Bei Genossenschaften - DAS MAGAZIN FÜR DAS GENOSSENSCHAFTLICHE NETZWERK | 4-2022 - Genossenschaftsverband
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Unter Nachhaltigkeit verstehen wir, heute die Leistungsfähigkeit von morgen zu sichern. Nachhaltigkeit braucht gezielte Anstöße, damit sie langfristig wirkt. Wie bei einem Perpetuum mobile, das sich nach einem ersten Impuls von außen immer wieder selbst antreibt. Dieses ist zwar fiktiv, dient uns von der DZ BANK aber als Vorbild und Haltungsgrundlage. Wir denken in Kreisläufen und unterstützen unsere Kunden dabei, nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Dabei haben wir immer die langfristigen Auswirkungen unseres Handelns im Blick. So sichern wir gemeinsam die Zukunft durch nachhaltige Leistungsfähigkeit. Erfahren Sie mehr über unsere Haltung unter: dzbank.de/haltung
EDITORIAL Liebe Leser*innen, sie ist endlich da: Unsere neue Verbandsvorständin stellt sich Ihnen in die- ser GENiAL-Ausgabe vor. In ihrem Antrittsinterview nennt sie den Fach- kräftemangel als besondere Herausforderung für Genossenschaften. Da passt es wunderbar, dass wir im Heft New Work und Arbeitgeberattraktivi- tät intensiv betrachten. Unser Arbeiten hat sich verändert: digitaler, flexibler, auf Augenhöhe, inklusiver, sinnstiftender etc. Damit steigt auch der Anspruch an uns alle. Daher schauen wir genauer auf die Rolle von Führung unter New Work, aber auch darauf, wie Diversität und Inklusion die Kultur und den Erfolg von Unternehmen beeinflussen. All das braucht in der Personalarbeit neue Ansätze und ein anderes Selbstverständnis, wie unsere Beispiele im Ma- gazin zeigen. Die Diskussionen um Energieversorgung und -einsparung gehören leider zu den wenig erfreulichen und aktuellen Themen der letzten Wo- chen. Auch die Verbandsfamilie hat sich intensiv damit auseinandergesetzt und Positives erreicht. So hat sie unter anderem in den letzten zwei Jah- ren ihre CO2-Emissionen halbieren können. Hierbei geholfen hat eine kli- mafreundliche Auswirkung von New Work: Die Verbandsfamilie ist weniger Und hier geht es zur Verbands- dienstlich gereist. Wie Sie ebenfalls für Ihr Unternehmen den CO2-Fußab- website und dem Thema Ukraine. druck durch Klimabilanzierung und NachhaltigkeitsCheck messen und ver- ringern können, erklären unsere Energie- und Nachhaltigkeitsexpert*innen auf den Seiten 12 bis 15. Unsere neue Kollegin im Kommunikationsteam ist Anastasia Buch- na. Die ukrainische Journalistin musste nach der russischen Besetzung aus der Ukraine fliehen. Sie berichtet für uns über die Landwirtschaft, die Lage von Genossenschaften und die Menschen in der Ukraine. Dazu nutzt sie ihre Netzwerke vor Ort. Ihre Berichte und Geschichte gehen sicherlich nicht nur mir sehr nahe! Einen ihrer Artikel über einen getöteten Agrarmo- Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e.V., A Stockphoto/adobe.com gul finden Sie in dieser Ausgabe auf den Seiten 16 bis 19, weitere Artikel wöchentlich auf unserer Verbandswebsite. Die Gewinner*innen der Ausgabe sind (zu meiner Freude) gleich mehrere: zum einen die Schülergenossenschaft The Green Club aus Essen, die mit dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis ausgezeichnet wurde, zum anderen die Preisträger*innen der BlauenBoje für Qualitätsjourna- lismus. Die Stories über Wasserstoffproduktion auf Helgoland, das Tesla- Werk in Brandenburg und Arbeiten in Werkstätten für Behinderte sowie über die Reise ausgedienter Schuhe haben diese Auszeichnung absolut verdient – herzlichen Glückwunsch! Neu bin auch ich an dieser Stelle und darf das Editorial von Daniel Illerhaus meiner wundervollen Kollegin Lisa König-Topf übernehmen, die sich als Abteilungsleiter Fotos:Genossenschaftsverband Geschäftsführerin der AWADO-Kommunikationsberatung zukünftig noch Kommunikation, stärker der Beratung der Mitglieder und Kunden widmen wird. Marketing und Politik Genossenschaftsverband – Interessante Einblicke und viel Freude beim Lesen Verband der Regionen e.V. Ihr Daniel Illerhaus Foto: 4-2022 | GENIAL | 3
6 8 10 Im Fokus: new work 20 bei Genossenschaften In Kürze Aus dem Verband Im Fokus Volkskunst Seiffen: „Mit den Mitgliedern vertrauensvoll und Schwerpunkt: Jetzt kommen die auf Augenhöhe zusammenarbeiten“: New Work bei Genossenschaften 20 Ampelräucherfiguren 6 Interview mit der neuen Verbands- vorständin Katja Lewalter-Düssel 8 „War for talents ist für uns spürbar“: Virtuelle Versammlungen Im Gespräch mit Verbandsvorstand sind weiter möglich 6 160 Jahre Genossenschaftsverband 10 Marco Schulz und Personalchef Michael-Benedict Kolbe 22 Banking-App löst Service in Ausgezeichnet! The Green Club eSG 11 Filialen ab 6 Wie wir heute und morgen arbeiten: Erste Klimabilanz des Verbandes 12 Interview mit Robert Stärkel und Energiegenossenschaften sparen viel Susanne Albert, Verbands- CO2 ein 7 CO2-Fußabdruck für Unternehmen: Immobilienmanagement 24 Interview mit AWADO- Wine for Ukraine 7 Geschäftsführer Ralf-Dieter Lewin 13 Was New Work mit Führung zu tun hat Dr. Ulla Domke, Vorständin Wie nachhaltig ist mein Unternehmen?: awisu Forschungsgenossenschaft eG Interview mit Anne K. Horstmann und 26 Hanna Reimann, AWADO WPG/StBG 14 DRWZ – Mobilität und New Work 28 Ein Leben für die Welternährung und die Ukraine Union Investment – Bericht über einen getöteten je diverser, je erfolgreicher 30 Agrarmogul 16 4 | GENIAL | 4-2022
INHALT Genossenschaften in Regionen Münsterland Aus den Regionen Sag einfach du! Duz-Kultur bei der Volksbank Münsterland Nord eG 30 Starkes Netzwerk – gdw nord eG 32 BlaueBoje: The winners are … 34 Aus der Reihe Von jungen Visionären und 38 stolzen Gewinnern Schülerwettbewerb „Visiofy – gestalte dein Morgen“ 46 GENiAL reitet an Schlössern und Burgen des Münsterlandes vorbei, arbeitet im Co-Working- Space der Hof Homann eG und zitiert aus den Gedichten von Annette von Droste-Hülshoff. Impressum 44 Fotos: Sven Körner, Roland Breitschuh, Marius Schwarz, Hof Homann eG, A Stockphoto/adobe.com 4-2022 | GENIAL | 5
Merkels Nachfolger: Jetzt kommen die Ampelräucherfiguren Olaf, Annalena und Christian sind die neuen Räucherfiguren der Seiffener Volkskunst eG. Sie sind bereit, große Taten zu vollbrin- gen. Deshalb raucht ihnen bei all den neuen Aufgaben auch manchmal der Kopf. In aufwendiger Handarbeit in Seiffen gefertigt, sind die 17 Zentimeter hohen Räucherfiguren aus Lindenholz bereit, zur Weihnachtszeit in viele Häuser einzuziehen. Auch Wolf- gang Kubicki, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, der die Seiffener Schauwerkstatt im Erzgebirge besuchte, war von sei- nen hölzernen Kollegen sehr angetan. Die Räucherfiguren können über den Online-Shop der Seiffener Volkskunst eG gekauft werden: www.original-seiffener-volkskunst.de Virtuelle Versammlungen sind weiter möglich Eine gute Nachricht für Genossenschaf- derregelungen nutzen. Nun hat der Ge- Versammlungen zulässig. Ebenso mög- ten, die bei der Partizipation ihrer Mit- setzgeber den Weg freigemacht für den lich ist ein „gestrecktes“ Verfahren, bei glieder neue Wege beschreiten möchten: dauerhaften Einsatz solcher Formate. dem Diskussionsphase und Beschluss- Vor der parlamentarischen Sommerpause Dabei hat der Bundestag den Genossen- fassungen zeitlich voneinander getrennt hat der Bundestag die virtuelle General- schaften große Flexibilität einräumt. Ne- werden. und Vertreterversammlung im Genossen- ben der traditionellen Präsenzversamm- schaftsgesetz verankert. Während der lung, die insbesondere bei lokal ausge- Mehr Informationen gibt es beim DGRV: Corona-Pandemie konnten Genossen- richteten Genossenschaften sicherlich www.dgrv.de/news/virtuelle- schaften solche innovativen Versamm- weiterhin eine große Rolle spielen wird, general-und-vertreterversammlungen- lungsformate bereits aufgrund von Son- sind sowohl hybride als auch rein digitale rechtssicher-verankert/ Banking-App löst Filiale für Servicewünsche ab Corona, das dominierende Thema in den letzten beiden Jahren, hat das Leben der Menschen in vielerlei Hinsicht beeinflusst. Fotos: Sven Körner, Investors Marketing, DGRV Auch das Banking? Investors Marketing erhebt seit 2006 re- gelmäßig das bankbezogene Kundenverhalten bei Banken in Deutschland. Ein zentrales Ergebnis: Die Pandemie hat lange bestehende Trends nochmals beschleunigt, es dominieren in- zwischen mediale Kanäle. Unabhängig vom Alter nutzen bei- spielsweise mehr als 85 Prozent der Studienteilnehmer*innen das Online-Banking. Fest etabliert hat sich inzwischen auch die Banking-App, die jede*r Zweite nutzt, und das je jünger, umso häufiger. Ihr Girokonto führen 63 Prozent der Befragten aus- schließlich online, ein Anstieg um 13 Prozentpunkte gegenüber 2020. 6 | GENIAL | 4-2022
IN KÜRZE Energie- genossenschaften sparen viel CO2 ein Die 220.000 Mitglieder der 914 Energiege- nossenschaften haben seit 2006 nach Anga- ben des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) 3,3 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert und mehr als acht Terrawattstunden sauberen Wine for Ukraine Strom erzeugt. Damit wurden drei Millionen Tonnen an CO2 im Strombereich vermieden. Der Ukraine-Krieg hat die Welt von 7,5 Millionen Kindern aus Hinzu kommen 110.000 Tonnen vermiedener der Ukraine zu einem Ort des Grauens gemacht. Wer mit Fa- CO2-Äquivalente im Wärmebereich durch die milienmitgliedern auf der Flucht vor Zerstörung und Tod ist, ist Versorgung von ca. 18.000 Haushalten durch auf fremde Hilfe dringend angewiesen. Die Initiative „Wine for genossenschaftliche Wärmenetze. Ukraine“ sammelt mit einem Euro pro verkaufter Flasche Wein der Winzergenossenschaft Herxheim eG für zwei Hilfsorgani- www.dgrv.de/publication/zahlen-und- sationen, die sich um hilfsbedürftige ukrainische Familien und fakten-2022/dgrv_zahlen_und_ Kinder kümmern. Es handelt sich dabei um die Aktion Kleiner fakten_2022/ Prinz, die in ukrainischen Kliniken mit dringend benötigten Me- dikamenten und Material versorgt, sowie die Summerfield Kids Foundation. Diese vermittelt aus der Ukraine geflüchteten Fa- milien private Wohn- und Schlafgelegenheiten, bietet sozial- pädagogische Hilfe und hilft, die Kommunikation in die ukraini- sche Heimat aufrechtzuerhalten. www.wineforukraine.de 4-2022 | GENIAL | 7
„Mit den Mitgliedern vertrauensvoll und auf Augenhöhe zusammen- arbeiten“ Katja Lewalter-Düssel, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin (44), ist seit 1. September neues Mitglied und erste Frau im Vorstand des Genossenschaftsverbandes – Verband der Regionen e.V. Sie folgt auf das langjährige Vorstandsmitglied Siegfried Mehring. 8 | GENIAL | 4-2022
AUS DEM VERBAND Als Prüfungsvorständin sind Sie Der Megatrend New Work verlangt ganz nah bei den Mitgliedern. Wie nach einem neuen Führungsver- möchten Sie die Zusammenarbeit ständnis. Was verstehen Sie unter gestalten? einer guten Führungskultur? Frau Lewalter-Düssel, was verbindet Vertrauensvoll und auf Augenhöhe. New Work bringt ein neues Verständnis von Sie mit dem Genossenschaftsver- Arbeit in Zeiten von Globalisierung und Digi- band? Welche Themen stehen ganz oben talisierung mit sich. Die zentralen Werte von KATJA LEWALTER-DÜSSEL: Im Jahr 2000, auf Ihrer Agenda? New Work sind Freiheit, Selbstständigkeit also vor über 20 Jahren, bin ich beim Genos- Natürlich vor allem die Betreuung der Kredit- und Teilhabe an der Gemeinschaft, das wird senschaftsverband als Prüfungsassistentin genossenschaften in den Regionen, für die ich auch Unternehmensstrategien verändern. gestartet, war mehrere Jahre im Grundsatz zuständig bin. Hier möchte ich die Mitglieder- Arbeit wird dadurch als sinnstiftend und zu- tätig und habe dort mein Examen als Steuer- kontakte weiter ausbauen und intensivieren. kunftsweisend erlebt. Die Führungskultur beraterin und Wirtschaftsprüferin absolviert. Bei der Grundsatzarbeit werde ich die muss diese Werte umsetzen und leben. Anschließend war ich Geschäftsführerin bei aufsichtsrechtlichen und rechnungslegungs- der AWADO WPG/StBG und danach mehre- relevanten Themen der Kreditgenossen- Stichwort Fachkräftemangel: Wie re Jahre Abteilungsleiterin Prüfung/Betreu- schaften federführend begleiten. Auch die beurteilen Sie die Situation in Ihrem ung Banken. Insofern verbinde ich mit dem Themen IT und Digitalisierung haben für Prüfungsbereich? Genossenschaftsverband fast mein ganzes mich große Priorität. Deshalb will ich das Gemeinsam werden wir uns im Vorstand bisheriges Berufsleben und die Hälfte mei- mobile Arbeiten und die Arbeit im Homeof- der Herausforderung des Fachkräfteman- nes gesamten Lebens. Eine sehr lange, prä- fice weiter fördern. Arbeitsschwerpunkt wird gels stellen und damit auch der Aufgabe, gende und sehr schöne Zeit! außerdem die Einführung von Microsoft 365 junge Leute für uns, die Verbandsfamilie, zu sein. Durch diese IT-Transformation stärken begeistern. In diesem Zusammenhang wird Was schätzen Sie besonders an wir die Zusammenarbeit mit unseren Mitglie- es immer wichtiger, das Profil des Genossen- Genossenschaften? dern und verkürzen unsere Wege. schaftsverbandes als attraktiver Arbeitgeber Genossenschaften verknüpfen wirtschaft- zu stärken. lichen Erfolg und wertegebundenes Unter- Was sind die größten Herausforde- nehmertum. Sie sind eine Unternehmens- rungen für Genossenschaftsbanken Sie haben 2019 den Verband verlas- form mit Purpose und haben damit Zu- und Verband? sen und kommen nun als Vorstän- kunftspotenzial. Sicherlich der Fachkräftemangel. Hinzu din wieder zurück. Was hat sich im kommt: Immer mehr Mitgliedsgenossen- Verband geändert? Welche Aufgabenbereiche verantwor- schaften schließen sich zusammen, deshalb Ganz augenfällig ist für mich: Der Verband hat ten Sie? gehen die Prüfungsvolumina für den Verband sich mit den Themen Homeoffice und mobi- Im Vertical Financial Services verantworte zurück. Die Arbeit unserer verbandseigenen les Arbeiten auf einen zukunftsweisenden ich die Prüfung/Betreuung Banken der Regi- AWADO-Gruppe wird deshalb immer wichti- Weg gemacht, den ich sehr begrüße. Außer- onaltage 7, 8, 10-14 (Regionen Hessen-Süd, ger: Denn sie hat das Ziel, weitere Aufträge dem nehme ich die Verbandsfamilie in der Öf- Rheinland-Pfalz Süd und Nord, Saarland, zu gewinnen und natürlich bestehende Man- fentlichkeit viel stärker als bisher wahr, zum Münster, Düsseldorf, Köln, Arnsberg), Spe- date auf dem Zweit- und Drittmarkt fortzu- Beispiel durch Kommunikationskanäle wie zialinstitute, Drittmarkt, Qualitätssicherung führen. Gleichzeitig ist und bleibt es eine un- LinkedIn. und Produktion sowie den Bereich Grund- serer Kernaufgaben, unseren Mitgliedern in satzfragen und Infrastruktur Prüfung sowie der Prüfung weiterhin exzellente Leistungen Ihre Aufgabe bringt viel Arbeit mit den Bereich IT. anzubieten. sich. Wie entspannen Sie in Ihrer Herausfordernd ist auch das Thema Digi- Freizeit? talisierung. Ihre Vorteile müssen wir für uns Ich mache sehr gerne Sport und verbringe und unsere Mitglieder noch besser nutzen. am liebsten Zeit mit meiner Familie. Durch die vielen digitalen Lösungen werden Sabine Bömmer wir trotz räumlicher Distanz dennoch nah an unseren Mitgliedern und Mandanten sein Fotos: Roland Breitschuh und die Zusammenarbeit erleichtern können. 4-2022 | GENIAL | 9
Ad multos annos: ein Prost auf das Jubiläum des Genossenschaftsverbandes. „Nur wenn wir exzellente Leistungen anbieten, sind wir am Markt interessant“ Der Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e.V. blickt auf 160 Jahre Geschichte zurück und in die Zukunft. Dabei setzt er auf ein breites und hochqualitatives Dienstleistungs- angebot sowie hohe Veränderungsbereitschaft. P rüfungs- und Beratungsverband, Bildungsträger und Inter- „Die Ansprüche unserer Mitglieder und Kunden an uns sind heu- essenvertreter für rund 2.600 Mitgliedsgenossenschaften te größer und unterschiedlicher als je zuvor“, betonte Rega mit Blick in 14 Bundesländern mit über 1.500 Mitarbeiter*innen: In auf die teilweise sehr unterschiedlichen Geschäftsmodelle, die Ent- diesem Jahr feierte der Genossenschaftsverband – Ver- wicklung hin zu größeren Einheiten sowie die Megatrends in Wirt- band der Regionen die Vollendung seines 160. Geburtstages mit rund schaft und Gesellschaft. „Unsere Mitglieder und Kunden in diesem 500 Vertreter*innen der Verbandsfamilie in Berlin. „Ein Jubiläum ist Umfeld zu begleiten und zu beraten ist eine große Herausforderung, Anlass zu feiern, weil es zeigt, dass man es über viele Jahre und Jahr- der wir uns auf ganz vielfältige Weise stellen“, so der Vorstandsvor- zehnte geschafft hat, Dienstleistungen und Produkte anzubieten, die sitzende. „Relevant bleiben heißt für uns, sich zu verändern und uns offenbar die Mitglieder und Kunden nachfragen und schätzen. Und es auch den Veränderungsprozessen bei unseren Mitgliedern anzu- ist Anlass, Danke zu sagen für das Vertrauen der Mitglieder und das passen. Nur, wenn wir exzellente Leistungen anbieten, sind wir am Engagement der Kolleginnen und Kollegen!“, sagte Vorstandsvorsit- Markt interessant. Unser Dienstleistungsangebot ist heute breiter zender Ingmar Rega auf der Geburtstagsfeier in der Berliner Kultur- denn je.“ brauerei. Unter der Überschrift „Überzeugen durch Leistungen“ hat sich Transformation und Disruption: Unternehmen mussten sich der vor fünf Jahren neu formierte Genossenschaftsverband – Ver- schon immer neu erfinden, um für ihre Kunden relevant zu bleiben. band der Regionen auf den Weg gemacht, um seine Mitglieder in den Aus diesem Grund hat der Genossenschaftsverband mit seinen Vor- 14 Bundesländern in die Zukunft zu führen – und sieht sich darin zum gängerverbänden seit seiner Gründung 1862 schon viele organisato- 160. Geburtstag mit seinen Angeboten und Erfolgen bestätigt. Alleine rische und strukturelle Veränderungen durchlebt und seine Dienstleis- im vergangenen Jahr verzeichnete die Verbandsfamilie eine Umsatz- tungen für die Mitglieder stetig weiterentwickelt. steigerung von rund 30 Prozent im Bereich der Beratungsleistungen. Verbandsvorstandsvorsitzender Ingmar Rega bei der Jubilä- Weitere Informationen zur Geschichte des Verbandes unter: umsfeier in Berlin: „Die Ansprüche unserer Mitglieder und www.genossenschaftsverband.de/verband/geschichte-des-verbandes/ Kunden an uns sind größer und unterschiedlicher als je zuvor.“ 10 | GENIAL | 4-2022
AUS DEM VERBAND Ausgezeichnet! The Green Club eSG Die Schülergenossenschaft aus Essen will ihre Schule noch nachhaltiger ma- chen und arbeitet eng mit der Solar- genossenschaft Essen zusammen. T he Green Club eSG heißt die sich dabei auszuprobieren“, sagt Tristan Be- Schülergenossenschaft des Gym- cker, Landeskoordinator für Schülergenos- nasiums an der Wolfskuhle in senschaften in NRW, der als Lehrer am Esse- Essen. Dabei ist der Name Pro- ner Gymnasium die Gründung von The Green gramm. Denn The Green Club – also der grü- Club von Anfang an begleitet hat. Inzwischen ne Club – kümmert sich um Umweltschutz hat die Schülergenossenschaft 40 Mitglieder, und mehr Nachhaltigkeit an der Schule und darunter sind Eltern, Unternehmer*innen, darüber hinaus. Dafür ist The Green Club aber auch Vertreter*innen der Landes- und mehrfach ausgezeichnet worden, unter an- Bundespolitik. Betreuender Lehrer ist seit derem mit dem Deutschen Kinder- und Ju- diesem Jahr Frederic Linker. gendpreis. Mit diesem Preis würdigt das Nachhaltig geht es auch im schuleigenen Deutsche Kinderhilfswerk jedes Jahr Projek- Kiosk zu, der von der Schülergenossenschaft te, mit denen Kinder und Jugendliche ihre betrieben wird. In Kooperation mit einem lo- Lebenswelt mitgestalten und sich für ihre kalen Bäcker verkaufen die Schüler*innen und die Rechte anderer einsetzen. Die 6.000 dort nachhaltig verpackte Biobrötchen und Euro Preisgeld hat The Green Club in seine (unter anderem vegane) Stullen und weite- bisherigen und in neue Projekte investiert. So re, natürlich fair gehandelte Produkte. Außer- arbeiten die Schüler*innen zurzeit an einem dem hat The Green Club einen Trinkwasser- Solar-Bike-Port, an dem E-Bikes mit Sonnen- spender angeschafft, an dem Schüler*innen kraft aufgeladen werden können. Die Idee und Lehrer*innen ihre Wasserflaschen auf- kam von der Bürgersolargenossenschaft, füllen können. Sabine Bömmer deren Vorstand auch Mitglied und Aufsichts- rat in der Schülergenossenschaft ist. Umge- kehrt ist auch The Green Club Mitglied bei der Solargenossenschaft. Schon bald soll der Solar-Bike-Port im Feldversuch beim Arbeiter- Samariter-Bund vor Ort ausprobiert werden. Schülergenossenschaften sind von Schüler*innen eigenver- Die Solargenossenschaft war der Ideenge- antwortlich geführte Schüler- ber, die Bauteile haben die Schüler*innen unternehmen in der Form einer mit Elternunterstützung konzipiert und auch Genossenschaft. Bundesweit schon produziert, sie müssen nur noch zu- gibt es mehr als 180 Schüler- sammengebaut werden. Die Idee zu diesem genossenschaften, die eigene solarbetriebenen E-Bike-Ständer soll frei ver- Fotos: Marius Schwarz, Tristan Becker Geschäftsideen, Produkte und fügbar sein, sodass viele Menschen davon Dienstleistungen entwickeln, die profitieren können. schulintern, aber auch außerhalb „Nachhaltigkeit, Solidarität und koopera- der Schule vertrieben werden tives Wirtschaften stehen bei jungen Men- können. schen hoch im Kurs. Schülergenossenschaf- ten bieten Jugendlichen im Schonraum www.schuelergeno.de Schule ideale Möglichkeiten, dies alles prak- tisch und gemeinschaftlich umzusetzen und 4-2022 | GENIAL | 11
Emissionen in zwei Jahren um die Hälfte reduziert Verbandsfamilie legt erste Klimabilanz für die Jahre 2019 bis 2021 vor. D ie Verbandsfamilie, die aus valenten1 im Jahr 2019 auf 4.697 Tonnen tion der Geschäftsreisen und des Pend- dem Genossenschaftsver- CO2-Äquivalente2 im darauffolgenden lerverkehrs geführt: So sanken in der Ver- Fotos: Shahnur0007/adobe.com, Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V. band, sechs AWADO-Unter- Jahr 2020 reduzieren können. Das ent- bandsfamilie die Emissionen von 2019 bis nehmen, der GenoPersonal- spricht 1.740 Hin- und Rückflugreisen in 2021 bei Geschäftsreisen um 55 Prozent Consult und zwei GenoHotels besteht, hat die Karibik. Zum Jahr 2021 war dann noch und um rund 77 Prozent bei pendelnden erstmals ihren CO2-Fußabdruck ermittelt. eine weitere Absenkung auf 4.268 Tonnen Arbeitnehmer*innen. Positiv auf den CO2- So hat sie als Teil ihrer Nachhaltigkeitsbe- CO2-Äquivalente möglich, dies entspricht Fußabdruck wirkten sich unter anderem richterstattung für das Berichtsjahr 2021 884 Hin- und Rückflugreisen. auch die Umstellung auf Ökostrom an al- wie für die Vorjahre 2019 und 2020 eine Die nun vorgestellte Klimabilanz soll len Standorten, Gebäudesanierungen so- Klimabilanzierung durchführen lassen. der Verbandsfamilie als Einstieg in das Kli- wie die Inbetriebnahme eines Blockheiz- Das Ergebnis zeigt: Die Verbandsfa- mamanagement dienen. Götz: „Unsere kraftwerkes in Forsbach aus. milie konnte ihre Emissionen in diesem bisherigen Erfolge motivieren uns, weiter- Zukünftig hat die Verbandsfamilie un- Zeitraum um rund 50 Prozent reduzieren. zumachen und das langfristige Ziel eines ter anderem geplant, die E-Mobilität ins- Vorstandsmitglied Peter Götz: „Die Ver- möglichst klimaneutralen Geschäftsbe- gesamt zu stärken, beispielsweise bei bandsfamilie macht Fortschritte! Selbst triebs nicht aus den Augen zu verlieren. Es Dienstwagen, durch E-Bikes und Ladesta- dann, wenn wir die Sondereffekte durch ist zwar noch ein langer Weg vor uns, doch tionen vor Ort. Weiterhin sollen Anreize die Lockdowns der Pandemie sowie das die Richtung stimmt.“ für den emissionsarmen Pendlerverkehr Arbeiten im Homeoffice miteinbeziehen. Den größten Anteil am CO2-Fußab- geschaffen werden und die Eigenstrom- Das Ergebnis stimmt positiv und motiviert druck haben Geschäftsreisen und die versorgung über Photovoltaik ausgebaut uns, den Weg zu mehr Nachhaltigkeit wei- An- und Abreise zum und vom Arbeits- werden. ter konsequent zu gehen.“ ort – zum größten Teil in Verbrennerfahr- So hat die Verbandsfamilie ihren CO2- zeugen. Doch der Umstieg auf mobiles 1) und 2) marked-based Ansatz nach Fußabdruck von 8.406 Tonnen CO2-Äqui- Arbeiten hat zu einer erheblichen Reduk- Greenhouse Gas Protocol 12 | GENIAL | 4-2022
AUS DEM VERBAND CO2-Fußabdruck für Unternehmen Um die deutschen und europäischen Klimaziele zu errei- chen, soll vor allem auch die Wirtschaft Energie einsparen und Treibhausemissionen senken. Aber wissen Unterneh- men überhaupt, wie es um ihren CO2-Fußabdruck bestellt ist und wie sie ihn verbessern können? GENiAL sprach deshalb mit Ralf-Dieter Lewin, Geschäftsführer der AWADO Agrar- und Energieberatung. Herr Lewin, für wen eignet sich eine Um die beschlossenen Klimaschutz- Klimabilanzierung? ziele zu erreichen, werden mittelfristig alle RALF-DIETER LEWIN: Eine Klimabilanz Unternehmen eine Klimabilanz erstellen können alle Unternehmen und Organisa- müssen. Darauf sollte man sich systema- tionen unabhängig von ihrer Größe und tisch vorbereiten und Erfahrungen bei der Branche erstellen. Üblicherweise erfolgt Datenerhebung sowie der Ergebnisinter- die Klimabilanzierung auf der Grundlage pretation sammeln. Mir ist hier sehr be- des Greenhouse Gas Protocol, einem in- wusst, vor welchen Herausforderungen ternational anerkannten Standard. Dieser viele Unternehmen aktuell stehen. steht für Vergleichbarkeit im Vorgehen, bietet den Bilanzierenden umfassende Wie unterstützt die AWADO die Kun- Wahlrechte und schafft über die Offenle- den und Mitglieder dabei? gungspflichten Transparenz. Treibhaus- Wir beraten unsere Kunden bei der Er- gasbilanzen beziehungsweise CO2-Fußab- stellung von Klimabilanzen und führen drücke können auf Unternehmens- oder mit der GenoAkademie Seminare durch. auf Produktebene erstellt werden. Wor- In Grundlageseminaren erläutern unsere auf das Hauptaugenmerk gerichtet wer- Referent*innen das Thema branchenbe- den sollte, das hängt von der Branche und zogen, beispielsweise für landwirtschaftli- vom Unternehmensumfeld ab. che Unternehmen. Für die Begleitung bei der ersten Aus welchen Gründen sollten mit- Klimabilanz von Unternehmen haben wir telständische Unternehmen eine eine Komplettlösung. Diese umfasst die Klimabilanzierung machen? Bilanzierung und einen Bericht, der den Im Wesentlichen aus drei Gründen: Unternehmen als Nachschlagewerk zur • wegen gesetzlicher oder regulatori- individuellen Ausübung der Wahlrech- scher Vorgaben, te dient. Außerdem bieten wir einen Ab- • aufgrund der Anforderungen aus der schlussworkshop an, in dem die nächsten Lieferkette und Schritte für den Aufbau eines Klimama- • aufgrund eigener Ambitionen beim Kli- nagements besprochen werden. maschutz im Einklang mit nachhaltiger Unsere Beratungsangebote sind so Unternehmensentwicklung. konzipiert, dass sie den Unternehmen Hil- Die beiden ersten Gründe sind vor al- fe zur Selbsthilfe bieten, Einsparpotenzia- lem von der Unternehmensgröße und le aufzeigen und eine solide Basis für die von der Branche abhängig. Bei den Ban- Kommunikation sind. Sabine Bömmer ken sind die regulatorischen Vorgaben be- reits deutlich ausgeprägt, im Handel und in der Lebensmittelindustrie gewinnen die Anforderungen aus der Lieferkette zu- Ralf-Dieter Lewin nehmend an Bedeutung. Geschäftsführer Bei der Klimabilanzierung blickt man Awado Agrar- und auf die Aktivitäten in nahezu allen Berei- Energieberatung chen des Unternehmens, mit dem Ziel, Mobil: 0173 6000444 E-Mail: ralf-dieter.le- Treibhausgasemissionen zu senken. Auf- win@awado-gruppe grund der engen Korrelation zwischen Emissionen und Kosten führen Sen- www.awado/awado- kungen der Emissionen häufig auch zu agrar-energieberatung.de Kosteneinsparungen. 4-2022 | GENIAL | 13
Wie nachhaltig ist mein Und warum sollten sich Unter- nehmen jetzt mit Nachhaltigkeit Unternehmen? beschäftigen? HANNA REIMERS: Dafür gibt es viele Gründe: Mittelständische Unternehmen sind ein wichtiger Teil der Wirtschaft und haben großen regionalen Einfluss. Sie können daher entscheidend dazu beitra- gen, die politischen und gesellschaftli- chen Ziele bei der nachhaltigen Entwick- lung umzusetzen. Das weiß auch der Ge- Immer stärker fordert der Frau Horstmann, für welche Unter- setzgeber, der auf europäischer wie auch nehmen ist Ihr NachhaltigkeitsCheck deutscher Ebene Unternehmen immer Gesetzgeber von der Wirt- sinnvoll? stärker zum nachhaltigen Wirtschaften schaft ein ambitioniertes ANNE K. HORSTMANN: Der AWADO auffordert und entsprechende Gesetze NachhaltigkeitsCheck eignet sich für alle und Verordnungen, wie zum Beispiel die Nachhaltigkeitsmanage- Unternehmen – unabhängig von der Bran- Corporate Sustainability Reporting Direc- ment. Mittelständische che und Größe –, die gern wissen wollen, tive (EU-Richtlinie für die nichtfinanzielle Unternehmen müssen den wie der Status quo der Nachhaltigkeitsbe- Berichterstattung) oder das Lieferketten- mühungen im Unternehmen ist. Darüber sorgfaltspflichtengesetz, erlässt. komplexen Anforderungen hinaus ist er auch für Unternehmen sinn- Zudem müssen Unternehmen vor ih- personell, finanziell und voll, die in ihren Aktivitäten schon fortge- ren Stakeholdern Rede und Antwort ste- schritten sind, aber sich noch nachhaltiger hen. Auch wenn Unternehmen zunächst organisatorisch begegnen. ausrichten wollen. einmal nicht direkt von den Gesetzen be- Die Nachhaltigkeitsexper- troffen sind, werden sie häufig als Teil der tinnen Anne K. Horstmann Lieferkette in die Nachhaltigkeitsbetrach- tung größerer Unternehmen einbezo- und Hanna Reimers von der gen. Auch Finanzinstitute berücksichtigen AWADO WPG/StBG empfeh- schon jetzt Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Kreditvergabe. len deshalb, sich mit einer Status-quo-Analyse frühzei- tig mit dem Thema ausein- anderzusetzen. NachhaltigkeitsCheck „Natürlich steigen auch die für Banken Ansprüche der Kund*innen Die AWADO bietet den AWADO Nachhaltig- keitsCheck auch speziell für Banken an. an die Nachhaltigkeit von Inzwischen haben verschiedene Volksbanken und Raiffeisenbanken diesen er- Unternehmen und deren folgreich durchgeführt. Produkten.“Anne Katrin Horstmann Ansprechpartner ist hier: Tobias Grollmann Abteilungsleiter Spezialistenteam Nachhaltigkeit im Bereich Financial Services Telefon: 0173 3090454 E-Mail: tobias.grollmann@awado-gruppe.de 14 | GENIAL | 4-2022
AUS DEM VERBAND „Auch Finanzinstitute berücksichtigen schon jetzt Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Kreditvergabe.“ Hanna Reimers Was beinhaltet der Nachhaltigkeits- Check? REIMERS: Mit dem AWADO Nachhaltig- keitsCheck unterstützen wir Unternehmen dabei, den individuellen Status quo ihrer Nachhaltigkeitsentwicklung zu ermitteln, sich damit zu positionieren und die nöti- gen Handlungen abzuleiten. Hierzu erfas- sen wir zunächst mithilfe eines Leitfadens alle Nachhaltigkeitsaktivitäten in unter- HORSTMANN: Und natürlich steigen schiedlichen Unternehmensbereichen. auch die Ansprüche der Kund*innen an Anschließend leiten wir daraus den indi- die Nachhaltigkeit von Unternehmen und viduellen Nachhaltigkeits-Reifegrad ab. deren Produkte. Sie wollen wissen, un- Diese Einstufung ist die Basis für weitere ter welchen Umständen Produkte und Entwicklungsmöglichkeiten. Gerne unter- Dienstleistungen produziert werden oder stützen wir dabei zum Beispiel mit einem welchen Einfluss ihre Kaufentscheidun- Workshop oder Handlungsempfehlun- gen auf Umwelt und Klima haben. gen. Im letzten Schritt unseres AWADO Auch im eigenen Interesse sollten NachhaltigkeitsChecks legen wir dann ge- sich Unternehmen mit dem Thema Nach- meinsam mit unseren Kunden konkrete haltigkeit beschäftigen, das gilt auch im Maßnahmen sowie einen Zeitplan fest. Hinblick auf Klimarisiken: Habe ich ei- Sabine Bömmer nen sicheren Standort, der zum Beispiel nicht in einem Flutgebiet liegt? Ist mein Geschäftsmodell gegen Klimarisiken ge- wappnet? Habe ich ressourcenschonen- de Prozesse? Eine nachhaltige Entwicklung bringt außerdem auch Chancen für Unterneh- men: Wer Ressourcen einspart, spart auch Kosten. Auch auf dem Arbeitsmarkt wird das Thema Nachhaltigkeit zuneh- mend relevanter: Eine nachhaltige Unter- nehmensentwicklung steigert die Attrak- tivität des Arbeitgebers. Anne Katrin Horstmann Hanna Reimers Mittelstandsberaterin Mittelstandsberaterin Mobil: 0170 7406636 Mobil: 0172 5417595 E-Mail: E-Mail: hanna.reimers@ anne-katrin.horstmann@ awado-gruppe.de awado-gruppe.de Fotos: AWADO GmbH WPG StBG, Azahara MarcosDeLeon/adobe.com 4-2022 | GENIAL | 15
Das zerstörte Haus von Oleksij Wadaturskyj, in dem er und seine Frau ums Leben kamen. Nibulon nutzt alle möglichen Transportmittel – von eigenen Frachtschiffen über eigene Waggons bis zu eigenen Lkw. 16 | GENIAL | 4-2022
AUS DEM VERBAND Ein Leben für die Welternährung und die Ukraine Der einflussreichste ukrainische Agrarmogul starb im Juli während des Beschusses der Stadt Mykolajiw. Wer war Oleksij Wadaturskyj und welche Rolle spielte er für die weltweite Ernährungssicherheit? Nach der russischen Besetzung musste Anastasia Buchna mit ihrem neunjährigen Sohn und ihrer Mutter fliehen, hier im Bild mit Verbandsbereichsleiter Asmus Schütt. Ihr O Mann, ebenfalls Journalist, blieb zurück, um sich um seine alten Eltern zu kümmern. leksij Wadaturskyj, einer der te, Getreide aus der Ukraine wieder in den größten Getreidehändler der Westen und Osten der Welt zu exportieren. Ukraine, verlor Ende Juli gewalt- Wadaturskyj sollte in die Türkei rei- sam sein Leben. Seine Frau Rai- sen, um über den Export von Getreide aus Die ukrainische Journalistin Anas- sa und er wurden am 31. Juli 2022 durch Gra- den Häfen des Schwarzen Meeres und des tasia Buchna ist seit dem 1. August natenbeschuss in ihrem Haus in Mykolajiw Asowschen Meeres zu verhandeln. Viele für sechs Monate Teammitglied im getötet. Der 74-Jährige war Gründer und Ge- Leute trauten ihm hier revolutionäre Lösun- Verbandsbereich Kommunikation & neraldirektor von Nibulon, dem größten ukra- gen zu. Der Geschäftsmann unterstützte Change. In ihrer Heimatstadt Berd- inischen Agrarunternehmen. Dieses ist auf auch die ukrainische Armee und stand des- jansk am Asowschen Meer, die heute die Produktion und den Export von Weizen, halb auf der Sanktionsliste Russlands. Inzwi- in russischer Hand ist, war sie Heraus- Gerste und Mais spezialisiert und exportier- schen haben die russischen Besatzer seine geberin verschiedener Tageszeitungen. te vor dem Krieg zehn Prozent des gesam- Lager und Korn-Silos in den besetzten Gebie- Anastasia Buchna wird auf der Ver- ten ukrainischen Getreides in 70 Länder. Wa- ten übernommen. bandswebsite, in GENiAL und in den daturskyj stand auf Platz 24 der ukrainischen „Menschen wie er, mit solchen Unter- sozialen Medien des Verbandes über Forbes-Liste, sein Finanzkapital wurde auf nehmen in unserem ukrainischen Süden, die Situation in der Ukraine berichten 430 Millionen US-Dollar geschätzt. Für sein haben die Ernährungssicherheit der Welt ga- und dafür ihre Netzwerke vor Ort nut- herausragendes persönliches Engagement rantiert. Das war schon immer so. Und so zen. Schwerpunkte werden die Land- Fotos: Roland Breitschuh, ((Fotos)) Schiffe mit Getreide und andere((Quellen)) NIBULON für die Agrarwirtschaft wurde er 2007 mit wird es wieder sein“, sagte der ukrainische wirtschaft und die Lage von Genossen- dem Titel „Held der Ukraine“ ausgezeichnet. Präsident Wolodymyr Selenskij über Oleksij schaften im besetzten und unbesetz- Der Tod von Wadaturskyj gilt als schwerer Wadaturskyj. ten Teil der Ukraine sein. Dabei lässt Verlust für die ukrainische Getreidestrategie. Wadaturskyj setzte seine Ideen tatkräf- Anastasia Buchna Menschen aus der Wadaturskyj ist nicht das einzige Op- tig um. So erweckte er beispielsweise vor Ukraine zu Wort kommen. fer der Russen aus dem Agrarsektor. Viele einigen Jahren die Flussschifffahrt wieder Landarbeiter*innen sind bereits durch Gra- zum Leben. Das zahlt sich nun in Kriegszei- Folgende Themen hat Anastasia Buchna bereits auf der Verbands- natenbeschuss bei der Feldarbeit gestor- ten, in denen ukrainische Häfen beschossen website veröffentlicht: Das Leid der ben, viele wurden von Landminen in Stücke werden, besetzt oder zerstört sind, sehr aus. Landwirtinnen vor allem im russisch gerissen. Wie seine Mitarbeiter*innen erzählen, hat- besetzten Teil der Ukraine, das Schick- Der russische Machthaber Putin droht te Wadaturskyj auch bereits entschieden, ei- sal eines Bürgermeisters aus der süd- ständig damit, wichtige politische Entschei- nen neuen Verladeterminal an der Donau zu lichen Ukraine, das stellvertretend für dungszentren, wie die ukrainische Regierung bauen. viele Schicksale im Land steht, sowie in Kiew, anzugreifen. Mit dem Angriff auf My- Doch der Agrarproduzent und -händler Daten und Fakten zu Getreideproduk- kolajiw, das noch nicht von den russischen war nicht nur finanzstark und ideenreich, son- tion, export und -raub. Weitere Texte Truppen eingenommen werden konnte, hol- dern auch politisch sehr einflussreich. Auch sind in Arbeit. te Putin Ende Juli zum Schlag gegen ein be- auf diese Weise konnte er viele Projekte er- deutendes Getreide- und Logistikzentrum folgreich umsetzen. www.genossenschaftsverband.de/ aus. Und dies genau zu dem Zeitpunkt, als Um das Profil von Nibulon als führen- ukraine-wirtschaften-und- Oleksij Wadaturskyj nach neuen Wegen such- des Unternehmen in der Flussschifffahrt zu ueberleben/ 4-2022 | GENIAL | 17
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AUS DEM VERBAND WEISSRUSSLAND Tschernihiw POLEN Luzk RUSSLAND Riwne Sumy Schytomyr Lwiw Kiew Poltawa Charkiw Chmelnyzkyj UKRAINE Ternopil Vinnytsya SLO- Tscherkassy WAKEI Luhansk Iwano- Frankiwsk Dnipro Uschhorod Donezk Tscherniwzi Kropywnyzkyj UNGARN Saporischschja Mykolajiw RUMÄNIEN MOLDAWIEN Odessa Cherson ASOWSCHES MEER KRIM Simferopol SCHWARZES MEER schärfen, wartete Wadaturskyj mit großen Projekten auf. Diese waren zwar teilweise für das Unternehmen unren- tabel, wurden aber erfolgreiche Werbe- und Sozialaktio- nen. So gab es viel Medienbeachtung, als Wadaturskyj beispielsweise Wassermelonen aus der Region Cherson auf dem Fluss nach Kiew verschiffen ließ. Und natürlich war er einer der einflussreichsten Menschen in der Region Mykolajiw, wo er lebte und starb. Mit Ausbruch des Krieges blieb er in seiner Hei- matstadt Mykolajiw und unterstützte die Stadt und ihre Bewohner*innen. Vor seinem tragischen Tod träumte Oleksij Wada- turskyj noch davon, den Hafen von Mykolajiw in den „grü- nen Korridor“ für Ernährungssicherheit, den die UN un- terstützt, aufzunehmen. Das war jedoch nicht möglich, weil die russischen Truppen Mykolajiw und seinen Hafen jeden Tag be- schossen haben. Der Hafen ist zwar beschädigt, könn- te aber mit Sicherheitsgarantien betrieben werden. Wa- daturskyj hatte das Motto „Niemals aufgeben“. Jetzt werden seine Projekte von seinem Sohn und den 7.000 Mitarbeiter*innen seines Unternehmens weitergeführt. Anastasia Buchna/Sabine Bömmer Oleksij Wadatursky gründete Nibulon 1991 mit unga- rischen und britischen Investoren. In 30 Jahren hat der Agrarkonzern eine einzigartige Infrastruktur für die Getreidelogistik in der Ukraine geschaffen. Nibu- lon ist eine der vier größten Reedereien der Ukraine und Marktführer nicht nur in der Ukraine, sondern auch in der Schwarzmeerregion. Seit 2008 betei- ligt sich Nibulon am UN-Welternährungsprogramm (WFP). Das Unternehmen lieferte landwirtschaftliche Produkte nach Pakistan, Äthiopien, Bangladesch, Ke- nia, Mauretanien, Jemen und in andere Länder. Ni- bulon hat 27 Umschlagterminals und Zentren für die Annahme, Lagerung und den Versand von Getreide und Ölsaaten sowie 445 Getreidesilos, die größte Anzahl in der Ukraine. Fotos: Nibulon 4-2022 | GENIAL | 19
new NEW WORK BEI GENOSSENSCHAFTEN work – ebenso aktuell wie vielschichtig New Work – ist derzeit in aller Munde und ein wichtiges Thema der Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik. 20 | GENIAL | 4-2022
I n den Konzepten der frühen 80er Jahre des letzten Jahr- Vier Stoßrichtungen von New Work hunderts war New Work eine sozialphilosophische Idee. Der Philosoph Frithjof Bergmann ging von einer Dreitei- Dabei wird New Work in vier Felder unterteilt: lung der Lohnarbeit aus: die Erwerbsarbeit, die Arbeit für • Arbeite, wo und wann du willst: zeitliche und örtliche Flexibi- die Selbstversorgung und die Arbeit, die die Beschäftigten „wirk- lisierung der Arbeit lich, wirklich wollen“. Diese „wirklich gewollte“ Arbeit stand vor • Jenseits der Organigramme & Silos: agile und projektbasier- allem für die zentralen Werte Selbstständigkeit, Freiheit und Teil- te Organisationsformen habe an der Gemeinschaft. • Meine Arbeit stiftet mir und anderen Sinn: Wertebasierung Heute, im Zeitalter der digitalen Transformation lässt sich und Sinnstiftung durch Arbeit feststellen: New Work steht nicht mehr für die Abgrenzung von • Jenseits der Hierarchie: veränderte Führungsstrukturen und der eigentlichen (Erwerbs-)Arbeit, sondern für die Versuche, in- neue Machtverteilung durch Enthierarchisierung, partizipati- nerhalb der Erwerbsarbeit eine Reihe von zukunftsorientierten ve Entscheidungen und Formen der Selbstorganisation Veränderungen zu implementieren. Deren Realisierung hängt eng mit den Möglichkeiten und Chancen der digitalen Transfor- Zusammenfassend ist unter New Work erwerbsorientierte mation zusammen. Diese Veränderungen subsumieren sich un- Arbeit zu verstehen – mit einer Arbeitsweise, die durch ein ho- ter Stichworten wie Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben, hes Maß an Virtualisierung von Arbeitsmitteln, Vernetzung von Flexibilisierung, Agilität, Wertebasierung und Sinnstiftung von Personen, Flexibilisierung von Arbeitsorten, -zeiten und -inhalten Arbeit. Die digitale Transformation dient dabei als Ermöglicher gekennzeichnet ist. und Beschleuniger … Demografische Entwicklungen sowie die nochmals zunehmende internationale Vernetzung sind zusätzli- che Pfeiler dieser Veränderungen. Foto: A Stockphoto/adobe.com Auszüge aus: Dr. Josephine Hofmann u.a., New Work – Best Practices und Zukunftsmodelle, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Stuttgart 2018 4-2022 | GENIAL | 21
„War for talents“ ist für uns spürbar Was tut der Verband gegen den Fachkräftmangel? Reicht denn die klassische Herr Schulz, ist der Fachkräfteman- GENiAL spricht darüber mit Personalarbeit noch aus, um gel für unseren Verband Mythos oder Marco Schulz, Personalvor- Mitarbeiter*innen zu gewinnen? Realität? stand des Verbandes, und SCHULZ: Gegenfrage: Was ist „klassische MARCO SCHULZ: 55 Prozent der Unterneh- Personalarbeit“? Im Recruiting erreicht man men in Deutschland sehen heute den Fach- Personalchef Michael- sicherlich nicht die besten Köpfe, wenn man kräftemangel als Risiko für die eigene Ent- Benedict Kolbe. nur eine Zeitungsanzeige schaltet. Hier ist wicklung. Bis 2060 werden wir, ohne Zuwan- eine Auswahl der Instrumente nach Profes- derung, ein Drittel der Arbeitskraft verlieren, sional Level und Branche wesentlich. Und die heute dem Arbeitsmarkt zur Verfügung diese Instrumente haben so gar nichts mehr steht. Unser Geschäftsmodell für unsere Wie viele Bewerbungen erhält der damit zu tun, wie noch vor fünf oder acht Jah- Mitglieder hat das Ziel, die besten Köpfe zum Verband im Schnitt? ren rekrutiert worden ist. Man kann das nicht Wohle der Genossenschaften einzustellen MICHAEL-BENEDICT KOLBE: Wir erwar- mehr nach dem Motto „inside-out“ machen, und zu entwickeln. Gleichzeitig sind wir als ten für dieses Jahr circa 4.500 Bewerbun- sondern muss konsequent von der zu rekru- Verbandsfamilie in einem Wachstumsfeld un- gen und beobachten, dass sich die Zahl der tierenden Zielgruppe her denken: im jewei- terwegs. Wir merken schon heute, dass es Bewerbungen unterschiedlich entwickelt: ligen Kommunikationskanal, in der Digitali- schwieriger wird, unsere Vakanzen zu beset- Teilweise können wir sie als Arbeitgeber be- sierung und aus der Recruiting-Erfahrung im zen, und das wird sich in Zukunft voraussicht- einflussen, teilweise steuert sie der Markt. Prozess. lich weiter verschärfen. Wichtig ist es zu verstehen, dass der Bewer- Das gilt auch für die nachfolgenden Pha- bungsmarkt kein passives Geschäft ist. Hohe sen des Lebenszyklus von Mitarbeitenden: In welchen Berufssparten oder Berei- Bewerber*innenzahlen laufen den eigenen vom Talentmanagement über die Fragen chen des Verbandes ist der Personal- kurz- und mittelfristigen Recruiting-Ansätzen zu „Compensation & Benefits“ bis hin zum mangel besonders stark? mit Zeitversatz nach. Langfristige Ansätze, Ausstieg aus dem Unternehmen. Hier hilft SCHULZ: Unsere strategische Personalar- wie das Schaffen einer attraktiven Arbeitge- alleine Professionalisierung: Der klassische beit ist klar ausgerichtet: Wir suchen in allen bermarke oder das Schnüren eines attrakti- „One size fits all“-Ansatz trifft nicht mehr die Bereichen die besten Köpfe, die unsere Viel- ven Benefitpakets, befeuern dabei nachhal- Erwartungen der Generation, die jetzt in die falt und Leistungsfähigkeit zum Nutzen unse- tig unsere Recruiting-Instrumente. Hier ar- Unternehmen kommt. Diese Individualisie- re Mitglieder stärken. Durch unser nachhalti- beiten wir stetig an einer Verbesserung und rung der Personalarbeit läuft direkt der An- ges Wachstum ermöglichen wir vielen Talen- freuen uns über positives Feedback. sicht entgegen, dass Personalbereiche kos- ten in ebenso vielen Bereichen, in einem un- tenfokussiert zu führen sind: Natürlich sind serer Geschäftsfelder erfolgreich im Mitglie- Und wie sieht es bei den Neueinstel- Economies of Scale überall dort zu realisie- derauftrag unterwegs zu sein. Trotzdem: Der lungen aus? Gibt es hier Probleme, ren, wo sie greifbar sind – aber die Betreu- Wettbewerb, gerade um Berufsträger*innen, Stellen adäquat zu besetzen? ungsintensität des Individuums wird sich startet erst gerade. KOLBE: Wir haben aktuell (Anmerkung der massiv verändern. Besonders für hochspezialisierte Positio- Redaktion: Anfang September) 116 offene Marktbenchmarks zur Betreuungsquote nen brauchen wir derzeit länger, um die rich- Stellenangebote. Klingt viel, ist aber logisch: „Anzahl Mitarbeitende Gesamtunternehmen tigen Kandidat*innen an Bord zu bekommen. Die Verbandsfamilie wächst. Wirklich ernst- zu Anzahl Mitarbeitende Personal“, die mit Aber auch bei junioreren Positionen merken hafte Probleme verhindern wir durch eine historischen Daten hinterlegt sind, sind heute wir, dass sich der Arbeitsmarkt hin zu einem nachhaltige Recruiting-Strategie und eine schon mit Vorsicht zu genießen: einfach weil Arbeitnehmer*innenmarkt gedreht hat: Auch Personalentwicklung über unser Programm sich die Ansprüche der Mitarbeiter*innen an junge Studiumsabsolvent*innen haben ak- „Let’s Grow!“. ihre Arbeitgeber so signifikant verändern. tuell viele Chancen auf einen Berufseinstieg Und Arbeitgeber, die hier nicht mitgehen nach dem Studium. Der oft zitierte „War for können oder wollen, werden dann erleben, Talents“ ist hier klar spürbar. dass sich die Mitarbeiter*innen schnell am Arbeitsmarkt neu orientieren. „Langfristige Ansätze, wie das Schaffen einer attraktiven Arbeitgeber- marke oder das Schnüren eines attraktiven Benefitpakets, befeuern nachhaltig unsere Recruiting-Instrumente.“Michael-Benedict Kolbe 22 | GENIAL | 4-2022
NEW WORK BEI GENOSSENSCHAFTEN Personalvorstand Marco Schulz: „Training for skills wird immer wichtiger.“ Mindestens zwei Jahre Berufser- fahrung und jung: Da scheint für viele Arbeitgeber besonders interes- sant zu sein. Aber sind auch ältere Bewerber*innen gefragt? SCHULZ: Ja, natürlich! Wir verfolgen einen Ansatz, der diverse Teams fördert. Weil wir wissen, dass diverse Teams auch viel erfolg- reicher arbeiten. Deshalb ist das Thema In- klusion auch beim Personalvorstand angesie- delt. Das zeigt: Für uns ist das ein wichtiges Thema – und es ist uns ernst. Was tut der Verband, um auch „Der klassische ‚One size fits all‘-Ansatz trifft nicht mehr bereits eingestellte Mitarbeitende weiter an den Verband zu binden die Erwartungen der Generation, die jetzt in die Unter- und motiviert zu halten? nehmen kommt.“ Marco Schulz SCHULZ: Ich nenne hier bewusst nur ein Beispiel, unser „Let’s Grow!“-Personalent- wicklungsprogramm. Hier konzipieren wir bewusst Laufbahnmodelle, die die mögliche Was muss sich in den Personalberei- persönliche Entwicklung in der gesamten chen konkret verändern? Verbandsfamilie zeigen. Wir bieten so eine KOLBE: Vor allem das Selbstverständnis: klare Entwicklungsperspektive und neue Wir bearbeiten keine Sachverhalte – wir be- Sichten und Aufgaben, die auch der persön- gleiten Menschen auf ihrem Weg in und lichen Entwicklung der Mitarbeiter*innen durch die Verbandsfamilie. Mit allen Hoffnun- dienen. Kurz: Wir bleiben so interessant und gen, Wünschen – aber auch ihren Sorgen, spannend für die Mitarbeiter*innen – und Nöten und Ängsten. Wir sind für die Men- das bei wirklich guten Sozialleistungs- und schen da! Kurz: Die „klassische Personalar- Rahmenbedingungen der Arbeit. beit“ hat ein Problem. Und ja, Personalarbeit wird signifikant mehr Investitionen im Human- Berufsanfänger*innen haben es Resources-Bereich brauchen als bisher. Ohne auf dem Arbeitsmarkt immer noch Investitionen in den eigenen Personalbereich schwer. Welche Schlüsselqualifika- kommt es eben zu Fachkräftemangel. Auch tionen müssen sie für den Verband hier brauchen wir herausragende Köpfe und mitbringen? kluge Investitionen, um marktfähig zu bleiben. SCHULZ: Es gibt diesen fast 50 Jahre alten Spruch des Unternehmers Herb Kelleher: Was tut der Verband konkret gegen „Hire for attitude – train for skills.“ Das ist na- den Fachkräftemangel? türlich nicht alleine zielführend, aber das „Trai- KOLBE: Seit etwa 18 Monaten strukturie- ning for Skills“ wird immer wichtiger – für die ren wir unsere strategische Personalarbeit Berufsanfänger*innen und für das jeweilige ganzheitlich. Die Zusammenarbeit mit den Unternehmen. An den Skills kann und muss Fachbereichen ist entscheidend, um die Per- immer mehr gearbeitet werden – nichts sonalarbeit auf die Mitarbeiter*innen zu zen- bleibt, wie es ist, besonders nicht in einem trieren. Deren Bedarf, aber auch gesellschaft- Umfeld, das lebenslanges Lernen fordert. liche Strömungen bestimmen unsere Arbeit. Sabine Bömmer Den Fachkräftemangel selbst können wir nicht beeinflussen – er ist demografisch vor- gegeben. Wir können aber bewusst und pro- aktiv damit umgehen, und das tun wir auch. Personalchef Michael-Benedict Kolbe: „Wir So zeigt sich für uns schon, dass die konse- begleiten Menschen auf ihrem Weg in und quente Umsetzung einer Gesamtstrategie durch die Verbandsfamilie.“ erfolgreicher ist als die einzelner Instrumente. Fotos. Roland Breitschuh, Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V. 4-2022 | GENIAL | 23
Robert Stärkel Susanne Albert 24 | GENIAL | 4-2022
NEW WORK BEI GENOSSENSCHAFTEN Wie wir heute und morgen arbeiten Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Das schlägt sich auch in neuen Arbeits- und Raumkonzepten nieder, wie zum Beispiel am Standort Düsseldorf des Genossenschaftsverbandes. GENiAL sprach mit Robert Stärkel, Verbandsbereichsleiter Immobilienmanagement und Infrastruktur, und Susanne Albert, Abteilungsleiterin Standortentwicklung. Warum ist dem Verband das Thema schaffen, aber auch Konzentrationsbereiche. Wie geht es an den anderen Ver- New Work wichtig? Wir setzen auf eine modulare Möblierung, die bandsstandorten weiter? ROBERT STÄRKEL: Die Arbeitswelt verän- sich flexibel den Arbeitsbedürfnissen anpas- ALBERT: Generell werden alle Standorte dert sich gerade rapide, darum werden auch sen kann. Und natürlich sind im Rahmen der sukzessive auf New Work umgestellt. Der wir als Verband neue Wege gehen. Wir ha- Sharing Economy alle Möbel gemietet. Für Verbandsstandort Münster zieht bis Ende ben deshalb in der Verbandsfamilie eine Stra- den Flächenumfang gilt: Weniger ist mehr! So November 2022 in den Cube1 der DZ HYP in tegie entwickelt, die sich mit neuen Arbeits- reduzieren wir beispielsweise durch die intel- Münster. Hier läuft gerade der Ausbau nach und Raumkonzepten auf diese Veränderun- ligenten und flexibel nutzbaren Zonierungen New-Work-Vorgaben, außerdem wird es ei- gen einstellt. New Work ist deshalb auch als die Flächenvorhaltungen um 50 Prozent. nen großen multifunktionalen Küchen- und Prozess zu verstehen, der die Arbeit von heu- Die Gesundheit der Mitarbeiter*innen Begegnungsbereich geben. te ins Morgen erfolgreich transformiert. Das ist für uns ein hohes Gut: Deshalb ist für uns Dann wird es weitergehen: An den Büro als Statussymbol: das war einmal. Heu- eine hochwertige ergonomische Ausstat- Standorten Schwerin und Hannover haben te geht es darum, flexible Räume zu schaf- tung, zum Beispiel mit höhenverstellbaren die Konzeption und Planung begonnen, da- fen, die dem veränderten Arbeits- und Füh- Schreib- und Besprechungstischen, Stan- nach geht es zurück zu den Anfängen an den rungsverhalten entsprechen sowie Kommu- dard. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin Standort Neu-Isenburg. Dort wurde 2019 der nikation und Kollaboration als wichtige Fakto- nutzt das Modul, das gerade zu seiner oder Grundstein für New Work in einem Pilotpro- ren von Innovationsfähigkeit fördern. ihrer Arbeit passt – vom Think-Tank oder Be- jekt über zwei Etagen gelegt. Hierauf gilt es Als Verband wollen wir bei New Work sprechungsraum über die Couchzone – und aufzubauen. Vorreiter sein, indem wir die Entwicklung muss sich aktiv dorthin bewegen. konsequent vollziehen. Und davon profitie- Wie haben Sie die Mitarbeiter*innen ren alle: Die Mitarbeiter*innen können sich Der Verbandstandort Düsseldorf bei diesem Veränderungsprozess besser vernetzen und identifizieren sich stär- wurde im Rahmen von New Work New Work mitgenommen? ker mit dem Verband. Der Verband stärkt auf umgestaltet. Was bedeutet das? ALBERT: Wir haben uns intensiv mit einer diese Weise auch seine Arbeitgeberattraktivi- SUSANNE ALBERT: Das bedeutet in Stich- Learning-Journey auf New Work vorberei- tät und Arbeitgebermarke. Das ist in Zeiten punkten: keine festen Einzel- oder Zweierbü- tet und wurden dabei von der SBC Consul- von Fachkräftemangel besonders wichtig. ros, aber temporäre Rückzugsräume, offe- ting, Susanne Busshart, begleitet, die auf Es geht aber vor allem auch darum, die Po- nes Raumkonzept mit unterschiedlichen Zo- Arbeitswelten der Zukunft und den Change tenziale aus der wirkungsvollen Zusammen- nen und Arbeitsbereichen auf einer Ebene, hierzu spezialisiert ist. Von sogenannten De- arbeit zu heben, und dafür ist das Office als Projekt- und Teambereiche, Zonen für agiles sign-Teams unseres Verbandes wurden die Ort der Vernetzung und Kollaboration ganz Arbeiten, Transparenz durch wenige Türen Mitarbeiter*innen eingeladen, an der Ent- wesentlich. und viel Glas sowie eine einheitliche moder- wicklung teilzuhaben. Vor dem Umzug wur- ne Ausstattung inklusive Farbkonzept. Es de transparent und regelmäßig über die Neu- Zu New Work gehört ja auch das gibt auch keine personenbezogenen Schreib- erungen in den eigenen Blogs im Intranet Thema Arbeitsumgebung … tische mehr, jeder kann sich per App in un- kommuniziert. Außerdem haben wir unter STÄRKEL: Genau, wir beschäftigen uns inten- serem Buchungssystem einen Projektraum anderem Workshops für die künftige Zusam- siv mit der Frage, wo und wie wir heute und oder freien Schreibtisch buchen. Die Think- menarbeit veranstaltet und einen Tag der of- morgen arbeiten werden. Welche Arbeitsorte Tanks sind dagegen nicht buchbar und ste- fenen Tür organisiert. Nach dem Umzug hat sind überhaupt noch notwendig? Arbeiten wir hen zur kurzfristigen, vorübergehenden Nut- unser Team die Mitarbeiter*innen und Füh- mit unseren Kunden ausschließlich vor Ort zu- zung zur Verfügung. rungskräfte vor Ort intensiv begleitet, Füh- sammen, nur elektronisch oder hybrid? Brau- rungen angeboten und Fragen beantwortet. chen wir noch große zentrale Verwaltungssit- Und wie stehen Ihre Vorstände zu Wir werden zudem in Zukunft mit einem Pul- ze oder sind regionale Hubs und Co-Working- diesem neuen Konzept? scheck überprüfen, wie die neuen Flächen Spaces sinnvoller, um näher bei unseren Mit- STÄRKEL: Auch sie haben sich zu New Work angenommen werden und was wir noch ver- gliedern und Kunden zu sein? Das alles haben bekannt. So sitzt unsere neue Vorständin Kat- bessern können. Fotos: Roland Breitschuh Sabine Bömmer wir mit einem interdisziplinären Team aus der ja Lewalter-Düssel selbstverständlich auch Initiative Arbeitswelt 2025 diskutiert. auf der Fläche, ebenso die Führungskräfte. Im Sinne der Flächenökonomie wollen wir Für diskrete Gespräche gibt es entsprechen- Räume effektiv nutzen, zum Beispiel mehr de Rückzugsmöglichkeiten. Kommunikations- und Kollaborationsflächen 4-2022 | GENIAL | 25
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