Advent/Weihnachten 2020 - Magazin der Pfarrei St. Johann Baptist Gröbenzell - Was Gott ist Ein Theologe gibt Antwort S. 6
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Magazin der Pfarrei St. Johann Baptist Gröbenzell Advent/Weihnachten 2020 Was Gott ist Wo ist die Kirche? Die Pfarrei Ein Theologe gibt Antwort S. 6 Interview S. 18 in Pandemiezeiten S. 24
2 Veranstaltungen und Feste im Jahreskreis Editorial 3 Advents- und Weihnachtszeit 2020 Liebe Leserinnen und Leser des neuen Impulse-Heftes! W er ist Gott? – Gott ist der, der Beziehung und zu entdecken, wo ich »da« sein Frauentragen Weihnachtsgottesdienste schenkt; kein abstraktes »es«, sondern kann. Die Aussendung der Marienstatue für den Do 24. Dezember, Heiligabend ein liebendes »du«. Ich wünsche Ihnen und mir, gera- alten Brauch des Frauentragens findet die- Kinder- und Familienweihnacht In der Bibel wird dies sehr an- de im Advent, der Zeit der Ankunft, ses Jahr im Gottesdienst am Sonntag, 29. 14:00 Uhr in der Pfarrkirche schaulich in der Berufungsge- immer wieder neue Ideen, den November um 10:00 Uhr statt. 14:00 Uhr auf der Kindergartenwiese schichte des Mose: «Ich-bin-da» in die Welt zu tragen. Rorate 15:30 Uhr in der Pfarrkirche 15:30 Uhr auf der Kindergartenwiese Da sagte Mose zu Gott: »Gut, Ihre Jessica Tomkin An jedem Mittwoch im Advent (am 2., ich werde also zu den Israe- 17:00 Uhr in der Pfarrkirche 9., 16. und 23.12.) wird in der Pfarrkirche 17:00 Uhr auf der Kindergartenwiese liten kommen und ihnen sagen: um 6 Uhr ein Rorateamt, ein Gottesdienst Christmette ›Der Gott eurer Väter hat mich ohne elektrisches Licht nur mit Kerzen- 21:00 Uhr in der Pfarrkirche schein, gefeiert. zu euch gesandt.‹ Da werden sie mich fragen: ›Wie 23:00 Uhr in der Pfarrkirche Bitte eine Kerze mitbringen. heißt er?‹ Was soll ich ihnen darauf sagen?« Da ant- Fr 25. Dezember, 1. Weihnachtsfeiertag wortete Gott dem Mose: »Ich bin der Ich-bin-da«. Besondere 8:00 Uhr Festgottesdienst Und er fuhr fort: »So sollst du zu den Israeliten sa- 10:00 Uhr Festgottesdienst Gottesdienste im Advent 19:00 Uhr Weihnachtliches Abendlob gen: ›Der Ich-bin-da hat mich zu euch gesandt.‹« Inhalt Sa 28. November Hinweis: Zu all diesen Gottesdiensten wer- (Ex 3,13-14) 17:00 Uhr Ökumenische Andacht Titelthema Ich bin da den Eintrittskarten benötigt. Die Eintritts- Ich-bin-da ist kein Existenz-, sondern ein Bezie- mit Adventskranzsegnung karten werden am Samstag und Sonntag 6 Was Gott ist auf dem Rathausplatz hungsname. »Ich-bin« verheißt und verspricht 10 Ich bin (nicht) da des 3. und 4. Advents vor und nach den So 29. November, 1. Advent Gottesdiensten ausgegeben. Die Restkar- uns, dass er »da« sein wird. 12 Umfrage: Die Suche nach Gott 17:00 Uhr Taizé-Gebet ten liegen ab den 21.12. in der Kirche aus. In Zeiten von Corona ist vieles schwer erträglich. 16 Soziales Engagement der Kirche So 6. Dezember, 2. Advent Sa 26. Dezember, 2. Weihnachtsfeiertag Wann können wir uns wieder in den Arm neh- 18 Wo ist die Kirche? – Interview 17:00 Uhr Musik & Gebet 10:00 Uhr Gottesdienst men? Wann können wir uns wieder normal besu- 20 Da sein für andere chen? Wann muss ich nicht mehr um meine Exi- 28 Gottes Ja, unsere Verantwortung Sa 12. Dezember Fr 1. Januar, Neujahr 16:30 Uhr Musik & Gebet 8:00 Uhr Festgottesdienst stenz bangen? Wann können die Kinder wieder So 20. Dezember, 4. Advent 10:00 Uhr Festgottesdienst Erinnerungen sammeln, in denen keine Masken Weihnachten Mi 6. Januar, Heilig Dreikönig das Gesicht bedecken? 15 Nachhaltigkeit beim Christbaumkauf 17:00 Uhr Musik & Gebet 17 Weihnachtsaktion von Adveniat 8:00 Uhr Festgottesdienst Hier ist die Zusage tröstlich: Gott ist der Ich-bin- Neujahrskonzert 10:00 Uhr Jung&Alt-Gottesdienst da. Er ist für jede Einzelne und jeden Einzelnen Der Förderverein Geistliche Musik veran- (gestaltet mit den Sternsingern) von uns da. Wir dürfen auf seinen Schutz und sei- Aus der Pfarrei staltet am Mi 6. Januar um 16:30 Uhr sein nen Beistand vertrauen. Auch wenn wir nicht al- 22 Neuer Glaubenskurs – Rückblick traditionelles Neujahrskonzert. Sternsinger les verstehen, was Gott zulässt oder uns zumutet. 23 Ökumen. Exerzitien im Alltag Die Sternsinger unserer Pfarrei werden – 24 Die Pfarrei in Pandemiezeiten Gestaltung Titelbild und Rückseite: Bettina Thöne Bitte beachten: so die Coronamaßnahmen es erlauben – am Dieses neue Pfarrmagazin lädt uns ein, die Aus- Aktuelle Termine und Informationen stehen 28 Katholischer Filmclub 6.1. (Gröbenzell Süd) und 7.1.2021 (Grö- sage »Ich bin da« unter vielfältigen Aspekten zu 29 Freud und Leid im Pfarrblatt; Gottesdienstzeiten in der Got- betrachten. Doch bevor es jetzt ans Weiterlesen tesdienstordnung. Beide Faltblätter erschei- benzell Nord) wieder unterwegs sein, um 30 Kirchenmusik nen alle zwei Wochen, liegen in der Kirche aus Spenden für Not leidende Kinder in aller Welt geht... und sind auch im Internet zu finden. zu sammeln. Das Leitwort der Aktion Dreikö- Ich-bin-da! – Bin ich da? Rubriken nigssingen 2021 lautet: „Kindern Halt geben Diese Frage stellt sich mir im Umkehrschluss. in der Ukraine und weltweit!“ 2 Termine Wenn Gott mich zur Nachfolge ruft, dann gibt er 3 Editorial Nähere Informationen sind ab dem 1. Advent auch mir den Auftrag, für die Menschen »da« zu 4 Nahaufnahme auf der Website der Pfarrei zu finden. sein. Gerade in der Zeit der zweiten Welle brau- 14 Familie chen viele Menschen ein Gegenüber. Jetzt gilt es 30 Impressum www.johann-baptist.de 31 Impulse erneut, die Augen, Ohren und Herzen zu öffnen
4 Nahaufnahme Nahaufnahme 5 2 Das etwas andere Interview mit... nach einer stimmungsvollen Messe mit Kerzenlicht und Musik noch ein feines Josefa Raisin Frühstück mit Gemeinschaft bereiten. Du sollst den Herrn, deinen Gott, Von Christa Pröbstl Und weil unsere Rorate-Frühstücke ja nur anbeten und fröhlich sein über all im Advent stattfinden, trifft sich das Team das Gute, das er dir gegeben hat. Josefa Raisin kam 1934 in München zur Welt. Nach Realschule und Frauenfach- über´s Jahr regelmäßig zum Stammtisch. Deuteronomium 26,11 schule ließ sie sich zur staatl. anerkannten Diätassistentin ausbilden. Ihr Be- Ein großartiger Zusammenhalt! ruf führte sie über verschiedene Kliniken in Zürich und München zum Stu- Gott... dentenwerk. Flexibel wie sie schon immer war, arbeitete sie dann 20 ...ist für mich Geborgenheit, Hilfe im All- fragen: ›Was wird und kann noch kom- Jahre, bis zur Rente, in einer Firma für Maßkonfektion. Seit 1986 tag. Gott lässt mich nicht fallen. Gott – der men?‹, sondern sagen: ›Ich bin gespannt, lebt sie in Gröbenzell und ihre Flexibilität wurde bald auch in »Ich bin da«. was Gott jetzt mit mir vorhat.‹« der Pfarrei legendär. Sie »gschaftelt halt in der Küche«, wie Lachen... Der Tod... sie gern sagt und wurde dabei so etwas wie die »heim- ...ist für mich ein Geschenk! Den Humor hat mir mein Vater vererbt. Ich lache gern ...ist das Ende unseres irdischen Lebens. liche Chefin der Pfarreiküche« In ihrem Engagement ist Wir Christen vertrauen darauf, dass wir in sie sogar ökumenisch unterwegs und steht zweimal über mich selbst. Man sollte sich selbst der Ewigkeit erwartet werden. Ich hoffe, jährlich beim Seniorentreff in der Küche der ev. nicht immer so ernst nehmen. dass ich bewusst sterben kann, wenn mei- Zachäusgemeinde. Von 2006-2010 war Josefa Freude... ne Erdenzeit zu Ende geht. Raisin Mitglied des Pfarrgemeinderats. Bis ...hab ich an vielen kleinen Dingen: Wenn Mein Lebensmotto... heute gehört sie dem Rorate-Frühstücks ich auf meinem kleinen Acker im Kraut- garten stehe und vieles wächst, was ich ...bringt ein Zitat von Nelson Mandela team an und übernimmt immer noch auf den Punkt: »Das Größte, was man er- gar nicht gesät oder gepflanzt habe. Wenn die Küchendienste bei unzähli- reichen kann, ist nicht, nie zu straucheln, mich liebe Freunde und meine Verwand- gen Veranstaltungen. Von ihrem ten anrufen. Freude bereitet mir auch Mu- sondern jedes Mal wieder aufzustehen.« gern verwendeten »Jetzt geb sik, vor allem wenn auf der Orgel Bach Der Papst... i aber a Ruah!« ist sie also ertönt. Seine Matthäuspassion oder das ...braucht dringend modernere und zeitge- noch weit entfernt... Weihnachtsoratorium höre ich auch gern, mäßere Gottesmänner, die ihm, anstatt ihn wenn es mir einmal nicht so gut geht. zu blockieren, mit weiteren und noch wei- Verzichten... ter gehenden Ratschlägen zur Seite stehen. ...ist für mich gar kein Problem. Ich bin in Und er möge es ermöglichen, dass all die Kriegs- und Nachkriegszeiten aufgewach- vielen fähigen Frauen in ebenbürtige Äm- sen und weiß sehr genau, was Hunger ist... ter eingesetzt werden. Ob ich eine Verän- Mein Lieblingsbibeltext... Unsere Pfarrei... Und nun, in Pandemiezeiten, müssen wir derung noch erleben darf? ...ist Psalm 91, Vers 11: »Denn er befiehlt ...dürfte noch etwas offener sein für alle auf so manches verzichten. Ich halte Dankbarkeit... seinen Engeln, dich zu behüten auf all dei- »Neue« und Alleinstehende. Es hat lang es da gerne mit einem geistreichen Philo- ...spür ich, dass ich mich noch allein ver- nen Wegen.« So oft hab ich den Schutz er- gebraucht, bis ich das Gefühl hatte, an- sophen und römischen Kaiser namens Marc sorgen kann, dass ich so hilfsbereite fahren – mein Schutzengel war immer für genommen und angekommen zu sein. Es Aurel, der sagte: »Denke nicht so oft an das, Freunde und Nachbarn habe, dass ich mich da. Oft hab ich ihn gebraucht! Sym- sind natürlich beide Seiten gefordert. Ich was dir fehlt, sondern an das, was du hast.« noch kleine Wanderungen unternehmen bolisch dafür stehen über meinem Bett 13 habe halt meinen Mut zusammengenom- Angst... kann, dass ich gut schlafen kann, dass ich kleine Schutzengerl, die mir Freunde ge- men und hab bei einem Pfarrfest gefragt, immer noch gerne koche und mir das Es- ob ich helfen kann. Aber auch ohne ein ...gehört in vielen Situationen zum Leben. sen auch noch schmeckt! schenkt haben. Wenn ich an die kommenden Jahre denke Hilfsangebot müssen wir auf »Neue und Zum Schluss... Interessierte« mehr zugehen. und wie es mit weiter zunehmendem Al- 1 Das Rorate-Team... ter so wird? Und wie entwickelt sich die fürchterliche Corona-Pandemie? Aber ...möchte ich noch ein großes »Vergelt´s Gott« aussprechen: Die Haupt- und Ehren- Nicht Worte sucht Gott bei dir, ...ist einfach einmalig! Die Zusammenar- ich will der Angst nicht zu viel Raum ge- amtlichen unserer Pfarrei haben in dieser beit funktioniert ganz wunderbar; jede ben. Da hab ich jetzt auch wieder einen schlimmen Coronazeit mit viel Herzblut, sondern das Herz. tut nach ihrem Können, es geht Hand in »gscheiten« Spruch, dieses Mal von Sel- Vorsicht und Umsicht das Weiterleben in Augustinus Hand. So können wir vielen Besuchern ma Lagerlöf: »Man sollte nicht ängstlich unserer Pfarrei ermöglicht. Danke!!!
6 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 7 Was Gott ist Wenn alle Türen geschlossen 4 Gottes Güte, Allmacht und Versteh- Von Alexander Loichinger Und die Fenster verdunkelt sind, barkeit. darfst du nicht glauben, allein zu sein. Gott der Philosophie und Gott der Theologie Denn Gott ist bei dir und dein Schutzengel. An Gottes Güte kann niemand sinn- Von Friedrich von Spee, dem Jesuitenpa- stand die ganze antike Philosophie Gott Und weshalb sollten sie Licht brauchen, voll zweifeln, weil wir uns einem ter, der in Trier bei der Pflege pestkran- als unbewegten Beweger, von dem zwar um zu sehen, was du tust? Gott, der es nicht allen Wesen glei- ker Soldaten selbst an der Pest gestor- alles Sein und alle Bewegung ausgingen, Epiktet chermaßen (allgemeiner Heilswille) ben und im dortigen Dom begraben ist der selbst aber unbewegt blieb und von gut meint, nicht mehr rückhalt- und der mit seinem literarischen Dichter- nichts anderem abhing. Die Theologie los in Leben und Tod anvertrauen werk bis heute die Germanistik beschäf- übernahm diese Doktrin Gottes als per- ja auf dem Weg zum Horeb Gott sein Pro- könnten. Dagegen könnte man an Gottes tigt, stammt das Weihnachtslied: fektes Sein, das sein Wesen und seine Exis phetenamt zurückgab (1 Kön 19), dann Allmacht sehr wohl zweifeln, wie das die »O Heiland reiß die Himmel auf, herab, he- tenz aus sich selbst bezog, versah diese ließ sich Gott von beider Bitten und Kla- moderne Prozesstheologie von Alfred rab vom Himmel lauf. / Reiß ab vom Himmel Vorgabe aber mit dem Denkvorzeichen gen bewegen. Und wenn Gott solche North Whitehead und David Griffin tut. Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel des lebendigen Gottes der Bibel: Gott ist menschlichen Einwände ernst nahm, be- Um die Freiheit und Autonomie der Kre- für. / Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, nicht nur unveränderliches Sein, sondern reits gefasste Entschlüsse überdachte atur zu wahren, behauptet Whitehead, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? / O komm, lebendige Person, nicht nur reine Vernunft, und neu plante, dann waren das keine dass es zwei gleich ewige Prinzipien gibt: ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst sondern schöpferische Freiheit, nicht nur falschen »Anthropomorphismen«, son- Gott und die Welt. Gott schuf also die Welt uns hier im Jammertal.« weltentzogene Transzendenz, sondern dern Ausdruck der dem Menschen zuge- nicht aus dem Nichts, sondern das Uni- Der uralte Menschheitstraum nach Erlö- ansprechbares Du. wandten Seite Gottes, die sich von des versum mitsamt seinen Naturgesetzen sung ist hier ausgedrückt, dazu der weih- Menschen Leid und Not bewegen ließ ist Gott vorgegeben, d.h. Gott kann über nachtliche Glaube, dass dieses rettende Papst Benedikt XVI. wies darauf hin, dass und darauf Rücksicht nahm. Die Nähe den Weltprozess nicht restlos verfügen, er Heil mit der Geburt Christi auf Erden er- schon der Gottesname Jahwe selbst die- Gottes gehört seither zur Grundidee des kann Ordnung, Schönheit und komplexe schienen ist. se Dialektik ausdrückt. Denn wortsprach- christlichen Gottesbegriffs, sie wurde in Gebilde wie Galaxien oder intelligentes lich bedeutet Jahwe sowohl »der ich bin«, der weihnachtlichen Menschwerdung zur Leben nur auf dem Weg langwieriger und Aber was ist »Gott«, wie wird Gott in der d. h. der Ewige und Unwandelbare, als dichtesten Realität. leidverursachender Evolution entwickeln. Bibel erfahren? Aristoteles, der Begründer auch »der ich bin da«, d. h. der geschicht- Das erklärt, warum Gott den Menschen Gottes Güte, abendländischer Philosophie, hatte Gott lich Handelnde und Gegenwärtige. So je- erst so spät hervorbrachte, auch warum er Allmacht und Verstehbarkeit als notwendiges und darum unveränder- denfalls beschreibt es die sinnträchtige die vielen biologischen Sackgassen längst liches leidloses Sein definiert. Erkennt- Erzählung vom brennenden Dornbusch, Das wirft natürlich sofort die Frage auf, wieder ausgestorbener hominider Vor- nisleitend war die Idee, dass der Begriff wo Gott Mose erscheint und dieser ihn warum es dann in Gottes Schöpfung so fahren in Kauf nahm und warum er selbst göttlicher Vollkommenheit jede Verän- fragt, wer er denn sei (Ex 3). Diese Ge- viel Leid gibt. Die Sündenfallgeschichte, schlimmste humane Geschichtskatastro- derung, jede Leidens- bzw. Liebesfähig- schichte gehört zu den biblischen Schlüs- die das Leid der Welt als Strafe mensch- phen wie Kriege, Genozide, Au schwitz keit ausschließe. Denn was leidend und selerfahrungen, in deren Spur wir bis heu- licher Erbschuld erklärte, richtet hier we- oder grässlichste Folter nicht verhindert. bewegt sei, sei eben noch nicht ans Ziel te glauben. Gottes Liebe ist nie unbewegt, nig aus, seitdem wir durch die evoluti- Freilich kann ein solcher nicht-allmächti- gelangt und habe die eigene Vollendung sagte Augustinus, Gottes unerschöpfliche ven Naturwissenschaften wissen, dass die ger Gott dann auch nicht die Toten zum noch nicht erreicht. Aus dem Grund ver- Allmacht kann nie untätig bleiben, be- Welt von Gott noch nie besser eingerich- ewigen Leben auferwecken. Darin be- tonte Origenes und Jürgen Moltmann for- tet war. Angesichts frappanter Naturka- steht aber der unverzichtbare Kern christ- derte, dass darum auch Gottes tätiges Mit- tastrophen wie Tsunamis, Dürre, Meteori- licher Glaubenshoffnung. Was Gott ist, 3 leid und Erbarmen im Zentrum jeder Theo- teneinschläge, Erdbeben und angesichts wird in Ewigkeit logie zu stehen habe. menschlicher Geschichtskatastrophen wie So bleibt nur die dritte Option: die Strei- Hiroshima oder Auschwitz fordert der jü- chung von Gottes Verstehbarkeit. Dann kein Mensch ergründen, Wenn daher Abraham angesichts des dische Philosoph Hans Jonas, dass wir kann man wie der Theologe Karl Rahner doch will er treu sich Strafgerichts von Sodom und Gomorra uns zwischen den drei Kernattributen, die sagen, die Unbegreiflichkeit des Leids sei ein allezeit mit uns verbünden. Gott von fünfzig auf zehn Gerechte he- traditionellerweise Gott zugesprochen Stück der Unbegreiflichkeit Gottes selbst. Conrad Ferdinand Meyer runterhandelte (Gen 18) oder wenn Eli- werden, entscheiden müssen: zwischen Das ist keine leicht dahingesagte Aus-
8 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 9 flucht, sondern verweist auf einen letzt- gekehrte Richtung des allgemeinen Nie- ten Fortschrittslogiken und idealistischen entscheidenden Zusammenhang. 5 dergangs und des moralischen Verfalls, Geschichtsphilosophien nur wenig üb- Liebe Deine Geschichte, die dann in den Zustand der eigenen Auf- rig. Denn diese harte Apokalyptik weist in »Siehe ich mache alles neu …« denn sie ist der Weg, lösung oder, je nachdem wie groß die ver- eine ganz andere Richtung. Sie nimmt die Wir sprechen heute viel von Geschich- den GOTT mit Dir gegangen ist. fügbaren Mittel sind, in den Zustand der Tatsache ernst, dass Geschichte weder li- te und wir verstehen Natur und Kultur als Leo Tolstoi zivilisatorischen Selbstzerstörung treten. near noch harmonisch verläuft, sondern evolutiven Prozess. Aber dieses Bewusst- gerade aus den vielfach gebrochenen Ir- sein der Geschichtlichkeit gründet we- Die Frage aber, warum Gott solche Risiken ritationen besteht, die nur wenig von ih- sentlich auf dem biblischen Gottes- und tion für dynamische Entwicklung, Evoluti- zulässt bzw. warum die Welt so leicht an- rem letzten Sinn verraten. Weltbild. Denn zur Grundidee christlicher on und Geschichte das neuzeitliche Auto- fechtbar zwischen gut und böse, sinnvoll Geschichtstheologie gehört, dass Gott nomie- und Fortschrittsbewusstsein be- und absurd, Leben und Tod, Heil und Un- Ein religiös ernsthafter Glaube hat nie ver- reine Aktivität und schöpferische Freiheit flügelt hat, mit dem die Moderne in ihren heil dahinschwankt, führt uns wieder zu gessen, dass die Welt und alles, was sie ist. Seitens Bibel und Theologie war damit beiden mächtigen Mitteln von Naturwis- Gottes Unbegreiflichkeit zurück, die al- enthält, zwar Ausdruck göttlichen Wil- eine Wertentscheidung getroffen. Gott senschaft und Technik bis heute die Welt les menschlich Erstrebte und Gemach- lens ist, dieser aber gerade in seiner Un- hat die Welt nicht fertig erschaffen (Krea- in Besitz nimmt und in ständiger Reich- te relativiert und uns mit einem das Le- begreiflichkeit sein tiefstes Wesen offen- tionismus, Konstanztheorie), denn erst der weitenvergrößerung sich immer noch ben lenkenden Gott konfrontiert, der bart. Die Dinge sind so, wie sie sind, weil geschichtlich-evolutive Weltprozess lässt mehr Welt verfügbar macht. Allerdings von sich sagt: »Meine Gedanken sind nicht Gott wollte, dass sie so sind – nicht aus aus der Welt das werden, was sie vor Gott leidet unsere Gegenwartsgesellschaft eure Gedanken, und eure Wege sind nicht der Notwendigkeit durchschaubarer Ver- werden soll; erst in der aktiv gemeisterten an drei Unbehagen, wie es der Soziologe meine Wege«. So lesen wir es bei Jesa- nunft, sondern aus der Unableitbarkeit Lebensgeschichte arbeitet sich das indivi- Charles Taylor nennt: erstens an der Ent- ja (Jes 55,8), und die negative Theologie, seines göttlichen Willens. Das gilt auch duelle Ich hervor, das es in Ewigkeit sein zauberung des Lebens, das allein auf be- der große Antipode zur rational erklären- für das alles überholende Zukunftshan- soll. Von Anfang an galt die biblische Opti- rechenbares Wissen setzt und das Gefühl den Begriffstheologie, verweist mit noto- deln Gottes, »denn schon erschaffe ich ei- on nicht der Bewahrung, sondern ihr kam für höhere Zwecke, Sinn und Geheimnis rischer Penetranz auf die fremde, abgrün- nen neuen Himmel und eine neue Erde. Man es auf das Neuwerden an, auf die Verwand- ausblendet; zweitens an einer instrumen- dige Seite Gottes, die sich in den tiefen wird nicht mehr an das Frühere denken, es lung von allem und jedem. Was die See- tellen Vernunft, die einseitig auf die Seite Verstörungen der Geschichte, in den kos- kommt niemand mehr in den Sinn. Nein, ihr le denkt und fühlt, was sie aus sich macht, wissenschaftlicher Wiss- und technischer mischen Katastrophen und der einstma- sollt euch ohne Ende freuen und jubeln über das bestimmt ihren Ewigkeitswert, so Au- Machbarkeit setzt und darüber die Frage ligen evolutiven Auslöschung des Lebens das, was ich (neu) erschaffe« (Jes 65,17f.; gustinus. vergisst, was dem Menschen eigentlich im Universum zeigt. Akp 21,1ff.). ö gut tut und welche Zukunft wir eigent- Darin liegt die christliche Zukunftsforde- lich wollen; und drittens, daraus folgend, Der jüdische Denker Gershom Scholem rung. Das Leben mit seinen Wechselfäl- an dem zunehmenden Kontrollverlust, der hat auf diese harte Apokalyptik hingewie- len erscheint nicht als Zufall, der Glück sich in Folge sich selbst definierender sen. Solche Eschatologie (Lehre von den und Leid blind verteilt, denn für den Glau- Fortschritts-, Wirtschafts- und Techniklo- letzten Dingen) rechnet sogar mit dem Un- benden gibt es keinen Zufall. Im Gegen- giken einstellt. tergang des physikalischen Univer- teil wird der Weltprozess als gottgeführte sums, nämlich dann, wenn, wie Je- Professor Dr. Alexander Geschichte erfahren, als Lernort, der das Hier zeigt sich die riskante Seite des bibli- sus es ins Bild setzte, die Sterne vom Loichinger studierte in Mün- Individuum ebenso betrifft wie ganze Ge- schen Kultur- und Geschichtsauftrags. Es Himmel fallen (Mk 13,25) oder die chen und hält derzeit den sellschaften und Kulturen. »Leben und Tod ist nicht gleichgültig, auf welche geisti- vier apokalyptischen Reiter mit Krieg, Lehrstuhl für Fundamental- lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also gen Ressourcen eine Gesellschaft zurück- Mord, Hunger und Tod erscheinen theologie und Religionswis- das Leben« (Dtn 30,19), umreißt die Bibel greift. Denn es gibt so etwas wie koope- (Apk 6,1-8; Albrecht Dürer). So be- senschaft an der Katholisch- Theologischen Fakultät der den Weltauftrag des Menschen in Gesell- rative Lernprozesse in menschlichen Ge- schreibt es die literarische Endzeit- Universität Mainz inne. Seine schaft, Recht und Politik. sellschaften, die Humanität, Gerechtigkeit metaphorik, die etwas mitteilen Schwerpunkte sind Theologie und menschenwürdiges Leben fördern will, was sich nicht mitteilen lässt. und Naturwissenschaften, Di- Heute ist es ein Gemeinplatz moderner und so im wahrsten Sinn des Wortes die In solcher theologischen Endzeit- alog der Weltreligionen und Kulturgeschichte, dass diese biblische Op- Welt verbessern. Es gibt aber auch die um- dramatik bleibt von den geschön- Theorien der Moderne.
10 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 11 Ich bin (nicht) da Gott ist uns nahe, 7 mer nach Gott dürstet, auf ihn hin aus- aber wir sind ihm ferne. gerichtet ist. Sich dessen im Laufe des Von Jakob Paula Gott ist drinnen, wir sind draußen. Lebens immer mehr bewusst zu wer- D den und damit einverstanden zu sein, ie letztvergangenen Jahrzehnte moderne Mensch ahnt, dass seine tief- Gott ist in uns heimisch, wir sind Fremde. gibt dem Leben ein Licht, das auch in haben vor allem für die Men- ere Heimat nicht das Selbst-Gemachte ist, Meister Eckhart schwierigen Zeiten nicht erlischt. schen in den sogenannten ent- sondern ein alles tragender Grund »über Dieses Licht in uns ist wie das ewige wickelten Ländern die Welterfahrung uns hinaus«. gener Art«, irgendwie ganz einfach und Licht in der Kirche; es brennt allezeit. grundlegend verändert. Die Verstädte- gewöhnlich, nichts Exaltiertes. Gott ist da und ist nicht da »Wenn ihr betet, so sprecht: Vater…« rung und die Technisierung des Lebens Jesus (Lukas 11,2). Damit unser Gebet nicht führten dazu, dass man weitgehend nur Gott ist der Einzige, der wirklich immer vage bleibt oder gar pseudomysteri- noch von Menschengemachtem umge- und überall da ist. Alles andere ist nur vo- Auch Jesus lebt in dieser Schwebe: Er of- ösen Charakter annimmt, ist es gut, ben ist: Vom Haus, das von Menschen er- rübergehend und nur hier oder anderswo fenbart Gott in seiner Person und ver- immer wieder in der Stille auf die baut wurde, bringt einen das von Men- da. Sie als LeserIn dieser Zeilen und ich als birgt ihn zugleich in seinem Menschsein, Worte zurückzukommen und sie zu schen hergestellte Verkehrsmittel an den Schreiber genauso – wir sind »fast nicht« so dass man ihn sehen, aber auch überse- betrachten, die Jesus den Jüngern als wiederum von Menschenhand eingerich- im Horizont der Ewigkeit und in den Di- hen kann. Mit den Aposteln können wir Richtschnur gegeben hat. teten Arbeitsplatz. Hinzu kommt die ra- mensionen des Kosmos. Jesus fragen, wie man sich Gott nähern sante Entwicklung im Bereich der Kom- Zugleich ist Gott nicht so da, wie man ge- kann. Die Apostel fordern ihn auf: Leh- Einfach und schwierig munikations- und Informationsmedien. wöhnliches Dasein von Dingen, Ereignis- re uns beten! Das Gebet ist der Weg, sich Das Gebet kann die Erfahrung, dass Gott Das Leben wird so zu einem Leben im sen, Menschen etc. erfährt. Gott ist ver- das Dasein Gottes zu vergegenwärtigen. da ist, vorbereiten, nicht erzwingen. Die Selbst-Gemachten; wir begegnen bestän- borgen da. Sein Dasein ist für uns immer Nicht nur über Gottes Sein nachzudenken, Nähe Gottes ist etwas ganz Einfaches; man dig unseren eigenen Werken. Kein Wun- in der Schwebe von da sein und nicht sondern sich ihm zuzuwenden, führt uns »muss« nur damit einverstanden sein und der, dass die Erfahrung von einer »Wirk- da sein. Diese diskrete, sich zurückneh- in seine Nähe, in Zeiten der Freude wie in sich daran freuen. – Schwierig ist die Ent- lichkeit über uns hinaus« nicht mehr so mende, unaufdringliche Weise, da zu sein, Zeiten der Not. Jesus weist die Apostel un- schiedenheit, beim Suchen und Anklop- nahe liegend ist wie in früheren Jahrhun- ermöglicht uns, uns frei dafür zu entschei- ter anderem auf drei wesentliche Grund- fen nicht müde zu werden, d. h. auch da- derten, in denen die meisten Menschen den, ihn zu suchen und uns von ihm fin- züge des Betens hin: mit einverstanden zu sein, dass Gottes vor allem im Horizont von nicht Selbst– den zu lassen – oder eben nicht. • sich in eine Kammer einschließen Nähe eine verborgene ist. ö Gemachtem lebten: zum Beispiel un- • ohne Unterbrechung beten Der Mensch ist da und ist nicht da ter den Sternen, dem Wechsel der Witte- • das »Vaterunser« rung ausgesetzt, mit Tieren und Pflanzen Der Mensch kann sich diesem Suchen aller Art… Unwillkürlich stellten sie sich und Sichfindenlassen widmen oder sich »Schließt die Tür zu« (Matthäus 6,6): die Stille und die Abgeschiedenheit die Frage, wer das gemacht habe, was sie verschließen und sich dann im Selbst- helfen, sich zu vergegenwärtigen, wer nicht selbst gemacht haben. So lebten sie Gemachten zerstreuen. Der bei sich ge- ich selbst bin und an wen ich mich im im Horizont eines Gottes, der verborgen sammelte Mensch erfährt überhaupt erst, Gebet wende. Mit einem Psalmvers da ist. – Vermutlich hängt unsere Sehn- was es heißt, er selbst zu sein, und im sel- kann ich sagen: »Du, Gott, umgibst sucht, im Urlaub das komplizierte, tech- ben Erfahrungsvollzug kann er von der mich von allen Seiten«. Seine verbor- nische Leben hinter uns zu lassen und auf Nähe dessen berührt werden, der immer gene Gegenwart ist nicht fern. Viel- einen Berg zu steigen oder am Strand des und überall da ist. Der zerstreute und von leicht sind es gar nicht so wenige Men- Meeres dem Rauschen der Wellen zu lau- den ständig wechselnden Ansprüchen schen, die irgendeine – wie sie sagen schen, damit zusammen, dass auch der hin und her gerissene Mensch ist nicht würden – Form von Meditation prak- bei sich, ist nicht da. – Wo sich mein Da- tizieren. Wenn man aufrichtig sucht, 6 sein aus der örtlichen und zeitlichen Zer- wird man schon geführt! streuung sammelt, beginne ich dem al- »… dass sie allezeit beten und darin Wenn Gott aufrichtig gesucht wird, les zusammenhaltenden Gott nahe zu Jakob Paula, geb. 1961 in München, lebt nach nicht nachlassen sollen« (Lukas 18,1). steht der Weg zu ihm immer offen. kommen. Eine Erfahrung von Weite, Güte, vielen Jahren Dienst als Gemeindepfarrer seit Es ist eine große Freude, zu erkennen, fünf Jahren als Hausgeistlicher neben dem Kar- Maria Ward Dankbarkeit und Freude… Ein »Gefühl ei- dass das innere Leben (die »Seele«) im- mel Heilig Blut in Dachau.
12 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 13 9 Die Suche nach Gott Gott ist die Liebe; mich ist vielmehr, wie wir unseren Nach- kommen eine lebenswerte Welt hinter- und wer in der Liebe bleibt, Wo suchen Sie ihn und was hilft Ihnen dabei? der bleibt in Gott und Gott in ihm. lassen können. Das Vertrauen auf gesell- schaftliches bzw. staatliches Wirken kann Umfrage zusammengestellt vom „Impulse“-Redaktionsteam 1. Johannes 4, 16 b nur dann erfolgreich sein, wenn jeder Ein- Ich muss Gott nicht mehr suchen, ich habe Als Erstes kam mir, der aus meiner Kinderzeit zelne nach ethischen Prinzipien handelt. ihn für mich gefunden. Aber das hat ge- im Gottesdienst immer präsente Satz in den her Gespräche entstehen über den Bibel- Trotz der Einsicht in die Beschränktheit dauert! Obwohl ich mit Kirche und Glau- Sinn: »Durch ihn und mit ihm und in ihm...« text und die Predigt. Und ich kann in der Na- meines eigenen Handelns geben mir die ben aufgewachsen bin, gab es in jungen tur sehr wohl Gott den Schöpfer bestaunen, Lebensleistungen bedeutender Menschen Ich habe der Kirche schon lange den Rücken sowohl Trost als auch Inspiration und An- Jahren einen langen Lebensabschnitt, in zugekehrt…nicht aber unserer Welt, der wenn ich auf einem Berggipfel stehe oder ei- dem die Suche nach Gott keinerlei Priorität nen Sonnenuntergang am Meer betrachte. sporn. Immanuel Kant bringt dies für mich Natur, den Menschen und ihrer Mitmensch- prägnant zum Ausdruck: »Zwei Dinge er- hatte. Erst mit meinen eigenen Kindern war lichkeit. Hier habe ich schon lange gefun- Was ich gar nicht mag: Gott getrennt von ich wieder auf Spurensuche. Und irgend- der Welt zu sehen, sich in seiner persön- füllen das Gemüt mit immer neuer und zu- den, was für mich »Gott« ist. Hier hat der der nehmender Bewunderung und Ehrfurcht, wann hat Gott MICH gefunden. Mein Bru- obige Satz für mich Bedeutung bekommen. lichen Spiritualität einzuigeln. Ich möch- der schenkte mir zum Geburtstag ein Jah- te die Welt in meine Gebete mit hineinneh- je öfter und anhaltender sich das Nach- Es sind nicht die Bilder, die uns die Kirche men, sie in meinen Gebeten im Licht des denken damit beschäftigt: der bestirnte resabo fürs Magnificat-Stundengebet. Es anbietet und in denen sie selbst feststeckt. ist meine tägliche Morgen- und Abendlek- Glaubens reflektieren und aus dem Glauben Himmel über mir und das moralische Ge- Für mich ist göttlich, wenn sich Menschen neue Impulse für die Welt beziehen. Schließ- setz in mir.« türe geworden, in der ich Gott finden durf- einander helfen und zueinander stehen, te. Besonders die Psalmen und die Ausle- lich ist Jesus Christus nicht im Himmel ge- Peter, 64 Jahre, konfessionslos miteinander lachen und weinen… blieben, sondern auf die Erde gekommen. gungen im Magnificat haben mir viel in Momente der Mitmenschlichkeit, gute Ge- meinem Glauben erschlossen. In der Litur- Christine Drini, evangelische Pfarrerin fühle, die anderen oder auch mir selbst gie mit Morgen- und Abendlob fühle ich helfen, lassen etwas entstehen, das für Ich suche Gott nicht. mich verbunden mit Gott. Auch in der Na- mich göttlich ist. Und die entstehen, wenn Ich habe Gott manchmal in schwierigen Si- tur, Musik und Kunst kann ich Gott auf ver- ich mich bemühe, höre und genau hin- Bis zum 40. Lebensjahr bedeutete für mich tuationen gesucht und nach Rat bzw. nach schiedene Weisen begegnen. sehe... »Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes »Gott suchen«: ihn »auffinden« in kirch- Beistand oder auch nach Antworten ge- Johanna, 81, katholisch Tempel seid und der Geist Gottes in euch lichen Angeboten. Als sich zeigte, dass ich fragt. Allerdings konnte ich ihn nicht direkt wohnt?« (1 Korinther 3,16) das Vertrauen, das Bedürfnis, IHM zu be- finden, wie man sich vorstellt, etwas oder gegnen, an meine Kinder nicht weiterge- jemanden zu finden. Ich habe letztend- Edith, 59, konfessionslos Gott ist seit meiner Geburt immer bei mir ben konnte, hielt ich alles für Selbstsug- lich festgestellt, dass ich Gott nicht suchen und wacht über mich. In schwierigen Le- gestion. Durch Hineinhören in innere Bil- muss, um ihn bei mir zu haben und ihn zu benssituationen gab er mir Kraft, diese zu der und Riten der Hindus und Buddhisten finden. meistern und einen positiven Nutzen da- Ich kann nicht behaupten, dass ich beson- Ich vertraue darauf, dass Gott jederzeit bei ders »fromm« erzogen worden bin. Kirche kam ich wieder zum Glauben, dass ER er- raus zu ziehen. Seit ein paar Jahren tra- fahrbar ist, überall. Ich suchte neue Nähe uns ist und über uns wacht, auch wenn wir ge ich eine Kreuzkette, die mich immer da- gehörte zum Leben dazu und die Fragen ihn nicht direkt finden oder sehen können. nach Gott und der Welt haben mich schon in Meditation und Begegnung mit Mystik ran erinnert, dass Gott bei mir ist. Ich ver- und neuer Theologie. Als sich aber tra- Jessica, 18, katholisch traue darauf, dass er mich weiterhin auf immer beschäftigt und interessiert. Eine sehr persönliche Beziehung zu Gott habe gische Probleme in der Familie verhär- meinem Lebensweg begleitet und mir die teten, war ER unerreichbar. 10 Jahre Ge- Kraft gibt, auch die kommenden Heraus- ich entwickelt, seit ich täglich in der Früh die Losungen lese (am besten die in der Version bet ohne die geringste Veränderung. Klar, Ich muss gestehen, dass ich mir diese Frage forderungen zu meistern. Warum soll ich es geht nicht nur mir so. Ich suche be- für junge Leute) und mir Zeit für mein Gebet nie gestellt habe. Ich bin auch nicht auf die ihn suchen, wenn ich weiß, er ist bei mir? scheidener. Abtauchen in einen inneren nehme. Da kann ich Gott meine Sorgen und Idee gekommen, dass ich da »etwas«suchen Martin, 20, katholisch Freuden erzählen und ihn um Kraft für den Schutzraum geht manchmal. Vielleicht ist könnte oder müsste. Das ist mir irgendwie Tag bitten. Man braucht eben doch eine er da. Dass er die Rätsel löst, wenn ich ein- dann doch zu abstrakt, zu spirituell, zu fern Regelmäßigkeit, um daraus wirklich Kraft mal abgeholt werde, hoffe ich. vom realen Alltag. Aber ich hatte auch nicht Wir können Gott mit dem 8 schöpfen zu können. So wie jede Beziehung Katharina, 75 Jahre, katholisch das Gefühl, dass »etwas« fehlt. Verstande suchen, aber finden auch Zeit für den anderen braucht. Michael, 52 Jahre, evanglisch Und mein Glaube bekommt Nahrung im können wir ihn nur mit dem Herzen. Für mich stellt sich die Frage nach der Su- Gottesdienst, wo wir gemeinsam singen und Joszef Freiherr von Eötvös beten. Am liebsten mag ich es, wenn hinter- che Gottes nicht. Brennende Frage für
14 Familien Weihnachten 15 Ich bin da, wo du bist Damit Grün grün ist Ich bin da, wo du bist, Ich bin da in Glücksmomenten, Nachhaltigkeit beim Christbaumverkauf wo du hingehst, werd‘ ich sein, trage dich durch Traurigkeit, Von Gabriele Wenng-Debert E tief im Tal und hoch auf Bergen: halte zu dir, werd‘ dich suchen, in Großteil der in Deutschland ver- Huber bei den kleineren Bäumen mit der Du musst nie alleine sein, zu dir steh‘n zu aller Zeit. kauften Christbäume kommt aus Motorsense. Bei den etwas größeren ist wenn du Durst hast, bin ich Wasser, Ich bin da, wenn es dir eng wird, konventionellen Plantagen. Es sind ein schwarznasiger, wolliger Arbeitstrupp wenn du hungerst, bin ich Brot, Monokulturen, die teils mit hohem Ein- im Einsatz: Shropshire-Schafe, eine beson- wenn die Lage brenzlig ist, bin so wie ein guter Hirte – da vom satz von Chemie gegen Unkraut, Schäd- dere Züchtung, ich bin treu und will dir nah sein, linge und Pilzkrankheiten sowie Kunstdün- die nur den Be- Sonnenaufgang bis zum Morgenrot. bin, der dich niemals vergisst. ger und Triebverkürzungsmitteln die ge- wuchs fressen, Ich bin da auf dunklen Pfaden, Ich bin da, schon früh am Morgen, wünschten »perfekten« Christbäume pro- die Bäumchen geh mit dir im hellen Licht, bleibe bei dir durch die Nacht, duzieren – die dann oft von weit her und aber nicht an- bist du einsam und verlassen, bin dein Freund, bin deine Freundin, damit zusätzlich umweltbelastend – zum knabbern. Die bin ich der, der Mut zuspricht. bin dein Gott, der freundlich lacht. Verbraucher transportiert werden. Gift in Tiere müssen der Natur – Gift im Wohnzimmer? getränkt und ge- Dietmar Fischenich füttert werden, außerdem ist regelmäßi- Es geht auch anders. Wie, das erläutert ge Zaunpflege nötig, damit die Rehe aus Tipp: Das Lied war Mottolied der Erst- Außerdem ist das Lied auf Georg Huber, Inhaber des Naturlandbe- dem nahen Wald sich nicht an den Baum- kommunion-Aktion 2014 des Bonifa youtube zu hören, im Fa- tiuswerks und kann auf der Website miliengottesdienst-Video triebes »Kreuthof« in Puchheim Ort. Sei- kulturen vergreifen. »Christbaumanbau www.bonifatiuswerk.de unter Erstkom- „Der gute Hirte“ unserer ne Christbäume stehen unweit des Hofes. erfordert immer extrem viel Handarbeit«, munion-Downloads als mp3-Datei an- Pastoralreferentin, Jessica Aufgrund der weniger dichten Bepflan- bestätigt Georg Huber. gehört und heruntergeladen werden. Tomkin. zung sind diese Bäume nicht anfällig für Pilzbefall. Organischer Dünger und Spu- Bio-Bäume sind nicht unbedingt teurer renelemente werden per Hand unter je- als konventionell angebaute. Abstriche Kath. Filmclub – Programm im Januar und März 2021 des Bäumchen einzeln eingebracht, die müssten die Kunden lediglich bei der Von Thomas Freckmann Spitzen werden immer wieder abge- Wuchsform machen: »Bio-Christbäume Die Filme werden im Vortragsraum des Gröbenzeller Freizeitheims gezeigt. Alle Filme zwickt, um Schnellwuchs zu verhindern – sind nicht immer perfekt, auch das Grün sind freigegeben ohne Altersbeschränkung. Beginn ist jeweils um 15:00 Uhr. die Kundschaft möchte heute keine groß- ist oft nicht so intensiv wie bei denen aus en Lücken mehr zwischen den Astreihen. konventionellen Plantagen.« Georg Hu- Der schwarze hengst Biene maja– ihre schönsten Sechs bis acht Jahre wachsen die Bäume, ber lacht: »Dafür sind unsere individuell!« kehrt zurück abenteuer bis sie die gewünschte Größe erreicht ha- USA 1983, 100 Min., Farbfilm BRD 1977, farbiger Zeichentrickfilm, 70 Min. ben. Um jedes Jahr Bäume in den Ver- Listen von Anbietern bio-zertifizierter Samstag, 23.1. Sonntag, 24.1. Samstag, 6.3 Sonntag, 7.3. kauf bringen zu können, ist regelmäßiges Bäume findet man u. a. auf der Homepage Der Eintritt: 5,00 Euro Der Eintritt: 4,00 Euro Nachpflanzen nötig. von Bund Naturschutz oder Robin Wood. lotta zieht um Während im konventionellen Anbau der Von den Gröbenzeller Pfadfindern erfahre BRD/Schweden 1993, 75 Min., Farbfilm, Bewuchs zwischen den Reihen mit Her- ich, dass sie jedes Jahr sechs bis sieben große Samstag, 20.3 Sonntag, 21.3. biziden bekämpft wird, mäht Landwirt Wertstoffcontainer »benutzter« Christbäu- Der Eintritt: 4,00 Euro me sammeln, die als Hackschnitzel dem O Tannenbaum, dein Kleid will 10 Heizkraftwerk zugutekommen. Acht Jah- mich was lehren: Die Hoffnung re Wachstum und Arbeit für oft nur wenige Hinweis: Aufgrund der Pandemie kann es sein, dass Filme abgesagt werden müssen. Tage? Vielleicht sollten wir uns ja fragen, ob Aktuelles dazu ist in der Presse, im Pfarrblatt oder unter www.johann-baptist.de zu lesen. und Beständigkeit gibt Trost und Kraft es manchmal nicht auch einige schön deko- zu jeder Zeit. Bei den Filmen müssen die Hygienevorgaben und Abstandsregeln eingehalten werden. ernst anschütz rierte Daxn tun… ö
16 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 17 Da sein – Soziales Engagement der kath. Kirche Weihnachtsaktion von Adveniat Von Gabriele Wenng-Debert Von Bettina Thöne A D uch wenn die Bedeutung der Kir- staunt über die vielen Gruppierungen, ie bischöfliche Aktion Adveniat Schwester Neusa do Nacimento ver- chen in unserer Gesellschaft im- Verbände, Vereine, Organisationen unter (entnommen der 2. Vaterunser teidigt die Menschen am Rio São Fran- mer mehr abnimmt – es gibt viele dem Dach der katholischen Kirche, in de- Bitte, lat. Adveniat regnum tuum) cisco gegen Viehzüchter, die ihnen ihr Bereiche, in denen sie neben ihrer Aufga- nen Menschen sich für Menschen enga- ist das Hilfswerk der Katholiken in Deutsch- Land streitig machen. be der Glaubensvermittlung und -beglei- gieren. land für die Menschen in Lateinamerika Die Sozialarbeiterin Marina Oliveira tung ganz praktisch da sind für Men- Folgende Beispiele sind willkürlich zu- und der Karibik. Mit jährlich über 2.000 und der Franziskaner Frei Rodrigo or- schen. Nach diesen Bereichen habe ich sammengestellt und bieten nur einen Projekten ist es die europaweit größte ganisieren den Widerstand der Landbe- mich auf die Suche gemacht und war er- kleinen Einblick in ein großes Spektrum. Hilfsaktion für die Bedürftigen dieser Re- völkerung gegen die Macht der Berg- gion. Jedes Jahr im Advent führt das Hilfs- baukonzerne. Kirche ist da… werk Aktionen durch, um auf die Not in Padre Ismael Moreno Coto und die Seel- für Familien in schwierigen Lebenslagen, auch während der Zeit des Lockdown (So- Lateinamerika hinzuweisen und um Spen- sorgerin Iris Argüello kämpfen in Hon- zialdienst katholischer Frauen München e.V.) den für seine Projekte zu werben. Die Jah- duras gegen Korruption und für eine gute Zukunft für die armen Menschen. um mit drastischen Kampagnen gegen den deutschen Rüstungsexport zu prote- resaktionen stehen unter einem Themen- stieren (pax christi – deutsche Sektion e.V.) schwerpunkt. Dieses Jahr hat Adveniat für Menschen, denen Wohnungsverlust droht (Kath. Männerfürsorgeverein Mün- seine Weihnachtsaktion unter das Motto „ÜberLeben auf dem Land“ gestellt und Nicht was wir predigen, 11 chen e.V.) sondern was wir tun, rückt damit die Sorgen und Nöte der ar- um Frauen und Kindern ohne Unterkunft nachts einen Schutzraum zu bieten. men Landbevölkerung in den Blickpunkt. macht uns zu Christen. (Bahnhofsmission München – kath. und evang. Kirche) Francis Bacon Mit seinen Aktionspartnern vor Ort setzt mit bezahlbaren Unterbringungsmöglichkeiten in München für Auszubildende (Kol- sich Adveniat für die Rechte und für gute ping-Bildungswerk München und Oberbayern e.V.) Lebensbedingungen dieser Menschen ein: Nicht nur, aber besonders jetzt aufgrund um Alleinerziehende zu begleiten (Alleinerziehenden-Projekt der Erzdiözese Mün- der Corona-Pandemie ist die Unterstüt- chen und Freising) Bischof Bahlmann stärkt im brasilia- zung der Menschen in Lateinamerika le- nischen Amazonasgebiet die seelsor- mit Fachambulanz und betreutem Einzelwohnen für Menschen mit Suchterkran- gerische und gesundheitliche Versor- bensnotwendig. Denn Corona trifft die kungen (Caritas Fürstenfeldbruck) gung der Menschen. Armen und gerade auch die Landbevöl- um Flüchtlinge in Abschiebehaft seelsorgerisch zu stützen (Jesuiten Flüchtlingsdienst) kerung hart, da ihre Immunabwehr auf- grund ihrer Armut, chronischer Leiden so- mit Hilfen für Überlebende der Konzentrationslager und Ghettos (Maximilian-Kolbe-Werk) wie schlechter Ernährung bei einer Infek durch persönliche Krisen- und Lebensberatung (Münchner Insel - kath. und evang. Kirche) tion schnell überfordert ist. Zudem sind durch Begleitung von schwerstkranken Kindern und ihren Familien (Malteser Hilfs- die Gesundheitsstationen auf dem Land dienst e.V.) oft so schlecht ausgestattet, dass es kaum mit ambulanten und stationären Angeboten für Menschen mit Beeinträchtigung Diagnosemöglichkeiten, Medikamente (Katholisches Jugendsozialwerk München e. V.) und Fachpersonal gibt. Text- und Bildquelle: www.adveniat.de Wie in allen kath. Kirchen in Deutsch- mit regelmäßiger Mensa für arme, ältere und einsame Menschen (Gemeinschaft Sant’Egidio) land wird die Adveniat-Weihnachtskollek- te auch bei uns am 24. und 25.12. einge- mit Hilfen für Kinder von Arbeitsmigranten aus der Ukraine (Kindermissionswerk Die sammelt. Adveniat gilt als eine sehr ver- Sternsinger e.V.) trauenswürdige Organisation (weniger durch professionelle Betreuung alter und kranker Menschen (Oekumenischer als 10% der Einnahmen werden für Wer- Sozialdienst Gröbenzell e.V.) bung und Verwaltung ausgegeben), die durch Unterstützung von Menschen in Notsituationen u. Vermittlung passender jedes Jahr das DZI-Spenden-Siegel erhält. Hilfsangebote …durch ein offenes Ohr u. seelsorgerliche Gespräche (Pfarrei vor Ort) Weitere Infos unter www.adveniat.de ö
18 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 19 13 Wo ist die Kirche? gung oft zu kurz. Wir haben es meist nicht gelernt. Es ist auch nicht einfach: Ich muss Ich weiss nicht, ob es besser Interview mit Weihbischof Bernhard Haßlberger ja meine eigenen Erfahrungen anschau- wird, wenn es anders wird. Von Gabriele Wenng-Debert en und mich trauen, davon zu reden. Nur Aber es muss anders werden, wenn das hörbar wird, bin ich authentisch. wenn es besser werden soll. Der katholischen Kirche wurde in den vielleicht schon früher das Glaubensle- Und wo Erfahrung ist, ist auch Zweifel. In Georg Christoph Lichtenberg Medien immer wieder vorgeworfen, sie ben im privaten Raum in den Blick neh- der Bibel trifft man ständig auf dieses Rin- sei in der Krise nicht dagewesen für die men sollen? gen um Gott. Auch die Kirche muss dazu- Menschen. Ich gebe zu, dass wir auch hier Lehren zie- lernen und hier neue Wege gehen. gegriffen, die oft eine materielle war. Viel- Ich kann nur von den Erfahrungen in un- hen müssen aus der Corona-Krise. Wir ha- leicht bräuchten wir das auch heute: Se- serer Diözese sprechen: Die akute Pha- ben für verschiedene Situationen spiritu- In unserer Gesellschaft wird Kirche hen, dass Menschen geistig-geistlich aus- se der Krise war auch für die Kirche eine elle Angebote online gestellt. Broschü- eher mit sozialem Engagement in Ver- bindung gebracht – weniger mit Gott gehungert sind. Corona lehrt uns, dass Herausforderung. Niemand hat mit solch ren für die Gestaltung von Hausgottes- wir genauer hinschauen müssen, wo die- und geistigen Fragen. Was ist denn nun einem Ereignis gerechnet, das heißt, man diensten im Advent gab es bisher schon se Not ist. Wir müssen wieder näher an die der Auftrag der Kirche? musste ‚auf Sicht fahren‘, schauen, was je- im Ordinariat. In den ‚Mittwochsminuten‘ Menschen, die uns brauchen. Die Frage weils machbar ist. Manche Pfarreien sind findet man online meditative Gedanken. Unbedingt beides. Ich halte es da mit Karl nach Gott, nach dem Geistigen müssen auf Tauchstation gegangen, aber ein Unser Kardinal hat Briefe an Gemeinden, Rahner, der sagt, Kirche müsse einstehen wir wiedergewinnen. Großteil der Pfarreien ist sehr aktiv gewor- Firmlinge und Kommunionkinder ge- für Politik und Mystik. Mystik ist die Bezie- den. Da wurde versucht, den Kontakt mit schrieben. Manche werfen uns vor, nur hung zu Gott, die sollte sie pflegen, ver- Wie also kann Kirche heute präsenter Kranken und Alleinstehenden aufrecht- die Familien im Blick zu haben und zu we- künden und leben. Politik ist tätiges Tun, werden? zuerhalten; es wurden Gottesdienste ge- nig die wachsende Gruppe der Singles – akute Hilfe. Hier gehört auch der prophe- tische Dienst dazu, also aufzustehen ge- Wir sollten uns die Frage stellen: Müs- streamt – später gab es sie dann im Frei- auch das will bedacht sein. sen wir alles machen, was wir bisher ge- en; meditative Texte wurden online ge- gen gesellschaftliche Missstände. Für mich gehören diese beiden Pole zusam- macht haben? Müssen wir uns umori- stellt… Sehr schmerzlich war natürlich, War bzw. ist die Kirche präsent genug? entieren? Wo sollten wir präsenter wer- dass Seelsorgern teilweise der Zugang in men, darin ist vieles eingefangen, was Wir waren bisher gewohnt, Glaubensant- den Auftrag der Kirche ausmacht. In der den? Ich suche und frage und überlege Altenheime und Krankenhäuser verwehrt – aber Patentrezept habe ich keines. Viel- worten eher in persönlichen Gesprächen Kirchengeschichte gab es immer Schwan- war. In unserem Erzbistum haben wir Co- leicht sollte man junge Leute ranlassen, zu geben. Wir dachten, wir wären präsent kungen, welcher der beiden Pole von der vid-19-Seelsorgsteams zusammenge- um Neues, auch mal was ‚G’spinnerts‘ aus- genug, aber der Umgang mit den Medi- Kirche stärker gelebt wurde. Im 19. Jahr- stellt: Seelsorger wurden für Einsätze auf zuprobieren. Junge Leute sind oft unkon- en sollte auf jeden Fall neu überdacht hundert haben Orden mit charisma- Covid-19-Stationen in Krankenhäusern ventionell, haben andere Methoden. Wir werden. Bei jungen Leuten verlagert sich tischen Gestalten die damalige Not auf- und Altenheimen mit Schutzkleidung müssen einfach ausprobieren, auch auf der Medienkonsum weg von Zeitung und ausgerüstet und für Hygienemaßnahmen die Gefahr hin, dass etwas misslingt – das Fernsehen ganz auf die sozialen Medien. geschult. gehört dazu, daraus lernen wir. Da ist die katholische Kirche noch sehr schwach. Mein Eindruck: In Coronazeiten Gottesdienste vor Ort waren plötzlich Und die derzeitigen Herausforderun- nicht mehr möglich. Hätte die Kirche ist dies besser geworden, viele Seelsorger und Ehrenamtliche in den Gemeinden ha- gen bleiben… Dr. Bernhard Haßl ben hier aufgerüstet. Ja, es sind immer wieder andere: Wir ha- berger ist Weihbi- Mögen Zeichen an der Straße 12 schof und zuständig ben Allerheiligen zu planen, dann Weih- Die Frage nach Gott stellt sich in diesen für die Seelsorgsre- nachten – ohne zu wissen, wie die Situa- deines Lebens sein, die dir sagen, Zeiten vielleicht mehr als sonst. Geht tion bis dahin jeweils sein wird. Ich habe gion Nord im Erzbis wohin du auf dem Wege bist. Mögest die Kirche darauf ausreichend ein? tum München und speziell im letzten halben Jahr soviele du die Kraft haben, die Richtung zu Es gibt tatsächlich Defizite – wir geben oft Freising. kreative Menschen erlebt und bin jedem ändern, wenn du die alte Straße nicht eher theoretische theologische Antworten. Er hat in Gröben- dankbar, der oder die in diesen schwie- mehr gehen kannst. Das erfahrungsbezogene Reden von Gott zell schon oft die Fir- rigen Zeiten geholfen hat und hilft, dass Irischer Segenswunsch und dem Glauben kommt in der Verkündi- mung gespendet. das kirchliche Leben weitergeht.
20 Titelthema: Ich bin da Titelthema: Ich bin da 21 Man kann den Menschen unendlich viel Gutes tun 15 Da sein für andere – ein anspruchsvoller Beruf ohne Worte, ohne Predigt, berührende und bewegende Momente ohne Aufsehen. in der Begegnung mit Patienten und zwi- Aus dem Berufsleben eines Krankenpflegers und einer Altenpflegerin Charles de Foucauld schen Patienten und ihren Angehörigen. Von Bettina Thöne Einmal kam ein 11-jähriger Junge aus An- während die andere gerade auf der Toi- gola, der auf Grund eines in seiner Heimat S ie haben es sich zum Beruf gemacht, chenlieder singt. So kann sie ihnen auch lette sitzt.« Besonders anstrengend wird nicht zu behandelnden Beinbruches Jah- für andere da zu sein: die Kranken- ein christliches Sterben ermöglichen. es, wenn alte Menschen nicht mitarbeiten re lang nicht laufen konnte, über das Frie- schwestern und Krankenpfleger, Al- oder sich wehren. Eine ihrer Schutzbefoh- densdorf International zu uns in die Klink, Was die Pflege schwierig macht tenpflegerinnen und Altenpfleger. lenen, eine demenzkranke Frau, brauche um hier operiert zu werden. Nach einem »Die unmittelbare Nähe zu den unter- Sich von einem Menschen zu verabschie- eine Aufstehhilfe, erzählt die Altenpfle- Klinikaufenthalt von einem halben Jahr schiedlichsten Menschen, die aus voll- den, den man eine Zeitlang begleitet gerin, sträube sich aber sehr gegen die- mit mehreren Operationen hatte ich das kommen anderen Lebenswirklichkeiten hat, ist auch für eine Altenpflegerin nicht ses Gerät, das sie als Teufel ansehe. »Da Glück, dabei zu sein, als er nach langer kommen und die verschiedensten Schick- leicht, aber »man muss sich darüber im muss ich viel Geduld aufbringen und ver- Zeit seinen ersten Schritt machte. Auch sale und Lebensentwürfe haben«, das Klaren sein, dass die Bewohner im Heim suchen, die Frau abzulenken.« Gerade De- wenn das mit dem Laufen noch nicht so macht für Peter Waldinger den Reiz sei- sterben werden«, meint Katja Wagner. menzkranke würden vieles nicht verste- »rund« lief, der Jubel des Jungen und sein nes Berufes aus. In den 32 Jahren, die der »Der Tod gehört zum Leben und manch- hen und seien deshalb abwehrend. Das glückliches Leuchten in den Augen sind 60-Jährige bereits als Krankenpfleger in mal ist er auch Erlösung, vor allem, wenn dürfe man aber nicht persönlich nehmen, unvergesslich.« der Kreisklinik in Fürstenfeldbruck arbei- der Sterbende unter Schmerzen gelitten findet Katja Wagner. Der Krankenpfleger Katja Wagner: »In der Ausbildung sollte tet, ist ihm diese Tätigkeit nie langwei- hat und sich gequält hat.« Um Abstand zu sieht das ähnlich: »Man muss versuchen, ich eine 10-Min.-Aktivierung bei einer De- lig geworden. Warum er sich damals für gewinnen, seien Pausen wichtig, in denen dem Patienten trotzdem fürsorglich zuge- menzkranken machen. Vorher hatte ich die Krankenpflege entschieden hat? – Er man wieder zu Kräften kommen kann. Ein wandt zu sein, denn wenn Kranke unleid- beobachtet, dass die Frau immer Lieder wollte »etwas tun, wobei er in direktem gutes Verhältnis zwischen Nähe und Di- lich sind, hat das häufig damit zu tun, dass gesummt hat und dabei die Töne sehr ge- Kontakt zu anderen Menschen steht und stanz zu finden, hält Peter Waldinger für sie mit ihrer momentanen Lebenssituati- nau getroffen hat. Deshalb habe ich das ihnen auch helfen kann, so dass er das sehr wichtig. Besonders wenn man per- on überfordert sind. Ähnlich ist es bei Be- »Ave Maria« angestimmt und die Frau hat Gefühl hat, eine sinnvolle Tätigkeit auszu- sönlich betroffen ist, weil man den Pati- schimpfungen, wobei es hier auch wich- das Lied mitgesummt. Beide haben wir vor üben«. Für Katja Wagner ist die Altenpfle- enten schon lange kennt oder weil sich tig ist, sich nicht alles gefallen zu lassen.« Rührung geweint. Ein besonderes Erlebnis ge gelebtes Christentum. Die 43-Jährige in seiner Krankheitsgeschichte Erlebnisse Die Corona-Pandemie hat die Pflege noch war es auch immer, wenn beim Mehrge- arbeitet seit Januar dieses Jahres im Al- aus der eigenen Familie oder einer persön- zusätzlich erschwert. Weder in Altenhei- nerationenprojekt Kinder gekommen sind tenheim St. Anton in Gröbenzell. Wie der lichen Situation spiegeln, falle es schwer, men noch in Krankenhäusern ist Abstand und mit den Bewohnern gesungen haben. barmherzige Samariter in der Bibel könne die professionelle Distanz zu wahren, be- halten möglich, noch geht es ohne Kör- Das war eine große Freude für alle. Immer sie hier Tag für Tag Gutes tun, findet sie. kennt der Krankenpfleger. In Altenheimen perkontakt. Zwar hätten sich die Bewoh- wieder schön ist es auch, die Dankbarkeit Besonders gefällt ihr, dass sie zu den Be- wie in Krankenhäusern stehen die Pflege- ner mittlerweile an das fremdartige Aus- der alten Menschen zu erleben.« wohnern eine Beziehung aufbauen kann, rinnen und Pfleger oftmals unter großem sehen durch den Mund-Nasen-Schutz Wertschätzung da diese ja – anders als Patienten im Kran- Zeitdruck. Wie kommen sie damit klar? gewöhnt, wie Katja Wagner meint, aber kenhaus – in der Regel längere Zeit blei- »Indem man Kompromisse eingeht«, sagt die Kommunikation sei durch das not- Viele Senioren seien zwar dankbar, sagt ben. Der Umgang mit älteren Menschen Peter Waldinger. »und für sich entschei- wendige Tragen der Maske deutlich er- Katja Wagner, aber was die Anerkennung fällt ihr auch dadurch leicht, dass sie – det, wer die Zeit dringender braucht.« Ge- schwert, stellt Peter Waldinger fest. der Pflegeberufe in der Gesellschaft be- praktizierende Christin – mit vielen von meint sei dabei nicht die auf jeden Fall zu trifft, da müsse noch nachgebessert wer- Bewegende Momente ihnen gern betet und Marien- und Kir- gewährleistende Grundversorgung, son- den. Auch Peter Waldinger fürchtet, »dass dern z. B. die Zeit für ein tröstendes Ge- Auch wenn es in beiden Berufen gera- die Wertschätzung von Patienten und de- spräch und persönliche Zuwendung. »Um de in dieser Corona-Zeit viele Schwierig- ren Angehörigen nur solange ein Thema Im Grunde sind es immer 14 Zeit für Gespräche zu haben, muss man keiten gibt, so wissen doch sowohl die Al- ist, wie sie den Wert der Krankenpflege an die Verbindungen mit Menschen, möglichst schnell und parallel arbeiten«, tenpflegerin als auch der Krankenpfleger sich selbst erleben und einen Begriff wie die dem Leben seinen Wert geben. hat Katja Wagner herausgefunden. »Also von schönen Erlebnissen zu berichten: Pflegenotstand anhand persönlicher Er- Wilhelm von Humboldt z. B. dem einen beim Waschen helfen, Peter Waldinger: »Es gibt immer wieder fahrung nachvollziehen können.« ö
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