BORKENKÄFER AN NADELBÄUMEN - ERKENNEN, VORBEUGEN, BEKÄMPFEN - Fachagentur Nachwachsende ...

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BORKENKÄFER AN
NADELBÄUMEN

                 ERKENNEN,
                 VORBEUGEN,
                 BEKÄMPFEN
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IMPRESSUM

Herausgeber
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)
OT Gülzow, Hofplatz 1
18276 Gülzow-Prüzen
Tel.: 03843/6930-0
Fax: 03843/6930-102
info@fnr.de
www.fnr.de

Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Text
Dr. Markus Kautz (Gesamtkoordination), Dr. Horst Delb, Dr. Kati Hielscher, Dr. Rainer Hurling,
Dr. Gabriela Lobinger, Dr. Mathias Niesar, Lutz-Florian Otto, Jörg Thiel

Redaktion
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sowie
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA-BW), Dr. Markus Kautz

Bilder
Titel: Werner/Adobe.Stock

Gestaltung/Realisierung
www.tangram.de, Rostock

Druck
www.mkl-druck.de, Ostbevern

Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis

Zitierempfehlung: Kautz, M., Delb, H., Hielscher, K., Hurling, R., Lobinger, G., Niesar, M.,
Otto, L.-F., Thiel, J. (2021): Borkenkäfer an Nadelbäumen – erkennen, vorbeugen, bekämpfen.
FNR, Gülzow-Prüzen, 54 S.

Bestell-Nr. 1.136
10. Auflage
FNR 2021
BORKENKÄFER AN NADELBÄUMEN - ERKENNEN, VORBEUGEN, BEKÄMPFEN - Fachagentur Nachwachsende ...
INHALT
1       Einführung                                                          4

2       Lebensweise und Befallsmerkmale forstlich wichtiger
        Borkenkäfer­arten an Nadelbäumen                                    6
2.1     Allgemeines zu Rindenbrütern                                        6
2.1.1   Rindenbrüter an Fichte                                              8
        Buchdrucker (Ips typographus)                                       9
        Kupferstecher (Pityogenes chalcographus)                           11
        Weitere Arten                                                      13
2.1.2   Rindenbrüter an Kiefer                                             15
        Sechszähniger Kiefernborken­käfer (Ips acuminatus)                 16
        Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer (Ips sexdentatus)                 17
        Kleiner Waldgärtner (Tomicus minor)                                18
        Großer Waldgärtner (Tomicus piniperda)                             20
2.1.3   Rindenbrüter an Tanne                                              21
        Krummzähniger Tannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens)           21
        Kleiner Tannenborkenkäfer (Cryphalus piceae)                       23
2.1.4   Rindenbrüter an Lärche                                             24
        Großer Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae)                            24
2.1.5   Rindenbrüter an Douglasie                                          26
2.2     Allgemeines zu Holzbrütern                                         26
        Gestreifter Nutzholzborkenkäfer (Trypodendron lineatum)            27
        Weitere Arten                                                      27

3       Vorbeugung, Überwachung und Bekämpfung von Borkenkäfern            29
3.1     Vorbeugung                                                         30
3.1.1   Waldbauliche Maßnahmen                                             30
3.1.2   Natürliche Gegenspieler der Borkenkäfer                            30
3.1.3   Präventiver Brutraumentzug                                         32
3.1.4   Einsatz von Insektiziden bei festgestellter Gefährdung             34
3.2     Überwachung                                                        34
3.2.1   Monitoring der Schwärm­aktivität mit Lockstofffallen               34
3.2.2   Monitoring und Modellierung der Käferentwicklung                   37
3.2.3   Terrestrische Befallskontrolle im Bestand                          39
3.3     Bekämpfung                                                         42
3.3.1   Maßnahmen nach festgestelltem Befall                               42
3.3.2   Maßnahmen zur Absenkung der Käferdichte zur Befalls­verminderung   47

4       Weiterführende Informationen                                       52
4.1     Ansprechpartner                                                    52
4.2     Ergänzende Literatur                                               54

                                                                            3
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1      EINFÜHRUNG

Von der in Deutschland über einhundert         davon verursacht von Borkenkäfern, insbe-
Arten umfassenden Gruppe der Borken-           sondere in Fichtenwäldern. Damit wurde ein
käfer gelten die meisten Arten als „sekun-     seit Beginn der Aufzeichnungen nie dagewe-
däre“ Schadinsekten. Sie finden nur in vor-    senes Schadausmaß erreicht. In kürzester
geschädigten, absterbenden, geworfenen         Zeit sind mehr als 250.000 Hektar Wald-
oder bereits von der Wurzel getrennten         bestände verschwunden, welche nun einer
Bäumen günstige Entwicklungsbedingun-          Wiederbewaldung bedürfen. Diese Zahlen
gen. Wurf- und Bruchholz infolge von Sturm     veranschaulichen den hohen wirtschaft-
oder Schnee/Eis sowie durch Insektenfraß,      lichen Verlust für die Waldbesitzer und den
Immissionen oder Trockenheit/Hitze ge-         nachhaltigen Einfluss dieser Störungen auf
schwächte Bäume bilden üblicherweise           die Waldentwicklung. Damit sind die Bor-
bevorzugte Brutstätten. Von hier können        kenkäfer vor allem in den Fichtenwäldern
insbesondere bei trockenwarmer Sommer-         mehr denn je die mit Abstand wirtschaft-
witterung Massenvermehrungen ihren Aus-        lich bedeutendsten Schadinsekten.
gang nehmen. Die Käferdichte steigt unter
diesen Bedingungen so stark an, dass man-      Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Bor-
che rindenbrütenden Borkenkäferarten zu        kenkäfer ist, wie bei allen Insekten, in ho-
„Primärschädlingen“ werden können. Dabei       hem Maße temperaturabhängig. So beträgt
überwinden sie durch ihren Massenangriff       beispielsweise die Entwicklungsdauer des
auch die Widerstandskraft gesunder Bäume       rindenbrütenden Buchdruckers in Abhängig-
und bringen diese zum Absterben. Dadurch       keit von der Temperatur ca. 6 bis 10 Wochen.
kann es zu Kalamitäten großen Ausmaßes         Die bereits spürbare und weiter zunehmende
kommen, wie beispielsweise im 18. Jahr-        Klimaveränderung führt höhenübergreifend
hundert, als im Harz die „Große Wurmtrock-     sowohl zu durchschnittlich höheren Tempera-
nis“ 30.000 Hektar entwaldete, oder wie        turen als auch zu einer längeren Vegetations-
nach dem Zweiten Weltkrieg, als zwischen       zeit, wodurch häufig eine schnellere Entwick-
1945 und 1951 in Mitteleuropa 30 Millio-       lung der Käferbruten und damit immer öfter
nen Festmeter Käferholz anfielen. In neuerer   auch die Anlage einer weiteren Generation
Zeit entwickelten sich in Deutschland groß-    pro Jahr ermöglicht wird. Eine erhöhte Ge-
räumige Borkenkäferkalamitäten nach den        nerationenzahl pro Jahr hat wiederum einen
Orkanen „Vivian“/„Wiebke“ (1990), „Lothar“     nahezu exponentiellen Anstieg der Borkenkä-
(1999) und „Kyrill“ (2007) sowie in den        ferpopulation und damit verbunden auch des
Trockensommern 2003, 2018 und 2019.            Schadpotenzials zur Folge. Massenvermeh-
Allein in den Jahren 2018 bis 2020 fielen in   rungen von Borkenkäfern werden infolge
den deutschen Nadelwäldern ca. 170 Milli-      des Klimawandels in den kommenden
onen Festmeter Schadholz an – ein Großteil     Jahr(zehnt)en daher weiter an Intensität

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sowie Häufigkeit zunehmen, begünstigt
auch durch die Interaktion mit den zumeist
ebenfalls zunehmenden abiotischen Schäden
durch Hitze, Dürre und Sturm.

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Das System des Integrierten Borkenkä-
fermanagements (siehe ab S. 29) ermög-
licht die Kombination einer Vielzahl von                 Abb. 1: Fortschreitender Borkenkäferbefall im
waldbaulich-biologischen, biotechnischen,                Bannwald (Totalreservat) „Napf“ am Feldberg /
                                                         Schwarzwald (ca. 1.200 m ü. NN)
mechanischen und als letzte Option auch
chemischen Maßnahmen zur Vorbeugung,
Überwachung und Bekämpfung von Bor-
kenkäfern. Das Rückgrat dieses Systems bil-              sen unbedingt rechtzeitig erfolgen – also
det das bereits seit Jahrhunderten bekannte              am besten vor Befall, auf jeden Fall jedoch
„Prinzip der sauberen Waldwirtschaft“ als                bevor ausflugfähige Jungkäfer in den Brut-
eine wirksame Maßnahme zur Vermeidung                    bildern entwickelt sind. Grundvorausset-
bzw. Eindämmung von Borkenkäferkalami-                   zung ist daher die regelmäßige Kontrol-
täten. Es umfasst die Gesamtheit jener Maß-              le der Bestände auf frischen (Stehend-)
nahmen, mit denen verhindert wird, dass                  Befall. Sowohl Intensität als auch Wahl
zur Schwärmzeit bruttaugliches oder bereits              der einzelnen Maßnahmen können dabei
befallenes Material im Wald vorhanden ist                zeitlich und räumlich variieren, je nach
(Brutraumentzug), welches den Ausgangs-                  Gefährdungslage und individuellen Mög-
punkt für nachfolgenden Stehendbefall dar-               lichkeiten. Unterstützt wird das klassische
stellen kann. Solche Maßnahmen, wie z. B.                Borkenkäfermanagement zunehmend von
die Abfuhr oder das Entrinden (bei rinden-               digitalen Entscheidungshilfen, wie Ent­
brütenden Borkenkäfern) von Holz, müs-                   wicklungs- und Befallsrisikomodellen.
                                                                                 © 3 x Bildarchiv Wald u. Holz NRW

Abb. 2: Bestandesbedrohende Ausbreitung von Buchdruckerbefall innerhalb weniger Monate (Aufnahme­
datum 24.08. links, 18.09. Mitte, 16.12. rechts); die Sanierungsmaßnahme Anfang September kam zu
spät, die Jungkäfer waren zum großen Teil bereits ausgeflogen, die Kronen verfärben sich erst mit Verzögerung

                                                                                                                            5
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2       LEBENSWEISE UND BEFALLSMERKMALE
        FORSTLICH WICHTIGER BORKENKÄFER­
        ARTEN AN NADELBÄUMEN

Borkenkäferarten können in die Kategorien         2.1    Allgemeines zu
Rinden- oder Holzbrüter eingeteilt werden.               Rindenbrütern
Rindenbrüter legen ihre Brutsysteme unter
der Rinde der Bäume an; Larven und z. T. auch     Sämtliche Rindenbrüter haben Folgendes
Käfer ernähren sich vom Bast. Das Holz wird       gemeinsam:
hier nur geringfügig durch oberflächliche Fraß-   • Entwicklung der Brut im Rinden-/Splint-
gänge und indirekt durch Pilze (Bläue und Rot-      holzbereich, zumeist im Bast. Dadurch
streifigkeit) entwertet. Holzbrüter hingegen        Zerstörung der Bast- und häufig auch
bohren sich bis ins Splintholz und legen dort       der Kambialschicht durch Larvenfraß,
ihre Eier ab; Käfer und Larven ernähren sich        Reifungsfraß und Muttergänge der Käfer.
von Pilzen, die sie in den Brutgängen züchten.      Dies führt bei stammumfassendem Befall
Die mit der Brutanlage einhergehende Zer-           zur Unterbrechung des Stofftransportes
störung des Holzes führt im Gegensatz zu den        über die Rinde in die Wurzeln und damit,
Rindenbrütern zu einer erheblichen Wertmin-         z. T. noch in Verbindung mit durch die
derung des Holzes bezüglich der technischen         Käfer eingebrachten pathogenen Pilzen,
(Stabilität) und visuellen Eigenschaften.           zum Absterben der Bäume.
                                                  • Befallsmerkmale: In der frühen Befalls-
Im Folgenden werden die wichtigsten Ar-             phase oft Harztröpfchenbildung (nicht ein-
ten an den verschiedenen Wirtsbaumarten             deutig, bei Trockenstress eingeschränkt),
vorgestellt, wobei bundesweit die Schadre-          dann zunehmend brauner Bohrmehlaus-
levanz der rindenbrütenden Fichtenborken-           wurf, z. T. vermischt mit Baumharz (Harz-
käfer deutlich höher als die der anderen            trichterbildung) an den Einbohrlöchern,
Arten zu bewerten ist.                              später Rindenspiegel und Spechtabschlä-
                                                    ge sowie Nadelabfall und -verfärbung.
                                                  • Das Fraß- oder Brutbild der Rindenbrü-
                                                    ter (Abb. 4) lässt sich unterteilen in:
                                                    – das Einbohrloch mit Eingangsröhre
                                                        oder bei polygamen Arten mit Paa-
                                                        rungskammer (Rammelkammer),
                                                    – vom Einbohrloch bzw. der Paarungs-
                                                        kammer ausgehende Muttergänge,
                                                        die Luftlöcher aufweisen können,

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– von den Eiablagestellen im Mutter-
      gang ausgehende, allmählich breiter
      werdende Larvengänge und
  – Puppenwiegen am Ende der Larven-
      gänge, in denen die Verpuppung und
      Metamorphose (als „freie Puppe“
      ohne Kokon) zum Jungkäfer erfolgt.
Der sich direkt an den Schlupf der Jungkäfer
anschließende Reifungsfraß zerstört häufig
die Gangstrukturen, sodass die Zuordnung
eines Brutbildes zu einer Käferart dann er-
schwert sein kann.

                                                                                                                  © Werner Otto Schröder
                                                                    Abb. 4: Aufbau des Brutbildes eines Rinden­
                                                                    brüters (am Beispiel des Buchdruckers):
                                           © Werner Otto Schröder

                                                                    1 = Paarungskammer mit Einbohrloch
                                                                    2 = Muttergänge mit Einischen und Luftlöchern
                                                                    3 = Larvengänge
                                                                    4 = Puppenwiegen

Abb. 3: Entwicklungsstadien des Buchdruckers:
1 = Eier im Muttergang (L = Luftloch)
2 = ältere Larve
3 = Puppe
4 = Käfer (Imago); oben: Aufsicht,
    unten: Seitenansicht
5 = Flügeldeckenabsturz

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2.1.1 Rindenbrüter an Fichte

                                                             Kupferstecher
                                                             Pityogenes chalcographus

       Dunkelbrauner
     Fichtenbastkäfer
    Hylurgops glabratus
                                                             Doppeläugiger
                                                             Fichtenbastkäfer
                                                             Polygraphus poligraphus

                                                             Nordischer
                                                             Fichtenborkenkäfer
                                                             Ips duplicatus

          Buchdrucker
       Ips typographus

                                                             Riesenbastkäfer
                                                             Dendroctonus micans

                                             Quelle: Kati Hielscher, verändert nach Dingler, M. In:
                                             Escherich, K. (1923): Die Forstinsekten Mitteleuropas.
Abb. 5: Rindenbrüter an Fichte – Übersicht   2. Band, Berlin, Parey

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BORKENKÄFER AN NADELBÄUMEN - ERKENNEN, VORBEUGEN, BEKÄMPFEN - Fachagentur Nachwachsende ...
Buchdrucker (Ips typographus)
Diese Art, auch Großer Achtzähniger Fichten-
borkenkäfer genannt, ist der am weitesten
verbreitete und wirtschaftlich bedeutendste
Forstschädling an der Fichte. Massenver-

                                               © Werner Otto Schröder
mehrungen dieser zunächst sekundären Kä-
ferart führen zum Befall von vitalen Bäumen
(Stehendbefall) und damit ohne angemes-
sene Gegenmaßnahmen zum großflächigen
Absterben von Fichtenbeständen. Der Käfer
bevorzugt die dickere Stammrinde von Fich-     Abb. 6: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des
ten im Baum- bis Altholzalter (Durchmesser     Buchdruckers
> 20 cm), befällt bei Brutraummangel aber
auch Stangenhölzer.
                                                        chen, im Extremfall auch 5 Wochen mög-
                                                        lich; häufig Geschwisterbruten im selben
 Brutbild                                               Baum oder anderen Bäumen, dadurch
 Zwei- bis dreiarmige Muttergänge (Längs­               sind besonders die im Sommer vorge-
 gänge), davon quer abzweigende Larven­                 fundenen Individuen nur schwer einer
 gänge, die in Puppenwiegen enden                       bestimmten Generation zuzuordnen.
 (Abb. 4).
                                                        Überwinterung
 Käfer                                                  Hauptsächlich in der Rinde (im Brutbild
 Dunkelbraun, 4,2−5,5 mm lang, Flügel-                  alle Stadien, Käfer auch in separaten kur-
 deckenabsturz beidseitig mit je vier Ab-               zen Überwinterungsgängen), z. T. auch in
 sturzzähnen, von denen der dritte am                   der Bodenstreu und in abgefallenen Rin-
 größten und geknöpft ist (Abb. 3 und 6).               denstücken am Boden. Strenge Winter
                                                        führen meist zum Absterben der weißen
 Flugzeit                                               Entwicklungsstadien; in milden Wintern,
 April bis September, gesteuert durch                   wie sie im Klimawandel häufiger auf-
 Temperatur und Tageslichtlänge.                        treten werden, können hingegen auch
 Hauptflugzeiten: April/Mai u. Juli/August.             Larven und Puppen ohne große Verluste
                                                        überleben.
 Generationen
 Zwei bis drei Generationen im Jahr, in                 Wirtsbäume
 Hochlagen >1.000 m ü. NN meist ein                     Neben Fichten werden bei hohem Popu-
 bis zwei Generationen; Entwicklungszeit                lationsdruck selten und mit geringerem
 vom Ei bis zum fertigen Käfer beträgt                  Bruterfolg auch Kiefern, Lärchen und
 temperaturabhängig ca. 6 bis 10 Wo-                    Douglasien befallen.

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BORKENKÄFER AN NADELBÄUMEN - ERKENNEN, VORBEUGEN, BEKÄMPFEN - Fachagentur Nachwachsende ...
© Ortwin Vaupel
                                            © Reinhold John
Abb. 7: Buchdrucker im Brutbild                               Abb. 8: An den braunen Bohrmehlhäufchen am
                                                              Stammfuß und am Stamm lässt sich Buchdru­
                                                              ckerbefall in der Frühphase erkennen

 Befallsmerkmale                                                 denvegetation (Abb. 8). Bohrmehl-
 • Erste Einbohrungen erfolgen bei                               ansammlungen sind sehr vergäng-
   geringeren Populationsdichten zu-                             lich und das Fehlen bedeutet nicht
   nächst meist unterhalb des Kronen-                            zwangsläufig, dass aktuell keine
   ansatzes. Entstandene Bohrlöcher,                             Besiedlung stattfindet!
   z. T. mit Harztrichtern, sind dort je-                      • Etwa 2-Euro-Stück-große, helle Fle-
   doch nur mit einem guten Fernglas                             cken auf der Rinde (Rindenspiegel),
   durch geschulte Augen erkennbar.                              verursacht durch Spechte, welche
   Befall schreitet dann nach unten                              einzelne Rindenschuppen auf der
   und oben fort.                                                Suche nach Nahrung abschlagen.
 • Harztröpfchen und -fluss zunächst                             In diesem Befallsstadium ist die An-
   im Bereich des Kronenansatzes;                                lage der Brut meist bereits erfolg-
   Harzfluss ist nicht zwingend durch                            reich abgeschlossen.
   Borkenkäferbefall verursacht, kann                          • Verfärbung der Nadeln (fahlgrün –
   aber ein Hinweis darauf sein.                                 gelb/rötlich – braun), Abfall noch
 • Auswurf von braunem Bohrmehl bei                              grüner Nadeln (Nadelteppich am
   der Anlage von Paarungskammer                                 Boden) sowie Abfall von größeren
   und Muttergängen, kann während                                Rindenstücken (Spechtabschläge,
   der gesamten Flugzeit vorkom-                                 auch bei noch grüner Krone) erfol-
   men. So bilden sich am liegenden                              gen je nach Witterung, Baumphy-
   Stamm Bohrmehlhäufchen (die                                   siologie und Befallsdichte einige
   bei Regen abgewaschen oder von                                Wochen bis Monate nach dem Be-
   starkem Wind verweht werden).                                 fallsbeginn und sind dann keine
   Am stehenden Stamm sammelt                                    Hilfe mehr beim Auffinden aktuel-
   sich das Bohrmehl auf und hinter                              len Befalls. Zu diesem Zeitpunkt ist
   Rindenschuppen, am Stammfuß                                   ein Großteil der Brut bereits ausge-
   oder auf Spinnweben zwischen den                              flogen und ggfs. frischer Befall an
   Wurzelanläufen sowie auf der Bo-                              Nachbarbäumen zu finden.

10
Kupferstecher
(Pityogenes chalcographus)
Dieser sehr kleine Borkenkäfer, auch Sechs-                          ebenfalls zur Massenbrutstätte werden. Bei
zähniger Fichtenborkenkäfer genannt, ist oft                         Massenvermehrung kommt es häufig zu Pri-
mit dem Buchdrucker (an älteren Fichten)                             märbefall, wobei dann selbst ältere Bestän-
und dem Furchenflügeligen Fichtenbor-                                de zum Absterben gebracht werden können.
kenkäfer (Pityophthorus pityographus, sie-                           Die Schadflächen und Käferholzmengen
he S. 26) vergesellschaftet. Da er dünne Rin-                        sind meist jedoch deutlich geringer als beim
de bevorzugt, befällt er diese vorwiegend im                         Buchdrucker.
oberen Kronenbereich (von unten zunächst
schwer erkennbar); Buchdruckerbefall er-
folgt meist nachgelagert im Stammbereich.
Vor allem aber besiedelt der Kupferstecher
Stangenhölzer, Dickungen und gelegent-
lich auch (besonders frisch gepflanzte)
Jungpflanzen in Kulturen sowie Naturver-
jüngungen (Abb. 12). Am Boden liegender
Schlagabraum und Aushiebsmaterial von
                                                                     © Werner Otto Schröder

Pflegeeingriffen in schwächeren Beständen
kann in Verbindung mit warmer Witterung

                                                                     Abb. 10: Brutbild des Kupferstechers mit Larven
                                                                     (Mitte und unten) und Puppen
                                                                     © FVA Baden-Württemberg
                                            © Werner Otto Schröder

Abb. 9: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des                         Abb. 11: Kupferstecher-Jungkäfer
Kupferstechers (oben männlich, unten weiblich)                       in Puppenwiege

                                                                                                                 11
© Werner Otto Schröder

                                                                                                           © Werner Otto Schröder
Abb. 12: Kupferstecherbefall am Bestandesrand (links) und zunächst nur vom
Gegenhang erkennbar im Bestand (rechts)

 Brutbild                                                           Überwinterung
 Von der Paarungskammer, die im Brut-                               Hauptsächlich im Brutbild (alle Stadien,
 bild auf der Innenseite der abgehobenen                            die Larvenstadien sind sehr robust ge-
 Rinde nicht sichtbar ist (da vollständig im                        gen tiefere Frosttemperaturen); als Käfer
 Bast liegend), werden drei bis sechs stern-                        auch in der Bodenstreu.
 förmig ausgehende Muttergänge angelegt
 (Sterngang). Hiervon gehen die Larven-                             Wirtsbäume
 gänge beidseitig quer verlaufend ab und                            Neben Fichte gelegentlich auch andere
 enden in Puppenwiegen (Abb. 9–11).                                 Nadelbaumarten, insbesondere Lärche,
                                                                    Douglasie, Tanne und Kiefer.
 Käfer
 Kupferfarben glänzend (Name), 1,6–                                 Befallsmerkmale
 2,9 mm lang, Flügeldeckenabsturz beid-                             Rötung einzelner Äste oder ganzer Kro-
 seitig mit je drei Zähnen, bei Männchen                            nen (Abb. 12), viele Harztröpfchen durch
 und Weibchen unterschiedlich ausge-                                Harzaustritt an den Einbohrlöchern und
 prägt (Abb. 9 und Abb. 11).                                        Auswurf von sehr feinem braunem Bohr-
                                                                    mehl. Die frühzeitige Befallserkennung
 Flugzeit                                                           fällt deutlich schwerer als beim Buch-
 April bis September, Hauptflugzeiten:                              drucker, besonders bei Befall in den
 April/Mai und Juli/August.                                         Kronen von Altfichten, da hier der Bohr-
                                                                    mehlauswurf nicht erkennbar ist.
 Generationen
 Eine bis zwei, selten drei Generationen
 im Jahr; daneben Geschwisterbruten.

12
Weitere Arten                                                   mit 2,8−4,5 mm Körperlänge etwas kleiner
Weitere rindenbrütende Fichtenborkenkä-                         als der Buchdrucker (Abb. 13), kann eine
ferarten mit nachgeordneter Schadrelevanz                       sichere Unterscheidung nur mikroskopisch
werden im Folgenden verkürzt vorgestellt:                       erfolgen. Sowohl das Brutbild als auch die
                                                                Phänologie ist sehr ähnlich zum Buchdru-
                                                                cker. Ein Befall ist aufgrund des geringeren
                                                                Bohrmehlauswurfes und des Befalls im
                                                                Kronenbereich sowie im Bestandesinneren
                                                                sehr viel schwieriger zu erkennen.

                                           © Franz Matschulla

                                                                © Werner Otto Schröder

Abb. 13: Nordischer Fichtenborkenkäfer (Mitte)
im Größenvergleich mit Buchdrucker (unten) und
Kupferstecher (oben)

                                                                Abb. 14: Brutbild und Imago des Doppeläugigen
                                                                Fichtenbastkäfers
Der Nordische Fichtenborkenkäfer (Ips
duplicatus), ursprünglich in der nördlichen
Taiga beheimatet, tritt seit einigen Jahr-                      Der Doppeläugige Fichtenbastkäfer (Poly­
zehnten zunehmend auch in Mitteleuropa                          graphus poligraphus) ist 2,2–3 mm groß,
(z. B. Tschechien) in Erscheinung und ist                       tritt vor allem als Sekundärschädling in
auch bereits in Deutschland gebietsweise                        schwächeren Baumhölzern auf (Fichte, sel-
nachgewiesen. Dabei profitiert er als se-                       tener Tanne, Lärche und Kiefer) und profitiert
kundäre Art von der Schwächung der Wirts-                       häufig von Erstbefall durch Buchdrucker bzw.
bäume und dem Vorbefall durch den sehr                          Kupferstecher. Bei Massenvermehrungen
viel aggressiveren Buchdrucker, kann aber                       kann er jedoch Befallsherde bilden und so-
in Massenvermehrungen auch eigenstän-                           wohl ältere als auch jüngere Bäume zum Ab-
dig Befall verursachen. Wirtsbäume sind in                      sterben bringen. Das sternförmige Brutbild
erster Linie Fichten jeden Alters, seltener                     wirkt in der abgehobenen Rinde unstrukturiert
auch Lärche, Kiefer und Douglasie. Obwohl                       und unzusammenhängend, da es sich über

                                                                                                          13
verschiedene Ebenen in der Rinde verzweigt                      Der Gelbbraune (Hylurgops palliatus) so-
(Abb. 14). Auch die Paarungskammer ist dann                     wie Dunkelbraune Fichtenbastkäfer (H. gla­
nicht erkennbar. Die Schwärmperiode der ei-                     bratus), 2,5–3,2 bzw. 4,5–5 mm groß, sind
nen, selten einer zweiten Generation umfasst                    stark sekundär auftretende Arten, die nur
die Monate Mai bis August.                                      eingeschlagene, absterbende oder extrem
                                                                geschwächte Bäume mit meist bereits ab-
Für den Riesenbastkäfer (Dendroctonus                           sterbender Rinde (brauner Bast, der leicht
micans), mit 5,5−9 mm Körperlänge die                           nach Alkohol riecht) befallen. Sie treten oft
größte europäische Borkenkäferart, sind                         massenhaft in Hiebsresten nach Durchfors-
der große Platzgang, in dem die Larven                          tungen auf und sind hier wichtige Brutraum-
auf breiter Front fressen (Abb. 15), und                        konkurrenten von Buchdrucker und Kupfer-
die mit großen Harztrichtern versehenen                         stecher. Außerdem werden auch häufig
Einbohrlöcher charakteristisch. Der Befall                      die vom Gestreiften Nutzholzborkenkäfer
eines Baumes beginnt oft an Rindenver-                          (siehe S. 27) befallenen Hölzer besiedelt.
letzungen. Die bevorzugte Besiedlung des                        Hauptwirtsbaum ist die Fichte, H. palliatus
Erdstammstücks kann Brutraumkonkurrenz                          kommt aber auch an Kiefer vor. Beide Arten
zum Buchdrucker verursachen. Wirtschaft-                        schwärmen hauptsächlich im April und Juli,
lich relevant ist der Käfer besonders in Sit-                   zum Teil auch bereits im März bzw. noch
ka-Fichtenbeständen, zudem bisweilen in                         im August/September. Das Brutbild ist von
Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkul-                           einem einarmigen, 3−5 cm langen, stiefel-
turen an „Blaufichten“ (z. B. Picea pungens                     förmigen Muttergang gekennzeichnet, der
und var. glauca), besonders, wenn diese                         im Splint eingeschürft ist. Die quer davon
auf ungeeigneten Standorten stehen oder                         abgehenden Larvengänge sind auffallend
bei der Schmuckreisiggewinnung eine zu                          lang. Sie verlaufen unregelmäßig und kreu-
starke Reduktion der Kronen erfolgt.                            zen sich, sodass ein wirres Fraßbild ent-
                                                                steht, das gut von dem des Buchdruckers
Abb. 15: Fraßbild des Riesenbastkäfers mit Larven               unterschieden werden kann (Abb. 16).

                                                                Abb. 16: Brutbild und Imago des Gelbbraunen
                                                                Fichtenbastkäfers
                                                                © Werner Otto Schröder
                                             © Kati Hielscher

14
2.1.2 Rindenbrüter an Kiefer                   Borkenkäfer zählt. Neben den im Folgenden
Der forstwirtschaftlich relevanteste Rinden-   vorgestellten Borkenkäferarten an Kiefern
brüter an Kiefern ist der Blaue Kiefern-       wird der Zweizähnige Kiefernborkenkäfer
prachtkäfer (Phaenops cyanea). Im weite-       (Pityogenes bidentatus) häufig an Ästen
ren Text wird diese Art jedoch nicht weiter    und Zweigen älterer Kiefern und in Kiefern-
beschrieben, da sie nicht zur Gruppe der       kulturen gefunden.

                                                                  Zweizähniger
                                                                  Kiefernborkenkäfer
    Sechszähniger
                                                                  Pityogenes bidentatus
Kiefernborkenkäfer
      Ips acuminatus

                                                                  Kleiner Waldgärtner
                                                                  Tomicus minor

                                                                  Großer Waldgärtner
                                                                  Tomicus piniperda

            Blauer
Kiefernprachtkäfer
   Phaenops cyanea

                                                                  Zwölfzähniger
                                                                  Kiefernborkenkäfer
                                                                  Ips sexdentatus

                                                        Quelle: Kati Hielscher, verändert nach Fataar, V.
                                                        In: Nierhaus-Wunderwald, D. & Forster, B. (2012):
                                                        Rindenbrütende Käfer an Föhren. WSL Merkblatt
                                                        Praxis, Nr. 31, 2. Auflage, verändert nach Dingler, M.
                                                        In: Escherich, K. (1923): Die Forstinsekten Mittel-
                                                        europas. 2. Band, Berlin, Parey
Abb. 17: Rindenbrüter an Kiefer – Übersicht

                                                                                                         15
Sechszähniger Kiefernborken­käfer
(Ips acuminatus)
Der Sechszähnige oder auch Scharfzähni-
ge Kiefernborkenkäfer tritt eher sekundär
auf, ist aber zum Teil auch Erstbesiedler.
Der Befall, der meist im Spiegelrindenbe-
reich oben am Stamm oder an Starkästen

                                                © Werner Otto Schröder
beginnt, bleibt häufig zunächst unentdeckt
und wird erst durch die Besiedlung der
unteren Stammpartie durch den Zwölfzäh-
nigen Kiefernborkenkäfer oder den Großen
Waldgärtner bzw. durch von Starkästen ab-
fallende Rinde sichtbar. Durch Übertragung      Abb. 18: Brutbild und Flügeldeckenabsturz
von Bläuepilzen kann der Käfer die visuel-      des Sechszähnigen Kiefernborkenkäfers (oben
                                                männlich, unten weiblich)
len Holzeigenschaften beeinträchtigen.

 Brutbild                                                 Generationen
 Sternförmig mit vier bis acht max. 40 cm                 Eine bis zwei Generationen im Jahr, da-
 langen Muttergängen, die tief im Splint ein-             neben Geschwisterbruten.
 gegraben und häufig mit Bohrmehl gefüllt
 sind; Larvengänge sehr kurz, weit ausei-                 Überwinterung
 nander liegend, alternierend vom Mutter-                 Als Käfer im Brutbild oder in Kronenästen.
 gang abzweigend (Abb. 18). Das ist typisch
 und ein wesentlicher Unterschied zu ande-                Wirtsbäume
 ren Arten (z. B. im Vergleich zum Zweizähni-             Hauptsächlich Kiefernarten, selten Fichte,
 gen Kiefernborkenkäfer); die Larvengänge                 Tanne, Lärche oder Douglasie.
 bilden sich ebenfalls im Splint ab.
                                                          Befallsmerkmale
 Käfer                                                    Da der Befall meist im Kronenraum beginnt,
 Dunkelbraun, 2,2−3,5 mm lang; Flügel-                    werden Befallssymptome von unten erst
 deckenabsturz mit beidseits drei Zähnen,                 spät sichtbar. Am liegenden Holz bildet das
 beim Männchen dritter Zahn zweispitzig,                  ausgeworfene Bohrmehl Häufchen. Am
 beim Weibchen einspitzig (Abb. 18).                      stehenden Baum wird der Befall meist erst
                                                          durch eine Verfärbung und spätere Rötung
 Flugzeit                                                 der Nadeln einzelner Zweige, Äste bzw. der
 April/Mai bis August,                                    ganzen Krone oder das Abfallen von Rinde
 Hauptflugzeit: April/Mai.                                im Spiegelrindenbereich sichtbar.

16
Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer
(Ips sexdentatus)
Der Zwölfzähnige Kiefernborkenkäfer besie-
delt in Mitteleuropa liegende Stämme, ge-
worfene und stark vorgeschädigte stehende
Bäume (z. B. durch Waldbrand, Sturm, Tro-
ckenstress, nadelfressende Schmetterlings-

                                                © Werner Otto Schröder
raupen oder Blattwespenlarven), in Süd-
europa werden jedoch auch vitale Bäume
befallen. Er bevorzugt den grobborkigen,
unteren Stammbereich und ist häufig ver-
gesellschaftet mit anderen Borkenkäferar-
ten. Der Befall konzentriert sich oft in Form   Abb. 19: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des
typischer „Käferlöcher“. Seine forstliche Be-   Zwölfzähnigen Kiefernborkenkäfers
deutung nimmt in Deutschland vor allem in
bereits vorgeschädigten Kiefernbeständen
deutlich zu.

 Brutbild                                                Generationen
 Von der Paarungskammer gehen zwei                       Eine bis zwei Generationen im Jahr; dane-
 bis sechs in Faserrichtung verlaufende                  ben Geschwisterbruten; die Entwicklungs-
 Muttergänge aus, die bis zu 80 cm lang                  dauer kann bei hohen Temperaturen sehr
 werden können. Die quer verlaufenden                    kurz sein (nur vier bis sechs Wochen).
 Larvengänge sind relativ kurz und enden
 in großen, schüsselförmigen Puppen-                     Überwinterung
 wiegen (Abb. 19).                                       Als Käfer in der Bodenstreu, unter der
                                                         Rinde von Stämmen, Stöcken, alten Kie-
 Käfer                                                   fern oder im Brutbild.
 Braun, 5−8 mm lang (sehr groß), Flügel-
 deckenabsturz beidseits mit je sechs Ab-                Wirtsbäume
 sturzzähnen (Abb. 19).                                  Hauptsächlich Kiefernarten, selten an
                                                         Fichte, Lärche und Tanne.
 Flugzeit
 April bis August, Hauptflugzeit: April/Mai              Befallsmerkmale
 und Juli/August.                                        Starker Bohrmehlauswurf, Rötung oder
                                                         Vergilbung der Krone, Spechtabschläge,
                                                         später Abfallen der Rinde.

                                                                                                17
Kleiner Waldgärtner (Tomicus minor)
Der Kleine Waldgärtner ist forstwirtschaft-
lich bedeutsamer als sein großer Namens-
vetter, da er in der Lage ist, bereits weniger
stark geschwächte Bäume zu befallen und
zum Absterben zu bringen. Neben stehen-
den Bäumen besiedelt der Käfer häufig
auch liegende Hölzer und Waldresthölzer.
Vorzugsweise entwickeln sich die Käfer im
dünnrindigen Spiegelrindenbereich unter
und in der Krone oder an dünnen Stämmen.

                                                   © Kati Hielscher
Die Art ist Überträger von Bläuepilzen, wo-
durch zusätzliche wirtschaftliche Verluste
entstehen (visueller Schaden).
                                                  Abb. 21: Harztrichter bei Befall durch Waldgärtner
Daneben besteht die forstliche Bedeutung
des Kleinen Waldgärtners in der Schwä-
chung vitaler Kiefern durch den Reifungs-         ab. Als typisches Schadbild resultieren
und Regenerationsfraß der Jung- und Alt-          „beschnittene“ Kronen (Name) und abge-
käfer in ein- bis zweijährigen Trieben. Die       brochene Triebe (Absprünge, Abb. 22) am
Triebe werden ausgehöhlt (Markröhrenfraß)         Boden. Die Anzahl solcher Absprünge kann
und brechen dann durch Windeinwirkung             als Kriterium für die Käferdichte dienen.

                                                                                                © Werner Otto Schröder

Abb. 20: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des Kleinen Waldgärtners

18
© Werner Otto Schröder
Abb. 22: Zweigabsprünge mit noch grünen Nadeln am Boden – Hinweis auf erhöhte Waldgärtnerdichte

 Brutbild                                          Generationen
 Doppelarmiger, das Splintholz tief fur-           Eine Generation im Jahr; daneben Ge-
 chender Quergang, der aus zwei bis zu             schwisterbruten.
 8 cm langen Muttergängen besteht, von
 denen die Larvengänge nahezu senk-                Überwinterung
 recht abgehen (Klammergang, Abb. 20).             Als Käfer vornehmlich in der Bodenstreu,
 Die Puppenwiegen liegen im Splintholz             z. T. auch in abgebrochenen Trieben.
 (Löcher).
                                                   Wirtsbäume
 Käfer                                             Kiefernarten, selten Fichte.
 Dunkelbraun bis schwarz, 3,2–5,2 mm
 lang, abgerundeter Flügeldeckenabsturz            Befallsmerkmale
 mit gekörnten Furchen, Bastkäfer: Kopf            Braunes und/oder weißes Bohrmehl, oft
 von oben sichtbar.                                Harztrichter an den Einbohrlöchern (Abb.
                                                   21); Vergilben oder Rötung der Krone,
 Flugzeit                                          später Abfallen großer Rindenstücke; Ab-
 März bis August, Hauptflugzeit: März              sterben von Ästen, Kronenteilen oder gan-
 bis Mai (etwas später als der Große               zen Bäumen; Abfallen der jüngsten Trieb-
 Waldgärtner).                                     spitzen, die von den Käfern ausgehöhlt
                                                   wurden; Absprünge am Boden (Abb. 22).

                                                                                             19
Großer Waldgärtner
(Tomicus piniperda)
Der Große Waldgärtner befällt vorzugsweise
den grobborkigen, unteren Stammbereich.
Besiedelt werden sowohl liegende als auch
stehende Stämme ab Stangenholzalter. Ste-
hende Stämme werden i. d. R. nur befallen,
wenn sie durch andere Ursachen bereits
stark geschwächt sind (z. B. durch starke,
fraßbedingte Nadelverluste, Diplodia-Trieb-

                                              © Werner Otto Schröder
sterben, Kienzopf- oder Hallimaschbefall,
Vorbefall durch andere Rindenbrüter). Wie
beim Kleinen Waldgärtner entstehen Ab-
sprünge durch Käferfraß. Durch diese Schä-
digung werden Holzzuwachsverluste von
bis zu 40 % verursacht.                       Abb. 23: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des
                                              Großen Waldgärtners

 Brutbild                                              Generationen
 Einarmiger, bis 15 cm langer, häufig mit              Eine Generation im Jahr, daneben Ge-
 einer Harzkruste ausgekleideter Mutter-               schwisterbruten.
 gang (Längsgang), der am liegenden
 Stamm im Anfangsteil krückstockartig                  Überwinterung
 gekrümmt ist. Von diesem gehen die                    Als Käfer eingebohrt am Stammfuß, sel-
 quer verlaufenden Larvengänge ab, die                 tener in der Bodenstreu.
 in länglichen Puppenwiegen in der Rin-
 de enden (Abb. 23).                                   Wirtsbäume
                                                       Kiefernarten, auch Fichte und Lärche.
 Käfer
 Schwarzbraun bis schwarz, 3,5–5,2 mm                  Befallsmerkmale
 lang; abgerundeter Flügeldeckenabsturz                Wie Kleiner Waldgärtner; durch die Brut-
 mit zwei glatten Furchen, Bastkäfer: Kopf             entwicklung Absterben ganzer Kiefern,
 von oben sichtbar.                                    nicht nur von Kronenteilen.

 Flugzeit
 (Februar)/März (Frühschwärmer) bis
 August, Hauptflugzeit: März/April.

20
2.1.3 Rindenbrüter an Tanne

                                                                          Kleiner
                                                                          Tannenborkenkäfer
              Mittlerer                                                   Cryphalus piceae
  Tannenborkenkäfer
Pityokteines vorontzovi

                                                              Westlicher
                                                              Tannenborkenkäfer
                                                              Pityokteines spinidens

                                                              Krummzähniger
                                                              Tannenborkenkäfer
                                                              Pityokteines curvidens

               Tannenrüssler
               Pissodes piceae

                                                    Quelle: Autorenkollektiv, geändert nach Nierhaus-
                                                    Wunderwald, D. (1995): Rindenbrütende Käfer an
                                                    Weisstanne. Biologie und forstliche Massnahmen;
Abb. 24: Rindenbrüter an Tanne – Übersicht          WSL Merkblatt Praxis, Nr. 23

Krummzähniger Tannenborkenkäfer
(Pityokteines curvidens)
Besonders auf Grenzstandorten und außer-     schädling. Bei Primärbefall bohrt sich der
halb des natürlichen Verbreitungsgebietes    Käfer zunächst in die oberen, später auch in
der Tanne ist er ein bedeutsamer Tannen-     weiter unten liegende Stammteile ein.

                                                                                                    21
© Werner Otto Schröder

                                                                     © Markus Kautz
                                                                     Abb. 26: Rindenabfall und Nadelverfärbung
Abb. 25: Brutbild und Flügeldeckenabsturz                            nach Befall durch den Krummzähnigen Tannen­
des Krummzähnigen Tannenborkenkäfers                                 borkenkäfer an Weißtanne; die Käfer sind hier
                                                                     größtenteils bereits ausgeflogen

 Brutbild                                                                  Wirtsbäume
 Die Muttergänge werden doppelarmig in                                     Neben den Tannenarten selten Fichte,
 quer zur Stammachse stehender H-Form                                      Lärche, Douglasie und Kiefer.
 (Doppelarmiger Quergang, „Doppelklam-
 mer“) angelegt (Abb. 25). Die Puppen-                                     Befallsmerkmale
 wiegen liegen im Splintholz (Löcher).                                     Wenig Harzfluss und wenig braunes
                                                                           Bohrmehl, Löcher im Splintholz; Nadel-
 Käfer                                                                     verfärbung vielfach im unteren Kronen-
 Schwarzbraun, 2,5–3 mm lang; erster                                       bereich beginnend (Abb. 26).
 Absturzzahn senkrecht nach oben, zwei-
 ter Zahn hakenförmig nach innen gebo-
 gen (Name, Abb. 25).                                                Der Krummzähnige Tannenborkenkäfer wird
                                                                     häufig von zwei Arten der Gattung Pityok­
 Flugzeit                                                            teines mit ähnlicher Lebensweise begleitet:
 März/April bis August, Hauptflugzeiten:                             dem Westlichen Tannenborkenkäfer (P.
 April und Juli.                                                     spinidens) und dem Mittleren Tannenbor-
                                                                     kenkäfer (P. vorontzovi). Der Westliche Tan-
 Generationen                                                        nenborkenkäfer lebt häufig mit dem Krumm-
 Eine bis zwei, selten drei Generationen                             zähnigen im selben Stamm, ist aber selten
 im Jahr; daneben Geschwisterbruten.                                 dominant. Er hat ein sternförmiges Brutbild
                                                                     (Achtung: bei Geschwisterbruten kann auch
 Überwinterung                                                       der Krummzähnige ein sternförmiges Brut-
 In allen Stadien im Brutbild unter der                              bild anlegen). Der Mittlere Tannenborken-
 Rinde oder im Splint bzw. als Käfer in                              käfer besiedelt vor allem Wipfelstücke und
 kurzen Überwinterungsgängen, die an                                 dickere Äste. Weiterhin weisen befallene
 perlschnurförmigen Harztropfen zu er-                               Tannen im dickeren Stammbereich häufig
 kennen sind.                                                        auch einen zusätzlichen Befall durch den
                                                                     Tannenrüssler (Pissodes piceae) auf.

22
Kleiner Tannenborkenkäfer
(Cryphalus piceae)
Der Kleine Tannenborkenkäfer brütet vor-
zugsweise in dünner Rinde im Kronen-
bereich, gelegentlich befällt er auch Jung-
wüchse (Kulturen, Naturverjüngungen). Die
Art ist häufig beteiligt bei Befall durch den
Krummzähnigen, Westlichen oder Mittleren
Tannenborkenkäfer. Bei Massenvermehrung
kann es zu großen Befallsherden und nen-

                                                                                             © Werner Otto Schröder
nenswertem Ausfall der Tannen, auch in
Mischbeständen, kommen.

 Brutbild
 Von einem platzförmigen Muttergang
 gehen die Larvengänge strahlenförmig
 auseinander (Abb. 27).

 Käfer
 Dunkelbraun bis schwarz, 1−2 mm lang.

 Flugzeit

                                                                                             © FVA Baden-Württemberg
 März bis August, Hauptflugzeiten:
 März/April und Juni/Juli.

 Generationen
 Eine bis zwei Generationen im Jahr; da-
 neben Geschwisterbruten.                       Abb. 27: Brutbild des Kleinen Tannenborkenkäfers
                                                Abb. 28: Wucherungen, durch den Reifungsfraß
 Überwinterung                                  des Kleinen Tannenborkenkäfers hervorgerufen
 In allen Stadien im Brutbild, als Käfer
 auch in kurzen Überwinterungsgängen
 unter der Rinde von Ästen und Zweigen           Befallsmerkmale
 alter Tannen.                                   Starker Harzfluss im Kronenbereich,
                                                 durch den Reifungsfraß der adulten Kä-
 Wirtsbäume                                      fer verursachte, krebsartige Wucherun-
 Neben der Tanne selten Kiefer und Lärche;       gen an den Ästen oder Stämmchen von
 zunehmend an Astquirlen der Douglasie.          jungen Bäumen (Abb. 28).

                                                                                             23
2.1.4 Rindenbrüter an Lärche                                           bleibende Holzpolter können Ausgangs-
                                                                       punkte für massiven Stehendbefall sein. Im
Großer Lärchenborkenkäfer                                              Vergleich zum Buchdrucker verlaufen die
(Ips cembrae)                                                          Massenvermehrungen des Lärchenborken-
Nach Sturmkalamitäten und Trockenjahren                                käfers meist schneller, sodass er oft kurz,
kann der Große Lärchenborkenkäfer schwe-                               aber heftig in Erscheinung tritt. Der Große
re wirtschaftliche Schäden verursachen.                                Lärchenborkenkäfer bevorzugt dickere
Frühjahrs- und Sommereinschläge in Ver-                                Stammrinde, befällt aber auch dünnrindi-
bindung mit Nichtbeachtung der sauberen                                gere Stangenhölzer, insbesondere wenn
Waldwirtschaft sowie zu lang im Wald ver-                              nach Durchforstungen der Aushieb im Be-
                                                                       stand verbleibt. Pflegemaßnahmen ohne
                                                                       Aufarbeitung der wirtschaftlich nicht nutz-
                                                                       baren Resthölzer können unter Umständen
                                                                       zur Bestandesauflösung führen. Der Rege-
                                                                       nerations- und Reifungsfraß der Alt- bzw.
                                                                       Jungkäfer erfolgt im Bast und in gesunden
                                                                       Lärchentrieben. Manchmal ist eine Verge-
                                                                       sellschaftung mit dem Lärchenbockkäfer
                                                                       (Tetropium gabrieli) zu beobachten. Sehr
                                                                       häufig erfolgt gleichzeitig ein massiver Be-
                                                                       fall der Krone durch den Kupferstecher.

                                                                        Brutbild
                                                                        Mehrarmiges, z. T. sternförmiges Brutbild
                                                                        mit zwei bis vier bis zu 17 cm langen, vor-
                                                                        wiegend längs verlaufenden Muttergän-
                                                                        gen; die quer verlaufenden Larvengänge
                                                                        enden in Puppenwiegen (Abb. 29).

                                                                        Käfer
                                                                        Ähnelt dem Buchdrucker, braun bis
                                                                        schwarz­braun, 4,5−6 mm lang, Flügel-
                                             © FVA Baden-Württemberg

                                                                        deckenabsturz glänzend, beidseits je vier
                                                                        Absturzzähne, je eine Haarreihe entlang
                                                                        der Flügeldeckennaht (sichere Unter-
                                                                        scheidungsmöglichkeit zum Buchdru-
                                                                        cker, Abb. 30).
Abb. 29: Brutbild des Großen Lärchenborkenkäfers

24
Flugzeit                                                               Befallsmerkmale
 April bis September, Hauptflugzeiten:                                  Einbohrlöcher, Bohrmehlauswurf, Harz-
 April/Mai und Juli/August.                                             fluss, Spechtabschläge und die beginnen-
                                                                        de Verfärbung der Krone; Rindenabfall und
 Generationen                                                           Kronenrötung meist erst, wenn die Käfer
 Eine bis zwei Generationen im Jahr; da-                                bereits ausgeflogen sind (Abb. 31).
 neben Geschwisterbruten.

 Überwinterung
 Im Brutbild (alle Stadien) und in der Bo-
 denstreu (Käfer).

 Wirtsbäume
 Lärchenarten und Zirbelkiefer, selten
 andere Kiefernarten, Fichte, Tanne und
 Douglasie.
                                         © Werner Otto Schröder

                                                                  © Katrin Möller

Abb. 30: Flügeldeckenabsturz des                                  Abb. 31: Bestandesschäden durch den Großen
Großen Lärchen­borkenkäfers                                       Lärchenborkenkäfer

                                                                                                               25
2.1.5 Rindenbrüter an Douglasie                  tenborkenkäfer in zahlreichen Douglasien-
Innerhalb ihres natürlichen Verbreitungs-        Jungbeständen in Verbindung mit massiven
gebietes in den USA und Kanada weist die         Ausfällen beobachtet. Oft wurden diese Aus-
Douglasie das größte Schädlingsspektrum          fälle fälschlicherweise als Frosttrocknis ange-
aller Baumarten auf. Insgesamt sind dort         sprochen, da man die winzigen Bohrlöcher im
mehr als 140 Insektenarten als Schädlinge        Bereich der Astquirle nicht erkannt hatte.
an der Douglasie bekannt. In Mitteleuropa
zählen vor allem verschiedene Borkenkäfer-       Bisher ist nicht bekannt, dass aus dem
arten wie Furchenflügeliger Fichtenbor-          natürlichen Verbreitungsgebiet der Dou-
kenkäfer, Kupferstecher, Kleiner Tannen-         glasie, d. h. aus Nordamerika, die dort mit
borkenkäfer, Großer Lärchenborkenkäfer           dieser Baumart vergesellschafteten gefähr-
sowie diverse Kiefernborkenkäfer zu den          lichen rindenbrütenden Borkenkäfer (z. B.
Schädlingen, die nach witterungsbedingten        Dendroctonus spec.) nach Deutschland
Schadereignissen häufig an Douglasie zu          eingeschleppt wurden. Falls dies doch ge-
finden sind und in Kulturen und Stangen-         schehen sollte, muss die Etablierung dieser
hölzern zu erheblichen Ausfällen führen.         Arten durch geeignete Pflanzenschutzmaß-
Allerdings kommen ihre Bruten häufig nicht       nahmen unbedingt verhindert werden.
zum Abschluss. Es ist jedoch anzunehmen,
dass sich der Anpassungsprozess der hei-
mischen Borkenkäfer an die Douglasie fort-       2.2     Allgemeines zu Holzbrütern
setzt und in Zukunft zunehmend erfolgreiche
Bruten an der Douglasie stattfinden werden.      Holzbrütende Borkenkäferarten sind im Ge-
Auch der Buchdrucker kann, insbesondere          gensatz zu den Rindenbrütern für die Wirts-
nach dem Einschlag befallener Fichtenbe-         bäume nicht lebensbedrohlich, da sie in
stände, die Douglasie befallen und Schäden       der Regel bereits gefällte bzw. absterbende
verursachen (jedoch geringerer Bruterfolg).      Bäume besiedeln. Sie verursachen aber tech-
                                                 nische Holzschäden, indem sie ihre Brutsyste-
Seit 2003 ist an der Douglasie der Furchen-      me (zumeist nur) im Splintholz der Bäume an-
flügelige Fichtenborkenkäfer auffällig in        legen. Dies führt auf Grund der Brutgänge und
Erscheinung getreten. Der Käfer ist sehr klein   Verfärbungen zu erheblichen Wertminderun-
(1,1−1,7 mm), das Brutbild sternförmig –         gen des Holzes. Die Käfer und Larven ernäh-
ähnlich dem des Kupferstechers –, zeigt je-      ren sich von Ambrosia-Pilzarten (Pilzrasen),
doch eine deutlich in den Splint eingeprägte     die in den Brutgängen gezüchtet werden.
Paarungskammer. Die Käfer befallen Bäume         Sterben diese Pilze ab, verfärben sie die Gang-
im Bereich von Stamm und Krone (bevorzugt        wände dunkel. Die Pilzrasen können sich nur
an Astquirlen) und traten bislang oft sekundär   bei einer hohen Holzfeuchtigkeit entwickeln,
z. B. an von Douglasienschütte befallenen        weshalb nur relativ frisches bzw. an feuch-
Bäumen auf. Nach einer abiotischen Vor-          ten Stellen gelagertes Holz befallen wird.
schädigung wurde der Furchenflügelige Fich-

26
Gestreifter Nutzholzborkenkäfer
(Trypodendron lineatum)                          März/April. Durch verzögertes Erschei-
Der Gestreifte oder Linierte Nutzholzborken-     nen im Frühjahr und durch Anlage von
käfer befällt sowohl eingeschlagenes Nadel-      Folge- und Geschwisterbruten kann der
holz (auch im entrindeten Zustand) als auch      Käferflug bis zum Herbst anhalten. Des-
absterbende Bäume (z. B. mit Rindenbrüter-       wegen ist im Wald lagerndes Holz wäh-
Stehendbefall, Wipfelbruch), frische Stöcke,     rend der gesamten Flugzeit potenziell
Bruch- und Restholz. Da er die befallenen        gefährdet.
Bäume nicht zum Absterben bringt, ist er
als technischer Schädling einzustufen.           Generationen
                                                 Eine Generation im Jahr; durch rasches
                                                 Austrocknen der Brutstämme kommt es
 Brutbild                                        oft zum Abbruch der Brut. Die Weibchen
 Von der bis zu 5 cm tiefen, radialen Ein-       setzen dann die Eiablage in Stämmen
 gangsröhre werden parallel zu den Jahr-         mit höherer Holzfeuchtigkeit fort (Ge-
 ringen im Splintholz Brutröhren (Mutter-        schwisterbruten).
 gänge) angelegt (Abb. 32), von denen
 nach oben und unten leitersprossen-             Überwinterung
 förmige, kurze Larvengänge ausgehen             In der Bodenstreu (Käfer).
 (Leitergänge, Abb. 34). Die Käfer züchten
 in den Gängen Pilze (Ambrosia-Pilze),           Wirtsbäume
 die sie und ihre Larven als Nahrung ab-         Alle Nadelbaumarten, vorzugsweise Fich-
 weiden. Die Elternkäfer betreiben in den        te, Tanne, Kiefer, Lärche, auch Douglasie.
 Gangsystemen Brutpflege. Der wirtschaft-
 liche Schaden entsteht zu einem geringe-        Befallsmerkmale
 ren Teil durch die nicht sehr tief liegenden    Weißer Bohrmehlauswurf (Abb. 33), der
 Gangsysteme (technischer Schaden) und           bei Regen immer wieder abgewaschen
 zum größeren Teil durch Verfärbungen            wird (an vor Regen geschützten Stellen
 und technische sowie visuelle Schäden,          nach Bohrmehl suchen!). Häufig werden
 die durch die mit den Käfern vergesell-         in Holzpoltern einzelne Stämme bevor-
 schafteten Pilze verursacht werden.             zugt besiedelt, während andere völlig
                                                 unbefallen bleiben.
 Käfer
 Flügeldecken gelb-braun, dunkel gestreift
 (Name: „lineatum“), 2,8−3,8 mm lang.           Weitere Arten
                                                Seit einigen Jahren tritt der aus Ostasien
 Flugzeit                                       eingeschleppte Schwarze Nutzholzbor-
 Februar/März (Frühschwärmer) bis Au-           kenkäfer (Xylosandrus germanus) häufiger
 gust/September (Oktober), Hauptflugzeit:       auf, der das Bohrmehl in kompakten „Würst-

                                                                                         27
chen“ aus dem Bohrloch herausschiebt. Die
Käfer sind ausgesprochene Spätschwärmer
(Mai/Juni) und befallen neben Nadel- auch
Laubholz. Bevorzugt werden Stellen befal-
len, an denen die Rinde abgeschürft ist. Das
Brutbild besteht aus einer Bruthöhle im äu-

                                                                                               © FVA Baden-Württemberg
ßeren Splint mit einer ca. 2 bis 3 cm tiefen
Eingangsröhre. An Fichte überträgt der Kä-
fer Bläuepilze und wird vor allem durch die
visuelle Beeinträchtigung des Holzes zum
Schädling. Ansonsten ist die wirtschaftliche
Bedeutung geringer als die des Gestreiften
Nutzholzborkenkäfers, da das befallene
Splintholz i. d. R. nicht verwertet wird. Eine
Besonderheit dieser Käferart ist, dass pyre-
throidartige Pflanzenschutzmittel nicht hin-
reichend wirksam sind und daher die Art in
den zugelassenen Indikationen gegen Holz-

                                                                                               © Ralf Petercord
brüter auch explizit ausgenommen wird
(Ausnahme: Storanet®, siehe S. 45).

Weiterhin wird auch der Amerikanische
Nutzholzborkenkäfer (Gnathotrichus ma­
teriarius) immer wieder an lagerndem Holz
festgestellt. Er ähnelt in Lebensweise und
Brutbild dem Gestreiften Nutzholzborken-
käfer und macht sich wie dieser durch den
Auswurf weißen Bohrmehls bemerkbar.
                                                                                               © Werner Otto Schröder

Da die Gänge des Amerikanischen Nutz-
holzborkenkäfers bis zu 27 cm in das Holz
hineinreichen können, ist die technische
Entwertung generell wesentlich stärker als
beim Gestreiften Nutzholzborkenkäfer.
                                                 Abb. 32: Fraßgänge des Gestreiften
                                                 Nutzholzborken­käfers im Splintholz
                                                 Abb. 33: Weißer Bohrmehlauswurf des Gestreiften
                                                 Nutzholzborkenkäfers
                                                 Abb. 34: Brutbild und Imago des Gestreiften
                                                 Nutzholzborkenkäfers

28
3         VORBEUGUNG, ÜBERWACHUNG UND
          BEKÄMPFUNG VON BORKENKÄFERN

Integriertes     Borkenkäfermanagement                    welche(s) bei ausreichender Wirksamkeit die
bedeutet, durch eine Vielzahl an möglichen                geringstmöglichen Gefahren für die Gesund-
Maßnahmen zur Vorbeugung, Überwachung                     heit von Mensch, Tier und Naturhaushalt in
und letztlich zur Bekämpfung der Borken-                  sich birgt. Besondere Sorgfalt erfordern vor
käfer ökologische und ökonomische Schä-                   allem Einzelentscheidungen über den Ein-
den an Waldbeständen zu vermeiden oder                    satz von chemischen Pflanzenschutzmitteln
zumindest zu verringern. Damit werden die                 (PSM), die auf das notwendige Maß be-
vielfältigen Nutz-, Schutz- und Erholungs-                schränkt als letztes Mittel (Ultima ratio) ein-
funktionen der Wälder langfristig erhalten.               gesetzt werden können. Dabei sind neben
Bei Entscheidungen über Bekämpfungs-                      den Regelungen des Pflanzenschutzgeset-
maßnahmen wird jenes Verfahren bzw. die-                  zes auch jene einer etwaigen Zertifizierung
jenige Kombination von Verfahren gewählt,                 zu berücksichtigen (z. B. PEFC, FSC).

          Vorbeugung                                                     Überwachung
 • Waldbauliche Maßnahmen                                            • Schwärmaktivität mittels
   (Standortsgerechte, klimastabile Baumarten,                         Lockstofffallen
   angepasste Herkunft, naturnahe Wald-
   strukturen, Durchforstung, Verkürzung der                         • Entwicklung in Brutbäumen
   Umtriebszeiten)                                                   • Phänologie- und
 • Förderung der Gegenspieler                                          Befallsrisikomodellebrennen

 • Präventiver Brutraumentzug                                        • Terrestrische Befallskontrollen
   (Holzabfuhr, Nass-/Trockenlagerung, Mulchen,
   Entrinden, Hacken, Folienlagerung, Verbrennen)
 • Bei festgestellter Gefährdung:
   Einsatz von Insektiziden
   (Spritzung, Storanet®)

           Ultima ratio !

 • Einsatz von Insektiziden                                          • Befallssanierung vor Ausflug der
  – nach Befall vor Ausflug der Käfer                                  Käfer (Holzabfuhr, Nass-/Trocken-
    (Spritzung, Storanet®)                                             lagerung, Entrinden, Hacken, Folien-
  – nach Befallsbeginn durch                        Bekämpfung         lagerung/-abdeckung, Verbrennen)
                                                                                                              © Markus Kautz

    Holzbrüter (Spritzung)                                           • Einsatz von Fangbäumen zur
  – zur Senkung lokaler Käferdichten                                   Senkung lokaler Käferdichten
   (Trinet® P, Fangholzhaufen, Fangbaum)                               (ohne Insektizid)

Abb. 35: Übersicht über die Maßnahmen des Integrierten Borkenkäfermanagements (Details siehe Text)

                                                                                                              29
3.1    Vorbeugung                                 ation der Bäume um Wuchsraum, Licht,
                                                  Wasser und Nährstoffe, den Erhalt einer
3.1.1 Waldbauliche Maßnahmen                      nachhaltigen Bodenfruchtbarkeit (z. B.
Das waldbauliche Handeln beeinflusst die          Feinaufschluss anstatt flächiger Befah-
Waldschutzsituation kurz-, mittel- und lang-      rung), die Vermeidung von Fäll- und
fristig. Die Beachtung der Grundsätze der         Rückeschäden sowie eine angemesse-
naturnahen Waldwirtschaft, die von vielen         ne Eingriffsstärke bei der Holzernte.
Waldbesitzern praktiziert wird, mindert die     • die Verkürzung der Umtriebszeiten in
Borkenkäfergefahr mittel- und langfristig         vorhandenen, weder standortsgerech-
durch:                                            ten noch klimastabilen Beständen zur
  • die Wahl standortsgerechter und               Herabsetzung des Befalls- (z. B. Buch-
     klimastabiler Baumarten aus an-              drucker) sowie des Sturmwurfrisikos.
     gepassten Herkünften (bei Erst- und
     Wiederaufforstungen, Voranbauten und      3.1.2 Natürliche Gegenspieler
     beim Umbau nicht standortsgerechter             der Borkenkäfer
     Bestände). Auf diese Weise wird die       Eine ganze Reihe von Tierarten sind als
     Resilienz der Bestände und damit auch     Räuber oder Parasitoide (d. h. parasitisch
     die Widerstandsfähigkeit gegenüber        lebende Organismen, die ihren Wirt töten)
     Borkenkäferbefall erhöht.                 wichtige natürliche Gegenspieler der Bor-
  • die horizontale und vertikale Diversi-     kenkäfer. Dazu gehören neben Vogelarten
     fizierung von Bestandesstrukturen         (u. a. Spechte, Kleiber, Meisen) Käfer- und
     inklusive einer konsequenten Förde-       Fliegenarten, Florfliegen, Kamelhalsfliegen
     rung von Mischbaumarten zur Redu-         sowie deren Larven und (besonders wich-
     zierung des Wirtsbaumanteils und zur      tig) zahlreiche Erz-, Schlupf- und Brack-
     Erhöhung der Ausbreitungsverluste der     wespenarten (Beispiele in Abb. 36–40).
     Borkenkäfer.                              Viele dieser Arten benötigen Blütenpflan-
  • die Erhaltung und Förderung von ar-        zen als Nahrung und für die Zeit der Latenz
     tenreichen Waldrändern, anderen           ihres Hauptwirtes andere Nebenwirte. Blü-
     Kleinstrukturen sowie der heimischen      tenpflanzen und Nebenwirte können durch
     Strauch- und Krautflora. Hierdurch        arten- und strukturreiche Waldbestände mit
     werden die natürlichen Gegenspieler       heimischen Pflanzenarten sowie durch die
     gefördert sowie das Bestandesklima        Erhaltung und Förderung von Klein- und
     und der Nährstoffkreislauf positiv be-    Kleinststrukturen im Wald (z. B. Krautsäu-
     einflusst.                                me, Lichtungen, Totholz) gefördert werden.
  • die schonende Behandlung der ver-          Auch entomopathogene Pilze können
     bleibenden Bestände und des Bodens        Borkenkäferpopulationen dezimieren (Abb.
     mit dem Ziel einer einzelbaumorientier-   41). Die natürlichen Gegenspieler tragen
     ten Vitalitätssteigerung. Dies erfolgt    zur Regulation der Populationsdichte von
     durch Entspannung der Konkurrenzsitu-     Borkenkäfern bei, können aber eine Mas-

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