Akzente Ausgabe 03-04/2020 Zeitschrift des Verbandes der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern e. V - VLB Bayern

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Akzente Ausgabe 03-04/2020 Zeitschrift des Verbandes der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern e. V - VLB Bayern
Ausgabe 03-04/2020

Zeitschrift des
Verbandes der Lehrer an beruflichen Schulen
in Bayern e. V.                               akzente

Ihr Anliegen: unser Auftrag – HPR und VLB
In dieser Ausgabe

                                                 Thema des Tages                          Fachlehrer
                                                Pankraz Männlein                        Robert Kölbl
    Unsere Themen                            03 Quer- und Seiteneinstieg –           15 Die Fachlehrerausbildung in den
                                                Herausforderung und Chance für          vergangenen 12 Jahren
    ■   Absagen wegen Corona-Virus              die beruflichen Schulen
        Der VLB hat wegen des Corona-
        Virus vorsorglich Veranstaltun-                                                   Berufliche Schulen
        gen abgesagt. Infos finden Sie auf       Bildungspolitik                        Dr. Josef Most, Johann Bauer
        der Rückseite der VLB akzente.
                                                Ursual Münch                         16 Landtagsfraktion der Freien Wähler
    ■   Unterrichtsversorgung                04 Aufgaben beruflicher Bildung -          am BSZ Schwandorf
        aufrechterhalten                        wenn sich alles verändert
        Pankraz Männlein, Landesvorsit-         Martin Ruf
        zender, beschäftigt sich mit den
                                                                                          Pädagogik und Unterricht
                                             06 Wechsel im Hauptpersonalrat –
        Herausforderungen und Chancen           eine Ära geht zu Ende                   Bettina Scheckel
        durch Quer- und Seiteneinsteiger                                             18 Erfolgreiche Handwerker der
        für berufliche Schulen.                 Martin Ruf                              BS Neustadt a. d. Aisch
                                             09 Interview mit Wolfgang Lambl
    ■   Eine Ära geht zu Ende                   Martin Ruf
        Martin Ruf berichtet über den        10 Interview mit Astrid Geiger,
                                                                                          Auslandsprojekte
        Wechsel im Hauptpersonalrat.            unsere neue Hauptpersonalrätin          Danilo Nicodemus
                                                                                     21 Digitale Transformation: Regierung
    ■   Digitalisierung, Globalisierung         KM
                                                                                        von Oberfranken in Tallinn
        und Klimawandel                      11 Rolf Habermann in den Ruhestand
        Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin      verabschiedet
        der Akademie für Politische Bil-        Pankraz Männlein                          Aus dem Verbandsleben
        dung, über die Aufgaben berufli-     12 Multiprofessionelle Teams bilden
        cher Bildung.                                                                22   Landesverband
                                                                                     23   Bezirks- und Kreisverbände
        Dienstrecht aktuell                                                          26   Senioren
    ■
                                                 Dienstrecht                         27   Personalien
        Wolfgang Lambl, Hauptpersonal-
        rat, informiert über die Nutzung        Wolfgang Lambl                       28   Vermischtes
        urheberrechtlich geschützter         14 Rechtssicherheit für den digitalen
        Inhalte auf Lernplattformen.            Unterricht
                                                                                          Umschau
                                                KM
    ■   Bundessieger im Handwerk                                                     29   Datenschutz
                                             14 Übernahme befristet angestellter
        Bettina Scheckel beschreibt die                                              30   Nachrichtliches
                                                Lehrkräfte
        Projekte dreier Schülern ihrer                                               31   Lehrergesundheit
        BS Neustadt a. d. Aisch, die als        Wolfgang Lambl                       32   Absage von
        Bundessieger ausgezeichnet           15 Umsetzung mit Dienstortwechsel            VLB-Veranstaltungen
        wurden.

    ■   Aktives Verbandsleben
        Zahlreiche Bezirke und Kreise
        sowie Pensionisten berichten
        über ihre Versammlungen und
        die Fußballer rufen auf zur
        VLB-Meisterschaft 2020.
                                                                                     Titelbild:
                                                                                     Martin Ruf

                                                                                     Ausgabe 05/2020:
                                                                                     31.03.2020

                                                                                     Ausgabe 06/2020:
                                                                                     20.04.2020

2   VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020
Thema des                                                     Quer- und Seiteneinstieg –
Tages                                                         Herausforderung und Chance
                                                              für die beruflichen Schulen
PANKRAZ MÄNNLEIN

Liebe Kolleginnen und Kollegen,                sere Schülerinnen und Schüler wie für die          Drei Stichworte mögen an dieser Stelle
                                               Stellenbewerber gefunden werden kann.              genügen: die Lernkooperation könnte ganz
Für die Kultusverwaltungen wird es im-             In dieser Situation ist es für die Schullei-   neue Impulse bekommen, das Betriebs-
mer schwerer, in ausreichender Anzahl          tungen und vor allem für ihre in der Regel         praktische könnte das Verstehen der The-
und mit den entsprechenden Lehrbefä-           grundständig qualifizierten Kollegien wich-        orie erleichtern, das Verständnis für den
higungen Lehrkräfte für den Schuldienst        tig, diese neuen Lehrkräfte auf dem Weg in         jeweils anderen Lernort könnte verbessert
sowohl im Bereich der Allgemeinbildung         den Arbeitsplatzalltag an einer beruflichen        werden – und all dies käme der Qualität be-
wie auch für die beruflichen Schulen zu        Schule zu unterstützen und zu begleiten.           ruflicher Bildung und damit unseren Schü-
gewinnen. Diese allgemeine Aussage gilt        Insbesondere gefordert sind jedoch diese           lerinnen und Schülern zugute.
sowohl für die gegenwärtige Lage in Bay-       neu in die beruflichen Schulen einsteigen-             Der VLB ist daher grundsätzlich davon
ern wie auch für die der allermeisten ande-    den Kolleginnen und Kollegen, die lernen           überzeugt, dass in der aktuell schwierigen
ren Bundesländer, dort allerdings vielfach     und Erfahrung sammeln müssen, um mit               Nachwuchslage für die Lehrämter an den
in noch gravierenderem Maße. Quer- und         den für sie vielfach völlig neuen Situati-         beruflichen Schulen wahrscheinlich nur
Seiteneinsteiger* gelten in dieser Situation   onen in gänzlich anders gearteten Tätig-           ein pragmatisches Vorgehen – sprich die
als rettende Idee, um in dieser Notlage die    keitskontexten umgehen zu können. Dazu             Anwerbung von Quer- und Seiteneinstei-
Unterrichtsversorgung zumindest weitge-        sind neben der Fachwissenschaft erzie-             gern – in einer angemessenen Zeit zu einer
hend sicherzustellen. In der Öffentlichkeit    hungswissenschaftliche sowie berufs- und           Verbesserung der Unterrichtsversorgung
sowie in den einschlägigen bildungstheo-       wirtschaftspädagogische          Kompetenzen       führen kann. Gleichzeitig ist es uns wichtig,
retischen aber auch in den bildungspoliti-     erforderlich. Und diese sollten die poten-         dass mit breit angelegten Informations-
schen Communities reagiert man auf eine        ziellen Quer- und Seiteneinsteiger – zumin-        und Imagekampagnen für das grundstän-
derartige Lösung der Situation, wenn nicht     dest teilweise – bereits vor Aufnahme ihrer        dige Studium für die Lehrämter an beruf-
mit Ablehnung, dann aber zumindest mit         Unterrichtstätigkeit erwerben. Über die            lichen Schulen geworben wird. Der VLB
einer gehörigen Portion Skepsis. Dem VLB       weiteren Organisationsformen und die in-           begrüßt daher die vom Kultusministerium
geht es dabei zunächst nicht anders. Aber      haltliche Ausgestaltung ihrer Vorbereitung         eingeleiteten Werbemaßnahmen für die
was ist die Alternative, wenn eine Schule      muss an anderer Stelle diskutiert werden.          beruflichen Lehrämter als erste Schritte in
beispielsweise bei der Ausschreibung ei-       Sicher ist jedoch, dass eine „pädagogische         die richtige Richtung.
ner Stelle für einen Berufsbildner mit der     Schnellbesohlung“ nicht ausreichen wird.               Mit diesen für die Sicherung der Quali-
Fachrichtung Elektro- oder Metalltechnik       Explizit bedeutet dies, dass die Maßstäbe          tät beruflicher Bildung wichtigen Fragen
zum wiederholten Male leer ausging? Ist        an einen qualitativ anspruchsvollen Un-            werden sich VLB-Vertreter zusammen
Unterrichtsausfall dann eine Lösung? Wie       terricht wie auch an die fachwissenschaft-         mit Kolleginnen und Kollegen unseres
steht es um die Verantwortung für eine         lichen und pädagogischen Kompetenzen               BvLB-Bundesverbandes, aus der Bildungs-
qualitativ anspruchsvolle Ausbildung der       dieser neuen Lehrkräfte nicht außer Kraft          verwaltung sowie aus der universitären
uns anvertrauten Schülerinnen und Schü-        gesetzt werden dürfen. Vielmehr sind Fest-         Berufs- und Wirtschaftspädagogik in den
ler? Spätestens bei diesen Fragen wird         legungen zu treffen, welche Mindestquali-          kommenden Wochen sowohl im Rahmen
klar, sich nur auf eine formale Position zu-   fikationen hinsichtlich eines wissenschaft-        der BvLB-Fachkommission Lehrerbildung
rückzuziehen und an dem grundständigen         lichen Studiums diese Bewerberinnen und            wie in einem Workshop bei der diesjährigen
Studium einer beruflichen Fachrichtung         Bewerber mitbringen müssen und wie,                Didacta in Stuttgart befassen.
möglichst mit einem allgemeinbildenden         wann und in welcher inhaltlichen Tiefe sie
Zweitfach und anschließendem Durchlau-         für den Quer- und Seiteneinstieg als Lehr-         Es grüßt Sie herzlich
fen eines 24-monatigen Referendariats          kräfte zu qualifizieren sind.                      Ihr Pankraz Männlein
festzuhalten, wird nicht zielführend sein.         Mit dieser Herausforderung ist aber            Landesvorsitzender
Stattdessen sind kreative und scheinbar        gleichzeitig eine nicht zu unterschätzen-
unkonventionelle Überlegungen verlangt,        de Chance für unsere Schulen verbunden.
um so zu erfolgversprechenden und ver-         Denn Quer- und Seiteneinsteiger lassen             *Auf eine differenzierte Definition von Quer- und Seite-
                                                                                                  neinstieg wird verzichtet. Im Rahmen dieses Textes soll
antwortbaren Entscheidungen zu kommen.         sich nicht nur über ihre fehlende berufs-
                                                                                                  von einem umgangssprachlichen Verständnis ausge-
Also sollten wir uns doch (wieder) dem Ge-     und wirtschaftspädagogische Qualifizie-            gangen werden, d. h. die quer- und seiteneinsteigenden
danken nähern, wie mit intelligent gestalte-   rung definieren, sondern auch über die             Kolleginnen und Kollegen haben ein (wie immer gearte-
ten Kontexten einer (Nach-)Qualifizierung      ihnen eigenen berufspraktischen Erfah-             tes) wissenschaftliches Studium erfolgreich absolviert
und entsprechenden Unterstützungsmaß-          rungen in der Wirtschaft. Diese gilt es zu         – allerdings ohne erziehungswissenschaftliche sowie
                                                                                                  berufs- und wirtschaftspädagogische Anteile. Darüber
nahmen über den Quer- und Seiteneinstieg       nutzen, gerade von der beruflichen Bildung,        hinaus verfügen sie in aller Regel über betriebsprak-
in ein Lehramt an beruflichen Schulen eine     die an der Schnittstelle des Bildungssys-          tische Erfahrungen außerhalb der Schule nach Ab-
situationsadäquate Lösung sowohl für un-       tems mit der Berufs- und Arbeitswelt steht.        schluss des Studiums.

                                                                                                                              VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020   3
Bildungspolitik

Wenn sich alles verändert
Aufgaben beruflicher Bildung in Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel

                                                           ten¬material stellt nämlich lediglich den    sefreiheit genießen konnten, verließen ihr
                                                           Stoff dar, aus dem die Internetkonzerne      Land – und kamen nie wieder dauerhaft
                                                           Informationen über unser künftiges Ver-      zurück. Fast ein Drittel der Bevölkerung
                                                           halten ableiten. Das verändert unser Le-     der baltischen Republiken hat das Hei-
                                                           ben als Konsumenten – und es verändert       matland verlassen, um andernorts Arbeit
                                                           die gesamte Geschäftswelt.                   zu finden. Ungefähr 3,4 Millionen Rumä-
                                                               Zusätzlich wandelt sich die Geschäfts-   nen, etwa 70 Prozent von ihnen jünger als
                                                           welt dadurch, dass Monopole quasi das        40 Jahre, verließen ihr Land in den ersten
                                                           Geschäftsmodell der Digitalen Trans-         zehn Jahren nach dem Untergang der So-
                                             APB Tutzing

URSULA MÜNCH
                                                           formation darstellen und damit auch die      wjetunion. Damit verloren diese Staaten
                                                           Unternehmenslandschaft         dramatisch    Osteuropas aber nicht einfach „nur“ einen
                                                           verändern: Anders als etwa in der Auto-      Teil ihrer Bevölkerung, sondern ihnen
Drei große „Treiber“ bzw. Transforma-                      oder der Halbleiterindustrie braucht es      ging – ökonomisch gesprochen – wichti-
tionen besitzen das Potential, das Le-                     nur eine Suchmaschine, nur ein soziales      ges „Humankapital“ verloren, in dessen
ben sehr vieler Menschen auf unserem                       Netzwerk, und nur einen Anbieter für Mo-     Ausbildung die früheren Ostblockstaaten
Globus dramatisch zu beeinflussen: die                     bilität oder Übernachtung. Die jeweilige     viel Geld investiert hatten. Diese Mobili-
Globalisierung und die mit ihr einherge-                   „Nummer 2“ spielt selten eine Rolle, und     tät hat nicht nur die Zusammensetzung
hende Migration, die Digitalisierung und                   die Gewinne fließen vollständig an den       der jeweiligen Wählerschaft verändert,
die Erderwärmung (Thomas L. Fried-                         Marktführer. Blieben die digitalen Gigan-    sondern auch deren Blick auf die gro-
man). Jeder dieser Treiber zeigt bereits                   ten ungezähmt und könnten sie ihre Ge-       ßen Transformationen und deren gesell-
jetzt massive Auswirkungen auf die nati-                   schäfte weiter nach dem zynischen Mot-       schaftlichen Folgen verändert. Viele der-
onale wie die supranationale Politik, auf                  to des deutschstämmigen US-Investors         jenigen, die geblieben sind, fühlen sich
Ökonomien und Gesellschaften weltweit:                     Peter Thiel betreiben „Competition is for    im wahrsten Sinne des Wortes verlassen
So beobachten wir, dass „alte“ Fragen                      loosers“, dann geriete nicht nur unsere      (Ivan Krastev) und gleichzeitig unter dop-
sich durch die großen Transformationen                     soziale Marktwirtschaft ins Abseits –        peltem demografischem Druck: Dem der
auf neue Weise stellen: Die Fragen von                     sondern auch die Mechanismen unserer         Abwanderung einerseits und dem der Zu-
Eigentum und Verteilung sowie der Kon-                     gesellschaftlichen und politischen Wil-      wanderung andererseits.
zentration von wirtschaftlicher und poli-                  lensbildung.                                    In Deutschland mag dieses Gefühl
tischer Macht, Fragen nach Gerechtigkeit,                                                               zwar auch einen Teil der (ostdeutschen)
Teilhabe und Zugang gewinnen neue Be-                      Globalisierung und Klimawandel               Bevölkerung umtreiben. Hier ist es
deutung. Wir machen uns Gedanken (und                      als Herausforderungen für die rechts-        aber eher die Sorge, eine „Postwachs-
viele auch Sorgen), welche Auswirkungen                    staatliche Demokratie                        tums“-Politik oder eine mögliche „digitale
einerseits die Erderwärmung und ande-                      Reguläre wie irreguläre Migration gehört     Rezession“ könnten Arbeitsplätze in der
rerseits die Digitalisierung für den In-                   zu den Begleiterscheinungen von Glo-         Automobilindustrie bedrohen. Gerade im
dustriestandort Deutschland und dessen                     balisierung. Gerade Fluchtbewegungen         Industrie- und Automobilland Deutsch-
Arbeitsplätze haben werden. Und einige                     lassen sich nur mit sehr hohem Aufwand       land löst die Prognose, dass wir unseren
fragen sich, wie es gelingen kann, die Er-                 und womöglich hohen moralischen Kos-         Lebenswandel und damit auch unsere
fordernisse des Klimaschutzes umwelt-                      ten regulieren und steuern. Gleichzeitig     Wirtschaftsweise angesichts des Klima-
verträglich zu meistern (Jens Soentgen).                   ist absehbar, dass Flucht und Migration      wandels verändern müssen, politisch ins-
                                                           in Zukunft zusätzlich durch den Klima-       trumentalisierbare Verlustängste aus. Die
Veränderungen infolge der                                  wandel angeheizt werden. Der globale         absehbaren Abwehrreaktionen werden
Digitalisierung                                            Migrationsdruck und der Klimawandel          auch das Wahlverhalten beeinflussen.
Wir sind Zeitzeugen eines radikalen Wan-                   sind aber nicht nur große sachliche He-
dels des bisherigen marktwirtschaftli-                     rausforderungen für nationale, europäi-      Der Wandel der Arbeitsmärkte
chen Systems. Bislang war die Waren-                       sche und internationale Politik, sondern     Besonders wichtig gerade auch für die
produktion auf den Konsumenten und                         sie besitzen womöglich das Potential,        beruflichen Schulen sind die Auswirkun-
dessen Nachfrage ausgerichtet. Neu ist                     den Bestand der freiheitlichen Demo-         gen der Digitalen Transformation auf die
die Entwicklung zu einem von Soshana                       kratie zu gefährden: Und zwar deshalb,       Arbeitsmärkte weltweit: Wenn „Maschi-
Zuboff als „Überwachungskapitalismus“                      weil beide Phänomene die populistische       nen Maschinen bauen“ können, wie Elon
bezeichneten neuen System. In diesem so                    Argumentation anti-pluralistischer Kräfte    Musk prognostiziert, dann könnte uns wo-
genannten „Überwachungskapitalismus“                       stärken. Über beide Aspekte der Migrati-     möglich die Arbeit „ausgehen“. Die Pessi-
gilt das Interesse der Unternehmen erst                    on lernen wir viel, wenn wir uns die de-     misten unter den Ökonomen befürchten
in zweiter Linie der Vermarktung ihrer                     mografische Entwicklung in den osteuro-      einen so genannten Verdrängungseffekt
Produkte. In erster Linie geht es ihnen um                 päischen Staaten anschauen. Osteuropa        (displacement effect) und prophezeien:
das Sammeln von Daten. Auch wenn wir                       erlebt seit dem Ende des Ostblocks eine      Industrieroboter und KI führen mittel-
uns als Kunden fühlen, so sind wir nicht                   enorme Veränderung der Bevölkerung.          fristig zu Massenarbeitslosigkeit. Sollten
einmal Nutzer. Das von uns erzeugte Da-                    Viele derjenigen, die zum ersten Mal Rei-    die Prognosen stimmen, die den Ein-

4   VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020
schätzungen des „Job-Futoromat“ der           Verbindung zwischen den staatlichen In-       der Digitalisierung sind die Möglichkeiten
Arbeitsagenturen zugrunde liegen, dann        stitutionen und der Gesellschaft sorgen       zur Manipulation jedoch ungleich größer,
wären drei von vier typischen Tätigkei-       und den Bürgern damit die Orientierung        die Einflussnahme deutlich schwieriger
ten eines Kraftfahrzeugmechatronikers         erleichterten. Kirchen, Gewerkschaften,       zu erkennen und die Wirkungen mutmaß-
von Maschinen ersetzbar. Das heißt zwar       politische Parteien oder Verbände büßen       lich ausgreifender. In Zeiten analoger In-
nicht, dass tatsächlich automatisiert wird    aus sehr unterschiedlichen Gründen Mit-       formation und Kommunikation mussten
– schließlich kann menschliche Arbeit         glieder und Unterstützung ein. Zugleich       Menschen mit Sendungsbewusstsein
flexibler, wirtschaftlicher oder von besse-   leiden die Qualitätsmedien in einer Weise     den Weg über eine Organisation nehmen,
rer Qualität sein. Aber dennoch: „Kollege     unter der digitalen Konkurrenz und den        wenn sie eine gewisse Öffentlichkeit her-
Roboter“ weckt Ängste. Die Zuversichtli-      veränderten Informations- und Kom-            stellen wollten. Heute schaffen die digi-
chen unter den Ökonomen dagegen ver-          munikationsgepflogenheiten, dass nicht        talen Netzwerke und Online-Plattformen
weisen darauf, dass Automatisierung nur       allein ihre journalistische Qualität beein-   die Möglichkeit, ein Anliegen ohne Um-
die Produktivität verbessert und daraus       trächtigt wird, sondern sogar die Existenz    weg womöglich sogar „viral“ zu verbrei-
wiederum eine steigende Nachfrage nach        unserer bisherigen freien und unabhän-        ten. Politiker werden durch die Mechanis-
Arbeitskräften und damit neue Produk-         gigen Medienlandschaft mittelfristig          men der digitalen Kommunikation unter
tivitätseffekte resultieren. Sie sprechen     gefährdet sein könnte. In der Folge des       den zusätzlichen Druck der „vernetzten
vom „Wiedereinstellungseffekt“ (reinsta-      Bedeutungsverlusts dieser verschiede-         Vielen“ also einer neuen „fünften Gewalt“
tement effect).                               nen „Gatekeeper“ geht der Gesellschaft        gesetzt (Bernhard Pörksen). Vor allem
    Wir wissen nicht, wer Recht hat – die     insgesamt etwas verloren: Erstens die         aber können die Ängste, die die großen
Pessimisten oder die Zuversichtlichen.        Fähigkeit dieser Organisationen zur Re-       Veränderungen bei einem Teil der Bevöl-
Der Blogger Sascha Lobo hat es in seinem      duktion von Komplexität – und das ausge-      kerung auslösen, auf diese Weise leicht
2019 erschienenen Buch über den „Re-          rechnet in einer Zeit, in der die Komplexi-   befeuert und politisch instrumentalisiert
alitätsschock“ auf den Punkt gebracht:        tät durch Europäisierung, Globalisierung,     werden.
„Plötzlich müssen wir erkennen, dass die      Flüchtlingskrise und Digitalisierung zu-
Welt anders ist als gedacht oder erhofft“.    nimmt und die staatlichen Steuerungs-         Auswirkungen der Transformationen
Die genannten Transformationen sind           möglichkeiten abnehmen. Zweitens ihre         auf die berufliche Bildung
aus verschiedenen Gründen politisch re-       Funktion als „Leitplanken“, die dem Ein-      Angesichts der genannten Veränderun-
levant: Zum einen muss die nationale, die     zelnen und damit auch der Gesellschaft        gen und der damit verbundenen Unsi-
europäische und die internationale Politik    insgesamt Halt verleihen. Und drittens        cherheiten stellt sich die Frage, woher
dringlich komplexe inhaltliche Probleme       die (politische) Mäßigung.                    Lehrkräfte, Schulleiter und Ministerialbe-
lösen. Zum anderen stellen diese Trans-                                                     amte wissen sollen, wofür Schülerinnen
formationen unsere Demokratie auf die         Das Geschäftsmodell der                       und Schüler auszubilden sind, wenn sich
Probe: Und zwar deshalb, weil die da-         digitalen Kommunikation als Brand-            diejenigen, die Fachwissenschaftler, die
durch ausgelösten Veränderungen und           beschleuniger                                 sich mit diesem technischen Wandel be-
womöglich Verwerfungen geeignet sind,         Die Gesetzmäßigkeiten digitalen Netz-         fassen, uneins sind?
die Bevölkerung in einem durch populisti-     werke beeinflussen nicht nur unsere Fä-          Zweifelsohne ist es wichtig und sinn-
sche Argumentation geschürten Vorurteil       higkeit, uns zu konzentrieren oder unser      voll, natürlich weiter auf Bildung und
zu bestärken. Und zwar in dem Vorurteil,      Freizeitverhalten, sondern sie setzen eta-    dabei auch auf Politische Bildung zu set-
Politik, Wirtschaft und Bildungseinrich-      blierte Prozesse und Strukturen der po-       zen. Wir können davon ausgehen, dass
tungen seien den technologischen Ver-         litischen Meinungsbildung unter Druck.        auch in Zukunft der Grundsatz gilt, dass
änderungen und ihren gesellschaftlichen       Damit eine Demokratie das leisten kann,       Bildung das Risiko, arbeitslos zu werden
Folgen passiv ausgeliefert und nicht in       wodurch sie sich gegenüber allen an-          senkt und die Chancen auf ein besseres
der Lage, diese auch aktiv zu gestalten.      deren Staatsformen auszeichnet, ist sie       Einkommen erhöht. Und Politische Bil-
                                              nämlich auf einen funktionierenden und        dung ist in der Lage, die Leitplanken zu
Der Bedeutungsrückgang „intermedi-            nicht manipulierten öffentlichen Diskurs      ersetzen, die der Gesellschaft angesichts
ärer Organisationen“                          angewiesen. Dieser öffentliche Diskurs,       des Bedeutungsverlusts intermediärer
Die genannten großen Transformationen         der im Wesentlichen durch die Massen-         Organisationen verloren gegangen sind.
sind keineswegs die einzigen Verände-         medien vermittelt wird, gewährleistet         Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage,
rungen. Etwas Weiteres kommt hinzu:           unter anderem, dass gesellschaftlich re-      welche Inhalte von Bildung und welche
Während die weltpolitische Lage sehr an-      levante Themen verhandelt und der not-        Kompetenzen angesichts der großen
gespannt und unübersichtlich ist und die      wendige Kontakt zwischen Repräsentan-         Transformationen vermittelt werden sol-
Digitalisierung, die Globalisierung und die   ten und Volk gewahrt bleibt. Auch in einer    len.
Erderwärmung unser Leben spürbar ver-         freiheitlichen Demokratie mit unabhängi-         Feststehen dürfte, dass gerade die
ändern, verlieren in den verschiedenen        gen und freien Medien besteht großes In-      beruflichen Schulen sich intensiver als
westlichen Gesellschaften gleichzeitig die    teresse, die öffentliche Meinung zu beein-    andere damit befassen müssen, wie es
so genannten intermediären Organisatio-       flussen und auf diese Weise (politische)      gelingen kann, die Schüler bzw. die Aus-
nen an Bedeutung, die für eine lebendige      Gefolgschaft herzustellen. Im Zeitalter       zubildenden angemessen auf die noch

                                                                                                                 VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020   5
Bildungspolitik

unklaren Anforderungen des zukünftigen       gelnden „Digital-Kompetenzen“ des Lehr-
                                                                                                      MARTIN RUF
Arbeitsmarktes unter den Bedingungen         personals und an der passenden Infra-
der drei großen Transformationen vorzu-      struktur (Euler/Severing). Der Unmut von
bereiten.                                    Lehrkräften, dass ihnen seit geraumer                    Am 14. Februar 2020 endete für Wolfgang
   Die auf die zukünftige Arbeitswelt        Zeit immer mehr Aufgaben zugewiesen                      Lambl die Amtszeit als Hauptpersonalrat
bezogenen Stichworte kennen wir alle.        werden – auch Aufgaben, die eigentlich                   für die Lehrkräfte an beruflichen Schulen.
Erstens natürlich die Digitalisierung. Das   die Elternhäuser übernehmen müssten -,                   Gleichzeitig wurde er auch in den Ruhe-
sagt sich leicht, heißt aber für die ver-    ist nachvollziehbar. Aber die Aufgabe, an-               stand versetzt.
schiedenen Berufszweige etwas völlig         gemessen auf die Veränderungen der Ar-
anderes: Während die Arbeitnehmerin-         beitswelt vorzubereiten (Andreas Boes),                  Ruhestandsversetzung durch Staats-
nen und Arbeitnehmer in einer kleinen        ist tatsächlich die Kernaufgabe der Schu-                minister Prof. Dr. Piazolo
Zahl von Berufen wohl auch weiterhin         len sowie der ausbildenden Unterneh-                     Die Übergabe der „Ruhestandsurkunde“
nur verschiedene Office-Anwendungen          men und Betriebe. Schließlich wird die                   wurde von Staatsminister Prof. Dr. Mi-
bedienen können müssen, werden sehr          Zukunft des Industriestandorts Deutsch-                  chael Piazolo vorgenommen. Der Kultus-
viele Arbeitnehmer sich auf eine völlig      land keineswegs nur in den Forschungs-                   minister dankte Wolfgang Lambl für den
neue Arbeitsumgebung einstellen müs-         laboren der Universitäten und großen Un-                 Einsatz und die Tätigkeit für den Freistaat
sen, die durch eine intensive Mensch-Ma-     ternehmen entschieden, sondern gerade                    Bayern und hob besonders das herausra-
schine-Interaktion gekennzeichnet sein       auch bei der Ausbildung der künftigen                    gende Wirken als Hauptpersonalrat her-
wird: also durch die Vernetzung von Din-     Fachkräfte – und damit natürlich auch bei                vor.
gen sowie von Technologien, Personen         der Aus- und Fortbildung der beruflichen                    Seit 2003 vertrat Wolfgang Lambl als
und Kompetenzen sowie die Verbindung         Lehrkräfte.//                                           Vorsitzender der Gruppe der Lehrer an
der virtuellen mit der physikalischen                                                                 beruflichen Schulen gemeinsam mit Ru-
Welt. Zweitens verändert die Globalisie-                                                              dolf Keil die Interessen der Kolleginnen
rung das Arbeitsleben – auch im Zusam-       Literaturhinweise:                                       und Kollegen beim Bayerischen Staats-
                                             Boes, Andreas: It’s the internet stupid: Ideen zur
menhang mit Demografie. Im Augenblick                                                                 ministerium für Unterricht und Kultus. Im
                                             Neuausrichtung der Berufsbildung in der digitalen
erleben wir in Deutschland einen vor al-     Transformation, in: TALENTE – Zeitschrift für Bildung    Rahmen der „Amtsübergabe“ hoben so-
lem demografisch bedingten massiven          und Berufsorientierung 2020, S. 24-38, https://www.      wohl MDgt German Denneborg als auch
Fachkräftemangel. Die Jungen lernen          isf-muenchen.de/wp-content/uploads/2020/02/TA-           der VLB-Landesvorsitzende Pankraz
und absolvieren ihre Ausbildungen unter      LENTE-33-18112019_Seite24-38.pdf                         Männlein seine Geradlinigkeit, Verläss-
                                             Deichmann, Carl/May, Michael (Hrsg.): Orientierun-
dem Eindruck dieses Mangels und der          gen politischer Bildung im „postfaktischen Zeitalter“,
                                                                                                      lichkeit und Sachkompetenz hervor. „Im
geringen Konkurrenz. Aber wer Univer-        Wiesbaden 2019                                           Konsens mit den Vertretern des Kultus-
sitäten, außeruniversitäre Forschungs-       Euler, Dieter/Severing, Eckart: Berufsbildung für eine   ministeriums und Politikern nach tragfä-
einrichtungen und vor allem international    digitale Arbeitswelt Fakten, Gestaltungsfelder, offene   higen Lösungen zum Wohl der Beschäf-
                                             Fragen. Bertelsmann Stiftung Gütersloh 2019
tätige Unternehmen besucht, beobachtet                                                                tigten und Erfüllung der dienstlichen
                                             Friedman, Thomas L.: Thank you for being late. Ein
etwas Unterschiedliches. Hier sehen wir      optimistisches Handbuch für das Zeitalter der Be-        Aufgaben suchen“, das war sein „Erfolgs-
eine deutliche Zunahme an internatio-        schleunigung, Köln 2017                                  rezept“. Abteilungsleiter German Den-
naler Konkurrenz durch bestens Ausge-        Krastev, Ivan: Worüber denken Sie gerade nach, Ivan      neborg bedankte sich – auch im Namen
                                             Krastev? In: DIE ZEIT Nr. 42/2019, 10. Oktober 2019.
bildete und häufig sehr leistungsbereite                                                              aller Mitarbeiter der Abteilung Berufliche
                                             Lobo, Sascha: Realitätsschock. Zehn Lehren aus der
junge Leute. Zugegeben: Im Augenblick        Gegenwart. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2019 (2.           Schulen – für die vertrauensvolle und
erscheint es nicht allzu wahrscheinlich,     Aufl.)                                                   sachorientierte Zusammenarbeit und
dass die deutschen Handwerksbetriebe         Martini, Mario (unter Mitwirkung von Michael Kolain      wünschte Wolfgang Lambl im Ruhestand
oder unsere klein- und mittelständischen     und Jan Mysegades): Blackbox Algorithmus – Grund-        viel Gesundheit und „einen ruhigeren Ta-
                                             fragen einer Regulierung Künstlicher Intelligenz, Ber-
Unternehmen so arbeiten werden, dass         lin 2019
                                                                                                      gesablauf“.
auch Arbeitnehmer, die in anderen Teilen     Morozov, Evgeny: „Ich habe doch nichts zu verber-           Die Stufenpersonalräte aus den Be-
der Welt leben, von dort aus zur Konkur-     gen“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 65. Jg. (11-   zirken und Kommunen verabschiedeten
renz werden könnten. Aber wer hätte vor      12/2015), S. 3-7                                         Wolfgang Lambl mit etwas Wehmut und
                                             Münch, Ursula: Digitale Transformation: Mehr als eine
15 Jahren gedacht, dass deutsche Wis-                                                                 humorvollen Liedtexten.
                                             Herausforderung – eine Gestaltungsaufgabe. Akade-
senschaftsfachliteratur eines Tages von      mie-Kurzanalyse 1/2019; https://www.apb-tutzing.
indischen und in Indien ansässigen Lek-      de/download/publikationen/kurzanalysen/Akade-            Als Personalrat und Verbandfunktionär
toren betreut werden würde? Falls dieses     mie-Kurzanalyse_2019_01.pdf.                             muss man „stand- und wetterfest“ sein!
Beispiel nicht nur für Buchverlage gilt,     Münch, Ursula: Disruption der Demokratie? Warum          Sein langjähriger Mitstreiter und jetziger
                                             die digitale Transformation von Kommunikation, Po-
wäre der demografiebedingte Vorteil der      litik und Wirtschaft unsere Demokratien bedroht, in:
                                                                                                      Nachfolger im Amt Rudi Keil blickt noch-
heutigen Jungen in vielen Branchen wo-       Digma. Zeitschrift für Datenrecht und Informationssi-    mals auf Wolfgang Lambls überaus er-
möglich recht schnell dahin.                 cherheit 18 (2018) Heft 3, S. 108-112                    folgreiche Personalratstätigkeit zurück:
   Die wenigen Untersuchungen, die es        Pörksen, Bernhard: Die große Gereiztheit. Wege aus          Als erster Ersatzvertreter folgte er
                                             der kollektiven Erregung. München: Hanser 2018
über Berufliche Ausbildung im digita-                                                                 Ingrid Heckner, welche durch ihre Wahl
                                             Soentgen, Jens: Am Ende des Zwei-Grad-Ziels. Für
len Zeitalter gibt, sind ernüchternd. Der    ein neues Denken im Klimadiskurs, in: Merkur 74          in den bayerischen Landtag 2003 aus
Einsatz digitaler Lernmedien im Ausbil-      (2020), Heft 849, S. 22-33                               den HPR ausschied, als Vorsitzender der
dungssystem folgt demnach vorrangig          Strittmatter, Kai: Die Neuerfindung der Diktatur. Wie    Gruppe der Lehrer an beruflichen Schulen
alten didaktischen und methodischen          China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und        nach.
                                             uns damit herausfordert. München, 2018
Konzepten. Die Potenziale des digitalen      Zuboff, Shoshana: Surveillance Capitalism – Überwa-
                                                                                                         Gleich zu Beginn seiner Amtszeit im
Lernens kommen noch kaum zur Geltung.        chungskapitalismus, in: Aus Politik und Zeitgeschich-    HPR wartete eine Herkulesaufgabe auf
Und Innovation scheitert häufig an man-      te 69. Jg. (24-26/2019), S. 4-9                          ihn: Der damalige Ministerpräsident

6   VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020
Eine Ära geht zu Ende
                                                                                                     Beschäftigten flexiblere Möglichkeiten
                                                                                                     der Rückgabe der eingebrachten Stunden
                                                                                                     auf dem freiwilligen Arbeitszeitkonto.
                                                                                                        Mit einer weiteren Dienstvereinbarung
                           Wechsel im Hauptpersonalrat                                               des HPR mit dem Ministerium wurde der
                                                                                                     Ausgleich für die Beanspruchung der
                                                                                                     Wahlhelfer- bzw. Wahlvorstandstätigkeit
                                                                                                     von Lehrkräften an staatlichen berufli-
                                                                                                     chen Schulen z. B. bei der anstehenden
                                                                                                     Kommunalwahl, geregelt. Auch diese DV
                                                                                                     trägt maßgeblich seine Handschrift.
                                                                                                        Die Verwaltungsvorgaben zur Erfas-
                                                                                                     sung der Unterrichtspflichtzeit und Aus-
                                                                                                     gleich von Mehrarbeit der Lehrkräfte an
                                                                                                     staatlichen beruflichen Schulen, die Er-
                                                                                                     nennungsrichtlinien (ErbSch), sowie die
                                                                                                     Richtlinien für Funktionen von Lehrkräf-
                                                                                                     ten an staatlichen beruflichen Schulen
                                                                                                     (FubSch) wurden stets im Rahmen der
                                                                                                     Mitwirkung nach BayPVG und in vertrau-
                                                                                                     ensvoller Zusammenarbeit mit der Abtei-
                                                                                                     lung VI – namentlich wäre hier Ministeri-
                                                                                                     alrat Maximilian Pangerl hervorzuheben
                                                                                                     – abgestimmt.
                                                                                                        Daneben lagen ihm die Belange der
                                                                                                     Fachlehrerinnen und -lehrer in der dritten
                                                                                                     Qualifikationsebene am Herzen. Wie eine
                                                                                                     Akkolade umschließt das Ringen um eine
                                                                                                     Verbesserung der Arbeits- und Beförde-
                                                                                                     rungsbedingungen dieser Kolleginnen
                                                                                                     und Kollegen seine Zeit im HPR. So hat
                                                                                                     er durchgesetzt, dass bei Einsatz in fach-
                      Mit lobenden Worten überreichte Kultusminister Dr. Michael Piazolo             theoretischen Fächern die UPZ reduziert
                                HPR Wolfgang Lambl die Ruhestandsurkunde.                            wird. Die Beförderungswartezeiten haben
                                                                                                     sich bei der Neufassung der Ernennungs-
Edmund Stoiber hatte in seiner Regie-                    vorgeschriebenen Mitbestimmung des          richtlinien erheblich verringert und nicht
rungserklärung am 6. November 2003                       HPR umgesetzt, bei der Wolfgang Lambl       zuletzt ist es ihm mit MDgt Denneborg
schmerzhafte Einschnitte für den öf-                     die Interessen der Beschäftigten erfolg-    gelungen, dass über eine Qualifizierungs-
fentlichen Dienst angekündigt und in der                 reich vertrat.                              maßnahme bedarfsorientiert der Durch-
Folge auch umgesetzt. Vor allem die Be-                     Satz 1 des Artikel 2 des bayerischen     stieg in die nächste Qualifikationsebene
amtinnen und Beamten waren betroffen,                    Personalvertretungsgesetzes (BayPVG)        (QE 4) eingerichtet wurde.
deren wöchentliche Dienstzeit von 40 auf                 zieht sich als Richtschnur wie ein roter       In den letzten elfeinhalb Jahren durfte
42 Stunden angehoben wurde. Für Lehr-                    Faden durch die gesamte Amtszeit seiner     ich ihn an seiner Seite im HPR begleiten.
kräfte bedeutete dies 1 Stunde mehr an                   Personalratstätigkeit: „Dienststelle und    Für mich war es eine sehr „lehrreiche“,
Unterrichtspflichtzeit (UPZ).                            Personalvertretung arbeiten … vertrau-      aber vor allem auch schöne Zeit. Vielen
    Massiver Protest der Beamten war die                 ensvoll … zum Wohl der Beschäftigten und    Dank dafür!
Folge. Bei den Demonstrationen in Kreuth,                zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben
München, Nürnberg, … war Wolfgang                        zusammen.“
Lambl als stellv. VLB-Landesvorsitzender                    Bis 2020 waren die beruflichen Schu-
immer ganz vorne mit dabei und hat so-                   len die Schulart, an der im nennenswer-
mit wesentlich dazu beigetragen, dass ein                ten Umfange von der Möglichkeit eines
Großteil der „Sparmaßnahmen“ wieder                      „freiwilligen Arbeitszeitkontos“ zur Ab-
zurückgenommen wurde.                                    deckung von Pflichtunterricht Gebrauch
    Parallel zur Modernisierung des Dienst-              gemacht wurde. Dies ist zum großen Teil
rechts wurde mit „PROFIL21“ ein Modell-                  der Einsatzbereitschaft vieler unserer
versuch durchgeführt, bei dem die meisten                Kolleginnen und Kollegen geschuldet, um
teilnehmenden beruflichen Schulen eine                   die Unterrichtsversorgung an den beruf-
Reform des Beurteilungswesens aufgrif-                   lichen Schulen für ihre Schülerinnen und
fen, die letztlich in der Einführung einer               Schülern sicherzustellen. Eine Dienstver-
„Erweiterten Schulleitung“ mündete.                      einbarung (DV) des HPR mit dem Leiter
    Die erforderliche Änderung der Beur-                 der Abteilung VI im bayerischen Staatsmi-
teilungsrichtlinien wurde erst durch die                 nisterium für Unterricht und Kultus (KM),
Einigungsstelle im Rahmen der gesetzlich                 MDgt German Denneborg eröffnete den         Das langjährige Team Rudolf Keil und Wolfgang Lambl.

                                                                                                                                    VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020   7
Bildungspolitik

So kennt man Wolfgang Lambl: Engagiert, wenn es um
berufliche Bildung geht.
                                                         Lambl einmal anders dekliniert:
                                                         L = Leidenschaft, lösungsorientiert
„Es war mir eine Ehre, die berufliche                    A = ambitioniert, abwägend, akkurat, akribisch, aufrührerisch, aufmerksam, ausdrucksstark
Bildung mitgestalten zu dürfen!“
                                                         M = Macher, Mitmacher, motiviert, Mitgestalter, menschlich-fair
Bei seiner Verabschiedung stellte Wolf-
gang Lambl rückblickend fest, dass ihn                   B = Berufsschullehrer, Berufsbildner, betriebliche Berufsausbildung, begabt
die langjährige Tätigkeit als Haupt-/Be-                 L = leistungsbereit, leistungsorientiert, leistungsstark, lernbereit, lernwillig
zirkspersonalrat und Verbandsverant-
wortlicher überaus bereichernde Erfah-
                                                         VLB-Landesvorsitzender Pankraz Männlein zum Abschied von Wolfgang Lambl
rungen menschlicher wie fachlicher Art
beschert haben.
   Dafür ist er von Herzen dankbar und
wünschte den „nachfolgenden“ beiden
Hauptpersonalratsvertretern Rudolf Keil
und Astrid Geiger viel Erfolg und eine
glückliche Hand bei der Vertretung der
Kolleginnen und Kollegen.

Rudolf Keil und Astrid Geiger – der neue
„HPR Berufliche Schulen“
Rudolf Keil wurde als Vorsitzender ge-
wählt und führt nun die Geschäfte der
Gruppe der Lehrkräfte an beruflichen
Schulen im Hauptpersonalrat. Astrid Gei-
ger rückte als erste Ersatzvertreterin auf
den freigewordenen Sitz nach und wurde
als Stellvertreterin gewählt. (Eine Vorstel-
lung von Astrid Geiger finden Sie auf S. 10,
Anm. d. Red.)
   Wolfgang Lambl ist sicher, dass mit Ru-
dolf Keil und Astrid Geiger auch weiterhin
die Interessenvertretung der Kolleginnen
und Kollegen an den beruflichen Schulen
in Bayern mit hoher Qualität gewährleis-             Bei der Verabschiedung von links: VLB-Landesvorsitzender Pankraz Männlein, Wolfgang Lambl mit seiner Ehefrau Evi Lambl und Astrid
tet ist.                                 //         Geiger. Es spricht MDgt German Denneborg.

8   VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020
Wolfgang Lambl im Ruhestand
Interview mit dem VLB-Ehrenvorsitzenden

                                            spruch gegen meine Probezeitbeurtei-          ■   „Entfristungs-/Verbeamtungspro-
                                            lung und die – nach meinem Dafürhalten            gramm“ für befristet Beschäftigte
                                            – unzureichende Unterstützung durch die       ■   Weiterqualifizierung der Verwal-
                                            damaligen Personalvertreter. Dies war             tungskräfte – Höhergruppierung in E8
                                            ausschlaggebend und wegweisend für            ■   und, und, und …
                                            meine „Berufung“ als Personalrat und In-
                                            teressenvertreter im VLB.                     Personalratsarbeit ist jedoch nicht immer
                                                                                          nur von Erfolgen gekrönt. Wo waren Sie
MARTIN RUF                                  Wenn Sie auf Ihre erfolgreiche Perso-         mit dem Ergebnis z. B. nicht glücklich?
                                            nalratsarbeit zurückblicken, worauf           Die Tätigkeit als Personalrat setzt voraus,
                                            sind Sie besonders stolz?                     dass man versucht, die Belange und Inter-
                                            Mit einer besonderen Zufriedenheit bli-       essen des „Personals“ bestmöglich in Ver-
Die Redaktion von VLB akzente hatte zum     cke ich auf die stets hervorragende und       handlungen mit der Dienststelle durchzu-
Abschluss seiner Berufs- und Personal-      vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den        setzen. Von daher hatte ich immer den
ratstätigkeit Gelegenheit mit Wolfgang      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ab-      Ansatz: „Bereite das Thema mit überzeu-
Lambl über sein Wirken für die Belange      teilung VI des Kultusministeriums sowie       genden Argumenten gut vor und versuche
der Lehrkräfte an beruflichen Schulen in    den örtlichen Personalvertretungen und        das Maximale für die Beschäftigten zu
Bayern zu sprechen;                         Schulleitungen zurück.                        erreichen“. So gab es eigentlich nur zwei
                                                Dankbar und auch ein wenig stolz          Themen, wo ich mir gerne ein „besseres“
Vor kurzem wurden Sie von Kultusmi-         werde ich immer folgende „Errungen-           Ergebnis erwartet hätte: die „Umsetzung
nister Dr. Michael Piazolo in den Ruhe-     schaften“ in Erinnerung behalten:             der Befristung der Funktion Seminarleh-
stand verabschiedet. Wie geht es Ihnen,     ■ Durchsetzung des „Prüfungspools“            rer/-innen“ und die „Weiterentwicklung
wenn Sie nicht mehr jeden Tag dem               als unterfränkischer VLB-Bezirksvor-      der Dienstlichen Beurteilung“.
Motto: „Ihre Anliegen – Unser Auftrag“          sitzender und „gewerkschaftlicher
folgen müssen?                                  Unterstützung“ vieler Kolleginnen         Sie können auf einen langen Erfahrungs-
Es geht mir soweit sehr gut und es ist          und Kollegen                              schatz in Ihrer beruflichen Tätigkeit zu-
gut so, wie es ist! Momentan befinde ich    ■ Rücknahme der Arbeitszeit-/Unter-           rückblicken. Wo müssten für Sie sowohl
mich noch in der „Orientierungsphase“           richtszeiterhöhung                        in der Hauptpersonalrats- als auch Ver-
und ich genieße besonders die spürbare      ■ Verbesserung der Personalversor-            bandsarbeit Schwerpunkte gesetzt wer-
Entlastung durch die erheblich geringe-         gung                                      den, damit wir Lehrkräfte an beruflichen
re Zahl von E-Mails und telefonischen       ■ Höhere Freistellung örtlicher Perso-        Schulen auch die nächsten Jahre unse-
Anfragen. Allerdings denke ich manch-           nalräte                                   ren Beruf mit Freude ausführen können?
mal auch etwas wehmütig an die vielen       ■ Zusätzliche Leitungszeit für Stellv.        Verbands- und Personalratstätigkeit hat
bereichernden und wertschätzenden               Schulleitungen                            sich meines Erachtens stets an der Ver-
Gespräche mit Kolleginnen und Kol-          ■ Verkürzung der Beförderungszeiten           besserung der Ausgestaltung der Ar-
legen, Personalräten, Schulleitungen,           durch Stellenhebungen                     beitsbedingungen für unsere Lehrkräfte,
Vertreterinnen und Vertretern des Kul-      ■ Aufstiegsqualifizierung Fachlehrer in       Schulleitungen und Verwaltungskräfte
tusministeriums und der Regierungen,            QE 4                                      zu orientieren, so dass diese gesund, si-
der Ministerialbeauftragten, sowie der      ■ Unterrichtszeiterfassung und Aus-           cher und mit Freude ihrer „Berufung“
Politik und der Verbände.                       gleich Mehrarbeit „Von LUZ zu UZE         zum Wohle unserer Schülerinnen und
                                                und UZK                                   Schüler nachgehen können. Es ist meine
Sie haben sich als Haupt- und Bezirk-       ■ Dienstvereinbarung zum „Abbau/Ver-          tiefe Überzeugung, dass dies auch von
spersonalrat fast 30 Jahre lang für die         längerung der fAZK“                       unseren Hauptpersonalräten und allen
Belange der Lehrkräfte an beruflichen       ■ Zeitliche Entlastung beim                   VLB-Verantwortlichen weiterhin tatkräftig
Schulen stark gemacht. War Ihnen die            „Betriebspraktikum“                       als „Schwerpunkt“ verfolgt wird.      //
Personalratsarbeit in die Wiege gelegt
worden?
Eigentlich nicht! Meines Erachtens hat
sich das aufgrund von teils persönlichen        Persönliche Anmerkung
Erfahrungen und Vorkommnissen entwi-
                                                Lieber Wolfgang, jeder, der so wie du seinen Beruf zur Berufung gemacht hat, weiß,
ckelt. In der Schulzeit habe ich mich als
                                                dass das ohne einen lieben, v. a. aber einen mehr als verständnisvollen Partner
„Klassensprecher“ zur Verfügung gestellt
                                                nicht möglich ist. Eigentlich muss sich unsere Solidargemeinschaft noch viel mehr
und während meiner Ausbildung in ei-
                                                bei deiner Frau Evi bedanken, die dir auch in manch schwerer Stunde immer den
nem Schweinfurter Industriebetrieb als
                                                Rücken freigehalten hat, damit du deinem Moto: „Eure Anliegen – Mein Auftrag“
Jugend- und Auszubildendenvertreter.
                                                nachgehen konntest.                                                          -rf-
Die entscheidende Weichenstellung zum
Personalrat erfolgte durch einen Wider-

                                                                                                                 VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020   9
Bildungspolitik

Unsere neue Hauptpersonalrätin
Interview mit Astrid Geiger

MARTIN RUF

Zum Amtsantritt im Hauptpersonalrat
hatte die VLB akzente-Redaktion Gelegen-
heit, sich mit Astrid Geiger zu einem kur-
zen Antrittsgespräch zu treffen.

WIE kamen Sie zur Personalrats-
tätigkeit?
Ich wurde von erfahrenen Personalrats-
kollegen/-innen angesprochen, ob dies
nicht eine Aufgabe für mich sei.

WARUM sind Sie Personalrätin
geworden?
Als Tochter einer Hauptschullehrerin und
eines Berufsschullehrers haben mich Ge-
spräche über den Lehrkräftealltag und
dessen Arbeitsbedingungen schon seit
meiner eigenen Kindergartenzeit beglei-
tet. So ist es eine logische Konsequenz
diese Arbeitsbedingungen mitgestalten          Die neue Gruppe berufliche Schulen im Hauptpersonalrat: Rudolf Keil und Astrid Geiger.
zu wollen.

WAS treibt Sie bei der Personalrats-
tätigkeit an?
Die kontinuierliche Verbesserung der Ar-                    Laufbahn unserer Hauptpersonalrätin Astrid Geiger
beitsbedingungen der Lehrkräfte an be-
ruflichen Schulen.
                                                            ■   1988 Abitur am Gymnasium Königsbrunn
WER hat Ihre Personalratsarbeit maß-                        ■   1990 Gesellenbrief im Schreinerhandwerk
geblich beeinflusst?
                                                            ■   1990 bis 1997 Studium und Referendariat für das Lehramt
Unser in den Ruhestand verabschiedeter
Hauptpersonalrat Wolfgang Lambl.                                an beruflichen Schulen Bautechnik/Arbeitswissenschaften/
                                                                Ev. Religionslehre
WO sehen Sie sich in 5 Jahren?                              ■   1994 Eintritt in den VLB
Im Hauptpersonalrat – im Team mit Ru-                       ■   1998 Planstelle an der BS Immenstadt
dolf Keil – die Interessen der Kolleginnen                  ■   2000 Stellvertretende Vorsitzende VLB Kreisverbandes Allgäu
und Kollegen aller beruflichen Schulen
vertretend.
                                                            ■   2001 Wahl in den örtlichen Personalrat der BS Immenstadt
                                                            ■   2002 Vorsitzende des örtlichen Personalrates
   Damit Sie Ihre neue Vertreterin im                       ■   2003 Ausbildung zur Schulentwicklungsmoderatorin
Hauptpersonalrat noch besser kennenler-                     ■   2006 Wahl in den Bezirkspersonalrat bei der Regierung von
nen, untenstehend noch ein kurzer Steck-                        Schwaben
brief, der mehr als deutlich macht, wie tief
                                                            ■   2007 bis 2014 Seminarlehrerin Bautechnik II
Astrid Geiger in der beruflichen Bildung
verwurzelt ist und so für das neue Amt                      ■   2008 Vorsitzende des VLB-Kreisverbandes Allgäu
geradezu prädestiniert ist.                                 ■   2012 Fachbetreuung Holz-Bautechnik an der BS Immenstadt.
                                                                Gleichzeitige Amtsniederlegung im örtlichen Personalrat
   Der VLB wünscht seiner neuen Haupt-                      ■   2016 Gruppensprecherin beim Bezirkspersonalrat der Regierung
personalrätin Astrid Geiger eine glück-
                                                                von Schwaben
liche und erfolgreiche bei der sicherlich
herausfordernden neuen Aufgabe.       //
                                                            ■   2016 Vorsitzende des VLB-Bezirksverbandes Schwaben
                                                            ■   2020 Wechsel in den Hauptpersonalrat

10   VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020
Rolf Habermann in den Ruhestand verabschiedet
Weitere Veränderung im Hauptpersonalrat

Der Amtschef im bayerischen Kultusmi-                               sich der gebürtige Bayreuther in ver-                           Verdienste um das Vermessungswesen in
nisterium, Herbert Püls, und Regierungs-                            schiedenen Verbänden, die sich für die                          Bayern verliehen.
präsidentin Heidrun Piwernetz haben den                             Verbesserung der Arbeitsbedingungen
langjährigen Vorsitzenden des Haupt-                                im bayerischen Schulwesen einsetzen.                               Außerdem würdigte Kultusminister Dr.
personalrats im Kultusministerium in                                Sein Einsatz, oftmals auch an entschei-                         Michael Piazolo: „Ein großer Dank gilt Rolf
den Ruhestand verabschiedet: „Rolf Ha-                              dender Position in Vereinigungen wie dem                        Habermann für seinen unermüdlichen
bermann übte dieses Amt über 19 Jahre                               Deutschen Beamtenbund (DBB) und nicht                           Einsatz für die Lehrkräfte in Bayern und
hinweg mit enormem Engagement aus.                                  zuletzt dem Hauptpersonalrat währt bis                          für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.“
Ich möchte ihm für seinen unermüdlichen                             zum heutigen Tag. Seit 2001 steht Haber-
Einsatz für die Lehrkräfte in Bayern eben-                          mann besagtem Hauptpersonalrat für alle                         Nachfolger ist Gerd Nitschke
so wie für die immer sehr vertrauensvolle                           Beschäftigten im Bereich des Kultusmi-                          Als neuer Vorsitzender des Hauptper-
Zusammenarbeit herzlich danken. Er hat                              nisteriums als Vorsitzender vor. „Sein er-                      sonalrats wurde Gerd Nitschke gewählt.
dieses Amt nicht einfach nur ausgeübt,                              klärtes Ziel war es dabei stets, die besten                     Kultusminister Piazolo dazu: „Ich gratulie-
sondern gelebt und durch sein hervor-                               Arbeitsbedingungen für alle schaffen, die                       re Herrn Nitschke zu seinem neuen Amt.
ragendes Fachwissen und persönlichen                                sich um die Bildung in Bayern kümmern                           Als Vorsitzender des Hauptpersonalrates
Einsatz mit Leben gefüllt“, betonte Her-                            und verdient machen“, so Herbert Püls.                          übt er einen verantwortungsvollen Posten
bert Püls.                                                                                                                          aus. Ich freue mich auf eine gute Zusam-
                                                                       Für seinen Einsatz erhielt Habermann                         menarbeit und wünsche ihm viel Erfolg!“
   Habermann blickt auf ereignisreiche                              2014 die Bayerische Verfassungsmedail-                                          PM-KM 018+030/2020/ck
Jahre in verschiedenen Positionen des                               le in Silber sowie 2019 den Bayerischen
Schullebens zurück. Bereits vor seinem                              Verdienstorden. Im Jahr 2019 wurde ihm
Dienstantritt im Jahre 1978 engagierte                              auch die Soldnermedaille für besondere

                                                                                                                                                          Der neue HPR-Vorsitzende Gerd Nitschke.

Ministerialdirektor Herbert Püls (KM) verabschiedet den langjährigen Vorsitzenden des Personalrats, Rolf Habermann.    Bild: Regierung von Oberfranken

                                                                                                                                                                      VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020   11
Bildungspolitik

Multiprofessionelle Teams bilden
Rückblick auf das von Pankraz Männlein moderierte Forum beim BvLB-Kongress

                                            Aufgabenerleichtert die Bewältigung,        IT-Strukturen entsprechend dem Stand
                                            reduziert die Belastungen und fördert       der Technik in allen beruflichen Schu-
                                            das Lernen der Schule als Organisation.     len Ausstattungsstandard werden sol-
                                            Notwendig dazu ist allerdings, dass sich    len. Dabei liegen die Herausforderungen
                                            Lehrkräfte neben ihrer fachlichen Zuord-    nicht nur im Bereich des Finanziellen,
                                            nung zu Unterrichtsfächern auch in ein-     sondern auch in der Verfügbarkeit der
                                            zelnen Querschnittsthemen besonders         benötigten Fachkräfte – gute IT-Admi-
PANKRAZ                                     fortbilden.                                 nistratoren sind schwer zu finden. Ak-
MÄNNLEIN                                    Entwicklungsraum für digitale               tuell wird der IT-Support noch immer
                                            Kompetenzen                                 weitgehend unentgeltlich durch Arbeit
                                            Ausgehend davon lässt sich für die uni-     in der Freizeit von engagierten Lehrkräf-
Zu der Leitfrage, wie den aktuellen Her-    versitäre Lehrerbildung die Anforderung     ten (mit-)getragen. Dies ist durch den
ausforderungen an beruflichen Schulen       formulieren, dass bereits im Bache-         schnellen technischen Fortschritt und
im Hinblick auf die personelle Situation    lorstudium die Idee selbstgesteuerten       den stetig wachsenden Gerätebestand
begegnet werden kann, diskutierten in       Lernens und individueller Entwicklungs-     immer weniger leistbar.
Forum 8 verschiedene Expertinnen und        wege Eingang finden muss und Leh-
Experten aus Schul- und Universitäts-       rerbildung von Beginn an als ein Ent-       Entwicklungszeit für Lehrkräfte
kontexten.                                  wicklungsraum für Kompetenzen in der        Hinsichtlich der zweiten Dimension „Jen-
    Die grundlegende These war dabei,       digitalen (Arbeits-)Welt gestaltet werden   seits des Kabels“ hat die Schulpolitik des
dass konkrete und zugleich agile Lösun-     sollte. Dazu ist der Einsatz moderner       Landes NRW vielfältige anzuerkennende
gen vor allem durch spezifisch quali-       Lehr-Lernformate ebenso wesentlich          Vorleistungen erbracht, z. B. Medien-
fiziertes Personal geleistet werden und     wie – bezogen auf den Lehrerbildungs-       kompetenzrahmen, Handreichungen zur
dazu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern      standort Hannover – die Ausrichtung des     Umsetzung digitaler Schlüsselqualifi-
in der Systemadministration sowie me-       Studiums an der Förderung der reflek-       kationen und Entwicklung eines schu-
dienpädagogische und informations-          tierten Handlungsfähigkeit als Leitbild.    lischen Medienkonzeptes, Aufstockung
technische, schulpsychologische und         Die genannten Querschnittsthemen wer-       des Fortbildungsbudgets, Einsatz von
sozialpädagogische Fachkräfte bis hin       den dazu in der Regel in bestehende Mo-     Medienberatern. Aber die eigentliche
zur Schulsozialarbeit eingesetzt werden     dule integriert, um Vertiefungen im regu-   methodisch-didaktische Entwicklungs-
sollten.                                    lären Studium zu ermöglichen, oder aber     arbeit müssen nach wie vor die Lehr-
                                            über Zusatzqualifikationen angeboten.       kräfte vor Ort leisten. Dafür brauchen sie
Lehrerteams für Querschnittsthemen             Im Anschluss daran betrachtete Horst     Entwicklungszeit!
Aus Perspektive der universitären Leh-      Neuhaus, Leiter des Alfred-Müller-Ar-          Die digitale Transformation ist eine
rerbildung führte Prof. Dr. Julia Gillen,   mack-Berufskollegs in Köln, den Bedarf      herausfordernde Aufgabe. Dabei kann
TU Hannover, in ihrem Beitrag dazu aus,     an multiprofessioneller Expertise aus       das in anderen Zusammenhängen be-
dass auch die Mitarbeit in multiprofes-     Schulleitungssicht. Entsprechend der        währte Konzept multiprofessioneller
sionellen Teams als ein wichtiges Quer-     Thematik des Kongresses richtete er         Teams ein Lösungsansatz sein. Jede
schnittsthema der Lehrerbildung zu          seinen Blick auf zwei Dimensionen: die      berufliche Schule braucht nicht nur ein
sehen ist, ebenso wie der Umgang mit        rein technischen Herausforderungen          Team von speziell qualifizierten Fach-
Heterogenität und Inklusion, Digitalisie-   und den methodisch-didaktischen Ein-        kräften aus den Bereichen der Medi-
rung etc.                                   satz digitaler Technik im Unterricht. In    enpädagogik und Informationstechnik,
   Dabei stellt sich die grundsätzliche     beiden Dimensionen zeichnen sich aus        sondern auch aus der Psychologie,
Frage, inwieweit für diese zunehmen-        seiner Sicht erhebliche Problemlagen        Sonderpädagogik und Sozialpädagogik.
de Reihe an Querschnittsthemen bereits      ab.                                         Leider findet diese Notwendigkeit ins-
in der ersten Phase der Lehrerbildung                                                   besondere in der berufsbildungspoliti-
qualifiziert werden kann und sollte.        IT-Administratoren zur Netzwerkpflege       schen Diskussion noch kaum Beachtung.
Es ist davon auszugehen, dass die Be-       Hinsichtlich der ersten Dimension ver-      Letztlich bleibt zu hoffen, dass den Mul-
wältigung der komplexen Aufgaben in         fügt seine Schule über eine relativ gut     tiprofessionelle Arbeitsgemeinschaften
Schule und Unterricht zukünftig immer       entwickelte Netzwerkstruktur mit ent-       Verantwortlichen in der Bildungspolitik
weniger von einem Kollektiv von „Alles-     sprechend komplexen Hard- und Soft-         bewusst wird, dass der auf die Technik
könner/innen“ geleistet werden kann.        warekomponenten. In der Folge kom-          gerichtete Digitalpakt nur der Anfang für
Die beruflichen Schulen benötigen viel-     munizieren in den Kernunterrichtszeiten     eine gelingende Bildung in und für die di-
mehr (Lehrer-)Teams, die sich gemein-       ca. 2 000 Endgeräte im pädagogischen        gitale Welt sein kann.
sam um die Aufgaben in Schule und           Netz der Schule. Diese Technik will ad-        Referendar Dr. Clemens Frötschl,
Klassenführung kümmern und dabei auf        ministriert und supportet werden. Dieser    Bamberg, ging in seinen Ausführungen
spezifische Qualifikationen und Kompe-      IT-Support stellt für jeden verantwortli-   auf die Überlegungen seines Vorredners
tenzen der Teammitglieder zurückgrei-       chen Schulträger eine gewaltige Zu-         ein: Neben der IT-Ausstattung, die sicher
fen müssen. Die Differenzierung von         kunftsaufgabe dar, insbesondere wenn        eine notwendige Bedingung für das Ge-

12   VLB akzente | Ausgabe 03-04/2020
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