Bond Basics Auch bei Anleihen ist aktives Management gefragt - PortfolioPraxis: Akademie - Wertpapier Forum

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Bond Basics Auch bei Anleihen ist aktives Management gefragt - PortfolioPraxis: Akademie - Wertpapier Forum
PortfolioPraxis: Akademie

Bond Basics
Auch bei Anleihen ist aktives
Management gefragt
Bond Basics Auch bei Anleihen ist aktives Management gefragt - PortfolioPraxis: Akademie - Wertpapier Forum
Entscheidende
Einblicke für
vorausschauende
Anlagestrategien

2
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PortfolioPraxis: Akademie

Inhalt
4           Grundlagen

10	Rentenbenchmarks – alles andere
    als Langweiler

20	Bewertung und Sensitivitätsmaße
    von Anleihen

25	Vor oder hinter der Kurve? –
    Strategien mit Renten(-fonds)

31          Real Return!

35	Exkurs: Indexierte Anleihen und
    Inflationserwartungen

38          Investor‘s Corner

Impressum
Allianz Global Investors
Kapitalanlagegesellschaft mbH
Mainzer Landstraße 11–13
60329 Frankfurt am Main

Kapitalmarktanalyse
Hans-Jörg Naumer (hjn), Dennis Nacken (dn),
Stefan Scheurer (st), Jochen Dobler (jd)

Unsere aktuellen Studien finden Sie direkt unter
www.allianzglobalinvestors.de/kapitalmarkt­analyse
Alle Publikationen sind abonnierbar unter
www.allianzglobalinvestors.de/newsletter
Soweit nicht anders vermerkt, stammen die Daten von
Thomson Financial Datastream.

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PortfolioPraxis: Akademie

                               Grundlagen
                               Sinken die Aktienkurse, steigen die Anleihen in der Gunst
                               der Anleger. Kein Wunder, gelten diese doch als Papiere mit
                               geringen Kursschwankungen…

                              …bekanntermaßen aber auch mit geringer                                          Anleihen sind nicht gleich Anleihen
                              Rendite. Alles hat eben seinen Preis. „Bonds“
                              (engl. für „Anleihen“) sind dabei jedoch nicht                                  Dass Anleihen nicht gleich Anleihen sind, aber
                              gleich Bonds: Sie unterscheiden sich unter an-                                  auch nicht die Schwankungsanfälligkeit von
                              derem durch ihre unterschiedlichen Lauf­                                        Aktien aufweisen, machen die Schaubilder 1
                              zeiten und ihre jeweiligen Emittenten. Wer                                      und 2 klar:
                              durch den Dschungel an Investitionsmöglich-
                              keiten blickt, kann die Unter­schiede ­dies­es                                  • Schaubild 1 zeigt Ertrag und Risiko unter-
                              Marktsegmentes profitabel nutzen und sei-                                          schiedlicher Aktien- und Anleihensegmen-
                              nem Anleihenportfolio einen entsprechenden                                         te im langfristigen Vergleich. Schon der
                              Rendite-Kick verpassen.                                                            Vergleich deutscher, europäischer und in-
                                                                                                                 ternationaler Renten zeigt, dass es auch im
                              Zeit also, über Bonds nachzudenken – und                                           Rentensegment zu unterschiedlichen Risi-
                              am besten über Bonds mit Kick. Wie lässt sich                                      ko-Ertrag-Profilen kommt.
                              mit ihnen ein Mehr an Rendite generieren?

                              Schaubild 1: Ertrag und Risiko von Aktien und Anleihen

Das Risiko-Ertrag-                                     30 %
Diagramm zeigt: Bei der
ganzen Fülle an Anlage­                                25 %                                                                                          Aktien
möglichkeiten waren                                                                                                                                  Brasilien
Staatsanleihen die Anlage-
                                                       20 %
form mit dem geringsten
                             annualisierter Ertrag %

Risiko. Zeitraum:
1990–2010; währungs­                                   15 %
bereinigt in Euro. Das                                                                                                      Aktien Hongkong
Risiko wurde gemessen an                               10 %    Renten   Renten Aktien USA     Aktien Europa
der Volatilität der Kurse.                                     Europa   Welt Renten USA                                    Aktien Singapur
                                                                                                 Aktien D
                                                                                            Aktien Welt
                                                        5%     Renten            Renten
                                                               Deutschland       Japan
                                                                                                     Aktien Japan
                                                        0%
                                                              0%        10 %        20 %           30 %           40 %             50 %       60 %               70 %

                                                                                                 annualisiertes Risiko %

                              Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Dezember 2010

4
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Schaubild 2: Wertentwicklung von Aktien und Renten

 90 %                                                                                                                                                                währungsbereinigt in Euro
 80 %
 70 %
 60 %
 50 %
 40 %
 30 %
 20 %
 10 %
  0%
−10 %
−20 %
−30 %
−40 %
−50 %

                                                                                        2000

                                                                                               2001

                                                                                                      2002

                                                                                                             2003
                                                                                                                    2004

                                                                                                                           2005

                                                                                                                                  2006
                                                                                                                                         2007

                                                                                                                                                2008

                                                                                                                                                       2009

                                                                                                                                                              2010
           1989

                  1990

                         1991

                                1992
                                       1993

                                              1994

                                                     1995
                                                            1996

                                                                   1997

                                                                          1998

                                                                                 1999
              MSCI Deutschland                       Renten

Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Dezember 2010

• S chaubild 2 verdeutlicht die unterschiedli-                                    Ein aktives Rentenfondsmanagement setzt an
  che Wertentwicklung von Aktien und Anlei-                                        der Renditestrukturkurve an. Sie bildet das
  hen von 1989 an. Was sofort auffällt, ist,                                       gesamte Laufzeitenspektrum von (Staats-)
  dass Anleihen im Betrachtungszeitraum                                            Anleihen mit den jeweiligen Renditen ab.
  von 1989 an nur zweimal eine negative Per-
  formance aufwiesen. Bei Aktien war dies                                          Je nach „Krümmung“ dieser Kurve lassen sich
  insgesamt siebenmal der Fall, und das mit                                        drei Strukturkurven unterscheiden:
  deutlich höheren Verlusten, als es bei den
  Anleihen der Fall war. Dafür waren mit Akti-                                     • „normal“: Die Renditen steigen mit zuneh-
  en in der Vergangenheit auch deutlich hö-                                           mender Restlaufzeit der Anleihen. Es er­
  here Gewinne zu erzielen.                                                           geben sich „Laufzeitenprämien“ (vgl.
                                                                                      Schaubilder 3 und 4).
Beiden Schaubildern ist eine Aussage gemein-
sam: Anleihen sind weniger anfällig für                                            • „flach“: Die Renditen der Anleihen sind bei
Schwankungen als Aktien. Kein Wunder, dass                                            unterschiedlichen Restlaufzeiten nahezu
Anleihen gerade in unruhigen Zeiten an den                                            gleich.
Kapitalmärkten ein Revival erleben, nachdem
sie noch während der TMT-Hausse zu den                                             • „ invers“: Die Renditen sinken mit zunehmen-
wenig beachteten „Schmuddelkin­dern“ zähl-                                            der Restlaufzeit. Ein seltenes, aber dennoch
ten.                                                                                  beobachtbares Phänomen: Ist die Geldpolitik
                                                                                      der Zentralbank sehr restriktiv und sind die
Ausgangspunkt: Vater Staat                                                            Geldmarktsätze entsprechend hoch, kann
                                                                                      eine Konjunkturabkühlung, begleitet von ei-
Ausgangspunkt jeder Strategie mit Bonds sind                                          nem Rückgang der Inflationsrate, angenom-
zuerst die Staatsanleihen von Staaten bester                                          men werden. Diese Entwicklung wird in den
Bonität. Da sie die öffentliche Hand als Emitten-                                     Renditen mittlerer und längerer Laufzeiten-
ten haben, unterliegen sie entsprechend deren                                         bereiche vorweggenommen. Die Inflations-
Bonität und sind, anders als zum Beispiel Un-                                         prämie, als Bestandteil der Rendite, sinkt, die
ternehmensanleihen, frei von unternehmeri-                                            reale Komponente ebenfalls. Die Rendite-
schen Risiken (allerdings auch Chancen!).                                             strukturkurve wird invers.

                                                                                                                                                                                             5
PortfolioPraxis: Akademie

    Liegt der Markt richtig?                                          Laufzeitenbereichen einstellen und dieses
                                                                      Segment untergewichten, noch bevor es alle
    Die Renditen, beziehungsweise in ihrer ag­g­                      tun. Denn: Steigen die Preise, wollen die Anle-
    re­gierten Form die Renditestrukturkurve, ge-                     ger eine höhere Rendite, um den Kaufkraft-
    ben wieder, was der Finanzmarkt bereits an                        verlust auszugleichen. Die kürzeren Laufzei-
    Entwicklungen erwartet.                                           ten werden dagegen deutlich stärker von den
                                                                      Zentralbanken beeinflusst. Beispiel Geldpoli-
    Was aber wird in den am Markt ausgewiese­                         tik: Wird eine Lockerung der Geldpolitik er-
    nen Renditen tatsächlich antizipiert? Und:                        wartet – nichts wie rein in die kur­zen und
    Ist diese Antizipation richtig? Der Kampf um                      mittleren Laufzeiten! Wenn es am Ende alle
    Renditeverbesserungen beginnt. Wer zum                            tun, sinken die Renditen und es kommt zu
    Beispiel, anders als der Markt, steigende Infla-                  Kursgewinnen. Durch das Setzen auf be-
    tionsraten erwartet, wird sich auch auf stei-                     stimmte Laufzeiten können Kursgewinne rea-
    gende Renditen vor allem bei den langen                           lisiert werden. Aktives Handeln ist gefragt.

    Schaubild 3: Die Renditestrukturkurve für Euroland-Anleihen

    3,20

    3,00

    2,80

    2,60

    2,40

    2,20

    2,00

    1,80

    1,60

    1,40

    1,20
            0          1           2            3         4          5           6            7        8        9     10

    Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Dezember 2010

    Schaubild 4: Renditestrukturkurve
     3,0

     2,5

     2,0

     1,5

     1,0

     0,5
     0,0

    –0,5

    –1,0

    –1,5
                99      00       01        02       03        04      05        06       07       08       09   10   11
                Zinsdifferenz 10 Jahre – 3 Monate

    Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011

6
Schaubild 5: Dänemark – stabiler Wechselkurs

7,50                                                                                                                   0,90   Die Krone schwankt zum
                                                                                                                              Euro nur gering­fügig, die
                                                                                                                       0,80
                                                                                                                              Renditen sind höher.
                                                                                                                       0,70
                                                                                                                       0,60
                                                                                                                       0,50
                                                                                                                       0,40
                                                                                                                       0,30
                                                                                                                       0,20
                                                                                                                       0,10
                                                                                                                       0,00
7,40                                                                                                                  –0,10
         2006            2007                  2008                  2009                2010            2011

          Renditedifferenz 10-jähriger Staatsanleihe ggü. Deutscher Staatsanleihe(rechte Skala)       Krone je Euro

Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011

Worauf ist zu achten?                                             einzuloggen und/oder durch geringer werden-
                                                                  de Ren­dite­aufschläge Kursgewinne zu erzielen.
Spreads: der Dreh- und Angelpunkt. Sie be-
zeichnen Renditedifferenzen zwischen einzel-                      Spreads können auch als Risikozuschläge ge-
nen Anleihen. Die Gründe für ihr E­ nt­ste­hen                    genüber Anleihen von Industrie­staaten aufge-
sind viel­fältig: Laufzeit, Liquidität (Handelbar-                fasst werden. Auch bei Anleihen gilt die Regel:
keit), Bonität, Wechsel­­kurs­­risiken …                          Wer mehr Rendite will, muss bereit sein, hö-
                                                                  here Risiken einzugehen.
In der Regel werden Staatsanleihen der In­dus­
triestaaten (Deutschland, USA) als Referenz­                      Bonität: Haben Emittenten unterschiedli­che
größe herangezogen. Sie sind die liqui­desten                     Bonitäten, führt das auch zu unterschiedlichen
Titel. Ihre Rendite beinhaltet keine Risikoprä-                   Renditen. Die Bonität drückt die Güte eines
mie für zum Beispiel unter­nehme­rische oder                      Kredit­nehmers aus. Sie bezieht sich auf die
politische Risiken.                                               Gefahr, dass ein Kreditnehmer/Schuldner sei-
                                                                  nen Zins- und/oder Tilgungsverpflichtungen
Spreads bleiben nicht stabil. Sie können sich                     nicht nachkommen kann. Je höher die Sicher-
ausweiten oder einengen. Die Folgen sind gra-                     heit, dass ein Schuldner seinen Verpflichtun-
vierend: Steigen die Spreads zum Beispiel we-                     gen nicht nachkommen kann (Adressenaus-
gen einer Bonitätsverschlechterung an, steigen                    fallrisiko), desto schlechter ist dessen Bonität.
die Gesamtrenditen, die Kurse fallen. Umge-                       Die von Standard & Poor‘s vergebenen Ratings
kehrt können die Spreads auch sehr gezielt ge-                    verdeutlichen dies (vgl. Kasten 2)
nutzt werden, um hohe Renditen im Portfolio
                                                                  Liquidität: Warum aber sind die Renditen bei-
                                                                  spielsweise in der Bundesrepublik niedriger
                                                                  als in Frankreich, einem Staat gleicher Boni-
Kasten 1: Glossar
                                                                  tät? Begründung: Es ist eine Frage der Liquidi-
                                                                  tät. Bundesanleihen sind liquider als französi-
   Rating: Sogenannte Ratingagenturen,                            sche OATs*, das heißt, sie können (noch)
   wie z. B. Standard & Poor’s und Moody’s,                       leichter gehandelt werden. Auch werden den
   nehmen Bonitätsprüfungen vor und                               im Euroland gängigsten Instrumenten zur Ab-
   vergeben daraufhin ein „Rating“, ein                           sicherung von Kursschwankungen
   Siegel, welches die Güte des jeweiligen
   Schuldners gemäß einer vorgegebenen
   Skala ausdrückt (vgl. Kasten 2).
                                                                  * Bezeichnung für französische Staatsanleihen

                                                                                                                                                           7
PortfolioPraxis: Akademie

                            („Hedging“) bevorzugt Bundesanleihen unter-                       Anders US-Staatsanleihen. Nach früheren Jah-
                            legt. Auch das steigert die Liquidität, auch das                  ren der Aufwertung befinden wir uns nun in
                            ist es wert, dass höhere Kurse gezahlt werden                     einer Phase der Dollarschwäche. Problem:
                            als für vergleichbare Papiere im Nachbarland.                     Wer in US-Staatsanleihen („Treasuries“)
                            Ergo sind die Renditen niedriger.                                 inves­tiert, verliert, wenn der Dollar schwächer
                                                                                              wird. Das müsste zumindest auf der anderen
                            Wechselkurs: Liquidität und Bonität sind die                      Seite aufgefangen werden: Mit einer höheren
                            Ansatzpunk­te für höhere Renditen innerhalb                       Rendite.
                            einer Wirtschaftsregion der selben Währung.
                            Zusätzlich kommt nun der Wechselkurs ins                          Das ist aber nicht immer der Fall. Der Rendi-
                            Spiel. Der Blick richtiet sich beispielhaft auf die               teaufschlag von US-Treasuries gegenüber
                            außerhalb Euroland liegenden „Developed                           Bundesanleihen hat sich über die
                            Markets“.                                                         zurückliegen­den Jahre deutlich verringert.
                                                                                              Über weite Teile der Jahre 2002, 2003 und
                            Am leichtesten fällt dies bei Anleihen, deren                     2004 notier­ten die Renditen sogar unterhalb
                            Wechselkurs nur geringe Schwankungen ge-                          jenen des Eurolands. Wer in dieses Segment
                            genüber der Heimatwährung aufweist. Bei-                          geht, muss auf eine deutliche Aufwertung des
                            spiel: Dänemark. Die Krone wird von der                           Dollars setzen. Zum Management der Anlei-
                            dänischen Zentralbank mit geringen Schwan-                        hen tritt das Management der Wechselkurse.
                            kungen um den Euro stabilisiert. Das Wech-
                            selkursrisiko ist gering. Auch hier kann, bei                                                                 hjn
                            gleich guter Bonität, ein Spread kassiert wer-
                            den (vgl. Schaubild 5). Ein Spread, der zusätz-
                            lich auch durch die g ­ eringere Liquidität däni-
                            scher Anleihen begründet ist.

Renditen auf Euro lauten­   Schaubild 6: Spreads – der Rendite-Kick
der High Yield-Anleihen
und von AAA-Anleihen der
                            30
EWU-Staaten.

                            25

                            20

                            15

                            10

                             5

                             0
                                     98      99       00       01      02       03      04       05       06     07     08   09     10    11

                                      ML EURO HIGH YIELD (E) – RED. YIELD            ML EMU DRCT GVT (E) – RED. YIELD

                            Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011

8
Kasten 2: Rating gemäß Standard & Poor‘s

  EWU-Staaten
  Belgien                          AA+     Italien              A
  Deutschland                      AAA     Luxemburg            AAA
  Finnland                         AAA     Niederlande          AAA
  Frankreich                       AAA     Österreich           AAA
  Griechenland                     CC      Portugal             BBB–
  Irland                           BBB+    Spanien              AA

  EU (außerhalb EWU)
  Bulgarien                        BBB     Polen                BB
  Dänemark                         AAA     Schweden             AAA
  Großbritannien                   AAA

  Sonstige Industriestaaten
  USA                              AAA     Japan                AA–
  Kanada                           AAA     Norwegen             AAA
  Australien                       AAA     Schweiz              AAA

  Emerging Markets
  Argentinien                      B       Qatar                AA
  Brasilien                        BBB–    Russland             BBB+
  China                            AA–     Slowenien            AA
  Indonesien                       BB+     Thailand             BBB+
  Kolumbien                        BBB–    Ungarn               BBB–
  Malaysia                         A–      Uruguay              BB+
  Mexiko                           BBB     Venezuela            BB–
  Philippinen                      BB

  Stand: Juli 2011

Kasten 3: Ratingkategorien

                     Moody’s                Standard & Poor’s

                     Aaa                    AAA

                     Aa1 – Aa3              AA+ – AA–
     Investment

                     A1 – A3                A+ – A–
     Grade

                     Baa1 – Baa3            BBB+ – BBB–

                     Ba1 – Ba3              BB+ – BB–
     Speculative

                     B1 – B3                B+ – B–
     Grade

                     Caa – C                CCC – C

                                                                       9
PortfolioPraxis: Akademie

                            Rentenbenchmarks –
                            alles andere als Langweiler
                            DAX, Dow Jones, Nikkei – da freut sich der Investor auf echte
                            „News“ von den Aktienmärkten. Aber wo bleiben die leucht-
                            enden Augen, wenn Namen wie „J. P. Morgan GBI Europa“
                            oder „Merrill Lynch European Currency High Yield“ fallen?

                            Dabei erfüllen die Indizes auf der Rentenseite     • Woran lässt sich ablesen, ob ein bestim­m­
                            genau dieselbe Funktion wie ihre berühmten            ter Rentenindex ein „guter“ Index ist, also
                            „Brüder“ vom Aktienmarkt: Sie sind wichtige           bestimme Qualitätsanforderungen erfüllt?
                            Gradmesser für die Entwicklung der verschie-
                            denen Rentenmarktsegmente und dienen               • Und: Wer bietet überhaupt Rentenindizes
                            den Rentenfondsmanagern als Vergleichs-               beziehungsweise eine ganze Rentenindex-
                            maßstab (Benchmark) für ihre Portfolios.              familie an? Ist die Familie vollständig? Sind
                                                                                  alle Familienmitglieder „wohl geraten“?
                            • W
                               ie lässt sich ein Rentenindex überhaupt
                              konstruieren? Laufen doch festverzinsliche       Fragen, die alle recht abstrakt und technisch
                              Wertpapiere irgendwann aus und die               klingen, die aber bei der Entscheidung über
                              Schuld wird zurückgezahlt.                       die Strukturierung des Rentenport-foli­os eine
                                                                               wichtige Rolle spielen.

                                 Summa Oeconomica

                                 • E in Rentenindex spiegelt die Entwicklung eines bestimmten Rentenmarktsegments
                                    im Aggregat wider.
                                 • Im Gegensatz zum Preisindex, der nur die Kursbewegungen beinhaltet, sind im
                                    Performance-Index die Gesamterträge aus dem zugrunde liegenden Portfolio
                                    enthalten.
                                 • Auf der Grundlage von Rentenindizes lässt sich das Rentenportfolio nach der indivi-
                                    duellen Ertrags- und Risikopräferenz strukturieren.
                                 • „Gute“ Rentenindizes erfüllen bestimmte Qualitätskriterien (unter anderem Reprä-
                                    sentativität oder Replizierbarkeit).
                                 • Die großen Indexanbieter stellen Indexfamilien zur Verfügung, die einen Überblick
                                    über die verschiedenen Rentenmarktsegmente erlauben.
                                 • Die Aufteilung der Indizes in verschiedene Laufzeitensegmente ermöglicht eine
                                    differenzierte Beobachtung der Entwicklung verschiedener Laufzeitenbereiche.

10
Schaubild 1: Rendite deutscher und italienischer Staats­a nleihen seit 1999 (in %)

6,0                                                                                                                    Italienische Staatsanlei­hen
                                                                                                                       haben eine höhere Rendite
5,5                                                                                                                    erbracht als deutsche. Aller-
                                                                                                                       dings sind hier auch höhere
5,0                                                                                                                    Risiken zu beachten.

4,5

4,0

3,5

3,0

2,5

2,0
           99       00       01        02       03       04       05        06       07    08       09      10   11

          JPM Italienische Staatsanleihen Lire – Eff. Verz.       JPM Deutsche Staatsanleihen DM – Eff. Verz.

Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011

Kasten 1: Definition Anleihen

                                                                  Aus dem REX wird die durchschnittliche Um-
   Egal, ob die Bezeichnung „fest­ver­zins­                       laufrendite öffentlicher Anleihen abgeleitet.
   liche Wertpapiere“, „Festverzinsliche“,                        Sie gibt an, welche annualisierte Rendite das
   „Renten“ oder „Bonds“ l­autet, gemeint                         dem Index zugrunde liegende Rentenportfo-
   ist immer dieselbe Assetklasse: A
                                   ­ nleihen.                     lio erzielt hat und ist ein Indikator für das Ren-
                                                                  diteniveau in Deutschland.

                                                                  In globalisierten Kapitalmärkten ist die aus-
Je nach Risiko-Ertrags-Präferenz stellt sich die                  schließliche Betrachtung von öffentli­chen An-
Frage, wie das Rentenportfolio optimiert wer-                     leihen aus Deutschland aber ­keineswegs aus-
den kann:                                                         reichend. Wer über den ­Tellerrand schaut,
                                                                  kann Spreads (Zinsdiffe­ren­zen) nutzen und/
• In welche Regionen und Laufzeiten soll in-                     oder auf bestimmte Währungen setzen, um
   vestiert werden?                                               höhere Renditen zu erzielen.

• S ind Beimischungen risikoreicherer Papie­re                   Was ist ein Rentenindex?
  wie Emerging Market-Bonds oder Unter-
  nehmensanleihen zur Renditeaufbesse-                            Dies ist die erste Frage, die zu klären ist.
  rung sinnvoll?
                                                                  Ein Rentenindex ist eine Kennzahl, die die Ent-
Grundlage für diese Entscheidungen bilden                         wicklung eines bestimmten Rentenmarkt-
Rentenindizes, die die jeweiligen Marktseg-                       segments zusammenfassend wiedergibt.
mente adäquat abbilden.
                                                                  Jeder Rentenindex basiert auf einem Portfolio
Der in Deutschland wohl bekannteste Renten-                       von Bonds, die, gewichtet mit ihrer Markt­
index ist der REX (Deutscher Rentenindex),                        kapitalisierung, in den Index einfließen.
den die Deutsche Börse seit 1988 börsentäg-                       Dabei sind zwei grundlegende Formen zu un-
lich zur Verfügung stellt. Der Index basiert auf                  terscheiden:
Staatsanleihen und Anleihen staatlicher Insti-
tutionen, die eine Restlaufzeit zwischen ei-                      • Preisindex (beziehungsweise Kursindex)
nem halben Jahr und 10,5 Jahren haben.                               erfasst ausschließlich die Kursentwicklung
                                                                     der im Index enthaltenen Papiere.

                                                                                                                                                 11
PortfolioPraxis: Akademie

                               • P erformance-Index (beziehungsweise                            Kasten 2: Rendite und Kurs einer Anleihe
                                  Gesamtertragsindex) berücksichtigt neben
                                  den Kursänderungen auch die Zinserträge
                                  und ist Ausdruck des Gesamtertrags der                            Rendite und Kurs einer Anleihe und da-
                                  dem Index zugrunde liegenden festverzins-                         mit auch eines Rentenindexes verhalten
                                  lichen Wertpapiere (vgl. Schaubild 2).                            sich gegensätzlich: Steigt die Rendite,
                                                                                                    zum Beispiel wegen steigen­der Inflati-
                               Rentenindizes dienen Fondsmanagern als                               onsangst, sinkt der Kurs und umgekehrt.
                               Benchmark: Ein Vergleich von Benchmark-
                               und Fondsentwicklung zeigt auf, ob der                               Der Kurs einer Anleihe (eines Renten­
                               Rentenfondsmanager „seinen“ Index                                    indexes) ist dem Kurs einer Aktie (eines
                               geschlagen hat.                                                      Aktienindexes) vergleichbar: Steigt der
                                                                                                    Kurs, kann sich der Inves­tor über den
                               Wie sieht ein „guter“ Rentenindex                                    Kursgewinn freuen.
                               aus?

                               Die Konstruktion eines Rentenindexes ist
                               schwieriger und aufwändiger als die eines Ak-                        den müssen, damit weiterhin eine adäqua-
                               tienindexes. Dafür gibt es mehrere Gründe:                           te Abbildung des Marktes gelingt.

                               • R entenpapiere haben von vornherein eine                       • Rentenindizes müssen daher viel häufiger
                                  begrenzte Laufzeit. Nach und nach                                 Anpassungen im zugrunde liegenden Port-
                                  ­springen sie von einem Laufzeitensegment                         folio vornehmen, als dies bei den bekann­
                                   ins nächste und verschwinden letztendlich                        ten Aktienindizes der Fall ist.
                                   irgendwann vom Markt.
                                                                                                 Damit ein Rentenindex seine Funktion
                               • A
                                  ußerdem kommen ständig neue Titel auf                         erfüllen kann, müssen verschiedene Kriteri­en
                                 den Markt, die im Index berücksichtigt wer-                     erfüllt sein. Zu diesen Kriterien gehören:

                               Schaubild 2: J. P. Morgan GBI Global: Preisindex und Gesamt­ertragsindex

Entwicklung seit 1. 1. 2002,   150
auf 100 ­rebasiert.
                               140
In den Gesamtertrags­
index fließen neben den        130
Kursänderungen auch die
Zinserträge ein.
                               120

                               110

                               100

                                90
                                         2002        2003         2004        2005        2006         2007         2008   2009       2010

                                         JPM Global Government Bond – Price index             JPM Global Government Bond – Total Return Index

                               Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011

12
Repräsentativität                                   Stabilität

Ein Index muss den jeweiligen Markt mög-            Rentenindizes sollten ihre Zusammensetzung
lichst komplett umfassen und die Gewichte,          nicht häufiger als nötig ändern. Änderungen
die die Wertpapiere innerhalb des Marktes           sollten transparent und vorhersehbar sein. Al-
haben, korrekt wiedergeben. Da Bonds aus            lerdings sind Anpassungen in regelmäßigen
dem Index ausscheiden und Neuemissionen             Abständen notwendig, damit der Index sein
auf den Markt kommen, muss das dem Index            Marktsegment korrekt abbildet.
zugrunde liegende Portfolio regelmäßig an-
gepasst werden.                                     Liquidität

Replizierbarkeit                                    Die im Index enthaltenen Bonds müssen ein
                                                    bestimmtes Mindestvolumen haben, oft ge-
Ein Index sollte von Marktteilnehmern nach-         handelt werden, und die Preisdifferenz zwi-
gebaut werden können. Damit sind passive            schen An- und Verkaufspreis sollte gering sein.
indexorientierte Strategien möglich.
                                                    Für die Renten sollten jederzeit Preise exis­
Ein replizierbarer Index stellt eine faire Bench-   tieren, und sie müssen vom Investor kurz­
mark für aktiv gemanagte Rentenfonds dar,           fristig erworben werden können.
denn die Fondsmanager können sich an einer
Benchmark messen, die eine reale Anlageal-          Auswahlkriterien
ternative darstellt.
                                                    Sowohl für die Aufnahme in als auch für die
Um die Replizierbarkeit sicherzustellen,            Herausnahme aus dem Index müssen ein-fa-
müssen Informationen über die Zusammen-             che, eindeutige, nachvollziehbare Regeln be-
setzung des Indexes und die histori­schen In-       stehen. So ist zum Beispiel zu fixieren, wann
dexrenditen zeitnah zur Verfügung gestellt          Neuemissionen in den Index aufgenommen
werden.                                             werden und wann genau Bonds mit zu gerin-
                                                    ger Laufzeit oder mit einem zu geringen Vo-
Akkuratheit und Verlässlichkeit                     lumen ausscheiden.

Die Wertveränderungen des Indexes geben             Eintrittsbarrieren
die gewichteten Wertveränderungen der im
Index enthaltenen Wertpapiere exakt wieder.         Ein Index sollte nur Marktsegmente abdecken,
                                                    die keine signifikanten Eintrittsbarrieren ha-
Sämtliche Bestandteile der Gesamtrendite            ben. Dies betrifft insbesondere internationale
des Performance-Indexes müssen berück-              Indizes: Investoren müssen die Möglichkeit
sichtigt werden: Kursveränderungen, Kupon-          haben, in allen im Index enthaltenen Ländern
zinszahlungen, Stückzinsen, (Dis)Agio und die       Wertpapiere erwerben zu können.
Erträge aus zurückgeflossenen Geldern, die
nicht sofort wieder in Renten investiert wer-       Indexkategorien:
den können. Bei Indizes mit verschiedenen           eine Grobeinteilung
Währungen fallen auch Erträge aus Wechsel-
kursänderungen an.                                  Um bei großen Indexfamilien den Überblick
                                                    zu behalten, hilft eine grobe Einteilung in un-
Restlaufzeit                                        terschiedlichen Kategorien:

Die im Index enthaltenen Bonds sollten eine         Emittent
Restlaufzeit von mindestens einem Jahr ha-
ben. Unterjährige Papiere weisen aufgrund           Waren die Rentenmärkte früher hauptsäch-
der baldigen Fälligkeit nur noch relativ gerin-     lich durch die Emissionstätigkeit der Staaten
ge Schwankungen auf und gehören nicht               bestimmt, so besteht heute auch ein wach-
mehr zum Segment „Rentenmarkt“, sondern             sender Markt für Unternehmensanleihen.
in den Bereich „Geldmarkt“.

                                                                                                      13
PortfolioPraxis: Akademie

Wichtig sind die vier       Länder/Regionen                                                      Bonität
W-Fragen:
Welcher Emittent?
Welche Region?              Neben den Industrieländern decken die In-                            Die festverzinslichen Wertpapiere werden von
Welche Bonität?
                            dexfamilien auch die Märkte wichtiger Ent-                           Ratingagenturen unterschiedlichen Bonitäts-
Welche Laufzeit?
                            wicklungsländer ab. Ob in den Vereinig­ten                           stufen zugeordnet. Grob lässt sich zwischen
                            Staaten, Europa, Südamerika, Russland oder                           „Investment Grade“ und „Speculative Grade“
                            anderswo, (fast) überall kann investiert und                         unterscheiden. Wer das Risiko nicht scheut,
                            die Länderperformance anhand von Indizes                             kann sich etwas „Hochprozentiges“ suchen.
                            verfolgt werden.                                                     Die Indexanbieter erlauben anhand von High
                                                                                                 Yield-Indizes und Emerging Market-Indizes
                                                                                                 auch einen Überblick über die Entwicklung von
                                                                                                 Marktsegmenten für hochverzinsliche Anlei-
                                                                                                 hen, die eine geringe Bonität haben.

                            Schaubild 3: Die J. P. Morgan Rentenindexfamilie im Überblick

                                                                                          J. P.-Morgan-Indexfamilie

                                                                                                Staatsanleihen

                                                                                  GBI Broad

                                                                   Industrieländer                                        Entwicklungsländer

                                                                                          GBI EWU
                                                   GBI Global                      (Teilnehmerländer der                        EMBI+
                                                                               Europäischen Währungsunion)

                                                               GBI Global                GBI EWU              EMBI + Region              EMBI + Region
                                   GBI Europe                 Länderindizes            Länderindizes          Lateinamerika           Nicht-Lateinamerika

                                                                                                                 EMBI+                      EMBI+
                                                                                                              Länderindizes              Länderindizes

                            Quelle: J. P. Morgan

                            Schaubild 4: Entwicklung der J. P. Morgan Government Bond Global Total-Return-
                            Indizes für Europa, USA, Japan und Welt
Wertentwicklung             240
in lokaler Währung
seit 1. 1. 1997,            220
auf 100 rebasiert.
                            200

                            180

                            160

                            140

                            120

                            100

                              80
                                      97        98       99      00       01     02      03      04      05      06       07     08      09     10       11

                                       JPM GBI Europa                 JPM GBI Global          JPM GBI USA             JPM GBI Japan
                                       Total Return                   Total Return            Total Return            Total Return

                            Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011
                            Keine Prognose für eine zukünftige Wertentwicklung

14
Schaubild 5: Entwicklung des J. P. Morgan EMBI+ Composite sowie EMBI+
Argentinien und Brasilien
450                                                                                                                           Wertentwicklung
                                                                                                                              seit 1. 1. 2000,
400
                                                                                                                              auf 100 rebasiert.
350
300
250

200
150
100
  50
   0
         2000      2001        2002    2003      2004      2005        2006    2007      2008      2009        2010

           JPM EMBI+ Composite – Total Return Index                JPM EMBI+ Argentina – Total Return Index
           JPM EMBI+ Brazil – Total Return Index

Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011 Keine Prognose für eine zukünftige
Wertentwicklung

Schaubild 6: Entwicklung der Laufzeitensegmente des J. P. Morgan GBI EWU
240
                                                                                                                              Wertentwicklung
220                                                                                                                           seit 1. 1. 1997,
                                                                                                                              auf 100 rebasiert.
200

180

160

140

120

100

 80
         97      98       99      00     01      02      03       04      05     06      07      08       09     10      11
          JPM EWU alle Lfzt. Total Return        JPM EWU 3–5 Jahre Total Return           JPM EWU 5–7 Jahre Total Return
          JPM EWU 1–3 Jahre Total Return         JPM EWU 7–10 Jahre Total Return

Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse, Stand: Juli 2011, Keine Prognose für eine zukünftige
Wertentwicklung

Laufzeiten                                                        Eine Kennziffer, die generell das Risiko von
                                                                  Anleihen misst und dabei auch die Laufzeit
Die Laufzeit ist eine wichtige Determinante                       berücksichtigt, ist die Duration. Sie drückt die
der Kursentwicklung. Für die kurzen Lauf-zei-                     durchschnittliche Kapitalbindungsdauer in
ten ist die Geldpolitik der Zentralbanken von                     Jahren aus. Mit Hilfe der modifizierten Dura­
entscheidender Bedeutung, während die lan-                        tion kann gemessen werden, wie stark der
gen Laufzeiten stark von den Inflationserwar-                     Kurs einer Anleihe auf eine Änderung des
tungen geprägt werden.                                            Marktzinses reagiert. Je länger die Restlaufzeit
                                                                  einer Anleihe ist, desto größer ist die Duration.
Sinken die Inflationserwartungen, profitieren
insbesondere die Kurse der Anleihen mit
langen Laufzeiten. Die Erwartung von Leit-
zinssenkungen dagegen kommt besonders
den kurzen Laufzeiten zugute.

                                                                                                                                                   15
PortfolioPraxis: Akademie

                            Bewertung und Sensitivitäts-
                            maße von Anleihen
                            „Total Return“: Zinserträge und Kursgewinne optimieren. Bei
                            Anleihen. Denn: Auch bei (Staats-)Anleihen kann es zu Kurs­
                            schwankungen kommen. Keine neue Erkenntnis, aber eine,
                            die sich gezielt nutzen lässt.

                            Anleihemärkte sind spannender, als es auf          Kasten 1: Erläuterungen zur
                            den ersten Blick erscheint. Wer sein Anleihen-     Zinsstrukturkurve
                            portfolio steuern will, muss die wichtigs­ten
                            Kennziffern dazu verstehen. „Duration“ und
                            „Konvexität“ tauchen als Schlagworte auf.            Pari
                            Wer sie kennt, kann Zinsänderungsrisiken mi-         über pari: Kurs K der Anleihe > 100
                            nimieren beziehungsweise gezielt Kurssiche-          pari:       K = 100
                            rung betreiben („Hedging“) oder direkt auf           unter pari: K < 100
                            Kursgewinne setzen.
                                                                                 Zinsstrukturkurve
                            Im Folgenden werden daher Bewertung und              Die Zinsstrukturkurve stellt die internen
                            Kurssensitivität von Anleihen durchleuchtet          Zins­füße einer Null-Kupon-Anleihe
                            und auf ihre Praktikabilität für den Anleger hin     (Zero-Bond) in Abhängigkeit von der
                            abgeklopft. In einem zweiten Teil geht es            Dauer der Anlage bei Zero-Bonds der
                            dann um Hedging- und Spekulationsstrate-             gleichen Bonitätsklasse dar.
                            gien.
                                                                                 Klartext: Sie ordnet jedem Zero-Bond
                            Kurs                                                 einen laufzeitenkongruenten Zinssatz
                                                                                 zu, zu dem die jeweilige Null-Kupon-
                            Doch zunächst geht es um den Kurs von An-            Anleihe auf den Barwert zum Ausgangs-
                            leihen: Wer verstanden hat, wie sich Kurse bei       zeitpunkt diskontiert wird. Im Praxis­fall
                            Anleihen bilden, kann von da ausgehend auch          werden die entsprechenden Renditen
                            alle anderen Effekte ableiten. Die Argumenta-        von Staats­anleihen über das Laufzeiten-
                            tionslinie folgt hier beispielhaft den Staatsan-     spektrum genommen.
                            leihen folgt hier beispielhaft den Staatsanlei-
                            hen von Industriestaaten, da diese in aller          Bei der Steigung der Zinsstrukturkurve
                            Regel die Funktion einer Benchmark besitzen.         werden drei Arten unterschieden:

                            Grundlage bildet die sogenannte „Barwert-            Normal:	Die Zinsen steigen mit den
                            methode“: Der Wert der Anleihe heute ent-                     Laufzeiten an.
                            spricht dem Wert der zukünftigen Zahlungs-           Flach: 	Die Zinsen sind über alle Lauf-
                            ströme, abgezinst auf heute (vgl. Kasten 2).                  zeiten gleich.
                                                                                 Invers:	Mit zunehmender Restlaufzeit
                                                                                          sinken die ­Zinsen.

16
Bekannt sind:                                       Kasten 2: Die Berechnung des Barwerts

•D
  er Rückzahlungskurs K (auch: Nominal-                                                                Kurs = Preis, mit dem der

 wert), der sich in der Regel auf 100 beläuft;           Der Kurs heute entspricht der Summe            zukünftige Zahlungsstrom
                                                                                                        heute bezahlt wird.
                                                         der Zahlungen morgen, diskontiert mit
•d
  ie Restlaufzeit T der Anleihe;                        dem jeweiligen, laufzeitenkongruenten
                                                         Zinssatz.
•d
  ie Höhe der Kupons c und deren Auszah-
 lungszeitpunkte (hier: jährliche Auszah-                Im Spezialfall des Zero-Bonds, der
 lung);                                                  Null-Kupon-Anleihe, wird der Kupon c
                                                         entsprechend auf Null gesetzt.
•d
  ie je nach Zahlungszeitpunkt unterschied-
 lichen Zinssätze i, die sich je nach Laufzeit t                T       c      100
                                                         K0 =                +
 aus der Zinsstrukturkurve ergeben (vgl.                        t=1   (1+it)t (1+iT ) T
 Kasten 1).

Gesucht wird der Kurs der Anleihe.

Beispiel                                            Nach einem Jahr schaut der Investor in sein         Fällt Geld Vom Himmel?

                                                    Depot und stellt fest: Die Anleihe ist 102,01
Bei einer Anleihe mit Rückzahlungskurs 100          wert. Geld, das vom Himmel fällt?
und einer Restlaufzeit von fünf Jahren ergibt
sich (beispielhaft) ein aktueller Kurs von          Beispiel 1: Zeiteffekt
100,50. Hierzu werden die einzelnen Zahlun-
gen (Kupons und Rückzahlungswert) laufzei-          Leider nein. Der Zeiteffekt macht sich be-
tenkongruent auf den Zeitpunkt der Bewer-           merkbar. Aus der zuerst fünfjährigen ist eine
tung abgezinst (vgl. Schaubild 1). Konkret          vierjährige Anleihe geworden. Bei einer „nor-
heißt dies: Ein in einem Jahr zur Auszahlung        malen“ Zinsstrukturkurve sinken die Abzin-
kommender Kupon wird mit dem Einjahres-             sungsfaktoren im Zeitverlauf. Bei einer an-
zinssatz diskontiert, ein in zwei Jahren anste-     fänglich über pari notierenden Anleihe
hender Kupon mit dem Zinssatz für eine              steigen die Kurse zunächst und nähern sich
zweijährige Laufzeit usw.                           dann zur Endfälligkeit hin dem Rückzahlungs-
                                                    kurs an. Fachleute sprechen von dem „Rol-
                                                    ling-Down-The-Yield-Curve-Effekt“, dem „He-
                                                    runterrollen auf der Zinsstrukturkurve“.

Schaubild 1: Prinzip der Abzinsung
              t=1                      t=2         t=3                      t=4                T
it             4%                     4,5 %        5%                       5,5 %              6%       Hier: Die Laufzeit T nimmt
                                                                                                        um ein Jahr ab.
                c                       c           c                         c               c + 100   In t = 4 hat die Anleihe nur
                                                                                                        noch eine Restlaufzeit von
                                                                                                        vier Jahren.
K    0                                                                                                  Gleichzeitig sind die Zinsen
                                                                                                        i entlang der Zinsstruktur­
                                                                                                        kurve um jeweils einen
                                                                                                        halben Prozentpunkt
                                                                                                        gestiegen.

it             5%                      5,5 %       6%                               6,5 %
                c                        c         c                                c + 100

K1

Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

                                                                                                                                  17
PortfolioPraxis: Akademie

                             Beispiel 2: Zinseffekt                                 Kasten 3 : Berechnung der
                                                                                    Macaulay-Duration
                             Gleiche Anleihe, gleicher Anfangskurs.
                             Aber: Nach einem Jahr ist die Anleihe nur
Anleihen unterliegen ei-
                             noch 98,44 wert. Was ist passiert?                       Zur Berechnung der Duration werden
nem Zinsänderungsrisiko.
                                                                                      Kupons und Rückzahlungsbetrag mit
                             Zwar wäre der Kurs der Anleihe allein durch              der jeweiligen Haltedauer multipliziert
                             den „Roll-Down-Effekt“ auf 102,01 gestiegen.             und auf heute abgezinst:
                             Die Zinsstrukturkurve hat sich aber in der Zwi-                               T
                                                                                               D = (1/K)         t x CFt /(1+i)t
                             schenzeit nach oben verschoben, das heißt, die                                t=1

                             Zinsen sind über den gesamten Laufzeitenbe-
                             reich gestiegen. Würde zum Beispiel der an-              Bei der Macaulay-Duration werden die
                             fänglich in zwei Jahren fällige Kupon statt mit          Zah­lungen mit dem internen Zinsfuß,
                             4,5 % mit 4 % abgezinst (Zeiteffekt), so wird er         das heißt der Rendite bis Endfälligkeit,
                             wegen des allgemeinen Zinsanstiegs jetzt mit             abgezinst.
                             5 %, dem neuen Ein-jahreszins, abgezinst. Der
                             Diskontfaktor ist gestiegen. Der Risikofall einer        i   =	interner Zinsfuß
                             Zinsänderung ist eingetreten.                                   (Rendite bis Endfälligkeit)
                                                                                      K0 =	Kurswert der Anfangs-­investition
                             Bei (erwarteten) Zinsänderungen stellt sich              CFt =	Cashflow in Zeitpunkt t
                             immer die Frage: Wie stark steigt/fällt der An-
                             leihepreis, wenn das Renditeniveau fällt/steigt?
                                                                                    Duration
                             Das Zinsänderungsrisiko ergibt sich nur, wenn
                             die Anleihe nicht bis zur Endfälligkeit gehalten       Für die Duration gibt es eine Vielzahl an Defi-
                             wird. Anders kann es auch eine Chance sein:            nitionen. Die gebräuchlichste ist die hier ver-
                             Sinken die Zinsen am Kapitalmarkt, kommt es            wendete Macaulay-Duration (vgl. Kasten 3).
                             zu zwischenzeitlichen Kursgewinnen.
                                                                                    Konzeptionell kann die Duration nach zwei in-
                             Wie stark aber können diese Auswirkungen               haltlich verwandten Lesarten interpretiert
                             auf die Kurse – for good or for bad – sein?            werden. Sie entspricht:
                             Welche Risiken geht der Investor ein, welche
                             Chancen bieten sich ihm? Es geht um die                • der gewichteten Bindungsdauer der Zah-
                             Sensitivität, mit der Anleihen auf Zinsände-              lungsströme einer Anleihe, wobei die Bin-
                             rungen reagieren. Ein wichtiges Maß für die               dungsdauer jeder Zahlung mit ihrem Anteil
                             Kurssensitivität von Anleihen ist die ­Duration.          am Barwert der Anleihe gewichtet wird;

                             Schaubild 2: Die Duration – das Grundkonzept

Die Duration gleicht einer
Waage, welche den Zah­
lungsstrom im Lot hält.

Zukünftige Auszahlungen
verlieren durch die
steigende Abzinsung an
Gewicht. Zum Zeitpunkt
T fällt der Rückzahlungs-
kurs an.

                               t =‑1                     t =‑2              t =‑3               t =‑4                              T

                             Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

18
•d
  er durchschnittlichen Laufzeit einer Anlei-     Kasten 4: Duration und Kursänderung
 he, unter Berücksichtigung aller anfallen-
 den Cashflows, das heißt der zufließenden                                                          Vgl. folgendes Kapitel: „Vor
                                                     Kurswert = Barwert                             oder hinter der Kurve? –
 Kupons und des Rückzahlungsbetrages.                                                               Strategien mit Renten(-
                                                     der Cashflows:
                                                                                                    fonds)“
                                                                T
Im Klartext heißt dies: Hat eine Anleihe mit ei-
                                                            K = ∑ CFt /(1+i)t
ner Laufzeit von fünf Jahren zum Beispiel eine                  t=1

Duration von vier Jahren, dann ist das Anfangs-      abgeleitet nach i:
kapital durchschnittlich vier Jahre gebunden.                         T

                                                           dK/di = – ∑ t x CFt/(1+i)(t+1)
                                                                      t=1
Aus der Duration lässt sich durch einfache           daraus folgt:
Umformung die Kurssensitivität errechnen,
mit der eine Anleihe auf eine Renditeände-                  dK/di = –D x P/(1+i)
rung reagiert. Dazu wird in der Regel die mo-        oder auch:
difizierte Duration genommen (vgl. Kas­ten 4).
                                                            dK/K = –D/(1+i) di
Bei einer modifizierten Duration von vier fällt
der Kurs einer Anleihe um 4 %, wenn die Zin-         beziehungsweise:
sen um 1 % steigen.
                                                            dK/K = –DM di

Die (modifizierte) Duration lässt sich auch auf
                                                     Steigt die Rendite i um 1 %, dann fällt der
ein gesamtes Anleihenportfolio, zum Beispiel
                                                     Kurs K um DM %.
einen Rentenfonds, anwenden. Sie gibt dann
Antwort auf die Frage: Wie stark steigt/fällt
                                                     DM bezeichnet die „modifizierte
mein Rentenportfolio im Wert, wenn die Zin-
                                                     Duration“, welche in der Regel zur
sen um einen bestimmten Satz fallen bezie-
                                                     Anwendung kommt.
hungsweise steigen?

Eigenschaften der Duration

Die Duration gleicht einer Waage, welche die
Zahlungsströme im Gleichgewicht hält               • Anleihen haben keine konstante Duration.      Duration ist nicht k­ onstant.

(vgl. Schaubild 2). Sie entspricht genau dem          Diese ist vielmehr von den Marktgegeben-
Gleichgewichtspunkt zwischen den einzelnen            heiten abhängig. Dazu gehören die Höhe
Kuponzahlungen und dem Rückzahlungskurs.              der Kupons, die Restlaufzeit und die (aktu-
Diese bildhafte Darstellung, welche die Dura-         elle) Zinsstrukturkurve. Ein bedeutsamer
tion als Maß für die gewichtete Bindungsdau-          Punkt gerade für Sicherungsstrategien, da
er des eingesetzten Kapitals versinnbildlicht,        die Maßnahmen zur Sicherung des Kurs-
verdeutlicht deren Eigenschaften:                     wertes mit der Veränderung der Duration
                                                      immer wieder adjustiert werden müssen.
•D
  a die Cashflows auf den Barwert zum
 Zeitpunkt der Berechnung abgezinst wer-           •M
                                                     it zunehmendem Zinsniveau am Kapital-
 den, gilt: Je früher die Auszahlungen anste-       markt nimmt die Duration ab, da die zukünf-
 hen, desto geringer ist ihr Abzinsungsfaktor       tigen Cashflows stärker abgezinst werden.
 und desto größer ist ihr jeweiliges Gewicht.
                                                   • Zwischen den Kuponterminen nimmt die
• J e kleiner der Kupon, desto größer ist die        Duration mit der Zeit linear ab. Um einen
  Duration, da der Rückzahlungskurs relativ           Kupontermin herum kommt es zu einem
  an Gewicht gewinnt. Um im (Schau-)Bild              Sprung in der Duration. Der alte Gleich-ge-
  zu bleiben: Der Gleichgewichtspunkt wan-            wichtspunkt verschiebt sich nach rechts.
  dert weiter nach rechts. Im Spezialfall des
  Zero-Bonds entspricht die Laufzeit exakt
  der Duration.

                                                                                                                               19
PortfolioPraxis: Akademie

                              Konvexität                                          Kasten 5: Berechnung der Konvexität

                              Allerdings: Die Duration ist nur ein Nähe-
                              rungsmaß für kleine Zinsänderungen. Kommt               Die Konvexität einer Anleihe ergibt sich
                              es zu größeren Anpassungen, erfasst sie die             aus einer quadratischen Approxima­tion
                              Kursänderungen nur ungenau, denn sie un-                über eine Taylor-Reihe. Daraus ergibt
                              terstellt einen linearen Zusammenhang von               sich:
                              Zins- und Kursänderung. Tatsächlich ist dieser
                              aber konvex. Die Duration führt daher zu Un-            Konv = (∑t=1 CFt/(1+i)t*t*(t+1))/K
                              genauigkeiten, die umso größer ausfallen, je
                              größer die Zinsänderung ist (vgl. Schaubild             Zur genauen Berechnung vgl. „Bond
                              3).                                                     Markets, Analysis and Strategies“,
                                                                                      Frank J. Fabozzi, 2000.
                              Wenn die Zinsen fallen, ist die über die Dura-
                              tion bestimmte Kursänderung kleiner als die
                              tatsächliche. Wenn die Zinsen steigen, weist
                              die Duration eine größere als die tatsächliche      • Mit zunehmender Duration nimmt die
                              Kursänderung aus. Das exakte Maß für die               Konvexität eines Bonds in steigendem Maß
                              Kurssensitivität ist die Konvexität (vgl. Kasten       zu. Das heißt: Tauscht ein Investor einen
                              5).                                                    Bond gegen einen anderen mit doppelter
                                                                                     Duration, dann nimmt die Konvexität um
                              Aus Schaubild 3 werden die Eigenschaften               mehr als das Doppelte zu. Das heißt auch:
                              der Konvexität deutlich:                               Die Messungenauigkeit der Duration ge-
                                                                                     genüber dem Konvexitätsmaß steigt.
                              • M
                                 it steigender (interner) Rendite sinkt die
                                Konvexität des Bonds, entsprechend der            Und jetzt? Jetzt wird es erst richtig spannend:
                                Steigung der Kurve.                               Wie können (erwartete) Änderungen der
                                                                                  Zinsstrukturkurve genutzt werden? Welche
                              • B
                                 ei gegebener Rendite und Restlaufzeit ist       Rolle spielen Geldpolitik und Infla­tion? Was
                                die Konvexität umso größer, je niedriger          genau bewirkt der „Roll-Down-Effekt“? Was
                                der Kupon ist. Entsprechend reagiert eine         steckt hinter einer „Barbell-Strategie“? Ant-
                                Null-Kupon-Anleihe am stärksten auf eine          worten finden sie im folgenden Kapitel.
                                Renditeänderung.                                                                               hjn

                              Schaubild 3: Duration vs. Konvexität

Die Duration ist nur ein                     Kurs
Näherungsmaß.
Exakter ist die Konvexität.

                                        dK
                              dK

                                                                                                                 Rendite i
                                                                                 di

                              Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

20
Vor oder hinter der „Kurve“? –
Strategien mit Renten(-fonds)

Wurden mit „Bewertungen und Sensitivi­täts­­        Die Investoren erwarten infolge der rigiden
maßen“ im vorigen Kapitel dieser Publika-tion       Geldpolitik sinkende Inflationsraten. Die no-
noch die Deckel gelupft, um zu sehen, mit           minalen Renditen von Anleihen mittlerer und
welchen Größen unter anderem das Renten-            längerer Laufzeiten sinken.
fondsmanagement operiert, so geht es jetzt
ans Eingemachte: Mögliche Strate­gi­en mit          Soweit der Blick „auf die Kurve“.
Staats­anleihen. Sei es, um das Zinsänderungs-
risiko bei Anleihen zu verringern, sei es, um       Wer jedoch an den Anleihemärkten eine akti-
gezielt Position zu beziehen und Chancen zu         ve Rolle einnehmen will, muss „vor der Kurve“
nutzen.                                             liegen: Er muss die Änderung erkennen, noch
                                                    bevor sie eintritt – sonst liegt er nicht „vorn“,
Dabei geht es zunächst nur um Staatsanleihen        sondern „hinten“.
(„Renten“) bester Bonität und gleicher Wäh-
rung, beispielhaft Anleihen der Emittenten
Deutschland und Frankreich. Zum Abschluss
wird dann noch ein Blick auf die Möglichkeiten      Kasten 1: Zinsstrukturkurve
mit Währungen und unterschiedlichen
Emittenten/Bonitäten geworfen.
                                                      Die Zinsstrukturkurve stellt die internen
Auf der Kurve                                         Zinsfüße einer Null-Kupon-Anleihe
                                                      (Zero-Bond) in Abhängigkeit von der
Strategien mit Anleihen setzen direkt an der          Dauer der Anlage bei Zero-Bonds der
Zinsstrukturkurve an. Sie lässt sich in die drei      gleichen Bonitätsklasse dar.
Grundtypen „normal“, „flach“ und „invers“
aufteilen (vgl. Kasten 1 und Schaubild 1).            Klartext: Sie ordnet jedem Zero-Bond
                                                      einen laufzeitenkongruenten Zinssatz
Der Regelfall ist die normal verlaufende Kur-         zu, zu dem die jeweilige Null-Kupon-
ve: Mit zunehmender Laufzeit steigen die              Anleihe auf den Barwert zum Aus-
Renditen an. Je länger ein Investor Fremd­            gangszeitpunkt abdiskon­tiert wird. Im
kapital zur Ver­fügung stellt, desto länger           Praxisfall werden die entsprechenden
muss er auf den Konsum verzichten und des-            Renditen von Staatsanleihen über das
to stärker setzt er sich dem Zinsänderungsri-         Laufzeiten­spektrum genommen.
siko aus, sollte er vor End­fälligkeit ver­kaufen
wollen. Das will bezahlt werden.                      Je nach Steigung der Zinsstrukturkurve
                                                      wird in drei Arten unterschieden:
Aber auch eine inverse Kurve ist vorstellbar
und wurde schon beobachtet. Was verwun-               Normal:	Die Zinsen steigen mit den
dert: Je länger die Laufzeiten, desto geringer                  Laufzeiten an.
die erziel­baren Renditen. Eine denkbare Be-          Flach: 	Die Zinsen sind über alle Lauf-
gründung dafür ist zum Beispiel, dass die                       zeiten gleich.
Zentralbank mit hohen Zinsen die Inflation            Invers: 	Mit zunehmender Restlaufzeit
bekämpft. Die kurzen Lauf­zeiten steigen mit                    sinken die Zinsen.
den hohen Leitzinsen des Währungshüters.

                                                                                                        21
PortfolioPraxis: Akademie

                            In front of the curve                                              ralbank den Geldmarkt (kurze Laufzeiten;
                                                                                               zum Beispiel Zinssatz für Drei-monatsgeld)
                            Wie aber vor die Kurve kommen?                                     unmittelbar, da ihre geldpolitischen Instru-
                            Wie erkennen, ob die Renditen zum Beispiel                         mente hier ansetzen.
                            über alle Laufzeiten gleichermaßen steigen
                            beziehungsweise fallen oder ob es zu einer                         Aber auch die Renditen mittlerer und länge­rer
                            Drehung kommt?                                                     Laufzeiten können von ihr, mittelbar, bewegt
                                                                                               werden.
                            Es geht um die Erwartungsbildung.
                                                                                               Die Bildung der Renditen mittlerer Laufzeiten
                            Erwartungsbildung                                                  hängt aufs Engste mit der erwarteten Geldpo-
                                                                                               litik zusammen. Die Erklärung dahinter ist ein
                            Im Mittelpunkt steht die Frage: Wohin treibt                       sogenanntes Arbitragegleichgewicht.
                            die Konjunktur? Gibt es Wachstum oder Re-
                            zession? Laufen die Produktionskapazitäten                         Beispiel:
                            heiß und steigen die Preise, oder wird nur mit
                            geringer Auslastung (und hoher Arbeitslosig-                       Die Renditen für sechs und für zwölf Monate
                            keit) produziert, sodass die Firmen Mühe ha-                       sind bekannt. Wird ein Geldbetrag heute für
                            ben, die Preise zu halten, statt sie zu senken?                    ein halbes Jahr angelegt, dann muss sich bei
                            Dazu die Frage: Steigt oder fällt die Nettokre-                    einer Wiederanlage in sechs Monaten auf
                            ditaufnahme des Staates? Das heißt: Muss das                       weitere sechs Monate der gleiche Ertrag erge-
                            Finanzministerium mehr oder weniger Anlei-                         ben wie bei einer Alternativanlage zum Aus-
                            hen als erwartet emittieren? Der Kapitalbe-                        gangszeitpunkt auf insgesamt zwölf Monate.
                            darf der öffentli­chen Hand wirkt unmittelbar                      Zumindest wenn der zum Zeitpunkt der Wie-
                            auf die Rendi­ten.                                                 deranlage geltende Zins zu diesem Zweck per
                                                                                               Termingeschäft gesichert wird. Ist dies nicht
                            Konjunktur- und Inflationserwartungen kön-                         der Fall, können die Ertragsdifferenzen ohne
                            nen sich entlang der gesamten Zinsstruktur-                        Risiko arbitriert werden. Bei effizienten Kapi-
                            kurve auswirken.                                                   talmärkten sind derartige „free lunches“ in
                                                                                               der Regel nicht möglich.
                            Geldpolitik
                                                                                               Aus diesem Arbitragegleichgewicht lässt sich
                            Eng verbunden mit diesen Fragen sind die Er-                       der (implizite) Terminsatz errechnen, der für
                            wartungen bezüglich der Zentralbankpolitik.                        eine Anlage in sechs Monaten für sechs
                            Mittels ihrer Geldpolitik beeinflusst die Zent-                    Monate gezahlt wird.

                            Schaubild 1: Arten der Zinsstrukturkurve

                                           9
                            Rendite in %

                                           8

                                           7

                                           6

                                           5

                                           4

                                           3

                                           2
                                               1 Jahr     2 Jahre   3 Jahre    4 Jahre    5 Jahre      6 Jahre      7 Jahre   8 Jahre   9 Jahre
                                                                                                                                          Laufzeit
                                               normal (8.9.2003)     flach (20.2.1992)         invers (16.2.1989)

                            Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

22
Butterfly
Jetzt ändern sich die Erwartungen. Die Signale       Butterfly: Die Zinsen der mittleren Laufzeiten
der Zentralbank scheinen auf eine zukünftige         steigen, in allen anderen Bereichen fallen sie.
Lockerung zu stehen. Die Zinsen morgen wür-
                                                                                                         Drehung
den gegenüber den heutigen sinken, was zu            Die Drehung kennt sowohl eine Abflachung
ebenfalls sinkenden Terminsätzen führt. Wird         als eine Versteilung.
die Senkung in sechs Monaten erwartet, sinkt
der Terminsatz für Sechsmonatsgeld. Bei              Beide Fälle beziehen sich auf die „Laufzeiten-
einem unveränderten, aktuellen Satz für              spreads“, das heißt die Renditeabstände zwi-
Sechsmonatsgeld heute muss – Arbitrage-              schen den einzelnen Laufzeiten: Bei der
gleichgewicht vorausgesetzt – auch der Zwölf-        Abflachung nehmen diese ab, bei der Ver­
monatssatz sinken. Die Zentralbank kann also         steilung weiten sie sich aus.
über die Erwartungsbildung auch Zinsen be-
einflussen, die sie mit ihren geldpolitischen Ins-   Strategien mit Staatsanleihen
trumenten nicht direkt steuern kann.
                                                     Strategien, welche an Änderungen der Zins-
Aber nicht nur das. Die Lockerung der Zinsen         strukturkurve ansetzen, können an zwei Punk-
kann auch einen erwarteten Inflationsrück-           ten wirken:
gang der Zentralbanker signalisieren. Sinken-        • Der Duration
de Inflationserwartungen wirken sich dann            • Den Laufzeiten der Anleihen
auch auf die längeren Laufzeiten aus. Da-
durch können auch die Kurse von Anleihen             Duration
mit längeren Laufzeiten steigen – und die
Renditen sinken.                                     Die Duration eines Anleihenportfolios kann
                                                     gezielt verkürzt oder verlängert werden, je
Die Kurve in Bewegung                                nach den Erwartungen des Investors. Es wird
                                                     die Kurssensitivität genutzt, mit der das Port-
Die Zinsstrukturkurve ist (fast) immer in Be-        folio auf eine Veränderung des Zinsniveaus
wegung. Zwei Bewegungsmuster lassen sich             reagiert.
dabei unterscheiden, an denen strategi­sche
Überlegungen ansetzen                                Hat ein Portfolio zum Beispiel eine Duration
(vgl. Schaubil­der 2–4):                             von 4,5 Jahren und wird ein Rückgang des
                                                     Zinsniveaus um einen Prozentpunkt (was 100
• Die Verschiebung der Kurve                         Basispunkten entspricht) erwartet, führt eine
• Die Drehung                                        Verlängerung der Duration auf 5,5 zu einem
                                                     zusätzlichen Gewinn von 100 Basispunkten,
Bei der Verschiebung kann es sich um eine            denn: Fällt das Zinsniveau um 1 %, dann steigt
Parallelverschiebung handeln, aber auch um           der Kurs des Portfolios entsprechend der Du-
einen „Butterfly“, das heißt eine Veränderung        ration um 4,5 %. Wurde die Duration, wie im
der Krümmung der Zinsstrukturkurve.                  Beispiel, verlängert, fällt ein entsprechend hö-
                                                     herer Kursgewinn an.
Bei der Parallelverschiebung steigen bezie-
hungsweise fallen die Zinsen über alle Lauf-         Zu beachten ist: Da das Konzept der Kurs­           Parallelverschiebung
zeiten in gleichem Maße.                             sensitivität von einer Anleihe auf ein ganzes
                                                     Portfolio übertragen wurde, heißt dies imp­li­zit
Im Falle eines Butterflys verhalten sich die         auch, dass die Strategie von einer Parallel­
mittleren Laufzeiten anders als die kurzen           verschiebung der Zinsstrukturkurve ausgeht,
und langen Laufzeiten. Von einem positiven           das heißt, die Rendite einer Anleihe mit fünf
Butterfly ist die Rede, wenn es bei den kur­zen      Jahren Laufzeit steigt/fällt ebenso um 1 %
und langen Laufzeiten zu Zinsanstiegen               wie die Rendite einer sechs-, einer sieben
kommt, während bei den mittleren Laufzei­ten         jährigen… usw.
die Zinsen sinken. Umgekehrt der nega­tive

                                                                                                                                23
PortfolioPraxis: Akademie

                            Schaubild 2: Bewegungsmuster der Zinsstrukturkurve: Parallelverschiebung …

                                      7%

                            Rendite
                                      6%

                                      5%

                                      4%

                                      3%

                                      2%

                                      1%

                                      0%
                                           1M    3M    6M    1J      2J    3J   4J       5J    6J   7J    8J    9J    10J   15J      20J    30J
                                            Ausgangs ZSK      Parallelverschiebung +1%-Punkt        Parallelverschiebung -1%-Punkt         Laufzeit

                            Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

                            Schaubild 3: … Abflachung …

                                      6%
                            Rendite

                                      5%

                                      4%

                                      3%

                                      2%

                                      1%
                                           1M   3M    6M     1J      2J    3J   4J      5J     6J   7J    8J    9J    10J    15J     20J     30J
                                            Ausgangs ZSK           Abflachung         Abflachung                                           Laufzeit

                            Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

                            Schaubild 4: … und Versteilung

                                      6%
                            Rendite

                                      5%

                                      4%

                                      3%

                                      2%

                                      1%
                                           1M   3M    6M     1J      2J    3J   4J       5J    6J   7J    8J     9J   10J    15J     20J      30J
                                            Ausgangs ZSK          Versteilung        Versteilung                                           Laufzeit

                            Allianz Global Investors Kapitalmarktanalyse

24
Laufzeiten                                          Wichtig bei allen Strategien ist jedoch, dass es
                                                    keine generellen Aussagen gibt, welche Stra-
Andere Strategien mit Laufzeiten: Hier wird         tegie bei welcher (erwarteten) Zinsän­derung
nicht die Duration eines gesamten Portfolios        vorteilhafter gegenüber den anderen ist. Dies
über alle Laufzeiten hinweg verändert,              kann nur durch eine Simulations-analyse im
sondern es kommt zu gezielten Über-/Unter-          Vorfeld festgestellt werden.
gewichtungen einzelner Laufzeiten.
                                                    Weitere Strategien mit Anleihen
Drei Strategietypen lassen sich unterscheiden:
                                                    Wurden bisher nur Strategien vorgestellt, die
• Bullet („Kugel“)                                  an der Zinsstrukturkurve ansetzen, geht es
• Barbell („Hantel“)                                jetzt um den (Rendite-)Kick im Portfolio. Die-
• Ladder („Leiter“)                                 ser kann durch unterschiedliche Währungen
                                                    und Bonitäten kommen.
Die Bullet-Strategie setzt einen Schwerpunkt
auf ein bestimmtes Laufzeitensegment (zum           Währungen
Beispiel die mittleren Laufzei­ten) oder auf
wenige, aufeinander folgende Laufzeiten             Auf andere Währungen, zum Beispiel US-Dol-
(zum Beispiel Restlaufzeiten z­ wischen sieben      lar, lautende Anleihen können gegenüber den
und neun Jahren).                                   Anleihen des eigenen Staates einen Rendi-
                                                    teaufschlag („Spread“) aufweisen. Gründe
Die Barbell-Strategie setzt Schwerpunkte an         dafür gibt es viele: ein höherer Kapitalbedarf,
zwei unterschiedlichen Segmenten der Zins-          eine andere Inflationserwartung, erwartete
strukturkurve. So können Übergewichtungen           Schwankungen des Wechselkurses …
zum Beispiel bei Laufzeiten von fünf und von
acht Jahren vorgenommen werden.                     Dies lässt sich nutzen. Zum einen, wenn der        Erwartungen bestimmen
                                                    Anleger die Aufwertung der Fremdwährung            die Strategie.

Anders die „Ladder“, die „Leiter“: Sie setzt kei-   erwartet. Tritt diese ein, erzielt er neben der
ne Schwerpunkte auf bestimmte Laufzei­ten,          höheren Rendite auch noch einen Gewinn
sondern teilt das Portfolio mit gleichen Antei-     aus dem Wechselkurs. Zum anderen, wenn
len auf alle Laufzeiten auf.                        der Anleger auf einen stabilen Wechselkurs
                                                    setzt, also nicht erwartet, dass der Renditevor-
Die geeignete Strategie wird entsprechend           teil durch einen Wechselkursnachteil (Abwer-
den jeweiligen Zinsänderungserwartungen             tung der Fremdwährung) wieder aufgezehrt
ausgewählt.                                         wird.

Geht der Investor zum Beispiel davon aus,           International allokierende Rentenfonds bieten
dass die Zentralbank für längere Zeit die           sich hier für das Portfolio an, oder zum Bei-
Geldmarktzinsen stabil halten wird, kann es         spiel Fonds, die in Staaten mit Konvergenz-
sich lohnen, bei einer „normalen“ Zinsstruk-        fantasie Richtung Euroland investieren.
turkurve in mittlere Laufzeiten zu investieren.
Er nutzt dadurch den sogenannten „Roll-             Spreadstrategien
Down-The-Yield-Curve-Effekt“ oder auch
Zeiteffekt: Mit dem Ablauf der Zeit verringert      Dabei kann neben erwarteten Wechselkurs-           Bullet, Barbell & Ladder.
sich die Restlaufzeit der Anleihen, die Abzin-      gewinnen und/oder dem Einloggen höherer
sung verringert sich, die Anleihen nähern sich      Renditen mit Staatsanleihen anderer Länder
ihrem Rückzahlungskurs an und steigen im            auch gezielt auf die Veränderung der Rendi-
Wert.                                               tedifferenz („Spread“) zwischen Anleihen ge-
                                                    setzt werden.

                                                                                                                                   25
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