INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
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Innovations-Magazin Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Bio ist zurzeit in aller Munde. Gefühlt eröffnet an jeder Straßenecke ein neuer Bio-Laden. Doch hält dieser Boom an? Wie werden sich die Märkte künftig entwickeln? Weil sich diese Fragen, die vor allem auch für Umstel- lungswillige interessant sind, coronabedingt auf Branchentreffs wie den Ökofeldtagen zurzeit nicht diskutieren lassen, stellen wir Ihnen die Themen in diesem neuen Innovationsmagazin vor. Und mehr noch: Es geht auch um Trends bei der mechanischen Unkraut- kontrolle – diese sind für ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe gleichermaßen interessant. Dasselbe gilt für den Humusaufbau. Der Boden als Grundlage für gesunde Bestände und sichere Erträge rückt bei beiden Betriebsformen eindeutig weiter in den Mittelpunkt. Wir, die Redaktionen von DLG-Mitteilungen und top agrar, wünschen viel Freude und Nutzen beim Lesen dieses Sonderheftes. Inhalt 4 Bio-Märkte Bio boomt – aber bleibt das so? 8 Strukturen Weit entfernt vom idyllischen Hinterhof 12 Vermarktung Von Hippie-Händlern bis Aldi und Lidl 16 Umstellung Eine Chance für Ihren Betrieb? 20 Interview Öko als „Versuchsfeld“ für die Zukunft 22 Gemeinsamkeiten 4 Die Märkte für Öko-Produkte 12 Öko und Discounter – passt das? Voneinander lernen!? 26 Standort Die fünf Erfolgsfaktoren des Öko-Ackerbaues 28 Unkrautkontrolle So klappt es mit Striegel und Hacke 32 Kamerasysteme 28 Mechanisch Unkraut bekämpfen Denken & Lenken 22 Voneinander lernen 34 Züchtung Wie entstehen Sorten für den Ökolandbau? Impressum Verlagsbeilage Innovations-Magazin zu 36 Boden DLG-Mitteilungen 7/2021 und top agrar 7/2021 Mehr Humus durch dauerhafte Begrünung Redaktion Thomas Künzel, Thomas Preuße, Katrin Rutt 40 Humusaufbau (DLG-Mitteilungen), Matthias Bröker, Gesa Harms, Neue Einkommensquelle CO2-Zertifikat? Guido Höner (top agrar) Anzeigen/Vertriebsmarketing 42 Standpunkt Dr. Peter Wiggers/Sylvia Jäger Wenn die „Konvis“ ökologischer werden Geschäftsführung Werner Gehring, Dr. Ludger Schulze Pals, Malte Schwerdtfeger, Wolfgang Gamigliano, 44 Interview Walter Hoffmann 36 Die Sache mit dem Humus „Vertrauen ist unser größtes Kapital“ Innovations-Magazin 3
Innovations-Magazin Bio-Märkte Bio boomt – aber bleibt das so? In den letzten Jahren war der Ökolandbau eine Erfolgsgeschichte. Geht es nach den politischen Zielen, soll das so bleiben. Conrad Thimm zeigt jedoch: Das Wachstum hängt stärker von den Märkten ab als von der Politik. Doch wohin entwickeln sich die Märkte? S o sehen Sieger aus, möchte man auf Zwei Herzen schlagen in der Brust überzeug- den ersten Blick meinen: Von 2015 bis ter Ökos: Politisch wird mehr Ökolandbau ge- 2019 ist das Bio-Ackerland in Deutsch- fordert. Die Praxis aber erweitert die Öko- land von 445 000 auf 700 000 ha gewach- Flächen eher differenziert und behutsam. sen. Das sind 14 % – pro Jahr! 2015/16 war Dabei ist die Meinung durchaus nicht ein- Bio-Dinkel boomt. Umstellungs- der sprunghafte Anstieg der Nachfrage nach heitlich. Das hängt natürlich auch stark von Futterweizen dagegen und auch Roggen erholen sich erst langsam Futtergetreide im Rahmen der Milchumstel- den einzelnen Produkten ab. wieder aus einem Preistal. ler-Welle ein wesentlicher Treiber auch für die Umstellung des Ackerbaus. Da die Molkereien nach 2016 nur noch wenige Umsteller auf- Mähdruschfrüchte: Roggen, Weizen, Dinkel. 2019 waren in nahmen, beruhigte sich auch die Nachfrage Gemischte Gefühle Deutschland 208 000 t Bio-Roggen geern- nach Umstellungs- und Bio-Futtergetreide. tet worden. Davon wurde so viel überlagert, Die neuen Ackerbauumsteller befriedigten Die Umstellungswelle bei Marktfruchtbe- dass 2020 weder eine um 12 % geringere die Futtergetreide-Nachfrage und verdräng- trieben 2017 bis 2019 hatte dazu geführt, Ernte half, die Lagerbestände abzubauen, ten auch Bio-Futterimporte. Im Jahr 2020 dass Bio-Roggen zeitweise schlecht abzuset- noch eine verringerte Importquote. Inzwi- sind dann die Umstellerzahlen auch in Fol- zen war. Aber bei den anderen Getreidearten schen warnen erste Stimmen vor einem Rog- ge eines Marktsättigungsgefühls deutlich zu- trafen größere Ernten auf eine höhere Nach- gen-Schweinezyklus. 2021 sind die Bio-Rog- rückgegangen. frage und verdrängten auch Importe. gen-vorräte weitgehend abgebaut und auch der Anbau ist eingeschränkt, sodass hier Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist. Wachstumsintensität der Öko-Fläche (Deutschland) Die Bio-Weizenernte hingegen stieg von 2018 bis 2020 um 40 % auf 360 000 t. Im Relativ zum Vorjahr (in %) Süden ist ein großer Teil davon als Backwei- 30 zen geeignet, während der Norden und Osten Aufnahmestopp 25 Künast Ministerin Bio-Molkereien 2016 aufgrund der Trockenheit im Mai nur Futter- (2001 – 2005) weizen ernteten. Umstellungs-Futterweizen 20 konv. Milchpreiskrise war reichlich vorhanden; der Preis für frei 2013 – 2016 15 flottierende Ware näherte sich dem konventi- Börsencrash onellen an. 2021 entspannt sich die Lage. Es 10 Finanzkrise 2008/09 stellen wieder mehr Betriebe mit Tierhaltung 5 um; die Futternachfrage steigt wieder stär- Euro-Einführung 2002 ker. Sie trifft auf mehr anerkannten Futter- 0 weizen, weil die Ackerbauer-Umsteller-Welle konv. Ackerbau-Boom –5 inzwischen anerkannt ist, und auf weniger 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Umstellerware, weil derzeit weniger Acker- bauern auf Bio umstellen. Steigende Preise Das Öko-Flächen-Wachstum hängt stärker vom Markt ab als von der Politik. Als Renate wurden erwartet, bis die für ganz Nord- und Künast Ministerin war, fiel es von jährlich 20 auf 5 %. Das lag an der Verunsicherung Ostdeutschland ungewöhnlichen Regenmen- der Verbraucher durch die Euro-Einführung und war in allen Euro-Ländern so. Im konventionellen Ackerbau-Boom der ersten Hälfte der 2010er Jahre ging das Wachstum gen im Mai die Ertragserwartungen wach- gegen null, dann befeuerte die konventionelle Milchpreiskrise ab 2015/16 es auf 15 %. sen ließ. Als die Molkereien keine neuen Bio-Lieferanten mehr aufnahmen, ging es sofort zurück. Bio-Dinkel legte in dieser Zeit sogar um fast Quelle: BLE 2020; Grafik: nach KÖN 2020 50 % auf 131 000 t zu. Trotzdem bleibt er gesucht und wird bestens bezahlt, denn im Markt werden Bio-Backwaren inzwischen sehr 4 Innovations-Magazin
rück. Allerdings könnte der Importdruck be- 65 % der Bio-Leguminosen werden impor- sonders aus Skandinavien wieder zunehmen. tiert. In Deutschland werden die bisher füh- 2021 ist der Bio-Haferanbau so ausgeweitet renden Futtererbsen zunehmend von Acker- worden, dass die Preise etwas nachgeben und bohnen aufgrund der Ertragssicherheit mindere Qualitäten ohne Vertrag schwer ab- verdrängt. Lupinen sind auch von Lebens- zusetzen sein könnten. mittel-Verarbeitern gefragt, aber die Erträ- Die Bio-Gerstenernte stieg von 2018 auf ge schwanken immer noch zu stark. 2016/17 2019 um fast ein Viertel, aber von 2019 auf wurden 90 % der Bio-Soja-Futtermittel so- 2020 nur noch um 1 % auf 162 000 t. Die wie 96 % der Bio-Sonnenblumen-Futtermit- Importe gingen in der Zeit um sechs Punk- tel importiert. Der heimische Anbau von Bio- te auf 7 % zurück. Gerste spielt im Ökoland- Raps fällt durch jede Statistik. Für den Anbau bau eine kleine Rolle; 2020 ist überdies die solcher »Exoten« gibt es immer einen Markt. Nachfrage nach Braugerste zusammengebro- Gleiches gilt auch für Nutzhanf und Öl-Lein. chen. Die Bio-Triticale-Mengen wuchsen von 2022 tritt mit der neuen EU-Öko-VO die 2018 auf 2020 um 12 %. Bio-Gerste und -Tri- Pflicht zu 100 % Bio-Futter in Kraft. Das ist Foto: agrarfoto ticale werden vor allem als hofeigenes Fut- für Bio-Geflügel nur mit den Ölkuchen von ter verwertet. Die Nachfrage der Futtermüh- Bio-Soja, -Sonnenblume, -Raps und -Lein zu len ist gering. machen, die entsprechend knapper und teu- rer werden. Die Mengen sind lieferbar, wenn Mais, Körnerleguminosen, Raps. Bio- gleichzeitig die Bio-Milchviehhalter weniger oft mit Dinkel gleichgesetzt. Bio-Dinkelsaat- Körnermais ist auch in Norddeutschland at- hochwertige Ölkuchen und mehr Legumi- gut ist so knapp, dass erhebliche Mengen für traktiv, weil sich die Erträge durch den späte- nosen verfüttern. Den Bio-Ackerbauern tut den Nachbau zurückgehalten werden. Die Im- ren N-Bedarf den konventionellen annähern. das gut, für Bio-Geflügelhalter wird es teu- portstatistik unterscheidet nicht zwischen Die Gesamterträge erreichen 70 000 t. Da- rer. Die extreme Bio-Soja-Knappheit könnte Weizen und Dinkel. Wurden 2018 noch ein zu kommen 20 000 t Importe. Der Importan- bei Bio-Soja-Lieferungen aus Südosteuropa Drittel des Bio-Weizens/Dinkels importiert, teil ist damit von 41 % 2018 auf 22 % 2020 zur Koppelung mit Bio-Mais-Lieferungen füh- so waren es 2020 nur noch ein Fünftel. 2021 gefallen. Die Nachfrage ist weiterhin stabil, ren und letzteren in Deutschland stark unter wird mehr Bio-Dinkel angebaut. Wer aus der der Anbau könnte weiter ausgebaut werden. Druck setzen. Ernte verkaufen will, bekommt derzeit Kon- Der Selbstversorgungsgrad mit Bio-Futter- trakte zu auskömmlichen Preisen. Wer lagern mitteln ist in den letzten acht Jahren von 68 kann, kann auch spekulieren. auf 65 % geringfügig gefallen. Bei nutzba- Hackfrüchte: Von der rer Energie werden immer noch fast 90 % Kartoffel bis zum Kürbis Hafer und Gerste. Die Ernte von Bio-Hafer erreicht, aber beim Rohprotein nur knapp wuchs von 2018 auf 2020 um über 50 % auf 60 %. Entsprechend gesucht sind Legumi- Die Mitgliedsbetriebe des Bio-Kartoffel Er- 168 000 t. Gleichzeitig sank die Importquote nosen, Sojabohnen, Sojakuchen, Sonnenblu- zeuger e. V. (BKE) decken mit ca. 4 600 ha gut von 23 auf 18 %. Hier geht ein Großteil des menkuchen, Rapsextraktionsschrot und Raps- die Hälfte der Anbaufläche von Speise-Bio- Zuwachses auf den Bedarf für Haferdrinks zu- kuchen aus heimischem Anbau. Kartoffeln in Deutschland ab. Ein Kernthe- Foto: agrarfoto Kartoffeln stehen in latenter Konkurrenz zu Ware aus dem Mittelmeerraum. Innovations-Magazin 5
Innovations-Magazin Bio-Märkte Exkurs 1: Milch und Eier Nach wie vor ist Milch die mit Abstand größte Produktkate- präzise getaktet. Legehennen sind (über ganz Deutschland gorie im Ökolandbau. Hier gilt so klar wie nirgendwo sonst: verteilt) oft ein wichtiges wirtschaftliches Standbein von Bio- erst Absatz sichern, dann umstellen! Seit 2016 möchten mehr Ackerbaubetrieben. Sie sorgen für organischen Dünger, Schlie- Milchbauern umstellen, als die Molkereien zur Erhaltung des ßung der Nährstoffkreisläufe und relativ schnell verfügbaren Biopreises aufnehmen. Trotz 30 % mehr Bio-Milch blieb der Stickstoff im Frühjahr. Erzeugerpreis weitgehend konstant. Erzeugungs- und Logistik- Fast 40 % der deutschen Bio-Eier kommen aus Weser-Ems. kosten, Produktdifferenzierungen und Marketinggeschick ma- Dort liegt der Bio-Flächenanteil bei 1 %, denn bei Pachtprei- chen den Unterschied. Mit Frischmilch allein kann heute kei- sen von 1 200 Euro pro ha kann sich kaum jemand eine flä- ne Molkerei mehr überleben, auch nicht mit Bio-Frischmilch. chengebundene Produktion leisten. Mehr Tierhaltung ist nicht Produktdifferenzierungen wie Weide- und Heumilch, diverse mehr möglich, die Eierproduktion auf kleiner Fläche ideal. Das Käse, Joghurt und Quark, Schaf- und Ziegenmilch etc. sind Futter kommt von Ackerbaubetrieben im Osten Niedersach- Voraussetzungen für eine auskömmliche Wertschöpfung. Für sens, aus Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Der Hühner- den Bio-Milchmarkt als Ganzes gilt der Grundsatz: behutsa- trockenkot geht dahin zurück. Kein Wunder, dass es auch im me Ausweitung der Mengen, auch wenn das Corona-Jahr 2020 Osten immer mehr Bio-Ackerbaubetriebe gibt, die eine eigene erhebliche Nachfragezuwächse gebracht hat. Hennenhaltung aufbauen. Aber die Nachfrage nach Eiern de- Die zweitgrößte Bio-Kategorie ist das Hühnerei. Bio-Eier ma- cken auch sie noch nicht. Das gilt besonders für Verbands-Bio, chen mehr als 20 % aller Eier-Verkaufserlöse in Deutschland wo gerade die nächste Herausforderung in Sicht kommt: das aus – bei der Milch sind es unter 5 %. Dabei handelt es sich Aufziehen aller Bruderhähne. Denn weder Kükenschreddern zumeist um Legehennen in 3 000er Einheiten nach EU oder noch In-Ovo-Selektion sind akzeptabel für echte Ökos. Und Bioverbandsrichtlinien. Der Absatz über den Einzelhandel ist die EU-Öko-VO ab 2022 verpflichtet alle zu 100 % Bio-Futter. ma des BKE ist die Neubewertung von Qua- mit 1 200 ha Bio-Zuckerrüben in Deutsch- Angebot – aber niemand weiß es wirklich. litäten, Regionalität und Produktsicherheit. land bis 2014 und dann Schlag auf Schlag Wird der Trend nach Corona ungebrochen Daraus ist eine Regel entstanden, an die sich bis auf 5 900 ha 2019. Bis sich Unkrautrobo- weitergehen, sich vielleicht noch verstärken? sogar Aldi hält. Sie besagt, dass 300 Tage im ter für das Hacken in der Reihe durchsetzen, Oder werden wir eine Rezession erleben, in Jahr deutsche Bio-Kartoffeln vor Bio-Früh- bleibt der hohe Handarbeitsaufwand. Natür- der die Anzahl der Menschen, die sich Bio kartoffeln aus Ägypten, Israel, Marokko, Spa- lich muss der Betrieb im Einzugsbereich ei- leisten können oder wollen, wieder deutlich nien oder Süditalien bevorzugt werden. Das ner Bio verarbeitenden Zuckerfabrik liegen. zurückgeht? hat allerdings nicht verhindert, dass 2020 mit einem größeren Angebot und zum Teil Fazit. Es spricht viel dafür, dass die Nachfra- Conrad Thimm, schlechteren Qualitäten die Preise deutlich ge nach Bio weiterhin stärker wächst als das Bio2030.de, Berlin zurückgegangen sind. Möhren wurden auf Bio-Betrieben seit den 1980er Jahren für die Babykost-Industrie Exkurs 2: Fleisch angebaut und machen inzwischen fast die Hälfte des frischen Biogemüse-Angebots aus. 51 % mehr Bio-Fleisch-Absatz in der Zeit von 2015 bis 2019: Das liegt vor al- Kein LEH verzichtet darauf. Die Erträge und lem an verpackter SB-Ware und nicht an Fleischtheken. 2017 betrug der Bio- Preise erlauben auch 100 Stunden Handha- Rindfleisch-Anteil in Deutschland 5,3 %. Beim Schweinefleisch waren es nur cke pro ha. Die meiste Ware geht über gro- 1,2 %. 2018 brachte ein Wachstum von 15 %, 2019 war der Umsatz stabil. ße Packer wie Westhof-Bio oder Brocker-Möh- 2020 wuchs der gesamte deutsche Bio-Fleischmarkt laut GFK um 52 % auf ren. Noch deutlich anspruchsvoller, aber bei 50 000 t und einen Umsatzanteil am gesamten deutschen Fleischmarkt von Gelingen auch lohnender, sind Zwiebeln. Hier 4,5 %. Vermehrt wurde dafür Bio-Fleisch aus den Niederlanden (Vion mit De muss die knappe deutsche Ware immer durch Groene Weg) und Dänemark (Danish Crown mit Friland) eingeführt. Es könn- Importe ergänzt werden. Einfacher im Anbau ten erheblich mehr Bio-Schweine vermarktet werden, wenn es denn die ent- sind Hokkaido-Kürbisse. Da kann noch etwas sprechenden Mengen an Bio-Ferkeln gäbe. im Marketing getan werden, wie es Trans- Die meisten Bio-Tiere werden in großen bis sehr großen konventionellen Be- gourmet mit einer Handreichung »regionale trieben geschlachtet und zerlegt. Mit zunehmender Konzentration wird das Bio-Kürbisse Topf- und Pfannen-fertig« vor- für diese Betriebe immer uninteressanter. Soll weiterhin Bio-Fleisch vermark- gemacht hat. tet werden, so werden mehr weiter verteilte, kleinere Schlachtbetriebe ge- braucht, was für diese Betriebe auch eine Chance sein kann. Vor allem aber Zuckerrüben waren in Zeiten der Quotie- werden Zerlegebetriebe gesucht, die das Fleisch als Selbstbedienungsware rung das größte Hindernis für die Auswei- verpacken. Findet man keinen bestehenden Betrieb, dann stellt sich die Frage tung des Bio-Landbaus auf besseren Stand- nach Neugründungen oder die Unterstützung entsprechender Strukturen. orten. Das änderte sich zunächst langsam 6 Innovations-Magazin
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Innovations-Magazin Strukturen Weit entfernt vom idyllischen Hinterhof Öko weckt hohe Erwartungen – aber Vorsicht: Die Märkte haben ihre eigenen Gesetze. Ob Milch oder Möhre: Conrad Thimm beleuchtet, welche Produkte von welchen Abnehmern gefragt sind. D Bio-Milch und -produkte: eutsche Bio-Märkte sind vielfältig hinsichtlich Warengruppen, Absatz- kanälen, Akteuren, Bio-Verbänden Einsame Spitze und Verbraucherwünschen. War seit den 1980er Jahren der Naturkosthandel mit ur- Wie in der konventionellen Landwirtschaft sprünglichem Fokus auf Müsli und Vollkorn sind Milch und Milchprodukte (Mopro) auch der Treiber der Entwicklung, so hat ihn der bei Bio mit Verkaufserlösen von 550 Mio. € allgemeine Lebensmittelhandel im Laufe der (2019) die bei Weitem wichtigste Bio-Waren- 2000er Jahre in dieser Rolle abgelöst. Heute gruppe (5 % aller Mopro-Erlöse in Deutsch- sind die Discounter Marktführer in der Bio- land). Trotz größerer Zuwächse ist der Milch- Frische, Drogerieketten im Trockensortiment, preis weitgehend stabil geblieben. Das ist vor Verbrauchermärkte und Bio-Filialisten bei allem den Molkereien geschuldet, die immer der Bio-Vielfalt. Die Bio-Verbände unterstüt- nur so viele neue Bauern aufgenommen ha- zen die Vermarktungsaktivitäten ihrer Mit- ben, wie sie auch Milch und Milchprodukte glieder, Bauern wie Händler, sind aber selbst absetzen konnten, ohne im Wettbewerb Prei- in der Regel keine Händler. se senken zu müssen. Auch ihre bestehenden Lieferanten konnten nicht einfach ihre ange- lieferten Milchmengen unbegrenzt erhöhen, obwohl 30 % der deutschen Bio-Mopro aus Dänemark und Österreich kommen. Foto: agrarfoto 20 bis 30 eher kleinere Molkerei- en verarbeiten Bio-Milch in Deutsch- land. Manche davon schon über 30 Jahre Gemüse ist nach Milch und Eiern wie die Andechser, Berchtesgadener Land, das drittgrößte Bio-Segment. Hohenlohe und Söbbecke. Letztere ist heu- te in der Hand des französischen Konzerns Savencia. Relativ »frische« Akteure im Bio- Auch Bio-Eier boomen Milchmarkt sind die Gläserne Molkerei, die in den 2000er Jahren Standorte in Branden- Die zweitgrößte Bio-Warengruppe sind Bio- burg und Mecklenburg neu erbaut hat und Eier mit 309 Mio. € Verkaufserlösen 2019 heute Teil der Schweizer Emmi-Gruppe ist, (fast 25 % aller Eier-Erlöse). Das sind nicht Ammerland, die norddeutsche Genossen- die Mistkratzer im Hinterhof, die manch ein schafts-Molkerei, sowie Arla, der sich »die Verbraucher von Bio erwartet, sondern zu größte Bio-Molkerei der Welt« nennt. Arla 90 % Legehennenbestände mit zwischen ist die einzige Bio-Molkerei in Deutschland, 3 000 und 40 000 Tieren. Zwar hat die EU die keine Bio-Verbandszugehörigkeit von ih- 3 000 Legehennen als Obergrenze für einen ren Lieferanten verlangt, sondern nur eige- Bio-Stall vorgegeben. In Deutschland wird ne Qualitätskriterien auf die für alle gelten- das aber als Bio-Stall-Einheit oder Herde in- Foto: landpixel de EU-Bio-Verordnung setzt. Neuester Akteur terpretiert, d. h., es können auch mehrere ist die Luisenhof Milchmanufaktur für Berlin Herden, jede mit separatem Auslauf, unter des Hubert Böhmann, der schon die Gläser- einem Dach sein. Deshalb werden die großen Milch und Milchprodukte sind auch im Öko-Be- reich die mit Abstand wichtigsten Warengrup- ne Molkerei aufgebaut hatte. Schwerpunkte Bio-Legehennen-Haltungen in der Regel in pen. Ihr Anteil am Gesamtmarkt ist jedoch der deutschen Bio-Milcherzeugung liegen in 3 000er Schritten gezählt: 6 000 als Grenze vergleichsweise gering. Bayern und Baden-Württemberg. für Demeter und Bioland, 12 000 als Grenze 8 Innovations-Magazin
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Innovations-Magazin Strukturen für Naturland und darüber nur noch EU-Bio Bio-Produkte im Gesamtmarkt oder »Bio-Initiative«. Mio. € % Weser-Ems: Zentrum intensiver Bio-In- 750 25 dustrie. Hintergrund sind sowohl die gro- ße Nachfrage nach Bio-Eiern (40 % werden 600 20 allein bei Aldi und Lidl abgesetzt) wie auch 450 15 das schon seit Langem entwickelte Kompe- tenz- und Infrastruktur-Cluster für Legehen- 300 10 nen in Weser-Ems. Dort wird fast die Hälfte aller deutschen Bio-Eier erzeugt. Es werden 150 5 weitere Bio-Hühnerställe gebaut, weil dies eine alternativlose Investition ist: Das Pro- 0 0 h er Ge e nd e ne h Ka sch n Öl ch ha e* ck isch * dukt ist gefragt, und es fallen keine Entsor- n* lse ten üs id ilc isc flü ffel Ei t s be ch tre i ei m M fle fle e a o rü lfl ffl rü Ge gungskosten für Gülle an. Im Gegenteil, Bio- a r t s er ge nf ei Ri Sc hw Hühner-Trockenkot (HTK) aus Weser-Ems geht Zu Hü Ge Sc in Bio-Ackerbaubetriebe bis nach Schleswig- Holstein und Sachsen-Anhalt. Außerdem Bio-Umsatz in Mio. € *im Öko-Ranking gestiegen Anteile am Gesamtumsatz in % Quelle: BÖLW braucht man kaum Land, das bei Pachtprei- sen von 1 200 /ha ohnehin nicht bezahlbar wäre. Stattdessen liefern die Ackerbaubetrie- be, die Bio-HTK nehmen, gerne Bio-Futter – eine großräumige Kreislaufwirtschaft! Das kommt diesem sehr entgegen, weil die andere Bio-Ackerbaubetriebe, die lukrativere Auch kleinräumige Kreislaufwirtschaft ist zu Vereinfachung der Prozesse eine seiner größ- Betriebszweige suchen als Getreide. Regio- finden. Vor den hohen Landpreisen in We- ten Herausforderungen ist. nalität ist gefragt, aber auch die Importantei- ser-Ems hat sich etwa der Bio-Hühner-Pio- le sind hoch. Die größten Anbauflächen be- nier Friedrich Behrens (EZG Fürstenhof) nach legen Bio-Möhren mit 2 100 ha. Mit je 1 300 Mecklenburg zurückgezogen, wo er das Hüh- Die Nummer drei: ha folgen Bio-Erbsen, Bio-Spargel, Bio-Kür- nerfutter im eigenen Ackerbau mit HTK ge- Bio-Gemüse bis und Bio-Zwiebeln mit 900 ha. düngt erzeugt. In den anerkannten Bio-Ver- Zu den größten Gemüsepackern gehören bänden nicht wohlgelitten, hat er mit der Gemüse ist mit Verkaufserlösen von Möhren-Brocker am Niederrhein, der auch Bio-Initiative einen eigenen Verband ge- 278 Mio. € (9 % aller Gemüseerlöse) die konventionell zu den Großen gehört, so- gründet. drittgrößte Bio-Warengruppe. Auch hier wird wie Westhof-Bio in Schleswig-Holstein. Ne- Die Vermarktung der Bio-Eier an den Le- über die Hälfte über Discounter abgesetzt, ben der eigenen Bio-Feldgemüseerzeugung bensmitteleinzelhandel (LEH) erfolgt in der ebenso wie bei konventionellem Gemüse. Er- in einer Fruchtfolge mit 1 000 ha, der ei- Regel über die gleichen Wege, über die der zeuger sind nicht nur die klassischen Gemü- genen Biogasanlage und den eigenen Bio- LEH auch mit konventionellen Eiern (nur noch seregionen wie die Pfalz, sondern auch ehe- Gewächshäusern packt dieser auch Bio-Ge- Freiland- oder Bodenhaltung) versorgt wird. malige (größere) Zuckerrübenbetriebe und müse von anderen Erzeugern und liefert es an den LEH. Er gehört zu den Roboter-Pio- nieren, denn Bio-Gemüse ist eine mit meist Foto: agrarfoto über 100 Stunden/ha sehr handarbeitsinten- sive Kultur. Bio-Zwiebeln und mehr werden auch von den Kartoffelgrößen Öko-Kontor (Heilmann AG, Agrata, Krohn) und Hans Wil- li Böhmer vertrieben. Bio-Getreide: Mehr Futter als Brot Erst die viertgrößte Bio-Warengruppe ist Ge- treide mit 262 Mio. € (6,2 % aller Getreide- erlöse). Es wird über eine Vielzahl an Erzeu- gergemeinschaften, Handelsgesellschaften und Mühlen mit meist eher regionalem Ein- Eier sind in weitge- zugsgebiet vermarktet. Allein Bioland zählt hend industriellen Strukturen das Boom- 15 solcher Erzeugergemeinschaften und segment schlechthin. Handelsgesellschaften auf, von denen viele 10 Innovations-Magazin
auch von Naturland zertifiziert sind. In Nord- muss. Phantastische Zuwachsraten hatte in Dannenberg zu einem runden Tisch zu- deutschland ist die Gut Rosenkrantz Handels- Covid-19-Zeiten Bio-Mehl in 1 kg-Packun- sammengefunden hat. Neben Erzeugerge- gesellschaft führend. Bundesweit erfasst nur gen. Getreide, das eigentlich ins Futter gehen meinschaften gehören ihm die wichtigsten noch die Marktgesellschaft der Naturland sollte, wurde in solche Packungen abgefüllt. Kartoffelpackbetriebe Böhmer und Öko-Kon- Bauern AG, die 900 Bio-Bauern gehört, mit tor sowie Einzelhandels-Vertreter von Alnatu- 2 000 Bio-Betrieben zusammenarbeitet und ra, Rewe und Tegut an. Preisabsprachen sind zuletzt 72 Mio. € umgesetzt hat. Die Bioland Die Überraschung: zwar kartellrechtlich verboten, aber ein gro- Markt GmbH & Co KG (ohne Beteiligung des Bio-Kartoffeln ßer Erfolg des runden Tischs war die Überein- Bioland-Verbandes) hat Insolvenz angemel- kunft »300 Tage im Jahr deutsche Bio-Kartof- det. Auch große Häuser wie Agravis stiegen Die Bio-Kartoffel-Erlöse liegen mit 87 Mio. € feln«, um den Absatz im Frühjahr nicht durch in die Erfassung von Bio-Getreide ein. (5,5 % aller Kartoffelerlöse) fast 2 % unter Frühkartoffeln aus Ägypten und anderen Mit- dem Durchschnitt aller Bio-Anteile am Ge- telmeerländern zu gefährden. Daran hält sich Zwei Drittel des deutschen Bio-Getrei- samtmarkt. Das überrascht angesichts der selbst Aldi, der mit Abstand größte Bio-Kar- des wird verfüttert, vor allem an Hühner. Tatsache, dass Bio-Kartoffeln in allen Dis- toffel-Vermarkter Deutschlands. Hier werden beachtliche Mengen in Futter- count- und Verbrauchermärkten gelistet HTK-Kooperationen bewegt, bei denen sich sind und auch gut abverkauft werden. Bei Fazit. In den Köpfen von Verbrauchern mag Erzeugergemeinschaften, Handelshäuser und frischen Speisekartoffeln ist der Bio-Anteil in die Bio-Branche noch ein »Hinterhof-Image« Futtermühlen als Logistik- und Abrechnungs- der Tat deutlich höher, allerdings bei den er- haben, in der Realität ist sie weit davon ent- partner beteiligen. Der deutsche Markt für heblichen Verarbeitungsmengen zu Pommes fernt. Charakteristisch ist ein hoher Orga- Bio-Speisegetreide dagegen wächst kaum. frites, Kartoffel-Chips und Stärke allerdings nisationsgrad, sei es in einer großräumigen Das liegt wohl am Zusammenwirken meh- auch deutlich geringer. Marktexperten gehen Kreislaufwirtschaft »Eier – Hühnertrocken- rerer Faktoren: Das Bio-Wachstum findet im denn auch von geschätzt 120 Mio. € Umsatz kot – Futtergetreide« oder bei Begrenzun- LEH statt, der oft nur verpacktes Brot anbie- mit Bio-Kartoffeln in Deutschland aus. gen bzw. Absprachen über Erzeugungsmen- tet. Das macht die Kommunikation eines Vor- Interessant ist die Bio-Kartoffel-Wertschöp- gen etwa bei Milch und Kartoffeln. teils schwierig, wenn der Preisunterschied so fungskette, weil sie sich auf Initiative des groß ist, wie er für Bio-Qualitätsweizen sein Bio-Kartoffel-Erzeuger-Vereins in Lüchow- Conrad Thimm, Bio2030.de, Berlin “ Die perfekte Kombination der Hackmaschine EC-Weeder und der Kamerasteuerung IC-Light hat mich überzeugt! Georg Drexl, Biolandwirt, Süddeutschland Erfahre mehr auf steketee.com
Innovations-Magazin Vermarktung Foto: landpixel Von Hippie-Händlern ment für selbstständige Naturkosthändler, der BioMarkt Einkaufs-Marketing-Verbund selbstständiger Naturkosthändler sowie über bis Aldi und Lidl 300 eigene »denn’s«-Bio-Märkte, mit denen Dennree seinen Vorsprung vor allen anderen reinen Bio-Händlern Jahr für Jahr ausbaut. 2015 wurde ein 4 000 ha-Betrieb in Sach- sen übernommen, den Bioland 2018 zertifi- Von den Aussteiger-Initiativen vor 40 Jahren bis zum breiten Einstieg ziert hat. Auf ihm werden u. a. 1 500 Milch- der Discounter von heute hat sich die Vermarktung von Bio-Produkten kühe gehalten, deren Milch in Thüringen zu atemberaubend entwickelt. Deren Geschichte erzählt Conrad Thimm. Produkten für Dennree verarbeitet werden. ... und Alnatura. Zweitgrößter reiner Bio- E s waren harmlose Hippies und Ausstei- Strecke und auch heute noch fallen sonntags Händler ist mit knapp 1 Mrd. € Umsatz und ger ohne nennenswertes Kapital, die die Frische-LKW von Dennree auf der A 9 be- 3 500 Mitarbeitern Alnatura von Götz Rehn. in den 1970er und 1980er Jahren ih- sonders auf. Demeter-Orangen wurden bald Dieser war weder ein Hippie noch ein Ausstei- re Start-ups begonnen haben. Heute sind sie schon in Sizilien eingekauft und teils bis nach ger, trug schon in den 1980er Jahren immer angesehene Unternehmensleiter mit Umsät- Schweden geliefert. In Deutschland eröffne- einen Schlips und wurde damals von denen, zen im zwei- bis vierstelligen Mio.-€-Bereich: te Greim regionale Großhandelsstützpunkte, die sich für »echte Bios« hielten, argwöhnisch Der traditionelle Absatzkanal für Bio-Produk- und schon vor 30 Jahren übernahm er eine betrachtet. Sein Vorteil war der anthroposo- te ist der Naturkosthandel. Reihe regionaler Großhändler, die in der Re- phische Hintergrund, den die Einzelhandels- gel nicht den Cashflow generieren konnten profis Götz Werner vom dm-Drogeriemarkt Die Marktführer: Dennree ... Das größte den sie zum Wachstum brauchten. und Wolfgang Gutberlet von Tegut teilen. Unternehmen im Naturkosthandel ist mit ei- Heute hat Dennree 7 600 Mitarbeiter und Rehn hat zwar bei Nestlé als Produktmana- nem Jahresumsatz von 1,4 Mrd. € (2020) die führt ein Großhandelssortiment von über ger gearbeitet, das Einzelhandelshandwerk Firma Dennree in Töpen bei Hof, gegründet 14 000 Artikeln, das alle Lebensmittel und und den Aufbau einer Handelsmarke aber und noch heute geleitet von Inhaber Thomas Getränke umfasst und an über 1 400 Läden von Werner und Gutberlet und ihren Mana- Greim. Er hat klein angefangen und ist mit in Deutschland und Österreich ausgeliefert gern gelernt. Über zehn Jahre wurde Alnatu- den Bio-Pioniermärkten München und Ber- wird. Die Geschäftsfelder sind ein klassischer ra wie eine Handelsmarke von dm und Tegut lin gewachsen. Die Autobahn A 9 war seine Großhandel mit Frische- und Trockensorti- geführt: Naturkosthersteller wurden beauf- 12 Innovations-Magazin
tragt, ausgewählte Artikel im Alnatura-De- Alte Gewissheiten spielen keine Rolle mehr sign abgepackt direkt an dm und Tegut zu liefern. Alnatura hatte selbst nicht einmal Für viele Verbraucher steht der Preis im Vordergrund. Eine wachsende Grup- ein Lager. In den ersten zehn Jahren wur- pe schätzt aber auch die wahrgenommene Qualität und Herkunft. Da die den nur zwei eigene Läden eröffnet. Dann meisten vor allem einkaufen und nicht zugetextet werden wollen, sind die war die Zeit reif und der Cashflow aus dem Kommunikationsmöglichkeiten des LEH beschränkt. Eine vertrauenswürdi- dm-Geschäft groß genug, dass immer mehr ge Marke, unterstützt durch ein Siegel als Qualitätsversprechen, ist oft der eigene SuperNaturMärkte eröffnet wurden. einzige Ausweg. Die einzige in Deutschland weitbekannte echte Bio-Herstel- Heute sind es 130, das bedeutet den zwei- lermarke ist Hipp Babykost. Auch Alnatura wird als Herstellermarke wahrge- ten Platz unter den deutschen Bio-Filialis- nommen, obwohl es eine Handelsmarke ist. ten. Das Frischesortiment wird von regio- Die deutschen Bio-Verbände legen großen Wert darauf, dass ihre Richtlinien nalen Bio-Großhändlern geliefert. strenger sind als die EU-Bio-Verordnung. Sie haben für die Landwirte eine große Bedeutung, weil sie für Selbstorganisation, Austausch, Beratung, Ent- (Fast) eine Familiengeschichte. In den wicklung und Vermarktungsempfehlungen sorgen. Selbst handeln sie jedoch 2010er Jahren zog sich Götz Rehns Schwa- nicht. Meist ist die Mitgliedschaft in einem Bio-Verband die Voraussetzung ger Götz Werner aus dem Tagesgeschäft von für den Absatz der Produkte, weil Hersteller und Abpacker danach fragen. dm zurück. Die Zeiten für Alnatura wurden Nur bei Bio-Eiern, dem Futter dafür und dem Bio-Milchabsatz durch Arla schwieriger. Erst musste Alnatura ein eigenes spielen EU-Bio-Betriebe ohne Verbandszugehörigkeit eine größere Rolle, da- Lager bauen, dann gab es Streit um die Prei- neben extensive Grünlandbetriebe, die die Ökoförderung gern mitnehmen, se, die Alnatura dm berechnete, dann baute aber ihre Tiere meist konventionell absetzen. dm seine nun wirklich eigene »dmBio«-Mar- ke auf und Alnatura suchte neue Kunden im Teile des Naturkosthandels haben sich gern als die »echten« Bio- LEH. Dies wollten Götz Werner und Wolfgang Händler gesehen, die die Produkte der strengeren Verbandsmitglieder Gutberlet mit Hinweis auf ihre Markenrech- handeln im Gegensatz zu den – aus ihrer Sicht – minderwertigen EU-Bio- te an Alnatura verhindern. Juristische Ausei- Produkten im LEH. Dass der Bioland-Verband ausgerechnet mit Lidl einen nandersetzungen folgten, die überwiegend Vertrag geschlossen hat, passt nicht in dieses Weltbild. Im Endeffekt läuft Götz Rehn gewann. Inzwischen ist Alnatura es jedoch immer auf die gleichen Handelsgesetze hinaus: Hast du nur 1 % bei dm komplett durch dmBio ersetzt. Dieses mehr Nachfrage als Angebot, dann geht der Preis leicht mehr als 10 % nach ist Marktführer im Bio-Trockensortiment. Al- oben. Hast du jedoch nur 1 % weniger Nachfrage als Angebot, geht der Preis natura hat mit einem vielfach größeren Kun- schnell mehr als 20 % nach unten. Der Vorteil von Bio ist, dass die Erzeu- denkreis, u. a. Edeka, Rossmann, Migros in gung durch natürliche Grenzen viel stärker eingeschränkt und daher nicht der Schweiz und anderen zu den alten zwei- so leicht und so schnell eine preisruinöse Überproduktion erreicht wird. Hast stelligen Wachstumsraten zurückgefunden, du hingegen teure, weil ineffiziente Strukturen, dann hilft dir auf die Dau- wenn auch nicht zu den alten Margen mit er auch die schönste Erklärung nichts: Du bist nicht mehr wettbewerbsfähig. dm. Götz Rehn bestellt nun sein Haus für Die Landwirte dürften kaum darunter leiden. die Nachfolge. Wir sind deutschlandweit für Sie da! Die Beratung für Naturland ist Ihr fachlicher Ansprechpartner für alle Fragestellungen zum Thema Öko-Landbau und Umstellung. Alle regionalen Fachberater und Spezialisten für Ihren Betriebs- zweig finden Sie online unter www.naturland-beratung.de Kontakt: Beratung für Naturland BESSER ÖKO MIT NATURLAND. Eichethof 1 85411 Hohenkammer GUT BERATEN ALS ERZEUGER. Tel: +49 (0)8137 6372-901 Fax: +49 (0)8137 6372-919 info@naturland-beratung.de
Innovations-Magazin Vermarktung Foto: Langbehn Sitz im Wendland, und beide blicken auf ihre Demeter-Ursprünge in den 1930er Jahren zu- rück. Wie die meisten Naturkost-Marken-Her- steller fertigen sie auch für Handelsmarken für den LEH, insbesondere auch für dmBio. Manch ein Hersteller bzw. eine Marke ist ver- kauft worden, z. T. mehrfach wie Allos (Ecoto- ne, früher Wessanen), Bruno Fischer (jetzt zu Eden, Hügli Group, Coop Group CH), Davert (jetzt zu Midsona), Natumi (jetzt zu Hain Ce- lestial), Zwergenwiese (jetzt zu Rapunzel). In der AöL – Die Öko-Lebensmittelhersteller – sind über 125 Firmen aus Europa mit einem Umsatz von 4 Mrd. € organisiert. Hauen und Stechen im LEH. Der Lebens- mittel-Einzelhandel ist heute mit 60 % An- teil am Bio-Umsatz der größte Absatzkanal für Bio in Deutschland. In vielen Nachbar- ländern wie Österreich, der Schweiz, Däne- mark und Schweden ist der Anteil des LEH am Bio-Umsatz mit um die 80 % noch deut- lich höher. Gleichzeitig ist in diesen Ländern der Anteil von Bio am gesamten Lebensmit- Bioverband plus Discounter: Das hat in der Ökoszene viel Wirbel ausgelöst. Aber anders telumsatz mit 8 bis 10 % deutlich höher als ist Wachstum wohl nicht mehr zu erreichen. in Deutschland (5 %). Der mengenmäßig wichtigste Bio-Vermark- ter in Deutschland ist Aldi. Das liegt an des- Wen gibt es noch? Der drittgrößte Bio- Bio-Marken: Die Helden der Märchen sen grundsätzlicher Bedeutung im Frischebe- Großhändler ist Weiling in Coesfeld mit über von Rapunzel bis Zwergenwiese. Belie- reich, vor allem bei Mopro, Eiern und Obst & 700 Mitarbeitern und einem Umsatz von 300 fert werden die Handelsunternehmen von Gemüse und den ähnlichen Anteilen in den Mio. €. Mit 12 000 Artikeln, zwei Logistikzen- Bio-Marken-Herstellern, die seit den 1970er entsprechenden Bio-Kategorien. Lidl ver- tren, fünf regionalen Umschlagplätzen und und 1980er Jahren mit dem Naturkosthandel sucht aktuell, mit seinem Bioland-Vertrag einem bundesweiten Speditionsnetz garan- zusammen herangewachsen sind. Eindeutiger und der entsprechenden Werbung aufzuho- tiert er eine Belieferung innerhalb weniger Marktführer ist hier mit knapp 250 Mio. € len. Netto Marken-Discount, eine Tochter der als 24 Stunden über sechs Tage die Woche. Umsatz die Firma Rapunzel von Gründer Jo- Edeka, war nach der Übernahme von Plus und »Die Regionalen« sind ein bundesweites Netz- seph Wilhelm in Legau im Allgäu. Sie wurde der Marke BioBio in der zweiten Hälfte der werk von elf Bio-Großhändlern, die jeweils vor allem mit Bio-Importen wie Kaffee, Ka- 2000er Jahre Bio-Marktführer im Discount- 100–250 Mitarbeiter haben und insgesamt kao, Nüssen und Trockenfrüchten für Müs- Bereich. BioBio war 2002 von Plus mit dem 2 000 Naturkostläden, Bio-Supermärkte, li groß. Ihr Hit ist »Samba«, das Nutella des Segen der damaligen Landwirtschaftsminis- Hofläden, Marktstände, Gastronomie, Groß- Naturkosthandels. Auch »Lebensbaum« von terin Renate Künast eingeführt worden und verbraucher und andere in ganz Deutschland Ulrich Walter aus Diepholz, der inzwischen hatte im Jahr der Euro-Einführung eine Bio- beliefern. Daneben gibt es noch meist klei- die Mehrheit an eine Beteiligungsgesellschaft Umsatz-Rezession verhindert. nere, spezialisierte Großhändler. abgegeben hat, macht mit dem Import von Tees, Gewürzen und Kaffee und Kakao ei- Metropolen als Hotspots. Nach Denn’s nen Umsatz von ca. 75 Mio. €. In ähnlicher und Alnatura sind die führenden Bio-Filia- Größenordnung liegt die Bohlsener Mühle listen Bio Company in Berlin mit 62 Filialen, von Volker Krause aus der Nähe von Uelzen. Basic in München mit 34 Filialen, ebl-Natur- Ihr Schwerpunkt ist die Verarbeitung heimi- kost in Nürnberg mit 28 Filialen und Super- schen Bio-Getreides zu frischem Brot und biomarkt in Münster und im Rheinland mit 27 Backwaren sowie haltbaren Produkten wie Filialen. 25 weitere Bio-Filialisten haben zwi- Keksen und Getreidespezialitäten. schen 4 und 20 Filialen. Sie haben allesamt Die Naturkostsafterei Voelkel und der glu- drei Gemeinsamkeiten: Sie liegen in Metro- tenfreie Haferspezialist Bauckhof, die jeweils pol-Regionen, haben über 400 m2 Verkaufs- Umsätze in der 60 – 90 Mio €-Klasse ma- fläche je Markt und wachsen im Gegensatz chen, haben noch weitere Gemeinsamkei- Eine überragende Rolle in der Branche spielen zu inhabergeführten Bio-Läden weiterhin – ten: Beide sind Familienbetriebe in dritter die Öko-Verbände. Allein hat man als Landwirt auch in Jahren, die schwächer sind als 2020. bis vierter Generation, beide haben ihren dort kaum eine Chance. 14 Innovations-Magazin
Im Trockensortiment ist dm Drogeriemarkt sortimentern Edeka und Rewe sind vor allem im Vollsortiment auf 38 Mrd. € plus Marken- der Bio-Marktführer in Deutschland. Das systembedingt. Bei der Edeka gibt es große discount Netto mit weiteren 14 Mrd. €. dm liegt am großen Bio-Anteil im sehr begrenz- Unterschiede zwischen den rechtlich selbst- Drogeriemarkt kommt auf 8 Mrd. € allein in ten Food-Angebot der Drogeriemärkte, am ständigen Regionalgesellschaften. Edeka- Deutschland. 2013 verkaufte Wolfgang Gut- behutsamen Aufbau von Alnatura über Jahr- Südwest und Edeka Nord sind sehr Bio-ak- berlet Tegut an die Schweizer Migros, behielt zehnte, am anerkannten Spitzen-Category- tiv, während die Edeka Minden-Hannover, mit aber zunächst die Kurhessischen Fleischwerke Management bei dm sowie an dem dm- 10 Mrd. € Umsatz die größte Regionalge- (KFF) und die Herzberger Bäckerei, beide mit Lifestyle-Ambiente, das gerade jene eher sellschaft, eher Bio-verhaltener agiert. Aber hohen Bio-Anteilen, in eigener Regie. Wirt- jüngere Frauen anzieht, die für Bio beson- auch zu ihr gehören selbstständige Edeka- schaftlich ging seine Bio-Leidenschaft nicht ders empfänglich sind. Ein Kundenmagazin Kaufleute mit Umsätzen teilweise im dreistel- auf. Die KFF musste er an einen Tierfutter- schlägt einladende Brücken zwischen Pro- ligen Millionen-Bereich, wie die WEZ, die zu hersteller verkaufen und die Herzberger Bä- mis, sozialem Engagement (»bedingungslo- den Bio-Pionieren zählen. ckerei wurde wieder von Tegut übernommen. ses Grundeinkommen«), Anthroposophie und Auch bei der Rewe gibt es selbstständige Geleitet wird Tegut im Auftrag der Migros von Bio-Lebensmitteln. In diesem Umfeld zeigte Kaufleute, die sich besonders bei Bio enga- dem ebenso Bio-engagierten Thomas Gutber- der Ersatz von Alnatura durch dmBio, dass gieren. Aber auch die Zentrale in Köln entwi- let, Sohn von Wolfgang Gutberlet. dm getrost auf Alnatura verzichten kann, ckelt Bio als ein bundesweites strategisches Auch alle anderen Vollsortimenter in was umgekehrt schwieriger war. Auch die Thema seit über 20 Jahren konsequent. Deutschland bieten inzwischen Bio-Produk- drei anderen Drogeriefilialisten Rossmann, Relativer Bio-Marktführer unter den Vollsor- te an, genau wie auch alle Discounter. Man- Müller und Budni haben relevante Bio-Sor- timentern ist seit 30 Jahren der hessische che eher unter anderem, andere engagierter. timente und inzwischen auch Alnatura-Pro- LEH-Filialist Tegut. »Relativ«, weil er einer- Zu den engagierten gehört Globus, einer der dukte, kommen jedoch an die Bio-Umsätze seits nach eigenen Angaben inzwischen 30 % wenigen erfolgreichen SB-Warenhaus-Betrei- des Marktführers dm nicht annähernd heran. seines Umsatzes mit Bio-Produkten macht, ber, die nach der Real-Pleite noch übrig sind. andererseits, weil er mit einem Gesamtum- »Wachsen oder weichen« ist die brutale Rea- Edeka, Rewe und der Sonderfall Te- satz von 1 Mrd. € erst Platz 20 im LEH-Ran- lität im Lebensmittelhandel. gut. Die Unterschiede in der Bio-Führung king belegt – sogar hinter dem reinen Bio- zwischen den beiden großen deutschen Voll- Player Dennree. Zum Vergleich: Edeka kommt Conrad Thimm, Bio2030.de, Berlin N EU Das Pflanzen- wachstum fördern Mechanische Kulturpflegemaschinen Leichtzügiges Multitalent – ROTOCARE Jeder Strich ein Erfolg – TINECARE Flexibilität trifft Präzision – FLEXCARE Bestes Arbeitsergebnis durch präzise Einstellmöglichkeiten Geeignet für (fast) alle Kulturen und unterschiedlichste Standorte www.poettinger.at
Innovations-Magazin Umstellung Eine Chance für lungsplanung auf ökologische Wirtschafts- weise berücksichtigt und kalkuliert werden. Ihren Betrieb? Halber Ertrag und doppelter Preis – die Rechnung geht nicht immer auf. Am Bei- spiel der Erträge auf einem der Versuchsfel- der der Landesforschungsanstalt in Mecklen- Wer seinen Betrieb erhalten und weiterentwickeln möchte, stellt burg-Vorpommern, das seit 1992 zum Teil sich zwangsläufig die Frage nach dem »Wie«. Eine Option ist ökologisch und zum Teil konventionell bewirt- schaftet wird, sind die Naturalerträge wichti- die Umstellung auf eine ökologische Wirtschaftsweise. Doch ein ger Ackerfrüchte (Grafik 1) gegenübergestellt. Wechsel will genau überlegt sein. Worauf es bei der Umstellung im Bei diesem direkten Vergleich sieht man, dass Ackerbau ankommt, zeigt Hubert Heilmann. das Ertragsniveau bei den meisten Kulturen im Ökolandbau bei rund der Hälfte liegt. Da- bei darf aber nicht übersehen werden, dass im D ie gesellschaftlichen und politischen gen im Pflanzenschutz sind Auslöser bei vie- Gegensatz zur konventionellen Wirtschafts- Weichenstellungen zeigen stärker len konventionell wirtschaftenden Betrieben, weise im Ökolandbau die Bereitstellung von denn je auf Ökolandbau. Und das über eine ökologische Wirtschaftsweise nach- Stickstoff als knappster Pflanzennährstoff Umstellungsinteresse der Landwirte ist nach zudenken. über Kleegrasanbau oder Ähnliches erfolgen wie vor hoch. Auslöser dafür ist nicht nur der Doch bevor man solche wichtigen Entschei- muss. Damit gehen im ökologischen Acker- von der Politik angestrebte Ausbau des Öko- dungen trifft, sollte man einen unvoreinge- bau rund ein Drittel der Anbaufläche für die- landbaus über den derzeitigen Flächenanteil nommenen und faktenbasierten Blick auf den se »N-Versorgung« verloren. Bezogen auf die von 10 % hinaus in Richtung 20 %. Auch die Ökolandbau werfen. Denn: Risikolos ist der gesamte Fruchtfolge lag daher das Ertrags- aktuellen Diskussionen zum Klimaschutz, zur Weg nicht. Das wirtschaftliche Umfeld für niveau im Zeitraum 2003 bis 2019 zwischen GAP, den Herausforderungen hinsichtlich Bio- landwirtschaftliche Betriebe verändert sich etwa einem Viertel und knapp der Hälfte der diversität und nicht zuletzt die Einschränkun- zunehmend und muss auch bei der Umstel- konventionellen Bewirtschaftung. Biolandbau ist mehr, als nur Dinge wegzulassen.
Grafik 1: Ertragsvergleich ökologisch und konventionell bewirtschaftet Relativerträge 2003 – 2019 in % 110 Raps 100 90 80 70 60 50 40 30 Ihre Prioritäten im Pflanzenschutz: 20 10 0 Weizen Roggen Triticale So.-Gerste Lupine Silomais beste Wirkung, konventionell ökologisch bewirtschaftet weniger Drift Diese Feldversuchsergebnisse werden durch zu sehen, dass die Öko-Betriebe beim Preis Als Europas Nr. 1 für Düsentechnik Zahlen aus real existierenden Betrieben ge- mehr als das Doppelte für den Roggen erzie- bieten wir Ihnen die größte Auswahl stützt (Übersicht S. 18). Auch hier zeigt sich, len konnten als ihre konventionellen Berufs- an driftmindernden Düsen für den dass die realisierten Naturalerträge im Öko- kollegen. Häufig unterscheiden sich aber die Pflanzenschutz – bei gleichzeitig landbau weit hinter der konventionellen Wirt- Vermarktungswege und -formen zwischen schaftsweise liegen. Aus der Tabelle ist auch beiden Wirtschaftsweisen erheblich. Der An- optimaler Wirkung. Ein wertvoller teil von Direktvermarktung und regionaler Beitrag für Ihren Erfolg. Vermarktung ist im Ökolandbau weiter ver- Fotos: landpixel breitet. Damit gehen aber auch in der Regel IDTA – verlustmindernde höhere Vermarktungskosten für die Betriebe Düsentechnik einher. In der Summe liegen zwischen den Umsatzerlösen beider Wirtschaftsweisen kei- ne großen Unterschiede. Das trifft auch für 90/95 % die betrieblichen Aufwendungen zu – gerin- gere Ausgaben für Dünger- und Pflanzen- schutzmittel werden an anderer Stelle (z. B. Arbeitserledigung, Aufbereitung, Vermark- tung) beim Ökolandbau wieder aufgezehrt. Unter dem Strich (Betriebsergebnis ohne Zulagen und Zuschüsse) lagen beide Wirt- schaftsweisen nahezu gleichauf. Bezieht man allerdings die Zulagen und IDTA 120-025 C, IDTA 120-03 C, Zuschüsse einschließlich der Förderung 90 % bei 1,5–2 bar 90 % bei 1,5–2 bar für ökologische Wirtschaftsweise mit ein, schlossen die Öko-Ackerbaubetriebe im Endergebnis besser ab als die konventio- nellen. Dies trifft besonders für Regionen mit unterdurchschnittlichen Ertragspoten- tialen zu. Dort sind die Unterschiede in der optimalen Intensität zwischen der konventi- onellen und der ökologischen Bewirtschaf- tung geringer, Subventionen und Zulagen IDTA 120-04 C, IDTA 120-05 C, haben einen höheren Anteil am Gesamt- 90 % bei 1–1,5 bar 95 % bei 1–1,5 bar erlös der Betriebe (siehe Grafik 2, S. 18). Grundsätzlich gilt die Faustformel: Je nied- riger die Ertragsfähigkeit des Standortes, umso geringer die Unterschiede zwischen konventioneller und ökologischer Intensi- www.lechler-agri.com
Innovations-Magazin Umstellung Vergleich ökologisch und konventionell wirtschaftender kurz- und mittelfristig überfordert zu wer- Ackerbaubetriebe im Osten den. Ein Beispiel dafür ist der Milchsektor: Nachdem einige Zeit ein »Aufnahmestopp« Kennzahl Ökol. Konv. Relation für neue Öko-Milchlieferanten verhängt war, Roggenertrag dt/ha 21 60 35 % suchten zuletzt einige süddeutsche Molkerei- en wieder Bio-Lieferanten. Auch bei wich- Roggenpreis €/dt 27,46 12,08 227 % tigen pflanzenbaulichen Produktionslinien, Umsatzerlöse €/ha 845 813 104 % wie dem Roggen, sind bereits in der Vergan- genheit regional unbefriedigende Vermark- Zulagen, Zuschüsse €/ha 522 332 157 % tungsquoten erzielt worden. Ein nicht uner- Betr. Aufwendungen €/ha 1 036 978 106 % heblicher Teil des Öko-Roggens (vorwiegend »Nicht-Verbandsware«) musste als konven- Betriebsergebnis (BE) €/ha 412 216 191 % tionelle Ware vermarktet werden. Letztlich BE ohne Zulagen, €/ha – 110 – 116 105 % bestimmen auch auf dem Öko-Markt Ange- Zusch. bot und Nachfrage den Preis. Ein Überange- bot an Öko-Ware führt zu Preisverfall, mög- 40 Öko- und 28 konventionelle Betriebe mit 339 bzw. 335 ha LF, Quelle: MLP BWA ÖLB ostdeutscher BL licherweise mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für weite Teile des Öko-Sektors. Auch eine Anhebung der Öko-Prämien als agrarpo- tät und desto vorzüglicher die Umstellung sollte man allerdings beachten, dass zur Ver- litische »Gegenmaßnahme« würde den Scha- auf Ökolandbau. meidung von Doppelförderung gesetzliche den vermutlich nicht kompensieren können. Schutzgebietsauflagen nicht über die zwei- Marktwirtschaftliche Probleme können nun Diskussion zum Klimaschutz, Ackerbau- te Säule, also z. B. über die Öko-Prämie »ge- mal nicht mit planwirtschaftlichen Instru- strategie, GAP-Reform – Auslöser für fördert/ausgeglichen« werden dürfen. So hat menten gelöst werden. die Umstellung auf Ökolandbau? Zwar in der laufenden Förderperiode beispielswei- liegen die konkreten Umsetzungspläne für se Mecklenburg-Vorpommern die Öko-För- Zielkonflikte. In den diversen politischen die angekündigte »Ökologisierung der Land- derung für Flächen in Wasserschutzgebie- Strategien und Zielvorgaben, mit denen sich wirtschaft« aktuell noch im dichten Nebel, ten gekürzt, wo der Einsatz von chemischen die Landwirtschaft zunehmend konfrontiert dennoch stehen einige Aspekte fest. Pflanzenschutzmitteln ohnehin untersagt ist. sieht, liegt ein großes Konfliktpotential. Je- Seit diesem Jahr ist das Verbot der Anwen- Ein analoges Vorgehen wäre auch für diese der vernünftige Mensch weiß, dass man bei dung von Herbiziden und biodiversitätsschä- »neuen« Schutzgebietsauflagen zu befürch- einer Vielzahl von Zielen nicht alle gleich- digenden Insektiziden in Schutzgebieten ten, was eine deutliche Senkung der Öko- zeitig erreichen kann. So hat beispielswei- Realität. Als Schutzgebiete wurden im In- Prämien zur Folge hätte. Damit wird letzt- sektenschutzprogramm FFH-, Naturschutzge- lich auch die »Flucht in den Ökolandbau« in biete, Nationalparks und Vogelschutzgebiete diesen Schutzgebieten gedämpft. benannt. Die Auswirkungen auf die betroffe- Grafik 2: Vergleich der nen Betriebe sind enorm. Die Schwankungs- Die Aufnahmefähigkeit der Öko-Märkte Wirtschaftlichkeit (WJ 2018/19) breite für den Grad der Betroffenheit auf Be- ist nicht unbegrenzt. Der Markt ist klein. triebsebene reicht von null bis 100 %. Bei Bei einer Umstellung vieler konventionel- €/ha LF hoher Betroffenheit liegt die Umstellung ler Betriebe drohen die regionalen Märk- 3000 auf ökologischen Landbau sehr nahe. Dabei te für viele Öko-Produktlinien zumindest 2 328 2500 1 810 2000 Bei der Biodiversität hat der 1500 Ökolandbau die Nase vorn. 1000 500 0 Ökol. Konv. Betriebe Betriebe (n = 175) (n = 1 416) Umsatzerlöse Zulagen und Zuschüsse sonstige betriebliche Erträge Quelle: Koordinierungsgruppe Ökonomie und Markt der Landesanstalten der Länder, 2021. 18 Innovations-Magazin
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