BORKENKÄFER AN NADELBÄUMEN - ERKENNEN, VORBEUGEN, BEKÄMPFEN - Fachagentur Nachwachsende ...
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IMPRESSUM Herausgeber Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) OT Gülzow, Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/6930-0 Fax: 03843/6930-102 info@fnr.de www.fnr.de Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Text Dr. Markus Kautz (Gesamtkoordination), Dr. Horst Delb, Dr. Kati Hielscher, Dr. Rainer Hurling, Dr. Gabriela Lobinger, Dr. Mathias Niesar, Lutz-Florian Otto, Jörg Thiel Redaktion Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sowie Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA-BW), Dr. Markus Kautz Bilder Titel: Werner/Adobe.Stock Gestaltung/Realisierung www.tangram.de, Rostock Druck www.mkl-druck.de, Ostbevern Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis Zitierempfehlung: Kautz, M., Delb, H., Hielscher, K., Hurling, R., Lobinger, G., Niesar, M., Otto, L.-F., Thiel, J. (2021): Borkenkäfer an Nadelbäumen – erkennen, vorbeugen, bekämpfen. FNR, Gülzow-Prüzen, 54 S. Bestell-Nr. 1.136 10. Auflage FNR 2021
INHALT 1 Einführung 4 2 Lebensweise und Befallsmerkmale forstlich wichtiger Borkenkäferarten an Nadelbäumen 6 2.1 Allgemeines zu Rindenbrütern 6 2.1.1 Rindenbrüter an Fichte 8 Buchdrucker (Ips typographus) 9 Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) 11 Weitere Arten 13 2.1.2 Rindenbrüter an Kiefer 15 Sechszähniger Kiefernborkenkäfer (Ips acuminatus) 16 Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer (Ips sexdentatus) 17 Kleiner Waldgärtner (Tomicus minor) 18 Großer Waldgärtner (Tomicus piniperda) 20 2.1.3 Rindenbrüter an Tanne 21 Krummzähniger Tannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens) 21 Kleiner Tannenborkenkäfer (Cryphalus piceae) 23 2.1.4 Rindenbrüter an Lärche 24 Großer Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae) 24 2.1.5 Rindenbrüter an Douglasie 26 2.2 Allgemeines zu Holzbrütern 26 Gestreifter Nutzholzborkenkäfer (Trypodendron lineatum) 27 Weitere Arten 27 3 Vorbeugung, Überwachung und Bekämpfung von Borkenkäfern 29 3.1 Vorbeugung 30 3.1.1 Waldbauliche Maßnahmen 30 3.1.2 Natürliche Gegenspieler der Borkenkäfer 30 3.1.3 Präventiver Brutraumentzug 32 3.1.4 Einsatz von Insektiziden bei festgestellter Gefährdung 34 3.2 Überwachung 34 3.2.1 Monitoring der Schwärmaktivität mit Lockstofffallen 34 3.2.2 Monitoring und Modellierung der Käferentwicklung 37 3.2.3 Terrestrische Befallskontrolle im Bestand 39 3.3 Bekämpfung 42 3.3.1 Maßnahmen nach festgestelltem Befall 42 3.3.2 Maßnahmen zur Absenkung der Käferdichte zur Befallsverminderung 47 4 Weiterführende Informationen 52 4.1 Ansprechpartner 52 4.2 Ergänzende Literatur 54 3
1 EINFÜHRUNG Von der in Deutschland über einhundert davon verursacht von Borkenkäfern, insbe- Arten umfassenden Gruppe der Borken- sondere in Fichtenwäldern. Damit wurde ein käfer gelten die meisten Arten als „sekun- seit Beginn der Aufzeichnungen nie dagewe- däre“ Schadinsekten. Sie finden nur in vor- senes Schadausmaß erreicht. In kürzester geschädigten, absterbenden, geworfenen Zeit sind mehr als 250.000 Hektar Wald- oder bereits von der Wurzel getrennten bestände verschwunden, welche nun einer Bäumen günstige Entwicklungsbedingun- Wiederbewaldung bedürfen. Diese Zahlen gen. Wurf- und Bruchholz infolge von Sturm veranschaulichen den hohen wirtschaft- oder Schnee/Eis sowie durch Insektenfraß, lichen Verlust für die Waldbesitzer und den Immissionen oder Trockenheit/Hitze ge- nachhaltigen Einfluss dieser Störungen auf schwächte Bäume bilden üblicherweise die Waldentwicklung. Damit sind die Bor- bevorzugte Brutstätten. Von hier können kenkäfer vor allem in den Fichtenwäldern insbesondere bei trockenwarmer Sommer- mehr denn je die mit Abstand wirtschaft- witterung Massenvermehrungen ihren Aus- lich bedeutendsten Schadinsekten. gang nehmen. Die Käferdichte steigt unter diesen Bedingungen so stark an, dass man- Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Bor- che rindenbrütenden Borkenkäferarten zu kenkäfer ist, wie bei allen Insekten, in ho- „Primärschädlingen“ werden können. Dabei hem Maße temperaturabhängig. So beträgt überwinden sie durch ihren Massenangriff beispielsweise die Entwicklungsdauer des auch die Widerstandskraft gesunder Bäume rindenbrütenden Buchdruckers in Abhängig- und bringen diese zum Absterben. Dadurch keit von der Temperatur ca. 6 bis 10 Wochen. kann es zu Kalamitäten großen Ausmaßes Die bereits spürbare und weiter zunehmende kommen, wie beispielsweise im 18. Jahr- Klimaveränderung führt höhenübergreifend hundert, als im Harz die „Große Wurmtrock- sowohl zu durchschnittlich höheren Tempera- nis“ 30.000 Hektar entwaldete, oder wie turen als auch zu einer längeren Vegetations- nach dem Zweiten Weltkrieg, als zwischen zeit, wodurch häufig eine schnellere Entwick- 1945 und 1951 in Mitteleuropa 30 Millio- lung der Käferbruten und damit immer öfter nen Festmeter Käferholz anfielen. In neuerer auch die Anlage einer weiteren Generation Zeit entwickelten sich in Deutschland groß- pro Jahr ermöglicht wird. Eine erhöhte Ge- räumige Borkenkäferkalamitäten nach den nerationenzahl pro Jahr hat wiederum einen Orkanen „Vivian“/„Wiebke“ (1990), „Lothar“ nahezu exponentiellen Anstieg der Borkenkä- (1999) und „Kyrill“ (2007) sowie in den ferpopulation und damit verbunden auch des Trockensommern 2003, 2018 und 2019. Schadpotenzials zur Folge. Massenvermeh- Allein in den Jahren 2018 bis 2020 fielen in rungen von Borkenkäfern werden infolge den deutschen Nadelwäldern ca. 170 Milli- des Klimawandels in den kommenden onen Festmeter Schadholz an – ein Großteil Jahr(zehnt)en daher weiter an Intensität 4
sowie Häufigkeit zunehmen, begünstigt auch durch die Interaktion mit den zumeist ebenfalls zunehmenden abiotischen Schäden durch Hitze, Dürre und Sturm. © Horst Delb Das System des Integrierten Borkenkä- fermanagements (siehe ab S. 29) ermög- licht die Kombination einer Vielzahl von Abb. 1: Fortschreitender Borkenkäferbefall im waldbaulich-biologischen, biotechnischen, Bannwald (Totalreservat) „Napf“ am Feldberg / Schwarzwald (ca. 1.200 m ü. NN) mechanischen und als letzte Option auch chemischen Maßnahmen zur Vorbeugung, Überwachung und Bekämpfung von Bor- kenkäfern. Das Rückgrat dieses Systems bil- sen unbedingt rechtzeitig erfolgen – also det das bereits seit Jahrhunderten bekannte am besten vor Befall, auf jeden Fall jedoch „Prinzip der sauberen Waldwirtschaft“ als bevor ausflugfähige Jungkäfer in den Brut- eine wirksame Maßnahme zur Vermeidung bildern entwickelt sind. Grundvorausset- bzw. Eindämmung von Borkenkäferkalami- zung ist daher die regelmäßige Kontrol- täten. Es umfasst die Gesamtheit jener Maß- le der Bestände auf frischen (Stehend-) nahmen, mit denen verhindert wird, dass Befall. Sowohl Intensität als auch Wahl zur Schwärmzeit bruttaugliches oder bereits der einzelnen Maßnahmen können dabei befallenes Material im Wald vorhanden ist zeitlich und räumlich variieren, je nach (Brutraumentzug), welches den Ausgangs- Gefährdungslage und individuellen Mög- punkt für nachfolgenden Stehendbefall dar- lichkeiten. Unterstützt wird das klassische stellen kann. Solche Maßnahmen, wie z. B. Borkenkäfermanagement zunehmend von die Abfuhr oder das Entrinden (bei rinden- digitalen Entscheidungshilfen, wie Ent brütenden Borkenkäfern) von Holz, müs- wicklungs- und Befallsrisikomodellen. © 3 x Bildarchiv Wald u. Holz NRW Abb. 2: Bestandesbedrohende Ausbreitung von Buchdruckerbefall innerhalb weniger Monate (Aufnahme datum 24.08. links, 18.09. Mitte, 16.12. rechts); die Sanierungsmaßnahme Anfang September kam zu spät, die Jungkäfer waren zum großen Teil bereits ausgeflogen, die Kronen verfärben sich erst mit Verzögerung 5
2 LEBENSWEISE UND BEFALLSMERKMALE FORSTLICH WICHTIGER BORKENKÄFER ARTEN AN NADELBÄUMEN Borkenkäferarten können in die Kategorien 2.1 Allgemeines zu Rinden- oder Holzbrüter eingeteilt werden. Rindenbrütern Rindenbrüter legen ihre Brutsysteme unter der Rinde der Bäume an; Larven und z. T. auch Sämtliche Rindenbrüter haben Folgendes Käfer ernähren sich vom Bast. Das Holz wird gemeinsam: hier nur geringfügig durch oberflächliche Fraß- • Entwicklung der Brut im Rinden-/Splint- gänge und indirekt durch Pilze (Bläue und Rot- holzbereich, zumeist im Bast. Dadurch streifigkeit) entwertet. Holzbrüter hingegen Zerstörung der Bast- und häufig auch bohren sich bis ins Splintholz und legen dort der Kambialschicht durch Larvenfraß, ihre Eier ab; Käfer und Larven ernähren sich Reifungsfraß und Muttergänge der Käfer. von Pilzen, die sie in den Brutgängen züchten. Dies führt bei stammumfassendem Befall Die mit der Brutanlage einhergehende Zer- zur Unterbrechung des Stofftransportes störung des Holzes führt im Gegensatz zu den über die Rinde in die Wurzeln und damit, Rindenbrütern zu einer erheblichen Wertmin- z. T. noch in Verbindung mit durch die derung des Holzes bezüglich der technischen Käfer eingebrachten pathogenen Pilzen, (Stabilität) und visuellen Eigenschaften. zum Absterben der Bäume. • Befallsmerkmale: In der frühen Befalls- Im Folgenden werden die wichtigsten Ar- phase oft Harztröpfchenbildung (nicht ein- ten an den verschiedenen Wirtsbaumarten deutig, bei Trockenstress eingeschränkt), vorgestellt, wobei bundesweit die Schadre- dann zunehmend brauner Bohrmehlaus- levanz der rindenbrütenden Fichtenborken- wurf, z. T. vermischt mit Baumharz (Harz- käfer deutlich höher als die der anderen trichterbildung) an den Einbohrlöchern, Arten zu bewerten ist. später Rindenspiegel und Spechtabschlä- ge sowie Nadelabfall und -verfärbung. • Das Fraß- oder Brutbild der Rindenbrü- ter (Abb. 4) lässt sich unterteilen in: – das Einbohrloch mit Eingangsröhre oder bei polygamen Arten mit Paa- rungskammer (Rammelkammer), – vom Einbohrloch bzw. der Paarungs- kammer ausgehende Muttergänge, die Luftlöcher aufweisen können, 6
– von den Eiablagestellen im Mutter- gang ausgehende, allmählich breiter werdende Larvengänge und – Puppenwiegen am Ende der Larven- gänge, in denen die Verpuppung und Metamorphose (als „freie Puppe“ ohne Kokon) zum Jungkäfer erfolgt. Der sich direkt an den Schlupf der Jungkäfer anschließende Reifungsfraß zerstört häufig die Gangstrukturen, sodass die Zuordnung eines Brutbildes zu einer Käferart dann er- schwert sein kann. © Werner Otto Schröder Abb. 4: Aufbau des Brutbildes eines Rinden brüters (am Beispiel des Buchdruckers): © Werner Otto Schröder 1 = Paarungskammer mit Einbohrloch 2 = Muttergänge mit Einischen und Luftlöchern 3 = Larvengänge 4 = Puppenwiegen Abb. 3: Entwicklungsstadien des Buchdruckers: 1 = Eier im Muttergang (L = Luftloch) 2 = ältere Larve 3 = Puppe 4 = Käfer (Imago); oben: Aufsicht, unten: Seitenansicht 5 = Flügeldeckenabsturz 7
2.1.1 Rindenbrüter an Fichte Kupferstecher Pityogenes chalcographus Dunkelbrauner Fichtenbastkäfer Hylurgops glabratus Doppeläugiger Fichtenbastkäfer Polygraphus poligraphus Nordischer Fichtenborkenkäfer Ips duplicatus Buchdrucker Ips typographus Riesenbastkäfer Dendroctonus micans Quelle: Kati Hielscher, verändert nach Dingler, M. In: Escherich, K. (1923): Die Forstinsekten Mitteleuropas. Abb. 5: Rindenbrüter an Fichte – Übersicht 2. Band, Berlin, Parey 8
Buchdrucker (Ips typographus) Diese Art, auch Großer Achtzähniger Fichten- borkenkäfer genannt, ist der am weitesten verbreitete und wirtschaftlich bedeutendste Forstschädling an der Fichte. Massenver- © Werner Otto Schröder mehrungen dieser zunächst sekundären Kä- ferart führen zum Befall von vitalen Bäumen (Stehendbefall) und damit ohne angemes- sene Gegenmaßnahmen zum großflächigen Absterben von Fichtenbeständen. Der Käfer bevorzugt die dickere Stammrinde von Fich- Abb. 6: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des ten im Baum- bis Altholzalter (Durchmesser Buchdruckers > 20 cm), befällt bei Brutraummangel aber auch Stangenhölzer. chen, im Extremfall auch 5 Wochen mög- lich; häufig Geschwisterbruten im selben Brutbild Baum oder anderen Bäumen, dadurch Zwei- bis dreiarmige Muttergänge (Längs sind besonders die im Sommer vorge- gänge), davon quer abzweigende Larven fundenen Individuen nur schwer einer gänge, die in Puppenwiegen enden bestimmten Generation zuzuordnen. (Abb. 4). Überwinterung Käfer Hauptsächlich in der Rinde (im Brutbild Dunkelbraun, 4,2−5,5 mm lang, Flügel- alle Stadien, Käfer auch in separaten kur- deckenabsturz beidseitig mit je vier Ab- zen Überwinterungsgängen), z. T. auch in sturzzähnen, von denen der dritte am der Bodenstreu und in abgefallenen Rin- größten und geknöpft ist (Abb. 3 und 6). denstücken am Boden. Strenge Winter führen meist zum Absterben der weißen Flugzeit Entwicklungsstadien; in milden Wintern, April bis September, gesteuert durch wie sie im Klimawandel häufiger auf- Temperatur und Tageslichtlänge. treten werden, können hingegen auch Hauptflugzeiten: April/Mai u. Juli/August. Larven und Puppen ohne große Verluste überleben. Generationen Zwei bis drei Generationen im Jahr, in Wirtsbäume Hochlagen >1.000 m ü. NN meist ein Neben Fichten werden bei hohem Popu- bis zwei Generationen; Entwicklungszeit lationsdruck selten und mit geringerem vom Ei bis zum fertigen Käfer beträgt Bruterfolg auch Kiefern, Lärchen und temperaturabhängig ca. 6 bis 10 Wo- Douglasien befallen. 9
© Ortwin Vaupel © Reinhold John Abb. 7: Buchdrucker im Brutbild Abb. 8: An den braunen Bohrmehlhäufchen am Stammfuß und am Stamm lässt sich Buchdru ckerbefall in der Frühphase erkennen Befallsmerkmale denvegetation (Abb. 8). Bohrmehl- • Erste Einbohrungen erfolgen bei ansammlungen sind sehr vergäng- geringeren Populationsdichten zu- lich und das Fehlen bedeutet nicht nächst meist unterhalb des Kronen- zwangsläufig, dass aktuell keine ansatzes. Entstandene Bohrlöcher, Besiedlung stattfindet! z. T. mit Harztrichtern, sind dort je- • Etwa 2-Euro-Stück-große, helle Fle- doch nur mit einem guten Fernglas cken auf der Rinde (Rindenspiegel), durch geschulte Augen erkennbar. verursacht durch Spechte, welche Befall schreitet dann nach unten einzelne Rindenschuppen auf der und oben fort. Suche nach Nahrung abschlagen. • Harztröpfchen und -fluss zunächst In diesem Befallsstadium ist die An- im Bereich des Kronenansatzes; lage der Brut meist bereits erfolg- Harzfluss ist nicht zwingend durch reich abgeschlossen. Borkenkäferbefall verursacht, kann • Verfärbung der Nadeln (fahlgrün – aber ein Hinweis darauf sein. gelb/rötlich – braun), Abfall noch • Auswurf von braunem Bohrmehl bei grüner Nadeln (Nadelteppich am der Anlage von Paarungskammer Boden) sowie Abfall von größeren und Muttergängen, kann während Rindenstücken (Spechtabschläge, der gesamten Flugzeit vorkom- auch bei noch grüner Krone) erfol- men. So bilden sich am liegenden gen je nach Witterung, Baumphy- Stamm Bohrmehlhäufchen (die siologie und Befallsdichte einige bei Regen abgewaschen oder von Wochen bis Monate nach dem Be- starkem Wind verweht werden). fallsbeginn und sind dann keine Am stehenden Stamm sammelt Hilfe mehr beim Auffinden aktuel- sich das Bohrmehl auf und hinter len Befalls. Zu diesem Zeitpunkt ist Rindenschuppen, am Stammfuß ein Großteil der Brut bereits ausge- oder auf Spinnweben zwischen den flogen und ggfs. frischer Befall an Wurzelanläufen sowie auf der Bo- Nachbarbäumen zu finden. 10
Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) Dieser sehr kleine Borkenkäfer, auch Sechs- ebenfalls zur Massenbrutstätte werden. Bei zähniger Fichtenborkenkäfer genannt, ist oft Massenvermehrung kommt es häufig zu Pri- mit dem Buchdrucker (an älteren Fichten) märbefall, wobei dann selbst ältere Bestän- und dem Furchenflügeligen Fichtenbor- de zum Absterben gebracht werden können. kenkäfer (Pityophthorus pityographus, sie- Die Schadflächen und Käferholzmengen he S. 26) vergesellschaftet. Da er dünne Rin- sind meist jedoch deutlich geringer als beim de bevorzugt, befällt er diese vorwiegend im Buchdrucker. oberen Kronenbereich (von unten zunächst schwer erkennbar); Buchdruckerbefall er- folgt meist nachgelagert im Stammbereich. Vor allem aber besiedelt der Kupferstecher Stangenhölzer, Dickungen und gelegent- lich auch (besonders frisch gepflanzte) Jungpflanzen in Kulturen sowie Naturver- jüngungen (Abb. 12). Am Boden liegender Schlagabraum und Aushiebsmaterial von © Werner Otto Schröder Pflegeeingriffen in schwächeren Beständen kann in Verbindung mit warmer Witterung Abb. 10: Brutbild des Kupferstechers mit Larven (Mitte und unten) und Puppen © FVA Baden-Württemberg © Werner Otto Schröder Abb. 9: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des Abb. 11: Kupferstecher-Jungkäfer Kupferstechers (oben männlich, unten weiblich) in Puppenwiege 11
© Werner Otto Schröder © Werner Otto Schröder Abb. 12: Kupferstecherbefall am Bestandesrand (links) und zunächst nur vom Gegenhang erkennbar im Bestand (rechts) Brutbild Überwinterung Von der Paarungskammer, die im Brut- Hauptsächlich im Brutbild (alle Stadien, bild auf der Innenseite der abgehobenen die Larvenstadien sind sehr robust ge- Rinde nicht sichtbar ist (da vollständig im gen tiefere Frosttemperaturen); als Käfer Bast liegend), werden drei bis sechs stern- auch in der Bodenstreu. förmig ausgehende Muttergänge angelegt (Sterngang). Hiervon gehen die Larven- Wirtsbäume gänge beidseitig quer verlaufend ab und Neben Fichte gelegentlich auch andere enden in Puppenwiegen (Abb. 9–11). Nadelbaumarten, insbesondere Lärche, Douglasie, Tanne und Kiefer. Käfer Kupferfarben glänzend (Name), 1,6– Befallsmerkmale 2,9 mm lang, Flügeldeckenabsturz beid- Rötung einzelner Äste oder ganzer Kro- seitig mit je drei Zähnen, bei Männchen nen (Abb. 12), viele Harztröpfchen durch und Weibchen unterschiedlich ausge- Harzaustritt an den Einbohrlöchern und prägt (Abb. 9 und Abb. 11). Auswurf von sehr feinem braunem Bohr- mehl. Die frühzeitige Befallserkennung Flugzeit fällt deutlich schwerer als beim Buch- April bis September, Hauptflugzeiten: drucker, besonders bei Befall in den April/Mai und Juli/August. Kronen von Altfichten, da hier der Bohr- mehlauswurf nicht erkennbar ist. Generationen Eine bis zwei, selten drei Generationen im Jahr; daneben Geschwisterbruten. 12
Weitere Arten mit 2,8−4,5 mm Körperlänge etwas kleiner Weitere rindenbrütende Fichtenborkenkä- als der Buchdrucker (Abb. 13), kann eine ferarten mit nachgeordneter Schadrelevanz sichere Unterscheidung nur mikroskopisch werden im Folgenden verkürzt vorgestellt: erfolgen. Sowohl das Brutbild als auch die Phänologie ist sehr ähnlich zum Buchdru- cker. Ein Befall ist aufgrund des geringeren Bohrmehlauswurfes und des Befalls im Kronenbereich sowie im Bestandesinneren sehr viel schwieriger zu erkennen. © Franz Matschulla © Werner Otto Schröder Abb. 13: Nordischer Fichtenborkenkäfer (Mitte) im Größenvergleich mit Buchdrucker (unten) und Kupferstecher (oben) Abb. 14: Brutbild und Imago des Doppeläugigen Fichtenbastkäfers Der Nordische Fichtenborkenkäfer (Ips duplicatus), ursprünglich in der nördlichen Taiga beheimatet, tritt seit einigen Jahr- Der Doppeläugige Fichtenbastkäfer (Poly zehnten zunehmend auch in Mitteleuropa graphus poligraphus) ist 2,2–3 mm groß, (z. B. Tschechien) in Erscheinung und ist tritt vor allem als Sekundärschädling in auch bereits in Deutschland gebietsweise schwächeren Baumhölzern auf (Fichte, sel- nachgewiesen. Dabei profitiert er als se- tener Tanne, Lärche und Kiefer) und profitiert kundäre Art von der Schwächung der Wirts- häufig von Erstbefall durch Buchdrucker bzw. bäume und dem Vorbefall durch den sehr Kupferstecher. Bei Massenvermehrungen viel aggressiveren Buchdrucker, kann aber kann er jedoch Befallsherde bilden und so- in Massenvermehrungen auch eigenstän- wohl ältere als auch jüngere Bäume zum Ab- dig Befall verursachen. Wirtsbäume sind in sterben bringen. Das sternförmige Brutbild erster Linie Fichten jeden Alters, seltener wirkt in der abgehobenen Rinde unstrukturiert auch Lärche, Kiefer und Douglasie. Obwohl und unzusammenhängend, da es sich über 13
verschiedene Ebenen in der Rinde verzweigt Der Gelbbraune (Hylurgops palliatus) so- (Abb. 14). Auch die Paarungskammer ist dann wie Dunkelbraune Fichtenbastkäfer (H. gla nicht erkennbar. Die Schwärmperiode der ei- bratus), 2,5–3,2 bzw. 4,5–5 mm groß, sind nen, selten einer zweiten Generation umfasst stark sekundär auftretende Arten, die nur die Monate Mai bis August. eingeschlagene, absterbende oder extrem geschwächte Bäume mit meist bereits ab- Für den Riesenbastkäfer (Dendroctonus sterbender Rinde (brauner Bast, der leicht micans), mit 5,5−9 mm Körperlänge die nach Alkohol riecht) befallen. Sie treten oft größte europäische Borkenkäferart, sind massenhaft in Hiebsresten nach Durchfors- der große Platzgang, in dem die Larven tungen auf und sind hier wichtige Brutraum- auf breiter Front fressen (Abb. 15), und konkurrenten von Buchdrucker und Kupfer- die mit großen Harztrichtern versehenen stecher. Außerdem werden auch häufig Einbohrlöcher charakteristisch. Der Befall die vom Gestreiften Nutzholzborkenkäfer eines Baumes beginnt oft an Rindenver- (siehe S. 27) befallenen Hölzer besiedelt. letzungen. Die bevorzugte Besiedlung des Hauptwirtsbaum ist die Fichte, H. palliatus Erdstammstücks kann Brutraumkonkurrenz kommt aber auch an Kiefer vor. Beide Arten zum Buchdrucker verursachen. Wirtschaft- schwärmen hauptsächlich im April und Juli, lich relevant ist der Käfer besonders in Sit- zum Teil auch bereits im März bzw. noch ka-Fichtenbeständen, zudem bisweilen in im August/September. Das Brutbild ist von Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkul- einem einarmigen, 3−5 cm langen, stiefel- turen an „Blaufichten“ (z. B. Picea pungens förmigen Muttergang gekennzeichnet, der und var. glauca), besonders, wenn diese im Splint eingeschürft ist. Die quer davon auf ungeeigneten Standorten stehen oder abgehenden Larvengänge sind auffallend bei der Schmuckreisiggewinnung eine zu lang. Sie verlaufen unregelmäßig und kreu- starke Reduktion der Kronen erfolgt. zen sich, sodass ein wirres Fraßbild ent- steht, das gut von dem des Buchdruckers Abb. 15: Fraßbild des Riesenbastkäfers mit Larven unterschieden werden kann (Abb. 16). Abb. 16: Brutbild und Imago des Gelbbraunen Fichtenbastkäfers © Werner Otto Schröder © Kati Hielscher 14
2.1.2 Rindenbrüter an Kiefer Borkenkäfer zählt. Neben den im Folgenden Der forstwirtschaftlich relevanteste Rinden- vorgestellten Borkenkäferarten an Kiefern brüter an Kiefern ist der Blaue Kiefern- wird der Zweizähnige Kiefernborkenkäfer prachtkäfer (Phaenops cyanea). Im weite- (Pityogenes bidentatus) häufig an Ästen ren Text wird diese Art jedoch nicht weiter und Zweigen älterer Kiefern und in Kiefern- beschrieben, da sie nicht zur Gruppe der kulturen gefunden. Zweizähniger Kiefernborkenkäfer Sechszähniger Pityogenes bidentatus Kiefernborkenkäfer Ips acuminatus Kleiner Waldgärtner Tomicus minor Großer Waldgärtner Tomicus piniperda Blauer Kiefernprachtkäfer Phaenops cyanea Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer Ips sexdentatus Quelle: Kati Hielscher, verändert nach Fataar, V. In: Nierhaus-Wunderwald, D. & Forster, B. (2012): Rindenbrütende Käfer an Föhren. WSL Merkblatt Praxis, Nr. 31, 2. Auflage, verändert nach Dingler, M. In: Escherich, K. (1923): Die Forstinsekten Mittel- europas. 2. Band, Berlin, Parey Abb. 17: Rindenbrüter an Kiefer – Übersicht 15
Sechszähniger Kiefernborkenkäfer (Ips acuminatus) Der Sechszähnige oder auch Scharfzähni- ge Kiefernborkenkäfer tritt eher sekundär auf, ist aber zum Teil auch Erstbesiedler. Der Befall, der meist im Spiegelrindenbe- reich oben am Stamm oder an Starkästen © Werner Otto Schröder beginnt, bleibt häufig zunächst unentdeckt und wird erst durch die Besiedlung der unteren Stammpartie durch den Zwölfzäh- nigen Kiefernborkenkäfer oder den Großen Waldgärtner bzw. durch von Starkästen ab- fallende Rinde sichtbar. Durch Übertragung Abb. 18: Brutbild und Flügeldeckenabsturz von Bläuepilzen kann der Käfer die visuel- des Sechszähnigen Kiefernborkenkäfers (oben männlich, unten weiblich) len Holzeigenschaften beeinträchtigen. Brutbild Generationen Sternförmig mit vier bis acht max. 40 cm Eine bis zwei Generationen im Jahr, da- langen Muttergängen, die tief im Splint ein- neben Geschwisterbruten. gegraben und häufig mit Bohrmehl gefüllt sind; Larvengänge sehr kurz, weit ausei- Überwinterung nander liegend, alternierend vom Mutter- Als Käfer im Brutbild oder in Kronenästen. gang abzweigend (Abb. 18). Das ist typisch und ein wesentlicher Unterschied zu ande- Wirtsbäume ren Arten (z. B. im Vergleich zum Zweizähni- Hauptsächlich Kiefernarten, selten Fichte, gen Kiefernborkenkäfer); die Larvengänge Tanne, Lärche oder Douglasie. bilden sich ebenfalls im Splint ab. Befallsmerkmale Käfer Da der Befall meist im Kronenraum beginnt, Dunkelbraun, 2,2−3,5 mm lang; Flügel- werden Befallssymptome von unten erst deckenabsturz mit beidseits drei Zähnen, spät sichtbar. Am liegenden Holz bildet das beim Männchen dritter Zahn zweispitzig, ausgeworfene Bohrmehl Häufchen. Am beim Weibchen einspitzig (Abb. 18). stehenden Baum wird der Befall meist erst durch eine Verfärbung und spätere Rötung Flugzeit der Nadeln einzelner Zweige, Äste bzw. der April/Mai bis August, ganzen Krone oder das Abfallen von Rinde Hauptflugzeit: April/Mai. im Spiegelrindenbereich sichtbar. 16
Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer (Ips sexdentatus) Der Zwölfzähnige Kiefernborkenkäfer besie- delt in Mitteleuropa liegende Stämme, ge- worfene und stark vorgeschädigte stehende Bäume (z. B. durch Waldbrand, Sturm, Tro- ckenstress, nadelfressende Schmetterlings- © Werner Otto Schröder raupen oder Blattwespenlarven), in Süd- europa werden jedoch auch vitale Bäume befallen. Er bevorzugt den grobborkigen, unteren Stammbereich und ist häufig ver- gesellschaftet mit anderen Borkenkäferar- ten. Der Befall konzentriert sich oft in Form Abb. 19: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des typischer „Käferlöcher“. Seine forstliche Be- Zwölfzähnigen Kiefernborkenkäfers deutung nimmt in Deutschland vor allem in bereits vorgeschädigten Kiefernbeständen deutlich zu. Brutbild Generationen Von der Paarungskammer gehen zwei Eine bis zwei Generationen im Jahr; dane- bis sechs in Faserrichtung verlaufende ben Geschwisterbruten; die Entwicklungs- Muttergänge aus, die bis zu 80 cm lang dauer kann bei hohen Temperaturen sehr werden können. Die quer verlaufenden kurz sein (nur vier bis sechs Wochen). Larvengänge sind relativ kurz und enden in großen, schüsselförmigen Puppen- Überwinterung wiegen (Abb. 19). Als Käfer in der Bodenstreu, unter der Rinde von Stämmen, Stöcken, alten Kie- Käfer fern oder im Brutbild. Braun, 5−8 mm lang (sehr groß), Flügel- deckenabsturz beidseits mit je sechs Ab- Wirtsbäume sturzzähnen (Abb. 19). Hauptsächlich Kiefernarten, selten an Fichte, Lärche und Tanne. Flugzeit April bis August, Hauptflugzeit: April/Mai Befallsmerkmale und Juli/August. Starker Bohrmehlauswurf, Rötung oder Vergilbung der Krone, Spechtabschläge, später Abfallen der Rinde. 17
Kleiner Waldgärtner (Tomicus minor) Der Kleine Waldgärtner ist forstwirtschaft- lich bedeutsamer als sein großer Namens- vetter, da er in der Lage ist, bereits weniger stark geschwächte Bäume zu befallen und zum Absterben zu bringen. Neben stehen- den Bäumen besiedelt der Käfer häufig auch liegende Hölzer und Waldresthölzer. Vorzugsweise entwickeln sich die Käfer im dünnrindigen Spiegelrindenbereich unter und in der Krone oder an dünnen Stämmen. © Kati Hielscher Die Art ist Überträger von Bläuepilzen, wo- durch zusätzliche wirtschaftliche Verluste entstehen (visueller Schaden). Abb. 21: Harztrichter bei Befall durch Waldgärtner Daneben besteht die forstliche Bedeutung des Kleinen Waldgärtners in der Schwä- chung vitaler Kiefern durch den Reifungs- ab. Als typisches Schadbild resultieren und Regenerationsfraß der Jung- und Alt- „beschnittene“ Kronen (Name) und abge- käfer in ein- bis zweijährigen Trieben. Die brochene Triebe (Absprünge, Abb. 22) am Triebe werden ausgehöhlt (Markröhrenfraß) Boden. Die Anzahl solcher Absprünge kann und brechen dann durch Windeinwirkung als Kriterium für die Käferdichte dienen. © Werner Otto Schröder Abb. 20: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des Kleinen Waldgärtners 18
© Werner Otto Schröder Abb. 22: Zweigabsprünge mit noch grünen Nadeln am Boden – Hinweis auf erhöhte Waldgärtnerdichte Brutbild Generationen Doppelarmiger, das Splintholz tief fur- Eine Generation im Jahr; daneben Ge- chender Quergang, der aus zwei bis zu schwisterbruten. 8 cm langen Muttergängen besteht, von denen die Larvengänge nahezu senk- Überwinterung recht abgehen (Klammergang, Abb. 20). Als Käfer vornehmlich in der Bodenstreu, Die Puppenwiegen liegen im Splintholz z. T. auch in abgebrochenen Trieben. (Löcher). Wirtsbäume Käfer Kiefernarten, selten Fichte. Dunkelbraun bis schwarz, 3,2–5,2 mm lang, abgerundeter Flügeldeckenabsturz Befallsmerkmale mit gekörnten Furchen, Bastkäfer: Kopf Braunes und/oder weißes Bohrmehl, oft von oben sichtbar. Harztrichter an den Einbohrlöchern (Abb. 21); Vergilben oder Rötung der Krone, Flugzeit später Abfallen großer Rindenstücke; Ab- März bis August, Hauptflugzeit: März sterben von Ästen, Kronenteilen oder gan- bis Mai (etwas später als der Große zen Bäumen; Abfallen der jüngsten Trieb- Waldgärtner). spitzen, die von den Käfern ausgehöhlt wurden; Absprünge am Boden (Abb. 22). 19
Großer Waldgärtner (Tomicus piniperda) Der Große Waldgärtner befällt vorzugsweise den grobborkigen, unteren Stammbereich. Besiedelt werden sowohl liegende als auch stehende Stämme ab Stangenholzalter. Ste- hende Stämme werden i. d. R. nur befallen, wenn sie durch andere Ursachen bereits stark geschwächt sind (z. B. durch starke, fraßbedingte Nadelverluste, Diplodia-Trieb- © Werner Otto Schröder sterben, Kienzopf- oder Hallimaschbefall, Vorbefall durch andere Rindenbrüter). Wie beim Kleinen Waldgärtner entstehen Ab- sprünge durch Käferfraß. Durch diese Schä- digung werden Holzzuwachsverluste von bis zu 40 % verursacht. Abb. 23: Brutbild und Flügeldeckenabsturz des Großen Waldgärtners Brutbild Generationen Einarmiger, bis 15 cm langer, häufig mit Eine Generation im Jahr, daneben Ge- einer Harzkruste ausgekleideter Mutter- schwisterbruten. gang (Längsgang), der am liegenden Stamm im Anfangsteil krückstockartig Überwinterung gekrümmt ist. Von diesem gehen die Als Käfer eingebohrt am Stammfuß, sel- quer verlaufenden Larvengänge ab, die tener in der Bodenstreu. in länglichen Puppenwiegen in der Rin- de enden (Abb. 23). Wirtsbäume Kiefernarten, auch Fichte und Lärche. Käfer Schwarzbraun bis schwarz, 3,5–5,2 mm Befallsmerkmale lang; abgerundeter Flügeldeckenabsturz Wie Kleiner Waldgärtner; durch die Brut- mit zwei glatten Furchen, Bastkäfer: Kopf entwicklung Absterben ganzer Kiefern, von oben sichtbar. nicht nur von Kronenteilen. Flugzeit (Februar)/März (Frühschwärmer) bis August, Hauptflugzeit: März/April. 20
2.1.3 Rindenbrüter an Tanne Kleiner Tannenborkenkäfer Mittlerer Cryphalus piceae Tannenborkenkäfer Pityokteines vorontzovi Westlicher Tannenborkenkäfer Pityokteines spinidens Krummzähniger Tannenborkenkäfer Pityokteines curvidens Tannenrüssler Pissodes piceae Quelle: Autorenkollektiv, geändert nach Nierhaus- Wunderwald, D. (1995): Rindenbrütende Käfer an Weisstanne. Biologie und forstliche Massnahmen; Abb. 24: Rindenbrüter an Tanne – Übersicht WSL Merkblatt Praxis, Nr. 23 Krummzähniger Tannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens) Besonders auf Grenzstandorten und außer- schädling. Bei Primärbefall bohrt sich der halb des natürlichen Verbreitungsgebietes Käfer zunächst in die oberen, später auch in der Tanne ist er ein bedeutsamer Tannen- weiter unten liegende Stammteile ein. 21
© Werner Otto Schröder © Markus Kautz Abb. 26: Rindenabfall und Nadelverfärbung Abb. 25: Brutbild und Flügeldeckenabsturz nach Befall durch den Krummzähnigen Tannen des Krummzähnigen Tannenborkenkäfers borkenkäfer an Weißtanne; die Käfer sind hier größtenteils bereits ausgeflogen Brutbild Wirtsbäume Die Muttergänge werden doppelarmig in Neben den Tannenarten selten Fichte, quer zur Stammachse stehender H-Form Lärche, Douglasie und Kiefer. (Doppelarmiger Quergang, „Doppelklam- mer“) angelegt (Abb. 25). Die Puppen- Befallsmerkmale wiegen liegen im Splintholz (Löcher). Wenig Harzfluss und wenig braunes Bohrmehl, Löcher im Splintholz; Nadel- Käfer verfärbung vielfach im unteren Kronen- Schwarzbraun, 2,5–3 mm lang; erster bereich beginnend (Abb. 26). Absturzzahn senkrecht nach oben, zwei- ter Zahn hakenförmig nach innen gebo- gen (Name, Abb. 25). Der Krummzähnige Tannenborkenkäfer wird häufig von zwei Arten der Gattung Pityok Flugzeit teines mit ähnlicher Lebensweise begleitet: März/April bis August, Hauptflugzeiten: dem Westlichen Tannenborkenkäfer (P. April und Juli. spinidens) und dem Mittleren Tannenbor- kenkäfer (P. vorontzovi). Der Westliche Tan- Generationen nenborkenkäfer lebt häufig mit dem Krumm- Eine bis zwei, selten drei Generationen zähnigen im selben Stamm, ist aber selten im Jahr; daneben Geschwisterbruten. dominant. Er hat ein sternförmiges Brutbild (Achtung: bei Geschwisterbruten kann auch Überwinterung der Krummzähnige ein sternförmiges Brut- In allen Stadien im Brutbild unter der bild anlegen). Der Mittlere Tannenborken- Rinde oder im Splint bzw. als Käfer in käfer besiedelt vor allem Wipfelstücke und kurzen Überwinterungsgängen, die an dickere Äste. Weiterhin weisen befallene perlschnurförmigen Harztropfen zu er- Tannen im dickeren Stammbereich häufig kennen sind. auch einen zusätzlichen Befall durch den Tannenrüssler (Pissodes piceae) auf. 22
Kleiner Tannenborkenkäfer (Cryphalus piceae) Der Kleine Tannenborkenkäfer brütet vor- zugsweise in dünner Rinde im Kronen- bereich, gelegentlich befällt er auch Jung- wüchse (Kulturen, Naturverjüngungen). Die Art ist häufig beteiligt bei Befall durch den Krummzähnigen, Westlichen oder Mittleren Tannenborkenkäfer. Bei Massenvermehrung kann es zu großen Befallsherden und nen- © Werner Otto Schröder nenswertem Ausfall der Tannen, auch in Mischbeständen, kommen. Brutbild Von einem platzförmigen Muttergang gehen die Larvengänge strahlenförmig auseinander (Abb. 27). Käfer Dunkelbraun bis schwarz, 1−2 mm lang. Flugzeit © FVA Baden-Württemberg März bis August, Hauptflugzeiten: März/April und Juni/Juli. Generationen Eine bis zwei Generationen im Jahr; da- neben Geschwisterbruten. Abb. 27: Brutbild des Kleinen Tannenborkenkäfers Abb. 28: Wucherungen, durch den Reifungsfraß Überwinterung des Kleinen Tannenborkenkäfers hervorgerufen In allen Stadien im Brutbild, als Käfer auch in kurzen Überwinterungsgängen unter der Rinde von Ästen und Zweigen Befallsmerkmale alter Tannen. Starker Harzfluss im Kronenbereich, durch den Reifungsfraß der adulten Kä- Wirtsbäume fer verursachte, krebsartige Wucherun- Neben der Tanne selten Kiefer und Lärche; gen an den Ästen oder Stämmchen von zunehmend an Astquirlen der Douglasie. jungen Bäumen (Abb. 28). 23
2.1.4 Rindenbrüter an Lärche bleibende Holzpolter können Ausgangs- punkte für massiven Stehendbefall sein. Im Großer Lärchenborkenkäfer Vergleich zum Buchdrucker verlaufen die (Ips cembrae) Massenvermehrungen des Lärchenborken- Nach Sturmkalamitäten und Trockenjahren käfers meist schneller, sodass er oft kurz, kann der Große Lärchenborkenkäfer schwe- aber heftig in Erscheinung tritt. Der Große re wirtschaftliche Schäden verursachen. Lärchenborkenkäfer bevorzugt dickere Frühjahrs- und Sommereinschläge in Ver- Stammrinde, befällt aber auch dünnrindi- bindung mit Nichtbeachtung der sauberen gere Stangenhölzer, insbesondere wenn Waldwirtschaft sowie zu lang im Wald ver- nach Durchforstungen der Aushieb im Be- stand verbleibt. Pflegemaßnahmen ohne Aufarbeitung der wirtschaftlich nicht nutz- baren Resthölzer können unter Umständen zur Bestandesauflösung führen. Der Rege- nerations- und Reifungsfraß der Alt- bzw. Jungkäfer erfolgt im Bast und in gesunden Lärchentrieben. Manchmal ist eine Verge- sellschaftung mit dem Lärchenbockkäfer (Tetropium gabrieli) zu beobachten. Sehr häufig erfolgt gleichzeitig ein massiver Be- fall der Krone durch den Kupferstecher. Brutbild Mehrarmiges, z. T. sternförmiges Brutbild mit zwei bis vier bis zu 17 cm langen, vor- wiegend längs verlaufenden Muttergän- gen; die quer verlaufenden Larvengänge enden in Puppenwiegen (Abb. 29). Käfer Ähnelt dem Buchdrucker, braun bis schwarzbraun, 4,5−6 mm lang, Flügel- © FVA Baden-Württemberg deckenabsturz glänzend, beidseits je vier Absturzzähne, je eine Haarreihe entlang der Flügeldeckennaht (sichere Unter- scheidungsmöglichkeit zum Buchdru- cker, Abb. 30). Abb. 29: Brutbild des Großen Lärchenborkenkäfers 24
Flugzeit Befallsmerkmale April bis September, Hauptflugzeiten: Einbohrlöcher, Bohrmehlauswurf, Harz- April/Mai und Juli/August. fluss, Spechtabschläge und die beginnen- de Verfärbung der Krone; Rindenabfall und Generationen Kronenrötung meist erst, wenn die Käfer Eine bis zwei Generationen im Jahr; da- bereits ausgeflogen sind (Abb. 31). neben Geschwisterbruten. Überwinterung Im Brutbild (alle Stadien) und in der Bo- denstreu (Käfer). Wirtsbäume Lärchenarten und Zirbelkiefer, selten andere Kiefernarten, Fichte, Tanne und Douglasie. © Werner Otto Schröder © Katrin Möller Abb. 30: Flügeldeckenabsturz des Abb. 31: Bestandesschäden durch den Großen Großen Lärchenborkenkäfers Lärchenborkenkäfer 25
2.1.5 Rindenbrüter an Douglasie tenborkenkäfer in zahlreichen Douglasien- Innerhalb ihres natürlichen Verbreitungs- Jungbeständen in Verbindung mit massiven gebietes in den USA und Kanada weist die Ausfällen beobachtet. Oft wurden diese Aus- Douglasie das größte Schädlingsspektrum fälle fälschlicherweise als Frosttrocknis ange- aller Baumarten auf. Insgesamt sind dort sprochen, da man die winzigen Bohrlöcher im mehr als 140 Insektenarten als Schädlinge Bereich der Astquirle nicht erkannt hatte. an der Douglasie bekannt. In Mitteleuropa zählen vor allem verschiedene Borkenkäfer- Bisher ist nicht bekannt, dass aus dem arten wie Furchenflügeliger Fichtenbor- natürlichen Verbreitungsgebiet der Dou- kenkäfer, Kupferstecher, Kleiner Tannen- glasie, d. h. aus Nordamerika, die dort mit borkenkäfer, Großer Lärchenborkenkäfer dieser Baumart vergesellschafteten gefähr- sowie diverse Kiefernborkenkäfer zu den lichen rindenbrütenden Borkenkäfer (z. B. Schädlingen, die nach witterungsbedingten Dendroctonus spec.) nach Deutschland Schadereignissen häufig an Douglasie zu eingeschleppt wurden. Falls dies doch ge- finden sind und in Kulturen und Stangen- schehen sollte, muss die Etablierung dieser hölzern zu erheblichen Ausfällen führen. Arten durch geeignete Pflanzenschutzmaß- Allerdings kommen ihre Bruten häufig nicht nahmen unbedingt verhindert werden. zum Abschluss. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich der Anpassungsprozess der hei- mischen Borkenkäfer an die Douglasie fort- 2.2 Allgemeines zu Holzbrütern setzt und in Zukunft zunehmend erfolgreiche Bruten an der Douglasie stattfinden werden. Holzbrütende Borkenkäferarten sind im Ge- Auch der Buchdrucker kann, insbesondere gensatz zu den Rindenbrütern für die Wirts- nach dem Einschlag befallener Fichtenbe- bäume nicht lebensbedrohlich, da sie in stände, die Douglasie befallen und Schäden der Regel bereits gefällte bzw. absterbende verursachen (jedoch geringerer Bruterfolg). Bäume besiedeln. Sie verursachen aber tech- nische Holzschäden, indem sie ihre Brutsyste- Seit 2003 ist an der Douglasie der Furchen- me (zumeist nur) im Splintholz der Bäume an- flügelige Fichtenborkenkäfer auffällig in legen. Dies führt auf Grund der Brutgänge und Erscheinung getreten. Der Käfer ist sehr klein Verfärbungen zu erheblichen Wertminderun- (1,1−1,7 mm), das Brutbild sternförmig – gen des Holzes. Die Käfer und Larven ernäh- ähnlich dem des Kupferstechers –, zeigt je- ren sich von Ambrosia-Pilzarten (Pilzrasen), doch eine deutlich in den Splint eingeprägte die in den Brutgängen gezüchtet werden. Paarungskammer. Die Käfer befallen Bäume Sterben diese Pilze ab, verfärben sie die Gang- im Bereich von Stamm und Krone (bevorzugt wände dunkel. Die Pilzrasen können sich nur an Astquirlen) und traten bislang oft sekundär bei einer hohen Holzfeuchtigkeit entwickeln, z. B. an von Douglasienschütte befallenen weshalb nur relativ frisches bzw. an feuch- Bäumen auf. Nach einer abiotischen Vor- ten Stellen gelagertes Holz befallen wird. schädigung wurde der Furchenflügelige Fich- 26
Gestreifter Nutzholzborkenkäfer (Trypodendron lineatum) März/April. Durch verzögertes Erschei- Der Gestreifte oder Linierte Nutzholzborken- nen im Frühjahr und durch Anlage von käfer befällt sowohl eingeschlagenes Nadel- Folge- und Geschwisterbruten kann der holz (auch im entrindeten Zustand) als auch Käferflug bis zum Herbst anhalten. Des- absterbende Bäume (z. B. mit Rindenbrüter- wegen ist im Wald lagerndes Holz wäh- Stehendbefall, Wipfelbruch), frische Stöcke, rend der gesamten Flugzeit potenziell Bruch- und Restholz. Da er die befallenen gefährdet. Bäume nicht zum Absterben bringt, ist er als technischer Schädling einzustufen. Generationen Eine Generation im Jahr; durch rasches Austrocknen der Brutstämme kommt es Brutbild oft zum Abbruch der Brut. Die Weibchen Von der bis zu 5 cm tiefen, radialen Ein- setzen dann die Eiablage in Stämmen gangsröhre werden parallel zu den Jahr- mit höherer Holzfeuchtigkeit fort (Ge- ringen im Splintholz Brutröhren (Mutter- schwisterbruten). gänge) angelegt (Abb. 32), von denen nach oben und unten leitersprossen- Überwinterung förmige, kurze Larvengänge ausgehen In der Bodenstreu (Käfer). (Leitergänge, Abb. 34). Die Käfer züchten in den Gängen Pilze (Ambrosia-Pilze), Wirtsbäume die sie und ihre Larven als Nahrung ab- Alle Nadelbaumarten, vorzugsweise Fich- weiden. Die Elternkäfer betreiben in den te, Tanne, Kiefer, Lärche, auch Douglasie. Gangsystemen Brutpflege. Der wirtschaft- liche Schaden entsteht zu einem geringe- Befallsmerkmale ren Teil durch die nicht sehr tief liegenden Weißer Bohrmehlauswurf (Abb. 33), der Gangsysteme (technischer Schaden) und bei Regen immer wieder abgewaschen zum größeren Teil durch Verfärbungen wird (an vor Regen geschützten Stellen und technische sowie visuelle Schäden, nach Bohrmehl suchen!). Häufig werden die durch die mit den Käfern vergesell- in Holzpoltern einzelne Stämme bevor- schafteten Pilze verursacht werden. zugt besiedelt, während andere völlig unbefallen bleiben. Käfer Flügeldecken gelb-braun, dunkel gestreift (Name: „lineatum“), 2,8−3,8 mm lang. Weitere Arten Seit einigen Jahren tritt der aus Ostasien Flugzeit eingeschleppte Schwarze Nutzholzbor- Februar/März (Frühschwärmer) bis Au- kenkäfer (Xylosandrus germanus) häufiger gust/September (Oktober), Hauptflugzeit: auf, der das Bohrmehl in kompakten „Würst- 27
chen“ aus dem Bohrloch herausschiebt. Die Käfer sind ausgesprochene Spätschwärmer (Mai/Juni) und befallen neben Nadel- auch Laubholz. Bevorzugt werden Stellen befal- len, an denen die Rinde abgeschürft ist. Das Brutbild besteht aus einer Bruthöhle im äu- © FVA Baden-Württemberg ßeren Splint mit einer ca. 2 bis 3 cm tiefen Eingangsröhre. An Fichte überträgt der Kä- fer Bläuepilze und wird vor allem durch die visuelle Beeinträchtigung des Holzes zum Schädling. Ansonsten ist die wirtschaftliche Bedeutung geringer als die des Gestreiften Nutzholzborkenkäfers, da das befallene Splintholz i. d. R. nicht verwertet wird. Eine Besonderheit dieser Käferart ist, dass pyre- throidartige Pflanzenschutzmittel nicht hin- reichend wirksam sind und daher die Art in den zugelassenen Indikationen gegen Holz- © Ralf Petercord brüter auch explizit ausgenommen wird (Ausnahme: Storanet®, siehe S. 45). Weiterhin wird auch der Amerikanische Nutzholzborkenkäfer (Gnathotrichus ma teriarius) immer wieder an lagerndem Holz festgestellt. Er ähnelt in Lebensweise und Brutbild dem Gestreiften Nutzholzborken- käfer und macht sich wie dieser durch den Auswurf weißen Bohrmehls bemerkbar. © Werner Otto Schröder Da die Gänge des Amerikanischen Nutz- holzborkenkäfers bis zu 27 cm in das Holz hineinreichen können, ist die technische Entwertung generell wesentlich stärker als beim Gestreiften Nutzholzborkenkäfer. Abb. 32: Fraßgänge des Gestreiften Nutzholzborkenkäfers im Splintholz Abb. 33: Weißer Bohrmehlauswurf des Gestreiften Nutzholzborkenkäfers Abb. 34: Brutbild und Imago des Gestreiften Nutzholzborkenkäfers 28
3 VORBEUGUNG, ÜBERWACHUNG UND BEKÄMPFUNG VON BORKENKÄFERN Integriertes Borkenkäfermanagement welche(s) bei ausreichender Wirksamkeit die bedeutet, durch eine Vielzahl an möglichen geringstmöglichen Gefahren für die Gesund- Maßnahmen zur Vorbeugung, Überwachung heit von Mensch, Tier und Naturhaushalt in und letztlich zur Bekämpfung der Borken- sich birgt. Besondere Sorgfalt erfordern vor käfer ökologische und ökonomische Schä- allem Einzelentscheidungen über den Ein- den an Waldbeständen zu vermeiden oder satz von chemischen Pflanzenschutzmitteln zumindest zu verringern. Damit werden die (PSM), die auf das notwendige Maß be- vielfältigen Nutz-, Schutz- und Erholungs- schränkt als letztes Mittel (Ultima ratio) ein- funktionen der Wälder langfristig erhalten. gesetzt werden können. Dabei sind neben Bei Entscheidungen über Bekämpfungs- den Regelungen des Pflanzenschutzgeset- maßnahmen wird jenes Verfahren bzw. die- zes auch jene einer etwaigen Zertifizierung jenige Kombination von Verfahren gewählt, zu berücksichtigen (z. B. PEFC, FSC). Vorbeugung Überwachung • Waldbauliche Maßnahmen • Schwärmaktivität mittels (Standortsgerechte, klimastabile Baumarten, Lockstofffallen angepasste Herkunft, naturnahe Wald- strukturen, Durchforstung, Verkürzung der • Entwicklung in Brutbäumen Umtriebszeiten) • Phänologie- und • Förderung der Gegenspieler Befallsrisikomodellebrennen • Präventiver Brutraumentzug • Terrestrische Befallskontrollen (Holzabfuhr, Nass-/Trockenlagerung, Mulchen, Entrinden, Hacken, Folienlagerung, Verbrennen) • Bei festgestellter Gefährdung: Einsatz von Insektiziden (Spritzung, Storanet®) Ultima ratio ! • Einsatz von Insektiziden • Befallssanierung vor Ausflug der – nach Befall vor Ausflug der Käfer Käfer (Holzabfuhr, Nass-/Trocken- (Spritzung, Storanet®) lagerung, Entrinden, Hacken, Folien- – nach Befallsbeginn durch Bekämpfung lagerung/-abdeckung, Verbrennen) © Markus Kautz Holzbrüter (Spritzung) • Einsatz von Fangbäumen zur – zur Senkung lokaler Käferdichten Senkung lokaler Käferdichten (Trinet® P, Fangholzhaufen, Fangbaum) (ohne Insektizid) Abb. 35: Übersicht über die Maßnahmen des Integrierten Borkenkäfermanagements (Details siehe Text) 29
3.1 Vorbeugung ation der Bäume um Wuchsraum, Licht, Wasser und Nährstoffe, den Erhalt einer 3.1.1 Waldbauliche Maßnahmen nachhaltigen Bodenfruchtbarkeit (z. B. Das waldbauliche Handeln beeinflusst die Feinaufschluss anstatt flächiger Befah- Waldschutzsituation kurz-, mittel- und lang- rung), die Vermeidung von Fäll- und fristig. Die Beachtung der Grundsätze der Rückeschäden sowie eine angemesse- naturnahen Waldwirtschaft, die von vielen ne Eingriffsstärke bei der Holzernte. Waldbesitzern praktiziert wird, mindert die • die Verkürzung der Umtriebszeiten in Borkenkäfergefahr mittel- und langfristig vorhandenen, weder standortsgerech- durch: ten noch klimastabilen Beständen zur • die Wahl standortsgerechter und Herabsetzung des Befalls- (z. B. Buch- klimastabiler Baumarten aus an- drucker) sowie des Sturmwurfrisikos. gepassten Herkünften (bei Erst- und Wiederaufforstungen, Voranbauten und 3.1.2 Natürliche Gegenspieler beim Umbau nicht standortsgerechter der Borkenkäfer Bestände). Auf diese Weise wird die Eine ganze Reihe von Tierarten sind als Resilienz der Bestände und damit auch Räuber oder Parasitoide (d. h. parasitisch die Widerstandsfähigkeit gegenüber lebende Organismen, die ihren Wirt töten) Borkenkäferbefall erhöht. wichtige natürliche Gegenspieler der Bor- • die horizontale und vertikale Diversi- kenkäfer. Dazu gehören neben Vogelarten fizierung von Bestandesstrukturen (u. a. Spechte, Kleiber, Meisen) Käfer- und inklusive einer konsequenten Förde- Fliegenarten, Florfliegen, Kamelhalsfliegen rung von Mischbaumarten zur Redu- sowie deren Larven und (besonders wich- zierung des Wirtsbaumanteils und zur tig) zahlreiche Erz-, Schlupf- und Brack- Erhöhung der Ausbreitungsverluste der wespenarten (Beispiele in Abb. 36–40). Borkenkäfer. Viele dieser Arten benötigen Blütenpflan- • die Erhaltung und Förderung von ar- zen als Nahrung und für die Zeit der Latenz tenreichen Waldrändern, anderen ihres Hauptwirtes andere Nebenwirte. Blü- Kleinstrukturen sowie der heimischen tenpflanzen und Nebenwirte können durch Strauch- und Krautflora. Hierdurch arten- und strukturreiche Waldbestände mit werden die natürlichen Gegenspieler heimischen Pflanzenarten sowie durch die gefördert sowie das Bestandesklima Erhaltung und Förderung von Klein- und und der Nährstoffkreislauf positiv be- Kleinststrukturen im Wald (z. B. Krautsäu- einflusst. me, Lichtungen, Totholz) gefördert werden. • die schonende Behandlung der ver- Auch entomopathogene Pilze können bleibenden Bestände und des Bodens Borkenkäferpopulationen dezimieren (Abb. mit dem Ziel einer einzelbaumorientier- 41). Die natürlichen Gegenspieler tragen ten Vitalitätssteigerung. Dies erfolgt zur Regulation der Populationsdichte von durch Entspannung der Konkurrenzsitu- Borkenkäfern bei, können aber eine Mas- 30
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