INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen

 
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INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
INNOVATIONS-­
MAGAZIN                                Öko-Trends 2021

Bio-Märkte | Umstellung | Hacktechnik | Humus
                         EINE AKTION
                                VON
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
ÖKOLANDBAU                                                            75-405 PS

Mehr Möglichkeiten mit Valtra                               valtra.de/oekolandbau

   •   Hohe Bodenfreiheit für hohe Bestände
   •   Optimales Leistungsgewicht für geringen Bodendruck
   •   Weniger Überfahrten dank Rückfahreinrichtung
   •   Hohe Wendigkeit für bodenschonendes Arbeiten                  Sm
                                                                          ar t
                                                                                 To
   •   Beste Sicht auf die Arbeitsgeräte                                            u   ch
                                                                                             -A
                                                                                                  rm
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   •   Einfache Bedienung für wechselnde Fahrer                                                               ne

   •   Zentimetergenaues Arbeiten dank Spurführung
   •   Automatische Dokumentation für optimalen Überblick
   •   Individuell anpassbar an Ihre Anforderungen
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                                     Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,
Bio ist zurzeit in aller Munde. Gefühlt eröffnet an jeder Straßenecke ein
neuer Bio-Laden. Doch hält dieser Boom an? Wie werden sich die Märkte
künftig entwickeln? Weil sich diese Fragen, die vor allem auch für Umstel-
lungswillige interessant sind, coronabedingt auf Branchentreffs wie den
Ökofeldtagen zurzeit nicht diskutieren lassen, stellen wir Ihnen die Themen
in diesem neuen Innovationsmagazin vor.
Und mehr noch: Es geht auch um Trends bei der mechanischen Unkraut-
kontrolle – diese sind für ökologisch und konventionell wirtschaftende
Betriebe gleichermaßen interessant. Dasselbe gilt für den Humusaufbau.
Der Boden als Grundlage für gesunde Bestände und sichere Erträge rückt
bei beiden Betriebsformen eindeutig weiter in den Mittelpunkt.
Wir, die Redaktionen von DLG-Mitteilungen und top agrar, wünschen
viel Freude und Nutzen beim Lesen dieses Sonderheftes.
                                                                                     Inhalt
                                                                                     4 Bio-Märkte
                                                                                     Bio boomt – aber bleibt das so?

                                                                                     8 Strukturen
                                                                                     Weit entfernt vom idyllischen Hinterhof

                                                                                     12 Vermarktung
                                                                                     Von Hippie-Händlern bis Aldi und Lidl

                                                                                     16 Umstellung
                                                                                     Eine Chance für Ihren Betrieb?

                                                                                     20 Interview
                                                                                     Öko als „Versuchsfeld“ für die Zukunft

                                                                                     22 Gemeinsamkeiten
4 Die Märkte für Öko-Produkte               12 Öko und Discounter – passt das?       Voneinander lernen!?

                                                                                     26 Standort
                                                                                     Die fünf Erfolgsfaktoren des Öko-Ackerbaues

                                                                                     28 Unkrautkontrolle
                                                                                     So klappt es mit Striegel und Hacke

                                                                                     32 Kamerasysteme
                                                   28 Mechanisch Unkraut bekämpfen   Denken & Lenken
22 Voneinander lernen                                                                34 Züchtung
                                                                                     Wie entstehen Sorten für den Ökolandbau?
Impressum
Verlagsbeilage Innovations-Magazin zu                                                36 Boden
DLG-Mitteilungen 7/2021 und top agrar 7/2021                                         Mehr Humus durch dauerhafte Begrünung
Redaktion
Thomas Künzel, Thomas Preuße, Katrin Rutt                                            40 Humusaufbau
(DLG-Mitteilungen), Matthias Bröker, Gesa Harms,                                     Neue Einkommensquelle CO2-Zertifikat?
Guido Höner (top agrar)
Anzeigen/Vertriebsmarketing                                                          42 Standpunkt
Dr. Peter Wiggers/Sylvia Jäger
                                                                                     Wenn die „Konvis“ ökologischer werden
Geschäftsführung
Werner Gehring, Dr. Ludger Schulze Pals,
Malte Schwerdtfeger, Wolfgang Gamigliano,                                            44 Interview
Walter Hoffmann                                    36 Die Sache mit dem Humus        „Vertrauen ist unser größtes Kapital“

                                                                                                           Innovations-Magazin     3
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                                            Bio-Märkte

Bio boomt –
aber bleibt das so?
In den letzten Jahren war der Ökolandbau eine Erfolgsgeschichte. Geht es
nach den politischen Zielen, soll das so bleiben. Conrad Thimm zeigt jedoch:
Das Wachstum hängt stärker von den Märkten ab als von der Politik. Doch
wohin entwickeln sich die Märkte?

S
      o sehen Sieger aus, möchte man auf                       Zwei Herzen schlagen in der Brust überzeug-
      den ersten Blick meinen: Von 2015 bis                    ter Ökos: Politisch wird mehr Ökolandbau ge-
      2019 ist das Bio-Ackerland in Deutsch-                   fordert. Die Praxis aber erweitert die Öko-
land von 445 000 auf 700 000 ha gewach-                        Flächen eher differenziert und behutsam.
sen. Das sind 14 % – pro Jahr! 2015/16 war                     Dabei ist die Meinung durchaus nicht ein-                 Bio-Dinkel boomt. Umstellungs-
der sprunghafte Anstieg der Nachfrage nach                     heitlich. Das hängt natürlich auch stark von              Futterweizen dagegen und auch
                                                                                                                         Roggen erholen sich erst langsam
Futtergetreide im Rahmen der Milchumstel-                      den einzelnen Produkten ab.                               wieder aus einem Preistal.
ler-Welle ein wesentlicher Treiber auch für die
Umstellung des Ackerbaus. Da die Molkereien
nach 2016 nur noch wenige Umsteller auf-                       Mähdruschfrüchte:                              Roggen, Weizen, Dinkel. 2019 waren in
nahmen, beruhigte sich auch die Nachfrage                      Gemischte Gefühle                              Deutschland 208 000 t Bio-Roggen geern-
nach Umstellungs- und Bio-Futtergetreide.                                                                     tet worden. Davon wurde so viel überlagert,
Die neuen Ackerbauumsteller befriedigten                       Die Umstellungswelle bei Marktfruchtbe-        dass 2020 weder eine um 12 % geringere
die Futtergetreide-Nachfrage und verdräng-                     trieben 2017 bis 2019 hatte dazu geführt,      Ernte half, die Lagerbestände abzubauen,
ten auch Bio-Futterimporte. Im Jahr 2020                       dass Bio-Roggen zeitweise schlecht abzuset-    noch eine verringerte Importquote. Inzwi-
sind dann die Umstellerzahlen auch in Fol-                     zen war. Aber bei den anderen Getreidearten    schen warnen erste Stimmen vor einem Rog-
ge eines Marktsättigungsgefühls deutlich zu-                   trafen größere Ernten auf eine höhere Nach-    gen-Schweinezyklus. 2021 sind die Bio-Rog-
rückgegangen.                                                  frage und verdrängten auch Importe.            gen-vorräte weitgehend abgebaut und auch
                                                                                                              der Anbau ist eingeschränkt, sodass hier Licht
                                                                                                              am Ende des Tunnels zu sehen ist.
Wachstumsintensität der Öko-Fläche (Deutschland)                                                              Die Bio-Weizenernte hingegen stieg von
                                                                                                              2018 bis 2020 um 40 % auf 360 000 t. Im
    Relativ zum Vorjahr (in %)                                                                                Süden ist ein großer Teil davon als Backwei-
    30                                                                                                        zen geeignet, während der Norden und Osten
                                                                             Aufnahmestopp
    25            Künast Ministerin                                       Bio-Molkereien 2016                 aufgrund der Trockenheit im Mai nur Futter-
                  (2001 – 2005)                                                                               weizen ernteten. Umstellungs-Futterweizen
    20                                                               konv. Milchpreiskrise                    war reichlich vorhanden; der Preis für frei
                                                                        2013 – 2016
    15
                                                                                                              flottierende Ware näherte sich dem konventi-
                                                 Börsencrash                                                  onellen an. 2021 entspannt sich die Lage. Es
    10                                       Finanzkrise 2008/09                                              stellen wieder mehr Betriebe mit Tierhaltung
     5
                                                                                                              um; die Futternachfrage steigt wieder stär-
           Euro-Einführung 2002                                                                               ker. Sie trifft auf mehr anerkannten Futter-
     0                                                                                                        weizen, weil die Ackerbauer-Umsteller-Welle
                                                            konv. Ackerbau-Boom
    –5                                                                                                        inzwischen anerkannt ist, und auf weniger
         2000     2002     2004       2006     2008    2010        2012    2014     2016     2018             Umstellerware, weil derzeit weniger Acker-
                                                                                                              bauern auf Bio umstellen. Steigende Preise
         Das Öko-Flächen-Wachstum hängt stärker vom Markt ab als von der Politik. Als Renate                  wurden erwartet, bis die für ganz Nord- und
         Künast Ministerin war, fiel es von jährlich 20 auf 5 %. Das lag an der Verunsicherung                Ostdeutschland ungewöhnlichen Regenmen-
         der Verbraucher durch die Euro-Einführung und war in allen Euro-Ländern so.
         Im konventionellen Ackerbau-Boom der ersten Hälfte der 2010er Jahre ging das Wachstum
                                                                                                              gen im Mai die Ertragserwartungen wach-
         gegen null, dann befeuerte die konventionelle Milchpreiskrise ab 2015/16 es auf 15 %.                sen ließ.
         Als die Molkereien keine neuen Bio-Lieferanten mehr aufnahmen, ging es sofort zurück.                Bio-Dinkel legte in dieser Zeit sogar um fast
                                                           Quelle: BLE 2020; Grafik: nach KÖN 2020
                                                                                                              50 % auf 131 000 t zu. Trotzdem bleibt er
                                                                                                              gesucht und wird bestens bezahlt, denn im
                                                                                                              Markt werden Bio-Backwaren inzwischen sehr

4        Innovations-Magazin
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
rück. Allerdings könnte der Importdruck be-       65 % der Bio-Leguminosen werden impor-
                                                                  sonders aus Skandinavien wieder zunehmen.         tiert. In Deutschland werden die bisher füh-
                                                                  2021 ist der Bio-Haferanbau so ausgeweitet        renden Futtererbsen zunehmend von Acker-
                                                                  worden, dass die Preise etwas nachgeben und       bohnen aufgrund der Ertragssicherheit
                                                                  mindere Qualitäten ohne Vertrag schwer ab-        verdrängt. Lupinen sind auch von Lebens-
                                                                  zusetzen sein könnten.                            mittel-Verarbeitern gefragt, aber die Erträ-
                                                                  Die Bio-Gerstenernte stieg von 2018 auf           ge schwanken immer noch zu stark. 2016/17
                                                                  2019 um fast ein Viertel, aber von 2019 auf       wurden 90 % der Bio-Soja-Futtermittel so-
                                                                  2020 nur noch um 1 % auf 162 000 t. Die           wie 96 % der Bio-Sonnenblumen-Futtermit-
                                                                  Importe gingen in der Zeit um sechs Punk-         tel importiert. Der heimische Anbau von Bio-
                                                                  te auf 7 % zurück. Gerste spielt im Ökoland-      Raps fällt durch jede Statistik. Für den Anbau
                                                                  bau eine kleine Rolle; 2020 ist überdies die      solcher »Exoten« gibt es immer einen Markt.
                                                                  Nachfrage nach Braugerste zusammengebro-          Gleiches gilt auch für Nutzhanf und Öl-Lein.
                                                                  chen. Die Bio-Triticale-Mengen wuchsen von        2022 tritt mit der neuen EU-Öko-VO die
                                                                  2018 auf 2020 um 12 %. Bio-Gerste und -Tri-       Pflicht zu 100 % Bio-Futter in Kraft. Das ist
                                                Foto: agrarfoto

                                                                  ticale werden vor allem als hofeigenes Fut-       für Bio-Geflügel nur mit den Ölkuchen von
                                                                  ter verwertet. Die Nachfrage der Futtermüh-       Bio-Soja, -Sonnenblume, -Raps und -Lein zu
                                                                  len ist gering.                                   machen, die entsprechend knapper und teu-
                                                                                                                    rer werden. Die Mengen sind lieferbar, wenn
                                                                  Mais, Körnerleguminosen, Raps. Bio-               gleichzeitig die Bio-Milchviehhalter weniger
oft mit Dinkel gleichgesetzt. Bio-Dinkelsaat-                     Körnermais ist auch in Norddeutschland at-        hochwertige Ölkuchen und mehr Legumi-
gut ist so knapp, dass erhebliche Mengen für                      traktiv, weil sich die Erträge durch den späte-   nosen verfüttern. Den Bio-Ackerbauern tut
den Nachbau zurückgehalten werden. Die Im-                        ren N-Bedarf den konventionellen annähern.        das gut, für Bio-Geflügelhalter wird es teu-
portstatistik unterscheidet nicht zwischen                        Die Gesamterträge erreichen 70 000 t. Da-         rer. Die extreme Bio-Soja-Knappheit könnte
Weizen und Dinkel. Wurden 2018 noch ein                           zu kommen 20 000 t Importe. Der Importan-         bei Bio-Soja-Lieferungen aus Südosteuropa
Drittel des Bio-Weizens/Dinkels importiert,                       teil ist damit von 41 % 2018 auf 22 % 2020        zur Koppelung mit Bio-Mais-Lieferungen füh-
so waren es 2020 nur noch ein Fünftel. 2021                       gefallen. Die Nachfrage ist weiterhin stabil,     ren und letzteren in Deutschland stark unter
wird mehr Bio-Dinkel angebaut. Wer aus der                        der Anbau könnte weiter ausgebaut werden.         Druck setzen.
Ernte verkaufen will, bekommt derzeit Kon-                        Der Selbstversorgungsgrad mit Bio-Futter-
trakte zu auskömmlichen Preisen. Wer lagern                       mitteln ist in den letzten acht Jahren von 68
kann, kann auch spekulieren.                                      auf 65 % geringfügig gefallen. Bei nutzba-        Hackfrüchte: Von der
                                                                  rer Energie werden immer noch fast 90 %           Kartoffel bis zum Kürbis
Hafer und Gerste. Die Ernte von Bio-Hafer                         erreicht, aber beim Rohprotein nur knapp
wuchs von 2018 auf 2020 um über 50 % auf                          60 %. Entsprechend gesucht sind Legumi-           Die Mitgliedsbetriebe des Bio-Kartoffel Er-
168 000 t. Gleichzeitig sank die Importquote                      nosen, Sojabohnen, Sojakuchen, Sonnenblu-         zeuger e. V. (BKE) decken mit ca. 4 600 ha gut
von 23 auf 18 %. Hier geht ein Großteil des                       menkuchen, Rapsextraktionsschrot und Raps-        die Hälfte der Anbaufläche von Speise-Bio-
Zuwachses auf den Bedarf für Haferdrinks zu-                      kuchen aus heimischem Anbau.                      Kartoffeln in Deutschland ab. Ein Kernthe-
                     Foto: agrarfoto

  Kartoffeln stehen in
  latenter Konkurrenz
     zu Ware aus dem
     Mittelmeerraum.

                                                                                                                                      Innovations-Magazin       5
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Innovations-Magazin                             Bio-Märkte

Exkurs 1: Milch und Eier
 Nach wie vor ist Milch die mit Abstand größte Produktkate-        präzise getaktet. Legehennen sind (über ganz Deutschland
 gorie im Ökolandbau. Hier gilt so klar wie nirgendwo sonst:       verteilt) oft ein wichtiges wirtschaftliches Standbein von Bio-
 erst Absatz sichern, dann umstellen! Seit 2016 möchten mehr       Ackerbaubetrieben. Sie sorgen für organischen Dünger, Schlie-
 Milchbauern umstellen, als die Molkereien zur Erhaltung des       ßung der Nährstoffkreisläufe und relativ schnell verfügbaren
 Biopreises aufnehmen. Trotz 30 % mehr Bio-Milch blieb der         Stickstoff im Frühjahr.
 Erzeugerpreis weitgehend konstant. Erzeugungs- und Logistik-      Fast 40 % der deutschen Bio-Eier kommen aus Weser-Ems.
 kosten, Produktdifferenzierungen und Marketinggeschick ma-        Dort liegt der Bio-Flächenanteil bei 1 %, denn bei Pachtprei-
 chen den Unterschied. Mit Frischmilch allein kann heute kei-      sen von 1 200 Euro pro ha kann sich kaum jemand eine flä-
 ne Molkerei mehr überleben, auch nicht mit Bio-Frischmilch.       chengebundene Produktion leisten. Mehr Tierhaltung ist nicht
 Produktdifferenzierungen wie Weide- und Heumilch, diverse         mehr möglich, die Eierproduktion auf kleiner Fläche ideal. Das
 Käse, Joghurt und Quark, Schaf- und Ziegenmilch etc. sind         Futter kommt von Ackerbaubetrieben im Osten Niedersach-
 Voraussetzungen für eine auskömmliche Wertschöpfung. Für          sens, aus Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Der Hühner-
 den Bio-Milchmarkt als Ganzes gilt der Grundsatz: behutsa-        trockenkot geht dahin zurück. Kein Wunder, dass es auch im
 me Ausweitung der Mengen, auch wenn das Corona-Jahr 2020          Osten immer mehr Bio-Ackerbaubetriebe gibt, die eine eigene
 erhebliche Nachfragezuwächse gebracht hat.                        Hennenhaltung aufbauen. Aber die Nachfrage nach Eiern de-
 Die zweitgrößte Bio-Kategorie ist das Hühnerei. Bio-Eier ma-      cken auch sie noch nicht. Das gilt besonders für Verbands-Bio,
 chen mehr als 20 % aller Eier-Verkaufserlöse in Deutschland       wo gerade die nächste Herausforderung in Sicht kommt: das
 aus – bei der Milch sind es unter 5 %. Dabei handelt es sich      Aufziehen aller Bruderhähne. Denn weder Kükenschreddern
 zumeist um Legehennen in 3 000er Einheiten nach EU oder           noch In-Ovo-Selektion sind akzeptabel für echte Ökos. Und
 Bioverbandsrichtlinien. Der Absatz über den Einzelhandel ist      die EU-Öko-VO ab 2022 verpflichtet alle zu 100 % Bio-Futter.

ma des BKE ist die Neubewertung von Qua-        mit 1 200 ha Bio-Zuckerrüben in Deutsch-          Angebot – aber niemand weiß es wirklich.
litäten, Regionalität und Produktsicherheit.    land bis 2014 und dann Schlag auf Schlag          Wird der Trend nach Corona ungebrochen
Daraus ist eine Regel entstanden, an die sich   bis auf 5 900 ha 2019. Bis sich Unkrautrobo-      weitergehen, sich vielleicht noch verstärken?
sogar Aldi hält. Sie besagt, dass 300 Tage im   ter für das Hacken in der Reihe durchsetzen,      Oder werden wir eine Rezession erleben, in
Jahr deutsche Bio-Kartoffeln vor Bio-Früh-      bleibt der hohe Handarbeitsaufwand. Natür-        der die Anzahl der Menschen, die sich Bio
kartoffeln aus Ägypten, Israel, Marokko, Spa-   lich muss der Betrieb im Einzugsbereich ei-       leisten können oder wollen, wieder deutlich
nien oder Süditalien bevorzugt werden. Das      ner Bio verarbeitenden Zuckerfabrik liegen.       zurückgeht?
hat allerdings nicht verhindert, dass 2020
mit einem größeren Angebot und zum Teil         Fazit. Es spricht viel dafür, dass die Nachfra-                                Conrad Thimm,
schlechteren Qualitäten die Preise deutlich     ge nach Bio weiterhin stärker wächst als das                                Bio2030.de, Berlin
zurückgegangen sind.
Möhren wurden auf Bio-Betrieben seit den
1980er Jahren für die Babykost-Industrie                   Exkurs 2: Fleisch
angebaut und machen inzwischen fast die
Hälfte des frischen Biogemüse-Angebots aus.                  51 % mehr Bio-Fleisch-Absatz in der Zeit von 2015 bis 2019: Das liegt vor al-
Kein LEH verzichtet darauf. Die Erträge und                  lem an verpackter SB-Ware und nicht an Fleischtheken. 2017 betrug der Bio-
Preise erlauben auch 100 Stunden Handha-                     Rindfleisch-Anteil in Deutschland 5,3 %. Beim Schweinefleisch waren es nur
cke pro ha. Die meiste Ware geht über gro-                   1,2 %. 2018 brachte ein Wachstum von 15 %, 2019 war der Umsatz stabil.
ße Packer wie Westhof-Bio oder Brocker-Möh-                  2020 wuchs der gesamte deutsche Bio-Fleischmarkt laut GFK um 52 % auf
ren. Noch deutlich anspruchsvoller, aber bei                 50 000 t und einen Umsatzanteil am gesamten deutschen Fleischmarkt von
Gelingen auch lohnender, sind Zwiebeln. Hier                 4,5 %. Vermehrt wurde dafür Bio-Fleisch aus den Niederlanden (Vion mit De
muss die knappe deutsche Ware immer durch                    Groene Weg) und Dänemark (Danish Crown mit Friland) eingeführt. Es könn-
Importe ergänzt werden. Einfacher im Anbau                   ten erheblich mehr Bio-Schweine vermarktet werden, wenn es denn die ent-
sind Hokkaido-Kürbisse. Da kann noch etwas                   sprechenden Mengen an Bio-Ferkeln gäbe.
im Marketing getan werden, wie es Trans-                     Die meisten Bio-Tiere werden in großen bis sehr großen konventionellen Be-
gourmet mit einer Handreichung »regionale                    trieben geschlachtet und zerlegt. Mit zunehmender Konzentration wird das
Bio-Kürbisse Topf- und Pfannen-fertig« vor-                  für diese Betriebe immer uninteressanter. Soll weiterhin Bio-Fleisch vermark-
gemacht hat.                                                 tet werden, so werden mehr weiter verteilte, kleinere Schlachtbetriebe ge-
                                                             braucht, was für diese Betriebe auch eine Chance sein kann. Vor allem aber
Zuckerrüben waren in Zeiten der Quotie-                      werden Zerlegebetriebe gesucht, die das Fleisch als Selbstbedienungsware
rung das größte Hindernis für die Auswei-                    verpacken. Findet man keinen bestehenden Betrieb, dann stellt sich die Frage
tung des Bio-Landbaus auf besseren Stand-                    nach Neugründungen oder die Unterstützung entsprechender Strukturen.
orten. Das änderte sich zunächst langsam

6     Innovations-Magazin
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Innovations-Magazin                                               Strukturen

Weit entfernt vom
idyllischen Hinterhof
Öko weckt hohe Erwartungen – aber Vorsicht: Die Märkte haben ihre eigenen
Gesetze. Ob Milch oder Möhre: Conrad Thimm beleuchtet, welche Produkte
von welchen Abnehmern gefragt sind.

D                                                                 Bio-Milch und -produkte:
        eutsche Bio-Märkte sind vielfältig
        hinsichtlich Warengruppen, Absatz-
        kanälen, Akteuren, Bio-Verbänden
                                                                  Einsame Spitze
und Verbraucherwünschen. War seit den
1980er Jahren der Naturkosthandel mit ur-                         Wie in der konventionellen Landwirtschaft
sprünglichem Fokus auf Müsli und Vollkorn                         sind Milch und Milchprodukte (Mopro) auch
der Treiber der Entwicklung, so hat ihn der                       bei Bio mit Verkaufserlösen von 550 Mio. €
allgemeine Lebensmittelhandel im Laufe der                        (2019) die bei Weitem wichtigste Bio-Waren-
2000er Jahre in dieser Rolle abgelöst. Heute                      gruppe (5 % aller Mopro-Erlöse in Deutsch-
sind die Discounter Marktführer in der Bio-                       land). Trotz größerer Zuwächse ist der Milch-
Frische, Drogerieketten im Trockensortiment,                      preis weitgehend stabil geblieben. Das ist vor
Verbrauchermärkte und Bio-Filialisten bei                         allem den Molkereien geschuldet, die immer
der Bio-Vielfalt. Die Bio-Verbände unterstüt-                     nur so viele neue Bauern aufgenommen ha-
zen die Vermarktungsaktivitäten ihrer Mit-                        ben, wie sie auch Milch und Milchprodukte
glieder, Bauern wie Händler, sind aber selbst                     absetzen konnten, ohne im Wettbewerb Prei-
in der Regel keine Händler.                                       se senken zu müssen. Auch ihre bestehenden
                                                                  Lieferanten konnten nicht einfach ihre ange-
                                                                  lieferten Milchmengen unbegrenzt erhöhen,
                                                                  obwohl 30 % der deutschen Bio-Mopro aus
                                                                  Dänemark und Österreich kommen.
                                                                                                                            Foto: agrarfoto

                                                                  20 bis 30 eher kleinere Molkerei-
                                                                  en verarbeiten Bio-Milch in Deutsch-
                                                                  land. Manche davon schon über 30 Jahre
                                                                                                                                              Gemüse ist nach Milch und Eiern
                                                                  wie die Andechser, Berchtesgadener Land,                                    das drittgrößte Bio-Segment.
                                                                  Hohenlohe und Söbbecke. Letztere ist heu-
                                                                  te in der Hand des französischen Konzerns
                                                                  Savencia. Relativ »frische« Akteure im Bio-      Auch Bio-Eier boomen
                                                                  Milchmarkt sind die Gläserne Molkerei, die
                                                                  in den 2000er Jahren Standorte in Branden-       Die zweitgrößte Bio-Warengruppe sind Bio-
                                                                  burg und Mecklenburg neu erbaut hat und          Eier mit 309 Mio. € Verkaufserlösen 2019
                                                                  heute Teil der Schweizer Emmi-Gruppe ist,        (fast 25 % aller Eier-Erlöse). Das sind nicht
                                                                  Ammerland, die norddeutsche Genossen-            die Mistkratzer im Hinterhof, die manch ein
                                                                  schafts-Molkerei, sowie Arla, der sich »die      Verbraucher von Bio erwartet, sondern zu
                                                                  größte Bio-Molkerei der Welt« nennt. Arla        90 % Legehennenbestände mit zwischen
                                                                  ist die einzige Bio-Molkerei in Deutschland,     3 000 und 40 000 Tieren. Zwar hat die EU
                                                                  die keine Bio-Verbandszugehörigkeit von ih-      3 000 Legehennen als Obergrenze für einen
                                                                  ren Lieferanten verlangt, sondern nur eige-      Bio-Stall vorgegeben. In Deutschland wird
                                                                  ne Qualitätskriterien auf die für alle gelten-   das aber als Bio-Stall-Einheit oder Herde in-
                                                Foto: landpixel

                                                                  de EU-Bio-Verordnung setzt. Neuester Akteur      terpretiert, d. h., es können auch mehrere
                                                                  ist die Luisenhof Milchmanufaktur für Berlin     Herden, jede mit separatem Auslauf, unter
                                                                  des Hubert Böhmann, der schon die Gläser-        einem Dach sein. Deshalb werden die großen
Milch und Milchprodukte sind auch im Öko-Be-
reich die mit Abstand wichtigsten Warengrup-                      ne Molkerei aufgebaut hatte. Schwerpunkte        Bio-Legehennen-Haltungen in der Regel in
pen. Ihr Anteil am Gesamtmarkt ist jedoch                         der deutschen Bio-Milcherzeugung liegen in       3 000er Schritten gezählt: 6 000 als Grenze
vergleichsweise gering.                                           Bayern und Baden-Württemberg.                    für Demeter und Bioland, 12 000 als Grenze

8     Innovations-Magazin
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
Seid gespannt auf
                                       die Evolution der
                                         HACKTECHNIK:

                                           Freut euch auf ein neues Aushub-
                                           Maximum für das Hacken in hohen
                                           Kulturen, ein ultrastabiles Rahmenkon-
                                           zept sowie die Maximierung der Durch-
                                           gangshöhe umgesetzt in einer extrem
SCHMOTZER Hacktechnik GmbH & Co. KG
www.schmotzer-ht.de
                                           kompakten und leichten Bauweise.
INNOVATIONS-MAGAZIN Öko-Trends 2021 - DLG-Mitteilungen
Innovations-Magazin                             Strukturen

für Naturland und darüber nur noch EU-Bio                 Bio-Produkte im Gesamtmarkt
oder »Bio-Initiative«.
                                                                Mio. €                                                                                   %
Weser-Ems: Zentrum intensiver Bio-In-                          750                                                                                            25
dustrie. Hintergrund sind sowohl die gro-
ße Nachfrage nach Bio-Eiern (40 % werden                       600                                                                                            20
allein bei Aldi und Lidl abgesetzt) wie auch
                                                               450                                                                                            15
das schon seit Langem entwickelte Kompe-
tenz- und Infrastruktur-Cluster für Legehen-                   300                                                                                            10
nen in Weser-Ems. Dort wird fast die Hälfte
aller deutschen Bio-Eier erzeugt. Es werden                    150                                                                                            5
weitere Bio-Hühnerställe gebaut, weil dies
eine alternativlose Investition ist: Das Pro-                    0                                                                                            0

                                                                                           h

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                                                                              Ge e

                                                                             nd e

                                                                              ne h

                                                                            Ka sch

                                                                                           n

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                                                                           ck isch
                                                                                           *
dukt ist gefragt, und es fallen keine Entsor-

                                                                                         n*
                                                                         lse ten
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                                                                                    ch
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gungskosten für Gülle an. Im Gegenteil, Bio-

                                                                                 a
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                                                                             nf
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                                                                           Ri

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                                                                       hw
Hühner-Trockenkot (HTK) aus Weser-Ems geht

                                                                       Zu
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                                                                     Sc
in Bio-Ackerbaubetriebe bis nach Schleswig-
Holstein und Sachsen-Anhalt. Außerdem                                                   Bio-Umsatz in Mio. €                       *im Öko-Ranking gestiegen
                                                                                        Anteile am Gesamtumsatz in %                           Quelle: BÖLW
braucht man kaum Land, das bei Pachtprei-
sen von 1 200 /ha ohnehin nicht bezahlbar
wäre. Stattdessen liefern die Ackerbaubetrie-
be, die Bio-HTK nehmen, gerne Bio-Futter –
eine großräumige Kreislaufwirtschaft!           Das kommt diesem sehr entgegen, weil die                          andere Bio-Ackerbaubetriebe, die lukrativere
Auch kleinräumige Kreislaufwirtschaft ist zu    Vereinfachung der Prozesse eine seiner größ-                      Betriebszweige suchen als Getreide. Regio-
finden. Vor den hohen Landpreisen in We-        ten Herausforderungen ist.                                        nalität ist gefragt, aber auch die Importantei-
ser-Ems hat sich etwa der Bio-Hühner-Pio-                                                                         le sind hoch. Die größten Anbauflächen be-
nier Friedrich Behrens (EZG Fürstenhof) nach                                                                      legen Bio-Möhren mit 2 100 ha. Mit je 1 300
Mecklenburg zurückgezogen, wo er das Hüh-       Die Nummer drei:                                                  ha folgen Bio-Erbsen, Bio-Spargel, Bio-Kür-
nerfutter im eigenen Ackerbau mit HTK ge-       Bio-Gemüse                                                        bis und Bio-Zwiebeln mit 900 ha.
düngt erzeugt. In den anerkannten Bio-Ver-                                                                        Zu den größten Gemüsepackern gehören
bänden nicht wohlgelitten, hat er mit der       Gemüse ist mit Verkaufserlösen von                                Möhren-Brocker am Niederrhein, der auch
Bio-Initiative einen eigenen Verband ge-        278 Mio. € (9 % aller Gemüseerlöse) die                           konventionell zu den Großen gehört, so-
gründet.                                        drittgrößte Bio-Warengruppe. Auch hier wird                       wie Westhof-Bio in Schleswig-Holstein. Ne-
Die Vermarktung der Bio-Eier an den Le-         über die Hälfte über Discounter abgesetzt,                        ben der eigenen Bio-Feldgemüseerzeugung
bensmitteleinzelhandel (LEH) erfolgt in der     ebenso wie bei konventionellem Gemüse. Er-                        in einer Fruchtfolge mit 1 000 ha, der ei-
Regel über die gleichen Wege, über die der      zeuger sind nicht nur die klassischen Gemü-                       genen Biogasanlage und den eigenen Bio-
LEH auch mit konventionellen Eiern (nur noch    seregionen wie die Pfalz, sondern auch ehe-                       Gewächshäusern packt dieser auch Bio-Ge-
Freiland- oder Bodenhaltung) versorgt wird.     malige (größere) Zuckerrübenbetriebe und                          müse von anderen Erzeugern und liefert es
                                                                                                                  an den LEH. Er gehört zu den Roboter-Pio-
                                                                                                                  nieren, denn Bio-Gemüse ist eine mit meist
                                                                      Foto: agrarfoto

                                                                                                                  über 100 Stunden/ha sehr handarbeitsinten-
                                                                                                                  sive Kultur. Bio-Zwiebeln und mehr werden
                                                                                                                  auch von den Kartoffelgrößen Öko-Kontor
                                                                                                                  (Heilmann AG, Agrata, Krohn) und Hans Wil-
                                                                                                                  li Böhmer vertrieben.

                                                                                                                  Bio-Getreide: Mehr Futter
                                                                                                                  als Brot
                                                                                                                  Erst die viertgrößte Bio-Warengruppe ist Ge-
                                                                                                                  treide mit 262 Mio. € (6,2 % aller Getreide-
                                                                                                                  erlöse). Es wird über eine Vielzahl an Erzeu-
                                                                                                                  gergemeinschaften, Handelsgesellschaften
                                                                                                                  und Mühlen mit meist eher regionalem Ein-
                                                                                  Eier sind in weitge-            zugsgebiet vermarktet. Allein Bioland zählt
                                                                                  hend industriellen
                                                                                  Strukturen das Boom-            15 solcher Erzeugergemeinschaften und
                                                                                  segment schlechthin.            Handelsgesellschaften auf, von denen viele

10     Innovations-Magazin
auch von Naturland zertifiziert sind. In Nord-   muss. Phantastische Zuwachsraten hatte in         Dannenberg zu einem runden Tisch zu-
  deutschland ist die Gut Rosenkrantz Handels-     Covid-19-Zeiten Bio-Mehl in 1 kg-Packun-          sammengefunden hat. Neben Erzeugerge-
  gesellschaft führend. Bundesweit erfasst nur     gen. Getreide, das eigentlich ins Futter gehen    meinschaften gehören ihm die wichtigsten
  noch die Marktgesellschaft der Naturland         sollte, wurde in solche Packungen abgefüllt.      Kartoffelpackbetriebe Böhmer und Öko-Kon-
  Bauern AG, die 900 Bio-Bauern gehört, mit                                                          tor sowie Einzelhandels-Vertreter von Alnatu-
  2 000 Bio-Betrieben zusammenarbeitet und                                                           ra, Rewe und Tegut an. Preisabsprachen sind
  zuletzt 72 Mio. € umgesetzt hat. Die Bioland     Die Überraschung:                                 zwar kartellrechtlich verboten, aber ein gro-
  Markt GmbH & Co KG (ohne Beteiligung des         Bio-Kartoffeln                                    ßer Erfolg des runden Tischs war die Überein-
  Bioland-Verbandes) hat Insolvenz angemel-                                                          kunft »300 Tage im Jahr deutsche Bio-Kartof-
  det. Auch große Häuser wie Agravis stiegen       Die Bio-Kartoffel-Erlöse liegen mit 87 Mio. €     feln«, um den Absatz im Frühjahr nicht durch
  in die Erfassung von Bio-Getreide ein.           (5,5 % aller Kartoffelerlöse) fast 2 % unter      Frühkartoffeln aus Ägypten und anderen Mit-
                                                   dem Durchschnitt aller Bio-Anteile am Ge-         telmeerländern zu gefährden. Daran hält sich
  Zwei Drittel des deutschen Bio-Getrei-           samtmarkt. Das überrascht angesichts der          selbst Aldi, der mit Abstand größte Bio-Kar-
  des wird verfüttert, vor allem an Hühner.        Tatsache, dass Bio-Kartoffeln in allen Dis-       toffel-Vermarkter Deutschlands.
  Hier werden beachtliche Mengen in Futter-        count- und Verbrauchermärkten gelistet
  HTK-Kooperationen bewegt, bei denen sich         sind und auch gut abverkauft werden. Bei          Fazit. In den Köpfen von Verbrauchern mag
  Erzeugergemeinschaften, Handelshäuser und        frischen Speisekartoffeln ist der Bio-Anteil in   die Bio-Branche noch ein »Hinterhof-Image«
  Futtermühlen als Logistik- und Abrechnungs-      der Tat deutlich höher, allerdings bei den er-    haben, in der Realität ist sie weit davon ent-
  partner beteiligen. Der deutsche Markt für       heblichen Verarbeitungsmengen zu Pommes           fernt. Charakteristisch ist ein hoher Orga-
  Bio-Speisegetreide dagegen wächst kaum.          frites, Kartoffel-Chips und Stärke allerdings     nisationsgrad, sei es in einer großräumigen
  Das liegt wohl am Zusammenwirken meh-            auch deutlich geringer. Marktexperten gehen       Kreislaufwirtschaft »Eier – Hühnertrocken-
  rerer Faktoren: Das Bio-Wachstum findet im       denn auch von geschätzt 120 Mio. € Umsatz         kot – Futtergetreide« oder bei Begrenzun-
  LEH statt, der oft nur verpacktes Brot anbie-    mit Bio-Kartoffeln in Deutschland aus.            gen bzw. Absprachen über Erzeugungsmen-
  tet. Das macht die Kommunikation eines Vor-      Interessant ist die Bio-Kartoffel-Wertschöp-      gen etwa bei Milch und Kartoffeln.
  teils schwierig, wenn der Preisunterschied so    fungskette, weil sie sich auf Initiative des
  groß ist, wie er für Bio-Qualitätsweizen sein    Bio-Kartoffel-Erzeuger-Vereins in Lüchow-                  Conrad Thimm, Bio2030.de, Berlin

“         Die perfekte Kombination der Hackmaschine
          EC-Weeder und der Kamerasteuerung IC-Light
          hat mich überzeugt!
          Georg Drexl, Biolandwirt, Süddeutschland

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Von Hippie-Händlern                                                                                ment für selbstständige Naturkosthändler,
                                                                                                   der BioMarkt Einkaufs-Marketing-Verbund
                                                                                                   selbstständiger Naturkosthändler sowie über

bis Aldi und Lidl                                                                                  300 eigene »denn’s«-Bio-Märkte, mit denen
                                                                                                   Dennree seinen Vorsprung vor allen anderen
                                                                                                   reinen Bio-Händlern Jahr für Jahr ausbaut.
                                                                                                   2015 wurde ein 4 000 ha-Betrieb in Sach-
                                                                                                   sen übernommen, den Bioland 2018 zertifi-
Von den Aussteiger-Initiativen vor 40 Jahren bis zum breiten Einstieg
                                                                                                   ziert hat. Auf ihm werden u. a. 1 500 Milch-
der Discounter von heute hat sich die Vermarktung von Bio-Produkten                                kühe gehalten, deren Milch in Thüringen zu
atemberaubend entwickelt. Deren Geschichte erzählt Conrad Thimm.                                   Produkten für Dennree verarbeitet werden.

                                                                                                   ... und Alnatura. Zweitgrößter reiner Bio-

E
       s waren harmlose Hippies und Ausstei-     Strecke und auch heute noch fallen sonntags       Händler ist mit knapp 1 Mrd. € Umsatz und
       ger ohne nennenswertes Kapital, die       die Frische-LKW von Dennree auf der A 9 be-       3 500 Mitarbeitern Alnatura von Götz Rehn.
       in den 1970er und 1980er Jahren ih-       sonders auf. Demeter-Orangen wurden bald          Dieser war weder ein Hippie noch ein Ausstei-
re Start-ups begonnen haben. Heute sind sie      schon in Sizilien eingekauft und teils bis nach   ger, trug schon in den 1980er Jahren immer
angesehene Unternehmensleiter mit Umsät-         Schweden geliefert. In Deutschland eröffne-       einen Schlips und wurde damals von denen,
zen im zwei- bis vierstelligen Mio.-€-Bereich:   te Greim regionale Großhandelsstützpunkte,        die sich für »echte Bios« hielten, argwöhnisch
Der traditionelle Absatzkanal für Bio-Produk-    und schon vor 30 Jahren übernahm er eine          betrachtet. Sein Vorteil war der anthroposo-
te ist der Naturkosthandel.                      Reihe regionaler Großhändler, die in der Re-      phische Hintergrund, den die Einzelhandels-
                                                 gel nicht den Cashflow generieren konnten         profis Götz Werner vom dm-Drogeriemarkt
Die Marktführer: Dennree ... Das größte          den sie zum Wachstum brauchten.                   und Wolfgang Gutberlet von Tegut teilen.
Unternehmen im Naturkosthandel ist mit ei-       Heute hat Dennree 7 600 Mitarbeiter und           Rehn hat zwar bei Nestlé als Produktmana-
nem Jahresumsatz von 1,4 Mrd. € (2020) die       führt ein Großhandelssortiment von über           ger gearbeitet, das Einzelhandelshandwerk
Firma Dennree in Töpen bei Hof, gegründet        14 000 Artikeln, das alle Lebensmittel und        und den Aufbau einer Handelsmarke aber
und noch heute geleitet von Inhaber Thomas       Getränke umfasst und an über 1 400 Läden          von Werner und Gutberlet und ihren Mana-
Greim. Er hat klein angefangen und ist mit       in Deutschland und Österreich ausgeliefert        gern gelernt. Über zehn Jahre wurde Alnatu-
den Bio-Pioniermärkten München und Ber-          wird. Die Geschäftsfelder sind ein klassischer    ra wie eine Handelsmarke von dm und Tegut
lin gewachsen. Die Autobahn A 9 war seine        Großhandel mit Frische- und Trockensorti-         geführt: Naturkosthersteller wurden beauf-

12     Innovations-Magazin
tragt, ausgewählte Artikel im Alnatura-De-      Alte Gewissheiten spielen keine Rolle mehr
sign abgepackt direkt an dm und Tegut zu
liefern. Alnatura hatte selbst nicht einmal      Für viele Verbraucher steht der Preis im Vordergrund. Eine wachsende Grup-
ein Lager. In den ersten zehn Jahren wur-        pe schätzt aber auch die wahrgenommene Qualität und Herkunft. Da die
den nur zwei eigene Läden eröffnet. Dann         meisten vor allem einkaufen und nicht zugetextet werden wollen, sind die
war die Zeit reif und der Cashflow aus dem       Kommunikationsmöglichkeiten des LEH beschränkt. Eine vertrauenswürdi-
dm-Geschäft groß genug, dass immer mehr          ge Marke, unterstützt durch ein Siegel als Qualitätsversprechen, ist oft der
eigene SuperNaturMärkte eröffnet wurden.         einzige Ausweg. Die einzige in Deutschland weitbekannte echte Bio-Herstel-
Heute sind es 130, das bedeutet den zwei-        lermarke ist Hipp Babykost. Auch Alnatura wird als Herstellermarke wahrge-
ten Platz unter den deutschen Bio-Filialis-      nommen, obwohl es eine Handelsmarke ist.
ten. Das Frische­sortiment wird von regio-       Die deutschen Bio-Verbände legen großen Wert darauf, dass ihre Richtlinien
nalen Bio-Großhändlern geliefert.                strenger sind als die EU-Bio-Verordnung. Sie haben für die Landwirte eine
                                                 große Bedeutung, weil sie für Selbstorganisation, Austausch, Beratung, Ent-
(Fast) eine Familiengeschichte. In den           wicklung und Vermarktungsempfehlungen sorgen. Selbst handeln sie jedoch
2010er Jahren zog sich Götz Rehns Schwa-         nicht. Meist ist die Mitgliedschaft in einem Bio-Verband die Voraussetzung
ger Götz Werner aus dem Tagesgeschäft von        für den Absatz der Produkte, weil Hersteller und Abpacker danach fragen.
dm zurück. Die Zeiten für Alnatura wurden        Nur bei Bio-Eiern, dem Futter dafür und dem Bio-Milchabsatz durch Arla
schwieriger. Erst musste Alnatura ein eigenes    spielen EU-Bio-Betriebe ohne Verbandszugehörigkeit eine größere Rolle, da-
Lager bauen, dann gab es Streit um die Prei-     neben extensive Grünlandbetriebe, die die Ökoförderung gern mitnehmen,
se, die Alnatura dm berechnete, dann baute       aber ihre Tiere meist konventionell absetzen.
dm seine nun wirklich eigene »dmBio«-Mar-
ke auf und Alnatura suchte neue Kunden im        Teile des Naturkosthandels haben sich gern als die »echten« Bio-
LEH. Dies wollten Götz Werner und Wolfgang       Händler gesehen, die die Produkte der strengeren Verbandsmitglieder
Gutberlet mit Hinweis auf ihre Markenrech-       handeln im Gegensatz zu den – aus ihrer Sicht – minderwertigen EU-Bio-
te an Alnatura verhindern. Juristische Ausei-    Produkten im LEH. Dass der Bioland-Verband ausgerechnet mit Lidl einen
nandersetzungen folgten, die überwiegend         Vertrag geschlossen hat, passt nicht in dieses Weltbild. Im Endeffekt läuft
Götz Rehn gewann. Inzwischen ist Alnatura        es jedoch immer auf die gleichen Handelsgesetze hinaus: Hast du nur 1 %
bei dm komplett durch dmBio ersetzt. Dieses      mehr Nachfrage als Angebot, dann geht der Preis leicht mehr als 10 % nach
ist Marktführer im Bio-Trockensortiment. Al-     oben. Hast du jedoch nur 1 % weniger Nachfrage als Angebot, geht der Preis
natura hat mit einem vielfach größeren Kun-      schnell mehr als 20 % nach unten. Der Vorteil von Bio ist, dass die Erzeu-
denkreis, u. a. Edeka, Rossmann, Migros in       gung durch natürliche Grenzen viel stärker eingeschränkt und daher nicht
der Schweiz und anderen zu den alten zwei-       so leicht und so schnell eine preisruinöse Überproduktion erreicht wird. Hast
stelligen Wachstumsraten zurückgefunden,         du hingegen teure, weil ineffiziente Strukturen, dann hilft dir auf die Dau-
wenn auch nicht zu den alten Margen mit          er auch die schönste Erklärung nichts: Du bist nicht mehr wettbewerbsfähig.
dm. Götz Rehn bestellt nun sein Haus für         Die Landwirte dürften kaum darunter leiden.
die Nachfolge.

                                                                                                 Wir sind
                                                                                                 deutschlandweit
                                                                                                 für Sie da!
                                                                                                 Die Beratung für Naturland ist
                                                                                                 Ihr fachlicher Ansprechpartner
                                                                                                 für alle Fragestellungen zum
                                                                                                 Thema Öko-Landbau und
                                                                                                 Umstellung.

                                                                                                 Alle regionalen Fachberater und
                                                                                                 Spezialisten für Ihren Betriebs-
                                                                                                 zweig finden Sie online unter
                                                                                                 www.naturland-beratung.de

                                                                                                 Kontakt:
                                                                                                 Beratung für Naturland

 BESSER ÖKO MIT NATURLAND.                                                                       Eichethof 1
                                                                                                 85411 Hohenkammer

 GUT BERATEN ALS ERZEUGER.                                                                       Tel: +49 (0)8137 6372-901
                                                                                                 Fax: +49 (0)8137 6372-919

                                                                                                 info@naturland-beratung.de
Innovations-Magazin                                Vermarktung

                                                                                         Foto: Langbehn
                                                                                                          Sitz im Wendland, und beide blicken auf ihre
                                                                                                          Demeter-Ursprünge in den 1930er Jahren zu-
                                                                                                          rück. Wie die meisten Naturkost-Marken-Her-
                                                                                                          steller fertigen sie auch für Handelsmarken
                                                                                                          für den LEH, insbesondere auch für dmBio.
                                                                                                          Manch ein Hersteller bzw. eine Marke ist ver-
                                                                                                          kauft worden, z. T. mehrfach wie Allos (Ecoto-
                                                                                                          ne, früher Wessanen), Bruno Fischer (jetzt zu
                                                                                                          Eden, Hügli Group, Coop Group CH), Davert
                                                                                                          (jetzt zu Midsona), Natumi (jetzt zu Hain Ce-
                                                                                                          lestial), Zwergenwiese (jetzt zu Rapunzel). In
                                                                                                          der AöL – Die Öko-Lebensmittelhersteller –
                                                                                                          sind über 125 Firmen aus Europa mit einem
                                                                                                          Umsatz von 4 Mrd. € organisiert.

                                                                                                          Hauen und Stechen im LEH. Der Lebens-
                                                                                                          mittel-Einzelhandel ist heute mit 60 % An-
                                                                                                          teil am Bio-Umsatz der größte Absatzkanal
                                                                                                          für Bio in Deutschland. In vielen Nachbar-
                                                                                                          ländern wie Österreich, der Schweiz, Däne-
                                                                                                          mark und Schweden ist der Anteil des LEH
                                                                                                          am Bio-Umsatz mit um die 80 % noch deut-
                                                                                                          lich höher. Gleichzeitig ist in diesen Ländern
                                                                                                          der Anteil von Bio am gesamten Lebensmit-
Bioverband plus Discounter: Das hat in der Ökoszene viel Wirbel ausgelöst. Aber anders                    telumsatz mit 8 bis 10 % deutlich höher als
ist Wachstum wohl nicht mehr zu erreichen.                                                                in Deutschland (5 %).
                                                                                                          Der mengenmäßig wichtigste Bio-Vermark-
                                                                                                          ter in Deutschland ist Aldi. Das liegt an des-
Wen gibt es noch? Der drittgrößte Bio-             Bio-Marken: Die Helden der Märchen                     sen grundsätzlicher Bedeutung im Frischebe-
Großhändler ist Weiling in Coesfeld mit über       von Rapunzel bis Zwergenwiese. Belie-                  reich, vor allem bei Mopro, Eiern und Obst &
700 Mitarbeitern und einem Umsatz von 300          fert werden die Handelsunternehmen von                 Gemüse und den ähnlichen Anteilen in den
Mio. €. Mit 12 000 Artikeln, zwei Logistikzen-     Bio-Marken-Herstellern, die seit den 1970er            entsprechenden Bio-Kategorien. Lidl ver-
tren, fünf regionalen Umschlagplätzen und          und 1980er Jahren mit dem Naturkosthandel              sucht aktuell, mit seinem Bioland-Vertrag
einem bundesweiten Speditionsnetz garan-           zusammen herangewachsen sind. Eindeutiger              und der entsprechenden Werbung aufzuho-
tiert er eine Belieferung innerhalb weniger        Marktführer ist hier mit knapp 250 Mio.  €             len. Netto Marken-Discount, eine Tochter der
als 24 Stunden über sechs Tage die Woche.          Umsatz die Firma Rapunzel von Gründer Jo-              Edeka, war nach der Übernahme von Plus und
»Die Regionalen« sind ein bundesweites Netz-       seph Wilhelm in Legau im Allgäu. Sie wurde             der Marke BioBio in der zweiten Hälfte der
werk von elf Bio-Großhändlern, die jeweils         vor allem mit Bio-Importen wie Kaffee, Ka-             2000er Jahre Bio-Marktführer im Discount-
100–250 Mitarbeiter haben und insgesamt            kao, Nüssen und Trockenfrüchten für Müs-               Bereich. BioBio war 2002 von Plus mit dem
2 000 Naturkostläden, Bio-Supermärkte,             li groß. Ihr Hit ist »Samba«, das Nutella des          Segen der damaligen Landwirtschaftsminis-
Hofläden, Marktstände, Gastronomie, Groß-          Naturkosthandels. Auch »Lebensbaum« von                terin Renate Künast eingeführt worden und
verbraucher und andere in ganz Deutschland         Ulrich Walter aus Diepholz, der inzwischen             hatte im Jahr der Euro-Einführung eine Bio-
beliefern. Daneben gibt es noch meist klei-        die Mehrheit an eine Beteiligungsgesellschaft          Umsatz-Rezession verhindert.
nere, spezialisierte Großhändler.                  abgegeben hat, macht mit dem Import von
                                                   Tees, Gewürzen und Kaffee und Kakao ei-
Metropolen als Hotspots. Nach Denn’s               nen Umsatz von ca. 75 Mio. €. In ähnlicher
und Alnatura sind die führenden Bio-Filia-         Größenordnung liegt die Bohlsener Mühle
listen Bio Company in Berlin mit 62 Filialen,      von Volker Krause aus der Nähe von Uelzen.
Basic in München mit 34 Filialen, ebl-Natur-       Ihr Schwerpunkt ist die Verarbeitung heimi-
kost in Nürnberg mit 28 Filialen und Super-        schen Bio-Getreides zu frischem Brot und
biomarkt in Münster und im Rheinland mit 27        Backwaren sowie haltbaren Produkten wie
Filialen. 25 weitere Bio-Filialisten haben zwi-    Keksen und Getreidespezialitäten.
schen 4 und 20 Filialen. Sie haben allesamt        Die Naturkostsafterei Voelkel und der glu-
drei Gemeinsamkeiten: Sie liegen in Metro-         tenfreie Haferspezialist Bauckhof, die jeweils
pol-Regionen, haben über 400 m2 Verkaufs-          Umsätze in der 60 – 90 Mio €-Klasse ma-
fläche je Markt und wachsen im Gegensatz           chen, haben noch weitere Gemeinsamkei-                 Eine überragende Rolle in der Branche spielen
zu inhabergeführten Bio-Läden weiterhin –          ten: Beide sind Familienbetriebe in dritter            die Öko-Verbände. Allein hat man als Landwirt
auch in Jahren, die schwächer sind als 2020.       bis vierter Generation, beide haben ihren              dort kaum eine Chance.

14     Innovations-Magazin
Im Trockensortiment ist dm Drogeriemarkt      sortimentern Edeka und Rewe sind vor allem       im Vollsortiment auf 38 Mrd. € plus Marken-
der Bio-Marktführer in Deutschland. Das       systembedingt. Bei der Edeka gibt es große       discount Netto mit weiteren 14 Mrd. €. dm
liegt am großen Bio-Anteil im sehr begrenz-   Unterschiede zwischen den rechtlich selbst-      Drogeriemarkt kommt auf 8 Mrd. € allein in
ten Food-Angebot der Drogeriemärkte, am       ständigen Regionalgesellschaften. Edeka-         Deutschland. 2013 verkaufte Wolfgang Gut-
behutsamen Aufbau von Alnatura über Jahr-     Südwest und Edeka Nord sind sehr Bio-ak-         berlet Tegut an die Schweizer Migros, behielt
zehnte, am anerkannten Spitzen-Category-      tiv, während die Edeka Minden-Hannover, mit      aber zunächst die Kurhessischen Fleischwerke
Management bei dm sowie an dem dm-            10 Mrd. € Umsatz die größte Regionalge-          (KFF) und die Herzberger Bäckerei, beide mit
Lifestyle-Ambiente, das gerade jene eher      sellschaft, eher Bio-verhaltener agiert. Aber    hohen Bio-Anteilen, in eigener Regie. Wirt-
jüngere Frauen anzieht, die für Bio beson-    auch zu ihr gehören selbstständige Edeka-        schaftlich ging seine Bio-Leidenschaft nicht
ders empfänglich sind. Ein Kundenmagazin      Kaufleute mit Umsätzen teilweise im dreistel-    auf. Die KFF musste er an einen Tierfutter-
schlägt einladende Brücken zwischen Pro-      ligen Millionen-Bereich, wie die WEZ, die zu     hersteller verkaufen und die Herzberger Bä-
mis, sozialem Engagement (»bedingungslo-      den Bio-Pionieren zählen.                        ckerei wurde wieder von Tegut übernommen.
ses Grundeinkommen«), Anthroposophie und      Auch bei der Rewe gibt es selbstständige         Geleitet wird Tegut im Auftrag der Migros von
Bio-Lebensmitteln. In diesem Umfeld zeigte    Kaufleute, die sich besonders bei Bio enga-      dem ebenso Bio-engagierten Thomas Gutber-
der Ersatz von Alnatura durch dmBio, dass     gieren. Aber auch die Zentrale in Köln entwi-    let, Sohn von Wolfgang Gutberlet.
dm getrost auf Alnatura verzichten kann,      ckelt Bio als ein bundesweites strategisches     Auch alle anderen Vollsortimenter in
was umgekehrt schwieriger war. Auch die       Thema seit über 20 Jahren konsequent.            Deutschland bieten inzwischen Bio-Produk-
drei anderen Drogeriefilialisten Rossmann,    Relativer Bio-Marktführer unter den Vollsor-     te an, genau wie auch alle Discounter. Man-
Müller und Budni haben relevante Bio-Sor-     timentern ist seit 30 Jahren der hessische       che eher unter anderem, andere engagierter.
timente und inzwischen auch Alnatura-Pro-     LEH-Filialist Tegut. »Relativ«, weil er einer-   Zu den engagierten gehört Globus, einer der
dukte, kommen jedoch an die Bio-Umsätze       seits nach eigenen Angaben inzwischen 30 %       wenigen erfolgreichen SB-Warenhaus-Betrei-
des Marktführers dm nicht annähernd heran.    seines Umsatzes mit Bio-Produkten macht,         ber, die nach der Real-Pleite noch übrig sind.
                                              andererseits, weil er mit einem Gesamtum-        »Wachsen oder weichen« ist die brutale Rea-
Edeka, Rewe und der Sonderfall Te-            satz von 1 Mrd. € erst Platz 20 im LEH-Ran-      lität im Lebensmittelhandel.
gut. Die Unterschiede in der Bio-Führung      king belegt – sogar hinter dem reinen Bio-
zwischen den beiden großen deutschen Voll-    Player Dennree. Zum Vergleich: Edeka kommt                Conrad Thimm, Bio2030.de, Berlin
                                                                       N
                                                                        EU

                                                                                               Das Pflanzen-
                                                                                               wachstum fördern
                                                                                               Mechanische Kulturpflegemaschinen

                                                                                               „ Leichtzügiges Multitalent – ROTOCARE
                                                                                               „ Jeder Strich ein Erfolg – TINECARE
                                                                                               „ Flexibilität trifft Präzision – FLEXCARE
                                                                                               „ Bestes Arbeitsergebnis durch präzise
                                                                                                 Einstellmöglichkeiten
                                                                                               „ Geeignet für (fast) alle Kulturen und
                                                                                                 unterschiedlichste Standorte

                                                                                               www.poettinger.at
Innovations-Magazin                              Umstellung

Eine Chance für                                                                                 lungsplanung auf ökologische Wirtschafts-
                                                                                                weise berücksichtigt und kalkuliert werden.

Ihren Betrieb?                                                                                  Halber Ertrag und doppelter Preis – die
                                                                                                Rechnung geht nicht immer auf. Am Bei-
                                                                                                spiel der Erträge auf einem der Versuchsfel-
                                                                                                der der Landesforschungsanstalt in Mecklen-
Wer seinen Betrieb erhalten und weiterentwickeln möchte, stellt                                 burg-Vorpommern, das seit 1992 zum Teil
sich zwangsläufig die Frage nach dem »Wie«. Eine Option ist                                     ökologisch und zum Teil konventionell bewirt-
                                                                                                schaftet wird, sind die Naturalerträge wichti-
die Umstellung auf eine ökologische Wirtschaftsweise. Doch ein                                  ger Ackerfrüchte (Grafik 1) gegenübergestellt.
Wechsel will genau überlegt sein. Worauf es bei der Umstellung im                               Bei diesem direkten Vergleich sieht man, dass
Ackerbau ankommt, zeigt Hubert Heilmann.                                                        das Ertragsniveau bei den meisten Kulturen
                                                                                                im Ökolandbau bei rund der Hälfte liegt. Da-
                                                                                                bei darf aber nicht übersehen werden, dass im

D
        ie gesellschaftlichen und politischen    gen im Pflanzenschutz sind Auslöser bei vie-   Gegensatz zur konventionellen Wirtschafts-
        Weichenstellungen zeigen stärker         len konventionell wirtschaftenden Betrieben,   weise im Ökolandbau die Bereitstellung von
        denn je auf Ökolandbau. Und das          über eine ökologische Wirtschaftsweise nach-   Stickstoff als knappster Pflanzennährstoff
Umstellungsinteresse der Landwirte ist nach      zudenken.                                      über Kleegrasanbau oder Ähnliches erfolgen
wie vor hoch. Auslöser dafür ist nicht nur der   Doch bevor man solche wichtigen Entschei-      muss. Damit gehen im ökologischen Acker-
von der Politik angestrebte Ausbau des Öko-      dungen trifft, sollte man einen unvoreinge-    bau rund ein Drittel der Anbaufläche für die-
landbaus über den derzeitigen Flächenanteil      nommenen und faktenbasierten Blick auf den     se »N-Versorgung« verloren. Bezogen auf die
von 10 % hinaus in Richtung 20 %. Auch die       Ökolandbau werfen. Denn: Risikolos ist der     gesamte Fruchtfolge lag daher das Ertrags-
aktuellen Diskussionen zum Klimaschutz, zur      Weg nicht. Das wirtschaftliche Umfeld für      niveau im Zeitraum 2003 bis 2019 zwischen
GAP, den Herausforderungen hinsichtlich Bio-     landwirtschaftliche Betriebe verändert sich    etwa einem Viertel und knapp der Hälfte der
diversität und nicht zuletzt die Einschränkun-   zunehmend und muss auch bei der Umstel-        konventionellen Bewirtschaftung.

Biolandbau ist mehr, als
nur Dinge wegzulassen.
Grafik 1: Ertragsvergleich ökologisch und
konventionell bewirtschaftet
  Relativerträge 2003 – 2019 in %
  110                                                                     Raps
  100
   90
   80
   70
   60
   50
   40
   30                                                                                                                     Ihre Prioritäten
                                                                                                                      im Pflanzenschutz:
   20
   10
    0
           Weizen      Roggen     Triticale   So.-Gerste                   Lupine      Silomais
                                                                                                                        beste Wirkung,
              konventionell
              ökologisch bewirtschaftet                                                                                   weniger Drift

Diese Feldversuchsergebnisse werden durch                            zu sehen, dass die Öko-Betriebe beim Preis     Als Europas Nr. 1 für Düsentechnik
Zahlen aus real existierenden Betrieben ge-                          mehr als das Doppelte für den Roggen erzie-    bieten wir Ihnen die größte Auswahl
stützt (Übersicht S. 18). Auch hier zeigt sich,                      len konnten als ihre konventionellen Berufs-
                                                                                                                    an driftmindernden Düsen für den
dass die realisierten Naturalerträge im Öko-                         kollegen. Häufig unterscheiden sich aber die
                                                                                                                    Pflanzenschutz – bei gleichzeitig
landbau weit hinter der konventionellen Wirt-                        Vermarktungswege und -formen zwischen
schaftsweise liegen. Aus der Tabelle ist auch                        beiden Wirtschaftsweisen erheblich. Der An-    optimaler Wirkung. Ein wertvoller
                                                                     teil von Direktvermarktung und regionaler      Beitrag für Ihren Erfolg.
                                                                     Vermarktung ist im Ökolandbau weiter ver-
                                                  Fotos: landpixel

                                                                     breitet. Damit gehen aber auch in der Regel                    IDTA – verlustmindernde
                                                                     höhere Vermarktungskosten für die Betriebe                                Düsentechnik
                                                                     einher. In der Summe liegen zwischen den
                                                                     Umsatzerlösen beider Wirtschaftsweisen kei-
                                                                     ne großen Unterschiede. Das trifft auch für
                                                                                                                                           90/95 %
                                                                     die betrieblichen Aufwendungen zu – gerin-
                                                                     gere Ausgaben für Dünger- und Pflanzen-
                                                                     schutzmittel werden an anderer Stelle (z. B.
                                                                     Arbeitserledigung, Aufbereitung, Vermark-
                                                                     tung) beim Ökolandbau wieder aufgezehrt.
                                                                     Unter dem Strich (Betriebsergebnis ohne
                                                                     Zulagen und Zuschüsse) lagen beide Wirt-
                                                                     schaftsweisen nahezu gleichauf.
                                                                     Bezieht man allerdings die Zulagen und
                                                                                                                       IDTA 120-025 C,      IDTA 120-03 C,
                                                                     Zuschüsse einschließlich der Förderung           90 % bei 1,5–2 bar   90 % bei 1,5–2 bar
                                                                     für ökologische Wirtschaftsweise mit ein,
                                                                     schlossen die Öko-Ackerbaubetriebe im
                                                                     Endergebnis besser ab als die konventio-
                                                                     nellen. Dies trifft besonders für Regionen
                                                                     mit unterdurchschnittlichen Ertragspoten-
                                                                     tialen zu. Dort sind die Unterschiede in der
                                                                     optimalen Intensität zwischen der konventi-
                                                                     onellen und der ökologischen Bewirtschaf-
                                                                     tung geringer, Subventionen und Zulagen          IDTA 120-04 C,        IDTA 120-05 C,
                                                                     haben einen höheren Anteil am Gesamt-           90 % bei 1–1,5 bar    95 % bei 1–1,5 bar
                                                                     erlös der Betriebe (siehe Grafik 2, S. 18).
                                                                     Grundsätzlich gilt die Faustformel: Je nied-
                                                                     riger die Ertragsfähigkeit des Standortes,
                                                                     umso geringer die Unterschiede zwischen
                                                                     konventioneller und ökologischer Intensi-

                                                                                                                    www.lechler-agri.com
Innovations-Magazin                                            Umstellung

Vergleich ökologisch und konventionell wirtschaftender                                                         kurz- und mittelfristig überfordert zu wer-
Ackerbaubetriebe im Osten                                                                                      den. Ein Beispiel dafür ist der Milchsektor:
                                                                                                               Nachdem einige Zeit ein »Aufnahmestopp«
Kennzahl                                             Ökol.               Konv.            Relation             für neue Öko-Milchlieferanten verhängt war,
Roggenertrag                        dt/ha              21                 60                35 %               suchten zuletzt einige süddeutsche Molkerei-
                                                                                                               en wieder Bio-Lieferanten. Auch bei wich-
Roggenpreis                          €/dt            27,46              12,08              227 %               tigen pflanzenbaulichen Produktionslinien,
Umsatzerlöse                        €/ha              845                813               104 %               wie dem Roggen, sind bereits in der Vergan-
                                                                                                               genheit regional unbefriedigende Vermark-
Zulagen, Zuschüsse                  €/ha              522                332               157 %               tungsquoten erzielt worden. Ein nicht uner-
Betr. Aufwendungen                  €/ha             1 036               978               106 %               heblicher Teil des Öko-Roggens (vorwiegend
                                                                                                               »Nicht-Verbandsware«) musste als konven-
Betriebsergebnis (BE)               €/ha              412                216               191 %               tionelle Ware vermarktet werden. Letztlich
BE ohne Zulagen,                    €/ha             – 110              – 116              105 %               bestimmen auch auf dem Öko-Markt Ange-
Zusch.                                                                                                         bot und Nachfrage den Preis. Ein Überange-
                                                                                                               bot an Öko-Ware führt zu Preisverfall, mög-
40 Öko- und 28 konventionelle Betriebe mit 339 bzw. 335 ha LF, Quelle: MLP BWA ÖLB ostdeutscher BL             licherweise mit erheblichen wirtschaftlichen
                                                                                                               Folgen für weite Teile des Öko-Sektors. Auch
                                                                                                               eine Anhebung der Öko-Prämien als agrarpo-
tät und desto vorzüglicher die Umstellung                      sollte man allerdings beachten, dass zur Ver-   litische »Gegenmaßnahme« würde den Scha-
auf Ökolandbau.                                                meidung von Doppel­förderung gesetzliche        den vermutlich nicht kompensieren können.
                                                               Schutzgebietsauflagen nicht über die zwei-      Marktwirtschaftliche Probleme können nun
Diskussion zum Klimaschutz, Ackerbau-                          te Säule, also z. B. über die Öko-Prämie »ge-   mal nicht mit planwirtschaftlichen Instru-
strategie, GAP-Reform – Auslöser für                           fördert/ausgeglichen« werden dürfen. So hat     menten gelöst werden.
die Umstellung auf Ökolandbau? Zwar                            in der laufenden Förderperiode beispielswei-
liegen die konkreten Umsetzungspläne für                       se Mecklenburg-Vorpommern die Öko-För-          Zielkonflikte. In den diversen politischen
die angekündigte »Ökologisierung der Land-                     derung für Flächen in Wasserschutzgebie-        Strategien und Zielvorgaben, mit denen sich
wirtschaft« aktuell noch im dichten Nebel,                     ten gekürzt, wo der Einsatz von chemischen      die Landwirtschaft zunehmend konfrontiert
dennoch stehen einige Aspekte fest.                            Pflanzenschutzmitteln ohnehin untersagt ist.    sieht, liegt ein großes Konfliktpotential. Je-
Seit diesem Jahr ist das Verbot der Anwen-                     Ein analoges Vorgehen wäre auch für diese       der vernünftige Mensch weiß, dass man bei
dung von Herbiziden und biodiversitätsschä-                    »neuen« Schutzgebietsauflagen zu befürch-       einer Vielzahl von Zielen nicht alle gleich-
digenden Insektiziden in Schutzgebieten                        ten, was eine deutliche Senkung der Öko-        zeitig erreichen kann. So hat beispielswei-
Realität. Als Schutzgebiete wurden im In-                      Prämien zur Folge hätte. Damit wird letzt-
sektenschutzprogramm FFH-, Naturschutzge-                      lich auch die »Flucht in den Ökolandbau« in
biete, Nationalparks und Vogelschutzgebiete                    diesen Schutzgebieten gedämpft.
benannt. Die Auswirkungen auf die betroffe-                                                                    Grafik 2: Vergleich der
nen Betriebe sind enorm. Die Schwankungs-                      Die Aufnahmefähigkeit der Öko-Märkte            Wirtschaftlichkeit (WJ 2018/19)
breite für den Grad der Betroffenheit auf Be-                  ist nicht unbegrenzt. Der Markt ist klein.
triebsebene reicht von null bis 100 %. Bei                     Bei einer Umstellung vieler konventionel-         €/ha LF
hoher Betroffenheit liegt die Umstellung                       ler Betriebe drohen die regionalen Märk-        3000
auf ökologischen Landbau sehr nahe. Dabei                      te für viele Öko-Produktlinien zumindest                                          2 328
                                                                                                               2500
                                                                                                                              1 810
                                                                                                               2000
                                                               Bei der Biodiversität hat der                   1500
                                                               Ökolandbau die Nase vorn.
                                                                                                               1000

                                                                                                                500

                                                                                                                  0
                                                                                                                               Ökol.             Konv.
                                                                                                                              Betriebe         Betriebe
                                                                                                                             (n = 175)        (n = 1 416)

                                                                                                                      Umsatzerlöse
                                                                                                                      Zulagen und Zuschüsse
                                                                                                                      sonstige betriebliche Erträge

                                                                                                                       Quelle: Koordinierungsgruppe Ökonomie und
                                                                                                                        Markt der Landesanstalten der Länder, 2021.

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