Aikido aktuell Informationsschrift für AIKIDO in Deutschland - Ausgabe 4/2019 - Deutscher Aikido-Bund eV

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Aikido aktuell Informationsschrift für AIKIDO in Deutschland - Ausgabe 4/2019 - Deutscher Aikido-Bund eV
aikido aktuell
     Informationsschrift für AIKIDO
            in Deutschland

Ausgabe 4/2019                    Nr. 176
Aikido aktuell Informationsschrift für AIKIDO in Deutschland - Ausgabe 4/2019 - Deutscher Aikido-Bund eV
Ausgabe 4/2019   Nr. 176
Aikido aktuell Informationsschrift für AIKIDO in Deutschland - Ausgabe 4/2019 - Deutscher Aikido-Bund eV
„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland

Inhaltsverzeichnis

Leitartikel
Reiwa ............................................................................................................................... 3

Magazin
Zum ersten Mal auf dem „Horn“ .......................................................................................               4
Horn 2019 mit Bundestrainer Alfred Heymann ................................................................                         7
2. Dübener Wochenlehrgang 05.–11.08.2019 .................................................................                          9
Ohne viel Kraft enorme Wirkung erzeugen ......................................................................                     11
Die „richtige“ Technik .......................................................................................................     12
Bundeslehrgang in Bietigheim .........................................................................................             15
Abschied von Meister Pierre Mansart ..............................................................................                 17
Die Hütte war ma(r)l wieder voll! ......................................................................................           17
Wandeln auf den Spuren der Samurai ............................................................................                    19
Aikido-Telegramm ............................................................................................................      20
Das Schwert (Bokken) im Aikido-Unterricht; Zulassungsarbeit von A. Haase .................                                         26

Technik-Serie
Kote-mawashi tenkan (mit Stab ausgeführt); von Bundestrainer Martin Glutsch ............. 21

Daten und Fakten
Wichtige Termine .............................................................................................................     31
Einl. zum am 9./10. November 2019 in Kirchheim/Teck ..................................................                             31
Einl. zum Trainer-C-Weiterbildungslehrg. vom 29.11. – 01.12.2019 in Bad Blankenb. ...                                              32
Einl. zum BL am 7./8. Dezember 2019 in Dortmund .......................................................                            33
Einl. zum BL am 7./8. Dezember 2019 in Bad Malente-Gremsmühlen ...........................                                         34
Lehrgangsplan des DAB 2020 – Ergänzungen ................................................................                          35

Titelbild:
Meister Michel Martin, 7. Dan Aikido und 6. Dan Katana, beim internationalen Pfingstlehr-
gang 2019 in Heidenheim

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Aikido aktuell Informationsschrift für AIKIDO in Deutschland - Ausgabe 4/2019 - Deutscher Aikido-Bund eV
Leitartikel

                                                     Reiwa

Liebe Aikidoka,
   bei unseren Japanaufenthalten hatte         „schöne Harmonie“ ist eher als Erklärung
meine Familie den Kaiserpalast (japanisch      denn als direkte Übersetzung zu verstehen.
皇居 Kōkyo, auf Deutsch kaiserliche Resi-        Der japanische Premierminister Abe er-
denz) in Tokio (東京, östliche Hauptstadt)       läuterte laut der Botschaft von Japan in
besucht, den Sitz des japanischen Kaisers      Deutschland zum neuen Äranamen: „Darü-
(天皇 Tennō, himmlischer Herrscher). Die         ber hinaus beinhaltet dieser Name ,Reiwa‘
liebevolle Pflege der Gartenanlage im ja-      die Bedeutung: ,Kultur wird begründet und
panischen Stil ist uns noch sehr gut in Er-    gedeiht, wenn Menschen ihre Herzen in
innerung und der Besuch hinterließ auch        schöner Weise zusammenführen.‘“ (siehe
sonst einen nachhaltigen Eindruck.             www.de.emb-japan.go.jp/aktuelles/190401
   Den Tenno kannten wir aber nur aus          reiwa_pmabe.html)
den Medien. Diese berichteten Ende April          Wenn also auch nicht das gleiche Kanji
und Anfang Mai dieses Jahres sehr aus-         verwendet wird, so kann man in diesen
führlich über die Abdankung des bisherigen     Worten doch Aikido ganz gut wiederfinden,
Tennōs Akihito und über Naruhito als sei-      über die japanische Tradition hinaus.
nen Nachfolger, den 126. Tennō. Dieses            Abe wünschte sich in seiner Verlaut-
selbstbestimmte Ende der eigenen Amts-         barung vom 01.04.2019, „dass auch dieser
zeit sorgte für viel Aufsehen.                 neue Äraname von der Öffentlichkeit weit-
   Mit dem Amtsantritt von Naruhito be-        hin angenommen und tief im Alltagsleben
gann in der japanischen Zeitrechnung eine      der Menschen in Japan verwurzelt sein
neue Ära, welche Reiwa (令和, „schöne            wird“. Das trifft auf Aikido gleichfalls zu,
Harmonie“) als Nengō (年号 Jahresdevise)         erneut über Japan hinaus. Eine solche Kul-
hat. Das Jahr 2019 hat damit zwei davon,       tur der schönen Harmonie könnte sich oh-
nämlich Heisei (平成, „Frieden überall“)         nehin auf sämtliche Lebensbereiche aller
vom alten Tenno und Reiwa vom neuen.           Menschen beziehen.
   Die Reiwa-Zeit soll der deutschen Über-        Man erlebt anhand dieses Nengō-Wech-
setzung nach von schöner Harmonie ge-          sels, dass uns die japanische Kultur nicht
prägt sein. Da kommt sicher jedem Aikido-      nur unter dem Oberthema der Globalisie-
ka gleich die erste Silbe unserer aus Japan    rung durchaus nah ist, wenngleich dies auf
stammenden Kampfkunst in den Sinn.             den ersten Blick überraschen mag.
Denn Aikido beginnt mit dem japanischen           Ich bin immer für euch ansprechbar!
Schriftzeichen 合 für Harmonie. Es wird bei     Eure
Reiwa aber nicht das gleiche Kanji verwen-
det. Das liegt daran, dass das neue Nengō
von einem japanischen Gedicht abgeleitet
und aus zwei Schriftzeichen neu zu-            Dr. Barbara Oettinger,
sammengestellt wurde. Die Übersetzung          DAB-Präsidentin

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„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland

                                                     Martin kannte ich nur vom Hörensagen. Ein
                                                     sanftes Aikido würde er machen, hieß es.
           Zum ersten Mal                            Wunderbar! Und dennoch: Eine Woche
           auf dem „Horn“                            nichts als rollen, aufstehen, hinfallen, auf-
                                                     stehen, angreifen, rollen, aufstehen …
                                                        Mich fröstelt, als ich mit meinem Lieb-
 „Horn“ ist ein Mythos – jedenfalls für              lings-Uke Christian auf dem Parkplatz an-
Aikidoka. Für andere Sportler, die sich im           komme. Morgens im Rheintal verströmte
Schwarzwald auf 1300 m Höhe für ihre                 die Sonne noch Optimismus, jetzt am
Wettkämpfe fit machen lassen, vielleicht             Nachmittag ist alles wolkengrau. Die
auch, aber für Aikidoka auf jeden Fall. Ich          schmucklosen, mit Holzschindeln verklei-
hörte vom Leistungszentrum Herzogenhorn              deten Gebäude mitten im Naturschutzge-
schon, da hatte ich noch nicht mal einen             biet des Hochschwarzwaldes wirken wenig
Fuß auf die Matte gesetzt. 2001 war das.             einladend. Eher Straflager als Wellness-
Die Twin Towers in New York standen                  Tempel, fährt es mir durch den Kopf. Wir
noch, und ich sollte für „Brigitte Woman“            sind die ersten, die auf der Terrasse sitzen
eine Professorin in Flensburg interviewen,           und den Blick über die grünen Streifen des
die mit über 50 ihren 1. Dan im Aikido ge-           Fußballplatzes hinauf zum Herzogenhorn
macht hatte.                                         schweifen lassen. Mit 1415 Metern ist er
    Aikido? Nie gehört. Aber ein paar Wo-            nach dem Feldberg der zweithöchste Berg
chen nach dem Interview absolvierte ich              des Schwarzwaldes. Von dort oben kann
beim HTBU in Hamburg mein erstes Pro-                man bei klarem Wetter von der Zugspitze
betraining. Ines Heindls Begeisterung war            bis zum Mont Blanc sehen. „Ob man wohl
ansteckend gewesen, aber bis auf das                 Zeit hat, da mal hochzugehen?“, frage ich
„Horn“, von dem sie damals schon ge-                 meinen Uke. „Die Zeit schon“, sagt er.
schwärmt hatte, brauchte ich noch 18 Jah-            „Aber ob du die Kraft hast …“
re!                                                     Wahre Freunde erkennt man an der Art,
    Mir war das „Horn“ suspekt. Eine Woche           wie sie einem im rechten Moment Mut ma-
lang nichts außer Aikido? Training mor-              chen. So langsam trudeln die anderen
gens, mittags, abends? Und dafür ganz bis            Teilnehmer ein, 52 insgesamt, im Alter von
in den Schwarzwald? Mochten die anderen              26 bis 82. Umarmungen, Schulterklopfen,
mit leuchtenden Augen zurückkommen,                  Wiedersehensfreude. Ich kenne keine ein-
stolz ihre blaue Flecken und das, was sie            zige Nase, bis plötzlich vertraute Gesichter
gelernt hatten, präsentieren, mochten sie            aus       Norddeutschland        auftauchen.
mit Nachtwanderungen prahlen, den Berg               „Mensch, du hier?!“ Mit allem haben sie
hinauf durch die dunkle Nacht, ohne Ta-              gerechnet, nur nicht mit mir.
schenlampe, aber mit zu viel Brombeer-                  Bleibt nur noch die bange Frage, mit
wein in der Birne, ich dachte: Nö! Ohne              wem ich meine holzgetäfelte Stube teile?
mich!                                                Aber dann steht Maria aus Berlin vor mir.
    Aber dann war er plötzlich da, der Ge-           Wie für viele andere gehört das „Horn“ zu
danke, vielleicht doch noch den 1. Dan zu            ihrem festen Jahresprogramm. „Es ist ein-
machen. Aber dafür muss man die Teil-                fach schön, einmal im Jahr mit bekannten
nahme diverser Bundeslehrgänge nach-                 Gesichtern aus ganz Deutschland intensiv
weisen, es sei denn, man beißt eine Wo-              Aikido zu machen“, sagt sie, während sie
che lang die Zähne zusammen und –                    mir das Dojo und das Schwimmbad zeigt.
schwups – werden im Pass 11 Trainings-               „Ich schwimme jeden Morgen vor dem
einheiten der Gruppe A vermerkt. Mehr als            Frühstück und nach jedem Training.“ Ach
genug.                                               du liebe Zeit! Aber am nächsten Morgen
    Das überzeugte mich, und so meldete              stehe ich tatsächlich mit ihr auf und passe
ich mich zum Bundeswochenlehrgang mit                mich von da an freiwillig ihrem ganz per-
Martin Glutsch, 7. Dan aus Böblingen, an.            sönlichen Horn-Rhythmus an.

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Magazin

   Unsere Tage sind penibel durchgetaktet:        seinem Dojo trainiert, ist eindeutig im Vorteil.
7.15 Uhr Wecken, 7.30 Uhr Schwimmen,              Alle anderen hören nur: „Net, net, net …“
danach Frühstück. 9.15 Uhr ab ins Dojo,              Der Mann bewegt sich über die Matte
Aufwärmen und Training bis 11.30 Uhr.             mit einer lässigen Eleganz, die man fast
Dann wieder Schwimmen, 12.30 Uhr Mit-             erotisch nennen könnte, wenn man denn
tagessen (immer zu viel, weil lecker), Pau-       auf kleine drahtige Männer über 60, ohne
se (Schläfchen oder Wanderung auf das             Haare, dafür aber mit Hakama steht. Be-
Herzogenhorn oder beides), 15.15 Uhr ab           eindruckend, faszinierend, ja atemberau-
ins Dojo, Training bis 17.30 Uhr. Danach          bend ist das, was er uns zeigt, aber alle-
Schwimmen, 18.30 Uhr Abendessen (wie-             mal. Wie macht der das nur? Mühelos,
der zu viel, weil s.o.), danach Zeit zur freien   manchmal nur mit einem Finger, bringt er
Verfügung.                                        seine Angreifer aus dem Gleichgewicht,
   Die einen sind schon wieder auf der            schiebt sie mit einer leichten Körperdre-
Matte und üben den Soft High Fall, die            hung auf die Matte. Ab und zu denke ich:
Fallschule des Aikikai, andere trinken auf        Das ist jetzt leicht. Einfach Irimi-ashi, Hand
der Terrasse ihr Bierchen und ich – ich lau-      Richtung Zentrum, Gleitschritt nach vorne
fe den Berg hinauf zu zwei Bänkchen vor           … Ja, und nun? Wie jetzt weiter? Hilfe?
dichtem Tannengrün, meine Telefonzelle,              Manchmal klappt eine Technik sogar auf
nur hier gibt es Empfang. „Na, lebst du           Anhieb. Hurra! Zufriedenheit stellt sich für
noch“, fragt spöttisch der Gatte. „Wie ist es     Sekunden ein – bis: „Net drücke, net
denn so im Trainingslager?“ Ach, wie soll         schiebe …“ Die große Erkenntnis schon
man das einem Menschen beschreiben,               am zweiten Tag: Je leichter es aussieht,
der die Leidenschaft seiner Angetrauten           umso schwieriger ist es. Und wenn man
zwar toleriert, aber im Grunde seines Her-        glaubt, man macht es richtig, ist es garan-
zens nicht nachvollziehen kann.                   tiert falsch. Maria gibt mir den Tipp, Notizen
   Aber ist es wirklich Leidenschaft? Was         zu machen. Und so sitze ich auf unserem
ist es bloß, was mich all die Jahre an die-       Balkon, starre erst auf ein leeres Blatt Pa-
ser Sportart festhalten lässt? „Leidenschaft      pier, dann schicke ich den Blick hinauf zum
ist etwas, das oft Leiden schafft“, hat mal       Gipfelkreuz des Herzogenhorns: „Lieber
ein kluger Mann gesagt. Daran muss ich            Gott, bitte hilf mir, mich zu erinnern. Was
denken, als ich die wohltuend belebende           haben wir gerade gemacht und wie?“
Wirkung eines Tekubi-osae am Handge-                 Aber Gott kennt sich mit Aikido nicht aus
lenk spüre. „Das musch nett weh tue“, hat         und verweist auf die Technik. Arno filmt
Martin in seiner netten schwäbischen Art          und will CDs verschicken. Das muss dann
gesagt. Leider hat das mein Uke nicht ver-        irgendwie reichen. Am Mittwochnachmittag
innerlicht. Aber wie auch? Es gibt in dieser      finden die Dan-Prüfungen statt. Martin
Woche so viel zu lernen: „Net drücke, net         schont die Prüflinge und uns am Morgen
schiebe, net ziehe, net zerre, net den Arm        mit meditativen Übungen. Zeigefinger an
so hoch …“ Alles „net, net, net“, jedenfalls      Zeigefinger, dann den Blick vom Boden
„net so“ wie wir es doch eigentlich gelernt       übers Zentrum hoch zur Schulter des Ukes
haben.                                            führen. Wenn Martin es macht, weicht die
   Was ist eigentlich mit der Tegatana?           Schulter des Ukes wie von Zauberhand
Jahrelang gab’s nichts Wichtigeres, und           zurück und er verliert sein Gleichgewicht.
jetzt spielt sie plötzlich so gut wie keine       Bei meinem Uke tut sich nichts und wenn
Rolle mehr? Wieso? Warum? Es stimmt               doch, dann: „Net drücke, net schiebe …“
mich heiter und froh, dass auch die hoch-            Man könnte wahnsinnig werden. Martin
graduierten Dane oft ein großes leuchten-         gibt zu, dass er manchmal selbst nicht so
des Fragezeichen über ihren Köpfen tragen         genau weiß, wie er es macht. „Stellt euch
wie die Thomy-Kochmütze aus der Wer-              eure inneren Organe vor, und dann schiebt
bung. Wer Martin Glutsch schon von ande-          die Milz von links nach rechts …“ Aha, ana-
ren Lehrgängen her kennt oder am besten in        tomische Kenntnisse können beim Aikido

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also auch hilfreich sein. Humor tut es aber          übt. Und zwar nicht nur Techniken, son-
auch.                                                dern ganz nebenbei auch Geduld und Ge-
   Dann wird es ernst. Das Dojo wird zum             lassenheit.
Ort der Prüfung für elf Aikidoka. Vom 1. bis            Auf der Matte stellen wir uns auf Men-
zum 4. Dan wird geprüft. Ich erlebe Aikido           schen ein, konzentrieren uns auf das Hier
in hoher Perfektion. Wer Aikido als Kampf-           und Jetzt, und was sonst im Alltag so ist,
sport belächelt, würde hier eines Besseren           das wird eine Zeitlang einfach abgeschal-
belehrt werden. Aikido ist Kampfkunst, ja,           tet. „Ein Leben wie ein Baby – nur schlafen,
aber es ist eine hohe Kunst und auch ein             kullern, essen“, fasst mein Uke die Zeit auf
sehr anspruchsvoller Sport, der Nage und             dem „Horn“ zusammen. „Es gibt nichts Er-
Uke alles an Konzentration, Koordination,            holsameres!“ Meinen Knien fallen da wohl
Kooperation und Kondition abverlangt. Mir            doch noch ein paar andere Formen der
wird schnell klar: Eine Woche im Trainings-          Erholung ein.
lager allein ist nicht genug, um für eine               Als wir uns am vorletzten Abend nach
Dan-Prüfung gewappnet zu sein. Es erfor-             dem Abendessen zur Kata verabreden,
dert ungemein viel Fleiß, Beharrlichkeit,            denn früh übt sich, wer ein Meister werden
eine große Frustrationstoleranz und einen            will, protestieren sie vehement. Ich komme
echten Willen. Genau das haben alle Prüf-            weder runter auf die Matte noch wieder
linge an diesem Tag bewiesen und werden              hoch. Von Bettina und Marion, die mein
mit einer Urkunde belohnt. „Vielleicht kön-          Uke gebeten hatte, ihre geschulten Augen
nen wir uns hier im nächsten Jahr auch zu            auf das Dargebotene zu werfen, höre ich
unserer ersten Dan-Prüfung wieder tref-              nur mühsam unterdrücktes Lachen. Gut,
fen“, flüstere ich Betsy aus Böblingen zu.           dass nicht auch noch Arno mit seiner Ka-
Sie lächelt: „Ja, vielleicht!“                       mera irgendwo steht. Mit allerletzter Kraft
   Dann wandere ich mit Christian und Rolf           ziehe ich den peinlichen Akt durch, dann
zur legendären Krunkelbachhütte. Die                 schleiche ich mich davon. Morgen ist auch
Sonne scheint, die Kühe glotzen uns wie-             noch ein Tag. Meine Knie und ich sind
derkäuend hinterher, der Käsekuchen ist              nicht mehr die Jüngsten. Deshalb lege ich
köstlich. Das Leben ist schön, und abends            jetzt lieber mal die Füße hoch.
wird gefeiert. Werner und Bernhard haben                Den Freitag aber stehen wir noch tapfer
ihre Gitarren mitgebracht, und das Sport-            durch. Dann tauche ich ein letztes Mal mit
leistungszentrum wird zur Hafenkneipe. Wir           Maria im Schwimmbad ab, treibe entspannt
grölen und schunkeln zu norddeutschen                auf der Wasseroberfläche und grinse die
Evergreens. Was für ein Abend! Ich feiere            Schwimmbaddecke an. Ich habe es ge-
ausgelassen mit Menschen, die ich zum                schafft! Ich war auf dem „Horn“, und es war
größten Teil vor einer Woche noch nie ge-            phantastisch! Ich werde wiederkommen,
sehen und nicht gekannt habe und die mir             wenn alles gut geht. Im nächsten Jahr. Zu
in ihren Eigenarten auf und neben der Mat-           Martin Glutsch, diesem großartigen, zu-
te inzwischen seltsam vertraut sind. Viel-           rückhaltenden, sympathischen Meister aus
leicht, denke ich, macht das den Zauber              Böblingen, der (auf der Matte) alles kann,
des „Horns“ aus.                                     sogar ein bisschen Hochdeutsch.
   Aber vielleicht ist das auch das Geheim-             Wer weiß, vielleicht mache ich dann
nis des Aikido. Dass sich Menschen auf               auch den 1. Dan. Mal gucken. Wegen der
der Matte treffen, die so unterschiedlich            Lehrgangspunkte brauche ich jedenfalls
sind, wie sie nur sein können. Ob groß,              nicht wiederzukommen. Aber das war oh-
klein, dick, dünn, alt, jung, reich oder arm,        nehin der dämlichste Grund. Das „Horn“ ist
Student, Rentner, Pastor, Amtsrichterin,             das „Horn“! Einen anderen Grund braucht
Lehrerin, Krankenschwester, Elektroinge-             es nicht.
nieur oder was auch immer – all das inte-
ressiert auf der Matte nicht, nur dass man           Petra Meyer-Schefe,
als Nage und auch als Uke miteinander                Walddörfer SV e. V., Hamburg

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Aikido aktuell Informationsschrift für AIKIDO in Deutschland - Ausgabe 4/2019 - Deutscher Aikido-Bund eV
Magazin

Martin Glutsch hatte in der Woche nach dem BWL einen Interviewtermin zu seiner neuen Tätigkeit
als Bundestrainer mit einem Journalisten einer überregionalen Tageszeitung. Er wurde um ein Foto
     der „Aikido-Nationalmannschaft“ gebeten. – Dem Wunsch konnte entsprochen werden. 

                                                  Samstagabend gleich los, und zwar mit der
                                                  ersten Kata. Für die meisten war es zwar
    Horn 2019 mit Bundes-                         Wiederholung, aber das schadet bekannt-
                                                  lich nie. Für unseren frisch graduierten
    trainer Alfred Heymann                        Braungurt ein super Einstieg, da Alfred alle
                                                  Niveaus differenziert mit dem entsprechen-
                                                  den „Futter“ versorgte – ein Prinzip, das er
Am 13.07.2019 trafen nach und nach 23             die ganze Woche über an den Tag legte.
Aikidoka aus ganz Deutschland im Leis-               Wir konnten uns also auf eine Woche
tungszentrum auf dem zweithöchsten Berg           mit Unterricht auf technisch absolut hohem
im Schwarzwald, dem Herzogenhorn, ein,            Niveau einstellen. Aber so kennen wir un-
um sich unter Alfreds kompetenter Anlei-          seren Alfred ja auch: motiviert, fit und gut
tung eine Woche ganz dem Aikido zu wid-           gelaunt.
men. Endlich! Die Vorfreude war schon                Gleich am ersten Abend konnten wir
groß gewesen; die Freude, vertraute und           feststellen, dass sich das Serviceteam vom
bekannte Gesichter zu sehen, war es umso          Horn in seiner Zusammensetzung erheb-
mehr. Für mich war es ein Lehrgang, auf           lich geändert hatte. Ute ist uns zum Glück
den ich lange hingearbeitet habe, wollte ich      erhalten geblieben, aber besonders die
doch zur Prüfung auf den 4. Dan antreten.         Küche hat einen echten Sprung nach vorne
   Nachdem alle, die gesund waren, ange-          gemacht. Es war eine Freude, die leckeren,
kommen waren, ging es wie immer am                mit essbaren Blüten dekorierten vegetari-

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„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland

schen und veganen „Extrawürste“ zu ver-                 Am Dienstag, nachdem ich – wie üblich
zehren. Köstlich!                                    – einige Katas und ein Randori hatte vor
   Unser Wochenprogramm bot nach ei-                 der Gruppe vorzeigen müssen, kam dann
nem der Höhe angepassten Einstieg mit                die Empfehlung der Prüfer, am Freitag zur
erster und dann vierter Kata Techniken mit           Prüfung anzutreten. Diese Hürde war also
allen drei Waffen. Die ersten zwei Einhei-           genommen. Nun lief es etwas leichter.
ten eines jeden Tages wurden benutzt, um                Etwas herunterfahren konnten wir alle
Prinzipien und Elemente des Aikido an den            dann am Mittwoch. Der Nachmittag und
verschiedenen Techniken zu üben und                  Abend waren trainingsfrei, da wir vorgear-
immer mehr Details zu erarbeiten. Alfred             beitet hatten, und so machten sich viele
wies uns mit seinem Trainingsvorsprung so            von uns auf, um entweder den Schwarz-
immer wieder auf die Ganzheitlichkeit der            wald zu erkunden oder in Titisee in der
Ausführung hin: Mit dem Sabaki aus dem               Therme zu baden und zu schwitzen. Be-
Zentrum herausführen, nicht rückwärtslau-            sonders der Aufenthalt in den Solebädern
fen, nicht mit Armkraft drücken, die Schul-          brachte richtig gut Entspannung für die be-
tern entspannen und Uke in die Instabilität          anspruchten Muskeln. Wir waren danach
führen, anstatt ihn auf direktem Wege –              wie neu geboren.
völlig ineffizient – wieder hochzuheben.                Am Donnerstag stand dann Bokken auf
Eigentlich weiß man es ja alles, aber es ist         dem Programm und Alfred zeigte uns eine
halt gut, wenn man es von außen immer                Reihe von Grundübungen und Kata-
wieder gespiegelt bekommt. Aikido ist nun            sequenzen, damit man sich mit dem Bok-
mal eine Kampfkunst und es ist eben noch             ken vertraut machen und die verschiede-
kein Meister bzw. keine Meisterin vom                nen Angriffe präzise üben konnte. Auch
Himmel gefallen. Es geht nur über die un-            Übungen zu zweit, die mich an die Bok-
ermüdliche Wiederholung.                             kenkatas aus dem Kendo erinnerten, übten
   Da ich die einzige Prüfungsaspirantin             wir mit viel Spaß. Timing und Abstand wur-
war, konnte ich aus dem Vollem schöpfen              den hier besonders geschult. Als letzte
und die Prüfer (Alfred Heymann, Werner               Waffe kam dann das Messer dran. Uner-
Ackermann und Dr. Damian Magiera) an-                müdlich musste meist Uke Alex angreifen
zapfen, wo immer ich noch Tipps gebrau-              und er wurde nicht müde, obwohl er auch
chen konnte. Einen ganz herzlichen Dank              mit mir immer noch mal Sachen für die
dafür!!!! Ich nehme einen ganzen Sack an             Prüfung durchgehen musste. Ihm und
guten Ideen und „Hausaufgaben“ mit nach              Damian, die oft als Uke „leiden“ mussten,
Hause.                                               gebührt ein großes Dankeschön der Grup-
                                                                        pe.
                                                                           Für die letzten Tage
                                                                        bekamen wir Besuch auf
                                                                        der Matte: Thorsten und
                                                                        Christian vom Tendo-
                                                                        Ryu Aikido aus Berlin,
                                                                        die in der Folgewoche
                                                                        einen eigenen Aikido-
                                                                        lehrgang auf dem Horn
                                                                        gebucht hatten, stießen
                                                                        zu uns, um mit uns zu
                                                                        trainieren. Schön, dass
                                                                        es diese Offenheit gibt,
                                                                        sich über Verbandsgren-
                                                                        zen hinweg auszutau-
                                                                        schen. Ein echter Ge-
                                                                        winn.

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   Freitag war es dann für mich so weit:         um Alexander Riemer (3. Dan) hat hier den
Nach zwei Trainings war die Prüfung auf          Verein „Aikido Dojo Fläming e. V.“ aufge-
18 Uhr angesetzt. Zu meiner großen Freu-         baut und in einem alten LPG-Gebäude ein
de hatten sich auch unsere Freunde Meis-         super schickes Dojo eingerichtet. Stück für
ter Paul (Froehly) und seine Kollegin            Stück bringt sie den Rest des Gebäudes
Susanne aus dem Elsass angekündigt, um           auf Vordermann. Übernachtet haben wir
Daumen zu drücken und zuzugucken.                dieses Mal auf der Matte und im kleinen
Welche Freude, als die Prüfer dann um            Zeltdorf auf der Wiese hinter dem Dojo.
kurz nach sieben verkünden konnten, dass         Vielleicht sind im nächsten Jahr schon die
alles gut gelaufen war. Von Alfred gab es        ersten Zimmer bezugsbereit.
dann aber auch gleich die Ansage: „Nach             Markus Hansen und Roger Zieger teilten
der Prüfung ist vor der Prüfung ...“ Da weiß     sich die Trainingseinheiten, eine Hälfte
man Bescheid.                                    übernahm Roger, die andere Markus.
   Am Abend gab es von mir als Danke-            Sechs Zeitstunden standen sie so täglich
schön an alle Beteiligten einen Sekt zum         gemeinsam auf der Matte und leiteten zwei
Anstoßen; danach saßen wir noch gemüt-           Trainingseinheiten für alle gemeinsam, ei-
lich zusammen. Auf Anregung Alfreds holte        ne für Kyugrade und eine für Dangrade.
Thorsten seine Gitarre und wir sangen aus           Bei Roger ging es meist zügig und dy-
vollen Kehlen bunt gemischte Lieder von          namisch zu, oft auch sehr direkt. Während
„Nord“ („Jung mit een Tüdelband“) über           Markus uns eher langsam üben ließ, denn
„Ost“ („Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“) bis   „langsam ist präzise und präzise ist
„Süd“ („Skandal um Rosie“). Herrlich.            schnell“, und viele Bewegung aus der
Welch ein Vergnügen!                             Schwertarbeit heraus erklärte. „Mit der Zeit
   Am Samstag hieß es dann Abschied              wurde uns klar, dass es sich (zumeist) um
nehmen. Wieder war eine wunderbare               dieselben Bewegungen und Ausführungen
Woche vorbei. Wir waren uns einig: nächs-        handelt“, stellte Alex bereits auf der Dübe-
tes Jahr wieder. Also gleich anmelden!!!         ner Webseite fest.
   Und vielen, vielen Dank an dich, Alfred.
Du warst wieder mal top!

Frauke Drewitz,
Aikido Club Lübeck e. V.

            2. Dübener
         Wochenlehrgang
          05.–11.08.2019

Freudige Gesichter und herzliche Umar-
mungen zur Begrüßung. Die einen kannten
die freundlich-familiäre Atmosphäre in Dü-
ben bereits vom letzten Jahr, die anderen
freuten sich auf das Unbekannte und lie-                     Meister Roger Zieger, 6. Dan
ßen sich sofort von der tollen Stimmung
mitreißen.
   Düben ist ein kleines Dorf in Sachsen-          Es herrschte eine tolle Atmosphäre im
Anhalt nahe Coswig. Eine Gruppe Aikidoka         Training, zu der neben den motivierten

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Trainingsteilnehmern vor allem Markus und            nen zu können. Die einen taten dies am
Roger mit ihrem (manchmal auch frechen)              Badesee, die anderen bei einer Bauhaus-
Humor beitrugen. Da wurden schon mal                 führung in Dessau. Aus dem Gymnastik-
„Ohren abgebissen“, „Nasen geklaut“ und              raum des Bauhauses stammt auch das
Markus setzte sich gern auf seinen „Bar-             abgedruckte Rätsel. In Stäbetanzform wur-
hocker des Todes“, um uns Prinzipien von             de hier eine Aikidotechnik dokumentiert.
Techniken zu verdeutlichen. Markus und               Welche ist es?
Roger sparten auch nicht an Scherzen und
lustigen Sticheleien untereinander. Dabei
gelang ihnen ein abwechslungsreiches,
aufeinander aufbauendes Training, bei
dem wir viel gelacht haben. Zum Ausklang
bearbeiteten wir einmal am Tag unter Al-
winas Anleitung unsere Faszien.
   Als unsere Kräfte nachließen, erzählte
uns Markus Hansen eine Trainingseinheit
lang anschaulich vom Leben und Wirken
des Begründers, gespickt mit interessan-
ten, von ihm recherchierten Zusatzinforma-
tionen.
   Die Versorgung mit sehr leckeren war-
men Speisen am Mittag und Abend über-
nahm ein Catering-Service. Für das Früh-
stück sorgten die ansässigen Aikidoka.
Was nicht gleich aufgegessen wurde, lan-
dete in der kleinen Küche direkt neben
dem Dojo. Somit konnte man sich in den
Trainingspausen noch stärken oder den
Mitternachtshunger stillen. Der Abwasch
wurde nach dem Essen gemeinsam erle-
digt. Freiwillige fanden sich immer und es
war schon fast schwierig, einen Platz am
Spülbecken oder ein Geschirrtuch zu ergat-
tern.                                                    Am Abend saß man noch gemeinsam in
   Wer nach viereinhalb Stunden Training             gemütlicher Runde und schaute ausge-
noch nicht genug hatte, ging nach dem                wählte Filme aus Rogers erlesener Filme-
Abendbrot noch einmal für eine Stunde auf            Kollektion oder historische Dan-Prüfungen
die Matte. Beim ersten Spezialtraining die-          an. Es wurden Gesellschaftsspiele gespielt
ser Art wurde Markus mit „Hast du schon              oder man unterhielt sich.
deine Schlafanzughose an?“ begrüßt. Wel-                 Drei Aikidoka stellten sich am Samstag
ches er, leicht genervt, mit „Das ist eine           erfolgreich der Dan-Prüfung und erfreuten
legere Freizeithose in modischer Streifen-           Prüfer und Zuschauer mit ihrer guten Kon-
Optik aus 100 % Baumwolle“ beantwortete.             dition. Überraschend drängten Roger und
Offenbar wurde er noch mehrmals danach               Markus eine talentierte Blaugurtin aus dem
gefragt, diesen Satz hörten wir jedenfalls           Aikido Dojo Fläming e. V. dazu, endlich ihr
öfter und am Ende des Lehrganges kann-               Können bei einer Prüfung unter Beweis zu
ten wir ihn alle auswendig.                          stellen. Die gezeigten Leistungen wurden
   Die Freizeit kam auch nicht zu kurz, der          abends beim gemeinsamen, leckeren Gril-
Mittwochnachmittag war trainingsfrei. Die            len gefeiert!
ersten beiden Tage zeigten deutlich ihre                 Wir dankten den zwei Trainern durch
Wirkung und wir waren froh, uns entspan-             unsere motivierte Trainingsteilnahme und

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am Ende des Lehrganges mit Applaus und          niken, z. B. Kote-gaeshi, Kote-hineri oder
Körben regionaler Köstlichkeiten. Für die       Koshi-nage-kote-hineri, dass es nicht viel
tolle Organisation des Lehrganges, die          Kraft bedarf, um eine hohe Wirkung zu er-
freundliche Aufnahme in den liebenswerten       zeugen. Dies ermutigte vor allem die
Räumlichkeiten und die leckere Versor-          eher zierlichen Aikidoka unter uns, die eine
gung über das Catering hinaus bedankten         sinnvolle Führung eines großen und star-
sich die auswärtigen Teilnehmer beim an-        ken Partners nicht wirklich mit Kraft erzwin-
sässigen Verein mit einem Satz farbenfro-       gen können.
her Pratzen und einem großen Applaus.              Heike gestaltete den Lehrgang so kurz-
    Für uns ist das Dojo in Düben schon         weilig, dass wir uns auch von der Musik der
jetzt das BUNDESLEISTUNGSZENTRUM                Feierlichkeit aus der Nachbarhalle nicht
AIKIDO. Die Räumlichkeiten werden gern          ablenken ließen. Vielmehr lockte das ge-
für Aikido-Lehrgänge vermietet. Termine         meinsame Training einige Kinder aus der
könnt ihr mit Alex unter riemer-buko            Nachbarhalle an, die sich ganz ihrer Neu-
@gmx.de vereinbaren.                            gier hingegeben haben. Ist uns doch sehr
                                                am Nachwuchs im Aikido gelegen, konnten
Marco Köhler und Henrike Schmidt,               wir die kleinen Besucherinnen und Besu-
KSC Motor Jena e. V.                            cher aber leider (noch) nicht zum mittrainie-
                                                ren animieren.
                                                   Den Trainingstag rundete das gemütli-
                                                che Beisammensein mit vielen netten Ge-
                                                sprächen im Restaurant „Vier Jahreszeiten“
    Ohne viel Kraft enorme                      in der Nähe ab. Der folgende Trainings-
                                                morgen war zwar deutlich kühler, aber
      Wirkung erzeugen                          auch hier hat uns Heike wieder ordentlich
                                                zum Schwitzen gebracht. Im Vordergrund
                                                standen diesmal die Verteidigungen gegen
Am 30.08 und 01.09.2019 besuchten viele         Angriffe mit dem Messer. Nicht wenige von
Aikidoka trotz des spätsommerlich heißen        uns staunten, als sich Heike von ausge-
Tages den Landeslehrgang mit Heike Bi-          wählten Dan-Trägern mit einem echten
zet, 4. Dan Aikido,
in Hannover.
   Freundlich emp-
fangen vom Aikido-
Verein Hannover
e. V. begann das
Training pünktlich
zur gewohnten Zeit
um 15.30 Uhr. Zu
Beginn     standen
Dehnungsübungen
an, die uns – be-
günstigt durch die
heißen Temperatu-
ren – bereits stark
zum      Schwitzen
brachten.       An-
schließend zeigte
uns Heike ein-
drucksvoll an ver-                                                   (Foto: Werner Musterer)
schiedenen Tech-

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Tanto angreifen ließ. Hier konnte sie die            er welche Technik anwendet. Dazu gehört,
Bedeutung von korrektem Abstand, saube-              dass er sehr schnell eine sich anbahnende
rer Führung und Schutz der eigenen                   Angriffssituation als bedrohlich erfasst und
Gliedmaßen besonders gut demonstrieren.              daraufhin seine Vorgehensweise in einer
   Ein besonderes Highlight war, dass Hei-           der Situation angemessenen Form festlegt.
ke während des Trainings nun auch eini-                 Für den fortgeschrittenen Aikidoka ver-
gen von uns ihr Tanto zum Angreifen über-            mehrt sich naturgemäß die Auswahl an
ließ; natürlich unter Aufsicht und gebotener         Techniken, die er im Laufe der Zeit erlernt
Vorsicht. Hier verdeutlichte sich der enor-          hat und die er dann hoffentlich auch re-
me Respekt vor der Waffe, vor allem, wenn            flexartig einsetzen kann. Bekanntlich zeigt
man es in den eigenen Händen halten durf-            sich erst zum Ende einer körperlichen Aus-
te. Die Konzentration wurde so automa-               einandersetzung bzw. Verteidigung, ob ein
tisch erhöht und die technischen Ausfüh-             Aikidoka erfahren genug war und zur Be-
rungen noch einmal deutlich präziser.                seitigung des Konflikts die hierfür geeigne-
   Zum Abschluss bedankten wir uns herz-             te Technik ausgewählt bzw. erfolgreich an-
lich bei Heike und dem ausrichtenden                 gewendet hat.
Aikido-Verein Hannover e. V. für diesen
besonders erlebnis- und lernreichen Lan-             Grundsätzliches
deslehrgang. Den Worten von Heike Bizet,                Es ist gut, sich regelmäßig daran zu er-
dass man sich im AV Hannover familiär                innern, dass sich die Techniken der
aufgehoben fühlt, können wir uns nur an-             Kampfkunst Aikido über Jahrhunderte ent-
schließen. Es macht immer wieder Spaß, in            wickelten. Die uns jetzt bekannten und
großer Runde gemeinsam zu trainieren.                verwendeten Techniken des Aikido haben
                                                     sich in früher Zeit bei unzähligen, lebens-
Stefan Renschke und Kevin Krämer,                    bedrohenden Kämpfen als tauglich erwie-
SG Benefeld-Cordingen e. V.                          sen. Daher wurden diese in den zahlrei-
                                                     chen Kampfschulen Japans von erfahre-
                                                     nen Meistern gelehrt und in ihre Kampfsys-
                                                     teme als geeignet aufgenommen.
                                                        Dagegen fanden Techniken keine weite-
     Die „richtige“ Technik                          re Berücksichtigung, die nicht an der Reali-
                                                     tät ausgerichtet waren und sich somit als
Welche Selbstverteidigungstechnik der                ungeeignet erwiesen.
Kampfkunst Aikido ist in welcher Situation              Im Laufe der Jahrhunderte wandelten
die „richtige"? Es ist wohl die Technik, die         sich zwar die Ausführungen der Techniken
in einer körperlichen Auseinandersetzung             bezüglich ihrer Strenge und Zielsetzung,
dazu verhilft, einen Angriff schadlos zu             jedoch ihre Merkmale, welche die Techni-
überstehen und den Angreifer abschlie-               ken schon damals ausgezeichnet hatten,
ßend zu kontrollieren. Wenn dies erfolg-             veränderten sich – wenn überhaupt – nur
reich geschah, haben wir die richtige bzw.           unbedeutend.
geeignete Technik zur Verteidigung ge-                  Vor diesem Hintergrund erscheint es
wählt.                                               bedenklich, wenn in der heutigen Zeit diese
   Die Wahl der jeweiligen Verteidigungs-            Techniken von fortgeschrittenen Schüler/
technik ist unter anderem abhängig von               -innen aber auch Meister/-innen mitunter
   - der Art des Angriffs (bewaffnet oder            als nicht wirkungsvoll eingestuft werden
      unbewaffnet),                                  und wenn stattdessen zu „Varianten“ in-
   - der Dynamik eines Angriffs und                  nerhalb der gelehrten Technikausführun-
   - den Körpermaßen der Angreifer/                  gen geraten wird.
      -innen.                                           Dabei wird dann jedoch sehr leicht über-
   Letztendlich entscheidet aber immer der           sehen, dass die individuell geänderten
Nage, mit welcher Verteidigungsstrategie             Technikausführungen meist zu einer Ver-

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nachlässigung der für die Techniken typi-      Beispiel 1: Irimi-nage (Irimi)
schen Merkmale führen.                            Aufgrund des Größenunterschiedes ge-
   Aus diesem Grund wird an dieser Stelle      lingt es dem körperlich kleineren Nage
betont, dass eine korrekt ausgeführte und      nicht, den Uke soweit zu führen, dass die-
den Gegebenheiten angepasste Selbstver-        ser selbst am Nage vorbei ins „Hohlkreuz“
teidigungstechnik individuelle Veränderun-     läuft und ohne erhöhten Druck von selbst
gen grundsätzlich nicht notwendig macht.       rückwärtsfallen muss. Folglich bleibt der
Die Gründe, warum mitunter der Einsatz         Uke nach der Angriffsaufnahme zwar leicht
von „Varianten“ in Erwägung gezogen wer-       instabil, aber dennoch relativ aufrecht ne-
den, müssen wir dagegen woanders su-           ben dem Nage stehen.
chen.                                             Als „Variante“ greift nun der Nage von
                                               hinten in den Kragen des Uke und zieht ihn
Besonderheit im Aikido                         in ein „leichtes Hohlkreuz“. Mit seinem
    Der Grund liegt wohl an der Besonder-      freien Arm führt der Nage eine druckvolle
heit, wie Aikido gelehrt und geübt werden      Kreisbewegung am Kopf des Uke aus und
muss, weil es sich beim Aikido um eine         lässt diesen abschließend über seinen in-
grundsätzlich waffenlose Form der Selbst-      neren Oberschenkel hart fallen.
verteidigung handelt, die Wettkämpfe als          Diese Ausführung der Technik ist sehr
Leistungsmesser ablehnt. Daher unterliegt      effizient und wirkungsvoll.
Aikido nicht so einschneidenden Regle-            Es handelt sich allerdings dann eher um
ments wie z. B. Judo oder Karate. Denn in      einen Kokyu-nage und nicht – wie oft
den Wettkämpfen und in den Vorberei-           fälschlich angenommen – um einen „dy-
tungsphasen zu diesen, werden die Budo-        namisch“ ausgeführten Irimi-nage. Denn all
ka in Gewichtsklassen und nach den Ge-         die Merkmale, die für einen Irmi-nage
schlechtern getrennt. Mit dieser Regelung      kennzeichnend sind, finden wir in dieser
wird erreicht, dass sich diese Budoka unter    alternativen Ausführung nicht mehr.
relativ gleichen Voraussetzungen in den
sportlichen Wettkämpfen gegenüberste-          Beispiel 2: Tenchi-nage
hen. So geraten diese eher selten in die           Bei der Ausführung des Tenchi-nage
,,Not'', die gelernten Techniken wegen un-     geht es darum, die auf den Nage eindrin-
gleicher Rahmenbedingungen zu ändern           gende Angriffskraft zu teilen und eine Hälfe
bzw. innerhalb von Technikabläufen nach        der Kraft nach unten (Erde) und die andere
Varianten zu suchen.                           nach oben (Himmel) zu führen. Dabei
    Im Aikido stellt sich dagegen eine ganz    bringt sich der Uke mit seinem Angriffs-
andere Situation dar, da hier bekanntlich      schwung – ohne dominierende Führung
jeder mit jedem trainiert, Große mit Klei-     des Nage – selbst zum Fallen, weil der Na-
nen, Dicke mit Dünnen, Junge mit Alten,        ge mit dem Zurücknehmen seiner Hüfte
Männer mit Frauen. Daher ist es unaus-         den Weg für den Uke zum Durchlaufen ins
weichlich, dass nicht wenige Aikidoka          „Hohlkreuz“ freimacht. Ist dies geschehen,
manchmal im partnerschaftlichen Rollen-        dreht der Nage nur seine Hüfte in die ur-
spiel an ihre Grenzen stoßen und an der        sprüngliche Position zurück und der Uke
Wirksamkeit der von den Lehrer/-innen          muss fallen.
vorgegebenen Techniken zweifeln.                   Bei dieser korrekten Ausführung der
    Um dann dennoch die gestellte Aufgabe      Technik bleibt dem Uke meist nur die Mög-
(Kontrolle des Uke) in dieser Situation er-    lichkeit, hart neben dem Nage zu fallen.
füllen zu können, suchen die körperlich        Kann der Uke noch rückwärts abrollen, ist
Benachteiligten mitunter nach abweichen-       die Technik als Tenchi-nage nicht konse-
den Lösungen („Varianten“), was fortge-        quent und somit fehlerhaft ausgeführt.
schrittenen Aikidoka in der Regel keine        Denn bei der Ausführung des Tenchi-nage
allzu großen Probleme bereitet.                verhält sich der Nage in der Endphase rela-
    Hierzu exemplarisch zwei Beispiele:        tiv passiv.

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„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland

   Erfahrungsgemäß ist es fast unmöglich,            setzungen in einigen Fällen nicht erfüllt
dass ein deutlich kleinerer Nage seinen              werden können, behilft man sich mit Vari-
größeren Uke mit einem Tenchi-nage in                anten, um – wie auch immer – den Uke am
der oben geschilderten Form zu Fall bringt.          Boden zu hebeln oder zu werfen.
Um zu einem Erfolg (also zur Überwindung                In dieser Lernphase besteht die Gefahr,
seines Uke) zu gelangen, greift ein Nage             dass die individuell „geänderten“ Techniken
oft zu folgender „Variante“: Der kleinere            im Laufe der Zeit als „Basistechniken“ ver-
Nage führt seine zuerst gegriffene Hand              innerlicht und so unbedacht als solche
sofort so stark nach unten (etwa vergleich-          auch trainiert werden. Noch bedenklicher
bar mit einem Sumi-otoshi – Angriff: Kata-           wird es, wenn die Techniken in der fal-
te-tori Gyaku-hanmi), dass bereits in dieser         schen Weise auch gelehrt werden.
frühen Phase die Schulter des Uke schräg                Aber unter welchen Umständen können
gestellt wird und dieser somit in eine insta-        wir nun eine korrekt ausgeführte Basis-
bile Position gerät.                                 technik praktizieren? Dies gelingt am bes-
   Dann führt der Nage seinen anderen ge-            ten, wenn Nage und Uke über die gleichen
fassten Arm nach oben und drückt dabei               Körpermaße und den nahezu gleichen
mit seinem Unterarm relativ stark gegen              Leistungsstand verfügen. Dies ist wohl
die obere Schulterseite. Mit einem zusätzli-         auch der Grund, warum bewusst oder un-
chen Vorwärtsschritt (Ayumi-ashi) bricht             bewusst bei Dan-Prüfungen die Vorführun-
der Nage endgültig das Gleichgewicht des             gen der jeweiligen Katas von etwa gleich
Uke, sodass dieser nur noch rück- oder               großen Aikidoka demonstriert werden.
vorwärts abrollen kann.                                 Ebenso suchen sich die Lehrer/-innen
   Auch diese Ausführung ist sehr effizient          zum schulmäßigen Vorstellen einer Tech-
und somit wirkungsvoll. Jedoch handelt es            nik vor der Trainingsgruppe – wenn mög-
sich wegen der fehlenden Merkmale, die               lich – gleich große Uke aus. Hier wird von
für einen Tenchi-nage typisch und be-                den Akteuren wahrgenommen, dass unter
zeichnet sind, auch bei dieser Ausführung            diesen Voraussetzungen die besten Rah-
tatsächlich um einen Kokyu-nage.                     menbedingungen vorliegen, um Techniken
   An dieser Stelle sei nochmals betont,             optimal und somit – entsprechend ihren
dass die ursprünglich vorgegebenen Tech-             typischen Merkmalen sowie den Elementen
niken, die mit „Varianten“ ergänzt wurden,           und Prinzipien des Aikido – anschaulich
durchaus wirkungsvoll und für die Selbst-            vorstellen und erklären zu können.
verteidigung bestens geeignet sind. Aber                Daher dient eine Kata insbesondere zur
zur Gewährleistung „der Reinheit und Klar-           Rückbesinnung auf den ursprünglichen
heit der Technik“ sollte von dem Aikidoka            Charakter und die damit verbundene Form
bewusst wahrgenommen werden, dass in                 der Ausführung einer Technik. Dabei hilft
diesen Fällen eine Veränderung der Tech-             sie uns, uns in dem Wirrwarr der zahllosen
nikform stattfindet. Dessen müssen sich              und unterschiedlich praktizierten Techni-
insbesondere die Lehrer/-innen bewusst               kausführungen zurechtzufinden. Katas er-
sein, wenn sie ihre Schüler/-innen an die            innern uns an die aikidotypischen Ausfüh-
Techniken heranführen.                               rungen der Techniken und verhindern u. a.
                                                     unbewusste Veränderungen hin zum Jiu
Rahmenbedingungen                                    Jitsu oder ungewollte Rückentwicklungen
  In der Regel treten die genannten Prob-            zum Aiki-Jujutsu.
leme im partnerschaftlichen Training auf,
wenn von den Lehrer/-innen eine Technik              Freies Angreifen
vorgegeben wird, welche die Aikidoka trotz              Das oben geschilderte Problem stellt
unterschiedlicher körperlicher Vorausset-            sich dagegen weniger beim freien Angrei-
zungen ausnahmslos in der vorgezeigten               fen (z. B. Randori), auch wenn der Nage
Form zu trainieren haben. Weil hierbei die-          von kleinerer Statur als sein Uke ist. Denn
se Vorgaben unter den genannten Voraus-              hier hat der Nage die Gelegenheit, sich

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selbst die Techniken auszuwählen, die für      ren der Basisform mit all ihren typischen
seine körperliche Konstitution geeignet und    Merkmalen immer möglich. Dies gilt selbst-
erfolgversprechend sind. Hier wird ihm         verständlich auch, wenn Frauen und Män-
nicht vorgeschrieben, welche Techniken er      ner miteinander trainieren.
anwenden soll. Der Nage hat nun den nöti-         Es ist daher Aufgabe der Lehrer/-innen,
gen Freiraum, um nach seiner Wahl Basis-       wo personell möglich, ihre „Trainingspaare“
Techniken oder die nach seinem Bedarf          nach den gleichen, genannten Kriterien
geänderten Formen einzusetzen, ohne            (Körpermaße, Leistungsstand) aufzustel-
hierfür kritisiert zu werden.                  len, um die Basistechnik unter Beachtung
    Aus diesem Grunde empfiehlt es sich für    ihrer Merkmale einzuüben. Zudem sollten
Lehrer/-innen, zum einem den Aspekt des        sie die Verteidigung gegen freies Angreifen
freien Angreifens im „normalen“ Training       – ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen
nicht zu vernachlässigen und zum anderen       Körpermaße – nicht vernachlässigen. Die-
– wo möglich – grundsätzlich Aikidoka mit      ses Üben muss nicht immer in der Form
gleichen Körpermaßen im partnerschaftli-       eines kräftezehrenden Randoris erfolgen.
chen Rollenspiel die Basistechniken mitei-        In den Ausführungen der Selbstverteidi-
nander erlernen zu lassen.                     gungstechniken des Aikido sollten die für
    Vor diesem Hintergrund stellt sich auch    eine Technik typischen Merkmale immer
die Frage, ob es sinnvoll ist, wenn Prüfer/    enthalten und erkennbar sein. Erst dann
-innen während einer Gürtel-Prüfung den        entsprechen diese auch den ihn zugedach-
Prüflingen „fremde“ Uke mit großen unter-      ten Bezeichnungen.
schiedlichen Körpermaßen zuweisen, da-            Die Anzahl der Merkmale kann in den
mit die von ihnen vorgegebenen Techniken       verschiedenen Techniken unterschiedlich
unter „erschwerten Bedingungen“ demons-        sein.
triert werden sollen.
    Diese Vorgehensweise scheint vielleicht       Hierbei sind die deutschen Bezeichnun-
vertretbar bei Prüfungsfächern, in denen       gen der Techniken hilfreich, die in der Prü-
die Prüflinge (Nage) relativ frei auswählen    fungsordnung für Kyu-Grade des DAB
können, mit welchen Techniken bzw. Aus-        (POK-DAB) aufgeführt sind. Denn aus die-
führungen sie einem Angriff gegenübertre-      sen zusätzlichen Bezeichnungen lassen
ten (z. B. im freien Angreifen oder bei der    sich mitunter die Ausführungsformen sowie
Verteidigung gegen Waffen).                    die Aufgabenstellungen erkennen, die mit
    Dagegen scheint diese bewusste Prü-        der jeweiligen Technik gelöst werden sollen
fungserschwernis bei vorgegebenen Tech-        und die für diese kennzeichnend sind.
niken und dem gleichzeitigen Auftrag, eine        Wird von dieser Regelung abgewichen,
korrekte Basisform mit all ihren typischen     bedeutet dies nicht automatisch, dass die
Merkmalen vorzuführen, weniger sinnvoll        individuell gestalteten Techniken nicht effi-
und meines Erachtens gegenüber den             zient oder „schlecht“ sind. Uns muss dabei
Prüflingen nicht fair.                         nur bewusst sein, dass wir uns – wegen
                                               fehlender, typischer Merkmale – von einer
Fazit                                          Basisform entfernen. Beachten wir diesen
   Trainieren zwei Aikidoka, welche die        Sachverhalt bei unserem ständigen Lernen
gleichen körperlichen und technischen Vo-      nicht, so geht uns irgendwann das Gespür
raussetzungen mitbringen, im partner-          für die „Klarheit der Technik“ verloren.
schaftlichen Rollenspiel, versteht es sich        Diesen Sachverhalt sollten Aikidoka wis-
von selbst, dass beide auch die von ihren      sen, wenn wieder einmal eine Technik
Lehrer/-innen vorgegebene Basistechnik,        „nicht klappt'' und wir verunsichert nach
welche hoffentlich alle typischen Merkmale     den Gründen hierfür suchen.
der Technik aufweist, in der vorgeführten
Weise üben. Denn unter diesen genannten        Wolfgang Schwatke,
Voraussetzungen ist das korrekte Ausfüh-       TSV München-Milbertshofen e. V.

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„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland

                                                     den Platz auf der Matte und die Aufmerk-
                                                     samkeit des Trainers. Kote-hineri war der
          Bundeslehrgang                             angekündigte Schwerpunkt und so ging es
                                                     auch gleich los. Alfred strich heraus, wie
           in Bietigheim                             viel das richtige, nämlich kreisförmige Aus-
                                                     weichen zum Gelingen der Technik bei-
                                                     trägt, weil es Ukes Griff erschwert und
Ziemlich genau drei Jahre lag der letzte             gleichzeitig Nage seine Tegatana besser
Besuch von Aikido-Bundestrainer Alfred               greifen lässt. Auch mit dem Jo wurde trai-
Heymann in Bietigheim zurück, als es am              niert.
Freitagabend, dem 21. Juni, auf der Matte               Samstag kam das Schwert ins Spiel.
losging. Aus dem überschaubaren Teil-                Hier standen weniger die Technik als viel-
nehmerfeld musste zunächst jemand für                mehr die Grundlagen im Vordergrund.
das Aufwärmen rekrutiert werden, da Alfred           Nach der Mittagspause bildeten Messer-
aufgrund einer Sportverletzung in seinem             techniken den Schwerpunkt. Jedoch war es
                                                                  nicht die jeweilige Technik,
                                                                  sondern die ihr innewohnenden
                                                                  Prinzipien, auf die Alfred immer
                                                                  wieder aufmerksam machte.
                                                                  Besondere Beachtung fand die
                                                                  Ganzheitlichkeit der Bewegung,
                                                                  die Notwendigkeit, stets sein
                                                                  Zentrum in den Dialog mit Uke
                                                                  einzubringen. Greifen hingegen
                                                                  sollte Nage möglichst nicht, die
                                                                  Führung sollte ohne Festhalten
                                                                  und trotzdem sicher sein.
                                                                     Nach dem gemütlichen Aus-
                                                                  klang am Samstagabend wurde
                                                                  dann am Sonntag zur letzten
                                                                  Runde geläutet. Los ging es mit
                                                                  Kokyu-ho aus Zaho, später
                                                                  folgten verschiedene Techni-
                                                                  ken und mehr Dynamik.
                                                                     Nicht nur durch sein meis-
                                                                  terhaftes Können, sondern
                                                                  auch durch seine humorvolle
                                                                  Ansprache hielt Alfred die Teil-
                                                                  nehmer bei bester Laune.
                                                                  Pünktlich um 12 Uhr mittags
               Meister Alfred Heymann, 8. Dan                     endete das Training und damit
                                                                  der Lehrgang. Lehrgangsleiter
                                                                  Arno Zimmermann vom Aus-
Bewegungsradius etwas eingeschränkt                               richter JC Bietigheim bedankte
war. Drei Aikidoka teilten sich diese Aufga-         sich bei Alfred mit einem kleinen Präsent.
be für die insgesamt vier Einheiten des              Vor dem Heimweg stärkten sich noch alle
Lehrgangs untereinander auf und gestalte-            gemeinsam mit einem Imbiss. Bis zum
ten ein abwechslungsreiches Programm.                nächsten Jahr in Bietigheim!
   Sicherlich hatten sich die Ausrichter ein
paar Teilnehmer mehr gewünscht, aber                 Stefan Romer,
letztlich hatte auch niemand etwas gegen             JC Bietigheim e. V.

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Magazin

                                                 verständlichen Bildern wie der Schlange,
                                                 dem Jojo oder „Count Dooku“. Ob mit Bok-
                                                 ken, Jo, Tanto, Tessen (Fächer) oder der
        Abschied von                             leeren Hand, man war als Schüler so faszi-
    Meister Pierre Mansart                       niert, weil Meister Pierre so viel Spaß an
                                                 der Sache hatte.
                                                    Nun ist er mit 62 Jahren viel zu früh von
Leider hat Meister Pierre Mansart, 7. Dan        uns gegangen, aber er und seine Ideen
der Fédération d'Aïkido Traditionnel (FAT),      werden in vielen Dojos weiterleben.
im Juni seinen langen Kampf gegen seine
Krebserkrankung verloren. Einige Aikidoka        Christian Oppel,
des DAB kannten ihn von dem Pfingstlehr-         DJK Samurai-Flörsheim e. V.
gang 2016 in Heidenheim oder von einem
der vielen Lehrgänge der FAT in Frank-
reich.

                                                              Die Hütte war
                                                             ma(r)l wieder voll!

                                                 Der Termin für unseren Landeslehrgang
                                                 mit Karl Köppel am 7. und 8. September
                                                 2019 war nicht nur ein Highlight in unserem
                                                 Terminkalender. Wir sollten nicht ent-
                                                 täuscht werden.
                                                    Etwa 70 Teilnehmer hatten sich für un-
                                                 seren Lehrgang an diesem Wochenende
                                                 angemeldet. Alle Teilnehmer bescheinigten
                                                 uns im Anschluss ein „positives Feedback“
                                                 für unseren Lehrgang. Einzelne Teilnehmer
                                                 sagten uns zudem, dass sie von der guten
                                                 Stimmung auf unseren Lehrgängen faszi-
                                                 niert seien. Ein großer Zeitungsartikel in
                                                 der „Marler Zeitung“ im Anschluss an unse-
                                                 ren Lehrgang bestätigte dieses positive
                                                 Feedback auch in vollem Umfang.
                                                    Nach einer kurzen Begrüßung ging es
   Jeder der ihn kennenlernen durfte, wird       auch sofort los. Für die Erwärmung am
sich an seine gute Laune, seine Freund-          Samstag hat uns Karl mit dem Stab or-
lichkeit und seinen Humor während der            dentlich ins Schwitzen gebracht. Nachdem
verschiedenen Lehrgänge erinnern. Wäh-           alle Gliedmaßen durchbewegt waren, wur-
rend seines Studiums in Bordeaux fing er         den die Grundtechniken mit dem Stab ge-
1975 an, bei Meister Daniel Brun (Gründer        übt. Das „Üben der Grundtechniken“ zog
der FAT) Aikido zu trainieren, und war spä-      sich wie ein roter Faden durch den gesam-
ter auch Schüler von André Nocquet.              ten Lehrgang. „Wenn du einen Shiho-nage
   Sein Rat für das Aikido- und Waffentrai-      oder Ude-osae machen kannst, dann führ’
ning: „Hört nie auf zu spielen!“ Genauso         ihn aus. Alle anderen Techniken ergeben
waren seine Techniken, kreativ und ver-          sich automatisch“, so das Mantra von Karl.
spielt aber trotzdem – oder vielleicht des-      Daneben gilt der Grundsatz: „Stören, stö-
wegen – effektiv! Er arbeitete viel mit leicht   ren, stören ...“, und: „Atemi einsetzen.“

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„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland

   Aus der Verteidigungsstellung von Uke             Stirn trieb. Im Anschluss wurden die
ergeben sich viele Möglichkeiten zu weite-           Grundtechniken mit dem Schwert geübt. Es
ren Techniken. Von den Stabtechniken                 gab auch noch einige Bewegungsformen
gelang Karl die „Brücke“ zu den verwand-             mit dem Schwert, die den Teilnehmern al-
ten Handtechniken. Es war verblüffend, wie           les an Koordination und Konzentration ab-
ein Rad ins andere griff und sich die Tech-          verlangte.
niken automatisch ergaben. Nach den waf-                 Es war immer schön mit anzusehen, wie
fenlosen Techniken folgte der Angriff mit            Karl jeden Einzelnen abholte und ihn weiter
dem Messer. Auch hier zeigte sich, dass,             inspirierte, und das immer vor dem Hinter-
wenn der Shiho-Nage nicht korrekt ausge-             grund, dass Anfänger und Fortgeschrittene
führt wird und Uke sich herausdrehen                 miteinander trainierten. Nach den Schwert-
kann, dann immer noch ein Kote-gaeshi                techniken folgte noch ein „Potpourri“ aus
inklusive einer sicheren Entwaffnung mög-            ausgewählten Techniken. Ob Aiki-otoshi,
lich ist. Ob Kote-mawashi, Kote-hineri,              Tenchi-nage, Kokyu-nage oder Sumi-oto-
Koshi-nage oder Ude-garami, Karl gelang              shi: Nichts war vor Karl sicher. Trotz dieser
es immer wieder, die Teilnehmer mit sei-             wirklich schwierigen Techniken konnten
nen einfachen Bewegungen zu verblüffen.              sich die Anfänger und Fortgeschrittenen an
Es war wie ein Uhrwerk, eins kam zum an-             dieser Vielzahl von Techniken austoben.
deren.                                                   Karl hat es geschafft, in einem Lehrgang
   Anzumerken ist, dass ein Querschnitt              alle Hand- und Waffentechniken zu verei-
durch alle Techniken gezeigt wurde, vom              nen. Wie immer ging dieser Lehrgang auch
Gelbgurt- bis zum Dan-Grad. Alle Teilneh-            diesmal viel zu schnell zu Ende und es
mer vom Weißgurt bis zum Schwarzgurt                 bleiben eine Menge offener Fragen. Ein
waren gefordert und kamen ordentlich ins             Grund mehr, Karl noch einmal zu uns ein-
Schwitzen. Durch seine „sympathische Art“            zuladen. Es soll ja noch einige schöne Ho-
vermittelte Karl aber keinem Teilnehmer,             tels in Marl geben. Wir würden uns jeden-
dass er überfordert wurde. So hatten alle            falls freuen.
Teilnehmer ihren Spaß und konnten aus-                   Das Lehrgangsgeschenk bestand aus
giebig die „bekannten“ oder „unbekannten“            einigen Spezialitäten aus dem Ruhrgebiet
Techniken in Ruhe üben.                              (verschiedene Biere, Likör, einem T-Shirt
   Der Sonntag begann mit einer knackigen            „Ma(r)locher“). Ich als „Niederrheiner“ war
Gymnastik. Karl gab zwar aus, man könne              dieses Mal außen vor. Vielleicht klappt es
ruhig sitzen bleiben, aber das war eine Fal-         ja das nächste Ma(r)l.
le. Die Gymnastik im „Sitzen“ war eine
schöne Kraftgymnastik, die den Teilneh-              Klaus Michelbrink,
mern ordentlich die Schweißperlen auf die            DJK Germania Lenkerbeck e. V.

                                                                            (Fotos: Kai Heiduschke)

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