Bildu g ist MehrWert! - Zeitung "Erziehung und Wissenschaft im Saarland" des Landesverbandes der GEW im DGB

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61. Jahrgang

Zeitung “Erziehung und Wissenschaft im Saarland” des Landesverbandes der GEW im DGB

 Bildung ist                          MehrWert!
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InhaLt                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             EDItORIaL

                                                                                                                                                                                                                                                          1980 etwa zehnmal mehr Arbeitstage als            lediglich durch Unterstützung der entspre-

                                                                                                                         Öffnungszeiten der
                                                                                                                                                                                                                                                          2014 verschiedenen Streiks zum Opfer fielen.      chenden Hilfsorganisationen.
                                                                                                                                                                                                                                                          Auch im internationalen Vergleich liegt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Interessant ist auch das Interview mit der

                                                                                                                           Geschäftsstelle
                                                                                                                                                                                                                                                          Deutschland, was Streiktage anbetrifft (16 Ta-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Professorin em. Dr. Dagmar Hänsel, die uns
                                                                                                                                                                                                                                                          ge pro 1.000 Beschäftigte) eher im unteren
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            einmal mehr vor Augen führt, dass Kinder, die
                                                                                                                                                                                                                                                          Bereich der Skala der europäischen Länder.
                                                                                                                    Mo. - Do.: 09.00 - 12.00 Uhr | 13.00 - 16.00 Uhr                                                                                                                                        in Armut leben müssen eher Gefahr laufen in
                                                                                                                                                                                                                                                          Hier sind die Franzosen mit dem etwa zehnfa-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            der allgemeinen Schule negativ ausgelesen zu
                                                                                                                      Fr.: 09.00 - 12.00 Uhr | 13.00 - 15.00 Uhr                                                                                          chen (150 Tage pro 1.000 Beschäftigte) füh-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            werden. Hiervon sind insbesondere auch Kin-
                                                                                                                                Telefon: 0681 / 66830-0,                                                   Liebe Kolleginnen und Kollegen,                rend.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            der von Migranten betroffen, die immer noch
                                                                                                                                Telefax: 0681 / 66830-17
                                                                                                                                                                                                            das Thema Streik war in den letzten Wo-          Wir sollten aber nicht nur versuchen, diese    zu wenig auf sie zugeschnittene Förderung
                                                                                                                            E-Mail: info@gew-saarland.de                                                 chen Dauerthema. Vom Streik der Lokführer        Streiks realistisch wahrzunehmen und einzu-       erhalten. Inklusion kann nur dann gelingen,
                                                                                                                        Internet: http://www.gew-saarland.de                                             waren viele betroffen, ebenso vom Streik der     ordnen, sondern auch ernsthaft über unsere        wenn wir flexible Förderangebote haben, die
                                                                                                                                                                                                         Erzieherinnen und Erzieher, die wie man in       Solidarität mit den Streikenden nachdenken -      den Lehrkräften an allgemeinbildenden Schu-

                                                                                                                                    GEW-Service
                                                                                                                                                                                                         unserer aktuellen Ausgabe nachlesen kann         auch hierzu findet man einen Artikel in der       len helfen, alle Kinder pädagogisch zu unter-
                                                                                                                                                                                                         nicht nur ihre unangemessene Bezahlung,          vorliegenden Ausgabe. Ein Blick auf das Streik-   stützen und ihren Fähigkeiten entsprechend
                                                                                                                                    Beratungszeiten für                                                  sondern auch die mangelnde Wertschätzung         recht der Beamten darf natürlich auch nicht       zu fördern.

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                                                                                                                                 Mitglieder in Rechtsfragen                                              ihres Berufes beklagten. So war es nicht ver-    fehlen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Wie ein roter Faden zieht sich also die
                                                                                                                               Mo., Di. u. Do.: 08.30 - 16.30 Uhr,                                       wunderlich dass bei der Urabstimmung An-
                                                                                                                                                                                                                                                             Auch wenn der Streik Hauptthema dieser         Notwendigkeit von Solidarität und gegenseiti-
                                                                                                                                    Mi.: 13.00 - 17.00 Uhr                                               fang Mai 96,37 % für einen Streik stimmten.
                                                                                                                                                                                                                                                          Ausgabe ist, dürfen wir darüber nicht verges-     gem Verständnis durch die vorliegende Ausga-
                                                                                                                                                                                                         Ihr findet deshalb in der vorliegenden Ausga-
                                                                                                                              Landesstelle für Rechtsschutz                                                                                               sen, dass leider in vielen Ländern der Welt,      be: Die Streikenden Erzieherinnen und Erzie-
                                                                                                                                                                                                         be nicht nur einen Bericht über diesen „Kita-
                                                                                                                                       Gabriele Melles-Müller,                                                                                            Menschen tagtäglich um die nackte Existenz        her benötigen unsere Solidarität, um die ent-
                                                                                                                                                                                                         Streik“, sondern ebenfalls Hintergrundinfor-
Kitas im Streik
                                                                                                                                       Tel.: 0681 / 66830-13,                                                                                             kämpfen, sei es in Ländern, die von Kriegen       sprechende Wertschätzung ihrer Arbeit zu er-
                                                                                                                                                                                                         mationen zu Streiks im Sozial- und Erzie-
                                                                                                                          E-Mail: g.melles-mueller@gew-saarland.de                                                                                        betroffen sind, wie z.B. Syrien, oder von         halten, die Menschen in Kriegs- und Katastro-
                                                                                                                                                                                                         hungsdienst. Interessant ist auch ein Blick in
                                                                                                                                    Fr.: 13.00 - 16.00 Uhr unter                                                                                          Naturkatastrophen, wie z.B. Nepal! Der Be-        phengebieten benötigen ebenfalls unsere
                                                                                                                                                                                                         die Geschichte des Streiks - viele Errungen-
                                                                                                                                                                                                                                                          richt über den Besuch eines Schweizer Kriegs-     Solidarität, vor allem wenn sie aus ihrem
Editorial                                             03   Gewerkschaft                     18                                      Tel. (priv.): 0170 / 4151006
                                                                                                                                                                                                         schaften, die uns heute selbstverständlich
                                                                                                                                                                                                                                                          journalisten in einem Saarbrücker Gymna-          Heimatland fliehen müssen und hier bei uns
                                                                                                                                   Beratung für                                                          erscheinen wurden durch Arbeitsnieder-
                                                            18 Saarländische Beamtinnen und                              Referendarinnen und Referendare                                                 legungen erkämpft.
                                                                                                                                                                                                                                                          sium, der über den Krieg in Syrien Bericht        um Aufnahme bitten. n
thema: Streik                                         04         Beamte erhalten mehr Geld
                                                                                                                           Andreas Sánchez, Tel.: 0681 / 66830-14
                                                                                                                                                                                                                                                          erstattete in der aktuellen Ausgabe ist ein
                                                                                                                                                                                                           Auch wenn es uns im Moment so vor-             Zeichen dafür, dass diese Menschen ebenso           Ich wünsche Euch eine anregende Lektüre,
  04 Kitas im Streik                                         18 11. Deutscher Seniorentag der                               E-Mail: a.sanchez@gew-saarland.de
                                                                                                                                                                                                         kommt, als seien Streiks dauernd an der          unsere Solidarität benötigen, auch wenn die
                                                                 BAGSO in Frankfurt
  05 Es geht um MehrWert                                                                                          Beratung für Beschäftigte und Freiberufler                                             Tagesordnung, ist es interessant, dass z.B.      Hilfe nicht unmittelbar erfolgen kann, sondern      agnes Bender-Rauguth
            Gesellschaftspolitische Bedeutung des            19 Erkennen Sie den Unterschied?                         (Erwachsenen- & Weiterbildung)
            Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst                                                                                  Georges Hallermayer
   07 „Wer im Stich lässt seinesgleichen,                  Info & Service                              20                      georges.hallermayer@wanadoo.fr
                                                                                                                                                                                                         ANZEIGE

            lässt ja nur sich selbst im Stich“                                                                                 Beratungsdienst für
            Gedanken zur Solidarität mit Streikenden         20 „Mit kritischem Blick“                                  auslandsaufenthalt von Lehrkräften
                                                                 AK-Filmtage: 5 Filme gegen das Vergessen
   08 Basiswissen Tarifvertrag                                   und die Gefahr von Rechts                                               Marlene Wagner
                                                                                                                                 Tel.: 06833/1435 (nachmittags)
   09 Streiks in der Geschichte
                                                                                                                           Redaktionsschluss
            Was haben uns Streiks je gebracht?             Bücher & Medien                  21
   10 Beamte und ihr Recht, (nicht) zu                      21 Gemeinsam besser unterrichten
            streiken                                             Teamteaching im inklusiven Klassenzimmer                                     08.06.2015
                                                             21 Ökonomi(sti)sche Bildung? Nein
                                                                                                                                         (Juli/august-ausgabe)

hochschule                        11                             danke!                                                                       10.07.2015
                                                                                                                                                                                                          Wir drucken für unser Leben gern
                                                                                                                                         (September-ausgabe)
 11 Sonderpädagogik aus historischer                         22 Hartz IV und die Folgen                                        E-Mail: redaktion@gew-saarland.de
            Perspektive und die Konsequenzen                     Auf dem Weg in eine andere Republik

Schule                               14                    Geburtstage
                                                           und Jubiläen                                23                            Impressum
  14 Politikunterricht einmal anders                        23 Juni 2015
                                                                                                                                            herausgeber
            Schüler_innen des Dt.-Franz. Gymnasiums
                                                            23 Schlusswort
            diskutieren mit dem Schweizer                                                                          Gewerkschaft Erziehung und                               Druck
            Kriegsjournalisten Kurt Pelda                                                                          Wissenschaft (GEW) im DGB,
                                                                                                            Landesverband Saarland, Geschäftsstelle:
                                                                                                                                                                   COD Büroservice Gmbh
                                                                                                                                                             Bleichstraße 22, 66111 Saarbrücken

   16 „FÖRDI-Messe“ im Dillinger
                                                                                                                Mainzer Str. 84, 66121 Saarbrücken          Telefon: 0681 / 393530, info@cod.de
                                                                                                            Tel.: 0681 / 66830-0, Fax: 0681 / 66830-17
            Lockschuppen                                                                                              info@gew-saarland.de                               Bildnachweis

   17 IGS Göttingen: Die Kraft des Du
                                                                                                                                                               u.a. pixelio.de, fotolia.de, privat
                                                                                                                          Redaktion
                                                                                                                         Peter Balnis,                                    Layout
                                                                                                               Agnes Bender-Rauguth (verantw.),                        Bärbel Detzen
                                                                                                                        Helmut Bieg,                             b.detzen@gew-saarland.de
                                                                                                                        Thomas Bock,
                                                                                                                     Anna Haßdenteufel,                   Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht
                                                                                                                       Matthias Römer                     unbedingt die Meinung der GEW wieder. Für
                                                                                                                                                         unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine
                                                                                                                                                                     Gewähr übernommen.
                                                                                                                      anzeigenverwaltung                                                                                                                                                                    COD Büroservice GmbH
                                                                                                                  Andreas Sánchez Haselberger
                                                                                                                  a.sanchez@gew-saarland.de                                                                                                                                                                 Mainzer Straße 35 66111 Saarbrücken
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Tel. 0681 39353-51 Fax 0681 6852301
EuWiS 06/2015 | 2
                                                                                                                                                                                                                   offset und digital

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        print@cod.de www.cod.de
Bildu g ist MehrWert! - Zeitung "Erziehung und Wissenschaft im Saarland" des Landesverbandes der GEW im DGB
thEMa: StREIK                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           thEMa: StREIK

Kitas im Streik                                                                                                                                                                      Es geht um MehrWert
                                                                                                                                                                                     Gesellschaftspolitische Bedeutung des Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst
   Seit dem 8. Mai sind die Beschäftigten des                              Diffamierungen der Arbeitgeber zurück und
kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes                                  erläuterte die Forderungen der Gewerkschaf-                                                                 Die aktuellen Streiks im Sozial- und Erzie-
im Streik. Die gesellschaftlichen Erwartungen                              ten. GEW-Landesvorsitzender Peter Balnis                                                                  hungsdienst sind in mehrerlei Hinsicht von
an das gesamte Berufsfeld sind in den vergan-                              unterstrich in seiner Rede, dass es bei diesem                                                            grundlegender gesellschaftspolitischer Be-
genen Jahren enorm gewachsen und damit                                     Streik auch um die Lohndiskriminierung von                                                                deutung.
auch die Anforderungen an Qualifikation und                                Frauen und um die Berechtigung von Streiks
Arbeit der Beschäftigten. Das muss sich end-                               in sozialen Berufen geht. Beide Redner beton-
lich in einer deutlich besseren Bezahlung und                              ten, dass die Streiks im Sozial- und Erzie-                                                               arbeitslohn muss zum Leben reichen
in einer gerechteren Eingruppierung der Kol-                               hungsdienst eine gemeinsame Sache von                                                                        Bei dieser Tarifrunde geht es nicht um eine
leginnen und Kollegen widerspiegeln.                                       ver.di und GEW sind.                                                                                      reine Tariferhöhung, sondern darum, die
                                                                                                                                                                                     überkommene Entgeltordnung so zu verän-
                                                                                                                                                                                     dern, dass insgesamt eine Aufwertung der
                                                                                                                                                                                     Berufe stattfindet und mehr Gerechtigkeit bei
                                                                                                                                                                                     der Zuordnung zu Entgeltgruppen herrscht.

                                                                                                                                                                                        Dabei machen alle geforderten Verbes-
                                                                                                                                                                                     serungen in der Summe eine Gehaltssteige-
                                                                                                                                                                                     rung von ca. 10 % aus. Das geht deutlich über
                                                                                                                                                                                     andere aktuelle Tarifabschlüsse hinaus. Von
                                                                                                                              Erzieher_innen. Aufgerufen dazu hatte der              Arbeitgeberseite wird mit allerhand Zahlen-
                                                                                                                              Elternbeirat im Regionalverband Saarbrücken.           spielerei Maßlosigkeit unterstellt. Doch
                                                                                                                              Die Eltern zeigten großen Respekt für die              Deutschland steht international in der Kritik
                                                                                                                              Arbeit der Erzieher_innen mit ihren Kindern            wegen seiner mit Niedriglohnpolitik erkauften
                                                                                                                              aus und forderten die Arbeitgeber auf, ein ak-         Exportstrategie. Volkswirtschaftlich machen
                                                                                                                              zeptables Angebot vorzulegen. Sie sprachen             gerade jetzt deutliche Lohnsteigerungen Sinn,
                                                                                                                              sich untereinander ab, wie sie die Beeinträch-         um die Binnennachfrage anzukurbeln und die
                                                                                                                              tigungen durch den Streik bewältigen und die           öffentlichen Einnahmen zu erhöhen. Der
                                                                                                                              Erzieher_innen solidarisch unterstützen kön-           Streik ist also ein gesellschaftspolitisches Sig-
                                                                                                                              nen.                                                   nal dafür, dass die Zeiten zurückhaltender
Streikauftrakt am 08. Mai 2015 im Streiklokal in der GEW-Geschäftsstelle
                                                                                                                                                                                     Lohnforderungen vorbei sind.
   Die Arbeitgeber haben fünf Verhandlungs-                                   Am Ende der bunt gemischten Kundgebung             Die GEW verteilte Luftballons und Karten mit
runden lang blockiert und kein Angebot vor-                                ließen die Teilnehmer_innen Luftballons stei-      Blumensamen, um Eltern für ihre Solidarität zu            Erzieher_innen haben eine deutliche
gelegt. Mit dem unbefristeten Streik wollen                                gen als Symbol für langen Atem und für ihre        danken. GEW Landesvorsitzender Peter Balnis            Gehaltsteigerung bitter nötig. Sie verdienen
GEW und ver.di durchsetzen, dass die Arbeit-                               Bereitschaft so lange zu streiken bis ein akzep-   hat gemeinsam mit zahlreichen Kindern und              im Schnitt 1550 € netto, und gut die Hälfte
geber endlich ein Angebot für die bundesweit                               tables Angebot vorliegt.                           Eltern Kinderlieder zur Gitarre gesungen. n            von ihnen arbeitet, oft unfreiwillig, in Teilzeit
rund 240.000 Erzieher_innen und Sozialarbei-                                                                                                                                         und hat damit ein Einkommen, mit dem keine
ter_innen in kommunalen Einrichtungen vor-                                    Mit einer Solidaritätsaktion auf dem              (red.)                                               Familie zu ernähren ist und das dicht an die
legen.                                                                     Spielplatz am Staden in Saarbrücken unter-             Fotos: Andreas Sánchez Haselberger, Peter Balnis   Armutsgrenze herankommt. Dieser Streik
                                                                           stützten Eltern am 15. Mai den Streik der                                                                 kann also auch der Ausbreitung einer größer
    Über 700 Angestellte im Sozial- und                                                                                                                                              werdenden Gesellschaftsgruppe sog. „wor-
Erziehungsdienst streikten zum Auftakt am 8.                                                                                                                                         king poor“ entgegen wirken und den Grund-
Mai in ca. 60 Einrichtungen im Saarland. Die                                                                                                                                         satz verankern, dass der Arbeitslohn zum
                                                                                                                                                                                                                                         GEW Landesvorsitzender Peter Balnis bei seiner Rede vor 1000 streikenden Erzieher_innen, auf dem Lautsprecherwagen von ver.di stehend. Er zeigt
                                                                                                                                                                                                                                         auf das Gebäude der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber, an die sich die Forderung der Streikenden richtet.
GEW hatte drei Streiklokale in Saarbrücken,                                                                                                                                          Leben reichen muss.
Völklingen und Neunkirchen eingerichtet. Bei                                                                                                                                                                                             Jugendlichen der Gesellschaft mindestens so                                zahlung folgen muss. Wir müssen in der
guter Stimmung und vielen Gesprächen                                                                                                                                                                                                     viel wert ist wie die Arbeit mit Geld oder die                             Gesellschaft deutlich machen, dass hohe
untereinander wurde dort deutlich, dass die                                                                                                                                          arbeit mit Kindern und Jugendlichen                 Herstellung von Produkten.                                                 Qualität von sozialen Diensten ihren Preis hat.
Streikbereitschaft hoch und das Verständnis                                                                                                                                          ist wertvoll                                                                                                                   Gute Bildung, Erziehung und Betreuung gibt
auf Elternseite groß ist.                                                                                                                                                               Erzieher_innen verdienen brutto knapp               Es gibt einen breiten gesellschaftlichen                                es nur für gutes Geld.
                                                                                                                                                                                     600 € weniger als der Durchschnitt aller Ar-        Konsens, dass für frühe Bildung mehr getan
   Nahezu 1.000 Beschäftigte des kommuna-
                                                                                                                                                                                     beitnehmer. Beim Berufseinstieg liegt ihr           werden muss. In den vergangenen Jahren                                        Die finanzielle Aufwertung ist dringend not-
len Sozial- und Erziehungsdienstes gingen am
                                                                                                                                                                                     Einkommen ca. 500 € unter dem von Bank-             wurde viel Geld in den Ausbau der Kinder-                                  wendig, da im Sozial- und Erziehungsdienst
12. Mai im Rahmen ihres Streiks für die Auf-
                                                                                                                                                                                     kaufleuten und Facharbeitern in der Metall-         tagesstätten investiert. Jetzt stehen die Inte-                            bereits jetzt Fachkräfte fehlen. Junge Men-
wertung ihrer Berufe in Saarbrücken vom
                                                                                                                                                                                     industrie, und im Unterschied zu den Berufen        ressen der sozialpädagogischen Fachkräfte im                               schen finden die Gehaltsaussichten im Sozial-
Schloss zur Zentrale des kommunalen Arbeit-
                                                                                                                                                                                     im Handel und in der Industrie erhalten Erzie-      Vordergrund. Erzieher_innen tragen große                                   und Erziehungsdienst nachweislich unattrak-
geberverbandes demonstriert.
                                                                                                                                                                                     her_innen während ihrer Ausbildung kein             Verantwortung für Bildung, Erziehung und                                   tiv. Wenn sich hier nichts tut, wird auch ein
   Philipp Reiß, Sprecher des Elternbeirates                                                                                                                                         Geld. Der Streik für die Aufwertung der Arbeit      Betreuung. Sie schaffen die Grundlage für den                              besserer Personalschlüssel nicht ausreichen,
beim Regionalverband, überbrachte solidari-                                                                                                                                          im Sozial- und Erziehungsdienst ist auch ein        Bildungsweg der Kinder. Sie verlangen zu                                   da das Personal schlicht fehlt. In einigen
sche Grüße der Elternschaft. Ver.di-Bezirks-                                                                                                                                         Streik für neue gesellschaftliche Wertvorstel-      Recht, dass den gestiegenen Anforderungen                                  Regionen ist das bereits der Fall. Und die SuE-
leiter Thomas Müller wies in seiner Rede die                                                                                                                                         lungen, bei denen die Arbeit mit Kindern und        an die Qualität ihrer Arbeit eine höhere Be-                               Beschäftigten fragen sich zu Recht, warum sie

EuWiS 06/2015 | 4                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          EuWiS 06/2015 | 5
Bildu g ist MehrWert! - Zeitung "Erziehung und Wissenschaft im Saarland" des Landesverbandes der GEW im DGB
thEMa: StREIK                                                                                                                                                                                                                                                           thEMa: StREIK

trotz mehrjähriger Ausbildung bzw. Studium              Zu behaupten, die Beschäftigen würden         tionsmodell eine Rolle. Bei ver.di haben die
                                                                                                                                                      „Wer im Stich lässt seinesgleichen,
                                                                                                                                                      lässt ja nur sich selbst im Stich“
weniger verdienen als Beschäftigte mit ver-          den Tarifkonflikt auf dem Rücken der Eltern      jeweiligen Tarifpartner die entscheidende
gleichbarer Qualifikation im Finanz- oder            und Kinder austragen, ist eine Frechheit, so-    strukturgebende Rolle; dementsprechend
Industriesektor.                                     lange Arbeit- und Gesetzgeber zulassen, dass     sind Erzieher_innen z.B. in 3 verschiedenen
                                                     sich die Arbeitsbedingungen zunehmend ver-       Fachbereichen mit jeweiligem Eigenleben
                                                     schlechtern. Bei den Streiks geht es ja gerade   organisiert (Kommunen, Länder sowie Ge-
Geschlechtergerechtigkeit durchset-                  um die Sicherung verlässlicher und hochwer-      sundheit, Kirchen und Wohlfahrtsverbände).      Gedanken zur Solidarität mit Streikenden
zen                                                  tiger Bildungs- und Erziehungsarbeit. Die        Bei der GEW spielen die professionspoliti-
   Der aktuelle Streik im Sozial- und Erzie-         Beschäftigten werden ihre Arbeit auf Dauer       schen Interessen eine zentrale Rolle; deshalb      Wer, wenn nicht wir als Gewerkschaftsmit-
hungsdienst ist auch ein Streik für Geschlech-       nur engagiert und motiviert fortsetzen kön-      gehören alle Erzieher_innen, Sozialarbei-       glieder, müssen solidarisch sein und Verständ-
tergerechtigkeit. Die unterdurchschnittliche         nen, wenn die Arbeitsbedingungen ihnen da-       ter_innen usw. unabhängig von ihrem Arbeit-     nis haben, wenn mal wieder ein Streik vor der
Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst            für den geeigneten Rahmen bieten. Deshalb        geber zur Fachgruppe Sozialpädagogische         Tür steht. Das ist leicht gesagt und sicher auch
hängt damit zusammen, dass der Großteil der          sind ein paar Wochen Streik besser als perma-    Berufe.                                         dann einfach, solange wir nicht unmittelbar
Beschäftigten in diesem Bereich weiblich ist.        nente Ausfälle durch Krankheit, Burnout und                                                      betroffen sind und unsere Solidarität darin
Die IG-BAU bringt das in ihrem Solidaritäts-         Fachkräftemangel.                                   GEW und ver.di gehören beide zum DGB.        besteht verbal Verständnis für die Streikenden
schreiben sehr gut auf den Punkt, wenn sie                                                            Im aktuellen Streik hat sich die Kooperation    zu äußern. Aber wie sieht es aus, wenn ich
schreibt: „Ihr kämpft nicht nur für Euch selbst,        Die soziale Verantwortung der SuE-Be-         zwischen beiden im Saarland deutlich weiter-    selbst morgens auf den Bus oder den Zug
sondern zugleich geht Euer Kampf um das              schäftigten darf kein Grund und Druckmittel      entwickelt. In den Einrichtungen arbeiten die   angewiesen bin, der dann einfach nicht
Ende der Schlechterbezahlung von frauendo-           sein, ihnen das Streikrecht zu verwehren. Es     Kolleg_innen Hand in Hand. Es gibt eine         kommt oder aber noch problematischer, ich
minierten Tätigkeiten. Ihr kämpft für alle Kol-      ist ein Grundrecht! Erzieher_innen und Sozial-   gemeinsame Streikplanung, wöchentliche          stehe mit meinem Kind vor einer bestreikten
leginnen und letztlich für uns alle gegen die        pädagog_innen haben auch eine Vorbild-           Treffen zu Aktionsabsprachen, ständigen Tele-   Kita....
immer noch bestehende Diskriminierung von            funktion. Dazu gehört, sich für die eigenen      fonkontakt, ein gemeinsames Auftreten bei
                                                                                                                                                         In diesen zuletzt beschriebenen Fällen ist
Frauen im Arbeitsleben“.                             Interessen einzusetzen und Grundrechte           Demonstrationen und Kundgebungen, ein
                                                                                                                                                      eine „aktive“ Solidarität gefordert, das heißt
                                                     selbstbewusst wahrzunehmen.                      gemeinsames Streiklokal in Völklingen und auf
                                                                                                                                                      ich muss selbst etwas tun, muss mich umorga-
                                                                                                      Vorsitzenden-Ebene einen guten Draht zuei-
                                                                                                                                                      nisieren, eventuell mit anderen Betroffenen
Streik ist ein Grundrecht - auch für                                                                  nander. Das tut beiden gut.
                                                                                                                                                      gemeinsam, um meinen Alltag bewältigen zu
soziale Berufe                                       GEW und ver.di streiken gemeinsam
                                                                                                                                                      können. Oder ganz kurz gesagt: der Streik hat
   Es liegt in der Natur sozialer Berufe, dass          Unübersehbar bei den Streikaktionen sind        Es wächst die Erkenntnis, dass die Interes-
                                                                                                                                                      für mich negative Folgen - er tut weh!
gerade die dort Beschäftigten einen beson-           die Fahnen von GEW und ver.di neben verein-      senvertretung sozialpädagogischer Fachkräfte
ders schweren Stand haben, wenn sie ihr              zelten Emblemen der dbb-Verbände. Der            zu einem gemeinsamen Projekt von GEW zu            Ein Streik ist aber nur dann sinnvoll, wenn
Streikrecht durchsetzen wollen. Eine stillge-        Streik ist ihr gemeinsames Ding und setzt da-    ver.di entwickelt werden muss, dass nur         er weh tut, wenn möglichst viele betroffene
legte Kita ist etwas anderes als ein stillgelegtes   mit auch Impulse für die Entwicklung der         gemeinsam die gewerkschaftliche Macht auf-      Menschen bemerken, dass gestreikt wird und
Fließband. Für die Beschäftigten stellt sich das     Gewerkschaftsbewegung insgesamt.                 gebracht werden kann, um eine Aufwertung        damit bemerken, dass diejenigen, die streiken
häufig als Dilemma dar: Setzen sie sich für ihre                                                      des Sozial-und Erziehungsdienstes durchzu-      im Normalfall wertvolle Arbeit leisten. Sicher     Hinnehmen der negativen Streikfolgen, son-       einer Gemeinschaft und macht die Gemein-
Interessen ein und streiken, können sie das             Erzieher_innen und Sozialpädagog_innen        setzen. n                                       sind die Streikenden dann auch gerne bereit,       dern beinhaltet auch die aktive Auseinander-     schaft tragfähig und stark. Innerhalb einer
nur schwer mit ihrem beruflichen Ethos ver-          sind sowohl bei ver.di als auch bei der GEW                                                      mich noch genauer über die Ursachen dieses         setzung mit den Zielen der Streikenden, mit      Familie fällt vielen diese Solidarität leicht,
einbaren. Schließlich geht es in den Einrich-        gewerkschaftlich organisiert. Die Entschei-        Peter Balnis                                  Streiks zu informieren.                            denen ich mich im Idealfall identifizieren       denn innerhalb der Familie hat jeder schon
tungen um Bildungs- und Beziehungsarbeit.            dung, welcher von beiden Gewerkschaften                                                                                                             kann, die ich aber auf jeden Fall respektieren   die Erfahrung gemacht, dass auch er selbst
                                                                                                          Foto: Andreas Sánchez Haselberger
Auch gegenüber den Eltern, die von den               man sich anschließt, ist von verschiedenen                                                          Trotzdem gelingt es auch mir selbst nicht       sollte. Natürlich gehört zu einer solchen Aus-   von dieser Solidarität profitiert. Je größer die
Streikfolgen betroffen sind, fühlen sie sich ver-    Faktoren beeinflusst. Neben persönlichen                                                         immer, rückhaltlos solidarisch und verständ-       einandersetzung auch eine kritische Betrach-     Solidargemeinschaft, desto schwerer vermit-
pflichtet.                                           Kontakten spielt auch das jeweilige Organisa-                                                    nisvoll zu sein, oft spielen auch die Begleit-     tung. Ich muss nicht mit allen Beweggründen      telbar ist es, eigene Sicherheiten zu vernach-
                                                                                                                                                      umstände eine Rolle, z. B. die Möglichkeiten,      der Streikenden einverstanden sein, kann         lässigen, um anderen zu ihrem Recht zu ver-
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                                                                                                                                                      Folgen abzufedern. Ich selbst erlebe solche        Mittel ansehen, über diese Ziele zu informie-       Solidarität lässt sich nicht verordnen, aber
                                                                                                                                                      Situationen oft mehrmals im Jahr, wenn             ren. Gerade wenn im öffentlichen Dienst oder     spätestens wenn ich verstanden habe, dass
                                                                                                                                                      meine französischen Kolleginnen und                in sozialen Diensten Streiks durchgeführt wer-   ich als Einzelner nicht überleben kann und
                                                                                                                                                      Kollegen mal wieder streiken. Dann bin ich         den, hört man oft das Argument, dieser Streik    spätestens als alter, kranker Mensch auf soli-
                                                                                                                                                      gezwungen, so gut es geht, den Unterrichts-        werde auf dem Rücken der Betroffenen (der        darische Mitmenschen angewiesen bin, sollte
                                                                                                                                                      betrieb aufrecht zu erhalten, auch wenn etwa       Kinder, der Patienten, etc.) ausgetragen. Dies   ich ernsthaft über mein Verständnis von
                                                                                                                                                      20 von 90 Kolleginnen und Kollegen nicht da        ist natürlich richtig, aber die Streikenden in   Solidarität nachdenken.
                                                                                                                                                      sind – ohne die, die aus anderen Gründen feh-      diesen Bereichen sind insbesondere auf Soli-
                                                                                                                                                      len. Natürlich muss dann auch die ein oder         darität und Verständnis angewiesen, insbe-         Übrigens für die, die es nicht oder nicht
                                                                                                                                                      andere Klasse zu Hause bleiben und wir müs-        sondere, wenn sie zuvor alle anderen Mög-        mehr erkannt haben: die Überschrift und der
                                                                                                                                                      sen für die Kinder, die nicht zu Hause bleiben     lichkeiten (Resolutionen, Forderungskataloge,    nun folgende Schluss sind Zitate aus dem
                                                                                                                                                      können eine Notgruppe einrichten etc. etc. ...     usw.) ausgeschöpft haben. Die Leidtragenden      Solidaritätslied von Berthold Brecht.
                                                                                                                                                      Ich bin solidarisch, auch wenn ich nicht wirk-     dieser Streiks können durch ihre „aktive“
                                                                                                                                                                                                                                                            „Vorwärts und nicht vergessen worin
                                                                                                                                                      lich begeistert bin, diese zusätzliche Arbeit      Solidarität am ehesten dafür sorgen, dass die
                                                                                                                                                                                                                                                          unsere Stärke besteht! Beim hungern und
                                                                                                                                                      innerhalb kürzester Zeit bewältigen zu müs-        berechtigten Interessen auch wahrgenom-
                                                                                                                                                                                                                                                          beim Essen, vorwärts und nie vergessen: die
                                                                                                                                                      sen - übrigens ist am 19. Mai auch wieder ein      men werden und ihre Forderungen gehört
                                                                                                                                                                                                                                                          Solidarität!“ n
                                                                                                                                                      solcher Streik!                                    werden.
                                                                                                                                                                                                                                                            agnes Bender-Rauguth
                                                                                                                                                                                                            Solidarität macht den Menschen mensch-
                                                                                                                                                         Solidarität ist aber meines Erachtens mehr
                                                                                                                                                                                                         lich, sie ist die Basis des Zusammenlebens in
                                                                                                                                                      als nur das klaglose und verständnisvolle

                                                                                                                                                                                                                                                                                     EuWiS 06/2015 | 7
Bildu g ist MehrWert! - Zeitung "Erziehung und Wissenschaft im Saarland" des Landesverbandes der GEW im DGB
thEMa: StREIK                                                                                                                                                            thEMa: StREIK

                                                      Streiks in der
                                                      Geschichte
                                                      Was haben uns Streiks je gebracht?

                                                         Ein Konferenztisch in der Führungsetage
                                                      eines fiktiven Unternehmens: Die Anwesen-
                                                      den nehmen die Geräuschkulisse demonstrie-
                                                      render Streikender, die durch das geöffnete
                                                      Fenster eindringt, zum Anlass sich genussvoll
                                                      dem Ritual des Gewerkschafts-Bashings hin-
                                                      zugeben. Einvernehmlich entlarven die An-
                                                      wesenden die Gewerkschaften als das, was
                                                      sie ihrer Meinung nach eigentlich sind: eine
                                                      wahre Plage, Fotrschrittsbremsen, Besitz-
                                                      standswahrer, Umverteiler, Sozialromantiker,
                                                      die uns ausbluten lassen wollen!

                                                         Der plötzliche Einwurf des Konferenzleiters
                                                      „Was haben die Gewerkschaften je für uns
                                                      getan?“, von ihm als rhetorische Frage ge-
                                                      meint, bringt die einmütige Stimmung jedoch
                                                                                                                                                             1978/79 kam es in Nordrhein-Westfahlen
                                                      zum Kippen, da die Anwesenden zunächst            teien wieder legal auftreten konnten). Für
                                                                                                                                                          zu einem sechswöchigen Streik in der Stahl-
                                                      sehr verdruckst, aber allmählich mit immer        Großbritannien sind die - leider allerdings er-
                                                                                                                                                          industrie und 1984 legten die IG-Metall-Mit-
                                                      mehr Verve Errungenschaften aufzählen, wie        folglosen - Berarbeiterstreiks an dieser Stelle
                                                                                                                                                          glieder in der Metall- und Elektroindustrie in
                                                      Mutterschutz, bezahlter Jahresurlaub, Mitbe-      zu nennen. Das Ziel, die radikale Zerschlagung
                                                                                                                                                          Hessen, Nordwürttemberg und Nordbaden
                                                      stimmung im Betrieb, 5-Tage-Woche, Kündi-         des Sozialstaats durch die neoliberale That-
                                                                                                                                                          sieben Wochen lang die Arbeit nieder. Der
                                                      gungsschutz, Tarifverträge, Lohnfortzahlung       cher-Regierung abzuwenden, konnten die
                                                                                                                                                          Streik wurde flankiert durch die Mitglieder
                                                      im Krankheitsfall. Die Diskussion wird mit ei-    Gewerkschaften trotz einer seit Ende des
                                                                                                                                                          der IG-Druck und Papier. Beide Streiks hatten
                                                      nem seitens des Konferenzleiters schmallippig     Zweiten Weltkriegs nie dagewesenen Solidari-
                                                                                                                                                          die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche zum
                                                      hervorgestoßenen „Arschloch!“ in Richtung         sierungswelle nicht erreichen. Die Niederlage
                                                                                                                                                          Ziel. Es kam zu einer Verkürzung auf 38,5
                                                      des bisher eher duckmäuserisch auftretenden       verringerte die Macht der Gewerkschaften in
                                                                                                                                                          Stunden und schrittweise zu Verkürzung auf
                                                      Betriebsrates beendet, nachdem dieser mit         Großbritannien dauerhaft.
                                                                                                                                                          35 Stunden in späteren Jahren. Die 38,5-
                                                      den einfachen Worten „mehr Geld“ die Frage
                                                                                                                                                          Stunden-Woche wurde in vielen anderen
                                                      auf ein Weise beantwortet hat, deren Über-
                                                                                                                                                          Branchen ebenfalls von Gewerkschaften
                                                      zeugungskraft der Konferenzleiter offenbar        Streiks in Deutschland nach 1945                  durchgesetzt. Der Versuch der IG-Metall die
                                                      nichts mehr entgegensetzen kann. Schließlich        1948 kam es zur ersten großen Streik-
                                                                                                                                                          35-Stunden-Woche 2003 durch Streiks auch
                                                      hat auch er am Ende jeder Tarifrunde mehr         bewegung der Nachkriegszeit auf dem Gebiet
                                                                                                                                                          auf Ostdeutschland auszuweiten scheiterte
                                                      Geld auf dem Konto und ist somit Profiteur        der westlich besetzten Zonen. Fast 10 Millio-
                                                                                                                                                          jedoch mit Ausnahme ihres Wirkungsbereichs
                                                      der von ihm so gehassten Gewerkschaften. Zu       nen Erwerbstätige legten die Arbeit nieder,
                                                                                                                                                          in der Stahlindustrie.
                                                      sehen ist dieses Video auf der Website des        um die Währungsreform und den Wegfall der
                                                      DGB (www.dgb.de).                                 Preisbindung zu verhindern. Der eintägige
                                                                                                        Generalstreik konnte beides nicht verhindern,     Deutschland – neue heimat der
                                                                                                        aber er brachte Zugeständnisse, die als Ur-       Streikwut?
                                                      historische Streiks                               sprung der Sozialen Marktwirtschaft gelten.          Auch wenn angesichts der Streikwelle, die
                                                         Das Wort Streik leitet sich ab vom engli-                                                        Deutschland momentan etwas durchrüttelt,
                                                      schen strike und bedeutet so viel wie Schlag         1953 lehnten sich die Arbeiter in der DDR      bei manchen der Eindruck entsteht, Deutsch-
                                                      oder Streich. Der Streik ist ein Mittel des Ar-   gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen auf.         land würde von Streiks geradezu überrollt
                                                      beitskampfes, der Druck auf Arbeitgeber oder      Der Streik wurde von sowjetischen Truppen         oder gar lahmgelegt, so bescheinigt die Statis-
                                                      auch auf Regierungen ausüben soll, damit die      niedergeschlagen, die Regierung nahm die          tik deutschen Gewerkschaften eine eher
                                                      Interessen der Streikenden Berücksichtigung       Erhöhung der Arbeitsnormen aber zurück.           zurückhaltende Streikfreudigkeit: In Deutsch-
                                                      finden. Ein Beispiel für politische Streiks von                                                     land fielen zwischen 2000 und 2007 im Durch-
                                                      historischer Bedeutung ist für Deutschland          1956/57 streikte die IG Metall stellvertre-     schnitt fünf Arbeitstage jährlich pro Tausend
                                                      der zunächst illegale Streik der Bergarbeiter     tend im Tarifbezirk Schleswig-Holstein 16 Wo-     Beschäftigte aus. In unserem Nachbarland
                                                      im Ruhrgebiet im Jahre 1889 (nahezu alle          chen lang mit Erfolg. Am Ende stand ein Tarif-    Frankreich lag dieser Wert in diesem Zeitraum
Plakat "Basiswissen Tarifvertrag"                     Bergarbeiter streikten - fast 90.000 - unter      vertrag, der die Arbeiter im Krankheitsfall mit   bei 103 Arbeitstagen. n
DIN A1, gefalzt auf A4
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                                                      fast bürgerkriegsähnlichen Zuständen und          den Angestellten gleichstellte und ihnen
Artikelnummer: 1600                                   brachten schließlich das unter Bismarck ver-      ebenfalls die Lohnfortzahlung zusicherte. Die       thomas Bock
                                                      hängte Sozialistengesetz zu Fall, so dass im      Vereinbarung wurde später zur gesetzlichen
Einzelexemplare erhältlich über broschueren@gew.de,
Fax: 069/78973-70161
                                                                                                                                                              Foto: Munkácsy Mihály: Sztrájk (1895), Quelle:
                                                      Jahr 1890 Gewerkschaften und Arbeiterpar-         Regelung.
Bestellungen ab zehn Exemplaren erhältlich im
GEW-Shop: www.gew-shop.de, gew-shop@callagift.de,                                                                                                             wikipedia.de
Fax: 06103-30332-20.

EuWiS 06/2015 | 8                                                                                                                                                                      EuWiS 06/2015 | 9
Bildu g ist MehrWert! - Zeitung "Erziehung und Wissenschaft im Saarland" des Landesverbandes der GEW im DGB
thEMa: StREIK                                                                                                                                                                                                                                                                  hOChSChULE

Beamte und ihr Recht, (nicht) zu                                                                                                                        Sonderpädagogik aus historischer
streiken                                                                                                                                                Perspektive und die Konsequenzen
   Beamte dürfen nicht streiken. Tun sie es      die private Krankenversicherung - also sollen         Interessanterweise bietet die internationa-         Prof. em. Dr. Dagmar hänsel, ehemalige           Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                      sonderpädagogischer Förderung bedürfen,
doch, so müssen sie disziplinarische Maßnah-     sie sich mal nicht so anstellen, denn der Staat    le Rechtsprechung neue Ansätze für klagewil-        Professorin für Schulpädagogik mit den ar-             Die Aussparung sonderpädagogischer Zu-        allgemein geteilt. Allgemein geteilt wird auch
men befürchten. Schließich haben sie die         sorgt doch gut für sie.                            lige Kolleg_innen. So gab es vor einigen Jahren     beitsschwerpunkten Grundschule, theorie und         sammenhänge aus dem Blick der Allgemeinen        die Auffassung der Sonderpädagogik, dass für
Pflicht, ihren Amtseid gewissenhaft zu erfül-                                                       mehrere Urteile des Europäischen Gerichts-          Geschichte der Sonderpädagogik und Profes-          Pädagogik war nicht immer gegeben. Wilhelm       die Förderung dieser Kinder sonderpädagogi-
                                                   Der Staat kann aber jederzeit eben auch ge-
len und dürfen sich gleichzeitig des besonde-                                                       hofes für Menschenrechte gegen die Türkei, in       sionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern an       Rein hat in seiner 1911 veröffentlichten Lehre   sche Kompetenz unverzichtbar ist, die wieder-
                                                 setzlich regeln, wie viel Mehrarbeit und Mehr-
ren Schutzes des Staates sicher sein.                                                               denen festgestellt wurde, dass niemandem            der Universität Bielefeld, setzt sich seit langem   vom Bildungswesen auch das Hilfsschul- und       um an die sonderpädagogische Ausbildung
                                                 belastung er seinen Beamten auferlegt ohne
                                                                                                    aufgrund seines Beamtenstatus das Streik-           kritisch mit der Sonderpädagogik auseinander,       Anstaltswesen behandelt. Herman Nohl und         gebunden wird. Es ist deshalb nur konse-
                                                 dass selbige das Mittel des Streikes zur Durch-
   Verkürzt dargestellt ist dies die zugrunde-                                                      recht und das Recht auf kollektive Verein-          zuletzt in ihrer Forschungsarbeit über die          Ludwig Pallat haben in ihrer 1928 erschiene-     quent, wenn allgemeine Lehrkräfte erklären,
                                                 setzung ihrer Interessen nutzen könnten -
liegende Idee, Beamten ein Streikrecht zu ver-                                                      barung der Arbeitsbedingungen aberkannt             „Sonderschullehrerausbildung im nationalso-         nen Theorie der Schule der Sonderschule in       dass sie Behinderte nicht angemessen fördern
                                                 sprich, jegliche Verhandlung zwischen Arbeit-
wehren. Unabhängig davon, dass sich                                                                 werden dürfe. Nach Klagen in Deutschland,           zialismus“. Brigitte Schumann wollte im Ge-         Gestalt der Hilfsschule ein eigenes Kapitel      können, weil sie dafür nicht ausgebildet wor-
                                                 geber und Arbeitnehmer wird erschwert und
Deutschland hier eine Sonderstellung im Ver-                                                        die sich auf diese Rechtsprechung beriefen,         spräch mit ihr erfahren, wie sie als Vertreterin    gewidmet. Wilhelm Flitner hat sich noch in       den sind.
                                                 zwangsläufig immer zugunsten des ersteren
gleich mit anderen Industriestaaten leistet,                                                        schieben sich Justiz und Politik in einer Art       der allgemeinen Pädagogik die Rolle der Son-        den 1930er-Jahren für die Einbeziehung son-
                                                 ausfallen.
lohnt jedoch ein genauerer Blick auf die                                                            Hinhaltetaktik seit einiger Zeit den Ball hin       derpädagogik aus historischer Perspektive           derpädagogischer Fragestellungen in die             Dass es sich bei den Behinderten im deut-
Rechtslage.                                         Dabei ist das Streikverbot größtenteils zu-     und her, wohl in der Hoffnung, dass man das         wahrnimmt und welche Konsequenzen sie da-           Allgemeine Pädagogik ausgesprochen und           schen Bildungssystem vorwiegend um Kinder
                                                 nächst einmal „nur“ Tradition: Der Gesetz-         Problem ganz zeitgemäß einfach aussitzen            raus für die inklusive Schulentwicklung zieht.      eine sonderpädagogische Lehrerausbildung         in Armut handelt, die aus dem Mainstream
   Fangen wir mit einer kurzen historischen      geber geht hierbei tatsächlich eingeschränkt       kann bis niemand mehr klagewillig ist.                                                                  für Hilfsschullehrkräfte abgelehnt.              der Kinder in der allgemeinen Schule negativ
Einordnung des Streikverbots für Beamte an.      von „im engen Sinne hoheitlich tätigen“ Be-                                                            Brigitte Schumann:                                                                                   ausgelesen und auf der Grundlage sonderpä-
Wie so Vieles in Deutschland liegen seine Ur-    amten aus. Damit wären Lehrer_innen vom               Wie dem auch sei: Ganz so einfach wie in            Frau Hänsel, Sie beschäftigen sich seit lan-        Der blinde Fleck in der Allgemeinen Päda-     dagogischer Diagnostik als „Behinderte“ be-
sprünge im preußischen Obrigkeitsstaat. Für      Streikverbot genau genommen gar nicht              der Einleitung dargestellt ist die Situation also   gem mit dem Verhältnis von Allgemeiner              gogik ist erst mit der Etablierung der Sonder-   hauptet worden sind, ist allgemein nicht
die gesetzlich geregelte und vergleichsweise     betroffen da sie eben nicht hoheitlich tätig       nicht mehr. In diesem Sinne können die Kol-         Pädagogik und Sonderpädagogik. Eine Ihrer           pädagogik als eigenständigem Fach entstan-       bewusst oder wird nicht kritisch hinterfragt.
privilegierte Stellung als (unkündbare) Diener   sind. Darüber hinaus ist interessanterweise        leg_innen nur ermutigt werden, das Streikver-       zentralen Thesen lautet: Die Sonderschule ist       den. Ihre Trennung von der Erziehungswis-        Diese Kinder machen rund 80 Prozent der in
des Staates versicherten sich König oder         das Herzstück des Beamtenrechts, die soge-         bot nicht kampflos hinzunehmen - die Chan-          der blinde Fleck in der Allgemeinen Pädago-         senschaft, ihre Verankerung in separierten       der allgemeinen Schule und rund 60 Prozent
Kaiser einer besonderen Treuepflicht. (Kriegs-   nannten „hergebrachten Grundsätze des Be-          cen auf eine Neuregelung stehen besser denn         gik. Was meinen Sie genau damit?                    heilpädagogischen Instituten und die damit       der in der Sonderschule sonderpädagogisch
)Wichtige Bereiche des Staatswesens (so auch     rufsbeamtentums“, die nach Art. 33 Abs. 5          je. n                                                                                                   verbundene Einrichtung heilpädagogischer         Geförderten aus. Das Stereotyp des Behin-
Post und Bahn) wurden von besonders loya-        Grundgesetz zu berücksichtigen sind, nie von                                                           Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                         Professuren vollzog sich in der BRD Anfang der   derten, das von Kindern mit Down-Syndrom
len Dienern verwaltet und geführt, die auch      einem Parlament beschlossen worden. Bei                                                                   Damit ist gemeint, dass sonderpädagogi-          1950er-Jahre. Damit wurden auch die wissen-      und von Rollstuhlfahrern repräsentiert wird,
im Zweifel keine Widerworte geben sollten.       diesen Grundsätzen handelt es sich um teils                                                            sche Zusammenhänge aus dem Blick der All-           schaftlichen Karrieren in der Erziehungwis-      trifft damit auf die Mehrheit der Behinderten
Ebenso konnte sichergestellt werden, dass die    bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreichende                                                           gemeinen Pädagogik weitgehend ausgespart            senschaft und in der Sonderpädagogik ge-         im deutschen Bildungssystem nicht zu.
Bediensteten der „Erziehungsanstalten“ im-       Traditionen, die ausschließlich von Richtern                                                           werden. Sonderpädagogische Zusammenhän-             trennt und die Sonderpädagogik für die All-
mer in Treue zu ihrem „Dienstherren“ standen     und Rechtsgelehrten weiterentwickelt wur-                                                              ge werden in der empirischen Schulsystemfor-        gemeine Pädagogik zur „black box“.                 Auch die Geschichtskonstruktionen der
- schließlich hatten sie ja auch ein staatlich   den. Sie ranken sich um häufig altmodisch an-                                                          schung, in der historischen Bildungsforschung                                                        Sonderpädagogik werden von der Allgemei-
legitimiertes Züchtigungsrecht gegenüber den     mutende Begriffe wie „besondere Treue-                                                                 und in der Schultheorie und damit in jenen          Brigitte Schumann:                               nen Pädagogik weitgehend kritiklos übernom-
Zöglingen.                                       pflicht“ oder „amtsangemessene Alimenta-                                                               Bereichen ausgeklammert, die sich mit dem             Was sind die konkreten Folgen dieser be-       men.
                                                 tion“. Dahinter verbirgt sich die Fiktion, Beam-                                                       Bildungssystem in seinem Gesamtzusammen-            sonderen Form von „Blindheit“?
  Was sich bis heute sowohl in Politik wie       tinnen und Beamte würden nicht fürs Arbei-                                                             hang befassen. Wo die Sonderschule von der                                                           Brigitte Schumann:
auch öffentlicher Meinung von dieser Auffas-     ten bezahlt, sondern zu Monatsanfang der                                         helmut Bieg           empirischen Schulforschung in den Blick ge-         Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                         Eigentlich müssen Sie sich doch freuen,
sung gehalten hat, ist die Idee, dass Beamte     Würde ihres Amtes entsprechend ausrei-                                                                 nommen worden ist, etwa in der ersten PISA-            Eine wichtige Folge dieser Blindheit stellt   dass mit der Inklusionsdebatte endlich auch
doch gesetzlich geregelte, besonders gute Ar-    chend versorgt, um sich unabhängig und frei                                                            Studie, ist dies geschehen, weil die internatio-    das unterschiedliche Professionsverständnis      das Verhältnis von Sonderpädagogik und
beitsbedingungen haben: Sicherheit, Unkünd-      von Existenzsorgen der Amtsführung hinge-                                                              nale Vergleichbarkeit der Daten dies erforder-      allgemeiner und sonderpädagogischer Lehr-        Allgemeiner Pädagogik zum Thema gewor-
barkeit, Planbarkeit und dazu natürlich noch     ben zu können.                                                                                         te. Die Kinder, die im deutschen Bildungssys-       kräfte dar, das die Hilfsschulpädagogik kon-     den ist. Das ist doch die Chance, den blinden
                                                                                                                                                        tem als sog. Lernbehinderte die größte Grup-        struiert hat und das unhinterfragt bis heute     Fleck zu erkennen und zu beheben.
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                                                                                                                                                        meisten anderen Ländern nicht als Behin-            als Generalisten. Sonderpädagogische Lehr-       Prof. em. Dr. Dagmar hänsel
                                                                                                                                                        derte, die in der Sonderschule oder in der all-     kräfte gelten als Spezialisten und werden in        In Anlehnung an Radio Eriwan lässt sich
                                                                                                                                                        gemeinen Schule sonderpädagogischer För-            der professionellen Hierarchie höher als diese   sagen, dass diese Frage im Prinzip mit „ja“
                                                                                                                                                        derung bedürfen. Wenn sonderpädagogische            gewertet. Diese Rangordnung findet auch in       beantwortet werden kann, aber eben nur im
                                                                                                                                                        Zusammenhänge in der Allgemeinen Pädago-            ihrer Einstufung in eine höhere Gehaltsstufe     Prinzip. Inklusion, womit nach dem Verständ-
                                                                                                                                                        gik in den Blick genommen werden, wird zu-          Ausdruck.                                        nis der Sonderpädagogik die sonderpädagogi-
                                                                                                                                                        meist die Sicht der Sonderpädagogik übernom-                                                         sche Förderung von Behinderten in der allge-
                                                                                                                                                        men. Im Zusammenhang von Inklusion ist der            Das Deutungsmonopol der Sonderpäda-            meinen Schule gemeint ist, erhöht prinzipiell
                                                                                                                                                        Sicht der Sonderpädagogik auch in der Bildungs-     gogik zeigt sich in der kritiklosen Übernahme    die Notwendigkeit und Möglichkeit der All-
                                                                                                                                                        politik allgemeine Geltung verschafft worden.       sonderpädagogischer Glaubenssätze nicht          gemeinen Pädagogik, in die „black box“ der
                                                                                                                                                                                                            nur in der Allgemeinen Pädagogik, sondern        Sonderpädagogik hineinzuschauen und in die-
                                                                                                                                                         Brigitte Schumann:                                 auch in der Bildungspolitik. So wird der son-    sem Bereich Forschung zu betreiben. Die
                                                                                                                                                           Bevor wir über Inklusion sprechen, stellt        derpädagogische Glaubenssatz, dass Kinder,       Zusammenarbeit allgemeiner und sonderpä-
                                                                                                                                                        sich die Frage, wie der blinde Fleck entstan-       denen die allgemeine Schule nicht gerecht        dagogischer Lehrkräfte im gemeinsamen Un-
                                                                                                                                                        den ist.                                            werden kann, Behinderte sind und als solche      terricht von Behinderten und Nichtbehinder-

                                                                                                                                                                                                                                                                                     EuWiS 06/2015 | 11
Bildu g ist MehrWert! - Zeitung "Erziehung und Wissenschaft im Saarland" des Landesverbandes der GEW im DGB
hOChSChULE                                                                                                                                                                                                                                                                         hOChSChULE

ten trägt zur Entzauberung der behaupteten          Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                        ihre Didaktik, sondern nur ein Fach. Eine zen-     land. Auch die Grünen in NRW, die sich, als sie   Sonderpädagogik als eigenständigem Fach ist          dungspolitische Wirkung versprechen Sie sich
besonderen sonderpädagogischen Kompe-                  Die Forderung nach Verankerung sonderpä-        trale sonderpädagogische Kompetenz wird            noch in der Opposition waren, für die             von sonderpädagogischen Fach- und Ver-               davon?
tenz und damit zur Ernüchterung allgemeiner         dagogischer Inhalte in der allgemeinen             nach wie vor in der sonderpädagogischen            Abschaffung der Schulen für Lernbehinderte -      bandsvertretern nach 1945 denn auch mit
Lehrkräfte bei. Die Sonderpädagogik hat             Lehrerausbildung ist nicht neu. Sie ist viel-      Diagnostik gesehen. Wie problematisch es um        und damit der Mehrheit der deutschen Son-         dem Argument begründet worden, dass da-              Prof. em. Dr. Dagmar hänsel
darauf klug reagiert. Sie definiert die Rolle der   mehr von der Sonderpädagogik seit ihrer            diese Kompetenz bestellt ist, hat Brigitte Kott-   derschulen - stark gemacht haben, sind in         mit ein Rückfall in die Barbarei der NS-Zeit            Forschung hat zumeist keine bildungspoliti-
sonderpädagogischen Lehrkräfte in der allge-        Entstehung im 19. Jahrhundert erhoben wor-         mann in ihrer empirischen Studie zur Selek-        ihrer Regierungsverantwortung zurückgeru-         vermieden werde.                                     schen Wirkungen. Das ist auch nicht ihr pri-
meinen Schule neu als Berater und Entwickler.       den. Sie war und ist mit der Hoffnung verbun-      tion in die Sonderschule eindrücklich erwie-       dert. Sie sind dem Vorschlag eines Experten-                                                           märes Ziel. Forschung dient vielmehr in erster
                                                                                                                                                          gutachtens zur Abschaffung dieser Sonder-            Allgemeine Lehrkräfte fordern, und das mit
Als solche sollen sie nicht mehr mit dem            den, dass allgemeine Lehrkräfte dadurch die        sen.                                                                                                                                                      Linie der Wahrheitsfindung und der Aufklä-
                                                                                                                                                          schulen nicht gefolgt. Das Land NRW ist viel-     Recht, mehr Unterstützung bei der Förderung
Unterrichten von Klassen und damit mit der          sonderpädagogische Perspektive überneh-                                                                                                                                                                      rung. Die forschende Auseinandersetzung mit
                                                                                                                                                          mehr zum Vorreiter für den flächendecken-         von Kindern mit Lern- und Entwicklungs-
Aufgabe befasst sein, die im Zentrum der            men. Das ist deshalb so wichtig, weil das deut-    Brigitte Schumann:                                                                                                                                        der Sonderschule und der Sonderpädagogik
                                                                                                                                                          den Ausbau der sonderpädagogischen Lehrer-        schwierigkeiten, deren Zahl durch steigende
Lehrertätigkeit steht und für die Lehrkräfte        sche Sonderschulsystem wesentlich auf der             Wie stellen Sie sich die zukünftige Rolle der                                                                                                          im Nationalsozialismus halte ich für beson-
                                                                                                                                                          ausbildung und damit auch für den weiteren        Armut und Migration sprunghaft wächst. Sie
ausgebildet werden.                                 Auslese aus der allgemeinen Schule basiert,        Sonderpädagogik zur Umsetzung von Inklu-                                                                                                                  ders wichtig, nicht nur weil es zu diesem Be-
                                                                                                                                                          Ausbau sonderpädagogischer Förderung in           fordern aber nicht zwangsläufig mehr Son-
                                                    an der allgemeine Lehrkräfte im Vorfeld und        sion vor?                                                                                                                                                 reich in der Sonderpädagogik kaum Forschung
                                                                                                                                                          Sonderschulen wie in allgemeinen Schulen          derpädagogen. Das gilt zumal dann, wenn
Brigitte Schumann:                                  als Kooperationspartner sonderpädagogi-                                                                                                                                                                      gibt oder diese von Außenseitern betrieben
                                                                                                                                                          geworden. So sind seit 2013 in NRW 2300           sonderpädagogische Lehrkräfte als Berater
   Was macht Sie so skeptisch gegenüber der         scher Lehrkräfte beteiligt sind.                   Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                                                                                                                               wird, die aus dem sonderpädagogischen Dis-
                                                                                                                                                          zusätzliche Studienplätze für das sonderpäda-     und Entwickler allgemeiner Lehrkräfte fungie-
Möglichkeit , dass die Allgemeine Pädagogik                                                               An die Stelle einer flächendeckenden Ver-                                                                                                              kurs ausgeschlossen bleiben. Auch in der Ge-
                                                                                                                                                          gogische Lehramt geschaffen und drei neue         ren sollen. Weitreichende Unterstützung
im Zusammenhang von Inklusion sich mit der             Hinter der aktuell erhobenen Forderung          ankerung sonderpädagogischer Lehrkräfte als                                                                                                               schichtswissenschaft gibt es zur Sonderschule
                                                                                                                                                          Standorte für die sonderpädagogische Lehrer-      könnte allgemeinen Lehrkräften ohne Mehr-
Sonderpädagogik auseinandersetzt und da-            nach Verankerung sonderpädagogischer               Berater und Schulentwickler auf allen Stufen                                                                                                              keine Forschung. Obwohl (ehemalige) Hilfs-
                                                                                                                                                          ausbildung eingerichtet worden.                   kosten geleistet werden, wenn die Kosten, die
mit bspw. auch ihre Zuständigkeit für die           Inhalte in der allgemeinen Lehrerausbildung        und in allen Formen der allgemeinen Schule                                                                                                                schülerinnen und Hilfsschüler als „angeboren
                                                                                                                                                                                                            für die sonderpädagogische Förderung von
Kinder erkennt, die die Sonderpädagogik für         steht der Glaubenssatz der Sonderpädagogik,        und damit an Stelle eines massiven Ausbaus         Brigitte Schumann:                                                                                     Schwachsinnige“ die Hauptgruppe der Opfer
                                                                                                                                                                                                            Kindern mit Lern- und Entwicklungsschwie-
sich in Anspruch genommen hat, nämlich die          dass die Förderung aller Kinder in ihrer           der Sonderpädagogik, der alle bisherigen              Wenn Sie die sonderpädagogischen Fach-                                                              der Zwangssterilisation darstellten, ist dieser
                                                                                                                                                                                                            rigkeiten derzeit aufgewendet werden, für
Kinder in Armutslagen?                              Verschiedenheit zwingend sonderpädagogi-           Grenzen sprengt, sollten die vorhandenen           richtungen Lernen, Emotionale und soziale                                                              Zusammenhang aus der geschichtswissen-
                                                                                                                                                                                                            pädagogische Förderung in allgemeinen Schu-
                                                    sche Kompetenz erfordert, die wiederum an          sonderpädagogischen Lehrkräfte nach mei-           Entwicklung sowie Sprache (LES) für überflüs-                                                          schaftlichen Forschung zur Zwangssterilisa-
                                                                                                                                                                                                            len verwendet und sonderpädagogischen
Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                         die sonderpädagogische Ausbildung gebun-           ner Vorstellung als das eingesetzt werden,         sig erklären und die dazu gehörenden Lehr-                                                             tion ausgespart geblieben. Das gilt auch für
                                                                                                                                                                                                            Lehrkräfte in allgemeinen Schulen, insbeson-
   Ungeachtet der seit vier Jahrzehnten in all-     den wird. Das hat zur Folge, dass allgemeine       wofür Lehrkräfte ausgebildet werden, näm-          ämter auflösen wollen, dann legen Sie sich                                                             die geschichtswissenschaftliche Forschung
                                                                                                                                                                                                            dere in Grundschulen und in Brennpunkt-
gemeinen Schulen praktizierten Beschulung           Lehrkräfte sonderpädagogischen Lehrkräften         lich als Lehrkräfte im Klassenunterricht. Die      mit der starken Lobby der Sonderpädagogik                                                              zur Sozialgeschichte der deutschen Schule.
                                                                                                                                                                                                            schulen, nicht als Berater und Schulentwick-
von Behinderten hat sich die Allgemeine Pä-         in der Förderung der Verschiedenen notwen-         Doppelbesetzung von Lehrkräften in einer           an. Aber auch die Lehrerschaft an den allge-      ler, sondern als Lehrkräfte im Unterrichten
dagogik bisher kaum forschend mit der               dig unterlegen sind, wie umfangreich auch die      Klasse, die in der Pilotphase des gemeinsa-        meinen Schulen fordert ja gerade mehr und                                                                 Durch Forschung lassen sich nicht nur ver-
                                                                                                                                                                                                            von Klassen eingesetzt würden. Zudem könn-
Sonderpädagogik befasst. Vielmehr hat die           in ihrer Ausbildung verankerten sonderpäda-        men Unterrichts Standard war, ist bei einem        nicht weniger Sonderpädagogen zur Förde-                                                               borgene Zusammenhänge aufdecken, son-
                                                                                                                                                                                                            ten flexible Förderangebote allgemeinen
Allgemeine Pädagogik das sonderpädagogi-            gogischen Elemente sein mögen. Die sonder-         flächendeckenden Ausbau weder realisierbar         rung von Kindern mit Lern- und Entwick-                                                                dern auch Geschichtskonstruktionen der son-
                                                                                                                                                                                                            Lehrkräften helfen, Kinder pädagogisch zu
sche Verständnis von Inklusion weitgehend           pädagogischen Elemente berechtigen allge-          noch finanzierbar.                                 lungsproblemen. Wie wollen Sie darauf rea-                                                             derpädagogischen Historiographie als My-
                                                                                                                                                                                                            unterstützen.
übernommen und ihre „Anschlussfähigkeit“            meine Lehrkräfte zudem nicht zum gestuften                                                            gieren?                                                                                                thenerzählungen erweisen. Bis heute lebt die
                                                                                                          Dringend geboten wäre auch, auf die Zu-
an die Sonderpädagogik betont. Ebenso ist           Erwerb des sonderpädagogischen Lehramts                                                                                                                    Wie sich der Verzicht auf sonderpädagogi-         Mythenerzählung von der versuchten Ab-
                                                                                                       rechnung der Kinder mit Lern- und Entwick-
die strikte Trennung zwischen allgemeiner           und lassen damit die strikte Trennung zwi-                                                            Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                       sche Förderung zu Gunsten pädagogischer              schaffung der Hilfsschule und dem Verbot der
                                                                                                       lungsschwierigkeiten zu Behinderten zu ver-
und sonderpädagogischer Lehrerausbildung            schen allgemeiner und sonderpädagogischer                                                                Wer die Interessen einer Interessengruppe      Förderung durch allgemeine Lehrkräfte aus-           Hilfsschullehrerausbildung durch das Nazi-
                                                                                                       zichten und damit den deutschen Sonderweg
im Zusammenhang von Inklusion nicht verän-          Lehrerausbildung auch im Zusammenhang                                                                 berührt, legt sich notwendig mit dieser an.       wirken kann, habe ich an einem Beispiel, dem         regime fort, die von Sonderpädagogen in der
                                                                                                       und die Hilfsschultradition zu verlassen. Dem
dert worden. Dabei hätte                   die      von Inklusion unberührt. Stattdessen berech-                                                          Der Verband Sonderpädagogik, der die Inte-        Fall des Schülers S., in der Zeitschrift SchulVer-   Nachkriegszeit erfunden worden ist. Diese
                                                                                                       würde der Verzicht auf die entsprechenden
Neustrukturierung der Lehrerausbildung im           tigt die sonderpädagogische Lehrerausbil-                                                             ressen der sonderpädagogischen Lehrkräfte         waltung ( 11/2012) verdeutlicht. Nachdem S.          Mythenerzählung ist damals wie heute von
                                                                                                       Sonderschulformen und auf ein sonderpäda-
Rahmen des Bachelor- Mastersystems und die          dung durch einen Beschluss der KMK von                                                                vertritt, ist aus dem Hilfsschulverband hervor-   in einer Schule für Geistigbehinderte als            zentraler Bedeutung, um Sonderpädagogen
                                                                                                       gogisches Lehramtsstudium für den Bereich
damit verbundene Neugestaltung des erzie-           1994 inzwischen auch zur Tätigkeit in allen                                                           gegangen und damit am Erhalt der inzwischen       „Schwerstmehrfachbehinderter“ sechs Jahre            als Verfechter des Lebensrechts von Behin-
                                                                                                       der Lern- und Entwicklungsschwierigkeiten
hungswissenschaftlichen Curriculums dafür           Formen und Stufen der allgemeinen Schule.                                                             als Förderschule Lernen bezeichneten Hilfs-       beschult worden war und dort nicht lesen             derten zu erweisen und den Ausbau des son-
                                                                                                       korrespondieren. Die Unsummen, die derzeit
eine historisch einmalige Chance geboten.           Sonderpädagogische Lehrkräfte sind damit zu                                                           schule und der sonderpädagogischen Ausbil-        gelernt hatte, wurde er als Nichtbehinderter         derpädagogische Systems moralisch zu recht-
                                                                                                       für das Parallelsystem von sonderpädagogi-
Der Anachronismus der Sonderpädagogik als           Lehrkräften für alle Kinder geworden.                                                                 dung ihrer Lehrkräfte besonders interessiert.     in eine Hauptschule umgeschult. S., der aus          fertigen. n
                                                                                                       scher Förderung für Kinder mit Lern- und
Fach, das neben und getrennt vom Fach                                                                                                                     Das Eintreten für die Interessen der Profes-      benachteiligten sozialen Verhältnissen
                                                                                                       Entwicklungsschwierigkeiten in Sonderschu-
Erziehungswissenschaft gelehrt wird, hätte             Schließlich ist zu fragen, worin die besonde-                                                      sion wird vom Verband damals wie heute mit        stammt, ist weder intellektuell noch körper-
                                                                                                       len und in allgemeinen Schulen und für den
überwunden und die Sonderpädagogik wie              re sonderpädagogische Kompetenz besteht,                                                              dem Eintreten für die Rechte der Behinderten      lich beeinträchtigt. In der Hauptschule ist S.
                                                                                                       Ausbau der sonderpädagogischen Lehreraus-
jede        andere      Teildisziplin     der       die in der sonderpädagogischen Lehrerausbil-                                                          verknüpft und moralisch stark aufgeladen.         von seiner Klassenlehrerin neben dem Klas-
                                                                                                       bildung in diesem Bereich ausgegeben wer-
Erziehungswissenschaft in das erziehungs-           dung vermittelt wird, und ob sonderpädagogi-                                                          Diese moralische Aufladung ist nach der Zeit      senunterricht fünf Stunden in der Woche indi-
                                                                                                       den, könnten besser für die pädagogische För-
bzw. bildungswissenschaftliche Fachstudium          sche Lehrkräfte allgemeinen Lehrkräften in                                                            des Nationalsozialismus, in der Behinderte im     viduell pädagogisch gefördert worden. Er hat
                                                                                                       derung dieser Kinder durch allgemeine Lehr-
integriert werden können. Stattdessen weitet        der Förderung insbesondere von Kindern mit                                                            Rahmen der „Euthanasie“ ermordet und im           lesen gelernt und inzwischen die Zwischen-
                                                                                                       kräfte und für die Verkleinerung von Klassen
die Sonderpädagogik unter dem Anspruch              Lern- und Entwicklungsschwierigkeiten über-                                                           Rahmen der Zwangssterilisation verstümmelt        prüfung in seinem Ausbildungsberuf erfolg-
                                                                                                       insbesondere in der Grundschule verwendet
von Inklusion ihren Einflussbereich aus und         legen sind. Festzuhalten bleibt, dass sonder-                                                         wurden, extrem gestiegen. Die deutsche            reich bestanden.                                                                 Dr. Brigitte
                                                                                                       werden. Sonderschulen könnten als wählbare
beansprucht sowohl die Sonderschule als             pädagogische Lehrkräfte in ihrer Ausbildung                                                           Sonderpädagogik nimmt seitdem für sich in                                                                                          Schumann
                                                                                                       Angebote für jene Minderheit von Kindern er-
auch die allgemeine Schule als ihr                  im Bereich der Fachwissenschaft und Fachdi-                                                           Anspruch, nicht nur für die gesellschaftliche      Brigitte Schumann:                                                              ifenici@aol.com
                                                                                                       halten werden, die im sozialrechtlichen Sinne
Tätigkeitsfeld.                                     daktik bzw. im Bereich der elementaren                                                                Teilhabe und für das Bildungsrecht der Behin-        In Ihrer jüngsten Forschungsarbeit mit dem
                                                                                                       Behinderte sind.
                                                    Sprach- und Mathematikdidaktik deutlich                                                               derten, sondern auch für die Bewahrung ihres      Titel „Lehrerausbildung im Nationalsozialis-
Brigitte Schumann:                                                                                     Brigitte Schumann:
  Die Bildungspolitik spricht allenthalben
                                                    schlechter als allgemeine Lehrkräfte qualifi-
                                                    ziert werden. Angesichts des Umfangs des              Sehen Sie derzeit Ansätze für Ihren Weg in
                                                                                                                                                          Lebensrechts unverzichtbar zu sein. Der Ver-
                                                                                                                                                          such, das sonderpädagogische System zu
                                                                                                                                                                                                            mus“ decken Sie Kontinuitäten in der Ge-
                                                                                                                                                                                                            schichte der Sonderpädagogik von ihren An-
                                                                                                                                                                                                                                                                         Eine Schule
davon, dass sonderpädagogische Inhalte in           sonderpädagogischen Studiums, der den              irgendeinem Bundesland?                            beschneiden, kann damit mit dem Versuch           fängen über die Zeit des Nationalsozialismus
den allgemeinen Lehramtsstudiengängen ver-          Umfang des erziehungswissenschaftlichen                                                               gleich gesetzt werden, Behinderten ihr Le-        hinweg bis heute auf. Sie widerlegen die gän-                für alle
ankert werden sollen. Z. B. ist das auch das        Studiums um ein Vielfaches überschreitet,          Prof. em. Dr. Dagmar hänsel                        bensrecht abzusprechen und in die Barbarei        gige sonderpädagogische Geschichtsdarstel-
Credo von Frau Löhrmann. Was ist denn               studieren sie nicht wie allgemeine Lehrkräfte         Nein, ich sehe Ansätze zu den skizzierten       der NS-Zeit zurückzufallen. Der Ausbau des        lung, die die Sonderpädagogik als Opfer des                  Fördern statt
dagegen zu sagen?                                   der Sekundarstufe zwei Unterrichtsfächer und       Strukturveränderungen in keinem Bundes-            Sonderschulsystems und die Etablierung der        Nationalsozialismus behauptet. Welche bil-                   auslesen

EuWiS 06/2015 | 12                                                                                                                                                                                                                                                                        EuWiS 06/2015 | 13
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