Rundschau - Bemerkenswertes Münster - DKV-Residenz am Tibusplatz ...
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140. AUSGAbE > RESiDENZiNFo 2/2019 Rundschau JUNi biS AUGUSt 2019 Einblick > Was ist nur in all den Taschen? Ausblick > „Ich steh’ auf hohem Balkone … “ Rückblick > Es war einmal … Bemerkenswertes Münster
2 RUNDSCHAU 2/2019 > Editorial Vorwort Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Offensein für Neues! Das ist es, was Entwicklung, Wachstum und letztendlich auch Veränderung herbeiführt. Gilt es nicht, sich täg- lich den neuen Anforderungen zu stellen? Anforderungen, die sich aus den Interessen Aller ergeben, die – am Beispiel unserer Residenz – in irgendeiner Weise mit uns zu tun haben, und die einem stetigen Wandel unterliegen. Unsere einzelnen Interessen und Bedürfnisse waren vor Jahren sicherlich auch andere als heu- te und ändern sich ständig. Offensein für das, was kommt; genau hinschauen in den Alltag aber auch dahinter. Das geht meines Erachtens nur, indem wir unsere Erfahrungen und Organisationsabläufe reflektieren, uns inspirieren lassen, dabei immer wieder Fragen stellen und dabei auch das Selbstverständliche hinterfragen. So kommt Verborgenes ans Tageslicht und kann überdacht werden. Was läuft gut? Was kann verbessert werden? Jeder Einzelne bewertet das aus fach- lichen und aus persönlichen Gesichtspunkten heraus anders und im vertrauensvollen Austausch miteinander entstehen großartige Dinge. Teamgeist und Verbundenheit sind in meinen Augen die treibenden Kräfte hinter allem, der Wert unserer „Tibus-Kultur“. So gesehen befinden wir uns ständig - mal mehr und mal weni- ger – in einer Umbruchphase. Umbruch kommt von Aufbrechen und hat immer auch etwas Befreiendes; schafft daher stets Platz für Neues. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir täglich (!) zu guten Gesprächen anregen. Und das alles mit nur einem Ziel: Die Tibus Residenz soll etwas Besonderes bleiben und Sie, liebe Bewohne- rinnen und Bewohner, sollen die in der Residenz verbrachten Jah- re als geschenkte Lebenszeit empfinden. Genau dann machen wir (fast) alles richtig. Herzlichst Ihr Frank Jansing Residenz-Direktor
3 Inhalt 12 Parkour 16 Winterswijk 20 lambertikirche Einblick Ausblick Rückblick Bemerkenswertes „Ich steh’ auf hohem Einmal rund um die Münster 4 Balkone am Turm …“ 14 Lambertikirche 20 Was ist nur in all den Winterswijk, eine Perle Es war einmal … 24 Taschen? 7 im Lande unseres Spaß mit Limericks 26 Wachsam sein! 10 westlichen Nachbarn 16 Fast vergessene Wörter: Sich selbst vertrauen 12 „Anmut“ 27 Rätsel 28
4 RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick Bemerkenswertes Münster Im Oktober 2004 errang Münster im internationalen Städte-Wettbewerb „International Award for Liveable Communities“ (kurz Liv-Com-Award) den Titel „Lebenswerteste Stadt der Welt“ und zwar in der Kategorie der Städte zwischen 200.000 und 750.000 Einwohnern. D ie Jury, bei der sich Münster zunächst Stadt um hohe Lebensqualität erneut mit einer schriftlich beworben hatte, bestand aus Goldmedaille belohnt. Auch diesmal würdig- Landschaftsplanern und Landschafts- te man das Grünflächensystem der Promenade, Architekten. Konkurrenten waren u. a. Seattle, das Rad- und Fußwegenetz, die Rieselfelder als Coventry und einige Städte in Asien. Münster ge- Vogelschutzgebiet, die Anlagen rund um den Aa- wann in den Kriterien: see sowie das Engagement der Bürger unter dem Motto „Münster bekennt Farbe“. Langfristig wur- 1. Verbesserung der Landschaft de die Stadt auch im Rahmen des internationa- 2. Gestaltung des historischen Erbes len Wettbewerbs „Entente Florale“ noch lebens- 3. Umweltbewusstes Leben werter. 4. Bürgerbeteiligung 5. Zukunftsplanung Aber das ist noch nicht alles! Müns- Die anschließende mündliche Präsentation ver- ter ist außerdem Fahrrad-Metropole tiefte diese Inhalte teils mit Videos, z. B. bei Und bleibt Fahrradstadt, auch wenn wir seit April Fahrradtouren aufgenommen. Die Münsteraner 2019 nur noch auf Platz 2 stehen! Die Münste- sind verständlicherweise stolz auf diese Aus- raner selbst sind allerdings durchaus nicht ohne zeichnung, aber auch national und international Einschränkungen glücklich über diesen Titel. Die brachte sie große Aufmerksamkeit. Münsteraner „Leezen“ nehmen seit langem Überhand, führen Unternehmen druckten den Wettbewerbsgewinn trotz spezieller, riesiger Park-Stationen vielfach umgehend auf ihr Briefpapier; Motive zu den 5 zu chaotischen Situationen, fahruntüchtige, seit Kategorien erschienen auf Postkarten und Pla- Jahren vergessene Räder verschandeln zu Hun- katen; die Medien berichteten ausführlich, der derten das Stadtbild und behindern Passanten Tourismus und das Interesse auch ausländischer auf Fußwegen oder vor Hauseingängen. Viele Journalisten stieg an, und die Anfragen nach ihrer Besitzer sind außerdem rücksichtslose Ver- Messestandorten waren zeitweise kaum zu be- kehrsteilnehmer, fahren auf der falschen Stra- friedigen. 2007 wurden die Bemühungen der ßenseite, bei Dunkelheit ohne Licht, oder, beson-
RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick 5 ders mit Pedelecs, viel zu schnell. Autofahrer sind Der arrogante, exzentrische Gerichtsmediziner genervt von den oft auch in Rudeln herankom- Professor Boerne (gespielt von Jan Josef Liefers) menden Radlern und berichten regelmäßig in ist Opernliebhaber und – Kenner, mischt sich der lokalen Presse von ihrem Unmut. Umgekehrt ungefragt in die Ermittlungen ein, nennt seine entrüsten sich die Bescholtenen ihrerseits mit wü- pfiffige Pathologin Heike Haller (dargestellt von tenden Leserbriefen über ihre Benachteiligungen. Christine Urspruch) wegen fehlender Größe „Al- Aber: trotz aller Abstriche ist es schon ein kleines berich“ und tut im übrigen alles, um seinen Mit- Glücksgefühl, besonders bei schönem Wetter, mit streiter Thiel zur Verzweiflung zu bringen. Der dem „Drahtesel“ durch die Promenade zu flitzen von Axel Prahl gespielte, äußerst kompetente oder den Aasee zu umrunden. Diese attraktiven Kommissar, der immer irgendwie vernachlässigt Strecken gibt es wohl wirklich nur in Münster! wirkt, liegt im ständigen verbalen Clinch mit dem Herrn Professor, dessen Allüren ihm kei- Eine wohl einmalige Attraktion hat der Aasee neswegs Respekt einflössen. Er ist Hamburger, leider verloren. Vor einigen Jahren erschien dort glühender FC St. Pauli-Anhänger und eigentlich plötzlich eine schwarze „Schwänin“, die einem nur wegen „Vaddern“ nach Münster gezogen, überlebensgroßen Plastik-Schwan in Form eines was aber der langbezopfte, weißhaarige Taxifah- Tretbootes nicht von der Seite wich, auch wenn rer nicht unbedingt als Liebesbeweis honoriert- es „im Einsatz“ war, d.h. wenn Passagiere darin saßen. Eine fast unglaubliche Liebesgeschichte, die drei Sommer lang weltweit verzauberte. Und jetzt das: Münster ist „Hoch- burg des Verbrechens“ … … lese ich im Stadtlexikon. Wie bitte? Es wird doch stets berichtet, dass man hier besonders sicher lebt. Noch im März erschien der Artikel „deutlich weniger Straftäter“ in den Westfäli- Münsters Aasee mit Segelhafen schen Nachrichten. Was steckt also hinter der furchterregenden Behauptung, Münster sei die Krimi-Hauptstadt? Mit Erleichterung lese ich die Begründung: es geht um die Einschaltquo- ten bei den Filmen, die hier regelmäßig gedreht werden, und die Morde, die angeblich hier ge- schehen. Millionen von Menschen verfolgen am Bildschirm die Verbrecherjagd des skurrilen Tat- ort-Duos Boerne/Thiel. Wilsbergs Antiquariat
6 RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick und sich seinem Sohn gegenüber entsprechend ger (Rita Russek), der Chefin der Kripo, ist al- kratzbürstig verhält. Eigentlich sind die beiden lerdings etwas undurchsichtig. Man weiß nicht wie Hund und Katze. so recht, trifft hier das Sprichwort zu: was sich liebt, das neckt sich, oder ist der Eigenbrödler In der Rolle der Kette rauchenden Staatsanwäl- schlicht ungeeignet für eine Beziehung mit der tin mit der Reibeisenstimme erleben wir übri- patenten, attraktiven Frau. gens die Münsteranerin Mechthild Grossmann. Der Münster-Tatort hält die Spitzenposition aller Das kleine nostalgische Antiquariat in der Frau- anderen in Deutschland gedrehten Tatorte, und enstraße, in dem Wilsberg sich ab und zu tatsäch- das, obwohl in manchen Folgen der Klamauk lich den Büchern widmet, ist jedem Münsteraner eindeutig über die seriöse Ermittlungsarbeit tri- bekannt, im Film trägt es zum Lokal-Kolorit bei umphiert. und macht gleichzeitig unbezahlbare Werbung. Wie überhaupt das Privileg, dass die Schauspie- Und dann gibt es auch noch den kauzigen, meist ler ungestraft mit dem Auto durch die Altstadt schlecht gelaunten „Wilsberg“ im gleichnami- und über den Prinzipalmarkt fahren dürfen, den gen Film. Eigentlich ist er Antiquar, spielt aber Zuschauern beeindruckende Bilder von Müns- viel lieber den Privat-Detektiv und ist in dieser ters Innenstadt ermöglicht. Eigenschaft recht erfolgreich. Die Rolle wurde dem Schauspieler Leonard Lansing vom Müns- Ich bin äußerst erleichtert über die Auflösung teraner Krimi-Autor Jürgen Kehrer buchstäblich der Behauptung, Münster sei „die Stadt des Ver- auf den Leib geschrieben. Dem Schnüffler Wils- brechens“. Es ist doch viel eher – siehe oben – berg stehen der leicht unterbelichtete „Ekki“ als noch immer „die lebenswerteste Stadt der Welt“, Ermittler und seine Nichte Alex als Rechtsan- bestimmt für alle, die hier leben. wältin zur Seite. Das Verhältnis zu Anna Sprin- >> Ingeborg Ollmann
RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick 7 Was ist nur in all den Taschen? Diese Frage stellen sich viele, wenn sie Monika Pfützenreuter jahraus, jahr- ein so beladen in die Tibus Residenz eilen sehen. Ich habe es für Sie liebe Leserinnen und Leser, in Erfahrung gebracht! Aber bevor ich das ver- rate, möchte ich meine langjährige Kollegin ein wenig vorstellen. Wie denkt diese hoch- gebildete Frau, die unermüdlich seit nunmehr über 26 Jahren das Leben in der Residenz mit ihrem Wissen und ihrer Energie bereichert? Liebe Frau Pfützenreuter, was treibt Sie an, jahrelang so viele unterschiedliche Veranstal- tungen durchzuführen? „Ich verstehe mich als Kulturvermittlerin, als jemand, der die Lebensgestaltung älterer Men- schen positiv beeinflussen möchte, ohne den Fo- kus auf mögliche Defizite zu lenken und ohne dieses durchaus wertvolle, karitative Betreuen. Für mich ist Lebensgestaltung etwas anders; es hat mit Leben zu tun, mit Teilhabe und Ausein- andersetzung. Ich versuche lebendig zu halten, Frau Pfützenreuter wie immer schwer beladen was da ist. Und deshalb bringe ich den Besuchern meiner Vorträge und Veranstaltungen ja nichts denen dies wichtig ist, nicht ausschließlich in Neues bei. Ich vermittele lediglich Dinge, die mit Mainstream-Entertainment verfallen, wenn es ihrem bisherigen Leben zu tun gehabt haben, nicht ihres ist. Damit meine ich Dinge, mit de- und biete Gelegenheit zur Auseinandersetzung nen man einfach nur Zeit verbringt, die einen mit Themen, zu denen in der Regel bereits eine aber nicht mehr herausfordern. Mainstream hat besondere Beziehung als wichtiger Teil ihres Da- durchaus auch seine Berechtigung; nur dafür seins besteht. Ich unterstütze eine bestimmte Art bin ich nicht die Richtige. Das können andere zu leben, bei der kulturelle Interessen integraler besser. Ich biete eine Alternative dazu an.“ Bestandteil sind. Ist es das, was die Tibus Residenz für Sie be- Es ist wie bei einem Instrument. Wenn man es sonders macht? nicht spielt, weil man es schonend bewahren möchte, dann geht es kaputt. Man kann ein Ins- „Die meisten Einrichtungen für Senioren sind für trument zu Tode schonen. Und man kann auch mich irgendwie gleichartig. Sie haben zwar ihren Menschen zumindest geistig zu Tode schonen. Hauscharakter und ihren Trägercharakter und Hier greift der Satz des Philosophen Robert sind sich dennoch sehr ähnlich. In der Tibus Re- Spähmann: „In einer Welt der ewigen Harmonie sidenz aber wohnen viele Menschen mit lebens- würden wir veröden und verblöden“. Ich arbeite langen intellektuellen Ansprüchen an sich und dafür, dass das nicht geschieht, dass diejenigen, an ihre Umwelt, Menschen, die sich ihr Leben
8 RUNDSCHAU 2/2019 > EiNbliCK lang mit vielfältigen Themen auseinander gesetzt Ihnen wird nachgesagt, dass Sie wie ein wan- haben, die sich geistig beschäftigen. Ihnen wird delndes Lexikon sind, es gäbe nichts, was Sie hier ein Forum geboten. Und genau das macht in nicht wissen. meinen Augen eine Residenz zu einer Residenz; nämlich zu einer Lebensform, die stärker an das „Mein Wissen ist nicht „angehäuft“, sondern ist bisherige anknüpft, trotz möglicher Einschrän- mit dem, was man so Leben nennt, vernetzt. kungen. Andere Seniorenheime integrieren eben Im Laufe der Jahre lassen sich für mich immer etwas anderes in den Alltag ihrer Bewohnerinnen schneller Strukturen erkennen, in die ich Neu- und Bewohner. Wenn ich durch nur einen Satz es in bereits Vorhandenes integrieren kann. Ich in einem meiner Vorträge, Spaziergänge etc. Ge- kann leichter Dinge miteinander verbinden. Und dankenflüsse in Gang bringe, dann hat die Ver- wissen Sie was? Letztendlich ist es wenig Neues, anstaltung in meinen Augen ihren Zweck erfüllt. es ist oft nur Altes in neuen Gewändern!“ Deshalb stehe ich auch grundsätzlich nach jeder Veranstaltung für weitere Gespräche zur Verfü- Gibt es einen Tag in ihrem Leben, an dem sie gung. Ich treffe die Menschen da, wo sie derzeit nicht lesen? stehen und gehe dann mit ihnen ein Stückchen des Weges gemeinsam und freue mich, wenn sie „Nein, das gibt es nicht. Das könnte ich gar nicht. sich sogar mit dem Thema weiter beschäftigen. Wenn ich zum Beispiel die Zeitung lese, dann tue ich das grundsätzlich nur mit Stift. Dann markie- Vielleicht prägt mich hier auch meine DDR-Ver- re ich Dinge, über die ich in der Regel Sonntag gangenheit. Ich bin in Leipzig aufgewachsen, vormittags weitere Recherchen betreibe.“ und mir ist erst Jahre später klar geworden, was mein Vater durch unsere Flucht bewirkt hat. Für War die Kulturvermittlung Ihr ursprünglicher mich ist die Freiheit des Menschen höchstes Gut Berufswunsch? – auch die geistige – und die Gleichförmigkeit des Hamsterrads bedeutet Einengung.“ „Oh nein, ich hatte eine völlig andere Vorstel- lung meiner Karriere. Ich wollte als Sängerin zur Bühne. Das ist mir sogar von einer recht berühmten deutschen Sopranistin empfohlen
RUNDSCHAU 2/2019 > EiNbliCK 9 worden. Da ich aber seit Jahrhundert aus gebildeten meinem neunten Lebens- Frauen geworden ist, die jahr 47 Jahre lang in die nicht aus höheren Schichten Pflege meiner Mutter einge- stammten. Darüber werde spannt war, konnte ich die- ich eine Abhandlung schrei- sen Karrierewunsch nicht ben.“ verfolgen. Weil ich aber nicht ausschließlich in der Woher nehmen Sie die Pflege meiner Mutter auf- Energie für Ihre vielen Pro- gehen wollte, habe ich Er- jekte? ziehungswissenschaft und Geisteswissenschaften auf „ Zum einen ist es genetisch „Lehramt am Gymnasium“ bedingt; mir reichen nachts studiert. Parallel dazu habe Eiligen Schrittes in die Residenz fünf bis sechs Stunden ich Musik am Landeskonser- Schlaf. Und zum anderen ist vatorium und etwas später noch Musikwissen- meine Arbeit immer auch eine Kraftquelle für schaft studiert. Für mich waren Schule und Stu- mich. Wenn meine Investition nicht immer wie- dium immer Entdeckung – ein großes Angebot der auch als Kraft auf mich zurückfallen würde, an Möglichkeiten; die man später so nie wieder dann könnte ich das, glaube ich, alles gar nicht geboten bekommt.“ machen.“ Sie sind seit einiger Zeit im Rentenalter. Wie Last but not least: Was befindet sich denn nun lange werden Sie der Residenz noch erhalten in all Ihren Taschen? bleiben? „So viele sind es gar nicht – nur drei! In meinem „Solange ich das Gefühl habe, dass bei einigen Rucksack, der meiner Umhängetasche vor eini- Bewohnern noch Interesse an meinen Angeboten gen Jahren weichen musste, befinden sich per- besteht, solange ich noch das Leuchten in den sönliche Dinge. In meiner blauen Tasche sind die Augen sehe, wenn ich Dinge vermittele, solange Dinge, die ich im Laufe des Tages benutze; wie komme ich gerne weiter in die Residenz.“ zum Beispiel Arbeitsblätter, Bücher und Kopien für einzelne Kurse, die ich gebe. Ich habe ja auch Sicherlich haben Sie noch weitere Pläne für noch die VHS, die Ostdeutsche Heimatstube, die kommenden Jahre. Mögen Sie uns diese „Frau und Kultur“, den Kulturkreis Wolbeck etc. verraten? mit Vorträgen und Kursen. Ja, und in der dritten Tasche sind alle Originalmaterialien, also CDs „Ich arbeite an einem interdisziplinären Pro- und sonstige Medien, aus denen ich gelegentlich jekt, das mit Musik und Frauenbildung zu tun spontan kopieren muss. Sie sehen, jede Tasche hat. Die Frauenprofessionalisierung ist ein sehr hat ihren ganz bestimmten Zweck!“ junges Thema; gerade mal einhundert Jahre alt. Die oftmals falsch eingeschätzte Queen Anne Bleibt zu hoffen, dass meiner Kollegin Moni- (1665 – 1714) hatte ein privates Interesse dar- ka Pfützenreuter ihre innere Kraft noch lange an, junge Mädchen zu fördern. Sie hatte damals erhalten bleibt, um auch in Zukunft die Welt fünf jungen Frauen die Ausbildung in den „Fran- um sie herum ein kleines bisschen besser zu keschen Stiftungen“ in Halle privat finanziert. machen. Darüber gibt es noch Dokumente. Ich möchte > Ulrike Wünnemann recherchieren und forschen, was im 18. und 19.
10 RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick Wachsam sein! „In meinem Zuhause fühle ich mich geborgen und sicher!“, so die Worte von Günter Kassebeer, Bewohner der Tibus Residenz. Was genau versteht er unter Sicherheit? I st es das beruhigende Gefühl, zu wissen, Frau Mayer gab Verhaltenshinweise für den Um- dass immer jemand da ist, wenn er in drin- gang an der eigenen Wohnungstür im Gebäude genden Fällen Hilfe braucht? Und dass hier- der Residenz. „Öffnen Sie Ihre Tür am besten für ein Anruf an der Rezeption, die rund um die nur dann, wenn Sie Besuch erwarten und halten Uhr besetzt ist, reicht? Oder ist es das Wissen, sie diese bitte bei Verunsicherung geschlossen. dass er bei Bedarf schnell und problemlos Be- Rufen Sie im Zweifelsfall sofort bei der Rezep- treuung und Pflege erfahren kann? Ganz be- tion des Hauses an.“ Ebenso berichtete sie, wie stimmt beides. Aber Sicherheit beinhaltet noch sinnvoll es sein kann, Türen und Fenster nach- mehr; nämlich auch eine technische Seite. Ge- rüsten zu lassen, um potentiellen Einbrechern nau darum ging es beim letzten Tibus Talk, zu im wahrsten Sinne des Wortes „einen Riegel dem Frank Jansing und Ulrike Wünnemann in- vorzuschieben“. Allein dadurch sei die Ein- teressante Gäste eingeladen hatten. Da wurden bruchsrate in den letzten Jahren gesunken. Herr zum einen Cordula Mayer, Kriminalbeamtin Heinrichs ergänzte dies, indem er die Funktion vom Polizeipräsidium Münster, Abteilung Krimi- von Türzusatzschlössern, die durchaus auch an nalschutz/Opferschutz und zum anderen Sven den Wohnungstüren der Residenz Sinn machen Heinrichs, Projektleiter für Sicherheitssysteme könnten, beschrieb. Bei nicht zweimaligem Um- von der Firma „Rütü“ interviewt. drehen des Wohnungsschlüssels ist mit diesen Angeregte Gespräche mit unseren Gästen: Frank Jansing, Cordula Mayer, Sven Heinrichs, Ulrike Wünnemann
RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick 11 Schlössern trotzdem Einbruchschutz gegeben Darauf hatte dann zum Glück unser „Einbre- und Versicherungen würden entsprechend zah- cher“ des Nachmittags die passende Antwort. In len. Ebenso hatte „Rütü“ ein Tresorbeispiel mit seinen Memoiren nämlich stand geschrieben: im Gepäck, das für die Aufbewahrung von Wert- gegenständen – zu denen auch Erinnerungswer- „Vielleicht kann ich ja von meinen bösen Taten, te – gehören, durchaus seine Berechtigung hat. die ich im Laufe meines Lebens begangen habe, am Ende etwas gut machen, wenn ich Euch zurufe: Das Publikum hörte interessiert und kritisch zu. Habt Vertrauen! Sorget nicht ängstlich, denn Angst Es wurde unter anderem die Dynamik von Grup- ist der schlechteste Ratgeber. Wenn Ihr das Glück penschlüsseln thematisiert, die einzelne Mitar- habt, dort zu wohnen, wo ihr euch wohl fühlt, wo beitergruppen im Hause tragen müssen. Zum ei- Menschen sind, die ein Interesse an euch haben, nen ermöglichen sie bei Notfällen ein sofortiges die euch wohlgesonnen sind, dann dürft ihr euch Eintreten in die Wohnungen ohne Zeitverlust, auch sicher fühlen. Und aus diesem Gefühl der Si- zum anderen bergen sie die Möglichkeit, dass cherheit lasse deine Wachsamkeit erwachsen.“ ein Zugang in die Wohnungen von diesen Mitar- beitern theoretisch jederzeit machbar ist. Markus von Hagen hat mit seinen „Memoiren ei- nes Einbrechers“ wieder einmal seine Fähigkeit bewiesen, einfach immer und überall die „richti- gen Worte zu finden“. >> Ulrike Wünnemann Herr Jansing im Gespräch Der Autor dieses „Buches“ ist Markus von Hagen. Das erklärt, warum eine Bewohnerin vergeblich bei Amazon und im Buchhandel nach den „Memoiren eines Einbrechers“ gesucht hat. Die Türzusatzschlösser stießen auf reges Interesse
12 RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick Sich selbst vertrauen … Seit einiger Zeit haben wir regelmäßig Besuch bei uns auf dem Gelände – genauer gesagt im Eingangsbereich des Bewohnerparkdecks der Residenz nahe bei Haus 5. D ort passieren auf den ersten Blick recht ungewöhnliche Dinge. Junge Menschen nutzen die vorhandenen architektoni- schen Gegebenheiten des Treppenaufgangs, er- klimmen im Sprung Wände und Mauern, fliegen durch die Luft. Wir wollten diesem Treiben ein- mal auf den Grund gehen und haben in einem Gespräch mit Fabian Schubert, dem Gründer von „ParkourONE“ in Münster, spannende Hinter- gründe erfahren. „ParkourONE“ ist eine Schule, in der man – wen wundert es - Parkour lernen kann. Was aber versteht man darunter? Beim Parkour wird in der Regel eine Strecke mit unterschied- lichen Hindernissen, die in Anzahl, Höhe, Weite und Distanz variieren können, zurückgelegt. Tic - tac ... „ParkourONE“ versteht unter Parkour alle For- men von Bewegung, die in irgendeiner Weise Jeder orientiert sich an dem, was er kann und mit Hindernissen umgehen. Wobei Hindernisse was er sich zutraut, und passt sich an die jeweili- – zum Beispiel eine Mauer im Treppenaufgang- ge Umgebung an. nicht als solche wahrgenommen werden, son- Parkour ist von daher kein Wettkampf mit Be- dern als eine Möglichkeit. Es geht also darum, wertungen, sondern viel mehr als ein rein sport- sich mit der Möglichkeit „Mauer erklimmen“ lich orientiertes Training: Hier steht die Förde- auseinanderzusetzen, sich mit diesem selbst ge- rung der physischen, psychischen und sozialen setzten Ziel zu konfrontieren, eigenständig nach Gesundheit im Mittelpunkt, die essentiell für Lösungsmöglichkeiten zu suchen, zu lernen, Entwicklung und Wohlbefinden eines Menschen eine Entscheidung zu treffen und mit den sich ist. „ParkourONE“ schafft einen Raum für Per- daraus ergebenden Konsequenzen umzugehen. sönlichkeitsentwicklung und regt durch Vorle- Ja oder nein, springen oder nicht springen; da- ben von Werten zur Entwicklung der eigenen zwischen gibt es nichts. Jeder entscheidet dabei Wertehaltung an. selbst, wie schwierig oder auch gefährlich er die einzelnen Bewegungen ausführt. Jeder spielt mit Parkour ist in den 90iger Jahren in einem der Vor- Risiko und Konsequenzen und ist sich in jedem ortviertel von Paris entstanden. Moment sehr bewusst darüber. Deshalb gibt es Dort, wo viele Auswanderer aus den französi- auch keine festgelegten Bewegungsabläufe. schen Kolonien wohnten. Sie hatten ganz einfach
RUNDSCHAU 2/2019 > Einblick 13 ... zum Präzisionssprung Reaktionstrainung und Durchbruch angefangen, die vorhandene, vorgegebene Archi- Inzwischen ist Parkour ganz offiziell in Münster tektur für einzelne Bewegungsabläufe zu nutzen. angekommen. Aus einfachem Spielen ist später eine Trainings- Die Parkour-Schule gibt es seit 2016. „Sie bie- form, eine Disziplin, entstanden. Der Vater eines tet angeleitete Trainings für Kinder, Jugendliche der Jugendlichen war Feuerwehrmann und lehr- und Erwachsene in verschiedenen Klassen; es te die Kids folgende Wertehaltung: „Seid stark, gibt die Kids-Klasse für die 8 – 12-Jährigen und um nützlich zu sein! Es geht nicht darum, spekta- eine Klasse für die ab 13-Jährigen, eine 30plus- kuläre Bewegungen auszuführen, um eure Mus- Klasse ist in Planung. keln zur Show zu stellen. Es geht darum, mit eu- rer Stärke was Gutes zu tun und wirksam für die Sonntags gibt es ein freies Treffen zum gemein- Gesellschaft zu sein. Macht euch also bewusst, samen Trainieren an unterschiedlichen Orten. warum ihr das tut, was ihr tut.“ Und einmal im Monat besteht im Hafengelände eine Schnuppermöglichkeit für all die, die Lust Verbreitet wurde Parkour dann durch ausge- auf Bewegung und persönliche Weiterentwick- strahlte Interviews im französischen Fernsehen. lung haben. Weitere Infos unter: Die BBC in England hat darüber sogar mehrere www.parkourone.com Reportagen gesendet. Sie zeigten Jugendliche, die an verschiedenen Architekturdenkmälern Jeder Mensch ist einzigartig und hat besonde- übten. Später hat besonders das Internet für eine re Talente, die möchte er lernen einzubringen. schnelle Verbreitung der Idee gesorgt. So ist auch Auch wenn es dabei mal ein wenig laut sein Fabian Schubert darauf aufmerksam geworden. kann … „Ich war damals der Einzige, der Interesse daran >> Ulrike Wünnemann hatte; in Münster gab es niemanden sonst. Ich habe mich durch Filme auf Youtube inspirieren Am 14.6. 2019 findet um 16:30 Uhr eine lassen und fing beim Joggen am Kanal zunächst Parkour-Vorstellung im Eingangsbereich des ganz harmlos damit an, Bänke und Geländer für Bewohnerparkdecks bei Haus 5 statt. meine Bewegungen mit zu nutzen.“
14 RUNDSCHAU 2/2019 > Ausblick „Ich steh’ auf hohem Balkone am Turm … “ „Ich steh’ auf hohem Balkone am Turm, umstrichen vom schreienden Stare.“ Wer erinnert sich nicht In der Höhe angekom- an die Verse, mit denen men, öffnet eine Tür Annette von Droste den Zugang zu einem Hülshoff das Gedicht erstaunlich großen „Am Turme“ einleitet. Halbrund. Ein hohes In den Versen ist in vie- Gewölbe aus locke- len Bildern die Sehn- rem Metallgeflecht, im sucht der Sprecherin Sommer durch Grün nach berauschendem, in verschiedenen Tö- erfülltem Leben ge- nungen berankt, bildet staltet, die aber nicht das Dach, das schützt, gestillt wird. Diese wenn man es sich im Sehnsucht ist uns nicht Sonnenschein auf ei- fremd. Wir erinnern ner der aufgestell- uns an Zeiten in unse- ten Sitzgruppen wohl rem Leben, in denen sie sein lässt. Die über die gestillt worden ist, sind Fläche verteilten ver- dankbar für Orte, die schiedenartigen Grün- unser Erinnern nähren. pflanzen wecken die Vorstellung eines wer- Könnte nicht vielleicht denden Dachgartens. die Terrasse auf dem „Turm“ unserer Resi- Unser Turm im Innenhof denz, wo die Häuser 3 und 4 aneinander stoßen, ein solcher Platz sein? Wer die Wand des Hauses, die Ostseite hinter Man erreicht ihn, wenn man vom Eingang zum sich gelassen hat, dem bietet sich nun ein überra- Haus 4 auf den Aufzug E zusteuert und sich von schendes Panorama vom Süden über den Westen ihm zur fünften Etage fahren lässt. Oder, wenn bis zum Norden. Senkt man zunächst den Blick, man den mehr Zeit und Kraft erfordernden Auf- trifft er auf die Häuser unserer Residenz, die den stieg durch das nahe Treppenhaus wählt. Innenhof umschließen, sieht nun aus ungewohn-
RUNDSCHAU 2/2019 > Ausblick 15 Der Blick auf 4 Kirchen in Münster: Lambertikirche, Paulus Dom, Überwasserkirche und Kreuzkirche (vlnr.) ter Perspektive die Vielfalt von Bäumen, Sträu- Und dann fällt der Blick zunächst auf „unser“ chern und Blumen, die uns erfreut, wenn wir auf Haus 2, auf viele Balkone mit reichem Blumen- unseren täglichen Wegen an ihnen vorbei gehen. schmuck, bevor ein Stück der Promenade zu se- Hebt man die Augen und lässt sie von Süd nach hen ist, ein kleiner Teil des prächtigen Baumbe- Nord schweifen, geht einem auf, dass sich der Weg standes. Auch Dächer des nahen „Breul“ werden zum Dachgarten gelohnt hat. Im Süden zeigt sich sichtbar. Und wenn wieder einmal eine Baulücke das Dach von St. Lamberti. Sein Ausmaß lässt die im nahen Wohnviertel geschlossen wird, wächst Größe der Kirche erahnen. Der hohe, schmale, fi- ein Kran in die Höhe. Im Norden überragt der ligrane Turm bestätigt ihre Bedeutung. Ein wenig markante Turm der Heilig Kreuzkirche verschie- näher ist dem Betrachter der Dachreiter der der dene hohe Häuser. Residenz benachbarten Apostelkirche, die vielen Bewohnerinnen und Bewohnern vor allem durch Und wenn man den Panoramablick genossen großartige Konzerte vertraut ist. Schauen wir hat, laden Tische und bequeme Stühle zum Ver- weiter in die Runde, sehen wir den oberen Teil weilen ein. Vielleicht haben Sie, liebe Leserinnen des Dom-Langhauses, überragt von den beiden und Leser, nun Lust, den „Turm“ unserer Resi- mächtigen Türmen, und wenig weiter im Westen denz zu besteigen und „vom hohen Balkone“ aus den in seiner Vierkantigkeit einzigarten Turm der die Welt, in der wir leben, neu zu sehen. Überwasserkirche. >> Maria Hürten Auf unserer Dachterrasse
16 RUNDSCHAU 2/2019 > Ausblick
RUNDSCHAU 2/2019 > Ausblick 17 Winterswijk, eine Perle im Lande unseres westlichen Nachbarn Ende April startete die Tibus Residenz zu einer Ausflugsfahrt in das kleine Städtchen Winterswijk, gelegen im Osten Gelderlands in den Niederlanden. Ü ber zwanzig Bewohnerinnen und Be- wohner entdeckten bei strahlender Frühlingssonne und angenehmen Tem- peraturen ein interessantes, typisch niederländi- sches Städtchen. Zuvor machten wir in Südlohn in einem Café mit gepflegtem Ambiente Mittagsrast. Das Café zeichnete sich neben seinem schönen Interieur und den selbst hergestellten Pralinen und Sü- Die Reisegruppe hört interessiert in die Geschichte ßigkeiten auch durch ambitionierte Kunstwerke Winterswijk hinein aus. Sie wurden von dem Chef einer metallver- arbeitenden Fabrik hergestellt, wie zum Beispiel 300.000 Menschen eingesetzt, um sie vor der ein Ofen, der als Aquarium diente, oder ein Fan- Verfolgung zu schützen. Sie starb Ende 1944 an tasie U-Boot, welches an der Decke hing. Auffäl- einer Lungenentzündung – verraten in ihrem lig war auch ein wunderschöner Leuchter aus Versteck. Im Mai 1954 enthüllte die Königin Wil- echtem Murano-Glas. helmina ein 5 Meter hohes Denkmal in Erinne- rung an diese Frau. Nachdem wir einem Blick auf Winterswijk ist ein kleines Städtchen mit rund das alte Rathaus geworfen hatten, ging es weiter 30.000 Einwohnern. Dort angekommen, erwar- zu dem sehr weiträumigen Marktplatz, auf dem teten uns zwei Stadtführer, die uns in zwei Klein- man in verschiedener Gastronomie gemütlich gruppen die Sehenswürdigkeiten näher bringen die Stimmung genießen konnte. Beherrscht wird wollten. der Marktplatz durch die Jakobskirche. Start der Führung war das Mahnmal für über Das Innere der Kirche ist hell ausgeleuchtet dreihundert vom NS-Regime deportierten und durch die mächtigen gotischen Kirchenfenster. getöteten jüdischen Bewohnerinnen und Be- Die Kirche war ursprünglich farbig ausgemalt. wohner der Stadt. Ihre Lebensdaten sind auf ver- Im Zuge der Reformation wurden alle Bilder, so schiedenen Schiefertafeln dokumentiert. hoch man sie erreichen konnte, übertüncht. Der ursprüngliche Zustand ist nicht mehr rekonstru- Ein Denkmal ist der Widerstandskämpferin He- ierbar. Die Kirche enthält eine Orgel von 1834 lena Kuipers-Rietberg gewidmet, die ab 1940 in mit einem schönen Orgelprospekt. Winterswijk und der Grenzregion eine grenz- übergreifende Widerstandsbewegung aufbaute. Weiter führte uns der Weg in eine urige Straße Dem Vernehmen nach hat sie sich für mehr als mit typisch holländischen Häuschen und dem
18 RUNDSCHAU 2/2019 > Ausblick Vor dem Mahnmal für die jüdische Bevölkerung Unterwegs in malerischen Gassen kleinsten Haus der Stadt! Eine Einkaufsstraße mit kleinen Einzelhandelsgeschäften folgte. An deren Ende steht ein Haus, das dem bekanntes- ten Sohn der Stadt, Piet Mondriaan, als Muse- Piet Mondrian Der große Einsame der Moderne um gewidmet ist. Hier sind nur die frühen Bilder des Malers ausgestellt; sie zeigen Landschaften, Ernst, fast düster, blickt er auf Fotos und Landschaftsstudien, und vereinzelt Portraits. Selbstbildnis den Betrachter an, dem es Einige dieser Bilder sind an markanten Stellen seinerseits schwerfällt, sich Piet Mondrian im Straßenraum von Winterswijk aufgehängt. als sinnenfrohen Künstler und lustvollen Die Bilder aus seiner späteren Schaffensperio- Jazz-Fan vorzustellen. Doch auch das war de, durch die er berühmt werden sollte, befin- er, zumindest in seinen letzten Jahren in den sich verstreut in verschiedenen Museen der den USA. 1872 in Amersfoort geboren, ver- Welt, wie zum Beispiel im Museum of Modern brachte Pieter Cornelis Mondrian in Winters- Art in New York. wijk seine wohl entscheidenden zwölf Kind- heits- und Jugendjahre. Zunächst malte er Nach einer kleinen Kaffeepause brachte der Bus heimische Szenen und Genre-Bilder aus dem uns wohlbehalten zurück zur Residenz. Wir dan- damaligen Bauerndörfchen im Schatten der ken Monika Pfützenreuter und Greta Dehnhardt wuchtig- mittelalterlichen „Jacobuskerk“. Er für diesen gelungenen Ausflugstag. bildete Menschen, ländliche Szenen und Na- >> Günter Kassebeer turstimmungen ab, wie man sie in den Origi- nalen im örtlichen Museum und in den Ver- gleichsbildern der kleinen Gassen und Höfe der Altstadt noch heute erahnt; – alles sinn- fällig, anrührend, herb-heimelig in den war- men Grün- und Brauntönen Gelderlands. Der Vater erkennt die Begabung des Soh- nes, fördert sie frühzeitig, ermöglicht ihm ein Lehrerstudium, sogar als Zeichenlehrer, aber doch eben im soliden Brotberuf. Und der Sohn fügt sich. Erst die Ahnung, dass Lehrer wohl nicht sein wahres Metier ist, wie auch Zuspruch aus dem lokalen Umfeld, ermög- lichten ihm ein anschließendes Studium an der Reichsuniversität für Bildende Künste in
RUNDSCHAU 2/2019 > Ausblick 19 Piet Mondrian – allgegenwärtig Am Marktplatz Amsterdam (1892 – 1894). Doch hier vermisst er in bestimmten Verhältnis-Maßen. Diese wie- Mondriaan neben der Freiheit der Kunst etwas derum überträgt er selbst in sein Alltagsleben; solide Sinnstiftendes angesichts einer komple- so ordnet er seine Wohnung streng geometrisch xen säkularen Welt: eine für ihn unabdingbar an, dekorative Grünpflanzen ersetzt er bewusst wichtige Spiritualität. durch eine weiß angemalte künstliche Blume. Und so tritt er in die Gemeinschaft der Refor- Persönliche Verfemung und Krieg bringen dann mierten Kirche ein. Der Glaube an das Prinzip die Dreißiger Jahre: In der berüchtigten Münch- einer Weltordnung als harmonisches ner Ausstellung „Entartete Kunst“ fin- Gleichgewicht lässt ihn lebenslang den sich gleich drei seiner Werke. Er nicht mehr los. Mit calvinistisch an- flieht nach England (1937), und als mutender Strenge sucht er nach die- dort deutsche Bomben fallen, weiter sem „Weltprinzip“, das für ihn auch nach New York.Wichtige Förderer in seiner Kunst sichtbar gemacht wer- wie Peggy Guggenheim nehmen ihn den musste. Er sammelt Eindrücke in wahr und namhafte Galerien stellen Spanien, dem Land des mediterranen ihn aus, auch das Museum Of Modern Sonnenlichts und dann 1911 in Paris. Art. 1944 stirbt er in Amerika mit 72 Dort lernt er Freiluftmalerei und Im- Jahren an einer Lungenentzündung. pressionismus kennen, aber auch Fau- Es dauert dann noch eine kleine Wei- vismus, Picasso und Braque und die le, ehe man sich in der Alten Welt ersten Abstraktionen im Cubismus. wieder seiner Abstrakten Kunst erin- Kurz vor dem Ersten Weltkrieg kehrt er Mondians Bildsprache nert, dann jedoch mit Hingabe! in die Niederlande zurück, stellt sich im Alltag Denn was wäre die Malerei, um ein- hier der Öffentlichkeit mit seiner immer abstrak- mal pro domo zu sprechen, eines Josef Albers mit ter werdenden Bildgestaltung. Zwar teilt er mit seinen monochromen Quadraten oder die Pari- den Bauhaus-Künstlern das Prinzip der geraden ser Haute Couture eines Yves Saint Laurent in Linie und der „Neuen Einfachheit“, nur haben den 1960er Jahren ohne „Mondrian-Geometrie? diese für ihn eine tiefere, religiöse Bedeutung, Oder wie würde wohl ein Sean Scully – ganz eben als Abbild der kosmisch-metaphysischen aktuell hier in Münster – heute malen ohne den Ordnung. Streng geometrische Flächen in den „Wegbereiter der Abstrakten Moderne“ Piet Primärfarben Gelb, Rot, Blau, getrennt durch Li- Mondrian? nien in den Nicht-Farben Schwarz, Grau, Weiß; >> Monika Pfützenreuter das Verhältnis von Farbfläche zu Nicht-Farbflä- che, wie auch von Farbfeld und Linie definiert
20 RUNDSCHAU 2/2019 > Rückblick Einmal rund um die Lambertikirche
RUNDSCHAU 2/2019 > Rückblick 21 Die Lambertikirche in Münster gilt als der bedeutendste und schönste Kirchenbau der Spätgotik in Westfalen. E rrichtet wurde das prächtige Gotteshaus gang an der zum Kirchplatz liegenden Seite be- auf älteren Fundamenten als Stadt- und findet sich ein kunstvolles Steinrelief. Dargestellt Bürgerkirche, finanziert von der reichen ist die „Wurzel Jesse“, Jesus in der Geschlech- Kaufmannschaft. Der Baubeginn war um 1375; terfolge des Alten Testaments als Erlöser und fertig gestellt wurde die dreischiffige Halle aber göttliches Kind auf dem Schoße Marias, umge- erst gut siebzig Jahre später. Namensgeber der ben von Engeln, die anbetend vor dem Messias Kirche ist Bischof Lambert von Lüttich. Er wurde knien. Dieses Hochrelief ist eine Kopie der Stein- heilig gesprochen, als er im Einsatz für die Kir- metzarbeit aus dem Mittelalter. Das Original soll che sein Leben verlor. von Hermann Göring in der Nazizeit konfisziert und in seinem Jagdhaus installiert worden sein. Ende des 19. Jahrhunderts drohte der alte Turm Heute ist es im Bode-Museum in Berlin unter- einzustürzen und musste abgerissen werden. Der gebracht. Flankiert wird dieser Eingang von den neue Turm wurde nach dem Vorbild des Freibur- Heiligen Ludgerus und Bonifatius, beide mit ei- ger Münsters errichtet und entsprach damit der nem Bischofsstab in der Hand. Vorstellung des damaligen Dechanten Hermann Kappen, der sich damit gegen den erheblichen Weiter rechts, vorbei an dem Strebepfeiler mit Widerstand der Bürger durchsetzte. 1887 wur- der Statue der heiligen Katharina von Alexan- de mit dem Bau begonnen und 1896 erklangen drien, kommt direkt die nächste Pforte, die so wieder die Glocken von St. Lamberti. genannte „Brautpforte“. Sie ist seit 1922 ge- schlossen und hat ihren Namen bekommen, weil Größte touristische Attraktion der Lambertikir- durch sie bis dahin nur Brautpaare die Kirche che sind die drei Eisenkörbe, die außen am Turm betreten durften. Über dem ehemaligen Eingang hängen. Darin wurden 1536 die Leichname der gibt es ein weihnachtliches Relief zu sehen: das zu Tode gefolterten Anführer der Täuferbewe- Jesuskind, umgeben von Maria und Josef und gung zur Abschreckung ausgestellt. Eine weitere anbetenden Engeln. Rechts daneben auf dem Besonderheit der Kirche ist ihre Türmerin, sie Pfeiler steht die Skulptur der Ordensfrau Aemi- hat ihre Dienststelle oben im Turm, nur zu er- lia Biccheri. reichen über 298 Stufen. Ihre Aufgabe ist es, in den Nachtstunden halbstündlich auf dem Horn Geht man weiter, liest man über dem Eingang Zeitsignale zu geben und die Bürger bei drohen- zur Sakristei in Stein gemeißelt: „BONUS INTRA der Gefahr zu warnen. Seit dem 16. Jahrhundert MELIOR EXI“, was übersetzt heißt: „Als Guter werden die Türmer in Münster nachweisbar als tritt ein – als Besserer heraus.“ städtische Beamte geführt. 2014 hat erstmals eine Frau das Amt übernommen. Vorbei an Antonius, dem Eremiten, kommt man an eine weitere Pforte. Über einigen Stufen und Ehe man die schöne Kirche betritt, sollte man sie einer alten Holztür befindet sich ein Relief mit zunächst umrunden, denn es gibt dort viel zu se- Jesus als Schmerzensmann; er steht zwischen hen: fünf Portale, mehr als 30 Skulpturen und Johannes dem Täufer und Johannes dem Apos- zahlreiche Epitaphe. Schon über dem Hauptein- tel. Seitlich von ihnen sind figürliche Darstellun-
22 RUNDSCHAU 2/2019 > Rückblick Brautpforte an der Südseite Pforte mit Ecclesia und Synagoga Marienpforte an der Nordseite gen der Ecclesia und der abgewandten Synago- Besondere Aufmerksamkeit verdient in der Folge ga zu sehen, Zeichen des Neuen und des Alten das Marienportal, das seit dem 15. Jahrhundert Testaments. sein Aussehen nicht verändert hat. Die liebliche Madonna mit dem Kind in dem zarten Ranken- Nun folgen auf den Strebepfeilern weitere Hei- werk über dem Eingang ist aber eine Kopie. Das ligenfiguren: Erst Klara, dann Franziskus, die Original wurde in das Innere der Kirche an den Weggefährten aus Assisi, die Brüder Ewald der rechten Chorpfeiler versetzt. Schwarze und Ewald der Weiße, benannt nach ihrer Haarfarbe, und das kaiserliche Ehepaar Auf den folgenden Strebepfeilern sind Johanna Heinrich II und Kunigunde. Noch weiter rechts mit dem Salbentopf und Gottfried von Cappen- davon stehen Bischof Erpho - nie heilig gespro- berg, als Heiliger verehrt, aber nie heilig ge- chen, in Münster aber als Heiliger verehrt – und sprochen, zu sehen. Die schmale Tür dahinter Gertrud von Nivelles, Schutzheilige der Gärtner übersieht man leicht. Dahinter verbirgt sich der und Armen, die durch ihren Stab auffällt, an Aufgang zum Turm. dem zwei Mäuse laufen. Nach einer kleinen Türe und einem zugemauerten Eingang mit einem Und dann steht man vor der üppig gestalteten Epitaph geht es vorbei an weiteren Heiligenfi- Doppelpforte an der Westseite der Kirche. Sie guren: Petrus Canisius, Norbert von Xanten, Ida ist fast immer geschlossen, denn direkt vor dem von Herzfeld, der ersten westfälischen Heiligen, Eingang fließt heute reger Autoverkehr. Zwi- und Bernhard von Clairveaux, dem Gründer des schen den beiden Türen steht Christus als Leh- Zisterzienser Ordens. rer der Welt. Die vier Evangelisten flankieren
RUNDSCHAU 2/2019 > Rückblick 23 und wurden von den Wiedertäufern beschädigt, ebenso wie fast alle Skulpturen, die später res- tauriert wurden. Auch die Wasserspeier verdie- nen Beachtung. Verschiedene Ungeheuer an den Köpfen sollen böse Geister abwehren. Aus- genommen davon ist ein Doppelkopf, wohl in Anspielung auf einen Geistlichen, der das Kar- tenspiel liebte. Wenn das Interesse geweckt wurde und Zeit bleibt, dann lohnt ein Besuch im Innern der Kir- che. Auch dort gibt es viel zu entdecken. Infor- mationen sind am Stand links hinter dem Ein- gang zu finden. >> Ingeborg Schoneberg Bedanken möchte ich mich bei Stadtführer Jörg Göbbert und dem Architekten Rudolf Söbbeke für ihre freundliche Unterstützung auf der Suche Turmportal Westseite nach Informationen. die beiden Eingänge. An der linken Türe sind es Markus und Matthäus und an der rechten Johannes und Lukas, die deutlich die Gesichts- züge von Schiller und Goethe tragen. Desweite- ren stehen dort Skulpturen von verschiedenen Kirchenlehrern und Seelsorgern. Im Tympanon darüber befinden sich zwei Mosaiken: links ist die Hingabe des Herrn an Petrus und Johannes in der Eucharisti dargestellt, rechts die Berufung von Petrus durch den Auferstandenen zum Wei- den seiner Herde. Der Rundgang endet an dem Strebepfeiler an der Ecke zum Prinzipalmarkt. Dort steht Lambertus, der Namensgeber der Kirche, und weist mit sei- nem Bischofsstab hin auf den Prinzipalmarkt, Münsters gute Stube. Wegen der Fülle der Darstellungen bleiben in der Beschreibung die zahlreichen Epitaphe aus- gespart. Sie stammen alle aus dem Mittelalter
24 RUNDSCHAU 2/2019 > Rückblick … Diese drei Wörter genügen, schleimbedeckter Frosch, nachdem ihn die Kö- um uns zurück zu versetzen in nigstochter in ihrem Schlafzimmer angeekelt an die Wand geworfen hat, plötzlich zum schönen längst vergangene Kinderjahre. jungen Prinzen. E in bunter Reigen zieht vorbei: Rotkäpp- Man kann sagen, die Hörer erleben Abenteuer chen, der Froschkönig, Dornröschen und zusammen mit ihren Helden. Dabei ist das Wich- Aschenputtel, um nur einige der Kinder- tigste, dass die Geschichten immer gut enden. und Hausmärchen (KHM) der Brüder Grimm zu Das Böse wird bestraft, das Gute siegt. Die Welt nennen. Ursprünglich waren die Märchen münd- wird dadurch ein kleines bisschen besser, und lich überlieferte Phantasie-Erzählungen, die der Leser ist mit dem Ausgang zufrieden und aber zum Glück hin und wieder aufgeschrieben nimmt ein gutes Gefühl mit in seinen Alltag. wurden. In ihnen geschieht wirklich Unglaubli- ches, doch im Märchen gehört Wunderbares zur Wie man bei Hans Jörg Uther in seinem 2007 Handlung. So unterhält sich der Wolf längere erschienenen Buch nachlesen kann, sind die Zeit mit Rotkäppchen, denn er möchte auch die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm Großmutter fressen und erfährt nun von Rot- neben der Luther-Bibel das bekannteste Werk käppchen, wo sie wohnt. In der Aschenputtel- der deutschen Kulturgeschichte. Heute gibt Erzählung wirft der Haselbusch auf dem Grab es in über einhundertsiebzig Sprachen Über- der Mutter drei Mal ein prächtiges Ballkleid mit setzungen. Und im Juni 2005 wurden die Kas- allem Zubehör über die Tochter. Von ihrer Stief- seler handschriftlichen Exemplare der Brüder mutter ist sie zur Küchenmagd gemacht worden, Grimm aufgenommen in das Weltdokumenten- doch am Ende erwählt sie der Prinz zu seiner erbe der UNESCO. So sind die Kinder-und Haus- Frau. Und im „Froschkönig“ wird ein kalter, märchen auch heute noch lebendig.
RUNDSCHAU 2/2019 > Rückblick 25 Allerdings, Märchen gab es auch schon in der träge erhielten die Brüder schriftlich aus ihrem Antike. Und dann spannt sich der Bogen weiter Freundeskreis. Das Märchen vom Fischer und über Italien und Frankreich bis hin zu uns. 1550 seiner Frau erhielten die Grimms über Achim veröffentlichte Giovan Straparola in Italien eine von Arnim zugeschickt, nachdem es vom Maler erste Märchensammlung, die aber wegen ihrer Philipp Otto Runge im Pommerschen Platt fest- Derbheit auf den Index kam. Etwa 100 Jahre gehalten wurde. Überarbeitet wurden die Texte später, 1634, veröffentlichte der Napolitaner von beiden Brüdern, aber bald lag die Kleinar- Giambattista Basile eines der bedeutendsten beit zunehmend in Wilhelms Händen, denn alles Märchenbücher der Welt. Das Werk ist bei uns musste handschriftlich abgefasst werden. Ohne unter dem Namen „Pentamerone“ bekannt, weil das tiefe Verständnis der beiden Brüder für die es 50 Märchen enthält. Später wies Jacob Grimm deutsche Sprache wären Grimms Märchen nicht bei Basile mehr als dreißig Märchen nach, die geworden, was sie jetzt sind. Als Beispiel sei hier sich auch in der deutschen Überlieferung finden. der Froschkönig zitiert. Das Märchen eröffnete von jeher die Sammlung der Brüder Grimm. Wil- Noch wichtiger für unsere Märchentradition aber helm Grimm öffnet dem Leser das Tor zur Mär- sind die französischen Sammlungen, besonders chenwelt mit dem Satz „In den alten Zeiten, wo die von Charles Perrault. Im Jahre 1697 gab er das Wünschen noch geholfen hat …“. Und schon seine glänzend erzählten Prosamärchen heraus. sind wir in einer fernen, wunderbaren Welt. In ihnen spiegelt sich deutlich der Lebensstil am Hofe Ludwigs XIV. Bei Perrault finden wir Obwohl gerade in der Napoleonischen Zeit und viele alte Freunde: Dornröschen, Rotkäppchen, den folgenden Freiheitskriegen ein großes Be- Aschenputtel und viele mehr. Seit 1712 kennen dürfnis nach Zeugnissen nationalen Ursprungs wir auch die Übersetzung von Antoine Galland bestand, war der Zuspruch zur Grimm´schen von 1001 Nacht aus dem Arabischen. Vor diesem Sammlung nur zögernd. Erst die preiswertere so- Hintergrund begann die Märchensammlung der genannte „Kleine Ausgabe“, die erstmalig 1825 Brüder Grimm. Geboren wurden sie in Hanau in erschien, brachte den KHM ihre große Popula- Hessen, Jacob 1785, Wilhelm 1786. Es folgten rität. Dieses Buch enthält nur fünfzig Märchen noch vier jüngere Geschwister. 1796 starb der und war sofort ein Verkaufserfolg. Bereits bis Vater. Er war Jurist, und nach seinem Wunsch 1859 waren zehn Auflagen der „Kleinen Ausga- studierten die beiden Ältesten ab Anfang 1800 be“ und sieben Auflagen der „Großen Auflage“ in Marburg die Rechtswissenschaften. Hier fie- erschienen. Bis in unsere Zeit leben die Märchen len sie dem jungen Dozenten Carl von Savigny der Brüder Grimm und zunehmend sind sie auch auf. Dieser lehrte Rechtsgeschichte und war Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. durch seinen Schwager, den Dichter Clemens Brentano, sehr interessiert am literarischen Denn noch heute gilt das Goethe Wort „Was Du Erbe der deutschen Vergangenheit. Savigny ver- ererbt von Deinen Vätern, erwirb’ es, um es zu mittelte die Verbindung mit Brentano und von besitzen“. Arnim. Daher sammelten die Brüder Volkslieder >> Dr. Ursula Feldmann und später auch Märchen für „des Knaben Wun- derhorn“. So kam es, dass aus zwei zukünftigen Juristen die „Gründungsväter der Germanistik“ wur- den. 1812 überredet von Arnim die Brüder, die Sammlung zu veröffentlichen. Die ersten Exem- plare lagen zu Weihnachten vor. Die meisten Bei-
26 RUNDSCHAU 2/2019 Spaß mit Limericks beim Gedächtnistraining mit Frau Waleczek wird viel gelacht. Das ist weit über die Kurse hinaus bekannt. So auch bei einer der letzten Stunden. Da hieß unsere Hausaufgabe: „Bitte schreiben Sie Lime- Karl-O tto aus ricks!“ Limericks waren ursprünglich gesunge- macht Neurup pin beim L ne Stehgreifverse aus Limerick, einer Stadt in otto ’n Er kau en Ries ft sich engewi Irland. Es sind kurze, in der Regel scherzhafte ’ne Vill nn. und lie a st jetzt Gedichte in fünf Zeilen mit dem Reimschema doch d auch S ie Gem chilla, aa, bb, a. Die fünfte Zeile sollte in der Regel mit ütlichk Peter Roß eit ist h bach in. einer Variante der ersten Zeile abschließen. Oft wird hier ein pointiertes Urteil über die genann- te Person gefällt. Hier nun einige Beispiele unserer dichterisch veranlagten Mitbewohnerinnen und -bewohner: s Bayern äschen au Ein Osterh la r mit den E iern. n ic h t k fach kommt ein ? h bloß tun „Was soll ic hn!“ ch kein Hu Ich bin do em Feiern. Die schnö d w o h l n ichts aus d de verlass Es wir ’ne Frau K erwartet v oll Sehnsu ieling Peter Roßbach cht den F Denn da rühling. liegt in d er Luft ein betöre nder Duft , der erzeu gt ein beso nderes fee Jutta Feuera ling. bend Ein För ster in Fuhr sa grünem mstags Gewan zur Ja d Schoss g d auf d Hase u as Lan nd Reh d. Und si ch selb st in de dann v n Zeh, Nil, erlor se i n m fernen Ingeborg e Spur si ch im S gt a il. Ollman o u g las ja i n K rokod and. Sir D ss e Schlo ssen, f e h lt im a n z verge ihm g at er fresse n. l e i der h h e n Doc h n s c iel. o k o d ile Me i c h t ans Z dass K r t er n r u m komm a Und d mann ula Feld Dr. Urs
RUNDSCHAU 2/2019 27 Vielleicht haben ja auch Sie, liebe Leserinnen Es war ein Jün gling i und Leser, Lust, sich der Dichtkunst zu widmen dem wa n Müns r es in M ter, und sich an Limericks zu versuchen? Über Ihre Da flog ü n ster zu er in ei n Sonn finster. Einsendungen freuen wir uns sehr! wo er se enland > Die Redaktion hr viele , Schon h Palmen atte er fa nd. Ingeborg Sehnsu Schonebe c h t nach G rg inster. FAST VERGESSENE WÖRTER „Anmut“ A nmut, welch ein schönes Wort! Aus Keines dieser Worte trifft genau das, was An- dem Althochdeutschen abgeleitet, mut meint, aber fast alle diese Begriffe sind bedeutet das Verb „anemuoten“ so- in unserer Vorstellung von Anmut enthalten. viel wie anmuten, das begehren, was den In „Anmut und Würde“ sieht Friedrich Schil- Sinnen gefällt. In unserer Vorstellung ist An- ler Anmut als „freie Bewegung in Schönheit“. mut immer verbunden mit Schönheit. Aber Und weiter: „Die architektonische Schönheit Schönheit alleine sagt noch längst nicht das kann Wohlgefallen, kann Bewunderung er- aus, was Anmut meint. Alle Anmut ist schön, regen; nur die Anmut wird hinreißen.“ doch längst nicht alles Schöne ist anmutig. Das schöne Wort hat im heutigen Sprach- Unter dem Stichwort „Anmut“ bietet der Du- gebrauch kaum noch eine Bedeutung. Es den viele Synonyme an. Neben Schönheit scheint aus der Zeit gefallen. Anmut, wo bist stehen da u. a. Grazie, Harmonie, Zartheit, du geblieben? Liebreiz, Leichtigkeit und Ausstrahlung. > Ingeborg Schoneberg. Haben auch Sie vielleicht das ein oder andere Wort, das Sie vor dem Vergessen bewahren möch- ten? teilen Sie es uns gerne mit!
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