Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021

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Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
Nr. 8 | 27. August 2021

                           BERUFSPOLITIK | INFORMATIONEN | MITTEILUNGEN |   Amtliches Bekanntmachungsorgan der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe

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                           Ambulante Versorgung in Pandemie-
                           zeiten: Welche Antworten geben die
                           großen Parteien?
                           Vor der Bundestagswahl am 26. September: Gesundheitspolitische
                           Partei-Schwerpunkte im übersichtlichen Vergleich > Seite 8
Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
8                                  		 Inhalt

                                              8    Ambulante Versorgung in ­Pandemiezeiten: Welche Antworten
                                                   geben die großen Parteien?
                                                   Vor der Bundestagswahl am 26. September: Gesundheits­
                                                   politische Partei-Schwerpunkte im übersichtlichen Vergleich

                                              26   Impfen gegen COVID-19: Schlaglichter eines Kraftaktes

           26                                 28    #IhreAbwehrkräfte: Kampagne von KBV und KVen bringt
                                                   ­Plakat­motive auch in die Region

                                              30   Apps auf Rezept

                                   30
                                                   Digitale Gesundheitsanwendungen: Wie sie verordnet,
                                                   abgerechnet und vergütet werden

                                              34   Welttag der Patientensicherheit: „Mach Dich stark für
                                                   ­Patienten­sicherheit! Sicher vom ersten Atemzug an“
                                                    Online-Veranstaltung der KVWL am 17. September für
                                                    interessierte Ärzte, ­Psychotherapeuten und Praxisteams

                                              35   KVWL-Hauptausschuss: Niederschwellige Impfangebote
                                                   und die Rückkehr zur Sacharbeit

                                              36   Sicherung der ambulanten Versorgung:
                                                   Förderverzeichnis der KVWL
8/2021

                                                   STANDARDS

                                              6    Kurznachrichten

                                              39Amtliche Bekanntmachungen
                                                39 Ausschreibung von Vertragsarzt- und Psycho­­­thera-
                                              		    peutensitzen in Westfalen-Lippe

  2
         Nr. 8 | 27. August 2021              47   Impressum

         mit praxisrelevanten Informationen
         in der Heftmitte zum Heraustrennen
Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
Das Hochwasser ist weg –
die Not ist geblieben

I
    nzwischen ist es einige Wochen her,        Besonders hart getroffen hat es jedoch die
    dass die Sommer-Unwetter zu Beginn         Kolleginnen und Kollegen unserer Schwester-
    der Ferienzeit auch Teile von Nordrhein-   KV aus Nordrhein. 130 Praxen können auf-

                                                                                                8/2021
    Westfalen sowie Rheinland-Pfalz schwer     grund von Flutschäden gar nicht oder nur
getroffen haben. Das Hochwasser ist weg,       eingeschränkt arbeiten, 15 Praxen hat das
was bleibt, ist die Not der Menschen, die in   Unwetter sogar vollkommen zerstört. Allein
wenigen Tagen alles verloren haben. Was        bei diesen 15 Praxen wird aktuell mit einem
bleibt, sind Trümmer und zerstörte Existen-    Gesamtschaden von 1,5 Millionen Euro ge-
zen. Was bleibt, ist der Ruf nach Hilfe.       rechnet, in den meisten Fällen wird keine Ver-
                                               sicherung dafür gerade stehen.
Auch niedergelassene Ärzte und Psychothe-
rapeuten sowie Apotheker stehen vor dem        Die KV Nordrhein möchte ihren Mitgliedern
Nichts, haben ihre Praxen und Apotheken        unbürokratisch und schnell helfen. Zu diesem
                                                                                                 3
verloren, können immer noch nur unter er-      Zweck wurde bei der apoBank ein Spenden-
schwerten Bedingungen arbeiten oder müs-       konto eingerichtet. Die KVWL hat auf dieses
sen Tag für Tag improvisieren. In Westfalen-   Konto bereits 50.000 Euro aus ihrer Rücklage
Lippe sind glücklicherweise die allermeisten   für Fürsorge- und Unterstützungsleistungen
mit dem Schrecken oder einem vollgelaufe-      überwiesen. Und wir als Körperschafts-
nen Keller davon gekommen.                     Vorstand bauen auch auf die Solidarität der
Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
westfälisch-lippischen Ärzte und Psychothe-      Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz hat
         rapeuten.                                        ebenfalls ein Spendenkonto eingerichtet:

         Wenn Sie ihren in Not geratenen Kolleginnen      Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
         und Kollegen in Nordrhein helfen möchten,        IBAN: DE74 5519 0000 0654 2750 31
         sind auch Ihre Spenden sehr willkommen. Je-      Verwendungszweck: Hochwasser
         der Euro zählt und wird dort ankommen, wo
         er gebraucht wird. Hier können Sie spenden:      Für alle Spendenkonten gilt: Ab einem Spen-
                                                          denbetrag von 300 Euro werden Spenden-
         Spendenkonto Hochwasserkatastrophe               quittungen ausgestellt. Bitte geben Sie dabei
         Empfänger: Kassenärztliche Vereinigung           unbedingt Ihre vollständige Anschrift an. Bei
         Nordrhein                                        niedrigeren Beträgen ist der Kontoauszug der
         IBAN: DE84 3006 0601 0031 4179 16                Bank für den Spendennachweis ausreichend.
         Verwendungszweck: Spendenkonto Fluthilfe
                                                          Wir alle haben in der Corona-Pandemie unter
         Darüber hinaus hat die apoBank-Stiftung          Beweis gestellt, wozu die niedergelassenen
         einen Hilfsfonds für vom Hochwasser beschä-      Ärzte und Psychotherapeuten fähig sind,
         digte Praxen und Apotheken eingerichtet. Die     wenn sie zusammenhalten. Zeigen wir diesen
         Stiftung hat hier 250.000 Euro bereitgestellt.   Zusammenhalt auch jetzt. Helfen wir den Kol-
         Jeder darüber hinaus eingehende Betrag           leginnen und Kollegen, die ihr ganzes Leben
         bis zu einer Summe von maximal weiteren          neu aufbauen müssen. Helfen wir unbürokra-
         250.000 Euro wird verdoppelt. Eine Spende        tisch und direkt.
         für diesen Fonds überweisen Sie bitte an die
                                                          Vielen herzlichen Dank für Ihre Unterstüt-
         apoBank-Stiftung                                 zung!
         IBAN: DE89 3006 0601 0007 0070 00
8/2021

         Verwendungszweck: Flutopfer

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         Thomas Müller,                Dr. med. Dirk Spelmeyer,                Dr. med. Volker Schrage,
         Vorstand                      Vorstandsvorsitzender                   stellv. Vorstandsvorsitzender
Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
r u n g      a h .
          l i s i e       fe n n
 i g i ta         G r e i
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                                n i g en K
                                                       n d en?
                      n m it we                  h stu
              h u nge                   s p rec
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                         digitaler
                                       Datenau
                                                     stausch?

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                                               www.kvwl.de/dipraxis.
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Teilhabegesetz: Assistenzhunde                          Junges Krebsportal

dürfen mit in die Praxis                                Neue App will
                                                        junge Krebs­
In aller Regel genügte bisher die rechtzeitige          patienten
Absprache aller Beteiligten – manchmal gab es           unterstützen
aber doch Streit: Die Rede ist von Menschen, die
aufgrund bestimmter Einschränkungen auf die             Mitte Juli hat die Deutsche
Hilfe eines Assistenzhundes angewiesen sind. Mit        Stiftung für junge Erwachse-
                                                        ne mit Krebs ihr neuestes
Inkrafttreten des Teilhabestärkungsgesetzes zum         digitales Projekt vorgestellt: In
1. Juli steht nun unmissverständlich fest, dass         Zukunft werden die Funktionen
                                                        der individuellen Beratung im
Assistenzhunde, zu denen im Sinne des Gesetzes          JUNGEN KREBSPORTAL per
auch die Blindenführhunde zählen, ihre Besitzer bis     App verfügbar sein.

in die Arztpraxis begleiten dürfen (vgl. § 12e Behin-
dertengleichstellungsgesetz, BGG). Nach Angaben
des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
werden damit entsprechende Regelungen des BGG
erstmals auf den privaten Bereich ausgeweitet. Die
beim Robert Koch-Institut eingerichtete Kommissi-       Das Portal ermöglicht seit 2015
on für Krankenhaushygiene und Infektionspräventi-       jungen Patienten, die an Krebs
                                                        erkrankt sind, waren oder an
on hat in ihren Präzisierungen zur Krankenhaushy-       einem Rezidiv leiden, einen
giene klargestellt, dass eine Übertragung von           schnellen Kontakt zu Experten
                                                        in ganz Deutschland, um
Krankheitserregern vom Hund auf den Menschen            notwendige Informationen und
zwar theoretisch möglich, bei haushaltsüblicher         Beratung zu erhalten. Mithilfe
                                                        des onlinebasierten Angebots
Hygiene aber sehr unwahrscheinlich sei. Bereiche,       können junge Krebspatienten
die Menschen in Straßenkleidung offenstehen, wie        individuelle Fragestellungen an
                                                        das hochqualifizierte Berater-
Arztpraxen, Therapieräume, offene Pflege- und           team des JUNGEN KREBSPOR-
                                                        TALS richten und erhalten in
Krankenstationen, Ambulanzen und Cafeteria,
                                                        Online-Chats, Telefonaten oder
                               können daher auch        persönlichen Gesprächen vor
                                                        Ort Antworten.
                               Menschen mit Assis-
                               tenzhunden grund-        Die App steht in den bekannten
                                                        App-Stores in der Version für
                               sätzlich betreten.       Android-Endgeräte und in der
                                                        iOS-Version zum kostenlosen
                                                        Download bereit.

                                                        Weitere Infos:
                                                        www.junges-krebsportal.de
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Train-the-Trainer-Seminare zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung

                                                           Das an der Ruhr-Uni Bochum ansässige Kompetenzzentrum
                                                           Weiterbildung Allgemeinmedizin Westfalen-Lippe (KWWL)
                                                           bietet regelmäßig Angebote für Ärztinnen und Ärzte in
                                                           Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin und deren
                                                           Weiterbildungsbefugte in Klinik und Praxis. Nun gibt es neue
                                                           Termine für anderthalbtägige Train-the-Trainer-Seminare, mit
                                                           denen das KWWL weiterbildende Praxen unterstützen und
                                                           bekannter machen möchte. Die Seminare werden jeweils in
                                                           Präsenzform angeboten und durch E-Learning und weiterfüh-
                                                           rende Materialien auf der ILIAS-Plattform der Akademie für
                                                           medizinische Fortbildung ergänzt. Auf dem Programm stehen
                                                           unter anderem folgende Themen: Rechtliche Rahmenbedin-
                                                           gungen, organisatorische und formale Fragen rund um die
                                                           Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin und
                                                           intensives Feedbacktraining im vertraulichen Rahmen, mit
Termine Basistraining Weiterbildung                        Möglichkeit zur Klärung aktueller Fragen rund um die
                                                           Weiterbildung.
1. und 2. Oktober 2021       Ostwestfalen-Lippe
18. und 19. März 2022        Bochum
24. und 25. Juni 2022        Münster
30. Sept. und 1. Okt. 2022   Ostwestfalen-Lippe            Weitere Informationen & Anmeldung unter www.kw-wl.de

Impfkampagne im ambulanten Bereich:
Medizinische Fakultät der Uni Bielefeld startet Online-Befragung

                                 Die Medizinische          Online-Umfrage läuft bis zum 30. September 2021. Bei Fragen
                                 Fakultät OWL der          oder für weitere Informationen zur Befragung können sich

                                                                                                                          8/2021
                                 Universität Bielefeld     die Teilnehmer an Rebecca Lätzsch (M.Sc. PH) oder Ivonne
                                 führt aktuell eine        Wattenberg (M.Sc. PH) unter der E-Mail-Adresse
Online-Befragung zum Thema „Corona-Impf­kampagne           forschungspraxen.medizin@uni-bielefeld.de wenden.
im ambulanten Bereich“ durch. Ziel ist es, ein möglichst
differenziertes Meinungsbild von ambulant tätigen          Sie möchten an der Befragung teilnehmen?
Ärztinnen und Ärzten sowie Medizinischen Fachange-         Dann folgen Sie bitte dem QR-Code:
stellten über die Gründe für oder gegen eine Teilnahme
an der Kampagne, zu deren Ablauf sowie zu den
besonderen Herausforderungen und Motiven zu
erlangen. Mit der Teilnahme an der Befragung haben
                                                                                                                           7
alle interessierten Niedergelassenen und ihre Praxis­
teams die Möglichkeit, ihre Meinung zum Thema anonym
zu äußern. Die Befragung dauert nach Auskunft der
Medizinischen Fakultät maximal zehn Minuten. Die
Ergebnisse werden der (Fach-) Öffentlichkeit und der
Forschung in Form von Veröffentlichungen in Fachzeit-
schriften, Vorträgen usw. zur Verfügung gestellt. Die
Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
Ambulante Versorgung
in ­Pandemiezeiten:
Welche Antworten
geben die
großen Parteien?

Vor der Bundestagswahl am 26. September:
Gesundheitspolitische Partei-Schwerpunkte
im übersichtlichen Vergleich
Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
Die erste Bundestagswahl in Zeiten von Corona: Wie positionieren sich
 die sechs aktuell im Bundestag vertretenen Parteien in gesundheits­
 politischen Fragen? Wo sind Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede in der
 thematischen ­G ewichtung? Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
 hat bei den gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprechern der
­e inzelnen Parteien nach­g efragt.

                                                                          8/2021

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Ambulante Versorgung in Pandemie-zeiten: Welche Antworten geben die großen Parteien? - Nr. 8 / 2021
1
         Eine Reform zur sektorenübergreifenden Notfallversorgung steht immer noch
         aus. Sieht Ihre Partei Wege, wie die Notfallversorgung künftig besser gesteuert
         werden kann?

         CDU und CSU werden sich dafür           Eine wohnortnahe Basis- und           Das Kernstück einer Reform der
         einsetzen, dass alle Bürgerinnen        Notfallversorgung darf nicht in       Notfallversorgung ist in unseren
         und Bürger einen wohnortnahen,          Frage gestellt werden. Alle müssen    Augen die Vernetzung ambulanter
         möglichst barrierefreien sowie          Zugang zu der hochqualitativen        und stationärer Versorgungsmög-
         auch einen digitalen Zugang zu          Versorgung haben, die sie benöti-     lichkeiten. Dabei wollen wir GRÜNE
         einer qualitativ hochwertigen Ge-       gen. Dafür ist auch mehr regionale    Notrufleitstellen zu Gesundheitsleit-
         sundheitsversorgung haben. Das          Planung und Mitbestimmung der         stellen verbinden, die rund um die
         gilt besonders auch für die Not-        Patient*innen und der Beschäftig-     Uhr eine verlässliche Lotsenfunkti-
         fallversorgung. Aus diesem Grund        ten im Gesundheitswesen notwen-       on übernehmen. An zentralen Kli-
         setzen wir auch künftig auf eine        dig. Wir wollen wohnortnahe inte-     nikstandorten soll in Notfallzentren,
         stärkere vernetzte Zusammenarbeit       grierte und sektorenübergreifende     unter anderem durch gemeinsame
         der einzelnen Akteure und werden        Basis- und Notfallversorgungszen-     Tresen, eine nahtlose Verzahnung
         verstärkt das Potential der Digitali-   tren einrichten, um jedem eine        der bislang getrennten ambulanten
         sierung nutzen. Die Strukturreform      schnelle und hochqualitative Not-     und stationären Versorgungsmög-
         der Notfallversorgung wollen wir        fallversorgung zu gewährleisten. In   lichkeiten der Notfallversorgung
         konsequent weiter umsetzen. Das         der neuen Struktur werden nahtlos     erfolgen. Gerade nachts und an
         gilt beispielsweise für die Etablie-    eine reguläre Weiterversorgung und    Wochenenden sollen kompetente
         rung von Portalpraxen und die ver-      die Nachsorge organisiert. Die Be-    Hausärzt*innen in diesen Notfall-
         besserte Patientensteuerung in der      handlung soll in den Versorgungs-     zentren so unterstützen, dass ent-
         ambulanten Notfallversorgung über       zentren patient*innenorientiert       sprechende Fälle auch gut ambu-
         ein standardisiertes und bundesweit     geplant und durch multiprofessio-     lant versorgt werden können.
8/2021

         einheitliches Ersteinschätzungs-        nelle Teams umgesetzt werden.
         verfahren im Krankenhaus. Bereits
         etablierte und gut funktionierende
         Strukturen in der Notfallversorgung
         sollten aus unserer Sicht in weitere
         Reformprozesse integriert werden.

10
Die notfall- und akutmedizinische      Wir wollen die künstliche Sektoren-    Schon im Wahlprogramm für die
Versorgung ist in Deutschland sehr     barriere zwischen dem ambulanten       Bundestagswahl 2017 hatten wir
zersplittert. Die sektorale Trennung   und dem stationären Versorgungs-       uns dafür eingesetzt, die Ambulan-
macht hier besonders wenig Sinn.       bereich konsequent abbauen und         zen der Krankenhäuser durch die
DIE LINKE fordert seit Langem, die     die Verzahnung und Vernetzung al-      Einrichtung von Portal-Praxen zu
Versorgung hier zusammenzufüh-         ler Versorgungsbereiche weiterent-     entlasten. Dass nun ambulant und
ren und durch den „gemeinsamen         wickeln. Den Rettungsdienst wollen     in der Klinik tätige Ärzte zusam-
Tresen“ und intelligente Behand-       wir modernisieren und insbesonde-      men ebenfalls einen gemeinsamen
lungspfade die Patient*innen           re die Notfallversorgungsstrukturen    Ansatz befürworten, begrüßen wir.
schnell der individuell richtigen      bedarfsgerechter und vernetzter        Dafür wollen wir nun die richtigen
Behandlung zuzuführen. Nicht nur       gestalten. Die Fraktion der Freien     Rahmenbedingungen schaffen. Zum
die niedergelassenen Ärzt*innen        Demokraten im Deutschen Bundes-        Beispiel wollen wir die sektoren-
und MVZ sowie die Kliniken, son-       tag hat zu diesem Themenkomplex        übergreifende Versorgung mit ei-
dern auch die Rettungsdienste und      einen eigenen Antrag mit dem Titel     nem gemeinsamen Gebührensystem
Rettungsleitstellen gehören hier       „Notfallversorgung neu denken –        für ambulante Leistungen stärken
ins Boot. Die Kriterien von KBV und    Jede Minute zählt“ (BT-Dr. 19/16037)   und das DRG-System abschaffen
Marburger Bund beispielsweise bie-     in den Bundestag eingebracht. Ziel     und stattdessen für Krankenhäu-
ten dafür gute Ansatzpunkte.           war es, dass Integrierte Notfallzen-   ser ähnliche Vergütungssysteme
                                       tren (INZ) als zentrale, jederzeit     einführen wie im ambulanten ärztli-
                                       zugängliche Einrichtungen der          chen Bereich.
                                       medizinischen Notfallversorgung

                                                                                                                    8/2021
                                       geschaffen werden. Die INZ werden
                                       dabei von den Krankenhäusern und
                                       den Kassenärztlichen Vereinigun-
                                       gen errichtet und unter Leitungs-
                                       verantwortung hinreichend fachlich
                                       qualifizierter ärztlicher Kräfte der
                                       Kassenärztlichen Vereinigungen be-
                                       trieben und dabei strukturell derart
                                       an ein Krankenhaus angebunden,
                                       dass sie als erste Anlaufstelle von
                                                                                                                     11
                                       Hilfesuchenden im Notfall wahrge-
                                       nommen werden.
2
         In der ambulanten Versorgungslandschaft ist zu beobachten, dass Investoren-
         gruppen kleinere Kliniken aufkaufen und über diese Kliniken ein MVZ gründen.
         Wie steht Ihre Partei zu dieser Entwicklung und der damit zusammenhängenden
         Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung?

         CDU und CSU stellen im ambulanten     Wir unterstützen eine sektorenüber-    Aus unserer Sicht sind medizinische
         Bereich den Entscheidungsträgern      greifende Versorgung und möchten       Versorgungszentren prinzipiell kei-
         der Selbstverwaltung bereits heute,   Basis- und Notfallversorgungszen-      ne Bedrohung für die freiberuflich
         etwa im Hinblick auf die Förde-       tren einrichten. Dabei geht es um      tätige Ärzt*in. Es muss in jedem
         rung von neuen Niederlassungen,       eine bedarfsgerechte und patien-       Fall sichergestellt sein, dass bei der
         Instrumente zur Verfügung. An         tenzentrierte Versorgung an Stelle     Behandlung der Patient*innen nicht
         den bestehenden Maßnahmen zur         von Rendite-Orientierung. Um dem       wirtschaftliche Interessen domi-
         ärztlichen Nachwuchsgewinnung         bekannten Trend zur Organisation       nieren, sondern die freiberufliche
         wollen wir festhalten. Die Bedarfs-   von gewinnorientierten MVZ ent-        ärztliche Berufsausübung im Diens-
         planung führt dazu, dass dort, wo     gegenzusteuern, werden wir die         te der Patient*innen gesichert ist.
         bereits eine ausreichende Anzahl      Fehlanreize zur Gewinnorientierung,    Dies gilt unabhängig davon, ob die
         an niedergelassenen Ärztinnen und     zur unangemessenen Mengen-             Behandlung in einem Versorgungs-
         Ärzten verfügbar ist, eine Über-      ausweitung und zu Outsourcing          zentrum oder der Praxis einer nie-
         versorgung vermieden wird. Den        beenden und neue Anreize zur Ver-      dergelassenen Ärzt*in stattfindet.
         Entscheidungsträgern vor Ort, ge-     besserung der Versorgungsqualität      Medizinische Versorgungszentren
         meinsam mit den Kassenärztlichen      einführen. Gewinne, die aus Mitteln    bzw. darauf basierende Gesund-
         Vereinigungen, stehen entspre-        der Solidargemeinschaft erwirt-        heitszentren sind ein wirksames
         chende Spielräume zur Verfügung.      schaftet werden, müssen verpflich-     Instrument, um die ambulante Ver-
         Grundsätzlich stehen wir MVZ-Grün-    tend und weitestgehend wieder in       sorgung insbesondere in ländlichen
         dungen positiv gegenüber. Dies gilt   die Versorgung zurückfließen.          Räumen zu verbessern.
         insbesondere für die Bereiche, wo
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         eine Unterversorgung festgestellt     Im Mittelpunkt der Versorgungsqua-
         wurde oder eine Unterversorgung       lität, die eindeutig definiert wird,
         droht. In der nächsten Wahlperiode    steht für uns das Wohlergehen der
         werden wir weitere Regelungen         Patient*innen. Die Vergütung muss
         diskutieren und umsetzen, um den      an Qualitätsmindestvorgaben, an
         Einfluss von Großinvestoren gegen-    die Ergebnisse der Qualitätssiche-
         über Ärztinnen und Ärzten einzu-      rung sowie an eine wissenschaftlich
         schränken. Hierbei sind wir bereits   evaluierte Personalbemessung ge-
         jetzt im ständigen Austausch mit      knüpft werden.
         den Vertreterinnen und Vertretern
12
         der Ärzteschaft.
DIE LINKE beobachtet die Ge-            Generell setzen wir Freie Demokra-      Ein Mehr an MVZ allein löst die
schäftspraktiken von privaten Groß-     ten uns für eine qualitativ hochwer-    aktuellen Probleme nicht – zumal,
investoren seit Jahren intensiv. So-    tige und wohnortnahe medizinische       wenn diese MVZ von fachfremden
wohl im human- und zahnärztlichen       Versorgung ein. Diese wird von den      Finanzinvestoren betrieben werden.
Bereich, als auch in der stationären    freiberuflich tätigen Ärztinnen und     Das sehen wir sehr kritisch und
Pflege versuchen Private Equity-        Ärzten sowie Zahnärztinnen und          erste Analysen des Abrechnungs-
Unternehmen Gewinne zu erzielen         Zahnärzten deshalb besonders pa-        verhaltens scheinen uns darin zu
und gesetzliche Schutzregelungen        tientenorientiert erbracht, weil sie    bestätigen. Ärztliche Entscheidun-
zu umgehen.                             die Therapieentscheidungen allein       gen müssen von wirtschaftlichen
                                        auf medizinischer Grundlage tref-       Interessen des Trägers unabhängig
Wir fordern als ersten Schritt ein      fen. An diesem Prinzip wollen wir       bleiben – das steht für uns nicht zur
Transparenzregister, das die Inha-      auch in Zukunft festhalten. Medizi-     Disposition.
berstrukturen bei Medizinischen         nische Versorgungszentren (MVZ)
Versorgungszentren (MVZ) offen-         können zur Verbesserung der
legt. Denn oftmals ist selbst für die   Versorgung beitragen. Es bedarf
Überwachungsbehörden nicht zu           jedoch klarer Regeln, die sicherstel-
durchschauen, wer hinter einem          len, dass die dort tätigen Ärztinnen
bestimmten Investor steckt. Wir         und Ärzte in medizinischen Fragen
fordern die weitere Begrenzung von      weisungsfrei handeln dürfen. Auch
möglichen MVZ-Betreibern. So wol-       müssen die Wettbewerbsbedingun-
len wir etwa die Möglichkeiten für      gen zwischen niedergelassenen

                                                                                                                        8/2021
Krankenhausbetreiber, MVZ zu be-        Ärzten und MVZ fair gestaltet sein.
treiben, sowohl räumlich, als auch
fachlich begrenzen.

Im Übrigen wollen wir ohnehin pri-
vate Kliniken zurück in öffentliche
Hand übertragen bzw. weitere Pri-
vatisierungen verhindern. So wird
auch das Einfallstor Klinikkauf für
die MVZ-Gründung geschlossen.
                                                                                                                         13
3
         Die KBV veröffentlicht seit 2016 einen Bürokratieindex für die vertragsärztliche
         Versorgung. 2020 ist der Bürokratieaufwand erneut gestiegen; zusätzlich
         ­b elastet die Coronavirus-Pandemie mit komplexen Regelungen. Welche Pläne
          hat Ihre Partei, um den Bürokratieaufwand in den Praxen zu reduzieren?

         Im Gesundheitswesen haben CDU           Der bürokratische Aufwand im Ge-    Aus unserer Sicht sollten die Mög-
         und CSU im Bereich der Digitalisie-     sundheitswesen muss grundsätzlich   lichkeiten der Digitalisierung viel
         rung großen Fortschritt erzielt. Das    überprüft und die Dokumentations-   entschiedener und zielgerichteter
         kommt auch den Arztpraxen vor Ort       prozesse müssen angepasst wer-      genutzt werden, um unnötige Bü-
         im Hinblick auf den Bürokratieab-       den. Die Digitalisierung und neue   rokratie abzubauen und bürokratie­
         bau zugute. So können etwa der ein-     KI-Anwendungen öffnen hier große    ärmere Verfahren zu etablieren. Wir
         geleitete Prozess der elektronischen    Potenziale zur Entlastung.          GRÜNE hoffen hier beispielsweise,
         Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung                                            dass insbesondere die elektronische
         oder auch die elektronische Patien-                                         Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
         tenakte erheblich dazu beitragen,                                           schrittweise zu verringerten Auf-
         Prozesse zu vereinfachen, Doppel-                                           wänden führt. Wir befürworten
         untersuchungen zu vermeiden und                                             darüber hinaus, dass das Ziel der
         insbesondere händische Eintragun-                                           Bürokratieentlastung auch bei
         gen überflüssig werden zu lassen.                                           Entscheidungen des Gemeinsamen
         Auch zukünftig werden wir Bürokra-                                          Bundesausschusses eine größere
         tie reduzieren, damit Ärztinnen und                                         Rolle spielt und die Praxistauglich-
         Ärzte sowie Pflegepersonal mehr                                             keit von Formularen und Vorgaben
         Zeit für Patientinnen und Patienten                                         beständig evaluiert wird.
         haben und Gesundheits- und Pfle-
         geberufe attraktiver werden. Von
         bestimmten Dokumentations- oder
8/2021

         Beantragungsaufgaben werden wir
         hingegen keinen Abstand nehmen
         können. Das bezieht sich auf die
         Fälle, die für die Qualitätssicherung
         oder aber für die Absicherung im
         Arzt-Patienten-Verhältnis notwen-
         dig sind. Auch an Aufklärungs- und
         Informationspflichten wollen wir
         grundsätzlich festhalten.

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Einen erheblichen Teil des Bürokra-   Wir Freie Demokraten setzen uns          Die AfD will auf breiter Front dere-
tieaufwands erfordert die Abrech-     entschieden dafür ein, die Bürokra-      gulieren und Bürokratie abbauen.
nung. DIE LINKE setzt sich für ein    tie im Gesundheitswesen abzubau-         Mit Sorge beobachten wir zu viele
einfacheres Honorierungssystem        en. Schon jetzt ist die Bürokratie       und ineffiziente Regulierungen. Bü-
ein, das transparent ist und früh-    in den Praxen enorm. Von ihrer           rokratieabbau darf sich dabei nicht
zeitig den konkreten Honoraran-       Arbeitszeit müssen Ärztinnen und         nur auf eine bessere Ausgestaltung
spruch der Vertragsärztinnen und      Ärzte einen viel zu großen Anteil        der Regeln beschränken, sondern
­Vertragsärzte deutlich macht.        für Verwaltung und Bürokratie auf-       beinhaltet auch eine Überprüfung
 DIE LINKE unterstützt darüber        wenden. Diese wertvolle Zeit muss        der Notwendigkeit bestehender
 hinaus alle Maßnahmen, die den       den Ärzten und Praxisangestellten        Regeln. Genau dafür brauchen wir
 Bürokratieaufwand in den ­Praxen     wieder für die Behandlung von Pati-      aber die Expertise der direkt Betrof-
 reduzieren, ohne das Niveau der      enten zur Verfügung stehen. Bereits      fenen. Von dort müssen ganz kon-
 Qualitätssicherung oder der Be-      im Antrag „Ambulante ärztliche          krete Punkte identifiziert und an die
 handlungsdokumentation abzu­         Versorgung verbessern, Bürokratie       Politik herangetragen werden. Das
 senken.                              abbauen, Budgetierung aufheben“          sichert vernünftige Ergebnisse.
                                      (BT-Drs. 19/4833) hat sich die Frakti-
                                      on der Freien Demokraten im Deut-
                                      schen Bundestag für einen Bürokra-
                                      tieabbau eingesetzt.

                                                                                                                       8/2021

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         Sind die bereits bestehenden gesetzlichen Vorgaben bei den Themen Daten-
         schutz und Datensicherheit im Gesundheitswesen ausreichend oder gibt es
         hier – zum Beispiel im Bereich elektronische Patientenakte – noch gesetzlichen
         Regelungsbedarf?

         Die Patientinnen und Patienten der     Wir wollen eine sektorenübergrei-      Die gesetzlichen Vorgaben zum
         Zukunft werden – unter Wahrung         fende und patient*innenorientierte     Datenschutz und zur Datensicher-
         des Schutzes ihrer Daten – ihre ge-    Versorgung mit mobilen und multi­      heit sind ausreichend. Weiterent-
         samte Krankengeschichte an einem       professionalen Teams. Das setzt        wicklungsbedarf sehen wir noch mit
         Ort speichern und Ärzte und andere     voraus, dass der Datenaustausch        Blick auf die digitale Souveränität
         Leistungserbringer darauf zugreifen    und die Datensicherheit deutlich       der Versicherten. Es muss ihnen
         lassen können. Gleichzeitig wird die   verbessert werden müssen. Wir          ermöglicht werden, detailliert
         Digitalisierung Ärztinnen und Ärz-     brauchen genaue Vorgaben, deut-        selbst zu entscheiden, wem sie wel-
         ten und vielen weiteren Akteuren im    lich mehr Investitionen bei den Pro-   che Daten zur Verfügung stellen.
         Gesundheitsbereich unter anderem       dukten und mehr Mitspracherechte       Hierfür bedarf es nicht nur einer
         durch eine bessere Vernetzung          der Dateninhaber*innen.                technischen Umsetzung, sondern
         dabei helfen, Arbeitsprozesse zu                                              auch der entsprechenden Beratung.
         vereinfachen und Bürokratie abzu-      Den Patient*innen müssen perspek-      Bisher ist eine politische Strategie
         bauen. Jegliche Datenspeicherung       tivisch feingranulare Dokumentma-      für die Digitalisierung im Gesund-
         muss aus unserer Sicht den stren-      nagementsysteme zur Verfügung          heitswesen nicht erkennbar. Es fehlt
         gen Anforderungen des Datenschut-      stehen. Sie müssen aktiv beeinflus-    eine klare Richtung, bei der insbe-
         zes unterliegen. Oberste Prämisse      sen können, was und wo gespei-         sondere die Interessen und Belange
         ist bei allen Initiativen, dass die    chert wird und wer welche Daten-       der Patient*innen und ihre Versor-
         gespeicherten Daten Eigentum der       sätze sehen darf. Die Grundlage für    gung im Mittelpunkt stehen. Wir
         Patientinnen und Patienten sind.       den Erfolg dieser Entwicklung ist      GRÜNE wollen eine solche Strategie
         Nur diese dürfen entscheiden, wer      die Cybersicherheit.                   zusammen mit den Nutzer*innen im
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         wann Zugriff auf ihre Daten hat.                                              Gesundheitswesen entwickeln.
         Diese hohen Sicherheitsstandards
         bedürfen einer sicheren und flexib-
         len Telematikinfrastruktur. Um die
         Anwender der Telematikinfrastruk-
         tur noch besser zu unterstützen,
         haben CDU und CSU in dieser Wahl-
         periode die Gesellschaft für Tele-
         matik beauftragt, einen sicheren
         Zugang zur Telematikinfrastruktur
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         zu entwickeln.
Insgesamt wurde in der vergange-         Wir Freie Demokraten wollen die           Elektronischer Datenaustausch
nen Wahlperiode die 15 Jahre wäh-        Digitalisierung im Gesundheitswe-         kann auch bei Ärzten helfen, Büro-
rende Lähmung durch unkritischen         sen durch klare und transparente          kratie abzubauen und Prozesse zu
Aktionismus ersetzt. So wurden           Rahmenbedingungen voranbringen.           vereinfachen. Letztlich wird es für
voreilig unfertige Anwendungen           Dazu benötigen wir offene Stan-          die Daten keinen hundertprozen-
online gebracht, Datenschutzpan-         dards, Interoperabilität und Datensi-    tigen Schutz geben, so wie auch
nen provoziert und nicht zuletzt         cherheit. Die Vernetzung zwischen         nie eine Papierakte zu einhundert
Industrieinteressen bedient. DIE         allen Gesundheitsakteuren sowie           Prozent zu schützen war. Das Risiko
LINKE kritisiert scharf, dass mit der    Patientinnen und Patienten muss           mindern würde aber eine dezentrale
Einführung der elektronischen Pa-        digital ausgestaltet sein. Nur so ist     Speicherung von Daten, wo immer
tientenakte (ePA) das Versprechen        eine schnelle Verfügbarkeit der Pati-    es möglich ist. Dafür hat sich die
für mehr Datensouveränität für die       entinnen- und Patientendaten sicher-      AfD schon immer eingesetzt.
Patientinnen und Patienten nicht         zustellen. Die Digitalisierung ist kein
eingehalten wurde, da die grobe          Wert an sich, sondern sie hat das
Steuerung in Bezug auf Schreib-          Potential, die Gesundheitsversorgung
und Leserechte Dritter keinen            und den Arbeitsalltag von allen Ge-
selbstbestimmten Umgang ermög-           sundheitsakteuren zu erleichtern.
licht. Obwohl die Telematikinfra-
struktur (TI) selbst recht sicher ist,   Wir haben deshalb die (leider viel zu
sind Datenpannen passiert. Denn          spät in die Wege geleitete) Einfüh-
zu wenig wurde auf die technische        rung der elektronischen Patienten-

                                                                                                                         8/2021
und menschliche Umgebung der TI          akte (ePA) begrüßt. Die Fraktion der
geachtet und zu überstürzt wurde         Freien Demokraten im Deutschen
die TI mit ihren Anwendungen ein-        Bundestag hat hier das Opt-out-
geführt. Unsichere Digitale Gesund-      Modell gefordert. Die Nutzung bliebe
heitsanwendungen (DiGA) kamen in         natürlich freiwillig. Der Versicherte
die Versorgung, aber auch die Aus-       müsste aber nicht aktiv werden, um
gabe der Gesundheitskarte selbst         seinen Zugang zu erhalten.
entsprach und entspricht nicht den
datenschutzrechtlichen Vorgaben.         In einem Entschließungsantrag zum
                                         Patientendaten-Schutz-Gesetz (BT-
                                                                                                                          17
                                         Drs. 19/20758) hat die Fraktion der
                                         Freien Demokraten im Deutschen
                                         Bundestag die Bundesregierung
                                         aufgefordert, einen Gesetzesentwurf
                                         vorzulegen, der sicherstellt, dass Ge-
                                         sundheitsdaten zu keinem Zeitpunkt
                                         Rückschlüsse auf einzelne Personen
                                         ermöglichen. Die Datenhoheit gehört
                                         in die Hand der Patienten.
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         Sind Instrumente wie die Bedarfsplanung oder Budgetierung in der vertrags-
         ärztlichen Versorgung bei der Bekämpfung des Ärztemangels noch zeitgemäß
         und wenn nein, welche Reformen schlagen Sie in diesen Bereichen vor?

         Die Bedarfsplanung und Budgetie-       Die bestehenden Instrumente müs-       Die Ursachen insbesondere für die
         rung haben sich im Hinblick auf die    sen angepasst werden. Wir sind für     regionale Ungleichverteilung von
         Sicherstellung einer flächendecken-    eine sektorenübergreifende Versor-     Ärzt*innen sind vielfältig. Die Wei-
         den Versorgung als Instrumente         gung (inkl. bedarfsorientierter und    terentwicklung der Bedarfsplanung
         bewährt. Eine gänzliche Aufhebung      integrativer Planung, einheitlichem    ist hierbei ebenso ein Instrument
         würde falsche Anreize setzen. CDU      Vergütungssystem und gemein-           wie Differenzierungen bei der Ver-
         und CSU setzen sich dafür ein, dass    samer Qualitätssicherung) mit          gütung, um stärkere Anreize für die
         diese Instrumente so flexibel wie      integrierten, mobilen Teams, deren     Tätigkeit in ländlichen Regionen
         möglich eingesetzt werden können,      Mitglieder sowohl freiberufliche als   zu schaffen. Zugleich bedarf es
         um gezielt auf die Bedürfnisse vor     auch angestellte Ärzt*innen sein       aber auch attraktiverer Arbeitsbe-
         Ort einzugehen. So sind Ausnahmen      können. Eine Planung der Versor-       dingungen und struktureller Re-
         von der Bedarfsplanung möglich,        gung erachten wir als notwendig.       formen. Denn die Antwort auf die
         etwa in unterversorgten oder davon                                            Versorgungsprobleme ländlicher
         bedrohten Bereichen. In bestimm-                                              Regionen, auch durch den zuneh-
         ten ländlichen oder strukturschwa-                                            menden Anteil chronisch kranker,
         chen Gebieten können Zulassungs-                                              multimorbider und älterer Versi-
         sperren für die Neuniederlassung                                              cherter, ist nicht ausschließlich der
         von Ärztinnen und Ärzten sogar                                                einzelne Arzt, die einzelne Ärztin,
         gänzlich entfallen.                                                           sondern sind Versorgungsformen,
                                                                                       die die Zusammenarbeit unter-
         Wir wollen die Bedarfsplanung                                                 schiedlicher ärztlicher Professionen
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         weiterentwickeln und effektiv um-                                             sowie weiterer Gesundheitsberufe
         setzen. Im Hinblick auf die Budge-                                            erleichtern. Das ist im Interesse
         tierung verweisen wir darauf, dass                                            der Patient*innen, weil es die Wege
         bereits zahlreiche Leistungen extra-                                          verkürzt und die Versorgung unter
         budgetär vergütet werden. So kön-                                             einem Dach ermöglicht.
         nen Hausärzte beispielsweise ihre
         Leistungen extrabudgetär vergütet
         bekommen, wenn sie Patienten
         durch Vermittlung der Terminser-
         vicestellen (TSS) annehmen.
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Wir wollen, dass allen Menschen          Wir Freie Demokraten setzen uns          Die niedergelassenen Ärzte in
in Deutschland unabhängig vom            dafür ein, dass die ärztliche Be-        Deutschland müssen das Recht
Wohnort eine gute Gesundheitsver-        handlung leistungsgerecht vergü-         haben, ihren Beruf uneingeschränkt
sorgung zur Verfügung steht. Die         tet wird. Das ist seit Einführung        auszuüben. Die Budgetierung
heutige Bedarfsplanung erfüllt die-      der Budgetierung nicht der Fall.         grenzt die vertraglich zugesicherte
se Anforderung nur unzureichend.         Denn durch diese Deckelung wird          freie Berufsausübung unzulässig
Wir fordern dafür eine grundlegen-       die geleistete Arbeit nicht mehr         und zu Lasten der Patienten ein.
de Reform der Bedarfsplanung, der        vollständig bezahlt. Wir sind der        Deshalb muss eine ausschließlich
den tatsächlichen Versorgungsbe-         Auffassung, dass kein Arzt bestraft      ökonomisch begründete Einschrän-
darf in den Blick nimmt und etwa         werden darf, der sich intensiv um        kung der Therapiefreiheit außer
die Sozialstruktur in der Region         seine Patientinnen und Patienten         Kraft gesetzt werden. Allgemeine
mehr berücksichtigt. Die Budge-          kümmert. Am Ende sind es die Pati-       Standards und starre Budgetvorga-
tierung sehen wir grundsätzlich          entinnen und Patienten, die von der      ben dürfen nicht über die individu-
kritisch. Es darf keine medizinisch      Therapiefreiheit der Behandlung          elle Art und Weise einer medizini-
angezeigte Behandlung unterblei-         ohne Budgetierungszwang profitie-        schen Behandlung entscheiden.
ben, weil die Ärztin oder der Arzt       ren. Im Antrag „Ambulante ärztliche
Angst vor Regressen haben muss.          Versorgung verbessern, Bürokratie
                                         abbauen, Budgetierung aufheben“
Daher fordern wir die Ersetzung der      (BT-Drs. 19/4833) hat sich die Frakti-
Budgetierung durch qualitätsorien-       on der Freien Demokraten im Deut-
tierte Kriterien. Ein gutes Beispiel     schen Bundestag für diese Ziele

                                                                                                                        8/2021
bietet hier die Arzneimittelinitiative   eingesetzt.
Sachsen/Thüringen (ARMIN), die
ein Konzept von KBV und ABDA             Für die Niederlassungsfreiheit als
umsetzt. Hier wird zum Beispiel          Regelfall und mehr regionale Ver-
erprobt, ob durch Wirkstoffverord-       antwortung hat sich die Fraktion der
nungen und Berücksichtigung eines        Freien Demokraten im Deutschen
Medikationskatalogs eine Prüfung         Bundestag ebenfalls mit e­ inem
der Wirtschaftlichkeit entfallen         Antrag (BT-Drs. 19/6417) ausge­
kann.                                    sprochen.

                                                                                                                         19
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         Bei der Bewältigung der Coronavirus-Pandemie spielen die niedergelassene
         ­Ä rzteschaft wie auch die Psychotherapeuten eine herausragende Rolle. Wie
          kann die Politik helfen, damit der Beruf des niedergelassenen Arztes bzw. der
          niedergelassenen Ärztin mehr Wertschätzung erfährt?

         Die Ärztinnen und Ärzte, Psycho-      Die Ärzt*innen und Psychothera-       Die Mehrzahl der Patient*innen mit
         therapeutinnen und Psychothera-       peut*innen gehören zu den am          COVID-19 wurde während der Pan-
         peuten sowie die weiteren Mitar-      meisten wertgeschätzten Berufs-       demie in ambulanten Einrichtungen
         beiterinnen und Mitarbeiter in den    gruppen in unserem Land. Ihre Aus-    behandelt. Diese haben sich als eine
         Arzt- und Psychotherapiepraxen        bildungs- und Arbeitsbedingungen      Art ambulanter Schutzwall für die
         leisten zur Bewältigung der Corona-   können jedoch noch verbessert         Krankenhäuser erwiesen. Aus unse-
         virus-Pandemie Außerordentliches.     werden. Als wichtige Maßnahmen        rer Sicht ist es wichtig, dies in der
         Das gilt insbesondere auch für die    sehen wir die Stärkung der Gesund-    Öffentlichkeit stärker zu artikulie-
         Unterstützung bei der Impfkampa-      heitsförderung und Gesundheits-       ren, um so, neben der Leistung der
         gne und bei der Versorgung von        erhaltung, die bei diesen Gruppen     Pflegekräfte, auch den Stellenwert
         Patientinnen und Patienten, die als   öfter zu kurz kommen sowie die        der in der ambulanten Versorgung
         Folge der Coronavirus-Pandemie        Förderung der Work-Life-Balance.      tätigen Gesundheitsberufe heraus-
         mit weiteren gesundheitlichen Aus-    Zudem setzen wir uns für eine ein-    zustellen. Wertschätzung für die
         wirkungen zu kämpfen haben.           heitliche Honorarordnung mit einer    Arbeit aller Gesundheitsberufe zeigt
         Eine leistungsfähige ambulante        angemessenen und sachgerechten        sich durch gute Arbeitsbedingun-
         Versorgung ist das Rückgrat un-       Bezahlung und für eine bessere Pla-   gen. Zu den Erkenntnissen der Pan-
         seres Gesundheitswesens. Alle         nung und Entbürokratisierung ein.     demie gehört, dass die ambulante
         Maßnahmen, die geeignet sind, den                                           Versorgung weiter gestärkt werden
         Beruf der niedergelassenen Ärzte                                            muss. Vor allem die Primärversor-
         bzw. der niedergelassenen Psycho-                                           gung muss aufgewertet werden.
         therapeuten zu stärken, werden                                              Hierzu gehören auch attraktive Ar-
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         unsere Unterstützung erfahren.                                              beitsbedingungen, eine angemesse-
         Dazu gehört auch, mehr Mediziner                                            ne Bezahlung oder die Möglichkeit
         im und für den ländlichen Raum                                              zur Teamarbeit. Daneben muss auch
         auszubilden, den flächendeckenden                                           der öffentliche Gesundheitsdienst
         Ausbau des psychotherapeutischen                                            dringend ausgebaut werden. Um
         Behandlungsangebots für Kinder                                              die Personal- und Honorierungssi-
         und Jugendliche voranzubringen                                              tuation dort zu verbessern, muss
         und das Angebot der Telemedizin                                             auch die Finanzierung verbessert
         weiterzuentwickeln.                                                         werden. Dies gelingt nur, wenn Bund
                                                                                     und Länder zusammenarbeiten.
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Niedergelassene Ärztinnen und Ärz-      Die niedergelassenen Ärztinnen          Die AfD steht für soziale Marktwirt-
te gehören zurecht zu den angese-       und Ärzte wie auch die Psycho-          schaft und gegen Planwirtschaft,
hensten Berufen überhaupt. Sie ha-      therapeutinnen und Psychothera-         gegen Einheitsversorgung und ge-
ben in der Pandemie Flexibilität und    peuten haben bei der Bewältigung        gen Sozialabbau. Selbstverwaltung,
Engagement für die Gesundheit der       der Pandemie eine hervorragende         Freiberuflichkeit und Therapiefrei-
Bevölkerung wieder unter Beweis         Arbeit geleistet. Wir sehen unsere      heit haben für die AfD deshalb
gestellt. Gerade die ambulante Ver-     Aufgabe darin, die politischen Rah-     einen ausgesprochen hohen Stellen-
sorgung ist im Umbruch begriffen,       menbedingungen so zu gestalten,         wert. Dafür werden wir uns weiter
weil die demographische Entwick-        dass Ärztinnen und Ärzte gern           einsetzen.
lung in der Ärzteschaft, aber auch      ihrem Beruf nachgehen können.
neue Erwartungen und Ansprüche          Dazu gehört z. B. die Garantie der
der jüngeren Ärztegeneration sich       Therapiefreiheit. Wertschätzung
verändern. DIE LINKE setzt sich da-     der Arbeit fängt aber schon damit
für ein, dass attraktive Arbeitsplät-   an, dass wir Ärztinnen und Ärzte
ze für Ärztinnen und Ärzte in der       vor überbordender Bürokratie und
ambulanten Versorgung entstehen,        Berichtspflichten entlasten. Wir sind
die die gewünschte kollegiale Zu-       der Ansicht, dass den Ärztinnen
sammenarbeit und attraktive fami-       und Ärzten wieder mehr Zeit für
lienfreundliche Arbeitsbedingungen      Ihre Patientinnen und Patienten zur
miteinander verbinden.                  Verfügung stehen sollte.

                                                                                                                       8/2021

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7
         Die Arztzeit, die zur Behandlung der Patientinnen und Patienten zur Verfügung
         steht, wird knapper. Teilweise können schon jetzt freiwerdende Arztsitze auf dem
         Land nicht mehr besetzt werden. Welche Maßnahmen schlägt Ihre Partei vor, um
         die Situation zu verbessern und den ärztlichen Nachwuchs für die Arbeit auf dem
         Land zu begeistern?

         Anspruch und Ziel von CDU und         Um das Problem der Versorgung          Wir GRÜNE gehen davon aus, dass
         CSU ist eine gute medizinische        auf dem Land anzugehen, wollen         es vor allem eine Ungleichvertei-
         Versorgung – unabhängig von Alter,    wir integrierte, sektorenübergrei-     lung von Ärzt*innen mit Blick auf
         Wohnort und Geldbeutel. Zusam-        fende Versorgungszentren mit mo-       Fachgruppen und Regionen gibt. Als
         men mit den Ländern werden wir        bilen Teams gründen. Wir werden        einen Schlüssel zur Lösung dieser
         5000 zusätzliche Studienplätze        uns für eine Struktur aus wohn-        Probleme sehen wir insbesondere
         für Humanmedizin schaffen und         ortnahen Basis- und Notfallver-        attraktivere Arbeitsbedingungen.
         gleichzeitig die Landarztquote bei    sorgungszentren sowie regionalen       Umfragen zeigen beispielsweise,
         der Studienplatzvergabe über die      und überregionalen Spezialkliniken     dass junge Ärzt*innen neben einer
         heutige Grenze von zehn Prozent       einsetzen. Dazu wollen wir auch        guten Bezahlung auch auf famili-
         hinaus erhöhen. Damit chronisch       In­strumente der integrierten, ganz-   enfreundliche Arbeitsbedingungen
         Kranke und ältere Patienten gut und   heitlichen Versorgungsplanung          und -zeiten sowie teamorientierte
         kontinuierlich versorgt sind, brin-   nutzen. Zudem setzen wir uns für       fächerübergreifende Arbeitsformen
         gen wir die Telemedizin voran und     Innovationen bei der Anwerbung         Wert legen. Wir setzen daher im
         setzen ergänzend zur klassischen      angehender Ärzt*innen, für die         ländlichen Raum auf kooperati-
         Hausarztversorgung auf den Ein-       Stärkung der Attraktivität der         ve Versorgungsformen, wie etwa
         satz von Gemeindeschwestern, um       ländlichen Gebiete und der Arbeit      Gesundheitszentren, die auch das
         für Entlastung zu sorgen.             in integrierten, selbstbestimmten      Arbeiten als angestellte Ärzt*innen
                                               Teams auf dem Land ein.                sowie die teamorientierte Zusam-
                                                                                      menarbeit mit anderen Gesund-
                                                                                      heitsberufen ermöglichen. Solche
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                                                                                      Zentren sind auch eine Antwort auf
                                                                                      die Versorgungsprobleme in ländli-
                                                                                      chen strukturschwachen Regionen.
                                                                                      Darüber hinaus müssen die Möglich-
                                                                                      keiten der Digitalisierung viel stär-
                                                                                      ker genutzt werden, um den Zugang
                                                                                      zu spezialisierten medizinischen
                                                                                      Angeboten auch in diesen Regionen
                                                                                      zu erleichtern.

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Insbesondere in der Allgemeinmedi-     Wir Freie Demokraten wollen die         Auch bei der ärztlichen Versorgung
zin werden in den kommenden Jah-       Attraktivität des ländlichen Raums      ändern sich die Zeiten: Veränderte
ren viele Ärztinnen und Ärzte in den   für Ärztinnen und Ärzte erhöhen.        Work-Life-Balance, Verweiblichung,
Ruhestand gehen. Junge Ärztinnen       Damit auch in Zukunft ausreichend       Wunsch nach Teilzeit und nach An-
und Ärzte haben jedoch vielfach        Haus- und Fachärzte für die Pati-       stellung statt Freiberuflichkeit – die
andere Erwartungen an das Be-          entinnen und Patienten da sind,         neuen Absolventen haben nicht die
rufsleben. Teilzeitarbeit von Frauen   müssen die Rahmenbedingungen            gleichen Lebensentwürfe wie frühe-
und Männern nimmt zu, Teamarbeit       verbessert werden. Wir benötigen        re Generationen. Und die Antwort
nimmt einen höheren Stellenwert        motivierten und gut ausgebildeten       auf diese Entwicklung kann nur
auch für die eigene Zufriedenheit      medizinischen Nachwuchs und             sein: mehr Studienplätze!
ein, der klassische Einverdiener-      Entbürokratisierung, leistungs-
Haushalt verliert an Bedeutung.        gerechte Vergütung und flexible
Die lange Bindung an einen Ort ist     Niederlassungsmöglichkeiten in der
für viele weniger attraktiv. In at-    ambulanten Versorgung. Die Frakti-
traktiven Regionen schrecken auch      on der Freien Demokraten im Deut-
die horrenden Kosten für den Kauf      schen Bundestag hat bereits 2018
einer Praxis mit Kassensitz ab.        zu diesem Themenkomplex einen
                                       eigenen Antrag mit dem Titel „Re-
DIE LINKE möchte mit größeren          gionalisierung der Bedarfsplanung,
Versorgungsstrukturen die ärztli-      Niederlassungsfreiheit als Regelfall“
che ambulante Tätigkeit weiterhin      (19/6417) in den Bundestag einge-

                                                                                                                        8/2021
attraktiv halten und an die Wün-       bracht. Ziel dieses Antrags ist es,
sche junger Ärztinnen und Ärzte        durch eine Regionalisierung die Nie-
anpassen. Zudem fordern wir, dass      derlassungsfreiheit für Ärztinnen
die Zahl der Medizinstudienplätze      und Ärzte zu stärken. Gleichzeitig
erhöht und die benötigten Fachrich-    sollen Strukturzuschläge eingeführt
tungen in besonderer Weise berück-     werden, um mit Vergütungsanreizen
sichtigt werden.                       die Niederlassung in ländlichen und
                                       strukturschwachen Gebieten attrak-
                                       tiver zu machen.

                                                                                                                         23
8
         Die Psyche sei ein „vergessener Aspekt von COVID-19“, sagte die WHO-­
         Direktorin für psychische Gesundheit, Devora Kestel. Haben Sie in Ihrer Partei
         einen Plan, die psychotherapeutische Versorgung dem stetig zunehmenden
         ­B edarf anzupassen und langen Wartezeiten vorzubeugen?

         Die Corona-Pandemie hat erhebli-        Wir werden die ambulante und            Die Wartezeiten für eine Psycho-
         che Auswirkungen auf alle Bereiche      integrierte psychotherapeutische        therapie sind vielerorts unzu-
         unseres Lebens. Besonders eklatant      Versorgung, inklusive Fachkliniken      mutbar. Zwar wird für fast alle
         sind die Auswirkungen dort, wo sie      und Tageskliniken, stärken, damit       Regionen eine „Überversorgung“
         zu einer Zunahme der psychischen        sie niedrigschwellig und ohne lange     mit Psychotherapeut*innen fest-
         Erkrankungen führen. Wir werden         Wartezeiten allen zugänglich ist. Zu-   gestellt. Doch die dafür ausschlag-
         uns deshalb intensiv der Bewälti-       dem werden wir eine konsequente         gebende Messung geht völlig am
         gung der sozialpsychologischen          Vernetzung innerhalb des bestehen-      eigentlichen Bedarf vorbei. Durch
         Folgen der Pandemie widmen und          den Hilfesystems verfolgen. Dafür       die Corona-Pandemie nehmen
         setzen uns auch künftig dafür ein,      wollen wir auch die Möglichkeit zur     seelische Erkrankungen weiter zu,
         die bereits mit dem Terminservice-      Bildung integrierter Versorgungs-       somit wird es zu einem nochmals
         und Versorgungsgesetz eingeleitete      zentren nutzen, in denen regional       steigenden Bedarf für Psychothera-
         Reduzierung der Wartezeit auf           tätige, multiprofessionelle, mobile,    pie kommen. Es ist daher dringend
         eine psychotherapeutische Be-           teilstationär und ambulant arbei-       angezeigt, zusätzliche Kassensit-
         handlung weiter voranzutreiben.         tende Teams eingesetzt werden. Wir      ze für Psychotherapeut*innen zu
         Um die Patientinnen und Patienten       wollen auch Verbesserungen in der       schaffen, insbesondere in länd-
         genau dort gut zu erreichen, wo         praktischen Ausbildung zum psy-         lichen Regionen. Die Terminser-
         der Bedarf hoch ist, setzen wir auf     chologischen Psychotherapeuten          vicestellen der Kassenärztlichen
         eine Bedarfsplanung mit flexiblen       erreichen. Psychotherapeut*innen        Vereinigungen sollten zudem
         Instrumenten und sachgerechten          in Ausbildung sollen einen eigen-       verpflichtet werden, gesetzlich
         Lösungen vor Ort. Dort wo es not-       ständigen und einklagbaren Vergü-       Versicherten einen Behandlungs-
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         wendig ist, sollte die Zahl der Sitze   tungsanspruch erhalten, der deut-       platz in einer psychotherapeuti-
         für niedergelassene Psychothera-        lich über den bereits vergüteten        schen Privatpraxis zu vermitteln,
         peutinnen und Psychotherapeuten         40 Prozent ihrer ambulant geleiste-     wenn ihre Suche bei zugelassenen
         erhöht werden. Das gilt insbeson-       ten Krankenbehandlungen liegt. Zu-      Psychotherapeut*innen innerhalb
         dere für das psychotherapeutische       dem schlagen wir vor, ihren Kosten-     von vier Wochen vergeblich war.
         Behandlungsangebot für Kinder und       anteil an den für sie erforderlichen    Überall im psychiatrisch-psychothe-
         Jugendliche. Grundsätzlich lassen       Supervisionen zu reduzieren.            rapeutischen Versorgungssystem
         wir uns dabei auch davon leiten,                                                sollten Betroffene stärker einbezo-
         allen Bürgerinnen und Bürgern ei-                                               gen werden, z. B. über den Einsatz
         nen digitalen, wohnortnahen und                                                 von Genesungsbegleiter*innen.
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         möglichst barrierefreien Weg zum
         Psychotherapeuten zu ermöglichen.
Entscheidend ist letztlich nicht al-   Wir Freie Demokraten sind der An-     Aufgrund der COVID-19-Pandemie
lein die Zahl der Praxen, sondern      sicht, dass die psychischen Folgen    hat die Bundesregierung historisch
das erlebte Versorgungsangebot.        der Pandemie von der Bundesregie-     einmalige Eindämmungsmaßnah-
Wenn auf dem Papier eine gute Ver-     rung zu spät in den Blick genommen    men beschlossen, die das soziale
sorgungsdichte besteht, die Men-       wurden. Wir wollen die Wartezeiten    und wirtschaftliche Leben und die
schen aber trotzdem lange Wege         auf einen Therapieplatz reduzieren,   Grundrechte in Deutschland dras-
und Wartezeiten in Kauf nehmen         den Ausbau von Therapieplätzen        tisch einschränken und unser Land
müssen, hat die Bedarfsplanung         fördern, Prävention und Aufklärung    in eine Wirtschaftskrise stürzen. Da-
hier ihren Zweck nicht erfüllt. Ins-   stärken sowie die Ausbildung der      bei sind auch gesundheitliche Kol-
besondere bei der Psychotherapie       psychologischen Psychotherapeu-       lateralschäden nicht ausgeblieben.
sind die gültigen Verhältniszahlen     tinnen und Psychotherapeuten wei-     Wichtig wäre nun, dass bei der Be-
weit vom realen Bedarf entfernt.       terentwickeln. Die Anzahl der Kas-    wältigung dieser auch psychischen
DIE LINKE fordert eine erheblich       sensitze für Psychotherapeutinnen     Schäden nicht auch noch gespart
größere Versorgungsdichte bei psy-     und Psychotherapeuten wollen wir      wird. Diesbezüglich verweisen wir
chologischen wie ärztlichen Psycho-    deutlich erhöhen. Ebenso wollen wir   auf unsere Antwort auf Frage 5.
therapiepraxen. Da psychische Ge-      mehr Studienplätze für Psychologie
sundheit eng mit dem Sozialstatus      und Psychotherapie schaffen. Schul-
zusammenhängt, sind benachteilig-      psychologische Beratungsangebote
te Regionen hier ganz besonders in     wollen wir ausbauen.
den Blick zu nehmen.
                                       Die Fraktion der Freien Demokraten

                                                                                                                     8/2021
                                       im Deutschen Bundestag hat mit
                                       dem Antrag „Zeitnahe psychothera-
                                       peutische Versorgung während der
                                       COVID-19-Pandemie sicherstellen“
                                       (BT-Drs. 19/19416) bereits im Mai
                                       2020 Maßnahmen gefordert, um
                                       den Zugang zu erleichtern und War-
                                       tezeiten zu verkürzen.

                                                                                                                      25
Impfen gegen COVID-19:
            Schlaglichter eines Kraftaktes

           D
                   ie Impfquoten für Westfalen-Lippe      ärzte zuschreiben können. Die Weiterent-
                   können sich sehen lassen: Aktuell      wicklung der Kampagne #IhreAbwehrkräfte
                   sind 59 Prozent der Gesamtbevölke-     greift diese außergewöhnliche Leistung
                   rung vollständig geimpft, immerhin     der Niedergelassenen ebenfalls auf (siehe
            76 Prozent der Menschen ab 18 Jahre hatten    Seite 28 in dieser Ausgabe). Für die
            inzwischen ihre erste Impfung (Quelle: RKI,   KVWL bedeutete die Impfkampagne vor
            Stand 10. August). Ein Erfolg, den sich vor   allem viele Medienkontakte. Hier einige
            allem auch die niedergelassenen Vertrags-     Impf-Schlaglichter:

                                                   114
                                        Pressemitteilungen
                                                                                   Im Juni 2021 gab es im
                                                                                   Impfzentrum Olpe die
                                                                                   erste „Impfdisco“ mit
                                                                                  ­alkoholfreien Getränken
                                                                                   und Live-DJ

                                                                                     tägliche
                                                                                     Berichte
8/2021

                                                                                     in der
                                                                                     Lokalpresse

                                                                  Ausgabe von mehr als

                                                                 2.000.000
26

                                                                     KVWL-Impfmappen
                                                                     in den Impfzentren

         Interviews in verschiedenen TV-Formaten
Schauen Sie den Film
„Impfen gegen die
 Pandemie“ unter
 www.corona-kvwl.de
 und den Rubriken
 Praxisinfos, Corona-
 Schutzimpfung
 sowie Impfzentren

 Im Juli 2021 öffnete das laut BVB-An­gaben
                                                3.200
„Schönste Impfzentrum der Welt“ im Signal
 Iduna Park.
                                              Presseanfragen

                                              Beim Aufbau der
                                              Impfzentren gingen in
                                              ­kürzester Zeit rund
                                               25.000 Bewerbungen
                                               von qualifizierten­Ärz-
                                               ten und Medizinischem
                                               Fachpersonal ein.
#IhreAbwehrkräfte:
         Kampagne von KBV und KVen bringt
         ­Plakat­motive auch in die Region

                                                                                                    Marita S. und Dr. Heinz Ebbinghaus,
                                                                                                    Facharzt für Allgemeinmedizin in Soest

                                                                                                    Weil ich den
                                                                                                    Menschen
                                                                                                    gerne kenne,
                                                                                                    der mich pikst.
                                                                                                    Ihre Haus- und Fachärzte
                                                                                                    packen mit an, damit wir
                                                                                                    jetzt schnell vorankommen.

                                                                                                    #IhreAbwehrkräfte
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         KBV_Aerzteschaft2.0+KVWL_3Motive_594x420_18-1_39L.indd 3                                                                            14.07.21 10:19

         D
                 er Schlüssel zum erfolgrei-                        nigung (KBV) und die Kassenärztli-       Gelsenkirchen, Bochum, Paderborn,
                 chen Kampf gegen die Coro-                         chen Vereinigungen Grund genug,          Bielefeld oder Soest zu sehen – mit
                 na-Pandemie ist und bleibt                         dieses große Engagement auch in          Ärztinnen und Ärzten aus der Re-
                 das Impfen. Ob zunächst in                         den Fokus der Öffentlichkeit zu stel-    gion, verbunden mit eingängigen
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         den Impfzentren oder später in den                         len. Dazu wurde die im vergangenen       Statements wie „Eine Dosis Vertrau-
         eigenen Praxen – die niedergelasse-                        Jahr gestartete Kampagne #IhreAb-        en. Eine Dosis Impfstoff. Eine Dosis
         nen Vertragsärzte in ganz Deutsch-                         wehrkräfte weiterentwickelt. Auch in     Freiheit“ oder „Weil ich den Men-
         land haben einen entscheidenden                            Westfalen-Lippe waren in den zu-         schen gerne kenne, der mich pikst“.
         Beitrag dazu geleistet, die Impfquo-                       rückliegenden Wochen unterschied-        Flankiert wurde die Kampagne durch
         ten gegen COVID-19 zu steigern. Für                        liche Plakatmotive in verschiedenen      Anzeigen in Printpublikationen und
         die Kassenärztliche Bundesverei-                           Städten wie Dortmund, Münster,           Onlinemedien.
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