Oekom Corporate Responsibility Review 2009 - Nachhaltigkeit in Unternehmensführung und Kapitalanlagen - eine Bestandsaufnahme
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oekom Corporate Responsibility Review 2009 Nachhaltigkeit in Unternehmensführung und Kapitalanlagen – eine Bestandsaufnahme
Inhaltsverzeichnis Editorial...................................................................................................................................................................................................................... 2 1. Nachhaltigkeit – ein Ausweg aus der Krise? ....................................................................................................................................... 3 Martin Hesse, Süddeutsche Zeitung 2. Entwicklung des nachhaltigen Investments ........................................................................................................................................5 3. Engagement als Beitrag für nachhaltige Wirtschaftsweisen ...................................................................................................... 9 Klaus Gabriel, Vorstand CRIC e.V. 4. Corporate Responsibility im Unternehmensmanagement – aktueller Stand und Trends........................................... 11 5. Beobachtungen – Corporate Governance und Compliance ernst genommen! ................................................................30 Caspar von Hauenschild, Vorstand Transparency International Deutschland e.V. Porträt oekom research AG ............................................................................................................................................................................32 Anhang: Methodik, Glossar und Quellen ................................................................................................................................................ 33 Impressum..............................................................................................................................................................................................................36 oekom research AG Seite 1 oekom CR Review 2009
Editorial Robert Haßler, CEO oekom research AG Die Finanzmarktkrise ist dabei, die Welt dramatisch Mit diesem Corporate Responsibility Review 2009 zu verändern. Das globale Bankensystem ist an- möchten wir Ihnen eine Bestandsaufnahme der Nach- geschlagen, viele Wirtschaftszweige wie die Auto- haltigkeitsaktivitäten der wichtigsten Unternehmen mobilindustrie verzeichnen massive Absatzein- weltweit bieten und einen Beitrag zur Beantwortung bußen und zahlreiche Volkswirtschaften befinden folgender Fragen leisten: Was sind derzeit aktuelle sich in einer Rezession. Aus einem vermeintlichen Themen und Entwicklungen im Bereich Corporate Spezialproblem, der Subprime-Krise, ist über einen Responsibility? Welche Trends zeichnen sich für 2009 Dominoeffekt eine weltweite ökonomische Bedrohung ab? Welche Unternehmen sind die weltweiten Vorreiter geworden. Kaum einer hat die Krise in diesem Ausmaß in Sachen nachhaltiges Wirtschaften? Dazu haben und vor allem in dieser Geschwindigkeit kommen wir unsere Datenbank, die wir seit mehr als 15 Jahren sehen. Viele der derzeit diskutierten und durchge- systematisch mit Daten von über 1.100 Unternehmen führten staatlichen Maßnahmen wie Schutzschirme, aus mehr als 40 Ländern füttern, geöffnet und sind Konjunkturprogramme und Verstaatlichungen sind zu sehr interessanten Ergebnissen gekommen, ohne historisches Beispiel. Die Politik reagiert und die wir Ihnen im Folgenden vorstellen möchten. sie täte gut daran, die Rahmenbedingungen so zu Abgerundet wird der empirische Teil durch aktuelle verändern, dass langfristiges Denken wieder stärker Zahlen zur Entwicklung des Marktes für nachhalti- zur Geltung kommt und die ungezügelte Gier nach ge Kapitalanlagen. Doch damit nicht genug: Neben kurzfristigen Profiten eingedämmt wird. Zahlen, Daten, Fakten präsentiert Ihnen dieser Review Doch was bedeutet das für das Thema Nach- 2009 auch drei sehr interessante Hintergrundberichte haltigkeit? Droht angesichts leerer Kassen nun der unserer Gastautoren Klaus Gabriel (CRIC e.V.) zum Stillstand? Dass das Thema an Aufmerksamkeit ver- Thema Shareholder Engagement und Caspar von loren hat, ist unverkennbar. Nehmen Sie zum Beispiel Hauenschild (Transparency International Deutschland den Klimaschutz: Anfang 2008 noch das absolute e.V.) zu Corporate Governance und Compliance. Den Topthema, heute offensichtlich völlig verdrängt von Anfang macht Martin Hesse (Süddeutsche Zeitung) Horrormeldungen zu Börsencrash und Firmenpleiten. mit seinem Kommentar zum Thema Nachhaltigkeit Doch wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass und Finanzkrise. die derzeitige Krise auch eine enorme Chance für ein Umsteuern in Richtung nachhaltige Entwicklung bietet: Es existiert derzeit ein historisch einmali- ger Konsens, dass eine zu einseitige Ausrichtung Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen der Wirtschaft an einem kurzfristigen shareholder value in die Sackgasse führen muss – und damit Ihr eine vielleicht einmalige Gelegenheit, umzusteuern. Nachhaltige Investoren fordern bereits seit vielen Jahren eine Neuausrichtung der Geschäftsaktivitäten am stakeholder value, also einem deutlich langfristi- ger ausgerichteten Optimierungsmodell, das neben dem monetären Unternehmenserfolg auch die sozi- ale und ökologische Verantwortung mit einschließt. Nutzen wir also die Gunst der Stunde! oekom research AG Seite 2 oekom CR Review 2009
1. Nachhaltigkeit – ein Ausweg aus der Krise? Martin Hesse, Süddeutsche Zeitung Die Finanz- und Wirtschaftskrise könnte der Teil von Faktoren verursacht, auf die einzelne Banken ➔ nachhaltigen Geldanlage zum ganz großen und Unternehmen keinen Einfluss haben: Die ameri- Durchbruch verhelfen. So scheint es zumin- kanische Notenbank pumpte über Jahre zu viel Geld zu dest. Klassische Forderungen der Nachhaltigkeits- billig in den Markt, die Aufsichtsbehörden regulierten branche sind plötzlich in aller Munde und nach- Finanzmärkte, Investoren und Ratingagenturen unzu- haltig gemanagte Firmen kommen offenbar besser reichend. Dennoch hätte es nicht zu solchen Exzessen durch den Abschwung. Das wirft die Frage auf, inwie- mit ihren schwerwiegenden Folgen kommen müssen, weit die Prinzipien nachhaltiger Geldanlage als Blau- wären mehr Firmen und vor allem Banken nachhaltig pause für die Überwindung der Krise dienen können. geführt worden. Zugleich zeichnet sich jedoch ab, dass die Verwer- „Wir glauben, dass die Bankenkrise vor allem fungen an den Märkten manche Errungenschaft des durch Führungsfehler verursacht wurde“, schreibt nachhaltigen Investments gefährden könnten. die Fondsgesellschaft F&C in ihrem Jahresbericht zur Nachhaltigkeit. Das ist richtig. Erstens hatten Manager Die Bilder gingen um die Welt. Als am 15. September ihre eigenen kurzfristigen Interessen stärker im Auge die Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz als den langfristigen Unternehmenserfolg und gingen anmeldete, packten Mitarbeiter ihre Habseligkeiten überzogene Risiken ein. Aktionäre stellen – zweitens in Kartons, traten auf die Straße und wirkten – plötzlich fest, dass sie sich auf die Aufsichtsräte plötzlich hilflos. Die Lehmänner verkörperten als Kontrollorgane nicht verlassen können. Diese einen Finanzkapitalismus, der auf Kurzatmigkeit, installierten oder tolerierten Vergütungssysteme, Intransparenz und mangelhafter Kontrolle basierte in denen kurzfristige Erfolge übermäßig honoriert – und keine Perspektive hat. Umso mehr, so scheint und Verluste infolge zu hoher Risiken nicht sank- es jetzt, liegt die Zukunft in Werten, die Anhänger tioniert wurden. Offenkundig wurde drittens ein eines nachhaltigeren Wirtschaftssystems vertreten: Mangel an Transparenz. Nicht nur die Öffentlichkeit, langfristiges Denken, transparente Unternehmen auch Eigentümer- und Arbeitnehmervertreter in den und Märkte sowie Kontrolle der Banken und Firmen Aufsichtsgremien waren völlig unzureichend über die durch ihre Aktionäre und andere Interessengruppen Vorgänge in den Banken informiert. der Gesellschaft. Deshalb dürften künftig auch Aktionäre, die Schon vor Lehman hat sich gezeigt, dass Anleger sich nicht ausdrücklich als nachhaltige Anleger in der Finanzkrise nachhaltig geführten Unternehmen verstehen, in den Unternehmen, vor allem aber in und nachhaltig gemanagten Fonds mehr vertrauen der Finanzbranche, auf mehr Transparenz, bessere als anderen. Während konventionelle Aktienfonds Corporate Governance und langfristigere Anreiz- dramatische Abflüsse beklagten, steckten Investoren systeme dringen. Deutlicher denn je zeigt sich durch neue Mittel in Nachhaltigkeitsfonds. 2008 kamen die Finanzkrise, dass ökologische, soziale und ethi- nach Angaben der European Business School mehr sche Anforderungen an die Unternehmen den öko- neue nachhaltige Anlageprodukte auf den Markt, nomischen Interessen der Aktionäre nicht entgegen- als zurückgezogen wurden. Zwar ist auch der Wert stehen, sondern wirtschaftlichen Erfolg auf Dauer dieser Fonds nach der Pleite von Lehman drastisch begünstigen. gesunken. Dennoch gibt es Anzeichen dafür, dass Unter dem Druck der Aktionäre und Politiker zeich- nachhaltig angelegtes Geld in der Krise weniger an nen sich vor allem bei den Bonussystemen schon jetzt Wert verloren hat als konventionell investierte Mittel. Veränderungen ab. Die Schweizer Großbank UBS und Die Unternehmensberatung A.T. Kearney errechne- die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley te in einer Studie, dass in 16 von 18 Branchen jene führten Malus-Systeme ein. Das heißt, Mitarbeiter Firmen deutlich besser als die Konkurrenz abge- müssen einen Teil ihrer Boni zurückzahlen, wenn schnitten haben, die eine besonders glaubwürdige in den Folgejahren Verluste erzielt werden. Aber es Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen. Ihre Aktien ent- gibt auch Negativbeispiele wie Merrill Lynch: Die wickelten sich über sechs Monate im Krisenjahr 2008 Investmentbank erhöhte ihre Bonuszahlungen noch durchschnittlich um 15 Prozent besser. 2008 auf vier Milliarden US-Dollar, während die neue Natürlich sind Untersuchungen über einen so Mutter Bank of America mittlerweile auf massive kurzen Zeitraum mit Vorsicht zu genießen. Die Staatshilfen angewiesen ist. Kritische Beobachter Ergebnisse passen aber zu den Erkenntnissen, wel- sind daher skeptisch, ob in der Finanzbranche flä- che die Finanzkrise liefert. Zwar wurden die schweren chendeckend eine neue Vergütungskultur Einzug Verwerfungen an den Märkten zu einem erheblichen hält. „Je tiefer die Kreditkrise wird, desto mehr oekom research AG Seite 3 oekom CR Review 2009
befürchten wir, dass Unternehmen, die hinter ihren aus. Zwar können Anbieter erneuerbarer Energien Zielen zurückbleiben, die Regeln so zu interpretieren auf einen Obama-Effekt hoffen. Der neue US- versuchen, dass auch weiterhin hohe Vergütungen Präsident hat mehrfach angekündigt, dass er alter- gezahlt werden“, heißt es bei F&C. native Energiequellen stärker fördern und den Allerdings dürften sich Banken und andere Klimawandel bekämpfen will. Die Branche dürfte Unternehmen auf absehbare Zeit schwerer tun, außerdem von den Konjunkturpaketen profitieren, Forderungen nachhaltig investierender Aktionäre mit denen viele Regierungen gegen die Rezession nach Transparenz und langfristigen Anreizsystemen ankämpfen. Das dürfte dazu führen, dass weiterhin zu ignorieren. Eine breite Öffentlichkeit und führen- viel Investorengeld in erneuerbare Energien und de Politiker drängen jetzt in die gleiche Richtung. Profiteure der neuen Klimapolitik fließt. Mittelfristig Der neue amerikanische Präsident Barack Obama könnte ein neuer politischer Schub für diese Branche erklärte bereits im Wahlkampf: „Wir müssen CEOs allerdings zu ähnlichen Übertreibungen führen wie zur Rechenschaft ziehen können und sicherstel- im Bereich der Windenergie in Deutschland um die len, dass sie im Interesse ihrer Firma handeln, im Jahrtausendwende. Interesse unserer Wirtschaft, der Arbeitnehmer und Fraglicher ist, ob „alte“ Industrien wie Autozu- unseres Landes – und nicht nur in ihrem eigenen lieferer, Maschinenbauer oder Chemiekonzerne Interesse.“ Und Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgerechnet in der Krise nachhaltiger wirtschaften macht sich bei den Zusammentreffen der führenden werden als bisher. Sie könnten vielmehr dazu neigen, Industrienationen für eine bessere Regulierung der die eigenen ökologischen und ethischen Standards Finanzmärkte stark. sowie die ihrer Zulieferer aufzuweichen, um kurzfri- Nicht alles, was Politiker jetzt unternehmen, um stig Kosten zu sparen. Genauer denn je werden nach- die Finanzkrise in den Griff zu bekommen, ist jedoch haltige Investoren und Ratingagenturen daher darauf bei näherem Hinsehen im Interesse nachhaltiger achten müssen, dass erreichte Standards nicht ver- Investoren. Ein Beispiel ist die Aufweichung von Rech- wässert werden. nungslegungsstandards in der Finanzbranche. Zwar Insgesamt wird die Finanzkrise eine breitere scheint es sinnvoll, die marktnahe Bewertung von Öffentlichkeit und mehr Investoren für die Chancen Wertpapieren vorübergehend auszusetzen, um die nachhaltiger Geldanlage sensibilisieren. Die Krise zeigt Abwärtsspirale aus Abschreibungen, Notverkäufen, jedoch auch die Grenzen nachhaltiger Investments Preisverfall und neuen Abschreibungen zu durchbre- auf. Denn auch Investoren, die ökologische, soziale chen. Aber die neuen Regeln bedeuten zugleich weni- und ethische Faktoren berücksichtigen, bewegen ger Transparenz, da problembehaftete Wertpapiere sich innerhalb eines Systems, das eine exzessive länger in der Bilanz versteckt bleiben können. Verschuldung von Banken, Unternehmen und gan- Auch die staatlichen Kapitalspritzen für Banken zen Volkswirtschaften zugelassen hat. Ob Firmen und könnten die Interessen nachhaltiger Investoren Banken gesund finanziert sind oder zu hohe Schulden gefährden. Erstens wurde dort, wo der Staat eingriff, haben, prüfen Nachhaltigkeitsanalysten gerade nicht. der Anteil der Altaktionäre verwässert, ohne dass Auch nachhaltige Investoren müssen auf die Urteile sich diese dagegen hätten wehren können. Das kann klassischer Ratingagenturen vertrauen. Gerade die man damit rechtfertigen, dass die Rettung für die haben jedoch mit zweifelhaften Bonitätsnoten und Stabilisierung des Finanzsystems unumgänglich ist schweren Interessenkonflikten zur Entstehung der und auch den Altaktionären zugute kommt. Zweitens Finanzkrise erheblich beigetragen. ist aber noch unklar, wie die neuen staatlichen Nachhaltige Investoren sind also darauf angewie- Aktionäre ihren Einfluss ausüben. Beispielsweise sen, dass andere wesentliche Ordnungskräfte des zeichnet sich ab, dass Regierungen ihre Banken zu Wirtschaftssystems – Aufsichtsräte, Ratingagenturen, einer Konzentration auf den jeweiligen Heimatmarkt Wirtschaftsprüfer, Regulierer und Politiker – ihre Auf- drängen. Ob das wirklich den Interessen der Kunden, gaben gewissenhafter wahrnehmen. Dazu können der Aktionäre, der Mitarbeiter und der Gesellschaft Anleger beitragen, indem sie sich stärker in die Unter- dient, ist zumindest fraglich. Bedenklich ist auch, nehmensführung einmischen, als aktive Aktionäre dass die Politik auf eine Ausweitung der Kreditvergabe auftreten und den Dialog mit den übrigen Teilnehmern drängt, auch wenn Banken dadurch ausgerechnet in des Wirtschaftssystems ausbauen. Beherzigen sie der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte das, können sie einen wertvollen Beitrag zur neue Risiken eingehen müssen. Überwindung der Krise und vor allem zur Vermeidung Auch auf die Nachhaltigkeit anderer Branchen neuer Verwerfungen leisten. wirkt sich die Krise nicht uneingeschränkt positiv Martin Hesse, geboren 1969 in Arnsberg, ist Wirtschaftskorrespondent der Süddeutschen Zeitung in Frankfurt. Er schreibt dort seit 2006 über Banken, Finanzinvestoren und Kapitalmärkte. Zuvor arbeitete der Journalist zehn Jahre in der Zentrale der Süddeutschen Zeitung als Finanzredakteur. Seitdem beschäftigt er sich auch mit dem Thema nachhaltige Geldanlage. Martin Hesse studierte Volkswirtschaft an der Universität Passau, ist verheiratet und hat zwei Töchter. oekom research AG Seite 4 oekom CR Review 2009
2. Entwicklung des nachhaltigen Investments Das nachhaltige Investment hat in den ver- teilnehmern aber kaum Mittelabflüsse verzeichnen ➔ gangenen Jahren einen fulminanten Auf- müssen. schwung erlebt. Sowohl die Anzahl entspre- Auf den folgenden Seiten sind ausgewählte chender Anlageprodukte als auch deren Volumina Ergebnisse der aktuellen Marktstudien dargestellt. haben sich vervielfacht. Auch im schwierigen Börsen- Sie geben einen umfassenden Überblick über die jahr 2008 konnten sich nachhaltige Produkte behaup- Entwicklung nachhaltiger Kapitalanlagen in Deutsch- ten. Wie bei konventionellen Produkten hat die land und dem deutschsprachigen Raum, in Europa Wertentwicklung zwar gelitten, im Gegensatz zu diesen und weltweit. haben nachhaltige Produkte nach Aussagen von Markt- Nachhaltige Publikumsfonds in Deutschland Per 31.12.2008 waren in Deutschland nach Recher- ten. Die 33 Mischfonds schnitten mit einem Minus chen von ECOreporter.de (www.ecoreporter.de) 196 von 16 Prozent ab. Publikumsfonds aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Ethik und erneuerbare Energien zugelassen, 41 Fonds mehr als Ende 2007. Das Gesamtvolumen der Fonds lag zum Jahresende bei 18,26 Mrd. Euro, ein Minus von knapp 10 Mrd. Euro gegenüber dem Stand von Ende 2007. Die 121 Aktienfonds büßten mit durchschnittlich minus 44,17 Prozent mehr ein als der MSCI World (-39,5 Prozent). Dagegen konnten die 20 Rentenfonds Quelle: ECOreporter; Stand: 31.12.2008 ein Plus von durchschnittlich 1,5 Prozent erwirtschaf- Nachhaltige Publikumsfonds im deutschsprachigen Raum Im gesamten deutschsprachigen Raum (Deutschland, Per 31.12.2008 waren nach Berechnungen des Österreich und Schweiz) sind Anzahl und Volumen der Sustainable Business Institute (SBI) an der European nachhaltigen Publikumsfonds in den vergangenen Business School (www.nachhaltiges-investment.org) Jahren deutlich gestiegen. Im Zuge der Finanzkrise im deutschsprachigen Raum 274 nachhaltige ist das Volumen der entsprechenden Fonds im Laufe Publikumsfonds mit einem Volumen von gut 21 des Jahres 2008 erstmals seit Beginn der Statistik Mrd. Euro zum Vertrieb zugelassen. 50 Fonds wur- 1999 zurückgegangen. den in 2008 neu zugelassen, acht Fonds wurden geschlossen, zusammengefasst oder beachten keine Nachhaltigkeitskriterien mehr. Außerdem sind gegenüber Ende 2007 51 Fonds hinzugekommen, die entweder bereits in anderen Ländern zugelas- sen waren oder seit 2008 Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Die im deutschsprachigen Raum zugelasse- nen Aktienfonds haben nach Berechnungen des Sustainable Business Institute in 2008 zwischen 4,1 und 79,7 Prozent an Wert eingebüßt. Bei den nachhal- tigen Rentenfonds lag die Performance zwischen plus 11,0 und minus 25,1 Prozent. Die Inhaber nachhalti- ger Mischfonds mussten ein Minus von 1,7 bis 43,5 Quelle: SBI (2009); Stand: 31.12.2008; in Mrd. € Prozent verkraften. oekom research AG Seite 5 oekom CR Review 2009
Nachhaltige Publikumsfonds in Europa Auch in Europa hat sich die Zahl der nachhaltigen Publikumsfonds nach einer Studie der französischen Nachhaltigkeits-Ratingagentur Vigeo in den vergan- genen Jahren deutlich erhöht. Per 30. Juni 2008 waren insgesamt 537 entsprechende Fonds zum Vertrieb zugelassen, ihr Volumen lag bei insgesamt 48,7 Mrd. Euro. Für diese Fonds liegen die Zahlen für das zweite Halbjahr 2008 leider noch nicht vor. Es ist aber davon auszugehen, dass hier vergleichbare Verluste aufgetreten sind wie bei den oben dargestellten im deutschsprachigen Raum zugelassenen Fonds. Quelle: vigeo (2008); Stand: 30.06.2008; in Mrd. € Nachhaltiges Investment in Europa Bei Erweiterung der Betrachtung auf institutionelle eines aktiven Aktionärstums (engl.: Engagement). Investoren ergibt sich nach einer in 2008 veröffent- Rund 20 Prozent der Anlagen folgen einem strengen lichten Studie des europäischen Branchenverbandes Nachhaltigkeitsansatz („Core SRI“), der sich durch die EUROSIF (www.eurosif.org) folgendes Bild: Berücksichtigung umfassender Ausschlusskriterien Das Gesamtvolumen der unter Einbezug von sowie des Best-in-class Ansatzes auszeichnet. Dieser Nachhaltigkeitskriterien verwalteten Vermögen hat Ansatz ist nach Aussage der Studie insbesondere im Ende 2007 ein Volumen von knapp 2,7 Bill. Euro deutschsprachigen Raum verbreitet, während etwa erreicht. In den neun EU-Staaten, die im Rahmen der in Großbritannien, den Niederlanden und Italien vor Studie sowohl 2005 als auch 2007 analysiert wur- allem der einfache Ansatz genutzt wird. den, hat sich das Volumen in diesem Zeitraum von Der Anteil der nachhaltigen Kapitalanlagen am 1.033 Mrd. Euro auf 2.083 Mrd. Euro verdoppelt. Gesamtmarkt betrug Ende 2007 rund 17,6 Prozent Der Löwenanteil der Anlagen wird nach einem – mehr als jeder sechste Euro wurde also unter einfachen Nachhaltigkeitsansatz, von den Autoren Berücksichtigung sozialer, ökologischer oder ethi- der Studie als „Broad SRI“ bezeichnet, gemanagt. scher Kriterien angelegt. Das nachhaltige Investment Dazu zählen Anlagen, bei denen zwei oder mehr hat die viel zitierte „Nische“ damit endgültig verlas- Ausschlusskriterien genutzt werden sowie Strategien sen. Quelle: EUROSIF (2008); Stand jeweils 31.12. des Jahres; in Mrd. € oekom research AG Seite 6 oekom CR Review 2009
Nach Volumen ist Großbritannien mit Abstand der Europa. Daneben gehören die Niederlande, Belgien größte europäische Markt für nachhaltige Kapital- und die skandinavischen Länder zu den größeren anlagen. Hier werden knapp 988 Mrd. Euro unter Märkten für nachhaltige Investments. Deutschland, Einbezug entsprechender Kriterien verwaltet und Österreich und die Schweiz sind nach Volumen damit rund 38 Prozent des Gesamtvolumens in betrachtet eher noch „SRI-Entwicklungsländer“. Quelle: EUROSIF (2008); Stand jeweils 31.12. des Jahres; in Mrd. .€ Für die zukünftige Entwicklung des nachhalti- wichtig für die zukünftige Entwicklung des Marktes gen Investments sehen die in der EUROSIF-Studie angesehen wird. befragten Asset Manager verschiedene Treiber. Besondere Bedeutung haben danach die institu- tionellen Investoren wie Kirchen, Pensionsfonds, Stiftungen und Versicherungen. Bei ihnen wird, so die Einschätzung, das nachhaltige Investment weiter an Bedeutung gewinnen. Die Gesetzgeber sowie der externe Druck durch Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werden als weitere wichtige Treiber ange- sehen. Bemerkenswert ist, dass die Frage der sog. Materialität, also danach, ob nachhaltige Anlagen eine bessere Wertentwicklung haben als konventio- nelle Anlagen, nur von 22 Prozent der Befragten als Quelle: EUROSIF (2008); in % Nachhaltiges Investment global Vergleichbare Zahlen wie für Europa liegen auch für EU 2007 2.665 Mrd. die USA und Kanada sowie mit Einschränkungen für USA 2007 2.023 Mrd. Asien und den pazifischen Raum vor. Es ist bemerkens- Kanada 2006 319 Mrd. wert, dass die EU erstmals die USA, in denen nachhal- tiges Investment eine deutlich längere Tradition hat, Asien-Pazifik 2007 44 Mrd. als weltweit größten Markt abgelöst hat. Insgesamt Global > 5.000 Mrd. wurden per Ende 2007 weltweit mehr als 5 Bill. Euro Quellen: ASrIA, EUROSIF; Social Investment Forum, Social Investment unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien Organisation; in € angelegt. oekom research AG Seite 7 oekom CR Review 2009
Performance von nachhaltigen Kapitalanlagen Die „Gretchenfrage“ des nachhaltigen Investments, „konventionellen“ Wettbewerber und in nahezu allen ob man für die Berücksichtigung von sozialen, ökolo- Industriesektoren an den Finanzmärkten eine deutlich gischen und ethischen Kriterien einen Preis in Form bessere Performance aufweisen. Die Analyse zeigt, einer Underperformance gegenüber konventionellen dass in 16 der untersuchten 18 Industrien nachhaltige Anlagen zahlen muss, hat den Markt auch 2008 stark Unternehmen im Untersuchungszeitraum von Mai bis beschäftigt. Wieder wurden zahlreiche Studien durch- November 2008 durchschnittlich eine um 15 Prozent geführt, u. a. vom renommierten Mannheimer Zentrum höhere Performance erzielt haben als die gesamte für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) (www. Industrie. Jedes dieser Unternehmen konnte sich so zew.de). Die ZEW-Studie kommt zu dem Ergebnis, durchschnittlich eine Marktkapitalisierung von über dass Nachhaltigkeit keinen negativen Einfluss auf 500 Mio. Euro sichern. die finanzielle Performance von Aktienportfolios hat. Diese und andere Analysen belegen, dass nach- Im Gegenteil: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass haltiges Investment beim Thema Performance keine Nachhaltigkeit die Aktienrendite sogar positiv beein- strukturellen Nachteile gegenüber konventionellen flusst. Anlagen hat. Die oben dokumentierten Zahlen für die Die aktuelle Studie „Green Winners: The Perfor- Wertentwicklung von Publikumsfonds im Jahr 2008 mance of Sustainability-focused Companies in the machen gleichzeitig deutlich, dass es letztendlich auf Financial Crisis“ von A.T. Kearney kommt zu dem die Fähigkeiten der Portfolio-Manager ankommt, die Ergebnis, dass nachhaltige Unternehmen in der richtigen Titel auszuwählen – sei es für konventionel- aktuellen Finanzkrise besser aufgestellt sind als ihre le oder für nachhaltige Anlagen. Ausblick Viele finanzmarktbezogene Prognosen werden derzeit diesem Bereich. Sie sind derzeit dabei, soziale nicht gemacht und wenn doch, ist ihre Halbwertzeit und umweltbezogene Aspekte über das bereits oft eher gering. Wir wagen trotzdem einen Ausblick bestehende Maß hinaus in ihre Kapitalanlagen zu auf die Entwicklung des nachhaltigen Investments: integrieren. Gleichzeitig mischen sie sich enga- Nach unserer Einschätzung wird dieses Markt- giert in die öffentliche Diskussion zur Finanzkrise segment auch 2009 weiter an Bedeutung gewin- ein und fordern auch von anderen Anlegern nen. In dieser Einschätzung wissen wir uns in eine stärkere Berücksichtigung entsprechender guter Gesellschaft. Viele Experten gehen davon Kriterien. Gleichzeitig beginnen neue Gruppen, aus, dass das nachhaltige Investment zu den sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Gewinnern der aktuellen Krise gehören wird. Diese So erkennen beispielsweise Stiftungen zuneh- Einschätzung beruht auf folgenden Überlegungen mend, dass nicht nur die Mittelverwendung, und Beobachtungen: sondern auch die Mittelherkunft einen Beitrag 1. Nach den vielen „verpackten“ Finanzprodukten, zur Umsetzung der Stiftungsziele leisten kann. die selbst Finanzmarktexperten nach eige- Andere konventionelle Anleger nähern sich nen Aussagen nicht mehr wirklich verstanden dem nachhaltigen Investment vorrangig unter haben, gibt es einen erhöhten Bedarf nach Risikoaspekten. Transparenz. Investoren wollen ganz genau 3. Schließlich werden von den umfangreichen staat- wissen, wie und worin sie ihr Kapital investie- lichen Konjunkturpaketen positive Impulse für ren. Nachhaltigkeitsratings sind hier wertvol- das nachhaltige Investment ausgehen. Ein Teil le Instrumente, die zusammen mit der klassi- dieser Pakete fließt in den Ausbau der erneu- schen Finanzanalyse ein ganzheitliches Bild der erbaren Energien und der Wasserversorgung Anlageobjekte, z. B. Unternehmen, geben kön- sowie in Bildung und Gesundheit. Nachhaltige nen. Investments, die diese Branchen schon lange auf 2. Institutionelle Investoren wie Kirchen, bei denen dem Radar und im Portfolio haben, werden von das nachhaltige Investment schon eine gewisse diesen (zusätzlichen) Investitionen profitieren. Tradition hat, intensivieren ihr Engagement in oekom research AG Seite 8 oekom CR Review 2009
3. Engagement als Beitrag für nachhaltige Wirtschaftsweisen Klaus Gabriel, Vorstand CRIC e.V. Die Berücksichtigung ökologischer und sozi- chen Akteure sind dabei aufgerufen, Finanzmarkt ➔ aler Kriterien bei der Geldanlage erlangt und Wirtschaft mitzugestalten – als WählerInnen, als vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz- KonsumentInnen und eben auch als InvestorInnen. und Wirtschaftskrise neue Aktualität. Nachhaltige Die Einbeziehung kultureller, ökologischer und sozi- Entwicklung erfordert die Gestaltung und Steuerung aler Kriterien und Strategien in die Geldanlagen wirtschaftlicher Prozesse – das Engagement als erweist sich dabei als Möglichkeit zur Gestaltung lösungsorientierter Dialog mit Unternehmen erweist wirtschaftlicher Prozesse. sich dabei als Chance. In den vergangenen Jahren hat sich zusätzlich zur vermeidenden und fördernden Geldanlage der Bereich Die ethische oder nachhaltige Geldanlage hat sich im des Engagements entwickelt. Unter Engagement – im Laufe ihrer Geschichte immer wieder gewandelt und Kontext der nachhaltigen Geldanlage verwendet damit auf die jeweiligen ökologischen und sozialen man die englische Ausdrucksweise – versteht man Herausforderungen reagiert (1). Stand zu Beginn des die aktive Gestaltung und Steuerung wirtschaftli- 20. Jahrhunderts die Vermeidung ethisch unverant- cher Entscheidungs- und Handlungsprozesse auf der wortlicher Produkte und Praktiken im Vordergrund Basis des direkten Dialogs mit Unternehmensver- (vermeidende ethische Geldanlage), entwickelte sich treterInnen. Dabei geht es darum, jene Mitsprache- vor dem Hintergrund der Umweltbewegung ab den und Einflussmöglichkeiten zu nutzen, die sich für 1970er-Jahren eine auf Positivkriterien aufbauende InvestorInnen auf der Basis ihrer Kapitalgeberfunktion Förderung nachhaltiger Wirtschaftsweisen (fördernde ergeben. In der Praxis unterscheidet man zwei ethische/nachhaltige Geldanlage). Heute spannt sich Varianten des Engagements. Zum einen können der Bogen ethischer und nachhaltiger Geldanlagen InvestorInnen die Stimmrechte ihrer Aktien dazu von klassischen Menschenrechtsthemen bis hin verwenden, um auf den Hauptversammlungen von zu Fragen der Ökoeffizienz und des Klimawandels, Unternehmen Fragen zu stellen oder Anträge ein- wobei die Wechselwirkung ökologischer und sozi- zubringen. Damit können nicht nur Missstände auf- aler Herausforderungen zunehmend an Bedeutung gezeigt, sondern auch konkrete Vorschläge für eine erlangt und sich dementsprechend in den Strategien nachhaltige Geschäftspolitik eingebracht werden. und Produkten der ethischen und nachhaltigen Ihre Stimmrechte können AktionärInnen selbst aus- Geldanlage niederschlägt. Hinzu kommt, dass der üben oder an eine Stimmrechtsvertretungsorganisa- so genannte Best-in-class Ansatz, der Investitionen tion übertragen. Solche Institutionen gibt es bereits in den aus Nachhaltigkeitssicht jeweils besten in Europa und in den USA, wobei operative Reichweite Unternehmen einer Branche propagiert, mehr und und inhaltliche Zielsetzung der einzelnen Stimm- mehr Anwendung findet. Der Best-in-class Ansatz rechtsvertretungsorganisationen sehr heterogen sind zielt darauf ab, einen Ethik- und Nachhaltigkeitswett- (2). Zum anderen bedeutet Engagement aber auch, bewerb bei Unternehmen zu initiieren: als nachhaltig- dass im direkten Dialog und außerhalb der in der Regel stes Unternehmen seiner Branche zu gelten bedeutet nur jährlich stattfindenden Hauptversammlungen mit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den weniger UnternehmensvertreterInnen Strategien und konkre- nachhaltig agierenden Mitbewerben, was sich unter te Handlungsoptionen entwickelt werden, um wirt- anderem in einem besseren Unternehmens- und schaftliche Prozesse mit den Zielvorstellungen einer Produktimage widerspiegelt. nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen. Hier Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise steht weniger die medienwirksame Inszenierung, erhält die Forderung nach Ethik und Nachhaltigkeit sondern mehr der Aufbau eines vertrauensvollen und in der Geldanlage eine neue Aktualität. Kaum jemand von gegenseitigem Respekt geprägten Dialogklimas bezweifelt noch, dass die ausschließliche Orientie- im Vordergrund. rung an maximalen Renditen eine der Hauptursachen Das Engagement versteht sich nicht als Ersatz, für die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise sondern als Ergänzung vermeidender und fördern- war. Zunehmend ist man sich darin einig, dass der Anlagestrategien. Ethik bzw. der Einsatz für eine Finanzmarkt und Wirtschaft auf ethische Reflexion nachhaltige Entwicklung erschöpft sich nicht in einer angewiesen sind und auf die Erfordernisse einer Strategie des reinen Gewissens oder der weißen nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet werden müs- Weste, sondern erfordert den aktiven Beitrag der sen. Wirtschaft ist kein Naturgesetz, sondern das InvestorInnen für eine gerechte und zukunftsfähige Ergebnis eines gesellschaftlichen Prozesses, der prin- Welt. Eine rein auf Ausschlusskriterien basierende zipiell gestalt- und steuerbar ist. Alle gesellschaftli- Anlagestrategie erweist sich vor dem Hintergrund bri- oekom research AG Seite 9 oekom CR Review 2009
santer ökologischer und sozialer Herausforderungen der InvestorInnen gegenüber Emittenten, Gläubigern als unzureichend, da mit dem Ausschluss eines nicht und dem Finanzmarkt insgesamt, die von bestehen- nachhaltig agierenden Unternehmens in der Regel den Engagementansätzen bislang nicht oder nur auch der Dialog mit UnternehmensvertreterInnen unzureichend aufgegriffen wird: InvestorInnen kön- und somit die Einflussmöglichkeit auf unternehme- nen festlegen, wem sie ihr Geld leihen bzw. mit wem rische Entscheidungsprozesse verloren geht. Richtig sie überhaupt Geldgeschäfte machen wollen. Sie verstandene Ethik setzt dem gegenüber jedoch alles können nachhaltig agierende Unternehmen bevor- daran, globale gesellschaftliche Wohlfahrt und öko- zugen und nicht nachhaltig agierende Unternehmen logische Zukunftsfähigkeit zu ermöglichen und darf benachteiligen. Sie signalisieren damit ihre Präferenz von daher nicht auf den erhobenen moralischen für nachhaltige Wirtschaftsweisen und tragen damit Zeigefinger reduziert werden. zu Veränderungen in der Wirtschaft bei. Das Corporate Responsibility Interface Center In einem ersten Engagementfall hat CRIC ca. 50 (CRIC), eine Plattform ethisch und nachhaltig orien- Banken in Deutschland und Österreich kontaktiert, tierter InvestorInnen im deutschsprachigen Raum, hat die über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten nicht oder seit kurzem einen eigenen Engagementansatz ent- nur sehr eingeschränkt Auskunft geben. Für die wickelt (3). CRIC vertritt derzeit ca. 100 institutionelle ethisch und nachhaltig orientierten InvestorInnen und private InvestorInnen und hat die Entwicklung von CRIC ist jedoch die Transparenz in Hinblick und Förderung nachhaltiger Geldanlagestrategien auf ökologische und soziale Themenfelder eine zum Ziel. Im Rahmen des CRIC-Engagement-Ansatzes zentrale Voraussetzung, um in Obligationen und wird mit Unternehmen ein Dialog zu spezifischen Schuldverschreibungen von Banken überhaupt zu und für das jeweilige Unternehmen relevanten investieren. Über 25 Prozent der Banken haben Nachhaltigkeitsthemen geführt, um auf Defizite in auf das Anschreiben von CRIC reagiert und damit der ökologischen und sozialen Performance hinzu- Bereitschaft signalisiert, die eigene Nachhaltigkeits- weisen und zu Veränderungen im wirtschaftlichen berichterstattung zu verbessern. Das Beispiel zeigt, Handeln zu motivieren. AnsprechpartnerInnen sind dass die Einflussmöglichkeiten von InvestorInnen dabei in erster Linie das leitende Management, aber auf unternehmerische Entscheidungen und Verfahren auch andere Organe des Unternehmens wie etwa auch abseits der klassischen Stimmrechtsausübung der Aufsichtsrat, Personen im Nachhaltigkeitsmana möglich ist. gement oder des Betriebsrates. Insbesondere geht Mehr noch: Je zahlreicher InvestorInnen ihre es dabei auch darum, bereits bestehende Nachhal- Geldanlagen für Engagementaktivitäten bündeln, tigkeitsbemühungen in Unternehmen zu unterstüt- umso wirkungsvoller können sie wirtschaftliche zen, ihnen einen zusätzlichen Impuls zu verleihen Aktivitäten beeinflussen und den Finanzmarkt oder sie vielleicht sogar ins Ziel zu tragen. Die Praxis gestalten. Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz- zeigt nämlich, dass in den meisten Unternehmen und Wirtschaftskrise stehen die Chancen für einen Menschen tätig sind, die sich der Bedeutung nach- grundlegenden Richtungswechsel so gut wie noch haltiger Wirtschaftsweisen durchaus bewusst sind, nie. Das Ziel muss es sein, die vorherrschende denen jedoch zu deren Durchsetzung zusätzliche Mainstream-Logik der reinen Gewinnmaximierung Argumente, Best-Practice-Beispiele, strategische in eine der sozialen Verantwortung und der ökolo- Allianzen oder auch nur ein bisschen Druck – zum gischen Zukunftsfähigkeit zu transformieren. Das Beispiel von Seiten einer Investorengemeinschaft Engagement-Konzept kann hierzu einen entscheiden- – fehlen. Diese Menschen darin zu unterstützen, den Beitrag leisten. die Nachhaltigkeitsperformance ihrer Unternehmen zu verbessern, ist eines der Hauptziele des CRIC- Engagement-Ansatzes. Entgegen den bestehenden Engagement-Ansätzen basiert der CRIC-Ansatz nicht ausschließlich auf der aktienrechtlichen Stimmrechtsausübung. Private und Quellen: institutionelle InvestorInnen sind in der Regel nur mit (1) Klaus Gabriel: Es war einmal in Amerika … Die Geschichte des nachhal- tigen Investierens. In: Politische Ökologie 112-113. München 2008, 30-33. einem relativ kleinen Teil ihres Vermögens in Aktien (2) Silke Riedel, Antje Schneeweiß: Chancen und Entwicklungsmöglichkei- investiert, der überwiegende Teil der Gelder steckt in ten für ein Aktives Aktionärstum in Deutschland – eine Machbarkeitsstu- Obligationen und Schuldverschreibungen. Und gera- die. Hannover 2008. de darin liegt jene bedeutsame Einflussmöglichkeit (3) Vgl. www.cric-online.org. Dr. Klaus Gabriel ist Sozial- und Wirtschaftsethiker am Institut für Sozialethik der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und Vorsitzender des Corporate Responsibility Interface Center (CRIC), Frankfurt am Main. oekom research AG Seite 10 oekom CR Review 2009
4. Corporate Responsibility im Unternehmensmanagement – aktueller Stand und Trends oekom research ist als Nachhaltigkeits- jeweils mehr als 100 Kriterien zur sozialen und ökolo- ➔ Ratingagentur auf die Analyse von Unter- gischen Performance zum Einsatz, die branchenspe- nehmen und Staaten nach sozialen, ökologi- zifisch zusammengestellt werden. Unternehmen, die schen und ethischen Kriterien spezialisiert. Seit über die definierten branchenspezifischen sozialen und 15 Jahren werden entsprechende Daten erhoben und ökologischen Mindestanforderungen erfüllen, erhal- bewertet, aktuell zu mehr als 1.100 Unternehmen aus ten von oekom research den Status „Prime“. Weitere über 40 Ländern sowie zu weltweit 180 Staaten. Bei der Informationen zum Rating sowie zur Methodik dieser Unternehmensbewertung („Rating“) kommen dabei Studie finden Sie im Anhang. 4.1. Einführung Im Rahmen des oekom Corporate Responsibility Corporate Responsibility-Management: Anspruch Review analysieren und dokumentieren wir auf der und Wirklichkeit Basis unserer umfassenden Unternehmensdatenbank Corporate Responsibility und Nachhaltigkeit haben den aktuellen Stand und Trends des Corporate in den vergangenen Jahren in vielen Branchen zumin- Responsibility (CR)-Managements in den Unterneh- dest in der Außendarstellung der Unternehmen an men. Bei der Auswahl der Themen orientieren wir uns Bedeutung gewonnen. Nachhaltige Investoren und an Ereignissen und Entwicklungen, die nach unserer andere Anspruchsgruppen wie Kunden, Mitarbeiter Einschätzung im Jahr 2008 besondere Bedeutung und Nichtregierungsorganisationen fordern von den hatten und uns mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Unternehmen mit zunehmendem Nachdruck Beiträge auch 2009 beschäftigen werden. Dabei unterschei- zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft. den wir zwei große Themenblöcke: Wie steht es aber mit der Integration entspre- chender Aspekte in das Kerngeschäft? Sind, wie Transparenz Caspar von Hauenschild es in seinem Beitrag Das Wort „Transparenz“ hatte in 2008 das Potenzial zu dieser Studie formuliert, „Corporate Social zum „Wort des Jahres“ – zur Erinnerung: Wort des Responsibility (CSR) oder Nachhaltigkeit weder Jahres wurde „Finanzkrise“, Unwort des Jahres „not- bei sehr vielen Industrieunternehmen Standard leidende Banken“ – , so häufig wurde sie gefordert geworden noch bei Banken und Versicherungen“? bzw. das Fehlen von Transparenz über Produktinhalte Wir haben dies für folgende Themenbereiche analy- und Anlagerisiken als eine der zentralen Ursachen siert: der aktuellen Finanzkrise angeführt. Wir beleuchten 1. Corporate Governance: Korruption, Bilanzfäl- in der Studie drei ausgewählte Transparenzthemen: schung und andere Wirtschaftsdelikte; 1. Qualität der Nachhaltigkeits-Berichterstattung 2. Klimawandel; von Unternehmen; 3. Menschen- und Arbeitsrechte – (k)ein Thema für 2. Transparenz der Vergütungsstrukturen der Unter- die Wirtschaft? nehmensvorstände; 3. Transparenz über Zahlungen an Regierungen, insbesondere in Schwellen- und Entwicklungs- ländern. oekom research AG Seite 11 oekom CR Review 2009
4.2 Gesamtübersicht Das Universum der Titel, die von oekom research dische Unternehmen mit Nachhaltigkeitsfokus und regelmäßig im Hinblick auf ihre sozialen und umwelt- nicht-börsennotierte Anleihenemittenten. bezogenen Leistungen bewertet werden, umfasst Insgesamt erreichen per März 2009 knapp 500 derzeit rund 1.100 Unternehmen aus drei Bereichen: der von oekom research regelmäßig analysierten börsennotierte Großunternehmen aus konventionel- Unternehmen den oekom Prime-Status. len Branchen, börsennotierte kleine und mittelstän- Börsennotierte Großunternehmen aus konventionellen Branchen Das Teiluniversum mit börsennotierten Großunter- Das Universum deckt bezogen auf die nehmen (Large Caps) umfasst derzeit rund 825 Marktkapitalisierung die weltweit wichtigsten Unternehmen aus 38 Staaten und rund 40 Branchen. Aktienindizes komplett bzw. zu großen Teilen ab: Besonders stark vertreten sind Unternehmen aus • DAX 30: 100 Prozent, den USA, Deutschland, Japan, Großbritannien und • Stoxx 50: 100 Prozent, Frankreich. • Stoxx 600: ca. 85 Prozent, • MSCI World: ca. 75 Prozent. Neben der repräsentativen Abdeckung wichtiger Indizes sind die gezielte Suche nach nachhaltigen Titeln sowie Kundenanfragen zentrale Ansatzpunkte für die Gestaltung des Universums. Derzeit wird rund ein Drittel der Titel (32,4 Prozent), insgesamt 291 Titel, von oekom research Quelle: oekom research AG (2009) als „Prime“ bewertet. Börsennotierte kleine und mittelständische Unternehmen mit Nachhaltigkeitsfokus Als „Potentials“ bezeichnet oekom research Unterneh- 90 Prozent, insgesamt 160 Titel, den oekom Prime- men, die in Branchen tätig sind, die durch ihre Status. Allerdings werden auch hier Unternehmen Produkte und Dienstleistungen einen bedeutenden beispielsweise aufgrund einer Neubewertung der Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten. Geschäftsmodelle zurückgestuft, wie z. B. zahlreiche Dazu zählen beispielsweise Unternehmen aus den Unternehmen aus dem Bereich Biokraftstoffe Anfang Bereichen 2008. Diese Unternehmen konnten nicht nachwei- • Bildung, sen, dass sie bei der Beschaffung der Rohstoffe für die Biokraftstoffproduktion in ausreichendem Maße • erneuerbare Energien, Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. • Recycling, • Wasser. Dieses Teiluniversum umfasst derzeit ca. 175 Unternehmen aus 22 Staaten, wobei deutsche und US-amerikanische Unternehmen zusammen rund die Hälfte des Universums ausmachen. In Deutschland sind nach wie vor besonders viele Unternehmen aus dem Bereich erneuerbarer Energien börsenno- tiert. Aufgrund der spezifischen Kriterien bei der Quelle: oekom research AG (2009) Auswahl dieser Unternehmen erreichen hier über oekom research AG Seite 12 oekom CR Review 2009
Nicht-börsennotierte Anleihenemittenten Nicht-börsennotierte Emittenten von Unternehmens- anleihen und Pfandbriefen, z. B. Landesbanken und supranationale Organisationen, bilden das drit- te Teiluniversum. Mit ca. 100 Emittenten verfügt oekom research über eines der größten Universen dieser Klasse weltweit. Die Unternehmen stammen aus mehr als 15 Staaten, wobei hier Emittenten aus Deutschland, Österreich und Frankreich besonders stark vertreten sind. Quelle: oekom research AG (2009) In diesem Teiluniversum erreichen derzeit 45 Titel den oekom Prime-Status. Bitte beachten Sie: Die oben genannten Universen bilden die Grundlage der folgenden Analysen. Für einzelne Auswertungen wurden dabei jeweils sinnvolle Teilmengen des Universums gebildet. Best-in-class Leader Im Rahmen eines absoluten Best-in-class Ansatzes standards erreichen, bekommen von oekom ermittelt oekom research in den einzelnen Branchen research den Prime-Status.Die Übersicht zeigt die die Unternehmen mit den besten sozialen und um- Unternehmen, die in ihren Branchen als führende weltbezogenen Leistungen. Nur Unternehmen, die Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit identifiziert im Vorfeld definierte branchenspezifische Mindest- wurden. Dieser Status wird jährlich überprüft. Quelle: oekom research AG (2009) oekom research AG Seite 13 oekom CR Review 2009
Branchenbewertung Im Durchschnitt erreichen die Unternehmen aus kon- ventionellen Branchen im oekom Universum eine Bewertung, die unter dem von oekom research fest- gelegten Mindeststandard liegt. Das Gesamtniveau des Nachhaltigkeitsmanagements ist in allen konven- tionellen Branchen deutlich verbesserungsfähig. Dabei können tendenziell zwei Gruppen von Branchen unterschieden werden: auf der einen Seite Branchen, in denen die Unternehmen – oft als Folge massiven externen Drucks durch Investoren, NGOs und Medien – mit der Implementierung eines Nachhaltigkeitsmanagements begonnen haben und darüber auch umfassend berichten. Zu dieser Gruppe gehören z. B. die Energieversorger und die Bergbauunternehmen. In der zweiten Gruppe finden sich Branchen, die entweder eine schlechte Nachhal- tigkeitsperformance zeigen oder in ihrem Handeln noch weitgehend intransparent sind. Hierzu zählen Quelle: oekom research AG (2009) u. a. die öffentlichen Banken. Legende: Durchschnittliche Bewertung der Unternehmen einer Branche auf einer Skala von 0 (sehr schlechte Nachhaltigkeitsperformance) bis 100 (sehr gute Nachhaltigkeitsperformance) Länderbewertung Bei der Analyse der regionalen Strukturen des Ge- Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und weiteren samtuniversums und des Prime-Universums (Large Staaten ist die Situation umgekehrt. In diesen Staa- Caps) zeigen sich deutliche Unterschiede. So haben ten ist der Anteil von Prime-Unternehmen überdurch- 21,6 Prozent der Unternehmen aus dem oekom schnittlich hoch, so dass der Anteil am Prime-Univer- Universum ihren Unternehmenssitz in den USA, im sum über dem Anteil am Gesamtuniversum liegt. Prime-Universum beträgt ihr Anteil dagegen nur 16,5 Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, Prozent. Ähnlich sieht es für die deutschen Unter- dass aufgrund spezifischer Kundenwünsche und nehmen aus. Auch hier liegt der Anteil am Prime- Projekte die Auswahl von Unternehmen in einigen Universum (13,7 Prozent) deutlich unter dem Anteil Staaten, z. B. Deutschland, besonderen Regeln folgt. im Gesamtuniversum (20,4 Prozent). Ursache hierfür Dadurch sind beispielsweise in Deutschland die mit ist, dass in diesen Ländern der Anteil von mit Prime Not-Prime bewerteten Unternehmen strukturell über- bewerteten Titeln unterdurchschnittlich hoch ist. In repräsentiert. Quelle: oekom research AG (2009); in % oekom research AG Seite 14 oekom CR Review 2009
4.3 Qualität der Nachhaltigkeits- Berichterstattung von Unternehmen Im Rahmen der Forderung nach einer Übernahme chen, ist in den vergangenen Jahren deutlich ge- gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen, stiegen. Initiativen wie das Ranking von Nachhal- wie sie von nachhaltigen Investoren und anderen tigkeitsberichten durch das Institut für ökologi- Anspruchsgruppen formuliert wird, richtet sich das sche Wirtschaftsforschung (IÖW) und future e.V. Augenmerk auch auf die externe Berichterstattung (www.ranking-nachhaltigkeitsberichte.de) oder die der Unternehmen. Im Sinne eines (gesellschaftlichen) Global Reporting Initiative (GRI) (www.globalrepor- Rechenschafts- oder Risikoberichts will man von ting.org) haben gleichzeitig dafür gesorgt, dass die den Unternehmen wissen, inwieweit sie sich auf die Qualität der Berichte und deren Vergleichbarkeit Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung tendenziell zunehmen. So haben im Jahr 2008 ca. einstellen und soziale sowie umweltbezogene 800 Unternehmen weltweit die Inhalte ihrer Nach- Aspekte berücksichtigen. haltigkeitsberichte am vergleichsweise umfangrei- Die Anzahl der Unternehmen, die entsprechende chen GRI-Standard orientiert. Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichte veröffentli- Qualität der Nachhaltigkeits-Berichterstattung nach Branchen Insbesondere die Branchen, die schon seit vielen Insgesamt gilt, dass größere und besonders ex- Jahren hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialen ponierte Unternehmen bei der Bewertung der Auswirkungen im Fokus der Kritik stehen, erreichen Berichterstattung tendenziell besser abschneiden eine gute Bewertung im Hinblick auf die Qualität der als kleine und mittelständische Unternehmen. Nachhaltigkeitsberichte. Sie sind unter dem Druck der kritischen Öffentlichkeit schon vor einigen Jahren dazu übergegangen, zunächst in Sozial- und Umwelt-, später dann in integrierten Nachhaltigkeitsberichten über ihre entsprechenden Aktivitäten zu berich- ten und ihre Sicht der Dinge darzustellen. Zu die- sen Branchen zählen die Energieversorger, die Bergbauunternehmen und die Unternehmen der Öl- und Gasbranche. Auch die Automobilbranche erreicht hier eine vergleichsweise gute Bewertung. Die Nachhaltigkeitsberichte der Geschäftsbanken erreichen einen Platz im Mittelfeld, wobei hier die Spannbreite der Bewertungen sehr groß ist. Neben einigen guten Beispielen, z. B. den Nachhaltig- keitsberichten von BBVA (ES) und Deutsche Bank (DE), gilt bei vielen Banken das „Bankgeheimnis“ offensichtlich auch für ihr soziales und umweltbe- zogene Engagement. Gerade auch die fünf großen Investmentbanken, die für viele Beobachter das Epizentrum der Finanzkrise waren, haben in der Vergangenheit bei der Bewertung der Transparenz regelmäßig besonders schlecht abgeschnitten. Am unteren Ende des Rankings der CSR-Bericht- erstattung platzieren sich die Immobilienunternehmen und die öffentlichen Banken, zu denen auch die Landesbanken zählen. Es ist bemerkenswert, dass die öffentlichen Banken in Sachen Transparenz den Quelle: oekom research AG (2009) privaten Geschäftsbanken deutlich hinterherhin- Legende: Durchschnittliche Bewertung der Qualität der Berichterstattung auf einer Skala von 0 (sehr gering) bis 100 (sehr hoch) ken. oekom research AG Seite 15 oekom CR Review 2009
Qualität der Nachhaltigkeits-Berichterstattung nach Ländern Im Ländervergleich weisen die Unternehmen aus seit 2002 grundsätzlich alle börsennotierten Unter- Spanien im Durchschnitt die beste Bewertung der nehmen regelmäßig über ihre sozialen und umwelt- Nachhaltigkeits-Berichterstattung auf. Die Unterneh- bezogenen Leistungen berichten. Die dänische Regie- men aus den Niederlanden und aus Großbritannien rung hat die größten Unternehmen des Landes folgen auf den weiteren Plätzen. Frankreich und ab 2009 zum Reporting über ihre Corporate Responsi- Deutschland platzieren sich im Mittelfeld. Schlusslicht bility-Aktivitäten verpflichtet. in Sachen Corporate Responsibility-Reporting sind die Unternehmen aus den USA. In einigen Ländern sind deutliche Unterschiede in der Qualität der Berichterstattung zu Umwelt- und Sozialthemen zu erkennen. Während beispielsweise in Japan das Reporting zu Umweltthemen sehr gut ist, fällt die Berichterstattung zu sozialen Themen häu- fig eher schlecht aus. In Frankreich gibt es dagegen eine lange Tradition der Berichterstattung zu sozialen Aspekten („Bilan social“), die sich in einer vergleichs- weise guten Bewertung des Sozial-Reportings nie- derschlägt. Gleiches gilt für Großbritannien. In den USA liegt der Fokus der Berichterstattung auf den gemeinnützigen Aktivitäten der Unternehmen, ande- re Themen werden selten betrachtet. Im Hinblick auf die Historie der Berichterstattung kann man zwischen Staaten mit einer langen Tradition in der Umwelt- und Sozialberichterstattung und solchen Ländern unterscheiden, in denen die Unternehmen erst in der jüngeren Vergangenheit mit der Veröffentlichung entsprechender Berichte begon- nen haben. Zur ersten Gruppe gehören beispielswei- se Großbritannien, Frankreich und die Niederlande, zur zweiten Gruppe Spitzenreiter Spanien. Einige Staaten haben inzwischen für Unternehmen Quelle: oekom research AG (2009) Legende: Durchschnittliche Bewertung der Qualität der Berichterstattung die Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten auf einer Skala von 0 (sehr gering) bis 100 (sehr hoch) zur Pflicht gemacht. So müssen in Frankreich bereits oekom research AG Seite 16 oekom CR Review 2009
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