Aktuelles: Bildgebende Untersuchungen bei Kopfschmerzen - www.kup.at

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Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
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 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Aktuelles: Bildgebende
                                                                               Homepage:
Untersuchungen bei Kopfschmerzen
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Riederer F                                                      JNeurolNeurochirPsychiatr

Journal für Neurologie                                               Online-Datenbank
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Neurochirurgie und Psychiatrie
                                                                    und Stichwortsuche
2017; 18 (4), 158-162

                                                                                           Indexed in
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Seggauer
Fortbildungstage 2018

Entzündlicher Formenkreis,
Therapieansätze und Pathophysiologie.
Individualisierte Arzneimitteltherapie

13. bis 14. Oktober 2018
in Schloss Seggau
bei Leibnitz                             zum Programm 
For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.

                     Aktuelles
   Bildgebende Untersuchungen bei Kopfschmerzen
                                                                  F. Riederer

„„ Zusammenfassung                                nicht vor sekundären Kopfschmerzen           xis bei typischer Anamnese und negati­
                                                  „schützt“, es ist also sorgfältig auf neu­   ver CCT zumeist eine Lumbalpunk­tion
Kopfschmerzen sind ein häufiger Grund             artige Kopfschmerzen oder eine Ände­         zum definitiven Blutungsausschluss ge­
für Vorstellungen von Patienten in der            rung der Charakteristik zu achten. Mi­       fordert wird. Hier kann der Nachweis
Notfallambulanz. Hinter dem Leitsymp­             gräne scheint sogar ein Risikofaktor für     von Bilirubin im Liquor oder eine be­
tom Kopfschmerz können sich lebens­               Gefäßdissektionen [2] und im Falle der       reits makro­skopisch sichtbare Xantho­
bedrohliche Krankheitsbilder genauso              Migräne mit Aura auch für Schlaganfäl­       chromie (Gelbfärbung) helfen, Blutun­
verbergen wie Exazerbationen vorbe­               le [3] zu sein.                              gen von artifizieller Blutbeimengung
kannter primärer Kopfschmerzen wie                                                             durch die Lumbalpunktion selbst zu un­
etwa Migräne. Bestehen aus der Anam­              Dieser Artikel fasst wichtige Empfeh­        terscheiden.
nese Hinweise auf eine sekundäre Ge­              lungen zur Bildgebung bei Kopfschmer­
nese, wie plötzliches Auftreten stärkster         zen unter Berücksichtigung eines Kon­        Weitere Ursachen für einen plötzlichen
Kopfschmerzen, Auslösung durch kör­               sensuspapiers der European Headache          sehr starken Kopfschmerz – auch Don­
perliche Anstrengung oder wesentliche             Federation zusammen.                         nerschlagkopfschmerz genannt – sind
Veränderung der Charakteristik bei pri­                                                        das reversible zerebrale Vasokonstrik­
mären Kopfschmerzen, ist eine Bildge­                                                          tionssyndrom (RCVS), Gefäßdissektio­
bung obligat. Dieser Artikel fasst wich­          „„ Wann ist eine zere­brale                  nen oder Sinusvenenthrombosen. Das
tige Empfehlungen zur Bildgebung bei                 Bildgebung bei Kopf-                      RCVS kann diagnostiziert werden, wenn
Kopfschmerzen unter Berücksichtigung                 schmerzen notwendig?                      es bei einer Episode mit starken Kopf­
eines Konsensuspapiers der European                                                            schmerzen mit oder fokal neurologischen
Headache Federation zusammen. Zu­                 Eine Bildgebung des Gehirns wird emp­        Zeichen zum Auftreten eines Vasospas­
dem werden neueste Einblicke ins „Mi­             fohlen, wenn aus der Anamnese soge­          mus kommt [8]. Geeignete Untersu­
gränegehirn“ aus der bildgebenden For­            nannte „red flags“, also Warnsignale         chungsmodalidäten sind hier die CT- und
schung skizziert.                                 zu erheben sind oder wenn in der klini­      MRT-Angiografie sowie die konventio­
                                                  schen Untersuchung gewisse Auffällig­        nelle Angiografie. Eine ­aneurysmatische
„„ Einleitung                                     keiten festgestellt werden. Zunächst ist     Subarachnoidalblutung muss ausge­
                                                  zu erheben, ob der Kopfschmerz erstma­       schlossen werden. Das RCVS kann
Kopfschmerz als Leitsymptom ist eine              lig bzw. in neuer Form aufgetreten ist,      u.a. medikamentös ausgelöst werden,
sehr häufige Herausforderung in Notfal­           oder ob es sich um einen vorbekannten        etwa durch Antidepressiva, aber auch
laufnahmen. Kopfschmerzen k­ önnen zu­            Kopfschmerz handelt. Von Interesse ist       durch sexuelle Aktivität oder Valsalva-
meist anhand einer sorgfältigen Anam­             auch das Alter des Patienten beim ersten     Manöver [8]. Dissektionen der hirnzu­
nese und klinischen ­Untersuchung zuver­          Auftreten, wobei ein Alter über 50 Jah­      führenden Gefäße können neben lokalen
lässig diagnostiziert werden. Eine große          re und bei Kindern vor dem Schulalter        Schmerzen, wie etwa Nackenschmer­
Hilfestellung hierbei bietet die Klassifi­        als Hinweise für einen sekundären Kopf­      zen bei der Vertebralisdissek­tion, auch
kation der Internationalen Kopfschmerz­           schmerz gelten, da sich primäre Kopf­        plötzliche Kopfschmerzen verursachen,
gesellschaft (International Head­ache So­         schmerzen zumeist in der Altersperiode       wobei es nicht unbedingt zu Symptomen
ciety, IHS) [1]. Ist eine Zuordnung an­           dazwischen erstmals manifestieren [4].       eines Schlaganfalles kommen muss. Als
hand der IHS-Diagnosekriterien z. B.                                                           ursächlich für die Kopfschmerzen wird
zu primären Kopfschmerzen wie Migrä­              Als wichtigstes „red flag“ ist das plötz­    teils ein assoziiertes RCVS betrachtet.
ne, Spannungskopfschmerz oder Clus­               liche Auftreten eines sehr starken Kopf­
terkopfschmerz problemlos möglich, so             schmerzes zu nennen, das Hinweise auf        Hinweis auf eine Karotisdissektion
sind andere Ursachen unwahrscheinlich.            eine Subarachnoidalblutung geben kann        kann neben lokalen Schmerzen ein Hor­
Ist dies nicht der Fall, sind Zusatzunter­        [5, 6]. In dieser Situation ist eine Bild­   ner-Syndrom sein. Extrakraniell gele­
suchungen nötig.                                  gebung des Gehirns obligat, wobei auf­       gene Dissektionen sind in der Duplex-
                                                  grund der raschen Verfügbarkeit, der re­     Sonografie gut zu diagnostizieren, noch
Bildgebende Verfahren können bei der              lativ kurzen Untersuchungsdauer und          sensitiver ist die MRT-Angiografie mit
Unterscheidung zwischen primären                  der hohen Sensitivität für Blutungen in­     fettsupprimierten T1-gewichteten Se­
und sekundären Kopfschmerzen, denen               nerhalb der ersten Stunden die zerebrale     quenzen, die auch das Wandhämatom
eine symptomatische Ursache zugrun­               Computertomografie (CCT) die Metho­          gut darstellen kann und auch intrakra­
de liegt, sehr hilfreich sein. So wird eine       de der Wahl ist. Während in den ersten 6     niell gelegene Dissektionen zuverlässig
rasche Erkennung gefährlicher Ursa­               Stunden der negativ prädiktive Wert der      zu detektieren hilft.
chen ermöglicht. Es sei bereits eingangs          CCT für Subarachnoidalblutungen mit
erwähnt, dass das Vorhandensein ei­               bis zu 99 % angegeben wird [7], sinkt        Sinusthrombosen können als alleinige
nes primären Kopfschmerzes natürlich              dieser im Verlauf, sodass in der Pra­        Symptome einen Kopfschmerz haben,

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Aktuelles

der laut Literatur auch selten ein Don­                                                    runter einen Kopfschmerz, der über 3
                                            Tabelle 1: Wichtige „red flags“ bei
nerschlagkopfschmerz sein kann. Nach        Kopfschmerzen                                  oder mehr Monate hindurch an 15 oder
Erfahrung des Autors sind Kopfschmer­                                                      mehr Tagen pro Monat auftritt) ist eine
zen bei Sinusthrombosen häufig subakut      Neuer Kopfschmerz, wesentliche Verän-          zerebrale Bildgebung sinnvoll, insbe­
                                            derung der Charakteristik
und so können Sinusthrombosen mit­                                                         sondere, wenn nach Schmerzmittelent­
                                            Alter > 50 Jahre oder < 6 Jahre
unter verspätet diagnostiziert werden.      Plötzlicher Kopfschmerz, so stark wie
                                                                                           zug keine Besserung eintritt. Bei der
Nach klassischer Auffassung sind Kopf­      noch nie                                       chronischen Migräne wird zudem eine
schmerzen bei Sinusthrombosen eben­         Auslösung durch körperliche Aktivität          MR-Venografie empfohlen, insbesonde­
so wie Kopfschmerzen bei zerebralen         oder Valsalva-Manöver                          re, wenn Symptome einer benignen in­
Raumforderungen im Liegen stärker,          Dauerkopfschmerz                               trakraniellen Drucksteigerung wie Seh­
sodass auch dies als „red flag“ betrach­    Im Liegen stärker                              störungen oder pulsatiler Tinnitus vor­
tet werden kann. Eine bekannte Throm­       Fokale neurologische Zeichen (auch             handen sind [6]. Wichtige „red flags“
                                            diskrete wie Horner-Syndrom), Anfälle,
bophilie oder Risikofaktoren wie Niko­      ­Bewusstseinsstörung                           sind in Tabelle 1 aufgeführt.
tin und hormonelle Therapien können          Stauungspapille
zusätzliche Hinweise auf das Vorliegen       Übelkeit, Erbrechen
einer Sinusvenenthrombose liefern. Un­       Abgeschlagenheit, Fieber, Meningismus         „„ Kasuistik
tersuchungsmethoden der Wahl sind die        Malignom, HIV oder andere aktive Infek­
MRT-Angiografie oder CT-Angiografie          tionen in der Anamnese                        Eine 42-jährige Patientin mit bekann­
mit venöser Phase.                           Schlaganfall oder intrakranielle Blutung in   ter Migräne ohne Aura unter Prophyla­
                                             der Anamnese
                                                                                           xe mit Topiramat litt seit 11 Tagen unter
Fokale neurologische Zeichen, epilepti­                                                    starken rechts okzipitalen Kopfschmer­
sche Anfälle oder Bewusstseinsstörun­      sie hinweisend auf eine Meningitis sein         zen, die die Patientin „wie ihre übliche
gen sind „red flags“, die auf symptoma­    können.                                         Migräne“ beschrieb. Die Schmerzqua­
tische Kopfschmerzursachen hindeuten                                                       lität wurde als „Drücken“ beschrieben,
können, etwa durch Ischämien, Blutun­      Bei selteneren Kopfschmerzen wie den            Begleitsymptome waren ausgeprägte
gen oder Sinusvenenthrombosen. Foka­       trigemino-autonomen Kopfschmerzen,              Licht- und Lärmempfindlichkeit. Tripta­
le Zeichen wie Sehstörungen, Paresen       zu denen der Clusterkopfschmerz, das            ne waren nicht wirksam. Es wurde vom
oder Sensibilitätsstörungen treten aber    SUNCT-Syndrom („Short lasting uni­              Neurologen ein therapieresistenter Sta­
auch bei der Migräne mit Aura auf. Bei     lateral neuralgiform headache with con­         tus migraenosus diagnostiziert und eine
dieser entwickeln sich die Symptome        junctival injection and tearing“), die          beidseitige Infiltration des Nervus occi­
meist langsam, treten sukzessive auf und   ­paroxysmale Hemikranie und die He­             pitalis major mit einem Lokalanästhe­
beinhalten häufig positive und negative     micrania continua zählen, wird zumeist         tikum und Betamethason durchgeführt.
Phänomene wie etwa flimmernde Zick-         ein Schädel-MRT empfohlen, auch                Es kam zu einer Verbesserung der Dau­
Zack-Muster und Skotome bei visuel­         wenn die Diagnosestellung schon an­            erschmerzen, allerdings verspürte die
len Auren. Zudem sollen die einzelnen       hand der IHS-Kriterien möglich ist. Wie        Patientin nun einschießende Schmerzen
Symptome definitionsgemäß weniger           der Name sagt, sind diese Kopfschmer­          links okzipital sowie eine Hypästhesie
als 60 min andauern [1]. Damit eine Mi­     zen durch trigemino-autonome Symp­             ebendort.
gräne mit Aura gemäß den IHS-Kriteri­       tome wie konjunktivale Injek­ tion mit
en diagnostiziert werden kann, müssen      Rötung des Auges, Tränenfluss, nasa­            Nach einer neuerlichen Infiltration des
mindestens 2 identische Attacken in der    le Kongestion, Rhinorrhoe, Ptosis oder          Nervus occipitalis major verspürte die
Anamnese vorgekommen sein [1]. Bei         vermehrtes Schwitzen an der Stirn wäh­          Patientin eine Zugneigung nach rechts,
erstmaligem Auftreten von komplexen        rend der Kopfschmerzattacken bzw.               die einschießenden Schmerzen aber sis­
Auren, die neben visuellen, sensomo­       Exazerbationen gekennzeichnet. Selten           tierten. Sie wurde nun unserer Abtei­
torischen und sprachlichen Störungen       wurden auch bei typischen Fällen Pa­            lung zugewiesen.
auch neuropsychologische Ausfälligkei­     thologien der Hypophyse oder der hin­
ten umfassen können, empfiehlt es sich     teren Schädelgrube beobachtet, so dass          Eine MRT des Schädels mit MRT-An­
also jedenfalls, eine zerebrale Bildge­    hier die zerebrale Bildgebung unter be­         giografie der hirnzuführenden Gefä­
bung durchzuführen, vorzugsweise mit       sonderer Berücksichtigung der Hypo­             ße inklusive T1-gewichteter fettunter­
MRT und MRT-Angiografie. Bei Migrä­        physe und des Sinus cavernosus ge­              drückter Sequenzen zeigte eine Dis­
ne mit Hirnstammaura – früher Basila­      rechtfertigt scheint. In therapieresis­         sektion der rechten Arteria vertebralis
rismigräne – oder immer auf derselben      tenten Fällen wird auch eine MR-An­             im intrakraniellen Abschnitt, wobei es
Seite auftretenden Auren wird ebenfalls    giografie der hirnzuführenden Gefäße            zu keiner zerebralen Diffusionsstörung
ein Schädel-MRT empfohlen [6].             empfohlen [6]. Beim sehr seltenen pri­          gekommen war (Abb. 1). Der Gefäß­
                                           mären Hustenkopfschmerz ist neben ei­           befund vereinbar mit Dissektion wur­
Das Horner-Syndrom als möglicher           nem Schädel-MRT auch ein MRT der                de mittels Sonografie der A. vertebra­
Hinweis auf eine Karotisdisssektion        HWS zu empfehlen, da eine Arnold-               lis und CT-Angiografie der hirnzufüh­
wurde bereits erwähnt.                     Chiari-I-Malformation ausgeschlossen            renden Gefäße bestätigt. Retrospektiv
                                           werden soll.                                    wurden die starken rechts okzipitalen
Allgemeinsymptome wie Abgeschla­                                                           Schmerzen, die ungewöhnlich lange an­
genheit und Fieber können ebenfalls        Auch bei chronischen Kopfschmerzen              dauerten, auf eine Vertebralisdissektion
als „red flags“ interpretiert werden, da   (in den meisten Fällen versteht man da­         zurückgeführt.

                                                                                           J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2017; 18 (4)   159
Aktuelles

Abbildung 1: Dissektion der rechten Arteria vertebralis im intrakraniellen (V4) Abschnitt, dargestellt mit unterschiedlichen Bildgebungsmodalitäten

„„ Zerbrale Veränderun-                                    risch abgehandelt werden (über das Mi­                      dazu steht auch die sogenannte Reykja­
   gen bei primären Kopf-                                  gränegehirn –„The Migraine Brain“ ist                       vik-Studie, die bei älteren Personen, die
                                                           vor einigen Jahren ein Buch erschie­                        früher unter Migräne litten, häufiger kli­
   schmerzen
                                                           nen [9] und es gibt einen rasanten Wis­                     nisch stumme Infarkte zeigte als bei mi­
Definitionsgemäß sind primäre Kopf­                        senszuwachs). Es gibt Forschungsansät­                      gränefreien Kontrollen [11]. Diese Be­
schmerzen Erkrankungen per se, denen                       ze, diese Befunde aus Gruppenstatisti­                      funde stehen im Einklang mit dem etwa
keine sekundären Ursachen zugrunde                         ken für den einzelnen Patienten nutzbar                     doppelt erhöhten vaskulären Risiko bei
liegend. Also ist zu fordern, dass die ze­                 zu machen – etwa durch automatisierte                       Migräne mit Aura [3]. Außerdem wur­
rebrale Bildgebung Normalbefunde lie­                      Klassifikationsalgorithmen, die die Dia­                    den bei Frauen mit Migräne häufiger
fert – also letztlich dazu dient, sekundä­                 gnosestellung anhand von strukturellen                      klinisch stumme Läsionen in der weißen
re Ursachen auszuschließen. Bei Migrä­                     Befunden untermauern. Zudem könn­                           Substanz gefunden [12]. Diese Befunde
ne und beim SUNCT-Syndrom wur­                             ten Biomarker aus der Bildgebung zum                        werden aber durch eine kürzlich publi­
den Assoziationen mit makroskopisch                        Therapiemonitoring herangezogen wer­                        zierte Studie infrage gestellt, die keine
sichtbaren Veränderungen beschrieben,                      den. Nicht zuletzt erwartet man sich von                    erhöhte Prävalenz klinisch stummer Lä­
die noch Gegenstand weiterer Untersu­                      der Bildgebung Aufschlüsse über die                         sionen bei Frauen mit Migräne mit Aura
chungen sind.                                              Pathophysiologie der primären Kopf­                         fand [13].
                                                           schmerzen.
Bei fast allen primären Kopfschmerzen                                                                                  Das SUNCT-Syndrom wird zu den tri­
wurden Veränderungen beschrieben, die                      Zunächst zu den makroskopisch sicht­                        gemino-autonomen Kopfschmerzen ge­
mit wissenschaftlichen Methoden er­                        baren Veränderungen: Bei Migräne                            zählt. Es ist durch sehr kurze einseiti­
fasst wurden und zumeist als probabilis­                   wurden in der sogenannten CAMERA-                           ge Schmerzattacken vorwiegend pe­
tische Aussagen über Patienten- im Ver­                    Studie eine höhere Prävalenz von kli­                       riorbital bis temporal gekennzeich­
gleich zu Normalkollektiven verstanden                     nisch stummen Infarkten in der hinte­                       net und geht mit Augenrötung, Tränen
werden sollten. Hier wurden strukturel­                    ren Zirkulation beschrieben [10], was                       oder Rhinorrhoe einher. Bei diesem sel­
le und funktionelle Unterschiede auf­                      in einer Folgestudie derselben Gruppe                       tenen Krankheitsbild sollte immer ein
gezeigt, die weiter unten nur exempla­                     bestätigt werden konnte. Im Einklang                        Schädel-MRT unter Berücksichtigung

160    J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2017; 18 (4)
Aktuelles

                                                                                                                           frequent diagnostic challenge in clinical routine. Neuropediatr
                                                                                                                           2013; 44: 34–9.
                                                                                                                           5. Lynch KM, Brett F. Headaches that kill: a retrospective study
                                                                                                                           of incidence, etiology and clinical features in cases of sudden
                                                                                                                           death. Cephalalgia 2012; 32: 972–8.
                                                                                                                           6. Mitsikostas DD, Ashina M, Craven A, et al. European Head­
                                                                                                                           ache Federation consensus on technical investigation for pri­
                                                                                                                           mary headache disorders. J Headache Pain 2015; 17: 5.
                                                                                                                           7. Blok KM, Rinkel GJ, Majoie CB, et al. CT within 6 hours of
                                                                                                                           headache onset to rule out subarachnoid hemorrhage in nonac­
                                                                                                                           ademic hospitals. Neurology 2015; 84: 1927–32.
                                                                                                                           8. Ducros A, Wolff V. The typical thunderclap headache of re­
                                                                                                                           versible cerebral vasoconstriction syndrome and its various
                                                                                                                           triggers. Headache 2016; 56: 657–73.
                                                                                                                           9. Borsook D, May A., Goadsby P.J., Hargreaves R. The Mi­
                                                                                                                           graine Brain. Oxford, 2009.
                                                                                                                           10. Kruit MC, Launer LJ, Ferrari MD, van Buchem MA. Infarcts
                                                                                                                           in the posterior circulation territory in migraine. The popula­
Abbildung 2: Bei Patienten mit Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch zeigte sich ein vermehrtes Volumen                 tion-based MRI CAMERA study. Brain 2005; 128: 2068–77.
im periaquäduktalen Grau (PAG), das sich nach erfolgreichem Entzug normalisierte (nach [16, 17]).                          11. Scher AI, Gudmundsson LS, Sigurdsson S, et al. Migraine
                                                                                                                           headache in middle age and late-life brain infarcts. JAMA
                                                                                                                           2009; 301: 2563–70.
des Kleinhirn-Brückenwinkels (neben                    es bei der Chronifizierung der Schmer­                              12. Kruit MC, van Buchem MA, Launer LJ, Terwindt GM, Ferrari
der Hypophysenregion und dem Sinus                     zen hier zu einer Störung des Gleichge­                             MD. Migraine is associated with an increased risk of deep
                                                                                                                           white matter lesions, subclinical posterior circulation infarcts
cavernosus) erfolgen, da in Analogie
­                                                      wichts zwischen Schmerzhemmung und                                  and brain iron accumulation: the population-based MRI
zur Trigeminusneuralgie Gefäß-Ner­                     -fazilitation kommt. Überaus spannende                              CAMERA study. Cephalalgia 2010; 30: 129–36.
ven-Kontakte beschrieben wurden, wo­                   Befunde könnten in Zukunft nuklearme­                               13. Gaist D, Garde E, Blaabjerg M, et al. Migraine with aura
                                                                                                                           and risk of silent brain infarcts and white matter hyperintensi­
bei es nach einer Dekompressionsope­                   dizinische Untersuchungen mit Tracern                               ties: an MRI study. Brain 2016; 139: 2015–23.
ration auch zu einer klinischen Verbes­                für Serotoninrezeptoren oder CGRP-                                  14. Chaila E, Ali E, Rawluk D, Hutchinson M. “Switching off”
                                                                                                                           SUNCT by sudden head movement: a new symptom. J Neurol
serung gekommen ist [14]. Es wird eine                 (Calcitonin gene related peptide-) Re­                              2011; 258: 694–5.
Ähnlichkeit zur Trigeminusneuralgie                    zeptoren liefern.                                                   15. Schulte LH, May A. The migraine generator revisited: con­
des orbitalen Astes diskutiert.                                                                                            tinuous scanning of the migraine cycle over 30 days and three
                                                                                                                           spontaneous attacks. Brain 2016; 139: 1987–93.
                                                       „„ Konklusion                                                       16. Riederer F, Marti M, Luechinger R, et al. Grey matter
Im Folgenden werden exemplarisch Ar­                                                                                       changes associated with medication-overuse headache: corre­
                                                                                                                           lations with disease related disability and anxiety. World J Biol
beiten vorgestellt, die mit funktionellen              Bildgebende Verfahren liefern zeitna­                               Psychiatry 2012; 13: 517–25.
oder strukturellen Methoden zum bes­                   he valide Befunde zur Erkennung von                                 17. Riederer F, Gantenbein AR, Marti M, Luechinger R, Kollias
seren Verständnis der Pathophysiologie                 symptomatischen Kopfschmerzen und                                   S, Sandor PS. Decrease of Gray Matter Volume in the Midbrain

                                                                                                                                                                                               Entgeltliche Einschaltung; Mit freundlicher Unterstützung von Novartis Pharma GmbH
                                                                                                                           is Associated with Treatment Response in Medication-Overuse
der Migräne und ihrer Chronifizierung                  sollten eingesetzt werden, wenn Ana­                                Headache: Possible Influence of Orbitofrontal Cortex. J
beitragen. Schulte und May untersuch­                  mnese und die klinische Untersuchung                                Neuroscience 2013; 33: 15343–49.
ten eine Patientin mit Migräne täglich                 entsprechende „red flags“ ergeben, oder                             18. Chen Z, Chen X, Liu M, Liu S, Ma L, Yu S. Volume gain of
                                                                                                                           periaqueductal gray in medication-overuse headache. J
im funktionellen MRT, um Verände­                      eine Klassifikation des Kopfschmerz                                 Headache Pain 2017; 18: 12.
rungen vor, während und nach der Mi­                   anhand der Diagnosekriterien nicht ein­
gräneattacke zu erfassen, also dem so­                 deutig gelingt.
genannten Migränezyklus auf die Spur
zu kommen. Vor der Attacke zeigte sich                 Neue Forschungsergebnisse aus der In-
eine erhöhte Aktivität im Hypothalamus                 vivo-Bildgebung beim Menschen hel­
nach schmerzhafter trigeminaler Rei­                   fen, die Pathophysiologie der Migräne
zung, sowie eine vermehrte funktionelle                besser zu verstehen und könnten in Zu­
Konnektivität zwischen Hypothalamus                    kunft auch Diagnose und Therapie-Mo­
                                                                                                                                                                                               Datum der Erstellung; 08/2017, AT1709695259

und Hirnstammregionen, letztere auch                   nitoring unterstützen.
während der Attacken [15]. Hirnstamm­
regionen scheinen auch bei der Chroni­                                                                                     Korrespondenzadresse:
fizierung der Migräne durch Schmerz­                   Literatur:                                                          Priv.-Doz. Dr. Franz Riederer
mittelübergebrauch eine Rolle zu spie­                 1. Headache Classification Committee of the International           2. Neurologische Abteilung
                                                       Headache Society. The International Classification of Head­
len. So wurde beim Kopfschmerz bei                     ache Disorders. 3rd edition (beta version). Cephalalgia 2013; 33:
                                                                                                                           Krankenhaus Hietzing mit Neurologi-
Medikamentenübergebrauch ein ver­                      629–808.                                                            schem Zentrum Rosenhügel
mehrtes Volumen der im periaquäduk­                    2. Rist PM, Diener HC, Kurth T, Schurks M. Migraine, migraine       Karl Landsteiner Institut für ­Klinische
                                                       aura, and cervical artery dissection: a systematic review and
talen Grau gefunden, wobei dies nach                   meta-analysis. Cephalalgia 2011; 31: 886–96.                        Epilepsieforschung & Kognitive
erfolgreichem Entzug reversibel war                    3. Schurks M, Rist PM, Bigal ME, Buring JE, Lipton RB, Kurth T.     ­Neurologie
(Abb. 2) [16–18]. Diese Region spielt                  Migraine and cardiovascular disease: systematic review and           Lehrbeauftragter der Universität
                                                       meta-analysis. BMJ 2009; 339: b3914.
eine wesentliche Rolle in der Schmerz­                 4. Roser T, Bonfert M, Ebinger F, Blankenburg M, Ertl-Wagner
                                                                                                                            ­Zürich
hemmung und man geht davon aus, dass                   B, Heinen F. Primary versus secondary headache in children: a         E-Mail: franz.riederer@uzh.ch

162    J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2017; 18 (4)
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