeinsam           sich auf eine weiße Armbinde mit einem roten     Rainer Kaul                 Anke Marzi                          Manuel Gonzalez
mit den drei DRK-Bezirksverbänden, 30 DRK-         Kreuz als Schutzzeichen der neuen Hilfsgesell-   Präsident                   Vorstandsvorsitzende                Vorstand
Kreisverbänden, den vielen Einrichtungen,          schaften. In Stuttgart wird die weltweit erste
Partner*innen und Förder*innen in eine leben-      Rotkreuzgesellschaft ins Leben gerufen. Es
dige Zukunft gehen – immer im Blick auf unse-      folgt die Gründung vieler regionaler und ört-
re Grundsätze, die sich wie ein roter Faden        licher Sanitätsvereine des Roten Kreuzes in
durch unsere Geschichte ziehen und unser           ganz Deutschland.
Handeln prägen.
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
8   Grußworte                                                                                                                                             9

Grußworte

                              eit 75 Jahren bietet der DRK-Landesverband Rhein-        durch die Entsendung von Notfallsanitäterinnen und -sanitätern
                      S       land-Pfalz den Helferinnen und Helfern des Roten         in die Ukraine. Auch in der Corona-Pandemie haben die Rot-
                              Kreuzes in der Region ein gemeinsames Dach. Sie          kreuz-Kräfte in Rheinland-Pfalz Unglaubliches geleistet. Schon
                    sind für ihre Mitmenschen da, unterstützen sie in allen Lebens-    zu Beginn wurden Reiserückkehrende aus China in der Süd-
                    lagen und begleiten sie von der Geburt bis ins hohe Alter. 75      pfalz-Kaserne in Germersheim von einem Team von Freiwilligen
                    Jahre im Zeichen der Menschlichkeit – dazu gratuliere ich sehr     betreut. Beim Aufbau von Test- und Impfangeboten war Rhein-
                    herzlich.                                                          land-Pfalz als Grenzregion ebenfalls besonders gefordert.

                    Die vergangenen 75 Jahre stehen für Kontinuität, aber auch für     Schnelle Hilfe, wo immer sie gebraucht wird, und gleichzeitig
                    Wandel. Es ist eine Zeit, in der sich das DRK neu ausgerich-       die Zukunftsfähigkeit sichern, das zeichnet das DRK in Rhein-
                    tet hat. 1950 fand die demokratische Neugründung des Deut-         land-Pfalz besonders aus, sei es durch die Ausbildung von
                    schen Roten Kreuzes nach dem Zweiten Weltkrieg in Koblenz          Fachkräften, die Nachwuchsgewinnung im Ehrenamt oder die
                    statt. Das DRK in Rheinland-Pfalz kann mit Recht stolz darauf      Erprobung neuer Technologien. Ein vielversprechendes Bei-
                    sein, dieses historische Ereignis zu beheimaten.                   spiel durfte ich kürzlich auf der Messe Interschutz erleben: den
                                                                                       Einsatz künstlicher Intelligenz in Rettungsleitstellen. Technik,
DRK-Präsidentin
Gerda Hasselfeldt   Auch heute sehen wir uns neuen Herausforderungen gegen-            die rettende Hilfe noch schneller und effektiver zu den in Not
                    über. Wir erleben Krisen und Katastrophen nie geahnten Ausma-      Geratenen bringt, damit überträgt das DRK in Rheinland-Pfalz
                    ßes. Die Flutkatastrophe im Sommer 2021 hat unermessliches         den Rotkreuz-Gedanken in unser modernes Zeitalter.
                    Leid verursacht. In Rheinland-Pfalz verloren 134 Menschen ihr
                    Leben, Unzählige wurden verletzt, trauern um Angehörige und        Ich beglückwünsche das DRK in Rheinland-Pfalz zu 75 Jahren
                    haben ihr ganzes Hab und Gut verloren.                             erfolgreicher Arbeit und danke allen ehren- und hauptamtlichen
                                                                                       Kräften für ihren unermüdlichen Einsatz.
                    Aus dem gesamten DRK wurde Hilfe geleistet. Bis zu 3.500
                    Personen waren im Einsatz, allen voran die Helferinnen und         Ihre
                    Helfer aus Rheinland-Pfalz. Von der Rettung und Versorgung
                    der Verletzten über die Suche nach Vermissten und Betreuung
                    der Betroffenen bis hin zum Wiederaufbau lebensnotwendiger
                    Infrastruktur reichten die Hilfen. Bis heute steht ein umfang-
                    reiches Beratungsangebot für Flutbetroffene zur Verfügung. Ich
                    möchte allen Helferinnen und Helfern von Herzen Danke sagen,       Gerda Hasselfeldt
                    und den betroffenen Menschen sichere ich zu: Wir bleiben, so-      Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes
                    lange wir gebraucht werden.

                    Nicht allein in Katastrophenfällen leistet das DRK in Rheinland-
                    Pfalz Hilfe, seine Angebote decken das gesamte Spektrum der
                    Rotkreuzarbeit ab. Der Landesverband und seine Gliederungen
                    bringen sich aktiv in die Zusammenarbeit innerhalb der Rot-
                    kreuz- und Rothalbmondbewegung ein, aktuell zum Beispiel
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
10   Grußworte                                                                                                                                                                                             11

                          ehr geehrte Damen und Herren,                                                                                           Jahre uneigennütziger Dienst am Nächsten – diese
                   S      liebe Mitglieder,                                                                                               75      schöne Bilanz darf der DRK-Landesverband Rhein-
                                                                                                                                                  land-Pfalz in diesem Jahr ziehen.

                 Erst vor kurzem hat Rheinland-Pfalz seinen 75. Geburts-                                                                 Eine Leistung, die Dank und Anerkennung aller Menschen in
                 tag gefeiert. Nun begeht auch der Landesverband des Deut-                                                               unserem Bundesland verdient, ist doch niemand von uns davor
                 schen Roten Kreuzes sein 75-jähriges Jubiläum, zu dem ich                                                               gefeit, in Not zu geraten und schnelle und wirksame Hilfe zu
                 Ihnen allen ganz herzlich gratuliere. Seit 75 Jahren steht das                                                          brauchen!
                 Deutsche Rote Kreuz in Rheinland-Pfalz für Unterstützung in
                 allen Lebenslagen. Mit der stolzen Zahl von mehr als 10.000                                                             Als Koblenzer OB gratuliere ich dem Deutschen Roten Kreuz
                 hauptamtlichen Mitarbeitenden und 15.000 Freiwilligen ist das                                                           herzlich zum Jubiläum auch im Namen aller Koblenzerinnen
                 Deutsche Rote Kreuz in Rheinland-Pfalz tief in der Gesellschaft                                                         und Koblenzer, die ich mit den besten Wünschen auf eine gute
                 verwurzelt. Die hohe Zahl an Fördermitgliedschaften zeigt ganz                                                          Zukunft verbinde.
                 deutlich: Die Menschen in Rheinland-Pfalz verlassen sich auf
                 das Deutsche Rote Kreuz.                                                                                                Die Situation der Flüchtlinge 2015, die seit 2020 andauernde
                                                                                                                                         Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe 2021 - das alles stellt
                 Besonders sichtbar wurde die unverzichtbare Arbeit des DRK-                                                             das DRK vor ständig neue Herausforderungen. Die Gründung
                 Landesverbandes in den Krisensituationen der vergangenen                                                                des DRK verbindet sich bekanntlich besonders mit dem Elend
                 Monate: Während der Corona-Pandemie und bei der Bewäl-                                                                  und der Not des Krieges. Leider finden brutale kriegerische
                 tigung der Folgen der schrecklichen Flutkatastrophe ist das                                                             Auseinandersetzungen wieder mitten in Europa statt. Der
                 DRK ein unverzichtbarer Partner der Landesregierung. Bei der                                                            schreckliche Krieg in der Ukraine schockt uns alle. Auch dort
                 Planung und Umsetzung von dringend notwendigen Hilfsmaß-                                                                ist das DRK gefragt, das rote Kreuz auf dem weißen Feld ist be-
                 nahmen ist das DRK mit seinem großen Erfahrungsschatz und                                                               sonders in diesen Regionen wieder einmal ein Symbol für Hilfe.
                 praktischen Know-how wichtiger Ratgeber und tatkräftiger
                 Unterstützer zugleich. Getreu dem Motto „Die Flut geht. Wir                                                             Zugleich sind den Mitgliedern des DRK auch bei uns eine Viel-
                 bleiben.“ sind die Einsatzkräfte bis heute unermüdlich im Ein-                                                          zahl neuer Dienstleistungen zugewachsen, die von der Alten-
                 satz – dafür danke ich allen Einsatzkräften ganz ausdrücklich.                                                          pflege bis zur Kinderbetreuung reichen. Ohne den Blutspen-
                 Ebenso danke ich auch für den engagierten Einsatz der mo-                                                               dedienst des DRK würden viele Menschen nicht am Leben
                 bilen Impfteams, die ganz entscheidend zur Eindämmung der                                                               bleiben.
                 Pandemie beigetragen haben.                                       © Bildnachweis: © Staatskanzlei RLP/ Elisa Biscotti

                                                                                                                                         Dies alles bedeutet einen großen Auftrag.
                 Die beispielhafte Solidarität innerhalb der Rotkreuzfamilie be-
                 eindruckt mich tief. Allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbei-                                                          Das DRK in Rheinland-Pfalz und seine Mitglieder werden sich
                 tern und Mitarbeiterinnen des DRK in Rheinland-Pfalz gratuliere                                                         ihrer Verantwortung auch in Zukunft mit viel Engagement und
                 ich ganz herzlich zum Jubiläum und wünsche Ihnen weiterhin                                                              Empathie stellen, da bin ich sicher!
                 viel Kraft für Ihre wertvolle Arbeit!
                                                                                                                                         Herzliche Grüße, Ihr

                 Malu Dreyer
                 Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz

                                                                                                                                         David Langner
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
12   Das Jubiläum: Fünfundsieben(zig) Jahre.                                                                                    13

Das Jubiläum:
Fünfundsieben(zig) Jahre.
Wer den 75. Geburtstag feiert, hat die bunte Vielfalt des Da-
seins erlebt, Herausforderndes gemeistert, Entwicklungen mit
geprägt und erkannt, was wirklich bedeutungsvoll im Leben
ist. Vielleicht ist er/sie sogar bei all den vielen Erlebnissen und
Erfahrungen ein bisschen lebensweiser geworden, dankbar für
all die vielen Menschen, die ihn/sie begleitet, gefördert und in
schwierigen Zeiten beigestanden haben.

          er DRK-Landesverband Rheinland-          Welt kennenzulernen und sich der Rotkreuz-
     D    Pfalz blickt an seinem 75. Jubiläum
          auf viele seiner Entwicklungen zurück
                                                   Bewegung anzuschließen.

und bleibt zugleich offen, kreativ, um wirkungs-   Im Jubiläumsjahr kommt zu den 7 Grund-
voll eine lebendige Zukunft zu gestalten. Eine     sätzen noch eine 5 hinzu. Eine 5, die in fünf
lebendige Zukunft zu gestalten, das braucht        gleichgroßen Quadraten im Rotkreuz-Logo
ein Verwurzeltsein in seinen Werten, ein Be-       Gestalt annimmt. Diese fünf Quadrate lassen
wusstsein für die eigene Stärke, die Freude        sich mit dem Lebensrot füllen, das täglich,
gemeinsam mit Menschen etwas zu bewegen            stündlich, vielleicht sogar minütlich anders im
und einen Willen trotz mancher Hemmnisse,          Alltag aussehen kann. Doch in der Mitte ist fest
den Herzensauftrag „Füreinander da sein“ zu        der DRK-Herzensauftrag „Füreinander Da-
leben.                                             sein“ verankert. Um diese Mitte kann sich viel-
                                                   leicht unser „Miteinander stark sein“ zeigen:
Das 75. Jubiläums vereint dies alles in seiner     Miteinander hilfsbereit, einsatzbereit, sozial,
ganzen Zahlenmagie. Was wäre der DRK-              solidarisch - von Menschen für Menschen in
Landesverband Rheinland-Pfalz ohne die 7           eine lebendige Zukunft. Als Hilfsorganisation
Grundsätze? Wie ein roter Faden ziehen sich        und Wohlfahrtsverband heißt dies, unsere sat-
die weltweiten Werte durch die Rotkreuz- und       zungsgemäßen Aufgaben umzusetzen, wozu
Rothalbmond-Bewegung. Und jeden Tag kön-           der Rettungsdienst, die Nationale Hilfsgesell-
nen sie Rotkreuzler*innen, egal ob ehren- oder     schaft mit dem Bevölkerungs- und Katastro-
hauptamtlich tätig, Impulse setzen. Wie lebe       phenschutz und die Soziale Arbeit gehören.
ich heute Menschlichkeit, Unparteilichkeit,
Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit,       Möge der DRK-Landesverband Rheinland-
Einheit und Universalität? Und wie beein-          Pfalz weiterhin mit dem 7. Sinn im Herzen
                                                                                                                        sätze
flusst dies mein Handeln und Mitgestalten in       und den 5 Sinnen im „Gepäck“ wirkungsvoll               en   Grund
der Gesellschaft? Und so ist diese 7 im Jubilä-    Gesellschaft mitgestalten - von Menschen für       Sieb
umsjahr fast wie eine kleine Aufforderung, sich    Menschen.
tiefer mit den Grundsätzen zu verwurzeln und
zugleich Menschen zu begeistern, die DRK-
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
14   Menschlichkeit                                                                                                                                        15

Menschlichkeit
                                                                                                                                „
„Was geht mit Menschlichkeit?“ So lautete 2019 die bundes-
weite Kampagne des Jugendrotkreuzes. Sicherlich: Als Rotes
Kreuz sind wir gemäß unserem Gründungsvaters Henry Du-                                                „Wir waren Helfer*innen aus 21 Nationen, damals in
nant der „Hilfe nach dem Maß der Not“ verpflichtet. Natürlich                                        Rumänien. Und haben zusammen Silvester gefeiert. Das
sind wir immer wieder in Krisen- und Notzeiten als Helfende                                          war schön. Viele junge Frauen, die teilweise Kinder und
unterwegs, regional wie weltweit. Doch hilfsbereit zu sein,
heißt nicht zugleich Menschlichkeit zu leben.
                                                                                                   Baby hatten, waren Zimmermädchen in unserem Hotel. Als
                                                                                                   wir unseren Einsatzbefehl nach Bukarest bekamen, haben
         ie können wir Menschlichkeit der          nachbarter DRK-Landesverbände sowie die
                                                                                                   wir beschlossen unsere Notrationen an sie zu verschenken:
 W       Welt schenken? Und wie können wir         Unterstützung vieler helfender Hände und För-    Essen und auch Babynahrung. Sie haben sich sehr gefreut.
         Menschlichkeit im Verband leben?          derer*innen.
Das sind Fragen, die wir uns täglich stellen.
                                                                                                     Am nächsten Tag war die Abreise. Mein Seesack mit der
Doch die Antwort sieht jedes Mal anders aus.                                                       ganzen Bekleidung war weg. Eine Aufregung, wir mussten
Es gibt kein fixes Statut für Menschlichkeit,
sondern nur ein menschliches Handeln aus der
                                                                                                   ja weiter und sind durchs ganze Hotel gerannt. Die Frauen
jeweiligen Situation heraus. Das können ein
                                                                       1.                            hatten den Rucksack aus meinem Zimmer geholt, haben
Lächeln, ein offenes Ohr, ein aufmunterndes
Wort, ein Pflaster, eine Mahlzeit, ein Transport
                                                                                                   meine ganze Kleidung gewaschen, haben sie gebügelt, weil
ins Krankenhaus oder eine pflegende Hand              DRK-Grundsatz: Menschlichkeit                 sie doch die Babynahrung bekommen hatten. Sie wollten
sein. Es sind manchmal die unterstützenden            „Die internationale Rotkreuz- und Rot-
Kleinigkeiten im Alltag, die unser Mitgefühl,         halbmond-Bewegung,         entstanden
                                                                                                                    ihre Dankbarkeit zeigen.“
unsere Solidarität und unseren Respekt mit            aus dem Willen, den Verwundeten
Anderen zeigen.                                       der Schlachtfelder unterschiedslos
                                                      Hilfe zu leisten, bemüht sich in ihrer                             Norbert Günther
Natürlich kann es auch einmal passieren, dass         internationalen und nationalen Tätig-
unsere Unterstützung individuell nicht ganz           keit, menschliches Leiden überall und
passend war. Wir sind eben nicht perfekt, kei-        jederzeit zu verhüten und zu lindern.
ne Held*innen, obwohl wir alles geben, was in         Sie ist bestrebt, Leben und Gesund-           „1989/1990: da spielte das Rote Kreuz eine ganz große
dem jeweiligen Moment möglich ist. Wir Rot-           heit zu schützen und der Würde des
kreuzler*innen sind eben auch nur Menschen,           Menschen Achtung zu verschaffen.
                                                                                                       Rolle. Bei der Aufnahme der Geflüchteten, bei der
Menschen mit Gefühlen, Erfahrungen und ei-            Sie fördert gegenseitiges Verständnis,       menschlichen Unterbringung, gerade am Anfang, als noch
gener Betroffenheit.                                  Freundschaft, Zusammenarbeit und
                                                      einen dauerhaften Frieden unter allen
                                                                                                   alles wild durcheinander ging und nicht so geordnet war.
Die Erfahrungen bei der Flutkatastrophe in den        Völkern.“                                      Es ging um die menschliche Begegnung von Ost- und
Hochwassergebieten im Sommer 2021, vor al-
lem im Ahrtal, haben uns als Rotes Kreuz ge-
                                                                                                                       Westdeutschland.“
zeigt, wie verletzlich wir trotz aller Kompeten-
zen sind. Die Natur hat uns deutlich Grenzen
aufgezeigt. Und so waren wir dankbar für das                                                                          Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
menschliche Dasein vieler Kolleg*innen be-
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
16   Das Gründungsjahr 1947

Das Gründungsjahr 1947
Das Jahr 1947 beginnt mit einem Hungerwinter. Es mangelt an
Nahrung, Heizmaterial u.v.m. Anfang Mai gibt es auf Lebens-
mittelkarten täglich eine dünne Brotscheibe und monatlich 210
Gramm Fett. Der extreme heiße Sommer führt zu Missernten.
Menschen sterben an Mangelernährung und ansteckenden
Krankheiten.

          in weiterer kalter Winter 1947/48       Im Durchgangslager Friedland trifft der erste
                                                                                                                                                              Flüchtlingsfamilie vor DRK-Betreuungsstelle.
     E    verschärft die Situation. Von bis zu
          minus 20 Grad müssen fast 75%
                                                  Transport ehemaliger Rotkreuzschwestern ein,
                                                  die sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft
                                                                                                                                                                 1950er Jahre. Marianne Leib. DRK-Bildarchiv.

aller Industriebetriebe in der amerikanischen     befunden hatten. In Berlin wird die Such-         Boden eine andere Organisation statt des Ro-
Besatzungszone zeitweise stillgelegt werden.      dienst-Verbindungsstelle des Deutschen Ro-        ten Kreuzes. So entstehen örtliche Hilfsstellen
In Berlin werden pro Tag 1.000 Menschen mit       ten Kreuzes gegründet.                            unter Leitung von Vertretern ehemaliger Rot-
Erfrierungen in die Krankenhäuser eingeliefert.                                                     kreuz-Kreisverbände. Sie sind vorwiegend als      Roten Kreuz ist es zu verdanken, dass am 16.
                                                                                                    Nachrichtenstelle zwischen Gefangenen und         April 1947 der Oberkommandierende General
Die amerikanische und britische Besatzungs-       Auf dem Weg zur Gründung des DRK-Lan-             Angehörigen tätig, stellen Nachforschungen        Koenig die Erlaubnis erteilt, in allen Ländern
zone vereinigt sich wirtschaftlich zur Bizone.    desverbandes Rheinland-Pfalz.                     nach vermissten Personen und gewähren Hilfe       der „Zone Francaise d’ Occupation“ eine Ge-
Der US-Außenminister George C. Marshall for-      Nach dem Zweiten Weltkrieg trennen sich die       für Entlassene und Durchwandernde.                sellschaft vom Roten Kreuz zu gründen. Am
dert in einer Rede ein wirtschaftliches Aufbau-   Siegermächte von der Zentral-Struktur des                                                           7. August wird ein vorbereitender Ausschuss
programm für Europa und die Einbeziehung          Deutschen Roten Kreuzes aufgrund des En-          In Rheinland-Pfalz beendet das Auflösungsde-      für die Gründung eines Landesverbandes ge-
Deutschlands auf Basis der gegenseitigen          gagements in der Nazi-Diktatur. Die Mitglieder    kret vom 3. Januar 1946 die Rotkreuz-Arbeit       bildet. Am 12. September 1947 genehmigt die
Hilfe und Hilfestellung der USA (Marshallplan).   des Alliierten Kontrollrates sind sich uneinig    und der soeben erst gegründeten Hilfskomi-        Landesregierung die eingereichten Satzungen.
Die erste „Exportmesse“ Hannover eröffnet.        über den weiteren Umgang mit dem Roten            tees. Für die Einhaltung des Verbots sind die
                                                  Kreuz. In der amerikanischen Besatzungszo-        jeweiligen Landräte verantwortlich. Die Aus-      Orts- und Kreisvereine gründen sich, um auf
Der ehemalige deutsche Boxweltmeister im          ne wird im März 1945 entschieden, dass die        führungsbestimmungen zum Erlass vom April         einer Versammlung den Landesverband ins
Schwergewicht, Max Schmeling, erhält von          Hilfsorganisation ihre Tätigkeiten zunächst       gestatten eine Hilfsgemeinschaft mit anderem      Leben rufen zu können. Die Militärregierung
der US-Militärregierung eine Boxerlaubnis für     fortsetzen darf. Doch bereits am 21. April wird   Namen zu gründen. Am 30. August starten die       weist mit der Verfügung Nr. 22, die die Wieder-
die amerikanische Besatzungszone. Und der         jegliche Aktivität untersagt und der Kranken-     „Gesellschaft für Sanitäts- und Hilfsdienst“ in   herstellung des Vereinsrechts in der französi-
Modemacher Christian Dior stellt seine erste      transport dem staatlichen Gesundheitsdienst       den rechtsrheinischen Gebieten. „Hauptstel-       schen Besatzungszone regelt, ausdrücklich
eigene Kollektion „New Look“ vor. Die erste       übertragen. Dieses Verbot hat auch nach Ab-       len für Sanitäts- und Hilfsdienst“ entstehen in   darauf hin, dass Gründungsmitglieder nicht
Tour de France findet wieder nach 1939 statt.     tritt der rheinland-pfälzischen Gebiete an die    den linksrheinischen Gebieten und der Pfalz.      der NSDAP angehört haben dürfen. Die erste
                                                  Franzosen Bestand. Auf lokaler Ebene wird                                                           konstituierende Sitzung des Vorstandes fin-
Die Entnazifizierung schreitet weiter fort und    einzelnen Rotkreuz-Mitgliedern gestattet, Ge-     Dr. Hans Fuchs wird als Präsident der neuen       det am 2. Dezember 1947 im Oberpräsidium
deren Durchführung wird nun in deutsche Ver-      fangene zu besuchen und Spenden zu vertei-        Organisationen „Gesellschaft für Sanitäts- und    in Koblenz statt. Dr. Hans Fuchs wird als Prä-
antwortung übertragen. Das KZ Ausschwitz          len.                                              Hilfsdienst“ und „Hauptstellen für Sanitäts-      sident (bis 1956), Rudolf Walther, Margarete
wird Gedenkstätte.                                                                                  und Hilfsdienst“ gewählt. Doch beide Organi-      Maur, Hermann Caspers und Eugen Leininger
                                                  Die Notsituation der Nachkriegszeit erfordert     sationen finden in der Bevölkerung lange nicht    in den Vorstand gewählt. Der Generalgouver-
Das Land Rheinland-Pfalz, bereits 1946 ge-        weitere Hilfeleistungen. Im Oktober 1945 ge-      den gleichen Zuspruch wie das Rote Kreuz.         neur der Militärregierung gibt am 6. Dezember
gründet, erhält von der Mehrheit der Bevölke-     nehmigt der damalige Gouverneur Monsieur          Den Bemühungen von Dr. Fuchs mit Unter-           1947 sein Einverständnis zur Gründung des
rung die Zustimmung für seine Verfassung.         Billot auf Bitten des Regierungspräsidenten Dr.   stützung des Internationalen Komitees vom         Roten Kreuzes in Rheinland-Pfalz. Damit wird
75 Jahre: Miteinander stark. Füreinander da - DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
18   Das Gründungsjahr 1947                                                                                      19

auch die Gründung der Ortsvereine und Kreis-   rungsreform im Juni führt das rheinland-pfäl-
verbände, der Bezirksverbände und des Lan-     zische Rote Kreuz erste Spendensammlungen
desverbandes gestattet.                        durch. Mitgliedsbeiträge, Einzel- und Sach-
                                               spenden helfen über die Verluste des Roten
Am 29. Dezember folgt die erste Mitglieder-    Kreuzes hinweg, die sich durch Zerstörung
versammlung im Koblenzer Rathaus. Die 269      von Gebäuden, Abgabe und kriegsbedingtem
Delegierten, die insgesamt 13.450 Mitglieder   Ausfall von Krankenwagen, die Umstellung
vertraten, beschließen sämtliche Anstalten,    von Reichsmark in Deutsche Mark ergaben.
Vereinigungen und Einrichtungen des Roten      Auch französische Soldaten und ihre Familien
Kreuzes zum Landesverband Rheinland-Pfalz      beteiligen sich am Aufbau des Roten Kreuzes.
zusammenzuschließen. Einstimmig werden         General Koenig spendet 50.000 Mark für die
die Satzung des Landesverbandes und die        Flüchtlingshilfe. Französische Schulen sam-
Mustersatzungen der Orts- und Kreisvereine,    meln Kleidung für Flüchtlingskinder. Dazu
der Bezirksverbände und der Schwestern-        kommt die Spende von fünf Tonnen Kleidungs-
schaften verabschiedet und die Wahl des Lan-   stücke und 48 Tonnen Lebensmittel.
desbeirates verbindlich festgelegt.

Ministerpräsident Peter Altmeier teilt noch
am 30. Dezember 1947 mit, dass die Satzung
des Roten Kreuzes Rheinland-Pfalz vom In-
nenministerium wie von der Militärregierung
genehmigt ist und das Rote Kreuz nun seine
Tätigkeit landesweit wieder aufnehmen kann.
Sitz des neuen Landesverbandes ist Koblenz,

                                                                        „
                                                                                                          1947
dessen hauptamtliche Geschäftsführung Hans
Scheuren (bis 1959) übernimmt.

Am 19. Mai 1948 erkennt das Internationale
Komitee vom Roten Kreuz den DRK-Landes-
verband Rheinland-Pfalz an. Nach der Wäh-                Das DRK ist so ein
                                                         Uhrwerk. Jede*r ist
                                                         eines dieser Räder,
                                                          egal ob groß oder
                                                          klein, sie greifen
                                                             ineinander.

                                                                 Harry Dinges

                                                 Verteilung von Schuhen an Flüchtlinge und Vertriebene.
                                                 Nach 1945. Hans Müller. DRK-Bildarchiv.
20    Unparteilichkeit                                                                                                                                        21

Unparteilichkeit
Kann das überhaupt gelingen, unparteilich zu sein? Wie schwer
fällt das im Alltag? Schiedsrichter*innen müssen beim Fuß-
ballspiel unparteiisch sein. Und wir als Rotes Kreuz haben uns
ebenfalls dazu verpflichtet.

                                                                                                                           „
          s ist ein hohes Ideal, unvoreingenom-
       E  men, von unterschiedlichen Perspek-
          tiven objektiv und sachlich auf eine
Situation zu schauen und dann zu handeln.                           2.
Diesen unparteilichen Blick einzunehmen und
klar zu erkennen, wer jetzt dringender das
Blut nach einem Gewaltakt braucht, der Täter                                                   „Ich achte, dass jemand anders ist als ich. Ich behaupte
oder das Opfer. Das kann emotional berüh-          DRK-Grundsatz: Unparteilichkeit
ren. Manchmal widerstrebt es persönlich, mit       „Die Rotkreuz- und Rothalbmond-
                                                                                              nicht, das ist schlechter, das ist besser. Ich achte einfach,
diktatorischen Staatsoberhäuptern zu konfe-        bewegung unterscheidet nicht nach         dass das jetzt so ist und bitte, dass das für mich das einfach
rieren. Doch nur so besteht die Chance, dass       Nationalität, Rasse, Religion, sozialer
z.B. Kriegsgefangene Kontakt zu ihren Ange-        Stellung oder politischer Überzeu-
                                                                                               anders ist. Gegenseitiger Respekt und Achtung ist das A
hörigen oder Briefe erhalten.                      gung. Sie ist einzig bemüht, den Men-           und O. Das ist etwas Entscheidendes, finde ich.“
                                                   schen nach dem Maß ihrer Not zu hel-
Es erfordert einen starken Willen, Demut und       fen und dabei den dringendsten Fällen
Toleranz, sich von Diskriminierung und Vor-        den Vorrang zu geben.“
urteilen zu lösen. Einmal dafür entschieden,                                                                          Elke Günther
ist es ein lebenslanger Prozess, sich als Rot-
kreuzler*in darin zu verfeinern. Vielleicht gibt
es schon heute Momente, in denen die Ruhe
und Gelassenheit zu spüren ist, die mit dieser
unparteilichen Haltung verbunden ist. Auch
wenn es „nur“ während des Sanitätsdienst-
einsatzes im Fußballstadion ist, wenn man als
Fan der Heimmannschaft, einem verletzten
Gegner hilft.
Suchdienst, DRK-Mitarbeitende und Hilfesuchende. 1955. DRK-Bildarchiv.
                                                                                 hilfsbereit
                                                                         Stationen der Geschichte
                                                                                                    23
24   Stationen der Geschichte                                                                                                                                25

Stationen der Geschichte
                                                                                                                                 „
75 Jahre. Miteinander stark: hilfsbereit.
                                                                                                         „Und das muss ich sagen, wenn richtig Not war,
Hand in Hand, immer an der Seite von Menschen, einfach
                                                                                                        es so richtig gravierend war, waren sie alle da. Der
da sein, wenn es nötig ist, das zeichnet das Rote Kreuz                                                Zusammenhalt war wahnsinnig gut – auch mit den
aus, egal ob ehren- oder hauptamtlich. Schauen wir auf die                                          anderen Hilfsorganisationen. Und die Zusammenarbeit, die
rheinland-pfälzische Anfänge nach 1947 sind es zunächst die
                                                                                                                      hat immer gut geklappt.“
ehrenamtlichen Rotkreuzler*innen, die unermüdlich hilfsbereit
sich für Andere engagieren. Einige der Meilensteine auf dem
                                                                                                                             Inge Geers
Weg der Rotkreuzgemeinschaften, des Bevölkerungs- und
Katastrophenschutzes, des Suchdienstes, der Blutspende,
stellen wir vor. Erlebnisse von Zeitzeug*innen lassen spüren,
wie der Herzensauftrag „füreinander dasein“ im rheinland-
pfälzischen Roten Kreuz gelebt wird.                                                                                             „

                                                                                                      „Die Ausbildung ist so wichtig, nicht nur in der Theorie,
                                                                                                      sondern auch in der Praxis auffrischen. Das hilft für die
                                                                                                     Einsätze. Das Emotionale, das ist nicht zu unterschätzen.
       Immer hilfsbereit:                        1948. Flüchtlinge, Schulspeisung, Unfallhil-
                                                                                                    Und deshalb braucht man hinterher eine Nachbesprechung.
                                                 festellen und erste Einsätze.                           Man muss sich mit den Leuten zusammensetzen,
            Bereitschaften                       Bis 1948 führen rund 580 ehrenamtliche Hel-
                                                                                                     Verbesserungen rausfinden, wie man Einsätze optimieren
                                                 fern Flüchtlingstransporte durch und betreuen
                                                 dabei rund 3.900 Personen. Ehrenamtliche             kann. Denn jeder Einsatz ist anders und der Mensch ist
                                                 geben zudem auf drei Bahnhöfen an Verpfle-
1948. Rotkreuzler*innen kümmern sich um          gungsstellen Essen aus. Und das Rote Kreuz
                                                                                                      keine Maschine. Er/Sie ist ein Individuum und reagiert
Kriegsheimkehrer.                                beteiligt sich an der Schulspeisung. Die Be-          anders. Es braucht auch die Gemeinschaft. Denn wenn
Die Versorgung und Betreuung von Kriegs-         reitschaften unterhalten landesweit 607 Un-
heimkehrern und Kranken steht Ende der           fallhilfestellen an Straßen und leisten dort wie
                                                                                                    man sich kennt, fällt es einem leichter, sich mit jemandem
40iger Jahre im Fokus: In Neuwied, Mainz und     auch bei Sport- und Theaterveranstaltungen          auszutauschen. Irgendwo gibt es immer Hilfe, wenn man
Birkenfeld entstehen eigene Krankenhäuser        Erste Hilfe. Die Explosion eines Kesselwagens
mit insgesamt 465 Betten. Ein Teil der Betten    bei BASF am 28. Juni 1948, bei der 210 Men-
                                                                                                        auch im Moment keine Aussicht sieht. Man muss die
in Birkenfeld ist als Kindersanatorium für Tu-   schen starben und rund 3.000 Menschen ver-          Situationen so nehmen wie sie sind und das Beste daraus
berkolosekranke vorbehalten. Für Spätheim-       letzt wurden, erfordert den ersten Großeinsatz
kehrer wird am 1. Juni ein eigenes Erholungs-    des Roten Kreuzes mit knapp 190 Rotkreuz-
                                                                                                                     machen, was möglich ist.“
heim in Manderscheid errichtet.                  lern. Es folgen weitere Katastropheneinsätze
                                                                                                                            Edith Weingart
26   Stationen der Geschichte                                                                                                                                  27

wie das Eisenbahnunglück in Neuwied oder
die Explosion eines mit Sprengstoff gefüllten
                                                    dedienst, Technischer Dienst und Wasser-
                                                    wacht. Über 30 Gruppen mit 200 Ehrenamt-
                                                                                                                                               „
Stollens auf dem Prümer Kalvarienberg am 15.        lichen aus 16 DRK-Kreisverbänden zeigen ihr
Juli 1949 – ein Einsatz, der 42 Tage andauert.      Können, wenn es um Erste Hilfe, Geschicklich-
Für solche unvorhergesehenen Einsätze hält          keit, Teamarbeit, Genfer Rotkreuz-Abkommen,
der Landesverband landesweit verteilt elf Zel-      Karten- oder Geländekunde geht. Gesamtsie-          „Man wusste es gar nicht, hat es nicht erkannt, dass es
te mit 25 Betten und knapp 500 Tragen bereit.       ger ist der DRK-Ortsverein Bellheim im DRK-
                                                    Kreisverband Germersheim.
                                                                                                       so etwas gibt, vielleicht hat man es sogar verdrängt und
                                                                                                     gesagt, dass ist ein Weichei. Also hat niemand etwas gesagt.
1966. Zum Aktiven Dienst zusammengeführt.           Neue Wege beschritt bereits 1987 der DRK-
Staatssekretär a.D. und rheinland-pfälzischer       Bezirksverband Trier mit dem 1. Bezirkshelfer-
                                                                                                     Das war so, fertig ab, Ende. Und heute weiß man, dass man
DRK-Präsident Robert Hartmann führt 1966            tag, dem 1988 und 1989 weitere folgten. Ab                         über Einsätze reden muss.“
die männlichen und weiblichen Bereitschaf-          1989 führten die Bezirksverbände Rheinhes-
ten zum Aktiven Dienst zusammen. Bis dahin          sen-Pfalz und Koblenz diese Wettbewerbsform                                            Klaus Mühlbeier
waren die Bereitschaften und die Aufgaben-          ebenfalls ein. Der Wettbewerb des Bezirksver-
gebiete strikt voneinander getrennt: Frauen         bandes Koblenz in Ahrweiler wurde allerdings
kümmerten sich in der Nachkriegszeit vor al-        abgesagt, da der geplante Wettbewerbsort,
lem um Menschen in sozialen Notlagen. Dazu          die Katastrophenschule des Bundes, im Okto-
gehörten u.a. das Verteilen von Care-Paketen        ber 1989 mit Übersiedlern belegt war.
und die Betreuung von Kriegsheimkehrern. Die
männlichen Bereitschaften engagierten sich          Viele Landeshelfertage folgen und mit neuem
vorwiegend bei Sanitätsdiensten und im Kran-        Konzept der Rotkreuz-Erlebnistage sind die
kentransport. Einsatzbereiche des Aktiven           Wettbewerbe für die rheinland-pfälzischen
Dienstes waren Blutspende, Krankentrans-            Rotkreuzler*innen jedes Jahr ein freudiges Er-
port, Erste Hilfe-Ausbildung (bereits seit 1953),   eignis.
Katastrophenschutz, Kreis-Auskunftsbüros,
Sanitätsdienst sowie soziale Dienste.
                                                    1995. DRK-Bergwacht ausgebaut.
Als Sanitätshilfe-Korps fanden sich bereits         Die DRK-Bergwacht Rhein-Hunsrück gründet
1866 in Kaiserslautern Freiwillige zusammen.        sich. Sie ist eine von insgesamt drei Berg-
Unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ent-            wacht-Gruppen in Rheinland-Pfalz. Auch die
stand ein Männer- und Frauenverein 1870/71          Ortsgruppen Bingen (Kreisverband Mainz-Bin-
in Zweibrücken. Neue Sanitätskolonnen bilde-        gen) und Rotenfels (Kreisverband Bad Kreuz-
ten sich 1875, die sich zum Teil unabhängig         nach) kümmern sich um Unglücksfälle, Ka-
vom Roten Kreuz in Sanitäts-, Transport- und        tastrophen und die Rettung Verunglückter in
Lagerdiensten engagierten. Es folgten regel-        unwegsamem Gelände.
mäßige Hilfeleistungen bei Veranstaltungen,
Festlichkeiten und Krankentransporten.
                                                    2005. Zusammenarbeit mit chemischer
                                                    Industrie gestartet.
1990. Erster Landeshelfertag durchgeführt.          Das Rote Kreuz arbeitet seit 2005 mit dem Ver-
Der 1. Landeshelfertag findet vom 22. bis 24.       band der Chemischen Industrie zusammen.
Juni 1990 in Gerolstein statt. Erstmalig nehmen     Ziel ist es langfristig, DRK-Einsatzgruppen
alle Fachdienste des DRK-Landesverbandes            (UEBI-Gruppen) im Rahmen des Transport-          Einsatzübung.
Rheinland-Pfalz teil: Sanitätsdienst, Fernmel-      Unfall-Informations- und Hilfeleistungssys-      1958. Lotte Müller. DRK-Bildarchiv.
28   Stationen der Geschichte                                                                                                                                   29

tems (TUIS) der Chemischen Industrie zu
bilden. Dieses System leistet schnell und un-
                                                      hen im Rahmen der internationalen DRK-Hilfe
                                                      nach dem Wirbelsturm in Myanmar (April 2008)
                                                                                                                                   „
bürokratisch technische Hilfe bei Transport-          und nach dem Erdbeben in Haiti (Januar 2010)
und Lagerunfällen mit Chemikalien. Es ist eine        in den Einsatz. Sie koordinieren Hilfsmaßnah-
freiwillige Initiative der Werksfeuerwehren der       men, unterstützen mobile Rotkreuzhospitale
Chemischen Industrie zur technischen Unter-           beim Aufbau wie bei der Versorgung.             „Der Fernmeldedienst ist wichtig, um die Kommunikation
stützung. Bislang bot TUIS telefonische Bera-
tung, technische Hilfe mit Mannschaft, Gerät
                                                                                                         aufzubauen. Früher geschah das mittels riesengroßer
und Beratung an der Unfallstelle an. Ein zu-          2019. Länderübergreifende Übung in              Funkgeräte. Das war ja noch alles analog. Heute sind das
sätzliches Hilfeleistungs-Modul zur Informa-          Mannheim.
tion und Betreuung der von einem Gefahren-            Beim Search und Rescue Day RLP treffen sich
                                                                                                        kleine tragbare Geräte, die hundertmal wirkungsvoller
gutunfall vor Ort betroffenen Menschen soll in        im Sommer die DRK-Rettungshunde-staffeln            sind. Die Funkgeräte stellen Verbindungen zwischen
Kooperation mit dem DRK angeboten werden.             des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz,
Die neuen DRK-Einsatzgruppen sollen dann              die Bereitschaft und Rettungshundestaffel
                                                                                                          verschiedenen Standorten und den Fahrzeugen her.
die Betroffenen medizinisch versorgen und in          Mannheim sowie die Höhenrettungsgruppe             Und der Kabelbau ist notwendig. Das sind zweiadrige
der konkreten Situation betreuen.                     der Feuerwehr Mannheim zu einem ersten
                                                      gemeinsamen länderübergreifenden Training.
                                                                                                       Litzen auf einer Spule, 800 Meter lang, die man auf dem
                                                      Das Highlight in der SAP Arena Mannheim war         Rücken hat. Dann zieht man das Kabel und hängt es
2006. „Team Ausland“ geht an den Start.               die Abseilübung der Höhenrettungsgruppe mit
Auslandseinsätze bedürfen besonderer Qua-             einem Hund – eine Übung, die in der Realität
                                                                                                         in Bäume, an Laternen. Am Ende kommt das Telefon,
lifikationen und Fähigkeiten. Gemeinsam mit           vor allem bei Trümmereinsätzen Anwendung          das funktioniert, wenn man an einer Kurbel dreht. Ein
dem DRK-Generalsekretariat hat der DRK-               findet. Die Teilnehmenden durchlaufen sieben
Landesverband Rheinland-Pfalz Eignungs-               Stationen mit unterschiedlichem Aufgaben-
                                                                                                       richtig schönes, altes Telefon. Das Drehen an der Kurbel
tests durchgeführt. Rund 20 Rotkreuzler*innen         profil, u.a. Vermisstensuche und sanitäts-        sagt der Vermittlungsstelle, da will jemand etwas. Die
haben diese bestanden und sind seit 2006 in           dienstliche Versorgung.
das neue Team Ausland berufen. Ihr Wissen
                                                                                                                       Vermittlungsstelle spricht:
und Können erweitern sie ständig durch re-            Der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz ver-
gelmäßige Ausbildungen und Fachtagungen.              fügt zu diesem Zeitpunkt über 11 Rettungs-
Rotkreuzler*innen aus dem Team Ausland ge-            hundestaffeln mit über 150 Mitgliedern, 34       Hier Vermittlungsstelle – wen wollen sie sprechen? Ich
                                                                               Flächen- und 5
                                                                               Trümmerhunden.
                                                                                                                   hätte gern die Einsatzleitung.

                                                                                Anmerkung: Mehr          Dann hat man so ein Stück Kabel mit einem Stecker
                                                                                noch zu finden
                                                                                unter „Station
                                                                                                           genommen und durch Drehen der Kurbel hat die
                                                                                Miteinander stark:    Vermittlungsstelle dann die Verbindung zur Einsatzleitung
                                                                                einsatzbereit.“
                                                                                                      aktiviert. Heute gibt es ja den Digital-Funk. Ein Funkgerät
                                                                                                      damals kostete 7.000 D-Mark. Heute kostet das Gerät 400
                                                                                                        Euro. Früher hatten wir als Ortsverein vier Funkgeräte,
                                                                                                                         heute sind wir bei 20.“
                                                                                                                             Wolf-Ingo Heers

Team Ausland: Hilfstransport. 2013. DRK-Bildarchiv.
30   Stationen der Geschichte                                                                                                                                    31

                                                  einheiten. Bis 1997 entstehen 38 SEG-Ein-
                                                  satzgruppen als wesentlicher Bestandteil der
                                                                                                                                  „
                                                  Gefahrenabwehr in Rheinland-Pfalz.

       Immer hilfsbereit:                         1994. Übung Nibelungen 94 erfolgreich.             „Katastrophenschutz ist ein realistisches Instrument. Wenn
                                                  Die Hilfszugabteilung III in Sprendlingen er-
      Bevölkerungs- und                           probt vom 12.-15. Mai 1994 bei der Übung „Ni-
                                                                                                        unsere 30 DRK-Kreisverbände in Rheinland-Pfalz für
      Katastrophenschutz                          belungen 94“ in Worms seine Einsatzfähigkeit.       einen großen Einsatz zusammengezogen werden, dann
                                                  Ziel der Übung ist es, den Leistungsstand der
                                                  eingesetzten Helfer*innen und Führungskräfte
                                                                                                       ist das ein riesiges Potential, an Helfer*innen, Material
                                                  zu überprüfen. Rund 1.000 Einsatzkräfte, Mi-          und Fahrzeugen. Doch ohne finanzielle Unterstützung
1953. Hilfszug findet in Sprendlingen sei-        men, Kooperationspartner*innen und Gäste
nen Standort.                                     sind an der Übung beteiligt. Registrierung aller
                                                                                                             oder Maßnahmen der Bundesländer wird der
Die Hilfszugsabteilung III als eine von bundes-   Einsatzkräfte, der Verletzten und Betroffenen,     Katastrophenschutz schlicht und ergreifend auf Dauer nicht
weit zehn Hilfszuglagern des Deutschen Roten      Verpflegung, Betreuung, Einrichtung eines ei-
Kreuzes wird 1953 in Sprendlingen unterge-        genen Stromnetzes und der Einsatz der Trink-
                                                                                                     überleben. Er muss überleben, weil er zwingend notwendig
bracht. Die Hauptaufgabe des Hilfszuges ist       wasseraufbereitungsanlage werden geprobt.           ist. Im Moment leisten die Hilfsorganisationen dies alles
es, Betroffene zu versorgen, unterzubringen
und zu verpflegen. Pro Hilfszug wird eine Pfle-   Die Hilfszugabteilung III als überregionale Ein-
                                                                                                               mit großem Bravour und Enthusiasmus.“
gestation mit 90 Betten zu sanitätsdienstlichen   satzreserve ist 1994 personell und materiell
und pflegerischen Betreuung von Kranken und       so ausgestattet, dass sie in der Lage ist, bis                           Giesbert Wiethoff
Verletzten vorgehalten, die jederzeit in den      3.000 Personen/Betroffene zu versorgen, un-
Einsatz gehen können. Weitere Aufgaben be-        terzubringen und zu verpflegen. Zur Ausstat-
stehen u.a. in der Strom- und Trinkwasserver-     tung gehören: je 3.000 Luftmatratzen, Schlaf-
sorgung, Aufbau eines Kommunikationsnetzes        säcke, 9 Feldkochherde, 1 Küchenwagen,
und Hilfsmaßnahmen von Fachdiensten. Über
300 Helfer*innen des Aktiven Dienstes stehen
                                                  Trinkwasseraufbereitungsgeräte,       Notstrom-
                                                  aggregate, Zelte, Wasch- und Spülanlagen
                                                                                                                                  „
im Falle von Katastrophen, Notständen und         und Nottoiletten. Damit die Hilfszugabteilung
Konflikten dafür zur Verfügung.                   autark handeln kann, verfügt sie über einen
                                                  Fernmeldezug, der sowohl drahtgebundene
Mit dem DRK-Hilfszug III sind somit mobile        Kommunikation über Feldkabelbau als auch             „Wir waren so ein Katastrophenzug, ein SAN-Zug, mit
Einsatzreserven geschaffen, die Aufgaben bei      Funkkommunikation sicherstellen kann.
größeren Katastrophen im In- und Ausland
                                                                                                        50 Leuten. Bis die alle alarmiert waren. Damals hatte
übernehmen.                                                                                            man keinen Piepser oder Rufmelder, sondern es musste
                                                  2007. ZELK in Betrieb.
                                                  Staatssekretär Roger Lewentz, der rheinland-
                                                                                                      telefonisch angerufen werden. Zwei, drei Stunden hat es
1991. Konzept für Katastrophenschutz ent-         pfälzische DRK-Präsident Rainer Kaul und             gedauert bis der Zug ausrücken konnte. Später hat man
wickelt.                                          Landesbereitschaftsleiter Rainer Hoffmann
Der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz legt        nehmen im Jahr 2007 die Zentrale Einrichtung
                                                                                                       Schnelleinsatzgruppen gebildet, kleinere Einheiten, die
1991 ein Konzept für Schnelleinsatzgruppen        Landesvorhaltung Katastrophenschutz (ZELK)              flexibel, schneller am Einsatzgeschehen waren.“
(SEG) im Rahmen des Katastrophenschutzes          in Sprendlingen in Betrieb. Die ursprüngliche
vor. Dieses Konzept schließt die Versorgungs-     Hilfszugabteilung III des Roten Kreuzes ist nun                           Klaus Mühlbeier
lücke bezüglich Einsatzzeiten zwischen dem        mit drei Behandlungsplätzen 150 und Material
Rettungsdienst und den Katastrophenschutz-        für bis zu 1.500 Betroffene ausgestattet. Rund
32   Stationen der Geschichte                                                                                                                              33

50 Rotkreuzhelfer*innen können im Einsatzfall     Hochwasser im Osten und Süden Deutsch-
die Behandlungsplätze in zwei bis drei Stun-      lands. Das Hochwasser in Mitteleuropa von
den aufbauen und das notwendige Material in       Ende Mai bis Anfang Juni wird durch tagelan-
bis zu 4 Stunden an jeden Ort in Rheinland-       ge Regenfälle atmosphärischer Flüsse verur-
Pfalz transportieren.                             sacht. Insgesamt kommt es in sieben Ländern
                                                  zu schweren Überflutungen.
                                                                                                                                  „
2012: K-Vorschrift: DRK beteiligt an MTF.
Mit der Krisenmanagement-Vorschrift wird          2017. Multikopter im Einsatz.
2012 auch in Rheinland-Pfalz eine einheitliche    Bei Großschadenslagen und zur Absiche-
und verbindliche Regelung des Roten Kreuzes       rung von Großereignissen wie beispielsweise                         1970. Erdbeben in der Türkei
im Bevölkerungsschutz und der Katastrophen-       dem Tag der Deutschen Einheit 2017 in Mainz
hilfe geschaffen. Die Medizinische Task Force     kann das DRK zusätzlich zu Materialien der
(MTF) ist dabei Kernelement des Ausstat-          Zentralen Einheit Landesvorhaltung Katastro-          „Bei dem schweren Erdbeben in der Türkei 1970 war
tungskonzeptes des Bundes. Das rheinland-         phenschutz (ZELK) nun auch auf Multikopter              alles zerstört. Wir hatten den Auftrag vom DRK-
pfälzische Rote Kreuz ist in der MTF beteiligt    zurückgreifen. Diese können im Bedarfsfall live
und erarbeitet gemeinsam mit den anderen          Bilder in einer Höhe von 100 Meter übertragen.     Generalsekretariat erhalten, die Trinkwasseraufbereitung
Hilfsorganisationen die Module „Dekontami-        Der Mulitkopter übernimmt damit die Arbeit         zu übernehmen. Bei solchen Naturkatastrophen ist meist
nation“ und „Logistik“. In Rheinland-Pfalz sind   der Menschen, die sich früher möglicherwei-
drei MTF mit jeweils 110 Helfer*innen und über    se in eine Gefahrenzone begeben mussten.              das erste, was es nicht mehr gibt, Strom und Wasser.
20 Fahrzeugen stationiert.                        So erleichtert das Gerät u.a. Verschüttete,         Über Wochen haben wir Trinkwasser gefiltert. Es waren
                                                  Bewusstlose oder Brandherde zu finden. Der
                                                  Einsatz des Multikopters ist nach §21a Luft-        transportable Filter-Anlagen. Die waren in einem VW-
2013: ZELK im Hochwasser-Einsatz.                 verkehrs-Ordnung nur mit Aufstiegserlaubnis          Bus installiert. Wir haben das Wasser aus einem Teich,
Die Zentrale Einheit Landesvorhaltung Katas-      der zuständigen Luftfahrtbehörde und dem
trophenschutz (ZELK) unterstützt mit Betten,      Kenntnisnachweis des Piloten möglich.             Brunnen angepumpt, durch Filteranlage gedrückt und dann
Decken, Kopfkissen und Hygienesets beim                                                              sauberes Wasser erhalten. Dann kam die türkische Armee
                                                                                                     und wir haben aus den 3.000-Liter-Tanks Wasser in die
                                                                                                      LKWs reingepumpt. Dann fuhren diese zu verschiedenen
                                                                                                       Zapfstellen, wo sich die Bevölkerung das Trinkwasser
                                                                                                      holen konnte. Die Trinkwasseraufbereitung kam auch in
                                                                                                      Nord-Afrika zum Einsatz – als Milchkuh. Wasser wurde
                                                                                                    mit Milchpulver vermischt und dann für die Bevölkerung in
                                                                                                                    Tetra-Pack-Beutel abgefüllt.“
                                                                                                                        Manfred Schumacher

Behandlungsplatz 50. 2013. DRK-Bildarchiv RLP.
34   Stationen der Geschichte                                                                                            35

                                            „
                                                              Wir waren mit zwei Einheiten vier Wochen dort. Es war ein
                                1970. Erdbeben in der Peru.   interessanter Einsatz. Wir haben viel gelernt, auch weil der
                                                               Einsatzort in 3.200 Höhenmeter sehr schwierig war. Mit
  „Kunststoff-Iglus haben wir beim schweren Erdbeben in        den Dieselaggregaten hatten wir echt Probleme, einfach
   Peru 1970 gebaut. Bayer Leverkusen hat sie damals ge-        weil die Luft dort oben in Anden so dünn war. Wenn sie
   meinsam mit dem Roten Kreuz entwickelt. Auf einer Art                 dann liefen, liefen sie den ganzen Tag.
 Karussell wurde Kunststoff aufgeblasen. Zwei Komponen-
  ten wurden gemischt und dann gespritzt. Wie, wenn man
                                                              Wasser haben wir natürlich selbst gefiltert. Auf einem Ge-
 so eine Torte spritzt. Das wurde dann hart. Die Wandstär-
                                                              stell in zwei Meter Höhe lag dann der 3.000 Liter Wasser-
  ke von diesem Iglu war ca. zehn Zentimeter, Durchmesser
                                                                tank. Der wurde von der Sonne schön gewärmt, so dass
   sechs Meter, Höhe bis drei Meter. Fenster, Türen wurden
                                                              man auch mal duschen konnte. Nachts haben wir bei zehn
reingeschnitten. Wir brauchten 50 Leute, um ein Iglu hoch-
                                                                                 Grad minus gefroren.
zupacken, wegzutragen und dann auf den passenden Platz
  zu stellen. Außen wurden die Iglus aus Brandschutzgrün-
den noch mit Schieferfarbe bespritzt. Vielleicht so 300-400   Auf dem Hinflug hatten wir in New York vier Stunden Auf-
 Iglus haben wir für die betroffenen Familien gebaut. Dann     enthalt. Kein Dollar in der Tasche. Wir haben dann in der
   haben wir noch eine Zentralheizung reingestellt und sie      Flughafenhalle gesessen und deutsche Lieder gesungen.
                        waren glücklich.                      Touristen haben uns paar Dollar gegeben, so dass wir uns
                                                                           was zu trinken kaufen konnten.“
                                                                                   Manfred Schumacher
36   Stationen der Geschichte                                                                                                                              37

                                                  300.000 Zuschauer*innen schnell und effektiv
                                                  Hilfe leisten zu können.

                                                  1982. Aufbauhilfe in Italien geleistet.
       Immer hilfsbereit:                         Knapp 100 ehrenamtliche Rotkreuzhelfer*in-
         Großeinsätze                             nen aus Rheinland-Pfalz leisten 1982 Aufbau-
                                                  hilfe nach der Erdbebenkatastrophe in Italien.                                „
Die Bereitschaften sind bei unzähligen ört-
lichen und regionalen Einsätzen aktiv. Ihr En-    1982. Medica-Sozialstation im Jemen auf-
gagement ist dabei von unschätzbarem Wert.        gebaut.
Sie leisten oftmals mit der DRK-Wasserwacht,      Nach dem Erdbeben im Jemen errichten Rot-                              1980. Papstbesuch.
dem Jugendrotkreuz, Helfer*innen anderer          kreuzler*innen aus Rheinland-Pfalz und dem
Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfs-       Saarland bei ihrem zehnwöchigen Einsatz eine
werk, der Feuerwehr und der Bundeswehr            Medica-Sozialstation mit Behandlungs- und
einen großartigen Dienst bei Großschadens-        Bettentrakt in Fertigbauweise.                       „Der Papst kam ja 1980 auf den Flugplatz in Mainz-
lagen wie auch in der Auslandshilfe. Einige der
Großeinsätze sind hier benannt, die auch bei
                                                                                                    Finthen, der damals noch von den Amerikanern verwaltet
den Zeitzeug*innen Erinnerungsspuren hinter-      1988. Großeinsatz in Ramstein.                       wurde. Ein riesengroßes Gelände auf diesem Flugfeld
lassen haben.                                     Bei einer Vorführung auf dem Flugplatz in
                                                  Ramstein am 28. August 1988 stoßen drei
                                                                                                    wurde geebnet. Vielleicht waren 200.000 Besucher*innen
                                                  Flugzeuge zusammen und stürzen ab. Rund             dort. Die mussten alle sanitätsmäßig betreut werden.
1959. Im Einsatz bei Heilig-Rock-Wallfahrt.       1.000 Personen aus vier Nationen sind be-
Täglich sind rund rheinland-pfälzische 400 Hel-   troffen. Helfer*innen des Kreisauskunftsbüros
                                                                                                      Die Zufahrtswege und ganze Infrastruktur – da waren
fer*innen bei der Heilig-Rock-Wallfahrt im Ein-   des DRK-Kreisverbandes Kaiserslautern-Land        paar hundert Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Roten
satz. Vom 19. Juli bis 20. September 1959 pil-    sind vor Ort, um zu unterstützen, Verletzte und
gern rund 3,7 Mio. Wallfahrer*innen nach Trier.   Tote zu registrieren und Suchanfragen nach
                                                                                                    Kreuzes im Einsatz. Wir standen an der Strecke und haben
Mit Unterstützung benachbarter DRK-Landes-        Vermissten nachzugehen. Zusätzlich schaltet        Leuten das Essen gebracht, das wir in der Nähe mit den
verbände und dem DRK-Generalsekretariat in        der DRK-Kreisverband Kaiserslautern-Stadt
Bonn stehen insgesamt 2.340 Ehrenamtliche         drei Telefonleitungen, die für 3 Tage und Näch-
                                                                                                      Feldküchen gekocht hatten. Verpflegung und 160 Zelte
zur Verfügung. An acht Sanitätsstationen leis-    te besetzt sind. Die bislang letzte Suchanfrage      haben wir auch anlässlich des Papstbesuches auf der
ten sie Hilfe für rund 14.000 Menschen. Weite-    geht am 5. Juni 1997 beim DRK-Kreisverband
re 35.000 Hilfeleistungen gewähren die Rot-       Kaiserslautern-Land ein.
                                                                                                      Loreley aufgebaut. Dort hatten die Jugendlichen zwei
kreuzhelfer*innen bei der Begleitung von über                                                             Nächte übernachtet und auch Messe gefeiert.“
5.800 Prozessionen durch Trier. Auch 1996         Das Unglück von Ramstein ist bedeutsamer
und 2012 engagiert sich das Rote Kreuz mit        Auslöser, Notfallnachsorgeteams einzurich-
einer großen Anzahl ehrenamtlicher Helfer*in-     ten. Lange Zeit war unterschätzt worden, dass
nen bei der Heilig-Rock-Wallfahrt.                nicht nur verletzte Körper, sondern auch die                          Manfred Schumacher
                                                  Psyche nach traumatischen Erfahrungen, Be-
                                                  treuung braucht. Die Psychosoziale Notfall-
1980. Großeinsatz beim Papstbesuch.               nachsorge (PSNV) arbeitet in enger Koope-
Über 800 Helfer*innen sind 1980 beim Be-          ration mit Rettungsdienst, Seelsorger*innen,
such Papst Johannes Paul II. auf dem Flug-        Ärzt*innen, Krankenhäusern und Pflegediens-
platz in Mainz-Finthen im Einsatz, um bei etwa    ten zusammen. 1999 gibt es bereits neun Not-
38   Stationen der Geschichte                                                                                            39

                                           „                                                  „

                                1982. Erdbeben in Italien.                1985. Besuch des amerikanischen Präsidenten.

     „Es gab ein schweres Erdbeben 1980 im Süden von            „Der damalige amerikanische Präsident Ronald Reagan
    Italien. Innerhalb von 60 Sekunden Erdbeben gab es           besuchte 1985 das Hambacher Schloss. Er hielt an der
   350.000 Obdachlose. Und dann haben das Italienische           Wiege der Demokratie eine große Rede an rund 5.000
 und Deutsche Rote Kreuz Spenden gesammelt. Wir haben           Jugendliche. Es war ein sehr heißer Tag, daran erinnere
Holzhäuser gebaut. Vermehrt wohnten die Obdachlosen in        ich mich noch. Das Rote Kreuz war da, um bei Bedarf Erste
 Garagen oder Wohnwagen. Fast eine sechsstellige Zahl an      Hilfe zu leisten. Das zu organisieren war schon eine große
  Wohnwagen ist aus ganz Europa dort hinuntergeschafft         Herausforderung. Die Zusammenarbeit mit den anderen
   worden. Sonntags hatten wir frei und haben eine Tour        wichtigen Rettungsorganisationen war da ganz wichtig.
durch die Region gemacht. Wir haben uns ein Bild gemacht,         Wir haben ja alle dasselbe Ziel: Wir wollen Menschen
  wie kaputt manche Dörfer waren. An jedem Haus stand            helfen, retten, sichern. Um es dann gemeinsam gut zu
  entweder ein „si“, also ich darf rein, oder ein „no“, was       können, muss man gemeinsam üben. Das kostet Zeit,
 einsturzgefährdet hieß. Und überall stand nur „no“, „no“,    man- und womanpower. Und diese Zusammenarbeit muss
                „no“ auf den Häuserwänden.“                     ständig gepflegt sein, man muss miteinander reden und
                                                                               Erfahrungen austauschen.“

                                    Wolf-Ingo Heers
                                                                                    Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
40   Stationen der Geschichte                                                                                                     41

                                               „                      in welches Krankenhaus sie möglicherweise transportiert
                                                                     worden sind. Das hat sehr, sehr viel Zeit und Mühe gekostet.

                                1988. Flugkatastrophe in Ramstein.

   „Dieser Flugtag in Ramstein fand eigentlich jedes Jahr
     statt. Und wir wurden immer als Hilfsorganisation
     zusammen mit den Amerikanern in die Versorgung
      der Besucher*innen eingebunden. Die gesamten
Katastrophenschutzeinheiten waren im Einsatz. An diesem
  Tag im Jahr 1988 geschah es, dass sich zwei Flugzeuge
 berührt haben und in die Zuschauermenge stürzten. Und
    dabei gab es 70 Tote, 300 Schwerstverletzte. Das war
   ein Erlebnis, das jahrelang an einem gekratzt hat. Die
 Verletzten mussten geborgen, versorgt, in Krankenhäuser
    gebracht werden. Ich persönlich war etwa so 600 bis
    700 Meter von dem Aufschlag entfernt gewesen. Die
 Versorgung dauerte bis in die Nacht hinein, an Schlaf war
   nicht zu denken. Zunächst ging es ja um die Toten und
  Verletzten, doch dann kamen auch die Besucher*innen,
  die ihre Angehörigen suchten, mit Verzweiflung bei uns
 anriefen und um Hilfe baten. Es gab damals eine zentrale
Einsatzleitung von den Amerikanern, Führungskräfte vom
                                                                     Notfallnachsorge. 1980er Jahre. Udo Bangerter. DRK BaWü.
               DRK waren dort mit integriert.

                                                                         Damals gab es noch keine Konzepte der Nachsorge.
Schwierig war die Registrierung. Theoretisch gibt es dafür               Wir hatten im Landkreis eine Psychiaterin, die hat
 Konzepte. Doch in der Praxis sah das damals anders aus.                uns sehr geholfen, erste Schritte zu gehen, psychische
Da waren Zivilpersonen, die Verletzte in ihr Auto verladen            Schwierigkeiten nach solch einem Einsatz aufzuarbeiten.“
und weggefahren sind. Wohin, das wussten wir dann nicht.
So mussten wir auf Bitten der Angehörigen recherchieren,
                                                                                                                     Adolf Geib
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