BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022
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BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 VERBAND KREISANGEHÖRIGER STÄDTE, MÄRKTE UND GEMEINDEN KÖRPERSCHAFT DES ÖFFENTLICHEN RECHTS
INHALT QUINTESSENZ GUT INFORMIERT INHALTSVERZEICHNIS WICHTIGES IN KÜRZE ÜBERSENDUNG VON 41 QUINTESSENZ GERICHTSENTSCHEIDUNGEN AN DIE GESCHÄFTSSTELLE Die Auskunfts- und Beratungstätig- 43 EDITORIAL keit der Geschäftsstelle hängt in einem hohen Maße davon ab, wie gut der Informationsfluss zwischen FACHBEITRÄGE Mitgliedskörperschaften und der Ge- schäftsstelle ist. Wir bitten deshalb 44 Dr. Uwe Brandl UMWELTSCHUTZ Er fordert die Politik dazu auf, die Florian Lang berichtet in diesem Heft unsere Mitglieder dringend, uns ge- Vom 5-Hektar-Dogma zu einer ökologischen Qualitätsdebatte drängenden Gegenwarts- und Zu- über die aktuellen Erkenntnisse aus richtliche Entscheidungen umgehend BITTE EINE QUALITÄTSDEBATTE! kunftsherausforderungen mit dem dem Modellprojekt „Marktplatz der zu überlassen und uns über anhängige 48 lorian Lang F Sie wird bereits seit langem geführt: ökologischen Ziel einer möglichst biologischen Vielfalt“. Verfahren bei den Verwaltungsgerich- Kommunen sind der Schlüssel im Biodiversitätsschutz Die Diskussion um angeblichen oder schonenden Flächennutzung in einen ten oder bei den obersten Bundesge- tatsächlichen Flächenverbrauch in effizienten und zukunftsfähigen Aus- Seiten 48 bis 52 richten zu informieren, damit andere 53 Ramona Riederer: Bayern. Mit dem Schlagwort „Beton- gleich zu bringen. Es ist nämlich ein Mitglieder schnell und zeitnah von die- Alter Hof sucht neue Liebe – ein flut“ argumentieren diejenigen, die Irrsinn, die Gemeinden und Städte in BAURECHT sen Erfahrungen profitieren können. gelungenes Projekt aus dem Allgäu! über den Freistaat am liebsten eine ihrer Planungshoheit zu beschränken, Käseglocke stülpen würden, um den die den notwendigen Transforma- ALTER HOF SUCHT NEUE LIEBE 55 Patrik Zeitler Status quo festzuzurren. Mit der tionsprozess im Bereich von Energie, Eine witzige Überschrift, nicht wahr? Eckpunkte nachhaltiger Wohnungsbauprojekte Notwendigkeit, zusätzlichen Wohn- Klima, Mobilität, Wohnen und sozialer Gemeint ist damit ein gelungenes Pro- IMPRESSUM raum zu schaffen und eine ökologische Teilhabe planerisch effizient umsetzen jekt aus dem Allgäu. Auch das Allgäu HERAUSGEBER UND VERLAG 58 Kerstin Stuber Energiewende hinzubekommen, argu- sollen und müssen. wächst. Für das Jahr 2030 wird dem Bayerischer Gemeindetag, Hilfestellungen zu nachhaltiger Beschaffung mentieren die anderen Diskussions- bayerischen Allgäu eine Einwohner- Körperschaft des öffentlichen Rechts; Geschäftsführendes Präsidialmitglied teilnehmer für eine maßvolle Flächen- Es bleibt zu hoffen, dass seine Worte zahl von rund 684.000 prognostiziert, Direktor Dr. Franz Dirnberger versiegelung. nicht ungehört verhallen. also eine Zunahme von 1,7 Prozent. SERVICE Diese Entwicklung wird vor allem ANZEIGENVERWALTUNG Bayerischer Gemeindetag Was ist der Königsweg? Man hat Seiten 44 bis 47 durch Zuzug ausgelöst. Katrin Zimmermann, Tel. 089 360009-43 60 Aus dem Verband den Eindruck, dass mittlerweile die Ampel-Koalition in Berlin alle wider- NATURSCHUTZ Bayern insgesamt ist ja so attrak- VERANTWORTLICH FÜR 64 Veranstaltungen streitenden Interessen in sich ver- tiv, dass ständig die Einwohnerzahl REDAKTION UND ANZEIGEN Bayerischer Gemeindetag, Wilfried Schober eint. Während die einen das Soziale BIODIVERSITÄTSSCHUTZ steigt. Dieser gesellschaftliche Trend Dreschstraße 8, 80805 München 66 Seminarangebote betonen, kehren die anderen die Not- DURCH KOMMUNEN bedingt neue Denkansätze für das Telefon 089 360009-30 baygt@bay-gemeindetag.de 51. Führungskräftetagung der Wasserwirtschaft wendigkeit, unversiegelte Fläche zu „Kommunen sind die ideale Hand- Wohnen und Bauen im Freistaat, bei 3. – 5. Mai 2022 in Erding erhalten, hervor. Bei gleichzeitig von lungsebene im Biodiversitätsschutz“ denen soziale und nachhaltige As- KREATION UND UMSETZUNG allen drei Ampel-Parteien befürworte- lautete die Hypothese, mit der zehn pekte nicht unberücksichtigt bleiben Benkler & Benkler GmbH, Werbeagentur 84032 Altdorf bei Landshut, benkler.com ter Zuwanderung nach Deutschland, kleine bis mittelgroße bayerische dürfen. Für wachsende ländliche womit – logischerweise – der Bedarf Kommunen im November 2018 in das Regionen wie das Allgäu bietet das DRUCK, HERSTELLUNG, VERSAND an zusätzlichem Wohnraum und zu- Projekt „Marktplatz der biologischen die Chance, den veränderten Wohn- Druckerei Schmerbeck GmbH Gutenbergstraße 12, 84184 Tiefenbach sätzlichen Arbeitsplätzen einhergeht. Vielfalt – bayerische Kommunen set- ansprüchen zu begegnen. Im Sinne der zen auf Biodiversität“ gestartet sind. Nachhaltigkeit rückt unter anderem PAPIER Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Und es hat sich herausgestellt: Ja, sie auch das innerörtliche und innerstäd- Umschlag: Magno Volume 1.1 170 g/m2 Innenteil: Bavaria matt 70 g/m2 Brandl fordert in seinem Beitrag eine sind es. In drei intensiven Jahren wur- tische Wohnen wieder ins Blickfeld. ökologische Qualitätsdebatte anstelle den naturschutzfachliche Informatio- Hier spielen Leerstände, wie beispiels- ERSCHEINUNGSWEISE UND PREISE des ideologischen 5-ha-Dogmas. nen analysiert, gemeindespezifische weise Althofstellen vermehrt eine Rol- Die Erscheinungsweise ist monatlich. Bezugspreis 33,– EUR jährlich, Biodiversitäts-Strategien erarbeitet le. Das Projekt „Alter Hof sucht neue bei Mitgliedern im Beitrag enthalten und zahlreiche Maßnahmen davon Liebe“ will den Wohnraumbedarf und umgesetzt. Leerstände zusammenbringen. BILDNACHWEISE Titelbild: © Katrin Zimmermann Bilder ohne Kennzeichnung: alle © BayGT 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 41
QUINTESSENZ EDITORIAL GEGENWIND FÜR 10H! Bauernhöfe und landwirtschaftliche Gebäude prägen das Ortsbild der All- gäuer Dörfer und Städte stark. Es ist sozialverträglichen Mieten zu bauen, bestehende Gebäude zu sanieren oder Liegenschaften komplett neuen Nut- VERGABEWESEN WIE GEHT NACHHALTIGE G erade schockt die neue Ampelko- alition die Öffentlichkeit damit, dass sie tatsächlich manche Dinge an- Fragt sich nur, warum das nicht ge- schieht… daher ein guter und richtiger Ansatz, zungen zuzuführen? Patrick Zeitler, BESCHAFFUNG? ders machen will als die alte Bundesre- Ein Erklärungsversuch führt uns in die solch alte Bauernhöfe dem modernen der wohnungswirtschaftliche Berater Das bayerische Innenministerium hat gierung. Ein fast unerhörter Vorgang, Entstehungsgeschichte der 10H-Rege- Wohnbedarf anzupassen. Ramona des Verbands bayerischer Wohnungs- in seinem Internetauftritt „Vergaben hatte man sich doch in den letzten Jah- lung. Vor 2014 waren Windenergiean- Riederer von der Allgäu GmbH schil- unternehmen (VDW) macht sich in im kommunalen Bereich“ das Infor- ren an ein gewisses retardierendes Ele- lagen nach § 35 BauGB privilegiert. Um dert in diesem Heft, wie das geht. diesem Heft so seine Gedanken. mationsangebot zur nachhaltigen Be- ment in der Bundespolitik gewöhnt. Wildwuchs zu verhindern, musste die schaffung deutlich ausgeweitet. Unter Dass zu diesen Neuorientierungen Gemeinde aktiv planen. Das war recht- Seiten 53 und 54 Sein Fazit: Nachhaltige, qualitativ der gleichnamigen Rubrik finden sich auch der Klimaschutz und in beson- lich hoch komplex und überdies kos- überzeugende sowie sozial gewünsch- Informationsmaterialien, Leitfäden derer Weise der Ausbau erneuerbarer tenintensiv. Und die Gemeinde musste BAUWESEN te Ergebnisse im Bereich des öffent- und Rundschreiben sowie zahlreiche Energien gehören würde, ist natürlich den Bürgerinnen und Bürgern erklä- lich geförderten oder sozial orientier- Verlinkungen mit Praxisbeispielen. nicht überraschend. ren, dass die positive Zulassung von NACHHALTIGE WOHNUNGS ten Wohnungsbaus entstehen nur im Veranstaltungshinweise zur nachhal- Windrädern in solchen Eignungsge- BAUPROJEKTE Zusammenwirken vieler Experten mit tigen Beschaffung runden das infor- Als jüngst der neue Bundeswirtschafts- bieten auch und vor allem vernünftige Was macht guten Wohnungsbau aus? ihrer jeweils spezifischen Fachkompe- mative Angebot ab. Auf all dies weist und Klimaschutzminister Robert Ha- Abstände zu Wohnnutzungen sicher- DR. FRANZ DIRNBERGER Worauf ist beim Neubau undbei der tenz. Kerstin Stuber in ihrem informativen beck Bayern besuchte, stand denn bei stellen würde. Mitten in viele dieser Geschäftsführendes Präsendialmit- Modernisierung von Wohngebäuden Aufsatz in diesem Heft hin. seinen Gesprächen auch eine rechtliche Planungen hinein kam dann die Ent- glied des Bayerischen Gemeindetags zu achten? Welche Aspekte sind wich- Seiten 55 bis 57 Besonderheit im Vordergrund, mit der scheidung des damaligen Ministerprä- tig, wenn sich Wohnungsunterneh- Seiten 58 und 59 der Freistaat die Windenergie – nach sidenten Horst Seehofer zu 10H. Die men oder Städte und Gemeinden auf Meinung vieler unangemessen – ein- Bürgermeisterinnen und Bürgermeis- Bitte, lieber Freistaat, lass es einfach den Weg machen, um Wohnungen zu schränkt: 10H. Die Regelung verlangt ter konnten ihre Planungen in den Pa- bei der jetzigen Regelung. Auch andere seit 2014 kurz gesagt einen Mindest- pierkorb werfen und mussten sich auch Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer abstand von zehn Mal der Höhe des noch oft genug erhebliche Vorwür- Energien sind seit je im Außenbereich Windrads zur nächstgelegenen Wohn- fe gefallen lassen. Denn die gemeind- nicht privilegiert und es funktioniert – bebauung. Bei Anlagen, die dem heu- lichen Konzepte hatten regelmäßig – siehe Freiflächenphotovoltaik – trotz- tigen Stand der Technik entsprechen, geschuldet der seinerzeit geltenden dem in der Praxis recht gut. Wir Ge- sind das ca. zwei Kilometer. Eine Vor- Rechtslage – sehr viel geringere Ab- meinden begleiten die Energiewende gabe, die den Bau entsprechender stande beinhaltet. aktiv und konstruktiv. Aber auch der Windräder selbst in dünner besiedel- Ausbau der Windenergie geht nur mit ten Regionen Bayerns selbstverständ- Dass von da an die Neigung der Ge- den Menschen vor Ort und nicht gegen lich schwierig macht. meinden, aktiv Windräder über Bau- sie. Wir brauchen vor allem Regelun- leitplanung zuzulassen, gegen Null gen, die die Wertschöpfung von Wind- Wohlgemerkt: 10H ist kein absolu tendierte, ist irgendwie verständlich. rädern in den betroffenen Gemein- tes Bauverbot, sondern schränkt nur den hält. Dann wird es – trotz und mit die baurechtliche Privilegierung im Wenn jetzt 10H wieder beseitigt wür- 10H – auch Bebauungspläne für solche Außenbereich ein. Selbstverständlich de, bliebe den Kommunen nichts an- Anlagen geben. kann eine Gemeinde im Prinzip auch deres übrig als die alten Planungen für Windräder einen Bebauungsplan wieder aus der Mottenkiste zu holen, aufstellen und die Anlagen näher an während sich der Staat einen schlanken Wohngebiete heranrücken lassen. Fuß macht. 42 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 43
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE VOM 5-HEKTAR-DOGMA ZU EINER ÖKOLOGISCHEN QUALITÄTSDEBATTE ENERGIEWENDE, WOHNRAUM, MOBILITÄTSWENDE UND SOZIALE TEILHABE: DIE TRANSFORMATIONSHERAUS- FORDERUNGEN UNSERER ZEIT BENÖTIGEN EFFIZIENT UND ÖKOLOGISCH QUALITÄTVOLL GENUTZTEN RAUM Text Dr. Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags DIE TRANSFORMATION nach jedes für sich genommen bereits zahlreichen „Fußballfelder“ doch aus Entsprechend wurden auch in einem ob ein Logistiker ohne Flächeneffizi- FORDERT IHREN RAUM alleine mehr als die anvisierten 5 Hekt- der Betrachtung einfach herausfallen kürzlich von der Fraktion Die Grü- enzprüfung, ohne Mehrgeschossigkeit, Gemeinhin gilt: Je länger kontrover- ar täglich, greift man auf die Daten re- lassen. Sehr gern! Als gemeinwohlori- nen im Bayerischen Landtag vorge- ohne ökologische Überlegungen, ohne se Debatten anhalten, desto mehr be- nommierter Expertinnen und Exper- entierte Gemeinden schlagen wir seit legten Gutachten zur Befriedigung eine PV-Aufdachanlage oder Dachbe- wegen sie sich auf die Realität zu und ten zurück. Radwege und Schienen für langem vor, dass die dem Gemeinwohl des Wohnraumbedarfs im Lichte des 5 grünung baut oder ob er entsprechen- desto eher werden sachgerechte Argu- die notwendige Mobilitätswende, Ar- dienenden Maßnahmen wie die Wohn- Hektar Ziels, sowie im Rahmen kürz- de Maßnahmen der Klimaanpassung mente ausgetauscht. Eine solche Ent- beits- und Produktionsstätten für den raumschaffung, die Schaffung von Ar- lich abgehaltener Fachtagungen (Aka- und Ökologie am Bau in sein Vorhaben wicklung scheint sich gerade – wenn- „größten Umbau von Wirtschaft und beitsplätzen, die Schaffung von Vorha- demie Ländlicher Raum am 4.11.2021 einbezieht. Gleichzeitig wird man auch gleich gut versteckt und auf sehr leisen Produktion seit 100 Jahren“ – so Bun- ben für die soziale Teilhabe sowie von und VBW am 16.12.2021), neben Büro- über Pflegeeinrichtungen, Radwege Füßen – in die Diskussion um die deskanzler Scholz –, Sozial- sowie Anlagen für die Energiewende keinen kratiefesseln und nicht hinnehmbaren und Schulen, mit Blick auf ihre Sozial-, Minderung der Flächeninanspruch- Freizeiteinrichtungen für eine Post- „Flächenfraß“ darstellen, sondern viel- Eingriffen in die Planungshoheit, Vor- Nachhaltigkeits- und Krisenbewälti- nahme einzuschleichen: So lautet der Corona-Gesellschaft in einem prospe- mehr gemeinwohlorientierten Nutzun- schläge formuliert, über die es zu spre- gungsfunktion anders nachdenken, als Schlüsselbegriff der Protagonisten der rierenden Industrie- und Hochtech- gen der Fläche entsprechen. chen gilt. Vorschläge, die auch von Sei- über Autobahnen, wenngleich hier Ge- Auseinandersetzung, spätestens seit nologieland Bayern sind da noch gar ten der Kommunalen Spitzenverbände meinwohlbelange in ihrem Wert für die Vorstellung des mit ambitionierten nicht mitgerechnet. … ZUR REALITÄT vorgetragen worden sind und die den Gesellschaft nicht gegeneinander aus- wohnungs-, energie-, industrie- und DR. UWE BRANDL Der Gedanke der Initiatoren trifft je- Takt in der Debatte in den kommenden gespielt werden dürfen. mobilitätspolitischen Zielen versehe- Was also tun? 70.000 Wohnungen im doch einen zentralen Punkt: Ge- Jahren vorgeben werden. nen Koalitionsvertrages der Ampelre- Jahr in den Ortskernen oder durch meinsame Aufgabe muss es sein, die Auch ganzheitliche ökologische As- gierung, die laut Robert Habeck „das Aufstockung entwickeln, wie so manch und muss mit gemeinsamer Anstren- drängenden Gegenwarts- und Zu- QUALITÄTSDEBATTE, pekte betreffend der konkreten Nut- Antlitz des Landes verändern werden“: einer scheinbar meint? Vor der mas- gung gesenkt werden. Im Idealfall auch kunftsherausforderungen mit dem MEHRNUTZUNGSSTRATEGIE, zungsfläche und der ökologischen und Zielkonflikt. siven Flächendimension der Energie- auf 5 Hektar pro Tag oder weniger. Na- ökologischen Ziel einer möglichst BAUKULTURELLER WANDEL ästhetischen Qualität ihrer zukünfti- wende doppelmoralisch die Augen ver- tur, Landschaft und Heimat sind zu schonenden Flächennutzung in einen UND INNENENTWICKLUNG gen Nutzung (Stichwort Freiflächen- ZIELKONFLIKTE schließen? wertvoll. Gleichzeitig benötigen die effizienten und zukunftsfähigen Aus- So ist Flächenverbrauch nicht gleich planung) müssen unter den Vorzeichen Mit welchem Begriff wäre auch bes- wohnungs-, energie-, sozial-, techno- gleich zu bringen. Flächenverbrauch. Es etwas anderes, der oben dargestellten Gegenwartshe- ser umschrieben, dass das Wachstums- Den Intels, Amazons und Teslas der logie- und verkehrspolitischen Vor- land Bayern einerseits das Ziel ausge- Welt den Weg nach Bayern verschlie- haben von Bund und Land Platz und Dass die Politik entsprechende rufen hat, die Flächeninanspruchnahme ßen? Mehr und mehr scheint die Zahl Entwicklungsmöglichkeiten. Gerade Zielkonflikte regelmäßig zu lösen für Wohnen, Siedlung und Verkehr auf von 5 Hektar schlicht aus der Luft ge- im wachstumsstarken Bayern. hat, zeigt anschaulich folgender täglich 5 Hektar zu begrenzen, gleich- griffen, ein goldenes Kalb, das von Satz im Koalitionsvertrag der Am- zeitig aber alleine in Bayern jährlich keiner gesellschaftlichen Entwi- VOM TASCHENSPIELERTRICK … pel: „Für unsere gemeinsame Mission, 70.000 Wohnungen (nach gegenwär- cklungs- und Machbarkeitsrealität Von einer neuen Realitätskonfrontati- die Planung von Infrastrukturprojek- tigen Baustandards auf rund 6 Hekt- mehr hinterfragt werden darf. Ganz zu on in der Debatte zeugt auch eine sta- ten, insbesondere den Ausbau der Er- ar Fläche pro Tag) gebaut werden sol- schweigen von planerischen Flächen- tistische Trickserei der Initiatoren des neuerbaren Energien drastisch zu be- Foto: © Günther Redenius – pixelio.de len und die Energiewende bis zum Jahr kontingenten in Zeiten, in denen Pla- Volksbegehrens „Betonflut eindäm- schleunigen, wollen wir das Verhältnis 2040 durch täglich massiven Zubau nungsvereinfachungen und keine Bü- men“: Da bereits der im gegenwärtigen von Klimaschutz und Artenschutz klä- von Photovoltaik (der VBEW Bayern rokratiehürden angekündigt werden. Transformationsprozess notwendige ren.“ ist dort zu lesen. Oder mit den spricht von 26 Fußballfeldern pro Tag!) Zubau von Anlagen der Erneuerbaren Worten der neuen Umweltministe- und Windkraft vollzogen werden soll? Nichts desto weniger eint uns die Sor- Energien die anvisierte Flächeninan- rin Steffi Lemke zum Thema Woh- Beide Ziele – der geplante Wohnraum ge und ein Ziel: Die Flächeninan- spruchnahmegrenze übersteigt, könne nungsbau und Ökologie gesprochen: sowie der notwendige Zubau an Erneu- spruchnahme für Siedlung, Infrastruk- man – so der überarbeitete Gesetzent- „Auch hier gilt doch: die Welt ist nicht erbaren Energien – benötigen dem- tur und Verkehr ist unzweifelhaft hoch wurf – die damit täglich verbrauchten schwarz-weiß." 44 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 45
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE rausforderungen Schwerpunkt der Be- Naturhaushalt unterstützt werden. werden die ökologischen, die sozialen ler Menschen, dass sie in ihrem Gar- wird dort festgestellt, dass das recht- sätzliche Bauflächen zu mobilisieren trachtung werden. Nicht die konkrete Daraus folgt, dass wir mehr denn je und die ökonomischen Herausforde- ten „zwei gegen zwei“ Fußball spielen liche Instrumentarium zur Mobilisie- und weitere Beschleunigungen der Pla- Flächeninanspruchnahmezahl x al- eine Debatte über eine ganzheitliche rungen der kommenden Jahre nicht zu können. rung von Innenentwicklungspotentia- nungs- und Genehmigungsverfahren leine kann und darf in der Diskussi- Landnutzungskultur und eine Mehr- vereinbaren sein. len aufgrund rechtlicher Komplexität vorzunehmen.“ on ausschlaggebend sein. Vielmehr ist nutzungsstrategie brauchen. Agri-PV, Hierüber ist freilich kritisch zu disku- und der Eigentumsdebatte nur selektiv Schon derzeit häufen sich die Klagen zu prüfen, inwieweit trotz einer pla- produktionsintegrierte Maßnahmen im Überdies bedarf es einer Diskussion tieren. Es kann nicht sein, dass knap- genutzt wird und der Gesetzgeber die aus Städten und Gemeinden, dass ein nerischen Nutzungsänderung Boden- Rahmen der Eingriffsregelung, Dach- über einen baukulturellen Wandel hin pe Flächen für wenige Menschen Vorschläge des „Bayerischen Gemein- zunehmender, rein abstrakt und theo- funktionen einschließlich der landwirt- begrünungen, siedlungsinterner Aus- zu mehr Flächeneffizienz, auch bei der überplant werden. Die Städte und Ge- detags“ daher „möglichst rasch umset- retisch begründeter Rechtfertigungs- schaftlichen Urproduktionsmöglichkeit gleich, Biodiversität im Siedlungsbe- Wohnraumschaffung. Der Anspruch meinden sind freilich aufgerufen ihr zen sollte“. druck von Seiten der staatlichen Be- erhalten oder sogar verbessert werden, reich, das Bauen in die Tiefe und in die der Menschen an die ihnen zur Verfü- Wohnraumangebot orientiert an den hörden Wohnraumprojekte ausbremst. Raum für Biodiversität erhalten oder Höhe oder die Doppelnutzung von gung stehende Wohnfläche hat in den Bedürfnissen der Menschen, flächen- GEMEINSAM ZU KREATIVEN Wie passen diese staatlicherseits ge- gar geschaffen werden und inwieweit Verkehrswegen für notwendige Infra- vergangenen Jahren weiter zugenom- und folgekosteneffizient, vielfältig so- LÖSUNGEN STATT PLANZAHL forderten Gutachterschlachten bei der positive Effekte für Klima, Wasser- und strukturen sind die Stichworte. Anders men. Es ist weiterhin der Wunsch vie- wie umwelt- und sozialgerecht auszu- UND BÜROKRATIE Wohnraumschaffung mit den Ideen des gestalten. Der diesbezügliche Wandel Die Debatte um eine gegriffen wirken- Gesetzgebers zusammen? ist bereits eingeleitet. Diverser ausge- de Zahl hat uns zu lange den Blick für staltete Wohnbauvorhaben, auch im sachgerechte, realistische, ökologisch, Öffnen wir die verengte 5-Hektar De- ländlichen Raum, werden mehr und ökonomisch und sozial abgewogene batte. Reden wir über Maßnahmen zur mehr zum Standard. Doch die Debatte und damit zukunftsgerechte Lösungen Klimaanpassung am Bau und über öko- und die guten Beispiele müssen weiter versperrt. logische und ästhetische Qualitäten ins Land getragen werden. der Nutzung von Fläche. Diskutieren Ich bleibe dabei: Es ist ein Irrsinn, die wir über Mehrnutzungsstrategien und Und natürlich müssen wir weiter dar- Gebietskörperschaften in ihrer Pla- eine neue Landnutzungskultur. Und über sprechen, warum staatlicherseits nungshoheit zu beschränken, die den sprechen wir über einen baukulturellen nicht alles darangesetzt wird, der In- notwendigen Transformationsprozess Wandel und Innenentwicklung. Schaf- nenentwicklung und dem Innenent- im Bereich von Energie, Klima, Mobili- fen wir kein weiteres Bürokratiemons- wicklungsmanagement noch mehr tät, Wohnen und sozialer Teilhabe pla- ter in Zeiten ohnehin komplexer Ver- Rückenwind zu geben: Wer auf die nerisch effizient umsetzen sollen und fahren. selbstverständlich wichtige und vor- müssen. Und es ist freilich völlig aus rangige Innenentwicklung verweist, der Zeit gefallen, dringend notwendi- Auch mit Blick auf die Fortschreibung muss den Gemeinden auch die hierfür ge Planungen mit weiteren Bürokratie- des Landesentwicklungsprogramms. notwendigen rechtlichen Instrumente hürden aufzuladen und dadurch auszu- Die Herausforderungen sind zu groß zur Verfügung stellen. bremsen. dafür. Wir stehen für eine Diskussi- on bereit. Wo Vorkaufsrechte, Baugebote und Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag eine Grundsteuer C als Enteignungen der Ampelregierung: „Wir werden das Foto: © Katrin Zimmermann fehlinterpretiert und diffamiert wer- Baugesetzbuch mit dem Ziel novellie- den, sei dringend angeraten, sich mit ren, seine Instrumente noch effekti- der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ver und unkomplizierter anwenden zu in unserer Verfassungsordnung befas- können, Klimaschutz und -anpassung, sen. Auch hier ist dem oben zitierten Gemeinwohlorientierung und die In- Gutachten ein Punkt zu entnehmen. So nenentwicklung zu stärken sowie zu- 46 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 47
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE KOMMUNEN SIND DER SCHLÜSSEL IM BIODIVERSITÄTSSCHUTZ ERKENNTNISSE AUS DEM MODELLPROJEKT „MARKTPLATZ DER BIOLOGISCHEN VIELFALT“ Text Florian Lang „Kommunen sind die ideale Hand- das der Anfang einer Erfolgsgeschich- KOMMUNE LANDKREIS REGIERUNGSBEZIRK EINWOHNER Stand 9/20 FLÄCHE lungsebene im Biodiversitätsschutz!“. te sein sollte. So lautete die Hypothese, mit der zehn kleine bis mittlere bayerische Kommu- ZEHN PROJEKTKOMMUNEN Gemeinde Brennberg Regensburg Oberpfalz 2.069 30,5 km2 nen im November 2018 in das Projekt 36 Kommunen aus allen Regierungs- starteten. „Ja, sie sind es!“, ist das ge- bezirken bewarben sich 2018 auf die Stadt Ebern Haßberge Unterfranken 7.266 95,0 km2 meinsame Fazit aus der Bilanzkonfe- Ausschreibung für das Projekt. Die renz aller Projektakteure im Oktober zehn ausgewählten Städte und Ge- Gemeinde Kettershausen Unterallgäu Schwaben 1.792 26,7 km2 2021. In drei intensiven Jahren wurden meinden (Tabelle 1) bildeten ein he- naturschutzfachliche Informationen terogenes Spektrum hinsichtlich Stadt Lohr am Main Main-Spessart Unterfranken 15.086 90,4 km2 analysiert, gemeindespezifische Bio- naturräumlicher Ausstattung, Flächen- diversitäts-Strategien erarbeitet und nutzung sowie ländlicher bis städti- Markt Nordhalben Kronach Oberfranken 1.637 21,9 km2 zahlreiche Maßnahmen umgesetzt. scher Prägung ab. Durch die unter- Übergeordnet ist ein standardisiertes schiedlichen Voraussetzungen erhöhte Gemeinde Rohr Roth Mittelfranken 3.744 46,5 km2 Verfahren entstanden, wie Kommunen sich die Bandbreite der zu bearbeiten- den Biodiversitätsschutz im Gemein- den Aspekte und damit die Chance, FLORIAN LANG Stadt Rottenburg a. d. Laaber Landshut Niederbayern 8.461 90,1 km2 degebiet weitsichtig und mit breiter positive Ansätze auf andere Kommu- Beteiligung organisieren können. Ein nen übertragen zu können. Gemeinde Stephanskirchen Rosenheim Oberbayern 10.592 26,5 km2 erfolgreiches Modellprojekt, Die ausgewogene Verteilung über den Freistaat erleichtert den interkommu- Markt Titting Eichstätt Oberbayern 2.670 71,1 km2 nalen Austausch und befördert so die „MARKTPLATZ DER BIOLOGISCHEN VIELFALT – BAYERISCHE Flächenwirkung. Gemeinde Ursensollen Amberg-Sulzbach Oberpfalz 3.771 72,9 km2 KOMMUNEN SETZEN AUF BIODIVERSITÄT“ (2018-2021) STRATEGIE UND Tabelle 1 Projektkommunen des „Marktplatz der biologischen Vielfalt“ Das Modellprojekt verankerte den schaft setzte sich zusammen aus ARBEITSPROGRAMM Erhalt der Arten- und Lebens- den landesweit tätigen Natur- Kurz, leicht verständlich und praxis- raumvielfalt als Ziel der Kommu- schutzverbänden BUND Natur- bezogen – so lauteten die Erwartun- „Titting – Steinreiche Natur dabei räumlich in die vier Berei- Maßnahmenkataloge für alle sechs nalentwicklung in den teilneh- schutz in Bayern e.V., Landesbund gen der kommunalen Akteure an die Der Jurakalk schenkt uns einen besonderen che Agrarlandschaft, Wald, Gewässer Handlungsfelder, welche die Zielerrei- menden Städten und Gemeinden. für Vogelschutz in Bayern e.V. und zu entwickelnden gemeindespezifi- Struktur- und Artenreichtum. Daher veran- und Siedlung untergliedert. Die zwei chung sicherstellen sollen. Diese rei- Überdies erzielte es multiplizie- Wildland-Stiftung Bayern sowie schen Biodiversitäts-Strategien. Mit kern wir die Förderung unserer biologischen Handlungsfelder Naturerleben und chen beim Lebensraumschutz von der rende Wirkung auf die Bürgerinnen dem Markt Tännesberg. Geför- 28 Seiten und einem konsequenten Fo- Vielfalt als felsenfestes Ziel einer nachhaltigen Bewusstseinsbildung sowie Wertschöp- ökologischen Aufwertung kleiner Eh- und Bürger sowie auf weitere dert wurde das Projekt über den kus auf praktischen Maßnahmen, stel- Gemeindeentwicklung. Gemeinsam gewinnen fung ergänzen diese um Bildungs-, Er- da-Flächen im Siedlungsraum über die Kommunen. Die Praxisbeispiele Bayerischen Naturschutzfonds len die finalen Konzepte eine kompakte wir so auf mageren Böden vielfältige Erträge fahrungs- und Vermarktungsansätze. Anlage von Hecken und biotopver- der zehn Kommunen zeigen, dass aus Zweckerträgen der GlücksSpi- Synthese aus Strategie und Arbeits- für die Zukunft von Natur und Mensch mit Sie sollen in der Gesellschaft zu einer bindenden Strukturen in der offenen die Bayerische Biodiversitätsstra- rale. Fachlich und organisatorisch programm dar. Einleitend gibt die Vi- Vorbildwirkung für die Region.“ gesteigerten Wertschätzung der biolo- Flur bis zum Nutzungsverzicht auf 200 tegie auf kommunaler Ebene ideal unterstützten das Bayerische sion den übergeordneten Rahmen vor. gischen Vielfalt führen. Hektar Kommunalwald. Zur Förderung umgesetzt werden kann. Staatsministerium für Umwelt Beispielhaft verpackt der Markt Tit- Daran knüpfen die langfristigen Ziel- der Artenvielfalt werden zum Beispiel Foto: © F lorian Lang Ermöglicht wurde die Initiative und Verbraucherschutz sowie der ting darin seine Ausgangslage, die Zie- setzungen an. Sie konkretisieren die HANDLUNGSFELDBEZOGENE Nisthilfen für Gebäudebrüter an kom- durch eine in Bayern einzigartige Bayerische Gemeindetag. le der Innenentwicklung und den Wil- Ausrichtung der kommunalen Ent- MASSNAHMEN munalen Liegenschaften angebracht Kooperation. Die Trägergemein- len, multiplizierend zu wirken. wicklung in sechs Handlungsfeldern. Den Schwerpunkt der Strategien oder ein 20 Hektar großes Reservat für Die kommunalen Gebiete werden bilden handlungsfeld-spezifische Ackerwildkräuter realisiert. 48 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 49
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE IST-Zustand analysiert, daraus definie- Aufbereitung von naturschutzfachlichen Daten und begleitenden Informationen ren sich die Zielsetzungen und schließ- lich werden Wege zu deren Erreichung erarbeitet (Abbildung 1). Modellcha- rakter besitzt das konkrete Verfahren WS1 aus zweierlei Gründen. Zum einen ar- • SWOT-Analyse „Biodiversität“ beiten in allen drei Phasen interdis- • Festlegung von Sofort- bzw. Startmaßnahmen Optional ziplinäre Akteure aus allen Bereichen begleitende des kommunalen Lebens, Vertreter von Expert*innen- Fachbehörden sowie engagierte Bürger WS2 Strategieerstellung Gespräche in Workshops gemeinsam an den In- • Vision in Workshops (WS) halten der Strategien. Die konsequen- • Ziele je Handlungsfeld te Verknüpfung fachlicher Expertise, • Ideensammlung Maßnahmen je Handlungsfeld lokaler Gebietskenntnis und persönli- Reservat zum Schutz gefährdeter Ackerwildkräuter am Pfleimberg im Markt Titting cher Kontakte führt zu innovativen An- WS3 sätzen und eröffnet effiziente Umset- • Ausarbeitung Maßnahmen je Handlungsfeld Maßnahmen zur Bewusstseinsbil- Diese Beispiele geben nur einen klei- zungspfade. Darüber hinaus bietet sie dung decken alle Alters- und Gesell- nen Überblick, da je Kommune zwi- die Gelegenheit, einen langfristig en- schaftsschichten ab. Grundschüler er- schen 35 und 55 individuelle Maßnah- gagierten Pool an Unterstützer oder Obligatorisches Expert*innen-Gespräch zur naturschutzfachlichen Überprüfung der Strategie halten kostenlose Hausaufgabenhefte men entwickelt wurden. Noch während bestenfalls einen regelmäßigen Ar- mit Themenseiten zum Naturschutz, der Projektlaufzeit konnten schließlich beitskreis zu bilden. an einem Gymnasium wird bereits ein knapp 80 Maßnahmen eingeleitet bzw. Beschluss der Strategie durch Gemeinderat Wahlfach mit Schwerpunkt „Biodiver- vollständig umgesetzt werden. Diese Zum anderen wurde der Modellprozess sität“ angeboten und es werden The- Zahlen unterstreichen die Praxisorien- auf dem „Marktplatz der biologischen menwege mit Informationselemen- tierung sowohl der kommunalen Bio- Vielfalt“ ausgiebig in der kommuna- Schematische Darstellung des Strategieentwicklungsprozesses ten eingerichtet. Infostände, Vorträge, diversitäts-Strategien als auch des Pro- len Praxis erprobt und stetig verbessert. spezielle Abteilungen in Bücherei- jektverlaufs. Die Kombination aus der Er kann standardisiert auf kleinere und en, Artikel in der lokalen Presse und in Erstellung fachlicher Grundlagen und mittlere Kommunen angewandt wer- 2. Gemeinsame Formulierung ausgeglichenen Wissensstand beizube- VERSTETIGUNG Rathauszeitungen sowie die kosten- sichtbaren Umsetzungen erhöhte die den, die in umfassender Weise die Bio- einer Biodiversitätsvision und halten. Die Phase 2 erfolgt im vollstän- Eine vielfältige und artenreiche Kultur- lose Ausgabe von regionalem Saatgut Akzeptanz des Biodiversitätsengage- diversität schützen möchten. Grund- übergeordneter Zielsetzungen digen Plenum, damit die großen Leit- landschaft kann nur durch angepasste und Pflanzpaketen an die Bürger*in- ments sowohl in Fachkreisen als auch lage für den Einstieg ist dabei die linien der Biodiversitätsentwicklung Nutzung und spezifische Pflege erhal- nen verschaffen dem Biodiversitäts- in der Bevölkerung spürbar. Aufbereitung aller Daten und Informa- 3. E ntwicklung von handlungsfeld- gemeinsam getragen werden. Sogenann- ten werden – eine Daueraufgabe. Er- schutz die Aufmerksamkeit der breiten tionen, die direkt oder indirekt mit der spezifischen Zielen und Maßnahmen te „Experten-Gespräche“, zum Beispiel freulicherweise sind die Perspektiven Öffentlichkeit. Über gemeinschaftliche STANDARDISIERTER biologischen Vielfalt im Gemeindege- zu spezifischen Anforderungen in sen- für eine Verstetigung des Biodiversi- Streuobstaktionen, die Vermarktung ERSTELLUNGSPROZESS biet in Verbindung stehen. Darauf auf- Die Phasen 1 und 3 finden in Kleingrup- siblen Gebieten, ergänzen den Prozess tätsengagements in allen Projektkom- von Weidetieren, touristische oder gas- Als übergeordnetes Ergebnis aus dem bauend bearbeiten die Workshopteil- pen, aufgeteilt nach Handlungsfeldern, optional. Eine obligatorische Experten- munen gut. Dabei werden sehr unter- tronomische Angebote werden Wert- „Marktplatz der biologischen Viel- nehmer folgende Inhalte: statt. Am Ende jeder Gruppenarbeits- runde prüft die Inhalte nach den Work- schiedliche Wege beschritten. Einige Foto: © F lorian Lang schöpfungseffekte aus der biologischen falt“ liegt inzwischen ein standardisier- phase werden die Ergebnisse im Plenum shops ausschließlich auf konfliktäre oder Kommunen verfügten bereits vor der Vielfalt gewonnen und gleichzeitig ihr ter Prozess zur Strategieerstellung vor, 1. Analyse der Stärken und vorgestellt, um den Workshopteilneh- fehlleitende Ansätze. Die Beschränkung Teilnahme am Projekt über hauptamt- ökologischer Wert vermittelt. der den drei klassischen Schritten ei- Schwächen, Chancen und Risiken mer*innen Beiträge zu mehreren Hand- auf notwendige Korrekturen erhält die liche Stellen, die sich auch dem Schutz ner Planung folgt. Zunächst wird der in Bezug auf die biologische Vielfalt lungsfeldern zu ermöglichen und einen partizipativ erarbeiteten Ergebnisse. der biologischen Vielfalt widmeten. 50 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 51
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE Weitere Informationen erwünscht? ALTER HOF SUCHT NEUE LIEBE - EIN Zum Projekt: www.kommunale-biodiversitaet.de, beim Autor: lang.flo@gmx.de GELUNGENES PROJEKT AUS DEM ALLGÄU! EINE IDEE FÜR WEITERE REGIONEN? Text Ramona Riederer, Allgäu GmbH Mit ihren Netzwerken werden sie die Rückmeldungen lassen sich folgen- sind im Projekt maßgeblich durch die WOHNRAUM: EIN QUANTITATI- Aktuelle gesellschaftliche Trends brin- kräfte. Der Lebensraum Allgäu wird Strategien kontinuierlich zur Umset- de Erfolgsfaktoren für ein strategisches Beauftragung eines Fachbüros für die VER UND QUALITATIVER BLICK gen auch neue Denkansätze für das so auch maßgeblich von seinen Wohn- zung bringen. Zwei Kommunen haben kommunales Biodiversitätsengagement Datenaufbereitung, die Prozessbe- Wohnen und Arbeiten mit sich, bei de- räumen beeinflusst. Zeitgleich nehmen aus dem Projekt heraus die Personal- ableiten: gleitung und die inhaltliche Strate- Eine im Jahr 2020 durchgeführ- nen soziale und nachhaltige Aspekte im Leerstände innerorts und außerorts von kapazitäten dauerhaft deutlich erhöht, gieerstellung entstanden. te Wohnbedarfsprognose für das Vordergrund stehen. Dieser Wertewan- ehemaligen landwirtschaftlichen Ge- um die Strategien konsequent umset- • Eine starke Überzeugung der kom- Jahr 2035 belegt mit Zahlen, dass der del hat Auswirkungen auf die Wohn- bäuden durch z.B. den landwirtschaft- zen zu können. In fünf Kommunen munalen Politik schafft die Betä- • Gelingt es, aus den Workshopgrup- Wohnbedarf im Allgäu weiter steigen vorstellungen heutiger Generationen. lichen Strukturwandel zu und stehen wurden mehrjährige Folgeprojekte ge- tigungsgrundlage und fördert die pen ein stabiles Netzwerk oder bes- wird: Denn das Allgäu wächst. 2030 Vor allem der ländliche Raum wird oftmals aus verschiedenen Gründen plant, beantragt und teilweise bereits Motivation für alle Akteure, sich in tenfalls einen aktiven Arbeitskreis zu wird dem bayerischen Allgäu eine Ein- häufig damit in Verbindung gebracht. dem Wohnungsmarkt jedoch nicht zur genehmigt. Sie alle beinhalten befris- besonderer Weise für die biologische bilden, ist eine wichtige Basis für die wohnerzahl von rund 684.000 prog- Für wachsende ländliche Regionen wie Verfügung. tete Personalstellen für das Projektma- Vielfalt einzusetzen. langfristige Verstetigung geschaffen. nostiziert, das bedeutet eine Zunah- das Allgäu bietet das die Chance, den nagement. Ihre Aufgabe ist einerseits, me von 1,7 Prozent. Diese Entwicklung veränderten Wohnansprüchen zu be- ALTER HOF SUCHT NEUE LIEBE eine Phase der intensiven Umsetzung • Die Handlungsfelder Naturerle- Damit Städte und Gemeinden zur Er- wird vor allem durch Zuzug getragen. gegnen. Dabei spielen vor allem soge- Das Projekt „Alter Hof sucht neue zu gestalten und andererseits, Struk- ben und Bewusstseinsbildung sowie reichung der Ziele der Bayerische Bio- Stellt man diese Entwicklung dem er- nannte „Sharing-Ansätze“ eine zentrale Liebe“ will den Wohnraumbedarf und turen für einen dauerhaften Einsatz für Wertschöpfung erweitern die räumli- diversitätsstrategie wie beschrieben warteten Angebot gegenüber, entste- Rolle, die z.B. Co-Living-Formate und Leerstände zusammenbringen. die Lebensraum- und Artenvielfalt zu chen Ziele um Initiativen zur Sensibi- beitragen können, bedarf es intensi- hen bereits heute Engpässe und Lücken gemeinsam genutzte Infrastruktur be- Bauernhöfe und landwirtschaftliche schaffen. Schließlich setzen alle Kom- lisierung der Bevölkerung. In der ge- vierter Begleitung und Unterstützung. – trotz eines kontinuierlichen Anstiegs inhalten. Auch das Wohnen in einer so- Gebäude prägen das Ortsbild der munen, unabhängig von hauptamtli- meinsamen Evaluation wurde dies als Auf der Bilanzkonferenz des Projekts der Baugenehmigungen und – fertig- zialen Gemeinschaft ist hier gemeint, Allgäuer Dörfer und Städte stark. Sie chen Zuständigkeiten, auf die Über- unverzichtbarer Mehrwert hervorge- „Marktplatz der biologischen Viel- stellungen. ebenso wie ein stärkerer Zusammenhalt sind Wohnraum, Zeitzeugen, Kultur- führung der Workshopgruppen in hoben. falt“ wurde ein Empfehlungsschrei- im städtischen Quartier. güter, Denkmäler. Immer wieder trifft aktive Arbeitskreise. Aus ihnen heraus ben an die Bayerische Staatsregierung man heute jedoch inner- sowie au- werden die notwendigen Maßnahmen • Der partizipative sowie interdiszipli- mit Vorschlägen zur Unterstützung Im Sinne der Nachhaltigkeit rückt auch ßerorts auf Althofstellen, die leer ste- und Initiativen umgesetzt oder koor- näre Ansatz wurde als der entschei- der Kommunen, stellvertretend an Fr. das innerörtliche und -städtische Woh- hen. Zeitgleich steigt der Wohnraum- diniert. dende Schlüsselfaktor identifiziert. Ulrike Lorenz, Vorständin des Bay- nen wieder ins Blickfeld, hier spielen bedarf wie benannt im Allgäu weiter. Durch ihn lässt sich Wissen bündeln erischen Naturschutzfonds, überge- Leerstände, wie beispielsweise Althof Althofstellen können hier eine wich- ERKENNTNISSE UND und Interessenskonflikte können ef- ben. Als zentralen Punkt empfehlen die stellen, vermehrt eine Rolle. In Zeiten tige Ressource und eine Lösung sein EMPFEHLUNGEN fizient gelöst werden. Zudem tragen Projektakteure eine Förderoption für einer immer mobileren Gesellschaft ist - Vor allem auch im Kontext sich än- Der Verlauf und die Ergebnisse des die Workshopteilnehmer ihre Erfah- die Erstellung kommunaler Biodiversi- das temporäre und sogenannte „Mi- dernden Wohnvorstellungen im Sinne Projekts lassen keinen Zweifel beste- rungen und Erkenntnisse in ihre In- täts-Strategien. Denn mit einem star- krowohnen“ ein weiterer Trend. Auch von Nachhaltigkeit, Flächenverbrauch hen, dass Kommunen im Biodiversi- stitutionen und das private Umfeld. ken Bündnis zwischen den bayerischen das digitale Wohnen rückt stärker ins und Ressourcenschutz. Auch bieten sie tätsschutz eine Schlüsselrolle über- Dort schaffen sie Interesse und akti- Kommunen und dem Freistaat kann Blickfeld, das mit sich – spätestens seit sehr individuelle Wohnräume, die be- nehmen können. Angesichts der zu vieren weitere Personen den Prozess aus dem erfolgreichen Modellprojekt Corona – verändernden Arbeitsräumen wahrt werden wollen. Mit dem Projekt bewältigenden Aufgaben, die für ei- zu unterstützen. eine dauerhafte Erfolgsgeschichte für zusammenhängt: Steigende Pendel- möchte die Allgäu GmbH Eigentü- Foto: © Philip Herzhoff, Isenhoffs Büro nen Stopp des Artensterbens notwen- die biologische Vielfalt in Bayern ent- zeiten, Homeoffice und die Nachfra- mer:innen von leerstehenden Althof dig sind, muss deren Potenzial aktiviert • Nicht zu unterschätzen ist die gestei- stehen. ge nach regionalen Coworking-Spaces stellen ansprechen. Ziel ist es, sich werden. Dies bestätigen insbesonde- gerte Kosteneffizienz durch die brei- machen einen vernetzten Wohnraum einen unkomplizierten, niederschwel- re die Bürgermeister der Projektkom- te Beteiligung. Je nach Gebietsgrö- notwendig. ligen und doch umfassenden Zugang munen, die ihre Erfahrungen rege wei- ße und spezifischen Anforderungen zum Thema zu verschaffen: Auf wel- tergeben und sich nachdrücklich für können die Strategien mit ca. 35.000 Wohnraum ist und bleibt durch die- che großen Themen muss ich achten die Übertragung der Ansätze auf wei- bis 45.000 € (inkl. Nebenkosten und se beiden Entwicklungen ein wichtiger wenn ich in meinem Althof Wohnraum tere Kommunen einsetzen. Aus ihren USt) erstellt werden. Diese Kosten und sensibler Standortfaktor für Fach- schaffen möchte? Welche zentralen 52 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 53
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE Weitere Informationen erwünscht? ECKPUNKTE NACHHALTIGER riederer@allgaeu.de, hofliebe.allgaeu.de WOHNUNGSBAUPROJEKTE GEDANKEN DES WOHNUNGSWIRTSCHAFTLICHEN BERATERS DES VERBANDES BAYERISCHER WOHNUNGSUNTERNEHMEN VDW E.V. Text Patrik Zeitler, VdW Bayern tionen zum Einstieg gegeben. Ergänzt werden die Checklisten durch All- gäu-Tipps zu regionalen Projekten, In- Ideengeber und Mutmacher. Teilweise kann den Höfen im Rahmen von Bau- tagebüchern auch auf Instagram ge- W as macht guten Wohnungsbau aus? Worauf ist beim Neubau und Modernisierung von Wohngebäu- sondere im Bereich des sozialverträg- lichen Mietwohnungsbaus bezahlbar bleiben. itiativen oder Ansprechpartnern. Die folgt werden. den zu achten? Welche Aspekte sind Inhalte wurden im Rahmen von 20 re- wichtig, wenn sich Wohnungsunter- DAS GUT WOHNEN gionalen Expertengesprächen erarbei- Das Projekt wird gefördert im Rah- nehmen oder Kommunen auf den Weg Betrachtet man die Eigenschaften, die tet. men der Förderrichtlinie für Landes- machen, um Wohnungen zu sozialver- nachhaltige Wohngebäude auszeich- entwicklung FöRLa, Schwerpunkt Kon- träglichen Mieten zu bauen, bestehen- nen sind folgende Gesichtspunkte aus- Auch werden Hofporträts als Blogbei- version. de Gebäude zu sanieren oder Liegen- schlaggebend: träge erarbeitet. Verschiedene Hofpro- schaften komplett neuen Nutzungen jekte aus dem Allgäu werden hier nach zuzuführen? • Wohnungswirtschaftliches Konzept und nach vorgestellt – als Inspiration, • Partizipation Fragen sind im ersten Schritt zu klä- Beim Neubau ist es vor dem Hinter- • Wohnqualität ren? Anhand welcher Beispiele kann ich grund der aktuellen Debatten um den • Technische Qualität mich inspirieren lassen? Klimawandel selbstverständlich, dass • Ökologische Qualität die Gebäude einen hohen energeti- • Ökonomische Qualität PATRIK ZEITLER, WOHNUNGS- Nach und nach werden verschiedene schen Standard aufweisen. Beim Sa- • Prozessqualität WIRTSCHAFTLICHER BERATER Maßnahmen seit dem Jahr 2021 im nieren sind die Klimaziele stark im Fo- VDW E.V. Projekt umgesetzt: Eine davon ist die kus, idealerweise sind die Maßnahmen DAS WOHNUNGSWIRT- Masterclass Hoftransformation. Die in eine Gebäudestrategie eingebettet, SCHAFTLICHE KONZEPT „Masterclass Hoftransformation – All- schließlich soll der Bestand aller Lie- Neubauprojekte die mehr bieten als Verbesserung des Wohnangebotes und gäu Edition“ ist eine Veranstaltungs- genschaften bis 2045 CO2-neutral be- einfach „nur“ neue Wohnungen, be- des Wohnumfeldes. reihe für Interessierte Althofstellenbe- wirtschaftet werden. Nachhaltigkeit im nötigen ein wohnungswirtschaftliches sitzer/innen im Herbst/Winter 21/22, Wohnungsbau bedeutet jedoch mehr Konzept. Dabei kann der Schwerpunkt DER FAKTOR WOHNQUALITÄT die neben dem Thema Wohnraum auch als den Blick ausschließlich auf die auf das Thema familienfreundliches Bezüglich der Wohnqualität soll- zu neueren Nutzungsmöglichkeiten CO2-Emmission zu richten. Wohnen, seniorengerechtes Wohnen, te ein Mindestmaß an Qualitätsan- wie Coworking und Workation infor- inklusive Wohngruppen etc. gelegt sprüchen gefordert werden. Dabei sind miert. Die Masterclass ist eine Koope- ZUR AUSGANGSLAGE werden. Den Bedarf zu erkennen und die individuellen Aspekte, die im vo- ration mit CoWorkLand eG. Insgesamt Die reinen energetischen Maßnah- eine gute Mischung zu finden ist die rausgegangenen Prozess bei der Kon- 14 Hofprojekte aus dem ganzen Allgäu men für den Gebäudebestand erfor- Kunst bei der Entwicklung von Grund- zepterstellung formuliert wurden, mit- nehmen teil. Mehr als 50 Projekte hat- dern hohe Investitionen, deshalb ist stücksflächen und Wohnprojekten. einzubeziehen. Planerisch sind die ten sich beworben. Die Seminare fin- es besonders wichtig, parallel zu den Punkte umzusetzen und zu erläutern. den jeweils in transformierten Orten Klimaaspekten zukunftsfähige Nut- PARTIZIPATION Nach der Planungs- und Bauphase ist Foto: © Phillip Herzhoff, Isenhoffs Büro im Allgäu statt. zungskonzepte für die Gebäude und Ein Faktor für den Erfolg von innovati- die Nutzungsphase der längste Zeit- Wohnungen zu entwickeln. Diese Art ven Wohnkonzepten ist die Beteiligung raum im Lebenszyklus eines Gebäudes. Eine weitere Maßnahme sind Check- nachhaltige Gebäude bieten bereits der zukünftigen Bewohner und Nach- Deshalb sind zeitlose und allgemein- listen. Diese können online kostenlos heute einen höheren Wohnwert und barn an der Projektentwicklung. So gültige Qualitätsstandards zu beach- abgerufen werden. Zu verschiedenen besseren Komfort gegenüber konven- können die Interessen und Bedürfnisse ten. Themenblöcken wie Gebäude, Belas- tionellen Wohngebäuden, stellen sich der unterschiedlichen Anspruchsgrup- tungen, Steuerrecht, Dorfbild oder Sa- aber zugleich zukünftigen Anforderun- pen in der Planung berücksichtigt und Beispielhaft seien hier genannt, dass nierung etc. werden hier erste Informa- gen. Dennoch sollen die Mieten insbe- ausgeglichen werden und führen so zur Wohnräume generell gut belichtet sein 54 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 55
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE Weitere Informationen erwünscht? 089-29 00 20-436, Patrik.zeitler@vdwbayern.de sollten. Generell sollten neu gebaute griff in die Bausubstanz sollte für die Jahr 2020 wurde das Gebäudeenergie- hohe technische Standards einerseits ter Verwendung der staatlichen För- schaftlichen und sozialen Anforderun- Wohnungen barrierefrei errichtet wer- zukünftigen Eigentümer nicht zu auf- gesetz verabschiedet mit dem Ziel ei- und den Einsatz einer möglichst ro- derung wichtig. Mieten und die Höhe gen bei der Finanzierung öffentliche den. wendig werden, um zu gegebener Zeit nen möglichst sparsamen Einsatz von busten Technik andererseits aus. der Mietnebenkosten, also die Brutto- Fördermittel verwendet werden sollen. auch wirtschaftliche Lösungen umset- Energie in Gebäuden einschließlich ei- Warmmiete, müssen für die ausgewähl- Der Bund und der Freistaat Bayern un- Dabei sollen die Wohnungsgrundrisse zen zu können. ner zunehmenden Nutzung erneu- ÖKOLOGISCHE QUALITÄT te Zielgruppe bezahlbar bleiben. Die terstützen Bauherren und Gemeinden so flexibel sein, dass zu späteren Zeit- erbarer Energien zur Erzeugung von Bei der ökologischen Qualität werden Zukunftsfähigkeit des Gebäudes be- dabei, bezahlbaren Wohnraum zu pla- punkten, andere Schwerpunkte gesetzt TECHNISCHE QUALITÄT Wärme, Kälte und Strom für den Ge- zum Beispiel der Flächenverbrauch und misst sich auch an der Möglichkeit fle- nen und zu bauen. Die Antragsberech- werden können. Es gibt unterschiedli- Im Laufe der letzten Jahre wurden die bäudebetrieb zu erreichen. Nachhalti- die Flächenversiegelung beurteilt. Das xible Nutzungen der Gebäude in einem tigung, die damit verbundenen miet- che Wege oder Pläne diese Flexibilität technischen Anforderungen an nach- ge Gebäude im Bereich des Geschoss- bedeutet für die einzelnen Wohnun- veränderten Marktumfeld umzusetzen, rechtlichen Bindungen, Kombinationen herzustellen. Der Aufwand oder Ein- haltige Gebäude sukzessive erhöht. Im wohnungsbaus zeichnen sich durch gen entsprechend knapp geschnittene zum Beispiel um auf die Veränderun- der Fördermittel und Kooperation mit Grundrisse, die dennoch gut zu möb- gen durch den demographischen Wan- Partnern sind zulässig zum Teil sogar lieren sind. Eine weitere Möglichkeit del, der sich regional sehr unterschied- erwünscht. Die Vorteilhaftigkeit in Be- Flächen zu sparen sind Nutzungen, die lich vollzieht, zu reagieren. zug auf jedes einzelne Projekt ist dabei der einzelne Bewohner selten benöti- zu prüfen. Schließlich ist das Vergabe- get, gemeinschaftlich zu teilen. PROZESSQUALITÄT und Beihilferecht zu beachten. Bei der Prozessqualität werden alle So steigern zum Beispiel Werkstatt- Schritte von der Bedarfsplanung, über ZUSAMMENFASSUNG räume oder Gemeinschaftsräume den die Dokumentation der Bauausfüh- Nachhaltige, qualitativ überzeugende Wohnwert für die Hausgemeinschaft rung bis hin zur Inbetriebnahme und sowie sozial gewünschte Ergebnisse im aber auch jedes einzelnen Bewohners. Einweisung der Bewohner in die Haus- Bereich des öffentlich geförderten oder Auch die Verwendung von klimage- technik beurteilt. Gute Dokumentati- sozialorientierten Wohnungsbaus ent- rechten Baustoffen und der Einsatz von onen und Pläne helfen den zukünftigen stehen nur im Zusammenwirken vieler nachwachsenden Rohstoffen, wie zum Nutzern und Verwaltern die Gebäude- Experten mit ihrer jeweils spezifischen Beispiel zertifiziert regionales Holz, technik sachgerecht zu warten und zu Fachkompetenz. Aber der Einsatz lohnt werden zur Beurteilung der ökologi- pflegen und so die Langlebigkeit der sich, schließlich profitieren alle Betei- schen Qualität berücksichtigt. Anlagen zu steigern, was wiederum ei- ligten: die Bewohner oder zukünfti- nen nachhaltigen Einsatz der Ressour- gen Mieter, die sich über gesunden und ÖKONOMISCHE QUALITÄT cen und Kosteneinsparungen für zu- preiswerten Wohnraum freuen, die am Bei der Ökonomischen Qualität wer- künftige Instandhaltungsmaßnahmen Planungsprozess beteiligten Mitarbei- den unterschiedliche Dimensionen des bedeutet. ter, die zufrieden über eine erfolgrei- Neubaus betrachtet. Die Investitions- che Projektarbeit sein können, der (öf- kosten beim Bau der Anlage stehen im FÖRDERMITTEL fentliche) Auftraggeber und die Politik, Verhältnis zur Wertigkeit der verwen- Die Ausführungen zeigen die stetig die auf gelungene Projekte verweisen deten Materialien. Die Wartungs- und zunehmende Komplexität beim Planen, können. Foto: © Patrik Zeitler, Klaus D. Wolf Instandhaltungskosten über den Le- Bauen und Bewirtschaften von Wohn- benszyklus des Gebäudes sind ein gebäuden. Um den Anforderungen ge- wichtiger Aspekt für die Bewirtschaf- recht zu werden benötigt der Bauherr tung. Um bezahlbare oder sozialver- kompetente Partner und interdiszi- trägliche Mieten nachhaltig zu sichern, plinäre Teams mit entsprechendem sind langfristig angelegte und abge- Fachwissen. Insbesondere dann, wenn Nachverdichtung der Gartenstadt Nürnberg eG im denkmalgeschütztem Bereich sicherte Finanzierungsmodelle un- zusätzlich zu den technischen, wirt- 56 BAYERISCHER GEMEINDETAG 02/2022 02/2022 BAYERISCHER GEMEINDETAG 57
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