Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren

 
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Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Festschrift zum Jubiläum
            Mit Veranstaltungsplan

                    750   Jahre
                    GROßBEEREN
                          1271-2021
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Inhaltsverzeichnis
                                                                                      Auf einem Blick
                                                                     Grußwort des Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke    Seite 4
                                                                     Grußwort des Bürgermeisters Tobias Borstel             Seite 5
                                                                     Unsere Partnergemeinde gratuliert                      Seite 6
                                                                     Veranstaltungsbeirat                                   Seite 8
                                                                     Großbeeren blüht auf                                   Seite 9
                                                                     Streifzug durch die Geschichte                        Seite 10
                                                                     Lust auf mehr Geschichte(n)?                          Seite 33
                                                                     Das Jubiläumsjahr - Veranstaltungen und Projekte      Seite 34
                                                                     Eine bleibende Erinnerung                             Seite 52
                                                                     Die Jubiläumsmünze                                    Seite 53
                                                                     Danksagung & Sponsoren                                Seite 54
                                                                     Impressum                                             Seite 59

                                                        Titelbild:
         History, modernes Wachsen und junges Leben in Großbeeren
                                               von Ulrike Gollnow
2   Festschrift 750 Jahre Großbeeren
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Grußwort des Ministerpräsidenten                                                                                        Grußwort des Bürgermeisters
                              Dr. Dietmar Woidke                                                                                                                                                              Tobias Borstel
    Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kinder und Jugend-                                                                  Liebe Großbeerenerinnen und Großbeerener,
    liche, liebe Gäste!                                                                                                     liebe Gäste unserer schönen Gemeinde,

    Großbeeren ist typisch brandenburgisch und zugleich         Das rege Vereinsleben, das Miteinander der Genera-          2021 ist für uns kein Jahr wie jedes andere: In diesem Jahr   Ich freue mich, mit Ihnen gemeinsam das 750-jährige
    besonders! Die Gemeinde hat viele Jahrhunderte Ge-          tionen, die Partnerschaft mit der polnischen Gemeinde       feiert Großbeeren sein 750-jähriges Jubiläum, denn 1271       Jubiläum Großbeerens zu feiern und wünsche uns allen
    schichte auf dem Buckel und ist sehr gut aufgestellt für    Lewin Klodzki sind so beeindruckend wie die sehr gute       wurde der Ort „Grossen Berne“ erstmals urkundlich er-         gute Unterhaltung, wertvolle Momente und bleibende Er-
    die Zukunft. Sie ist fest im Land Brandenburg verankert     wirtschaftliche Entwicklung, die Infrastruktur, die Bil-    wähnt.                                                        innerungen.
    und weiß die Nähe zu Berlin zu nutzen.                      dungs- und Sozialeinrichtungen. Für die Zukunft ist Groß-
                                                                beeren gut gerüstet.                                        Mit Blick auf die Entwicklung Großbeerens in den vergan-      Möge das Jubiläumsjahr unseren Gemeinsinn beleben und
    Die Menschen in Großbeeren mussten in der Vergan-                                                                       genen Jahrhunderten zeigt sich eindrucksvoll, dass sich in    unsere Verbundenheit sowohl untereinander als auch zu
    genheit Kriege überstehen und in Friedenszeiten ihren       Ich wünsche Ihnen mit Ihren Familien, mit Freunden,         unserer Gemeinde Geschichtsbewusstsein und Zukunfts-          unserer schönen Gemeinde stärken.
    Lebensunterhalt auf kargen Böden mühselig erarbeiten.       Partnern und Gästen der Gemeinde ein erlebnisreiches        geist auf eine wunderbare Weise ergänzen. Dieser Be-
    Mittelalter, Preußen und Protestantismus haben in der       Jubiläumsjahr.                                              sonderheit soll auch im Jubiläumsjahr Rechnung getragen
    Gemeinde ebenso Spuren hinterlassen wie das wechsel-                                                                    werden. Wir möchten das Jubiläum zum Anlass nehmen,           Mit allerbesten Grüßen
    volle 20. Jahrhundert. Die legendäre Schlacht von 1813                                                                  uns die bedeutende Geschichte Großbeerens ins Be-
    verhalf Großbeeren zu einem Platz in den Geschichts-                                                                    wusstsein zu rufen, aber auch gemeinsam zu feiern und
    büchern und zu imposanten, das Ortsbild prägenden Bau-                                                                  Neues zu schaffen.
    werken. Doch auch die Alltagsgeschichte der sogenann-       Dr. Dietmar Woidke                                                                                                        Tobias Borstel
    ten kleinen Leute ist die Überlieferung wert. Der große     Ministerpräsident des                                       Bereits seit letztem Jahr plant der Veranstaltungsbeirat      Bürgermeister
    Festumzug im Jubiläumsjahr 2021 wird dazu bestimmt          Landes Brandenburg                                          gemeinsam mit Mitarbeitern der Verwaltung und vielen
    beitragen.                                                                                                              Akteuren unserer lebendigen Gemeinde die Veranstal-
                                                                                                                            tungen im Jubiläumsjahr. Entstanden ist ein bunter Blu-
    Geburtstage sind bekanntlich nicht nur für Erinnerungen                                                                 menstrauß an Events, Aktionen und Projekten, den wir
    gut, sondern auch für den Blick nach vorn. Ihre Gemeinde                                                                Ihnen mit dieser Broschüre überreichen möchten. Neh-
    ist voller Leben und Sie sind mit viel Freude und Taten-                                                                men Sie sich Zeit für diese interessante Lektüre und mar-
    drang unterwegs! Was Sie in den drei Jahrzehnten seit                                                                   kieren Sie schon jetzt die Highlights in Ihrem Kalender.
    der Neugründung Brandenburgs in Großbeeren geschafft
                                                                                     Foto: brandenburg.de

    haben, kann sich sehen lassen! Kommunalpolitik, Wirt-                                                                   Allen Organisatoren und Mitwirkenden unseres Jubilä-
    schaft und bürgerschaftliches Engagement greifen ineinan-                                                               umsprogramms gilt schon jetzt mein herzlichster Dank
    der - zum Wohle aller, die in Großbeeren, Diedersdorf,                                                                  für Ihr großartiges Engagement und die vielen kreativen
    Heinersdorf und Kleinbeeren leben, arbeiten und Urlaub                                                                  Ideen!
    machen.

4    Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                              Festschrift 750 Jahre Großbeeren   5
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Unsere Partnergemeinde gratuliert
                                  Lewin Klodzki
    MOST KTÓRY ŁĄCZY                                                                                                     EINE BRÜCKE, DIE VERBINDET

    Drodzy mieszkańcy Gminy Grossbeeren.                                                                                 Liebe Bürgerinnen und Bürger Großbeerens!

    Niewielu ludzi wie, że najdłuższy most świata ma            Należy również wspomnieć o pomocy mieszkańców i          Nicht viele Leute wissen, dass die längste Brücke der         1813. Dankbar erinnern wir uns an die Unterstützung
    dokładnie 300 kilometrów długości. Most, który łączy dwie   kościoła ewangelickiego z Grossbeeren w dofinanso-       Welt rund 300 km misst. Und zwar eine Brücke, die zwei        Großbeerens bei der Beschaffung eines Mercedes-Benz
    gminy partnerskie: Grossbeeren i Lewin Kłodzki, położony    waniu rekonstrukcji organów kościelnych w Lewinie        Partnergemeinden miteinander verbindet: Großbeeren            Feuerwehrautos und eines Schulbusses im Jahr 2009.
    na południu Polski. Most, którym regularnie od prawie 20    Kłodzkim. Za to wszystko jeszcze raz bardzo serdecznie   und das im Süden Polens gelegene Lewin Klodzki. Eine          Der Schulbus transportierte unsere Kinder 10 Jahre lang
    lat odbywa podróż młodzież z obydwu tych miejscowości       dziękujemy !
                                                                                                                         Brücke, die gerade unsere jungen Menschen seit nunmehr        sicher zur Schule. Nicht vergessen wollen wir auch die
    aby spotkać się ze swoimi przyjaciółmi mieszkającymi po
                                                                                                                         fast 20 Jahren regelmäßig nutzen, um sich mit Freunden        finanziellen Spenden Großbeerener Bürger und der Evan-
    drugiej stronie granicy.                                    Mamy nadzieję, że wspólnymi siłami uda nam się
                                                                utrzymać naszą cudowną współpracę jeszcze przez          beiderseits der Grenze zu treffen.                            gelischen Kirche bei der Rekonstruktion der historischen
    Spośród wszystkich pozytywnych aspektów naszej              długi czas. Dzięki ogromnemu zaangażowaniu wielu lud-                                                                  Orgel in der katholischen Kirche von Lewin Klodzki. Für
    współpracy to właśnie wymiana dzieci i młodzieży            zi pomogliśmy otworzyć się na świat kilku pokoleniom     Bei all den positiven Aspekten unserer Zusammenarbeit         all das möchten wir gerne nochmals Danke sagen!
    strażackiej jest tym, z czego możemy być najbardziej        młodych strażaków. Na pewno jeszcze wiele przed nami.    ist es vor allem der von unseren Feuerwehrorganisatio-
    dumni.                                                                                                               nen getragene Austausch von Kindern und Jugendlichen,         Wir hoffen, dass es uns mit vereinten Kräften gelingt, un-
                                                                A z okazji Waszego święta w imieniu wszystkich           auf den wir besonders stolz sein können.                      sere gute Zusammenarbeit noch für lange Zeit aufrecht
    Cała idea narodziła się w 2003 roku, jeszcze przed          mieszkańców Lewina Kłodzkiego oraz własnym życzę                                                                       zu erhalten. Mit dem großen Engagement vieler unserer
    wstąpieniem Polski do Unii Europejskiej. To wydarzenie      wszystkiego najlepszego, dużo zdrowia i świetlanej       Der Beginn unserer Partnerschaft geht auf das Jahr 2003       Bürgerinnen und Bürger können wir gerade jungen Men-
    zaowocowało nawiązaniem partnerstwa między Lewinem          przyszłości.
                                                                                                                         zurück, noch bevor Polen der Europäischen Union beitrat.      schen (bei uns am Beispiel der Jugendfeuerwehren) viel
    a Grossbeeren, które zostało uroczyście podpisane w lip-
                                                                                                                         Vereinzelte Zusammenkünfte mündeten in einer Partner-         gegenseitiges Verständnis mit auf den Weg geben. Sicher
    cu 2003 roku w Lewinie Kłodzkim. Niedługo później, Na-
    czelnik OSP Lewin Kłodzki, druh Artur Gajewski wyszedł      Z wyrazami szacunku                                      schaft zwischen Lewin Klodzki und Großbeeren. Im Juli         liegt dabei auch noch vieles vor uns.
    z inicjatywą organizacji obozów zimowych dla młodzieży                                                               2003 wurde unser Partnerschaftsvertrag in Lewin Klodzki
    strażackiej. Za sukcesem tego projektu niech przemawia      Wójt Gminy                                               feierlich besiegelt. Wenig später entstand beim Komman-       Anlässlich Ihres Ortsjubiläums wünschen wir Ihnen im
    fakt, że w tym roku mieliśmy przyjemność gościć młodzież    Lewin Kłodzki                                            danten der Freiwilligen Feuerwehr von Lewin Klodzki, Ar-      Namen der Einwohner von Lewin Klodzki alles Gute und
    z Grossbeeren na XVII Międzynarodowym Obozie Zimo-          Joanna Klimek                                            tur Gajewski, die Idee, zukünftig Winterferienlager für die   beste Gesundheit für eine erfolgreiche Zukunft.
    wym MDP i DJF.                                              Szymanowicz                                              Feuerwehrjugend zu organisieren. Und das war eine tolle
                                                                                                                         und erfolgreiche Idee. In diesem Jahr hatte Lewin Klodzki     Hochachtungsvoll
    Również młodzież z Polski regularnie odwiedza Gross-        Naczelink OSP                                            nunmehr bereits zum 17. Mal junge Menschen aus Groß-
    beeren podczas corocznych obchodów zwycięskiej              Lewin Kłodzki
                                                                                                                         beeren zu Gast. Unterstützt wurden die internationalen        Bürgermeisterin Lewin Klodzki
    bitwy na wojskami Napoleona w 1813 r.. Wyrażając            Artur Gajewski
                                                                                                                         Winterferienlager durch die nationalen Feuerwehrjugend-       Joanna Klimek Szymanowicz
    wdzięczność wspominamy również wymierne efekty nas-
    zej współpracy, mam tu na myśli pomoc w zakupie samo-                                                                organisationen unserer Länder.
    chodu pożarniczego m-ki ,,MERCEDES-BENZ” a w roku                                                                                                                                  Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Lewin Klodzki
    2009 autobusu szkolnego, który bezpiecznie przez 10 lat                                                              Auch unsere polnischen jungen Leute besuchten oft             Artur Gajewski
    dowoził nasze dzieci do szkoły.                                                                                      Großbeeren, insbesondere im Rahmen der jährlichen Fei-
                                                                                                                         erlichkeiten zum Sieg über napoleonische Truppen im Jahr      			                          übersetzt von Krystyna Anton

6    Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                           Festschrift 750 Jahre Großbeeren    7
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Veranstaltungsbeirat                                                                                                                                                  Großbeeren blüht auf
                     Für ein buntes Jubiläumsprogramm
    750 Jahre Großbeeren - 750 Gründe, zu feiern!                                                                                              Bereits im November 2020 haben Anwohner der Berliner Straße „Blumenpost“ von der Gemeinde erhalten.
                                                                                                                                               Die darin enthaltenen Blumenzwiebeln für Narzissen, Tulpen und weitere Frühjahrsblüher wurden fleißig
    Unter diesem Motto stecken wir seit vielen Wochen und                   Von der offiziellen Eröffnung des Jubiläumsjahres am               von den Großbeerenern in die Erde gebracht, sodass sich alle Einwohner und Gäste auf ein farbenfrohes
    Monaten in ehrenamtlicher Funktion als Veranstaltungs-                  Gedenkturm über die neuntägige Festwoche bis hin                   Spektakel entlang unserer Hauptverkehrsstraße freuen dürfen.
    beirat die Köpfe zusammen, entwickeln Ideen und Pläne                   zum feierlichen Abschluss des Jubiläums am Ende
    für zahlreiche Events im Jubiläumsjahr.                                 des Jahres gibt es zahlreiche Gelegenheiten, Groß-                 Auch der „Vorgarten“ des Rathauses wird während der Pflanzsaison verschönert und soll mit einer Blüten-
                                                                            beeren (neu) zu entdecken und gemeinsam zu feiern.                 pracht auf unser besonderes Jubiläum verweisen.
    Wir laden Sie herzlich ein, die vielen kleinen und gro-                 Wenn Sie das Jubiläumsjahr sogar aktiv mitgestalten
    ßen Veranstaltungen zu besuchen. Sie werden se-                         möchten, sprechen Sie uns an. Wir freuen uns über jede             Fühlen Sie sich herzlich eingeladen, auch Ihren Vorgarten oder Ihre Fensterbänke entsprechend unserem
    hen: Es wartet ein vielfältiges Programm auf Sie,                       helfende Hand!                                                     gemeinsamen Jubiläum zu gestalten.
    das in den kommenden zwölf Monaten dank der
    Hilfe zahlreicher Vereine und Einrichtungen in Zusam-                   Herzliche Grüße
    menarbeit mit der Gemeinde zum Leben erweckt wird.                      Ihr Veranstaltungsbeirat
                                                                                                                                               Herzlichen Dank!

    Die Mitglieder des Veranstaltungsbeirats: Jürgen Mittag, Sebastian Gresens, Hans-Peter Rottenbiller (Vorsitzender), Doreen Janke, Jochen
    Creutzfeld (v.l.n.r.); nicht auf dem Foto: Pfarrer Christian Manntz, Lothar Matthies

8    Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                                       Festschrift 750 Jahre Großbeeren   9
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Streifzug durch die Geschichte
                               von Manfred Michael
   Die Bedeutung des Ortes Großbeeren ist weniger seiner            wie dies alles ihr Vater und dessen Vorfahren als ererbtes   zu machen. Das Heu darf aber nicht verkauft oder ver-        nicht gewiß, quo casu es geschehen.“
   Gründung bzw. Ersterwähnung im Jahre 1271 geschul-               Lehen schon besaßen“, mitbelehnt. Eine weitere Quelle        schenkt werden, sofern keine Not besteht. Für den Fall
   det, sondern vielmehr der Tatsache, dass sich 542 Jahre          besagt, dass 1356 die bäuerliche Ansiedlung vier Hufen       meines Todes sollen meine Söhne Andreßn und Dither-          „Als der große Kurfürst im Jahre 1676 die Verwüstungen
   später in dem bislang unbedeutenden Ort am 23. August            umfasste (1 Hufe entspricht ca. 165.000 qm).1                ich von Berne und ihre Leute die Wiese in keiner Weise       der schwedischen Invasion untersuchte, fand er die Kir-
   1813 „Die Schlacht bei Großbeeren“ ereignete. Es war                                                                          nutzen, es sei denn, dass sie sich mit dem Herrn von         che in Großbeeren zwar nicht zerstört, aber verwüstet
   DAS Ereignis, das Großbeeren in die „Weltgeschichte“             Weiterhin wird im Landbuch Kaiser Karls IV. von 1375         Torgaw oder seinen Erben darüber verständigen...“. 1         und vernachlässigt, das Pfarrgehöft niedergebrannt. Ob
   eingehen ließ.                                                   über den Ort gesagt: „… dass Dorf „magna Berne“ be-                                                                       das durch die schwedische Invasion geschehen ist, ist je-
                                                                    steht aus 50 Hufen, davon hat 12 Wilke Berne und 2 der       Wie es um Pfarrer, Küster und Kirche stand, ist aus der      doch nach dem Folgenden sehr zweifelhaft. Der Kurfürst
   Zuvor hatte der Ort mit seinem Rittergutsbesitzer, v.            Pfarrer. Es gibt 36 Bauern, 8 Kossäten (Kleinbauern), ein    Matricul von 1600 zu ersehen. Diese ist das älteste vor      fand, so wird erzählt, auf dem Kirchhof den Küster und
   Berne (Beeren) und einer „Handvoll Untertanen“, mehr             Krug und eine Windmühle“. 1                                  Ort erhaltene Originaldokument. Es benennt die Besitz-       fragte ihn nach dem Namen des Dorfes, Patrons und Pre-
   oder weniger unbemerkt zwischen Heide, Wald, Wiesen                                                                           stände beziehungsweise Rechte der Genannten.                 digers. Da hörte er, dass seit 3 Jahren kein Prediger im
   und Sümpfen sein Dasein gefristet.                               im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz wird                                                                    Orte sei, da das Pfarrhaus abgebrannt und Patron und
                                                                    eine Urkunde vom 27. Oktober 1431 aufbewahrt, in des-                                                                     Gemeinde zu arm seien, es wieder aufzubauen. Da sprach
   In einer Urkunde von 1267, erscheint erstmalig der               sen Siegel bereits der Schwan enthalten ist, der noch heu-                                                                der Kurfürst, sofern der Patron nicht bauen wollte, wölle
   Name „Theoderich von Berne“, der sich im Gefolge des             te das Wappen Großbeerens ziert.                                                                                          er selbst bauen.“2
   Markgrafen Otto befunden haben soll. Ob Theoderich
   von Berne bereits im „Teltow“ Güter besaß, ist nicht                                                                                                                                       In Großbeeren ging das Leben indes weiter. 1741 berich-
   explizit erwiesen. Die Urkunde der Ersterwähnung von                                                                                                                                       tete Pfarrer Blume auf Anfrage darüber, was hier in den
   Großbeeren gilt als verschollen, wird jedoch in späteren                                                                                                                                   Jahren zwischen 1716 und 1740 sich an Bemerkenswer-
   Schriften zitiert. Auf diese bezieht sich schließlich die Fei-                                                                                                                             tem ereignete:
   er zur urkundlichen Ersterwähnung des Ortes.1                                                                                                                                              „Der Castor Michael Wegener ist, welcher in schuldiger
                                                                                                                                               Faksimile der Matricul von 1600 (3)            Treu seit 22 Jahren sein Amt ausübt. Der Ort blieb von
   Erwiesen ist hingegen, dass um 1317 Eckart von Berne                                                                                                                                       größeren Plagen, Seuchen und Katastrophen verschont.
   dem Markgrafen als Hofmarschall diente. Eckart v. Berne                                                                       Alles in allem war für das kleine Bauerndorf „Großen         Der Ort mit viel Wald umgeben ist und es hier viele
   besaß Groß- und Kleinbeeren und war zudem noch bi-                                                                            Berne“ und seine dort lebenden Menschen, abgesehen           Trappen und Hirsche gibt. Wegen der großen Armut
   schöflicher Vogt in Teltow. Der Markgraf hatte die Stadt                                                                      von der Obrigkeit, 350 Jahre lang keine signifikante Ent-    der Untertanen wird der Bestand der Hirsche jedoch
   Teltow wegen eines hohen Darlehens an den Bischof                                                                             wicklung zu verzeichnen.                                     zunehmend dezimiert. Es hier einen sehr guten und rei-
   Brandenburg verpfändet. Nachdem Eckart v. Berne ver-                                                                                                                                       nen Boden gibt, auf dem vornehmlich Erbsen, Gerste und
   storben war, belehnte der Markgraf Ludwig am 3. Janu-                                                                         Im Gegenteil! Infolge des „Dreißigjährigen Krieges“          anderes Getreide angebaut wird. In den harten Wintern
   ar 1344 dessen Besitztum und das bischöfliche Amt an             Der Text darauf lautet vereinfacht übertragen:               (1618-1648) versank das „Kurmärkische Land“ in Tod,          der Jahre 1716, 1729, 1731 und 1740 vielen Pferden und
   dessen Sohn Mathias. Außerdem wurde dessen Bruder                „Ich, Hanß von Berne, gebe mit diesem offenen Brief allen    Brandschatzung und Verwüstung. Im Großbeerener Kir-          Rindvieh die Füße und Ohren verfroren und die Tiere
   Otto als Knappe (Diener eines Ritters) „mit den Dörfern          zur Kenntnis, daß Herr Hans von Torgaw, Herr zu Czo-         chenarchiv sind über diese Zeit ein paar kurze Notizen       sehr entkräftet wurden und dass die Hälfte der Schweine
   groz et klejn Berne und allem Zubehör (Kirchenpatronat,          issin, mir und meinen Erben, Andreßn und Ditherich von       von früheren Pfarrern zu finden. So zum Beispiel:            starb, ansonsten aber nichts passiert sei.
   Ober-und Niedergericht, Jagd- und Krugrecht, Pfennig-            Berne und unseren Leuten aus Groß- und Kleinbeeren           „Hat die Pfarre seit etlicher 80 Jahre 3mahl das Schicksal   Groß Beeren den 4. Sept. 1741
   und Fruchtabgabe, Hand-, Spann- und Wagendienste),               gestattet, auf seiner Wiese unser Vieh zu hüten und Heu      gehabt abgebrannt zu werden. Anno 1672, es ist aber          Joachim Andreas Blume, Pastor loci.“2

10 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                                    Festschrift 750 Jahre Großbeeren   11
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
So verging Jahr um Jahr, bis zum „Siebenjährigen Krieg“         Eine nicht alltägliche Begebenheit nach dem Kirchenbrand         In Großbeeren teilte sich die Poststraße in eine längere       Es ist belegt, dass im Dorfkrug von Großbeeren (am
   (1756-1763), in dessen Verlauf Großbeeren 1760 erneut           von 1760 war, dass aus dem Brandschutt die Reste der             und eine kürzere Strecke (durch die heutige Trebbiner          heutigen Gedenkturm) die erste königliche Poststelle be-
   schmerzlich betroffen wurde.                                    geschmolzenen Glocken geborgen und daraus zwei neue              Straße). Die erstere verlief über Genshagen, Löwen-            stand. Mit dieser Postverbindung eröffneten sich hinsicht-
                                                                   gegossen wurden, die noch immer erhalten sind.                   bruch, Kerzendorf zum Südausgang von Thyrow.                   lich der Mobilität neue Perspektiven.
   Pfarrer Kortum hinterließ darüber folgende Notizen:
   „… Würde es Niemanden helfen zu spezifizieren was ich                                                                            In dem Genshagener Forst wurde die Poststraße als sol-         Ungeachtet dieser postalischen Neuerung verlief das Le-
   eigentlich durch Plünderung anno 1757, den 15ten Okto-                                                                           che „zu schmal, wenig ausgehauen, nicht gebahnt“ und in        ben in Großbeeren vermutlich weiterhin in Bescheiden-
   ber als der Oesterreichische General Haddick vor Berlin                                                                          der Nähe der Viehtränke als „höchst verbesserungswür-          heit und unspektakulär. Für Aufsehen sorgte lediglich der
   rückte verloren so wohl als anno 60 bey der gänzlichen                                                                           dig“ befunden.                                                 streitsüchtige Gutsherr „Arnold von Geist ansonsten von
   Einäscherung meines Hauses, man hat zwar alles spezi-                                                                                                                                           Beeren genannt“. Dessen mitunter skurrile Eskapaden
   fizieren müssen, allein es ist nichts vergütigt als was der                                                                      Der Streckenabschnitt zwischen Großbeeren und Gens-            und seine vielen Gerichtsverfahren sorgten für allgemei-
   große Gott vom Himmel durch gute Bürger uns gespen-                                                                              hagen trug die Bezeichnung „Kuhdamm“. Dieser ent-              ne Erheiterung, aber auch für Verärgerung.
   det, und der lebt noch und wird uns und unsere Kindern                                                                           spricht im wesentlichen dem Verlauf der heutigen Ver-
   Brod und Unterhalt reichen, und vor sie sorgen, ob mein                                                                          bindungsstraße nach Genshagen.                                 Arnold von Geist starb am 15. Dezember 1812 im Alter
   letzterer Verlust sehr merklich in dem ich kein Bette un-                                                                                                                                       von 66 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung in
   ter dem Leibe befindt, und meine Bibliothec die sich über                                                                                                                                       seiner Berliner Wohnung in der Behrenstrasse 69 und
   1800 kirchliche Bücher belief, daselbst mehr denn 300                                                                                                                                           wurde in einem Grabgitter auf dem Friedhof der Doro-
   Silberthaler an gewendet ohne was an seltenen und wa-            Die neu gegossenen Glocken - Links: Große Glocke von 1767 (5)                                                                  theenstädtischen Kirche am Oranienburger Tor beige-
   ren Schriften vom Vater Groß und Eltern vordem geerbt,                        Rechts: Kleine Glocke von 1770 (6)                                                                                setzt. Sein Grab ist nicht mehr erhalten. Mit ihm erlosch
   gänzlich beraubet worden. Welche betrübte und traurige                                                                                                                                          die 541 Jahre währende Präsenz derer von Beeren in
   Tage der H. unser Gott bald endigen wolle.                      Schon in jener Zeit bestanden vielseitige Beziehungen                                                                           Großbeeren. Herren kommen, Herren gehen, insofern
                                                                   zwischen den Orten bzw. Städten, welche über einfache                                                                           wird die Bevölkerung des Ortes seinen Tod mit Gelas-
   So geschehen Groß Beeren den 7ten Märtz 1761                    unbefestigte Wege, per Pferd, Pferdewagen oder zu Fuß,                                                                          senheit aufgenommen haben.
   Joachim Gottlieb Leonhard Kortum                                erreicht werden konnten. Beispielsweise betrug die Ent-
   Ascania - Halberstadiensis“2                                    fernung zwischen dem damaligen Mittelpunkt der Resi-                                                                            Doch was dann im Jahr darauf in Großbeeren geschah,
                                                                   denzstadt Berlin, dem Schloss, und Großbeeren ca. 2,5                                                                           hat die weitere Entwicklung des Ortes nachhaltig beein-
   Bis dato waren dem Ort                                          Meilen. Unter den gegebenen Bedingungen war das keine                                                                           flusst. Ja, man kann sagen, es war ein Ereignis, das selbst
   500 schwere Jahre beschie-                                      schwer zu überwindende Distanz. Großbeeren lebte also                                                                           ein Teil der „Weltgeschichte“ wurde.
   den. Irgendwann waren die                                       keineswegs in Abgeschiedenheit.
   Zerstörungen des Krieges                                                                                                                                                                        Am 23. August 1813 war es im Herzen des Dorfes
   in Großbeeren beseitigt                                         Gleichwohl war es für den Ort ein erster bedeutsamer                                                                            Großbeeren zu einer blutigen Auseinandersetzung mit
   und das althergebrachte                                         Fortschritt, als 1795 eine zweispännige Postkutschenver-                                                                        Napoleons Truppen gekommen, welche Berlin erneut
   einfache Leben nahm sei-                                        bindung zwischen Berlin und Luckenwalde eingerichtet                                                                            einzunehmen gedachten. Doch dieser Plan scheiterte an
   nen weiteren Verlauf.                                           wurde. „...In Mariendorf zweigt die alte Postroute nach                                                                         der Entschlossenheit des Generals von Bülow und dem
   Geblieben war die Ruine            Kirchensiegel Groß-Beeren,   Luckenwalde ab und erreicht über Marienfelde den Ort                                                                            Kampfeswillen der verbündeten preußischen, schwe-
   der Kirche, deren ehema-              mit der Abbildung der     Groß-Beeren. Groß-Beeren war nach Einrichtung der                                                                               dischen und russischen Truppen, allen voran des Kol-
   liges Aussehen aus einem           Ruine der 1760 zerstörten    Postroute ein Durchreiseort, was heißt, dass die Postkut-                                                                       berg´schen Regiments.1
   Siegel Abdruck vage zu er-                  Kirche. (4)         schen zum Aus- und Einsteigen sowie zum Pferdewechsel
   kennen ist.                                                     erst in Trebbin hielten.“3                                            Verlauf der beiden Streckenabschnitte der Postroute (7)

12 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                                          Festschrift 750 Jahre Großbeeren    13
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Dass bei dem Kampf von Mann zu Mann auf dem Alten               durch seine Majestät König Friedrich Wilhelm III., hatte       Beide Bauwerke waren eine Zierde für den Ort, die in                Zu wesentlichen Ver-
   Kirchhof, nördlich der Kirchenruine, auch eine Frau An-         das Ergebnis der Schlacht doch eine erneute Besetzung          Verbindung mit dem jährlichen Siegesfest zu einem wah-              änderungen       führte
   teil hatte, gehört auch zu den interessanten Großbeere-         der preußischen Hauptstadt verhindert. Selbiger hatte          ren „Pilgerort“ für die Bürger aus der Umgebung und                 die in jenen Jahren
   ner Episoden. Der Name dieser Frau lautet: Friederike           u.a. verfügt, dass an den Schlachtorten je ein gleichgestal-   Berlin wurden. Durch die lebhaften Kontakte zu anderen              begonnene        „Sepa-
   Auguste Krüger (* 1789 † 1848).                                 tetes Denkmal nahe der Kirche errichtet werden sollte          gesellschaftlichen Bereichen eröffnete sich für die Men-            ration (Flurbereini-
                                                                   z.B. auch in Dennewitz. Ungewollt kam damit ein „Stein         schen in Großbeeren ein neuer Horizont.                             gung)“ und „Ablösung
   Der damalige Ortspfarrer Carl Schultze würdigte im Jahr         ins Rollen“, da nun dem König zur Kenntnis gelangte, dass                                                                          des Naturalzehnts“
   darauf den Sieg in einem Gedenkgottesdienst, aus dem            in Großbeeren nur eine Kirchenruine vorhanden ist. Also        Die Freude über die neue Kirche wich jedoch bald einer              in Großbeeren. Den
   sich dann das alljährlich stattfindende Siegesfest in Groß-     verfügte seine Majestät, man möge auf seine Kosten eine        herben Enttäuschung. Schwammbefall und erhebliche                   „Ablösungsprozess“
   beeren entwickelte.                                             neue Kirche erbauen.                                           Baumängel führten zu schnell voranschreitenden                      und die „Flurberei-
                                                                                                                                  Zerstörungen an dem Bauwerk. Hinzu kam ein über                     nigung“ hatte der
   Der Sieg über die französischen Widersacher fand selbst-        1817 wurde zunächst das Siegesdenkmal und 1820 die             viele Jahrzehnte geführter Streit, wer, Fiskus und                  damalige Ritterguts-
   redend die besondere und die ausdrückliche Würdigung            neue Denkmalskirche in Großbeeren geweiht.                     Kirchengemeinde, welchen Anteil der Reparaturkosten                 besitzer Rudolf von
                                                                                                                                  zu tragen hat. Darüber hinaus kam es zwischenzeitlich               Beyer       maßgeblich 1817 Einweihung des Siegesdenkmals
                                                                                                                                  zu der Überlegung, ob man die Kirche nicht gänzlich ab-             mit vorangebracht.          unter Anwesenheit der Königlichen
                                                                                                                                                                                                                                   Hoheit Prinzessin Friederike (10)
                                                                                                                                  reißen solle.2                                                      Diese Angelegenheit
                                                                                                                                                                                                      war für Großbeeren
                                                                                                                                  1829 gab es in Großbeeren etwa 250 Einwohner, dar-                  insofern bedeutsam, da die Flurbereinigung zu einer Neu-
                                                                                                                                  unter 43 schulpflichtige Kinder. Die soziale bzw. ge-               aufteilung des Acker-, Wald- und Wiesenlandes führte,
                                                                                                                                  sellschaftliche Struktur stellte sich folgendermaßen dar:           von der im Besonderen der Lehrer und der Schmied
                                                                                                                                  Gutsherrschaft, Pfarrer, Küster/Lehrer, Bauern, je ein              partizipierten, die erstmalig eigenes Land zugewiesen be-
                                                                                                                                  Schmied, Müller, Zimmermann und Garnweber sowie die                 kamen.
                                                                                                                                  Hirten, Tagelöhner und das sonstige Gesinde.
                                                                                                                                                                                                      Andererseits bedeutete die Abschaffung des „Natural-
                                                                                                                                                                                                      zehnts“ für die Bauern eine Entlastung bei den Abgaben.
                                                                                                                                                                                                      Der Rezess (Vertrag) über die „Pfarr-Zehnt-Ablösung
                                                                                                                                                                                                      bzw. Flurbereinigung“ wurde 1830 zwischen dem Guts-
                                                                                                                                                                                                      herrn Beyer, der Pfarre, dem Schulzenamt, den Bauern/
                                                                                                                                                                                                      Kossäten sowie der Kirche im Grundsätzlichen besiegelt.2

                                                                                                                                                                                                      Ein weiteres Kapitel der Großbeerener Entwicklungsge-
                                                                                                                                                                                                      schichte begann mit dem Bau der Anhaltinischen Eisen-
                                                                                                                                                                                                      bahn. Der neue Rittergutsbesitzer, Rittmeister Franz
                                                                                                                                                                                                      Theodor Ludwig von Briesen, widersetzte sich dem Ein-
                                                                                                                                                                                                      zug des technischen Fortschritts. Letztendlich blieben sei-
                                                                                                                                                                                                      ne Querelen erfolglos.
                                                                                                                                  Die neue Kirche mit dem Siegesdenkmal (rechts) und links daneben
                                                                                                                                   das Denkmalswärterhaus in einer zeitgenössischen Darstellung (9)
                             Postkarte nach einem Gemälde von Anton Hoffmann, München (1863-1938) (8)

14 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                                              Festschrift 750 Jahre Großbeeren      15
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
Am 15. April 1839 erfolgte nahe Berlin der erste Spa-     Die Eröffnung der neuen Strecke gestaltete sich zu einem      Klasse beförderte. Morgens um 9 1/2 Uhr konnte dann        In jener Zeit stieg der Anteil der Handwerker und
   tenstich zum Bau der Anhalter-Eisenbahn. Doch bevor       Volksfest. Das Teltower Kreisblatt widmete dem Ereig-         nach Berlin gefahren werden. Einen regulären Personen-     Gewerbetreibenden im Ort deutlich an. Neben
   es dazu kam, waren umfangreiche und schwierige Vor-       nis einen Bericht: „Längs der Gleise zogen sich jeweils       zug-Verkehr, mit Halt in Großbeeren, gab es erst ab dem    Schmied, Müller und Gastwirten waren nun mehr-
   arbeiten erforderlich, wie zum Beispiel der Erwerb des    Zäune bis zu den Übergängen hin. Für die Regelung des         Frühjahr 1847.                                             fach Händler, Schneider, Schuhmacher, Fleischer/
   Baulandes. Das „Eisenbahn-Enteignungsgesetz“ von 1839     Verkehrs sorgten Bahn-Wärter, die in Buden stationiert                                                                   Schlächter, Maurer, Zimmermänner, Pantinenma-
   war hierbei sehr hilfreich. Zu den Vorarbeiten gehörten   waren. Diese waren in Sichtweite aufgestellt, so dass die     1829 gab es wie erwähnt, in Großbeeren etwa 250 Ein-
                                                                                                                                                                                      cher, Barbier und weitere Berufsgruppen im Ort
   auch umfangreiche technische Erprobungen und Probe-       Wärter die Arme des Signals an der nächsten Bude noch         wohner. Um 1850 war die Anzahl der Einwohner bereits
   fahrten, die ab Mai 1841 aufgenommen und dann täglich     erkennen konnten“.3                                           auf ca. 410 Personen angestiegen. Durch weitere An-        vertreten. So mancher Wandergeselle oder auch
   fortgesetzt wurden.                                                                                                     siedlungen und der damit verbundenen Errichtung neu-       Arbeitssuchende aus den östlichen Landesteilen des
                                                             In Großbeeren hielten die Züge jedoch noch nicht, hier        er Wohn- und Wirtschaftsbauten begann sich auch das        Preußischen Reiches hatten dazu beigetragen.
   Spektakulär war eine Wettfahrt zwischen einer engli-      war noch kein Bahnhof, sondern nur ein Haltepunkt mit         Ortsbild zu verändern.
   schen und einer deutschen Dampflokomotive am 24. Juni     Güterabfertigung und einer Wasserstelle für die Loko-                                                                    Damit einhergehend begann sich auch das gesell-
   1841. Die deutsche „Borsig Lokomotive“ ging aus diesem    motiven.                                                      Zunächst erfolgte die Ortserweiterung im Anschluss an      schaftliche Leben zu verändern, was in der Grün-
   Wettbewerb siegreich hervor, sogar die Engländer waren                                                                  die südliche Dorfaue (heutige Genshagener Straße) und      dung der ersten Vereine zum Ausdruck kam. Den
   von deren Qualität überzeugt.                             Ungeachtet der Ablehnung des neuen Verkehrsmittels            auf der rechten Seite am Anfang der heutigen Berliner      Anfang machte der Kriegerverein „1874“ und der
                                                             seitens des Rittergutsbesitzer v. Briesen fand das neue       Straße.                                                    Männergesangsverein „Germania“, die beide über
   Am 01. Juli 1841 erfolgte die Übergabe der eingleisigen   Verkehrsmittel zunehmend mehr Fürsprecher. In Groß-                                                                      viele Jahrzehnte bestanden.
   Bahnstrecke Berlin-Teltow-Großbeeren-Ludwigsfelde-        beeren war es Pfarrer Schultze. Seiner Initiative war es zu   1868 erhielt der kleine ländlich geprägte Ort ein re-
   Jüterbog. Noch am gleichen Tag verkündete die Ober-       verdanken, dass anlässlich des Siegesfestes am 23. August     spektables und repräsentatives Bahnhofsgebäude. Offen-
   Postdirektion, dass die Personen-Post von Berlin über     1841 die ersten Sonderzüge nach Großbeeren fuhren. Ab         sichtlich mit Bedacht errichtet, denn um 1870 erschienen
   Großbeeren (Trebbiner Weg) bis nach Jüterbog mit so-      1842 hielt täglich, abends um 6 3/4 Uhr, ein Güterzug         erste Berichte in der Presse, aus denen hervorgeht, dass
   fortiger Wirkung eingestellt wird.                        in Großbeeren, welcher auch Personen in der II. und III.      der Bahnhof Großbeeren dem Kaiser bei seinen Reisen
                                                                                                                           gen Süden als Abfahrts- und Ankunftsbahnhof diente.
                                                                                                                           Großbeeren war somit, zumindest zeitweilig, ein „Kai-
                                                                                                                           serbahnhof“. Im Bahnhofsgebäude gab es demgemäß auch
                                                                                                                           ein „Exzellenzen-Zimmer“. 1884 endete für den Bahnhof
                                                                                                                           Großbeeren die Ära als „Kaiserbahnhof“.

                                                                                                                           Für einen nachhaltigen Aufschwung im Bereich
                                                                                                                           Handwerk und Gewerbe sorgte die neue Gewer-
                                                                                                                           beverordnung von 1869. Die Bedingungen ein „Ge-
                                                                                                                           schäft“ zu eröffnen waren erleichtert worden. Einer
                                                                                                                           der ersten, die davon partizipierten, war der Büdner         Männergesangsverein „Germania“ mit den „Ehrenjungfrauen“
                                                                                                                           und Ackerpächter Johann Gottfried Reinicke (1820-                      anlässlich der Bannerweihe 1930 (13)
                                                                                                                           1871), der eine Schankkonzession erhielt und eine
                                                                                                                           Wirtschaft mit Biergarten eröffnete. 1875 gab es ins-
             1841 Die siegreiche, von Borsig entwickelte                 Ehemaliger Kaiserbahnhof Großbeeren.              gesamt vier Lokale für die 840 Einwohner von Groß-
                     deutsche Lokomotive (11)                            Hier auf einer Postkarte von 1902 (12)            beeren.

16 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                             Festschrift 750 Jahre Großbeeren   17
Festschrift zum Jubiläum - Mit Veranstaltungsplan - 750 Jahre - Gemeinde Großbeeren
In jener Zeit trugen sich auch einige sonderbare Din-   Steuer betrug 6 Mark pro Jahr. Steuerbefreit waren     Nebenher mussten zur                                    bau war in Großbeeren ausgeschlossen worden, bis
   ge zu: 1876 wurde beispielsweise im Teltower Kreis-     Wachhunde, die eine weiße Marke erhielten. Zuwi-       Ableitung der verrie-                                   auf einige Flächen, die mit Kohlrüben besät wurden,
   blatt über eine für die hiesige Region ungewöhnliche    derhandlungen wurden durch eine Geldstrafe oder        selten Abwässer wei-                                    die aber im Wachstum gegenüber den der örtlichen
   Heuschreckenplage berichtet:                            ersatzweise Haft geahndet.3                            tere    wasserbauliche                                  Bauern Großbeeren weit zurücklagen.“3
   „Auf der Anhaltinischen Eisenbahn bietet sich hin-                                                             Maßnahmen ausgeführt
   ter dem Bahnhof Großbeeren seit einigen Tagen ein       Die allgemein voranschreitende Industrialisierung      werden, die weit über                                   Andererseits wurde über die bereits fertiggestellten
   eigenartiger Anblick dar. Dort bewegt sich unaus-       fand in Großbeeren eine Fortsetzung, als 1882,         die Grenzen des Ortes                                   Flächen berichtet, „daß diese wie auf Zauberschlag
   gesetzt ein langer Heuschreckenzug über die Bahn        nördlich des heutigen Instituts, eine dampfbetriebe-   hinausreichten.                                         aus öder Steppe in blühende Fluren verwandelt wur-
   hin. Die Züge fahren auf den Schienen über die Tiere    ne Hanffabrik errichtet wurde. Dort wurde der Hanf                                                             den.“
   fort und nach dem Passieren jeden Zuges haben die       verarbeitet, der damals großflächig um Großbeeren      Im Mai 1884 war die
   Wärter Mühe, die Schienen von dem in Folge des          herum angebaut wurde.                                  Geländeregulierung na-                                  1885 waren die technischen Vorbereitungsarbeiten
   Tötens der Tiere an denselben klebenden Schleim                                                                hezu vollendet. Noch                                    soweit abgeschlossen, dass mit der Verrieselung der
   zu befreien.“3                                                                                                 waren außer 40 Pfer- Wahrzeichen von Großbeeren: Das    Berliner Abwässer in Großbeeren begonnen wer-
                                                                                                                  den und 60 Ochsen Standrohr am Trebbiner Weg (15)       den konnte. Damit etablierte sich in Großbeeren
   1876 gab es in Großbeeren noch keinen Arzt, aber                                                               etwa 400 freie Arbei-                                   zugleich eine neue, personell relativ umfangreiche
   einen gefährlichen „Medizinalpfuscher“. Es war ein                                                             ter und 180 Häuslinge (Personen in staatlicher Ver-     Berufsgruppe „Rieselwärter-Feldhüter“.
   ehemaliger vorbestrafter Maurergeselle, der sich                                                               wahrung, die zwangsweise zur Arbeit erzogen wer-
   das Prädikat „Mediziner“ angeeignet hatte und ohne                                                             den sollten) auf der Baustelle tätig.3
   polizeiliche Genehmigung eine Irrenanstalt in Groß-
   beeren etablierte, in der er zwei Patienten betreute.                                                          Die Erwartungen an einen wirtschaftlichen Auf-
   Der Schwindel flog jedoch auf und der falsche Medi-                                                            schwung waren hoch und es bestand eine gewisse
   ziner entfloh.                                                    Beispielbild für einen bei den Stadtgütern   Aufbruchsstimmung, über die ein Chronist seiner
                                                                          gebräuchlichen Dreschsatz (14)
                                                                                                                  Zeit schrieb:
   1876 sorgte der erstmalige Einsatz einer Dreschma-                                                             „Unser Ort hebt sich immer mehr, besonders scheint
   schine auf dem Gut in Großbeeren für Aufmerksam-        Auf den Flächen des Stadtgutes in Osdorf und Klein-    sich hier eine lebhafte Industrie zu entwickeln. Seit
   keit. Das Gut befand sich bereits im Besitz der Stadt   beeren wurden bereits Abwässer aus Berlin verrie-      einiger Zeit ist hier eine Fabrik mit Dampfbetrieb im
   Berlin, die mit ihren Ländereien noch so einiges vor-   selt. In Großbeeren hingegen waren auf den 4.600       Gange, welche den von den Rieselfeldern gewonne-
   hatte.                                                  Morgen Rieselland, die 1882 in städtischen Besitz      nen Hanf zur Fabrikation vorbereitet. In derselben
                                                           übergegangen waren, umfangreiche Geländeregulie-       fanden viele Arbeiter lohnende Beschäftigung.“3
   Offensichtlich verursachte die Ortsentwicklung zu-      rungsarbeiten, die Gestaltung der Verrieselungsflä-
   nehmend steigende Ausgaben. Der Gemeindevor-            chen (Rieseltafeln) und die Fertigstellung der tech-   Bezüglich dessen, was in Großbeeren und Umge-           Rieselwärter Hanne alias „der dicke Hanne“ am Verteiler-Ventil (16)
   stand beschloss daher am 23. Februar 1878 mit           nischen Einrichtungen noch nicht abgeschlossen. Ein    bung im Entstehen war, gab es recht widersprüchli-
   Wirkung vom 1. Juli eine Hundesteuer einzuführen.       markantes technisches Teilstück des Systems war        che Berichte in der Presse. Einerseits wurde beklagt,   In den nun folgenden Jahren entwickelte sich tatsäch-
   Diese galt grundsätzlich für alle Hunde ab deren        und ist das Standrohr am Trebbiner Weg, das zum        „… dass die mit Mais, Hanf und Gras bestellten Flä-     lich eine erfolgreiche Nutzung und gewinnbringende
   dritten Lebensmonat. Steuerpflichtige Hunde waren       Wahrzeichen von Großbeeren wurde.                      chen einen kläglichen Eindruck machten. Der Mais        Bewirtschaftung der Rieselfelder.
   mit einer gelben Steuermarke zu kennzeichnen. Die                                                              und Hanf waren noch nicht aufgegangen. Gemüsean-

18 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                    Festschrift 750 Jahre Großbeeren         19
Die Wirtschaftswege zwischen den Rieselfeldern           Signifikant daran waren die straßenseitig gelegenen                   Dass es dem Ort wohl erging und man sich auch
   waren beidseitig mit Obstbäumen der gängigsten           Terrassen oder Loggien. Hier verbrachten die Be-                      gern so und mit seiner Historie präsentierte, kam
   Sorten bepflanzt (im Gutsbezirk Großbeeren waren         wohner ihre Mußestunden, sofern sie nicht in einem                    auch an anderen Bauwerken, die gegenwärtig noch
   es ca. 14.000 Stück) und andere Bereiche der Rie-        der zehn Vereine am gesellschaftlichen Leben teil-                    bestehen, zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang
   selfelder waren mit Korbweiden bepflanzt.                nahmen.                                                               kann die am ehemaligen Standort der Windmühle
                                                                                                                                  errichtete Bülow-Pyramide (1906), der Schulneu-
   „Die Korbweiden haben einen so vorzüglichen Er-          Einige dieser Häuser mussten inzwischen der „Neu-                     bau (1910), der Bau des Postgebäudes (1912) und
   trag ergeben, daß eine Vermehrung der Korbwei-           zeit“ weichen oder wurden bis zur Unkenntlichkeit                     als „Krönung“, die Errichtung des Gedenkturmes
   denkultur in der Verwaltung der Rieselgüter in si-       umgebaut. Nur wenige sind noch nahezu im Original                     (1913) genannt werden. Von der oberen Plattform
   chere Aussicht genommen ist. Es wird beabsichtigt        erhalten.                                                             bietet sich ein weiter Rundblick bis in die Stadt Ber-
   durch die Kulturen auf den Rieselfeldern den ganzen                                                                            lin hinein. Das neue Wahrzeichen zog viele Besucher
   Bedarf der Berliner Korbmacher an Rohmaterial zu                                                                               und Ausflügler an.
   decken und die Fremde Weide von dem dortigen
   Markte ganz zu verdrängen.“3                                                                                                   Die Feierlichkeiten um das historische Erbe ließen
                                                                                                                                  die Bemühungen zur Gründung einer „Freiwilligen
   Äußerst erfolgreich entwickelten sich die mit dem                                                                              Feuerwehr“ in den Hintergrund treten. Am Endes
   italienischen Rheygras kultivierten Rieselflächen, das                                                                         des Jahres 1913 wurde diese nach einigen vorher-
   6 bis 7 Schnitte pro Jahr ermöglichte.                                                                                         gehenden Querelen am 29. Dezember gegründet.
                                                                                                                                  Etwas später stellte diese zeitweilig ihre Arbeit bis
   „Die Grasernte auf den städtischen Rieselgütern ist                                                                            zu einer Neubelebung im Jahre 1925 ein. Seither
   in diesem Jahre eine äußerst glänzende und über-                                                                               entwickelte sich diese bis in die Gegenwart zu einer
   steigt dieselbe der vorjährigen um ein ganz Bedeu-                                                                             modernen, technisch gut ausgerüsteten und schlag-              Mit einem großen Volksfest ergreifen die Großbeerener
   tendes, da auf den Wiesen bereits die dritte Mahd                                                                              kräftigen Wehr.                                                       Besitz von ihrem neuen Wahrzeichen (20)
   stattgefunden hat und voraussichtlich noch zwei Mal
   gemäht werden wird. Ebenso ist die Kartoffelernte
   eine sehr günstige, denn Tag für Tag sind die Häus-
   linge fast ausschließlich mit Kartoffelbuddeln be-
   schäftigt…“3

   Um 1900 betrug die Anzahl der Einwohner in Groß-
   beeren 1.351 Personen. Der gestiegene Wohlstand
   gegen Ende des 19. Jahrhundert und auch nach der
   Jahrhundertwende führte in Großbeeren zu einer
   regen Bautätigkeit, in deren Ergebnis auch etliche
                                                            Oben: Dorfaue 17; erbaut 1903; noch fast im Original vorhanden (17)    Enthüllung des Denkmals auf dem Schlachtfeld von Großbeeren           Freiwillige Feuerwehr Großbeeren (21)
   repräsentative Gebäude von Bauern und Handwer-
                                                            Unten: Die Berliner Straße mit dem 1912 erbauten Postgebäude (18)             1906; Stadtrat Marggraff (x) hält die Festrede (19)
   kern entstanden.

20 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                                    Festschrift 750 Jahre Großbeeren   21
Die bislang erfolgreiche Entwicklungsgeschichte des        Nach dem Krieg herrschten in Großbeeren über                       Für Großbeeren war die Firma Siegfried ein beacht-     Jugend im Ort der Entschluss, einen Fußballverein zu
   Ortes fand mit dem Beginn des I. Weltkrieges am 01.        mehrere Jahre ein allgemeiner Notstand und chaoti-                 licher Arbeitgeber.                                    gründen. Bis dato gab es in Großbeeren 18 Vereine
   August 1914 zunächst ein jähes Ende. Etliche junge         sche politische Verhältnisse.                                                                                             unterschiedlichsten Couleurs.
   Männer aus dem Ort meldeten sich freiwillig zum                                                                               Im gleichen Jahr kam es noch zur Gründung der
   Kriegsdienst. Schlecht ausgebildet und unerfahren          Die Inflation von 1923 brachte viele Menschen an                   „Moor-Versuchsanstalt“ in Großbeeren, bei der sei-     Mit der Gründung des 19. Vereins, dem Fußballver-
   fanden sie schon in den ersten Tagen des Krieges           den Rand des finanziellen Ruins und zu all dem kam                 ner Zeit noch in keiner Weise erkennbar war, wel-      ein „Grün-Weiß-Großbeeren“, am 27. Januar 1929
   den „Heldentod“. Nach den ersten zu beklagenden            1929 noch die Weltwirtschaftskrise hinzu. Als „Er-                 che Bedeutung diese einmal für Großbeeren haben        entstand einer der zukünftig bedeutsamsten Verei-
   Todesopfern, der zeitlichen Ausdehnung des Krie-           innerungsstück“ an jene Jahre ist das sogenannte                   sollte.                                                ne, der auf Anhieb erfolgreich war. 1932 wurde in
   ges und den zunehmend größer werdenden Entbeh-             Millionen-Haus“ in der Berliner Straße 60 bis in die                                                                      Großbeeren noch ein Anglerverein gegründet, der
   rungen für die Zivilbevölkerung, war die anfängliche       Gegenwart erhalten geblieben. Der Bau des Hauses                                                                          bis in die Gegenwart hinein alle nachfolgenden poli-
   Kriegseuphorie der Ernüchterung und Bestürzung             wurde 1922 begonnen. Nach der Fertigstellung im                                                                           tischen Widrigkeiten überlebte.
   gewichen. Am Ende des Krieges war die Bilanz er-           Jahr darauf wurden die Kosten in „Billionen“ abge-
   nüchternd: 88 Väter und Söhne des Ortes waren im           rechnet.                                                                                                                  Mit der Machtergreifung der Nazis im Januar 1933
   Krieg gefallen.                                                                                                                                                                      begann ein dunkles Kapitel in der Geschichtsschrei-
                                                              Die 1925 so unmittelbar nach der Inflation erfolgte                                                                       bung des Ortes. Es begann damit, dass nach einem
   Zwei Jahre nach Kriegsende bestand der Wunsch,             Gründung der Firma „Gebrüder Siegfried-Fahrzeug-                                                                          Fackelzug am 22. Februar 1933 in der Nacht das
   den Gefallenen ein künstlerisches Denkmal zu er-           bau/Großbeeren-Berlin“ war ein mutiger Schritt in                                                                         Armenhaus in der Berliner Straße 58 vorsätzlich in
   richten, das der historischen Bedeutung unseres            Richtung Zukunft. Im Verlauf der Jahre wurde „Sieg-                                                                       Brand gesteckt wurde.
                                    Ortes       entspricht.   fried-Karosserie-und Fahrzeugbau“ allmählich zu ei-                     Rechts vom „Moorweg“ (Echtermeyer-Weg) gelegene
                                    Das      „Monument“       nem Qualitätsbegriff, der in der Fachwelt bestens                                      Versuchsfelder (24)                Die Tat war gegen den dort wohnenden SPD-Mann
                                    konnte wegen der          bekannt war. Der Karosseriebau erstreckte sich zu-                                                                        Karl Schlombach gerichtet. Im Nachhinein wurde
                                    beschränkten finanzi-     nächst vornehmlich auf Karosserien für Lieferwagen.                Die „Moor-Versuchs-Anstalt Großbeeren“ wurde           diesem die Brandstiftung angelastet und er wurde
                                    ellen Mittel nicht rea-                                                                      auf Veranlassung von Prof. Dr. Theodor Echtermey-      daraufhin verhaftet. 1945 kam er im KZ Bergen-Bel-
                                    lisiert werden. Man                                                                          er (*1863 †1932) als Lehr- und Forschungsanstalt       sen ums Leben.
                                    begnügte sich mit                                                                            für Gartenbau Berlin-Dahlem gegründet. Da das für
                                    einer einfachen Lö-                                                                          die Forschungsstätte zur Verfügung gestellte Gelän-
                                    sung. Die Namen der                                                                          de vornehmlich ein Moorgebiet war, führte dies zur
                                    Gefallenen wurden                                                                            Namensgebung „Moor-Versuchsanstalt“.
                                    auf vier Marmortafeln
                                    eingraviert, welche                                                                          1929 war die Anzahl der Einwohner auf ca. 1.800 Per-
                                    1922 am Siegesdenk-                                                                          sonen angestiegen. Einhergehend mit der wirtschaft-
                                    mal angebracht wur-                                                                          lichen Entwicklung vollzogen sich auch innerhalb der
                                    den, die jedoch nach                                                                         Gesellschaft bemerkenswerte Veränderungen, dies
       1922 Die am Siegedenkmal      1990 spurlos ver-                                                                           vor allem hinsichtlich der Freizeitgestaltung. Über-
      angebrachten Marmortafeln mit  schwanden.                 Lieferfahrzeug mit einer von der Firma „Siegfried“ aufgebauten   all in Deutschland war zu dieser Zeit der Fußball im
      den Namen der Gefallenen (22)                                       Karosserie einschließlich Werbeaufschrift (23)                                                                    Die Brandruine des „Armenhauses“ am Tag danach (25)
                                                                                                                                 Vormarsch. In diesem Jahr reifte bei der sportlichen

22 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                              Festschrift 750 Jahre Großbeeren   23
Die Reichstagswahl am 05. März 1933 verdeutlichte       Ein großes Spruchband mit Tannengewinden heißt              „Jeder der Läufer trug die Flamme über 1.000 m.         Vor Beginn der eigentlichen Gleisarbeiten müssen
   die politischen Verhältnisse in Großbeeren. Auf den     den Fackel-Staffel-Läufer an der Kreisgrenze will-          Der kunstvolle Fackelschaft aus Kruppschem Niros-       umfangreiche Erdarbeiten bewältigt werden. Stellen-
   ersten Rängen platzierten sich mit einer Stimmen-       kommen. An allen Straßenkreuzungen wird für wei-            tastahl bleibt in ihrem Besitz und wird ihnen noch im   weise sind umfangreiche Planierungen notwendig,
   anzahl von:                                             teren würdigen Schmuck Sorge getragen werden.               hohen Alter eine stolze Erinnerung an ihre Mitwir-      so daß insgesamt 1,5 Millionen Kubikmeter Sand
   606 - NSDAP                                             Um 8 Uhr 55 Minuten trifft der olympische Fackel-           kung bei diesem historischen Lauf sein“. 3              herbeigeschafft werden müssen. Diese Sandmassen
   272 - SPD                                               Staffel-Läufer in Trebbin, um 10 Uhr 25 Minuten in                                                                  kommen fast ausschließlich von Berliner Baustellen
   257 - KPD. 3                                            Großbeeren ein. Um 10 Uhr 48 Minuten übernimmt              Aus allen Nachrichten jener Zeit geht hervor, dass      und aus der näheren Umgebung.
                                                           der 73. Läufer des Gaues Berlin Brandenburg das             in Großbeeren, wie auch in ganz Deutschland, eine       Die Gesamtlänge des Verschiebebahnhofs soll 4,2
   Die im Juni 1933 durchgeführte Volkszählung ergab,      Feuer auf Groß-Berliner Gebiet…“3                           erwartungsvolle Aufbruchsstimmung herrschte.            Kilometer betragen. Die Ausführung der erforder-
   dass Großbeeren 1.982 Einwohner hatte, darunter                                                                     Wirtschaftlich ging es wieder aufwärts. Im Rahmen       lichen Randbauten, die zu einem Güterbahnhof ge-
   1.023 männliche und 959 weibliche Personen. Die         Großbeeren war an der Vorbereitung der Spiele im            des geplanten gigantischen Umbaus der Reichshaupt-      hören, bleibt einem späteren Zeitpunkt vorbehalten.
   Schule des Ortes besuchten 210 Schüler.                 besonderen Maße beteiligt, da das Olympische Feuer          stadt war auch für Großbeeren ein Großbauwerk           Im Herbst 1940 soll das letzte Gleispaar des neuen
                                                           über die durch Großbeeren führende Reichsstraße             vorgesehen. Hier sollte der größte Rangierbahnhof       Verschiebebahnhofs seiner Bestimmung übergeben
   Das sportlich herausragende Ereignis des Jahres         101 getragen werden sollte. Doch bis es soweit war,         für Berlin entstehen.                                   werden.“3
   1936 waren die Olympischen Spiele in Berlin. Be-        mussten auf Grund „höherer Weisung“ die Durch-
   kanntlich nutzte das NS-Regime die Olympischen          gangsorte in einen ordentlichen Zustand versetzt            1938 begannen umfangreiche Arbeiten zur Errich-
   Spiele zur Verbreitung ihrer Ideologie. Mit großan-     werden.                                                     tung des Rangierbahnhof.
   gelegten Pressekampagnen wurden die Bürger des
   Landes darauf eingestimmt. So war zum Beispiel im       Drei Sportlern aus Großbeeren wurde die Ehre zu-            „Verschiebebahnhof Großbeeren wächst aus der
   Teltower Kreisblatt ein umfangreicher Aufruf unter      teil, die Flamme je ein Stück des Weges in Richtung         Erde. Seit drei Monaten sind die Arbeiten an dem
   dem Titel:                                              Berlin zu tragen. Auserkoren wurden Max Voigt,              im Zuge der Neugestaltung der Reichshauptstadt
                                                           Hermann Wuthe und Willi Marquardt. Nach dem                 entstehenden Verschiebebahnhof Großbeeren in
   „Auch der Teltow wird im Festschmuck prangen.           Fackellauf berichtete die Presse noch ergänzend:            vollem Gange. In den beiden Endpunkten der Bau-
   Schmückt die Häuser zu den Olympischen Spielen.                                                                     stelle, in der Nähe der Ruhlsdorfer Chaussee und
   Die letzte Strecke des Olympischen Fackel-Staffel-                                                                  am Westrande des Teltower Güterbahnhofs, zeigen
   Laufes, der das heilige Feuer von Olympias geweih-                                                                  große Tafeln an, welch gewaltiges Bauvorhaben hier
   ter Stätte nach der Reichshauptstadt bringt, geht                                                                   aus der Erde wächst.
   durch den Kreis Teltow.                                                                                             Waren beim ersten Spatenstich am 14. Juni 1938 nur
   Am 1. August in aller Frühe eilen brandenburgische                                                                  die wichtigsten Grundzüge der neuen Bahnhofsan-
   Fackel-Staffel-Läufer durch unseren Kreis, nachdem                                                                  lage bekannt, so erfährt man jetzt bereits weitere
   in Luckenwalde in einer letzten feierlichen Handlung,                                                               Einzelheiten. Besonders bemerkenswert ist, daß in
   und zwar um 6 Uhr 20 Minuten, auf dem Marktplatz                                                                    einer Breite von rund 430 Metern Gleis neben Gleis
   das Olympische Feuer entzündet. Hinter Wolters-                                                                     verlegt werden soll. Würde man diese Gleisanlage
   dorf, und zwar bei der Försterei Birkhorst, betritt                                                                 hintereinander legen, so entstünde eine eingleisige
                                                                 Fackelläufer Willi Marquardt in der Berliner Straße                                                               Beginn der Bauarbeiten am Rangierbahnhof Großbeeren
   der Fackel-Staffel-Läufer zuerst den Boden des Krei-                                                                Strecke von Berlin bis Stralsund.
                                                                        auf der Höhe des Hauses Nr. 79 (26)                                                                                - hier: Verlegung von Feldbahngleisen (27)
   ses Teltow.

24 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                                     Festschrift 750 Jahre Großbeeren   25
Damit einhergehend sollte der Ort auf 10.000 Ein-       sondere Zwecke. Als infolge der vielen Todesfälle    Fluggeschwader wurde auch Großbeeren von Luft-        nach zogen sie sich weiter in den Wald (Hölzchen)
   wohner anwachsen. Anfang der 1940er Jahre wurde         die Bestattungsmöglichkeiten des Lagers erschöpft    angriffen betroffen. Durch schwere Luftminen und      zurück. Erst 14 Tage später wurden sie von den Rus-
   in der Bahnhofsstraße damit begonnen, einen ersten      waren, wurden die Toten im wahrsten Sinne des        Brandbomben wurden etliche Häuser total zerstört      sen gefunden. Diese verhielten sich gegenüber den
   Teil der dafür benötigten Wohnungen zu errichten.       Wortes in einer ehemaligen Sandgrube in der Ruhls-   und es entstanden erhebliche Sachschäden. Bei die-    Geflüchteten recht zuvorkommend und versorgten
                                                           dorfer Straße verscharrt. Heute befindet sich dort   sen Luftangriffen kam es auch unter der Zivilbevöl-   die Leute mit Nahrung.“4
   Als am 1. September 1939 der 2. Weltkrieg aus-          eine würdige Gedenkstätte für die etwa 1.197 zu      kerung zu Todesopfern. Ein Zeitzeuge hinterließ da-
   brach, kam es schon sehr bald in Großbeeren zu er-      Tode geschundenen Häftlinge.                         rüber nachfolgende Notizen:                           Bislang konnten 107 Männer aus Großbeeren erfasst
   heblichen Auswirkungen, die nicht nur in der Ratio-                                                          „27. März 1943 - Für Großbeeren war es der erste      werden, die im 2. Weltkrieg gefallen sind. Durch
   nierung der Lebensmittel spürbar waren. Viele Väter                                                          schwarze Tag des Krieges. Des Nachts waren eng-       Bombenangriffe kamen elf Frauen und Männer ums
   und Söhne des Ortes wurden zum Kriegsdienst ein-                                                             lische Flieger im Tiefflug gekommen. Zuvor waren      Leben. Drei Kinder und eine Frau wurden durch
   berufen. Die Bauarbeiten an den „Nationalsozialis-                                                           auch schon mehrere Gebäude abgebrannt, aber           Fundmunition getötet. 15 Personen erschossen die
   tischen Großbaustellen“ wurden zunehmend redu-                                                               nicht so viele wie an diesem Tag.                     Russen beim Einmarsch in Großbeeren. 15 Personen
   ziert beziehungsweise gänzlich eingestellt.                                                                  02. Januar 1944 - Es erfolgte wieder ein schwerer     verstarben durch Suizid und andere mysteriöse Um-
                                                                                                                Nachtangriff. Vor dem Haus der Familie Löwendorf      stände. Ferner kamen etwa 25 unbekannte deutsche
   Das zur Unterbringung der Bauarbeiter vorgesehene                                                            (Genshagener Straße 22) detonierte eine schwe-        Soldaten, zwölf amerikanische Flieger sowie 38 Rot-
   Barackenlager an den „Saufichten“ wurde vorüber-                                                             re Luftmine. Die Häuser von Löwendorf, Heinrich,      armisten bei den Kämpfen auf dem Territorium von
   gehend zu einem Kriegsgefangenenlager umfunktio-                                                             Teske, Puhlmann, Ettlich, Raschig, Dietrich, Franz    Großbeeren ums Leben.
   niert. Etwa ab September 1942 begann hier für tau-                                                           Bienge und Paul Bienge wurden zum Teil total zer-
                                                                  November 1939 Polnische Kriegsgefangene im
   sende Häftlinge ein schwerer Leidensweg. Unter der                  ehemaligen Bauarbeiterlager (28)         stört oder schwer beschädigt. Bei weiteren Häusern
   Tarnbezeichnung „Arbeitserziehungslager“ war hier                                                            der näheren Umgebung wurden die Fensterscheiben
   dem Wesen nach ein Durchgangslager für politische                                                            zerstört, Türen flogen heraus, Wände wurden einge-
   Häftlinge entstanden, die dann meistens weiter in                                                            drückt und Dächer arg in Mitleidenschaft gezogen.“4
   die östlich gelegenen Konzentrationslager Ausch-
   witz oder Maidanek geschickt wurden. Eine Mehr-                                                              Kurz vor Kriegsende, als die „Rote Armee“ am 22.
   heit der Häftlinge bestand aus deportierten ausländi-                                                        April 1945 in Großbeeren einmarschierte, erhielt
   schen Zwangsarbeitern.                                                                                       der Gedenkturm auf der südlichen Seite zwei Gra-
                                                                                                                nateinschüsse. Schwerwiegender waren jedoch die
   Insgesamt gingen rund 25.000 politische Gefangene                                                            Erschießungen, Vergewaltigungen und weitere Unta-
   aus 16 Nationen und Ländern durch das Großbeere-                                                             ten seitens der Roten Armee. Aus Verzweiflung be-
   ner Lager mit der Bezeichnung „Stalag III b“ .                                                               gingen etliche Frauen und Männer Suizid. Ergänzend
                                                                   Gedenkstätte für die Opfer des NS-Regimes    notierte der zuvor erwähnte Zeitzeuge:
   Im Lager standen insgesamt 20 Baracken, darunter                      in der Ruhlsdorfer Straße (29)         „Am 22. April 1945 waren die Russen in Großbee-
   11 Häftlingsbaracken, 1 Krankenbau als Sterbebara-                                                           ren. Viele Leute flüchteten aus dem Ort und suchten
   cke, eine Leichenhalle, Unterkünfte für die Lagerfüh-                                                        Schutz hinter dem noch unvollendeten Bahndamm
   rung, Aufseher und Bewacher. Es war kein übliches       Mit Beginn der massiven Bombardierung des Groß-      (Berliner Güteraußenring). Dort blieben sie einige     Das Haus der Familie Teske, Genshagener Str. 24, erlitt schwere
   KZ der SS, sondern ein Lager der Gestapo für be-        raumes Berlin durch amerikanische und englische      Tage und nächtigten in primitiven Laubbuden. Da-               Schäden und war nicht mehr bewohnbar (30)

26 Festschrift 750 Jahre Großbeeren                                                                                                                                                               Festschrift 750 Jahre Großbeeren       27
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