ZAUBERWORT MULTICHANNEL - IHK Hochrhein-Bodensee
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MÄRZ 2014 UND JETZT? Kommentar von Claudius Marx zum Schweizer Volksentscheid GROSSE ERWARTUNGEN Unternehmen in der Region bewerten Konjunktur positiv ÜBER DEN TELLERRAND Südbadische Firmen suchen im Elsass nach Fachkräften Einzelhandel im Wandel ZAUBERWORT MULTICHANNEL Industrie- und Handelskammern Hochrhein-Bodensee Schwarzwald-Baar-Heuberg Südlicher Oberrhein
Ulrich Plankenhorn EDITORIAL Leitender Redakteur L iebe Leserinnen, liebe Leser, und jetzt? Die Schweizer haben beschlossen, den Zuzug von EU-Bürgern in die Eidgenossenschaft zu begrenzen. Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, kommentiert diese Absage an die Personen- freizügigkeit (Seite 22). Für Wirtschaft und Bevölkerung am Hochrhein und am Bodensee, überhaupt in ganz Südbaden, ist das Verhältnis zur Schweiz von großer Bedeutung. Viele Tausend Pendler fahren täglich zur Arbeit in die Schweiz. Einzelhandel und Gastronomie in der Grenzregion leben zu ei- nem guten Teil von Schweizer Kunden. Industrieunternehmen sind häufig in Schweizer Hand. Welche kurz- und längerfristigen Folgen der Volksentscheid haben kann und welche nicht, erklärt Ralf Bopp, Direktor der Handelskammer Deutschland-Schweiz, im Interview (Seite 20). In unserer trinationalen Region gibt es nicht nur Pendlerströme von Deutsch- land in die Schweiz, sondern auch von Frankreich in die Schweiz und von Frankreich nach Deutschland. Das Elsass ist am Oberrhein diejenige Gegend mit der höchsten Arbeitslosigkeit. In Zeiten des Fachkräftemangels bietet es sich für südbadische Firmen also an, den Blick Richtung Frankreich zu lenken. Auf der größten elsässischen Jobmesse in Colmar gab es dieses Jahr erst- mals eine deutsche Halle. Angeregt und organisiert von der IHK Südlicher Oberrhein und der Arbeitsagentur Freiburg haben sich dort an die 80 deutsche Unternehmen, Ausbildungseinrichtungen und Institute präsentiert (Seite 18). Liebe Leserinnen und liebe Leser: Wie haben Sie zuletzt eingekauft? Per Tablet auf dem Sofa oder vor Ort im Geschäft? Der Onlinehandel wächst derzeit viel schneller als der stationäre Einzelhandel. Die Branche ist in Bewe- gung. Die Handelsexperten, mit denen wir für unser Titelthema gesprochen haben, gehen allerdings davon aus, dass online stationär nicht ablösen wird. Der Trend geht vielmehr dahin, dass die beiden Kanäle sich ergänzen. Das Zauberwort heißt „Multichannel“ (Seite 6). Wie Handel, Industrie, Bau und Dienstleister das Jahr 2013 beurteilen und welche Hoffnungen und Erwartungen sie für 2014 haben, zeigt die jüngste Konjunkturumfrage der IHK (Seite 37). Viel Spaß beim Lesen. Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014 1
März Der Einzelhandel wird „multichannel“ einkaufen auf allen kanälen Der stationäre Einzelhandel tritt auf der Stelle – trotz guter Kauflaune seitens der Verbraucher. Die zusätzlichen Umsätze schnappte sich vergangenes Jahr vor allem die Konkurrenz aus dem Internet. Es lässt sich aber nicht mehr so einfach zwischen stationär und online trennen, denn erfolg- reiche Verkaufsmodelle verknüpfen die Kanäle. Einzelhandel wird „multichannel“. Seite 6 REGIOREPORT Optimistischer Blick voraus: die IHK- Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn Seite 37 Jobmesse in colmar Im Elsass auf Mitarbeitersuche Auf der größten elsässischen Jobmesse gab es erstmals eine deutsche Halle mit 80 südbadischen Firmen, Ausbil- dungsstätten und Instituten. Gemietet hatte sie die IHK Südlicher Oberrhein gemeinsam mit der Arbeitsagentur Freiburg. Auch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg war vor Ort. Das Ziel: Fachkräfte aus dem Elsass werben, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist. Seite 18 Der Gesamtauflage liegen folgende Prospekte bei: Brother International GmbH, Bad Vilbel und Unitymedia Kabel BW GmbH, Köln. Ebenfalls enthält die Ausgabe einen Einhefter der Haufe Lexware GmbH & Co. KG in Freiburg. Einem Teil der Ausgabe liegen Beilagen der Ernst & König GmbH in Freiburg bei. Wirtschaft im Südwesten
INHALT 4 PANORAMA banken ziehen bilanz 6 TITEL Tapfer durch die Niedrigzinsphase 10 Innovation Seit vielen Monaten verharrt das 12 Umwelt Zinsniveau auf historischem Niedrig- 16 REcht stand. Dennoch schlagen sich die drei Volksbanken und zwei Sparkassen, über 17 steuern deren Bilanzen wir in dieser Ausgabe berichten, tapfer. Seite 50-53 18 arbeitsmarkt 20 interview schweiz 22 kommentar schweiz 24 Dienstleistungen schweiz Schweiz 25 Girls‘ und Boys‘ day Nach dem Volksentscheid Einige Fragen, die nach dem Schweizer Votum 28 verkehr gegen unbegrenzten Zuzug von Ausländern 30 Bildung entstehen, beantwortet der Direktor der Han- delskammer Deutschland-Schweiz, Ralf Bopp, 31 Messen im Interview auf Seite 20. 33 Regio Report Ein Kommentar zum gleichen Thema von Claudius Marx (Hauptgeschäftsführer der IHK 50 FIRMEN | Branchen Hochrhein-Bodensee) auf Seite 22 Volksbanken Hochrhein, Breisgau Nord und Lahr [50,51] Sparkassen Lörrach-Rheinfelden und Hochrhein [52, 53] WVIB [55] Streit Service & Solution [56] Badische Weinwirtschaft, Oberkircher Winzer, Leitwerk [57] Energiedienst [59] 60 PERSONALIEN Michael Alpert Christian Stickl Karl-Friedrich Jundt- Schöttle Joachim Glatthaar Jörg Nauel/Michael Pfaff/ kopf des monats Peter Wimmer Ronny Lindskog Karl M. Schmidhuber/ Volker Simon Timo Karnik/Andreas Berns/Alfred Dörle Gastronom Toni Schlegel Kopf des Monats: Toni Schlegel Der Großgastronom und Besitzer des 63 Impressum Greiffenegg-Schlössle, Toni Schlegel, ist auf Expansionskurs. Vor Kurzem erwarb 64 Bücher der Freiburger zwei neue Betriebe. Er 74 börsen will weiter wachsen und „die klassische Gastronomie modernisieren“. Seite 62 80 die letzte seite Themen der Titelseite EVN14_Anz_IHK_185x21_7_Motive.indd 2 16.01.14 10:43 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014 3
freiburg marathon Großes Laufevent Ehrgeizige Athleten sollten diesen Termin nicht verpassen: Am 6. April fällt der Startschuss für den elften Freiburg Marathon. Jährlich nehmen daran rund 10.000 Läufer aus dem In- und Ausland teil. Erstmals finden im Rahmen des Freiburg Marathons auch die Deutschen Halb- marathon-Meisterschaften statt. 42 Bands, ver- teilt auf 21 Kilometer, sollen den Tag zu einem Straßenlauf-Highlight machen. Der Marathon hat Charme, denn die Route verläuft durch die Freiburger Altstadt und entlang der Dreisam. Das Münster wird passiert, ebenso wie das Ma- gesolar-Stadion. Beim „Rock for Four“ kann der Marathon als Staffel zu Viert erlaufen werden. Auch den Schülerwettbewerb „S‘Cool Run“ wird es wieder geben. Für Firmenteams sowie private Gruppen bietet sich die Gelegenheit, sich miteinander messen. Teilnehmen können Teams ab fünf Personen. Passend zum Lauf event findet am 5. und 6. April in der Rothaus Arena eine Marathonmesse statt.wis www.marathon-freiburg.com GEWERBLICHE WIRTSCHAFT IN ZAHLEN 2013 Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten Kreis, Land, Betriebe Beschäftigte Umsatz Ausland IHK- und Regierungsbezirk (in 1000) (in Mio Euro) (in Mio Euro) Okt. Nov. Dez. Okt. Nov. Dez. Okt. Nov. Dez. Okt. Nov. Dez. Stadtkreis Freiburg 43 43 43 9 9 9 192 186 184 111 103 96 Breisgau-Hochschwarzwald 90 90 90 16 16 16 279 276 259 139 137 146 Emmendingen 64 64 64 12 12 12 176 191 158 95 113 93 Ortenaukreis 210 210 210 43 43 43 973 963 842 386 398 384 Südlicher Oberrhein 407 407 407 80 80 80 1620 1616 1443 731 751 719 Rottweil 107 107 107 19 19 19 392 390 330 186 180 160 Schwarzwald-Baar-Kreis 145 145 145 26 26 26 406 396 302 158 159 119 Tuttlingen 124 124 124 27 27 27 502 497 432 255 262 235 Schwarzwald-Baar-Heuberg 376 376 376 72 72 72 1300 1282 1064 599 602 513 Bilder: DIHK / Ben Bügers, Weidling, Nobert Wilhelmi Konstanz 77 76 76 16 16 16 462 468 402 241 248 208 Lörrach 93 93 93 18 18 18 405 392 341 228 219 207 Waldshut 56 56 56 12 12 12 265 238 189 94 89 76 Hochrhein-Bodensee 226 225 225 47 47 46 1132 1098 933 562 557 491 Regierungsbezirk Freiburg 1009 1008 1008 198 198 198 4052 3997 3440 1892 1910 1723 Baden-Württemberg 4303 4297 4292 1092 1092 1089 26585 26996 23657 14513 14835 13105 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, die Angaben sind gerundet und ohne Gewähr (WiS 3/2014) 4 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
Panorama Landes-IHKs Besuch bei Kretschmann Die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der baden-württembergischen IHKs ha- ben Mitte Februar Winfried Kretschmann getroffen. „In vielem waren wir uns einig, aber wir haben auch unsere unterschied- lichen Standpunkte ausführlich dargestellt und Dissense nicht ausgespart“, sagte der Ministerpräsident im Anschluss. Themen des Meinungsaustauschs waren die Ver- kehrsinfrastruktur, die Energiewende, die Bildung und die duale Berufsausbildung. „Mehr und mehr Abiturienten drängen an die Hochschulen, und manche erkennen zu spät, dass der Weg der Dualen Aus- bildung für sie passender gewesen wäre. Hier müssen wir gegensteuern“, betonte BWIHK-Präsident Bernd Kulitz.ine Chinesische Handelskammer in Berlin Mia Seeger Preis 2014 Die Erste in Europa Für junge Designer Mitte Januar wurde in den Räumen des Deutschen Industrie- Unter dem Motto „Was mehr als einem nützt“ und Handelskammertages (DIHK) in Berlin die Chinesische steht der diesjährige Mia Seeger Designpreis, Handelskammer in Deutschland (CHKD) eröffnet. Es ist die der sich an Studierende sowie Absolventen DIHK-Präsident Erste in Europa. Sie soll einen wichtigen Beitrag zur deutsch- aus gestalterischen Studiengängen von deut- Eric Schweitzer chinesischen Zusammenarbeit leisten. Unternehmen aus China, schen Hochschulen richtet. Zur Bewerbung (links) und Bun- die noch nicht in Deutschland Fuß gefasst haben, kann die neue eignen sich Studien-, Abschluss- oder andere deswirtschafts- Chinesische Handelskammer helfen, leichter den Weg auf den Entwurfsarbeiten, die in den Jahren 2012 bis minister Sigmar deutschen Markt zu finden. Ihre Mitgliedern, die sich bereits 2014 entstanden sind. Auch Gruppenarbeiten Gabriel eröffneten in Deutschland niedergelassen haben, kann sie beim Aufbau sind zugelassen. Die Mia Seeger Stiftung hat in Berlin die erste nachhaltiger Kontakte und Netzwerke unterstützen und sie mit für den Preis eine Summe von 10.000 Euro aus- Chinesische Han- geeigneten deutschen Partnern zusammenführen.dihk gelobt. Einsendeschluss ist der 14. März. lis delskammer. www.mia-seeger.de VERBrAUCHERPREIS-INDEX Deutschland Januar 2014 105,9 + 1,3 % Veränderung Index zum Vorjahr 105,5 + 1,3 % Baden-Württemberg Januar 2014 Basisjahr 2010=100 Quelle: Statistisches Landesamt (Angaben ohne Gewähr) Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014 5
TITEL Einzelhandel im Wandel Zauberwort Der Onlinehandel wächst, der stationäre Handel tritt auf der Stelle: So lässt sich die aktuelle Situation zusammenfassen. Aber Multichannel ganz so schwarz-weiß ist das Bild nicht: Überall da, wo Händler sich intensiv mit den Wünschen ihrer Kunden auseinandersetzen, kön- nen sie Erfolge verbuchen – egal ob stationär oder elektronisch. Viele setzen auf eine Mischung aus beidem: „Multichannel“ oder auch „Crosschannel“ heißen die Zauberworte. Bild: Picture-Factory - Fotolia.com 6 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
er stationäre Einzelhandel steht vor einem Strukturwan- Vertriebsform. Es gibt Bevölkerungsgruppen, die lieber online D del. Ein wesentlicher Grund dafür ist der wachsende Onlinehandel. Laut bundesweiten Zahlen des Handels- verbands hat er 2013 um zwölf Prozent zugelegt, während bestellen, darauf muss man sich einstellen.“ Prognosen gehen von etwa einem Viertel des gesamten Umsatzes bis 2020 aus. Aber der Onlinehandel wird den stationären Handel nicht er- der stationäre Handel fast stagnierte. Knapp acht Prozent des setzen. Marktforscher sehen in Zukunft vielmehr eine starke gesamten Einzelhandelsumsatzes entfallen damit mittlerweile Verzahnung von Online- und Offline-Kanälen. „Multi-“ oder auf das Onlinegeschäft. Und die Prognosen für 2014 sehen passender „Crosschannel“ heißt das Zauberwort, für das weiter einen wesentlich stärkeren Zuwachs beim elektroni- bereits jetzt Tendenzen erkennbar sind. Die wachsende Zahl schen als beim klassischen Geschäft. mobiler Internetnutzer begünstigt diesen Trend. „Es geht in Man kann die Zahlen aber auch andersherum lesen: Gut 90 Pro- beide Richtungen“, beobachtet Thomas Kaiser, Handelsreferent zent der Umsätze werden nach wie vor im stationären Handel der IHK Südlicher Oberrhein: „Die Pureplayer, also die reinen erzielt. Der hat auch viele Vorteile, die der Onlinehandel nicht bie- Onlinehändler, werden teilweise zu stationären Händlern und ten kann – vor allem die „3D-Information“ (Utz Geiselhart): Wie die stationären zu Multichannel-Händlern.“ Wobei Multichannel sieht das Produkt wirklich aus, wie fühlt es sich an? Schmecken nicht zwingend bedeutet, dass man einen eigenen Onlineshop und riechen funktioniert nicht virtuell. Der Lebensmittelhandel betreibt. „Aber eine aktive, informative Website muss die Aktivi- ist vielleicht auch deshalb bislang kaum vom E-Commerce er- täten eines Einzelhändlers ergänzen“, betont der Handelsexper- obert worden. „Als vor einigen Jahren te Bertram Paganini von der IHK Hochrhein-Bodensee. Wichtig die Discounter hochkamen, dachten ist, dass der Händler gefunden wird. „Es geht darum, mit dem viele, sie würden den klassischen Kunden in Kontakt zu kommen und ihn von meinem Sortiment Lebensmitteleinzelhandel komplett zu überzeugen – das kann auf jedem beliebigen Weg passie- verdrängen“, erinnert sich Geiselhart, ren“, sagt Geiselhart. Es gebe nicht den Weg. Die Mischung Hauptgeschäftsführer des Handelsver- zwischen den Systemen stationär und online sei vielfältig. Da bands Südbaden. Stattdessen haben sie müsse jeder seinen Weg finden. sich bei einem Marktanteil von etwas über Drei ganz unterschiedliche Beispiele beschreiben wir hier. vierzig Prozent eingependelt und zuletzt sogar etwas Boden verloren. So ähn- lich wird es Geiselhart zufolge mit dem Yatego: Wegbereiter ins Netz Onlinehandel sein: „Er ist eine neue Die St. Georgener Firma Yatego sieht ihre Aufgabe zunehmend gerade in der Suche nach dem richtigen Weg. Die laut Wer- bung „größte Shoppingmall Deutschlands“ vermietet virtuelle Ladenlokale an rund 10.000 Händler – etwa die Hälfte davon sind stationäre Einzelhändler, die den Internetvertrieb als zwei- tes Standbein betreiben. Ihnen bieten die rund 100 Yatego- Mitarbeiter (80 in St. Georgen und 20 in München) nicht nur die Onlineplattform, sondern auch viel Beratung und Service drumherum, denn der Informationsbedarf seitens der Händler ist groß. Mit Amazon & Co. will Yatego nicht konkurrieren. Ihre Nische suchen die St. Georgener stattdessen vor allem im Segment Crosschannel. „Wir können uns als Online-Marktplatz nicht der Tatsache verschließen, dass viele Leute lokal kaufen wollen“, sagt Bernd von Wahlert. Er leitet ein neues Yatego- Projekt, das in diesem Frühjahr starten und die verschiedenen Vertriebskanäle noch stärker verknüpfen soll. Dabei hat Yatego vor allem jene Einzelhändler im Visier, die bislang noch nicht Abends auf dem Sofa aussuchen oder nur kaum im Internet agieren. Der Onlinemarktplatz hat und später im Laden kaufen: Auch dafür im Vorfeld viele Gespräche mit Einzelhändlern, Kommu- das ist Multichannel. Wichtig für nen und Verbänden geführt. Und er nutzt die Erfahrungen aus den stationären Handel ist daher, dem Netz. Die Ansprüche der Konsumenten an Qualität und dass er elektronisch gefunden wird. Service nähmen weiter zu. „Viele Kunden wollen gar nicht online kaufen, sondern sich nur online informieren und dann lieber lokal kaufen“, berichtet von Wahlert. Häufige Google- Anfragen seien eine Verbindung aus einem Schlagwort und einem Ort, zum Beispiel „Optiker“ und „Freiburg“. „Der sta- tionäre Handel ist deshalb in einer guten Ausgangsposition“, meint von Wahlert. „Wir wollen den Händlern helfen, die Kom- petenz, die sie haben, crosschannel zu nutzen.“ Denn klar sei: Man muss sich bewegen, um die Kunden nicht zu verlieren. Man muss auf sich aufmerksam machen und gefunden Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014 7
TITEL werden. Einen sechsstelligen Betrag investiert Yatego in sein neues Projekt, von dem der Online-Dienstleister sich viel verspricht. Schließlich haben einer bundesweiten Umfrage des Handelsverbands zufolge knapp zwei Drittel der Einzelhändler noch keine Pläne in Sachen E-Commerce (siehe dazu auch Grafik rechts). E-COMMERCE-TAG Wöhrstein: Der eigene professionelle Shop Die IHK Südlicher Oberrhein veranstaltet zusam- men mit dem Handelsverband Südbaden und Foto Wöhrstein zählt nicht zu dieser Kategorie. Das Singener der Initiative Baden-Württemberg Connected Geschäft verkauft seit einigen Jahren auch im Internet – bis (bwcon) am 25. März von 9 bis etwa 18 Uhr Ende 2012 allerdings nicht in Eigenregie sondern über die Ein- einen E-Commerce-Tag in der „World of Living“ kaufskooperation „Ringfoto“. Die koordiniert Lager und Logistik von Weberhaus in Rheinau-Linx. Dabei wird sie zentral für ihre Mitglieder. Der einzelne Händler muss nicht so vom „ibi research“-Institut der Universität Re- viel Zeit und Geld investieren, agiert dafür aber auch nicht so gensburg unterstützt. individuell mit allen Möglichkeiten des Internets. So zumindest Der Tag bietet umfangreiche Informationen zu hat es Reiner Wöhrstein empfunden. „Der Erfolg, sprich der vielen Aspekten rund um den Onlinehandel. Umsatz, war nur begrenzt, man war erst mal mit dabei“, fasst er In Praxisberichten erfahren die Teilnehmer von zusammen. Nachdem der umtriebige Fotohändler seinen neuen erfolgreichen Online-Händlern aus der Regi- schicken Laden in der Singener Innenstadt bezogen hatte, woll- on, wie man seine Geschäftsideen im Internet te er „auch im Internet so einen feinen Shop“. Wöhrstein hat verwirklicht und fortlaufend optimiert. In vier sich – stationär wie online – auf höherwertige Profifotoausstat- Fachkonferenzen präsentieren E-Commerce- tung spezialisiert. Denn der untere Bereich wird seiner Meinung Experten zahlreiche Tipps und Tricks. Am nach mittelfristig komplett von Smartphones abgedeckt. Nachmittag diskutieren Onlinehändler aus der Das nötige Lager für seinen eigenen Onlineshop hatte Wöhr- Region auf dem Podium, ob E-Commerce sich stein im neuen Gebäude bereits eingeplant. Zudem engagierte lohnt. Zudem bieten sich während der Pausen er zusätzlich zu seinen zehn bisherigen drei weitere Mitarbeiter viele Gelegenheiten zum Networking mit Exper- (auf zweieinhalb Stellen): einen Informatiker und zwei Leute ten und Praktikern sowie zur Information in der für die Telefonhotline. „Wenn man das nicht finanzieren kann, begleitenden Fachausstellung. sollte man es nicht machen“, findet Wöhrstein. Internetkunden Die Veranstaltung richtet sich sowohl an Online- sind sehr anspruchsvoll. Obwohl sein Shop eine geringe Rück- als auch an stationäre Händler, an bestehende laufquote von deutlich unter zehn Prozent hat, legt Wöhrstein Unternehmen und an Gründer, an solche, die großes Augenmerk hierauf: „Das muss piekfein laufen, sonst in den Online-Handel einsteigen oder diesen wirkt sich das sofort auf die Rezensionen aus.“ In Preisver- Bereich ausbauen wollen. gleichsportalen können Kunden auch ihre Meinung zum Ser- Die Teilnahme am E-Commerce-Tag kostet ein- vice sagen, diese wird als sogenannte Rezension publiziert. schließlich Verpflegung 149 Euro pro Person. Foto Wöhrstein hat bislang ausschließlich Top-Bewertungen bekommen. „Die Kundenzufriedenheit in den Beurteilungen www.ecommerce-tag.de genießt bei uns höchste Priorität“, sagt der Chef. Für den On- lineshop seien diese so wertvoll wie die Noten bei Stiftung Warentest. Die Präsenz in den Preisvergleichsportalen kostet Wöhrstein mo- natlich „einige Tausender“, das Gleiche gilt für Internetwerbung. Auch die nötige Software für Versand und Rechtssicherheit ver- IHK-ANSPRECHPARTNER ursacht monatliche Kosten. Nach Abzug all dieser Posten bleibt IHK Hochrhein-Bodensee: dem Onlineshop nach eigener Darstellung eine Marge zwischen Bertram Paganini | Tel.: 07531 2860-130 vier und acht Prozent. „Das verlangt dann schon ein gewisses bertram.paganini@konstanz.ihk.de Umsatzvolumen, dass es sich lohnt“, sagt Wöhrstein. Sein Shop arbeitet von Anfang an profitabel und steuert mittlerweile eine IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg: ordentliche Portion zum Gesamtumsatz bei. Übers Internet Anne Heinrichs | Tel.: 07721 922-156 erreicht das Singener Geschäft zudem einen weit größeren anne.heinrichs@vs.ihk.de Kundenkreis, der teilweise dann auch lokal in den Laden kommt. Bis Karlsruhe und Friedrichshafen hat sich das Einzugsgebiet IHK Südlicher Oberrhein: ausgedehnt. Es tauchten auch schon Profifotografen aus Köln Thomas Kaiser | Tel.: 07821 2703-640 und Stuttgart auf, um in Singen eine ganz spezielle Kamera zu thomas.kaiser@freiburg.ihk.de kaufen. Über den Ort hinaus zu akquirieren, bezeichnet Wöhr- stein als eine wesentliche Motivation, in den Onlineshop zu 8 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
investieren. Nicht Crosschannel, sondern „Hybridauftritt“ nennt Quadratmeter große Firmensitz im Freiburger Industriegebiet er den zweikanaligen Vertrieb stationär und übers Internet, an Nord – trotz der jüngsten Erweiterung Anfang des Jahres – bald dem seiner Meinung nach kein Weg vorbeiführt. schon wieder zu klein. Der Chef hegt Pläne für einen Neubau – wo und wann er sie umsetzt, ist noch nicht klar. Der Anteil des Onlinehandels hat vergangenes Jahr die Fünfzig- Waschbär: Vom Versand- zum Onlinehändler Prozent-Marke geknackt: Mehr als die Hälfte der durchschnitt- Wenn man so will auch hybrid aber auf eine ganz andere Art hat lich 5.000 Bestellungen täglich kommen mittlerweile übers sich das Geschäft von Waschbär entwickelt. Der Freiburger Um- Internet. Und die Tendenz ist weiter steigend, zumal dieses weltversand verschickte 1987 seine ersten „Ökoputzkisten“, Jahr ein komplett neues Shopsystem ansteht. Waschbär inves- nahm wenige Jahre später umweltverträgliche Mode ins Sorti- tiert seinem geschäftsführenden Gesellschafter zufolge einen ment und ist heute zum größten Versender von Umweltproduk- siebenstelligen Betrag dafür. In der Folge soll es auch eine ten in Deutschland herangewachsen. 1995 erschien der erste englische Version geben, mit der Schütz die skandinavischen Waschbär-Katalog; bereits vier Jahre später startete Waschbär Länder im Visier hat. Per E-Commerce hat Waschbär bereits seinen Onlineshop. Ende der Neunzigerjahre eröffnete der Öko- Kunden in den Niederlanden akquiriert und daraufhin in eine versand zudem einen Laden in Freiburg, weitere stationäre niederländische Version investiert. Die Übersetzung des elek- Geschäfte in Göttingen, Karlsruhe und Stuttgart kamen seither tronischen Auftritts war zwar teuer, aber nicht so teuer wie ein hinzu. Heute ergänzen sich diese drei Vertriebswege perfekt. eigener niederländischer Katalog wäre. Anfang der Nullerjahre jedoch strauchelte das Unternehmen „Der Katalog bleibt trotzdem sehr wichtig“, sagt Schütz. Er arg. Die alte Geschäftsführung hatte zu schnell zu viel gewollt weiß, dass viele Kunden darin blättern, während sie elektronisch und das Kaufmännische aus den Augen verloren. ordern. Deshalb wird es die Printversion, die unter Schütz‘ Regie Ernst Schütz, der kurz vor der Insolvenz in die Geschäftsführung in den vergangenen Jahren enorm professionalisiert wurde, gekommen war, sanierte das Versandhaus von Grund auf und auch in Zukunft geben. Der etwa 300-seitige Hauptkatalog übernahm später auch alle Anteile. „Seit 2002 geht es nur auf- erscheint zweimal jährlich, zudem verschickt Waschbär alle wärts“, sagt er. Mit knapp 100 Leuten hat er das Unternehmen paar Wochen Broschüren. damals übernommen. Heute beschäftigt die Triaz-Gruppe, zu Der Anteil der vier Läden am Umsatz ist mit knapp vier Prozent der auch die Versandhäuser Vivanda und Pranahaus gehören, gering, ihre Rolle aber wichtig – sie fungieren als Outlets. Stati- die Schütz aus Insolvenzen kaufte und ebenfalls sanierte, rund onär kann das Versandhaus die Kleidung und Schuhe verkaufen, 350 Mitarbeiter (darunter 22 Auszubildende). Um etwa 50 Köp- die Bestellkunden zurückgeschickt haben. Kathrin Ermert fe ist das Unternehmen allein im vergangenen Jahr gewachsen. Der Umsatz ist seit 2002 von 22 auf knapp 80 Millionen Euro im Jahr 2013 gestiegen. Aufgrund dieser Expansion ist der 20.000 Onlineshops des stationären Handels Frage: Betreiben Sie bereits einen eigenen Onlineshop oder 62,3 % planen Sie für die nächsten zwölf Monate, einen einzurichten? Nein, wir planen in den nächsten zwölf Ja, wir betreiben Monaten nicht, einen bereits einen eigenen Onlineshop eigenen Onlineshop. zu eröffnen. 28,9 % Bilder: Sergey Ilin /Steve Young - Fotolia.com 8,8 % Ja, wir planen in den nächsten zwölf Monaten einen ei- genen Onlineshop zu eröffnen. Quelle: Handelsverband Deutschland
innovation Die Heizzen- trale des Bio- energiedorfs ERFINDERBERATUNG Büsingen, für das die Solar- complex AG Die IHK Schwarzwald-Baar-Heu- ausgezeich- berg, Romäusring 4, VS-Villingen, net wurde. bietet Erfinderberatungen jeweils am Georg-Salvamoser-Preis für zweiten Dienstag im Monat von 14 bis 17 Uhr an. Nächste Termine: 11. Solarcomplex und Victoria-Hotel März und 8. April. Anmeldung: Ge- schäftsbereich Innovation, Umwelt und International der IHK, Telefon Z wei der drei Gewinner des Georg-Sal- vamoser-Preises 2014 kommen aus der Region: Die bürgerfinanzierte Solarcomplex barer Energien“ gewürdigt, wie es in der Pressemitteilung heißt. Sie decken ihren Wärmebedarf über Passivhausstandard, 07721 922-181 (Manuela Bertz) oder AG aus Singen erhielt für das „solargestütz- mit Pelletheizung und thermischer Solar- te Nahwärmenetz Büsingen“ einen Haupt- energie, kühlen das 1875 erbaute Hotel mit Fax 07721 922-182. preis. In dem Bioenergiedorf Büsingen hat der Kälte des Grundwassers und erzeugen Solarcomplex eine Holzheizzentrale mit einen Teil des benötigten Stroms mithilfe Die IHK Hochrhein-Bodensee bie- über 1.000 Quadratmetern hocheffizien- einer Photovoltaikanlage sowie Kleinwind- ten Vakuumröhrenkollektoren kombiniert. rädern auf dem Dach. tet die kosten lose Beratung in der Der Hauptpreis ist mit 20.000 Euro dotiert. Der nach dem Freiburger Solarpionier Ge- Regel am ersten Donnerstag im Mo- Mit einem Sonderpreis in Höhe von 10.000 org Salvamoser benannte Preis wurde zum nat von 14 bis 17 Uhr an. Ein Patent- Euro wurde das familiengeführte Freiburger zweiten Mal von der Stadt Freiburg und der Best Western Premier Hotel Victoria von Georg-Salvamoser-Stiftung verliehen. Der anwalt berät in Einzelgesprächen im Astrid und Bertram Späth ausgezeichnet. zweite Hauptpreis ging an die Gemeinde Kammergebäude (Schützenstraße 8). Sie wurden für ihr „außergewöhnliches Saerbeck in Nordrhein-Westfalen für den Nächste Termine: 13. März und 10. Engagement bei der Nutzung erneuer- „Bioenergiepark“. wis April. Anmeldung: Referat Technolo- gie/Innovation, Claudia Veit, Telefon Zayed Future Energy Prize für 07531 2860-127, Fax 07531 2860- 168. Fraunhofer ISE Die IHK Südlicher Oberrhein d ie Arbeit des Freiburger Fraunhofer- Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) für eine nachhaltige Energieversor- europäisches Solarforschungsinstitut, ge- wann in der Kategorie „Nongovernmental Organization“. bietet Erfinderberatungen in Frei- gung wurde mit dem Zayed Future Energy Bewertungskritierien waren der Einfluss burg und Lahr an. Im IHK-Gebäude Prize 2014 gewürdigt. Er ist mit 1,5 Mil- auf einen spürbaren industriellen, gesell- in Freiburg, Schnewlinstraße 11, lionen US Dollar dotiert und wurde von schaftlichen und ökologischen Wandel, finden diese immer am ersten Don- Scheich Mohammed Bin Zayed Al Nahy- die Führungsrolle und Vorbildfunktion so- an, Kronprinz von Abu Dhabi, verliehen. wie die Zukunftsfähigkeit und das Innova- nerstag im Monat statt. Nächs- Das ISE, nach eigenen Angaben größtes tionspotenzial der Einrichtung. wis te Termine: 6. März und 3. April. Im IHK-Gebäude in Lahr, Lotzbeckstra ße 31, finden die Er- Medaille für Nachhaltigkeit für finderberatungen immer am dritten Donnerstag im Monat statt. Nächs- Solar Info Center Freiburg te Termine: 20. März und 17. April. Anmeldung: Monika Mandel-Todt, F ür sein energieeffizientes Gebäude- und Betriebskonzept hat das Solar Info Cen- ter Freiburg das Nachhaltigkeitszertifikat lar Info Center 92 von 110 erreichbaren Punkten. Laut Pressemitteilung ist es da- mit das zweitbeste zertifizierte Gebäude Telefon 0761 3858-262, E-Mail LEED in Platin erhalten. Verliehen wurde in Deutschland. Weltweit kommt es auf monika.mandel-todt@freiburg.ihk.de es vom US-amerikanischen Green Buil- Platz vier. Über 1.300 Bestandsgebäude ding Council. In der Kategorie Bestands- wurden bisher nach dem Verfahren zerti- gebäude bekam das 2003 eröffnete So- fiziert. wis 10 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
Umwelt Bild: PhotographyByMK – Fotolia.com Ob Ihr Unterneh- men von Hochwas- ser betroffen sein kann, können Sie über die unten ste- hende Internetseite herausfinden. Hochwasser Vorläufige Form von Gefahrenkarten online W ie stark ein Unternehmen von Hochwasserereignissen beeinträchtigt werden könnte, soll bundesweit im Inter- net in Kartenform veröffentlicht werden. Vorläufige Versionen dieser Karten sind seit Kurzem auch für den Regierungsbezirk Freiburg abrufbar. Sie finden Sie auf der Seite www.hochwas- serbw.de, dort in der linken Spalte ganz unten in der Rubrik „EU-Berichterstattung“ und dann „Hochwassergefahren- und Risikokarten“. Im dort veröffentlichten Text führt ein Link im viertletzten Absatz zum Kartenwerk. Im besagten Absatz wird auf die Berichtspflichten an die EU Bezug genommen (Hinweis: Im zweitletzten Absatz des besagten Textes wird ebenfalls ein Link auf „aktuelle Karten“ angeboten, aber dieser führt nur zu endgültig fertiggestellten Karten primär im Neckareinzugsge- biet, also nicht zu den vorläufigen Karten für den Südwesten des Landes). In den Karten ist für jede Kommune zunächst die flächenhafte Ausdehnung eines Hochwassers abgebildet, wie es statistisch alle 10 Jahre, alle 100 Jahre oder bei Extremereignissen – zum Beispiel nach einem Dammbruch – auftreten könnte („HQ 10, HQ 100, HQ extrem“). Über die Rubrik „Themen“ kann man auch zu Karten wechseln, welche die Höhe oder Tiefe des Wasserstands anzeigen. Leider muss man bei einem solchen Wechsel den Ort nochmals eingeben und erneut in die Karte hinein zoomen. Falls Sie anhand der Karten feststellen, dass Ihr Unternehmen von Hochwasser betroffen sein kann, können Sie gerne für vertiefende Informationen mit uns in Kontakt treten.ba www.hochwasserbw.de Information Ihre Ansprechpartner in den IHK-Regionen: Wilfried Baumann | Tel.: 0761 3858-265 E-Mail: wilfried.baumann@freiburg.ihk.de Marcel Trogisch | Tel.: 07721 922-170 E-Mail: trogisch@vs.ihk.de Michael Zierer | Tel.: 07622 3907-214 E-Mail: michael.zierer@konstanz.ihk.de 12 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
umwelt Software Bilder: Photographee.eu, fotohansel – Fotolia.com Gefahr von Chemikalien D ie Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) bietet ihr „Ein- faches Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe (EMKG)“ in der Version 2.2 jetzt auch als Programm an. Mit der Software lassen sich Gefährdungen durch Einatmen und Hautkontakt bei der Arbeit mit Chemikali- en beurteilen. Das kostenfreie Programm gibt es unter www.baua.de/emkg. Nutzer der EMKG-Software der BAuA können nun alle Schritte der Gefährdungs- beurteilung – von der Informationsermitt- lung über die Ableitung von Schutzmaß- nahmen und der Wirksamkeitsprüfung bis hin zur Dokumentation – an einem Computer bearbeiten. So ist an jedem Arbeitsplatz die systematische Ablei- tung von Handlungsprioritäten möglich, und jeder Betrieb kann gefährdungsab- hängige Maßnahmenstufen ermitteln. Arbeitsschutz Schutzleitfäden beschreiben konkret und übersichtlich, wie die Maßnahmen umge- Sichere Treppen setzt werden können. Außerdem können Anwender gleichzeitig mit dem Programm U nfälle auf Treppen stellen seit jeher einen Schwerpunkt des Unfallgeschehens dar. Dies gilt für den Heim- und Freizeit- bereich ebenso wie für den Bereich der Arbeit. Darauf weist ein Gefahrstoffverzeichnis nach Gefahr- stoffverordnung erstellen. Alle Daten bleiben bei der EMKG-Soft- die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ware auf dem Rechner des Nutzers, denn hin. Angesichts der Häufigkeit und Folgenschwere der Unfäl- das Programm ist als „Desk-based-Soft- le zeigt die BAuA Präventionsmaßnahmen auf. Ist ein Unfall ware“ konzipiert. Ein Internetzugang wird passiert, erbringt die herkömmliche Überprüfung der Treppe lediglich für Aktualisierungen benötigt oftmals keine Anhaltspunkte für die Unfallursache. Die Stufen oder wenn Verlinkungen genutzt waren nicht verschmutzt, sie hatten auch keine schadhaften werden sollen. Stellen, die Vorschriften waren eingehalten. In einer detail- Mit dem neuen Programm hat lierten Untersuchung der Berufsgenossenschaft für den Ein- die BAuA ein weiteres Produkt zelhandel traf dies auf 82 Prozent der Treppen zu, auf denen entwickelt, mit dem sich Ge- sich Unfälle ereignet hatten. Wo keine technischen Mängel fährdungen beim Umgang ins Auge fallen, schlussfolgert man oft, dass die Unfallursache mit Gefahrstoffen sys- beim Nutzer liegen müsse. „Unachtsamkeit“, „Ungeschick“, tematisch beurteilen „Unkonzentriertheit“ lautet dann die Diagnose – die aber die lassen. In der betrieb- Treppe nicht sicherer macht. lichen Praxis einge- Gewiss tragen auch Verhaltensfehler zum Unfallgeschehen auf setzt wird bereits das Treppen bei. Aber: Wo eine Treppe im technischen Sinne als „EMKG kompakt“, intakt angesehen wird, können sich dennoch schwerwiegende bestehend aus der Taschenscheibe, mit Gestaltungsmängel verbergen. Diese Mängel liegen in einer der sich Gefährdungen durch Einatmen schlechten Anpassung der baulichen Parameter (zum Beispiel beurteilen lassen, und die Taschenkarte, Abmessungen von Stufen und Podesten, Beschaffenheit von die bei Gefährdungen durch Hautkontakt Auftrittsflächen und Stufenkanten) und der Wahrnehmungs- eingesetzt werden kann. Für die Beurtei- Information bedingungen (wie Beleuchtung, Farbigkeit, Kennzeichnung) an lung von Gesundheitsgefährdungen vor die Bewegungssteuerung des Menschen. Eine 40-seitige Bro- Axel-Rüdiger Schulze Ort steht das „EMKG kompakt“ als App schüre „Funktionelle, sichere und nutzerfreundliche Treppen“ Tel.: 0761 3858-264 für Smartphones zur Verfügung. sch ist bei der IHK und bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und axel-ruediger.schulze@ Arbeitsmedizin erhältlich. sch freiburg.ihk.de www.baua.de/emkg 14 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
Wettbewerb Arbeitsschutz Deutscher Gefahrstoffpreis Hilfestellung bei künstlicher ausgeschrieben optischer Strahlung B is Ende März können sich Einzelperso- nen, Personengruppen, Unternehmen und Organisationen um den zehnten Deut- Z ur Konkretisierung der Anforderungen der Arbeitsschutz- verordnung zu künstlicher optischer Strahlung wurde eine neue vierteilige Technische Regel veröffentlicht. Sie gilt im schen Gefahrstoffschutzpreis bewerben. Wellenlängenbereich von 100 Nanometer bis 1 Millimeter Gesucht werden praktische Lösungen, die und betrifft daher unterschiedliche Anwendungen von opti- den Umgang mit Gefahrstoffen sicherer scher Strahlung in Betrieben wie beispielsweise Schweißen, machen. Der Preis des Bundesministeri- Lacktrocknung, Metallschmelzen oder auch Arbeiten mit ums für Arbeit und Soziales (BMAS) ist mit Gasbrennern. 5.000 Euro dotiert. Infrage kommen die Die „Technische Regel Entwicklung und Einführung weniger ge- Optische Strahlung – In- die Neue regel fährlicher Stoffe, Produkte und Verfahren kohärente optische Strah- genauso wie modellhafte Lösungen für si- lung“ (TROS IOS) enthält Die neue TROS IOS besteht aus folgenden Teilen: cherheitstechnische, organisatorische und spezifische Hilfestellun- hygienische Anforderungen beim Umgang gen zur Durchführung der • TROS IOS Teil: Allgemeines mit Gefahrstoffen. Als preiswürdig gelten Gefährdungsbeurteilung, • TROS IOS, Teil 1: Beurteilung der Gefährdung auch Initiativen im Bereich der Schulung, bei der ein Aspekt direk- • T ROS IOS, Teil 2: Messungen und Motivation oder Beteiligung von Beschäf- te oder indirekte Gefähr- Berechnungen von Expositionen tigten sowie besondere Verdienste um dungen durch optische • TROS IOS, Teil 3: Maßnahmen zum Schutz das Erkennen stoffbedingter Gefahren am Strahlung sein kann. Eine vor Gefährdungen Arbeitsplatz und der öffentliche Einsatz für verkürzte Gefährdungsbe- den Gefahrstoffschutz. urteilung ist möglich für Formlose Bewerbungen können bis Tätigkeiten, bei denen nur zum 31. März an die Bundesanstalt für eine Exposition durch Strahlungsquellen geringer Gefährdung Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ge auftritt (zum Beispiel die bestimmungsgemäß verwendete richtet werden. Die Ausschreibung und und nach Arbeitsstättenverordnung ausgeführte Raumbe- Beispiele guter Praxis aus den vergange- leuchtung). nen Wettbewerben wurden im Internet Information Nach Einschätzung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und auf der unten stehenden Seite veröffent- Axel-Rüdiger Schulze Arbeitsmedizin sind eine Vielzahl von Arbeitsplätzen betroffen, licht. sch Tel.: 0761 3858-264 während gleichzeitig oft nur unzureichende Kenntnisse über axel-ruediger.schulze@ die erforderlichen Schutzmaßnahmen vorhanden sind. Die www.baua.de/gefahrstoffschutzpreis freiburg.ihk.de neue TROS IOS gibt es bei der IHK.sch ANZEIGE
recht Datenschutz Notarielle Beurkundung in der Schweiz Vorsicht beim In Trippelschritten Datentransfer zur Rechtssicherheit B ei Konzernen ist es üblich, bestimmte Aufgaben auf einzelne Konzerngesell- schaften zu übertragen. Hierdurch können N otargebühren in Deutschland steigen mit dem Wert des zu beurkundenden Geschäfts bis zu einem Maximalbetrag von derzeit 53.170 Euro pro Angelegenheit und sind nicht verhandel- Prozesse optimiert und Kosten gespart bar; selbst wenn der Notar wollte, dürfte er für seine Tätigkeit werden. Problematisch ist das allerdings, nicht weniger verlangen. In der Schweiz können Notargebühren wenn personenbezogene Daten (zum Bei- dagegen (zum Beispiel auf Stundensatzbasis oder pauschal) frei spiel Kundendaten, Mitarbeiterdaten) von vereinbart werden und sind damit häufig niedriger. Das führte einer Konzerngesellschaft zu einer anderen dazu, dass Unternehmenskaufverträge in der Vergangenheit oft Konzerngesellschaft gelangen. Dieser Da- in der nahen Schweiz beurkundet wurden. Der Bundesgerichts- tentransfer wird rechtlich genauso behan- hof (BGH) hatte bei Übertragung von GmbH-Anteilen die Beur- delt wie ein Transfer zwischen zwei völlig kundung von Schweizer Notaren in bestimmten Kantonen (zum unabhängigen Gesellschaften. Und ein sol- Beispiel Basel) als gleichwertig mit der vor deutschen Notaren cher Transfer ist nur dann zulässig, wenn anerkannt. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung er durch Einwilligung, Gesetz oder andere des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (Mo- Rechtsvorschrift ausdrücklich erlaubt ist. MiG) 2008 war dies zweifelhaft, unter anderem weil der Notar Andernfalls handelt es sich um eine buß- nunmehr für die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste geldbewehrte Ordnungswidrigkeit. bei von ihm beurkundeten Anteilsabtretungen zuständig ist. Solange die empfangende Konzerngesell- Der BGH hat nun entschieden, dass die geänderte Gesellschaf- schaft innerhalb der EU beziehungsweise terliste nicht allein deshalb vom Registergericht zurückgewiesen innerhalb des Europäischen Wirtschafts- werden darf, weil sie von einem Basler Notar eingereicht wird raums sitzt, lässt sich in der Regel durch (BGH vom 17.12.2013, Az. II ZB 6/13). Eine Auslandsbeurkundung entsprechende vertragliche Gestaltung ist vielmehr auch nach dem Inkrafttreten des MoMiG möglich, und Anpassung der internen Prozesse eine sofern sie einer Beurkundung in Deutschland gleichwertig ist. Der rechtskonforme Lösung finden. Schwieri- ausländische Notar muss hierfür eine ähnliche Ausbildung und ger ist dies, wenn der Empfänger außerhalb Stellung wie sein deutscher Kollege und ein in den Grundsätzen der EU oder des EWR sitzt und es sich noch entsprechendes Verfahrensrecht zu beachten haben. Ob das bei dazu um sensible Daten (zum Beispiel über einem Baseler Notar (weiterhin) erfüllt ist, hat der BGH leider Gesundheit oder Gewerkschaftszugehörig- nicht entschieden. Dies wird zum Teil angezweifelt, seit nach keit) handelt. Dann kommen als Lösungs- Schweizer Recht die Übertragung von GmbH-Anteilen nicht mehr möglichkeiten in Betracht: der Beurkundung bedarf. Ein Risiko bei der Beurkundung in der (a) die Einwilligung der Betroffenen, was Schweiz verbleibt, bis der BGH ausdrücklich die Gleichwertigkeit allerdings im Arbeitsverhältnis oftmals als der Beurkundung zum Beispiel eines Baseler Notars mit der eines unzulässig erachtet wird deutschen Notars feststellt. Gerhard Manz (b) eine Anonymisierung der Daten vor dem Friedrich Graf von Westphalen & Partner Transfer (c) die Verwendung von EU-Standardklau- seln oder (d) die – sehr aufwendige – Einführung von konzernweiten verbindlichen Datenschutz- Bilder: zitze , XtravaganT, WoGi – Fotolia.com regelungen (sogenannte Binding Corpo- rate Rules, BCR). Auch angesichts dieser Schwierigkeiten wird die Einführung des Konzernprivilegs im Zuge der geplanten eu- ropaweiten Datenschutzverordnung heftig diskutiert. Aber bis dahin gilt: Vorsicht beim Datentransfer im Konzern. Frank Jungfleisch, Sebastian Hoegl Friedrich Graf von Westphalen & Partner 16 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
steuer EU stopft Steuerschlupflöcher Gegen die doppelte Nichtbesteuerung von Gewinnen S chon lange sind der EU Steuerschlupflöcher ein Dorn im Auge, die durch die unterschiedlichen Steuersysteme in den Mit- gliedstaaten entstehen. Konzerne, in denen Mutter- und Tochter- Tochter-Richtlinie (RL 2011/96/EU) angenommen. Die Änderung sieht vor, dass der Mitgliedstaat der Mutter- gesellschaft Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften gesellschaften in Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Steuer- nur insoweit nicht besteuert, wie diese im Mitgliedstaat der Toch- systemen beheimatet sind, können sich solche Lücken zunutze tergesellschaft nicht als Aufwendungen steuerlich abgezogen machen. Insbesondere durch sogenannte Hybridanleihen kann werden können. Damit kann der Mitgliedstaat der Muttergesell- es zu einer doppelten Nichtbesteuerung von Gewinnen kom- schaft den im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft abzugsfähi- men, wenn diese im Mitgliedstaat der zahlenden Gesellschaft gen Teil der Gewinne besteuern. Über den Richtlinienvorschlag als Aufwendung steuerlich abzugsfähig und im Mitgliedstaat des entscheidet am 18. März noch der federführende Wirtschafts- Zahlungsempfängers als Gewinnausschüttung steuerbefreit sind. und Währungsausschuss, ehe der Vorschlag dann dem Plenum Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat am des Europäischen Parlaments zur Abstimmung vorgelegt wird. 11. Februar eine Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kom- Stefan Lammel mission für eine Richtlinie zur Änderung der sogenannten Mutter- Friedrich Graf von Westphalen & Partner Rückwirkung von Verträgen Ab wann ist man Mitunternehmer? B ei Übertragung von Gesellschaftsanteilen wird häufig ver- einbart, dass: • der Erwerber schuldrechtlich ab einem zurückliegenden sondern dem absolut wirkenden (dinglichen) Sachenrecht. Schuldrechtlich vereinbarte Rückwirkungen sind unbeachtlich und die Mitunternehmerstellung beginnt regelmäßig erst mit Stichtag als Gesellschafter behandelt werden soll (zum Bei- Bedingungseintritt. Eher irreführend sind dabei Formulierun- spiel für die Ergebnisbeteiligung ab Beginn des Geschäfts- gen wie die des Finanzgerichts Hamburg (18.10.2013, Az. 6 K jahres); 175/11): „Nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Per- • die dingliche Übertragung vom Eintritt einer Bedingung ab- sonengesellschaft ist auch Mitunternehmer“. Das ist insofern hängt (zum Beispiel Zustimmung des Kartellamts oder – zur falsch, als gerade kein Konflikt zwischen Zivil- und Steuerrecht Vermeidung einer Haftung bei Übertragung von Kommandit- vorliegt. Richtig ist vielmehr: „Nicht jeder, der nach Vertrag anteilen – Eintragung ins Handelsregister). wie ein Gesellschafter einer Personengesellschaft behandelt Steuersachverhalte können aber immer nur für die Zukunft ge- werden soll, ist auch Mitunternehmer.“ Eine schuldrechtlich staltet werden, und es darf nicht zur Verlagerung von Einkünf- mögliche Rückwirkung ist steuerlich irrelevant. ten vom Veräußerer auf den Erwerber kommen. Das Steu- Stefan Lammel errecht folgt daher nicht schuldrechtlichen Vereinbarungen, Friedrich Graf von Westphalen & Partner ANZEIGE
arbeitsmarkt Erstmals deutsche Halle auf der größten Jobmesse im Elsass Der lohnende Blick über Die 19-jährige Französin Maryline Frisch macht eine Ausbildung zur Einzelhan- delskauffrau und berichtete am Stand der Lebensmittelmärkte der Hieber‘s Frischecenter KG von ihren Erfahrungen. Unterstützt wurde sie von Marvin Palatini, Assistent der Geschäftsleitung. für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt in der Region zu werben. Das Interesse der Franzosen an der dualen Ausbildung und daran, in Deutschland zu arbeiten, sei groß gewesen, bilanzierten sowohl IHKs als auch Unternehmen. Die Qualifikation der zumeist jungen Franzosen reichte von Facharbeiter bis hin zum Ingenieur. Im kommenden Jahr will die IHK Südlicher Oberrhein und wahrscheinlich auch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg wieder bei der Jobmesse am 23. und 24. Janu- ar präsent sein und sucht weitere Unter- nehmen, die als Aussteller elsässischen Nachwuchs anwerben. Zu den Ausstellern zählten das Fünf Sterne F 3.000 Quadratmeter, knapp 80 südba- achkräftemangel in Südbaden, eine Superior Hotel Colombi, Ganter Interior, Jugendarbeitslosigkeit von 20 Pro- die Spedition Klotz, die Sick AG, einige dische Firmen, Ausbildungsstätten und zent im Elsass – dieses Ungleichge- Edeka-Märkte und viele mehr. Die Ausstel- Institute sowie über 20.000 Besucher – wicht wollen deutsche und französische ler stammten aus den IHK Bezirken Südli- auf dem jährlich stattfindenden„Salon Politiker, Arbeitsmarktexperten sowie cher Oberrhein und Hochrhein-Bodensee. Wirtschaftsvertreter abschwächen. In- Bisher hat das Colombi fünf französische Régional Formation Emploi“ in Colmar zwischen kooperieren die französischen Mitarbeiter, sagte der geschäftsführende steigt das Angebot an Jobs und Aus- und deutschen Arbeitsagenturen mitein- Direktor Michael Sänger. Das seien aller- ander, und auf der größten elsässischen dings keine Lehrlinge. Sänger hatte vor, bildungsmöglichkeiten in Deutschland. Jobmesse in Colmar präsentieren sich auf auf der Messe zu schauen, „wie es sich Ende Januar präsentierten sich erstmals Anregung der IHK Südlicher Oberrhein entwickelt und wer anzutreffen ist“. Der deutsche Aussteller Arbeit suchenden zunehmend deutsche Unternehmen. Fachkräftemangel sei in der Luxushotel- Am 24. und 25. Januar waren auf dem lerie noch nicht so gravierend, dennoch französischen Jugendlichen in einer „Salon Régional Formation Emploi“ erst- wolle er die deutsch-französische Allianz eigenen Halle. Die IHK Südlicher Ober- mals in einer von IHK und Arbeitsagen- unterstützen und frühzeitig die Weichen rhein hat viele Unternehmen akquiriert. tur gemieteten deutschen Halle knapp stellen für die Zukunft, wenn es schwieri- 80 Aussteller aus Südbaden vor Ort, um ger werde, geeignetes Personal zu finden. Sie war, ebenso wie die IHK Schwarz- sich bei den französischen Jugendlichen wald-Baar-Heuberg, mit einem Stand und Arbeit suchenden Fachkräften vorzu- stellen. Wie die IHK Südlicher Oberrhein Für die Zukunft rüsten vertreten. war die Arbeitsagentur Freiburg an einem Benno Bohn von der Sick AG in Waldkirch Stand vertreten, um Tipps zur Bewer- hatte ein von Azubis selbst entwickeltes bung in Deutschland zu geben und den und gebautes Mastermindspiel als Attrak- jungen Menschen die duale Ausbildung tion mitgebracht. Der Ausbildungsleiter näherzubringen. Am zweiten Messetag erklärte, ähnlich wie bereits Sänger for- war auch die IHK Schwarzwald-Baar- muliert hatte, mit dem Stand wolle man Heuberg mit einem Stand präsent, um sich für die Zukunft rüsten. Noch kann Sick 18 Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014
den Tellerrand alle Stellen besetzen. Bei den technischen zeigte eine Podiumsdiskussion zur Eröff- Stelle in Deutschland als attraktiver wahr- Berufen werde es, anders als bei den kauf- nungsfeier der Messe in der deutschen genommen wurde, wenn sie näher an der männischen zunehmend schwieriger. Des- Halle. Deutsche und französische Vertre- Grenze lag. Steffen Auer, Präsident der IHK wegen sei es wichtig, junge Menschen ter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft Südlicher Oberrhein, der selbst sieben El- für diese Berufe zu begeistern, besonders äußerten sich zum Thema „Die deutsch- sässer eingestellt hat, erklärte, man arbeite angesichts des demografischen Wandels. französische Allianz: Arbeit und Ausbildung daran, die beiden Ausbildungsordnungen Maryline Frisch, eine 19-jährige Französin ohne Grenzen“. anzugleichen. Er bedankte sich bei der Ré- aus Hégenheim (Bild links), ist die zwei- Peter Friedrich, Minister für Bundesrat, Eu- gion Alsace. Denn nach einem deutsch- te Auszubildende aus Frankreich, die im ropa und internationale Angelegenheiten französischen Abkommen vom vergange- Oktober 2013 bei Hieber‘s Frischecenter des Landes Baden-Württemberg, machte nen Jahr unterstützt das Elsass mit vier mit Hauptsitz in Binzen angefangen hat. auf die Unterschiede zwischen Deutsch- Millionen Euro elsässische Jugendliche, Sie machte zusammen mit dem 18-jähri- land und Frankreich in den Systemen der die in Deutschland arbeiten wollen, etwa gen Franzosen Joel Weber aus Huningue, beruflichen Aus- und Weiterbildung auf- in Form von kostenlosen Deutschkursen. ebenfalls Auszubildender, eine kaufmän- merksam. Ziel der Politik sei es zwar nicht, Friedrich nannte die Sprachbarriere als nische Ausbildung im Einzelhandel und die sehr unterschiedlichen Verwaltungs- Hürde. Viele junge Elsässer sprechen rührte am Stand mit ihren Hieber-Kollegen systeme anzugleichen, sondern, die Vor- keinen Dialekt mehr und haben wenig die Werbetrommel. Ihr Chef Karsten Pabst aussetzungen für Kooperationen von deut- Deutschkenntnisse. Auer wies auf eine war auch mit dabei und beantwortete Fra- schen und französischen Berufsschulen zu neue zweisprachige Lehrstellenbörse gen zum Unternehmen. Als Prokurist ist er schaffen. Eine gemeinsame Ausbildung der IHK Südlicher Oberrhein hin, für die für zwölf Edekamärkte, hauptsächlich im werde angestrebt, die Berufsorientierung auch auf der Jobmesse geworben wurde Landkreis Lörrach, zuständig. an Schulen solle etwa in Form von Praktika (www.ihk-azubi-apprenti.eu). Raimund Die Französin berichtete, sie könne sich in deutschen Betrieben verstärkt werden. Becker, Vizepräsident der Bundesagentur gut verständigen, manchmal fehlten ihr für Arbeit, informierte über die Kooperati- aber noch die deutschen Wörter, um al- on der Arbeitsagenturen in Kehl und Straß- les, was sie verkauft, beim Namen zu nen- Wege über Brücken bauen burg. Jeden Tag werde dort eine Person nen. Sie sei aber fest davon überzeugt, Zudem sei es nötig, die öffentlichen Ver- über die Grenze vermittelt. Christiane Roth von der Ausbildung profitieren zu können, kehrsmittel im Grenzgebiet zu optimieren, vom CCI de Colmar et du Centre-Alsace da sie dadurch ihre Sprachkenntnisse in beispielsweise durch grenzübergreifende (französische IHK) nannte die Runde Deutsch und damit ihre Karrierechancen Fahrtickets. „Wege über Brücken“ müss- „symbolisch“, „mehr Zeit“ sei nötig, um verbessere. Nach der Ausbildung möch- ten gebaut werden. Nach einer Studie un- die gemeinsamen Pläne umzusetzen.ew te sie weiterhin in Deutschland arbeiten. ter 1.200 Arbeitslosen im Elsass konnten Aufmerksam auf ihren Arbeitgeber war sich drei Viertel der Befragten vorstellen, kontakt sie auf einer Jobmesse in Saint-Louis in Deutschland zu arbeiten. „Das war eine Ansprechpartner für die nächste Jobmesse geworden. große Überraschung“, berichtete Friedrich. in Colmar am 23. und 24. Januar 2015: Luis Weiler, Geschäftsführer von Ganter Die Studienteilnehmer bemängelten, sie Frédéric Carrière | IHK Südlicher Oberrhein Interior aus Waldkirch, hatte seine Ge- wüssten zu wenig über konkrete Angebo- Tel.: 07821 2703-650, schäftsreise nach China unterbrochen, um te. Weiterhin ergab die Studie, dass eine frederic.carriere@freiburg.ihk.de auf der Jobmesse in Colmar persönlich dabei zu sein. Auch er hat die demografi- sche Entwicklung im Blick und wollte da- her frühzeitig auf der großen Jobmesse mit einem Stand Werbung für sein Unter- nehmen machen. Mit dabei war sein fran- zösischer Kollege aus Paris, Bruno Huvé, der die französische Tochtergesellschaft leitet. Aktuell seien vor allem fertig aus- Zahlreiche Jugendli- gebildete Fachkräfte für ihn interessant. che und auch einige „Die Politik muss erst noch die Vorausset- Eltern, Lehrer sowie Bilder: Weidling zungen für die grenzüberschreitende duale ältere Arbeitssu- Ausbildung schaffen“, stellte er fest. Dass chende kamen zur Weiler mit seiner Einschätzung recht hat, Jobmesse in Colmar. Wirtschaft im Südwesten 3 / 2014 19
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