Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel

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Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
Das E-Mobility-Magazin 2019
Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig
 Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte.

ISBN-Nr.: 978-3-934401-48-8
Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

                                                                                                                                       Foto: Nicole Schnittfincke
die Mobilität ist im Wandel, sie wird zunehmend elektrifiziert.
Nicht zuletzt, um die Anforderungen des Klimapakets und der
Nachhaltigkeitsstrategien von Bund und Ländern zu meistern.
Die öffentliche Hand ist doppelt gefragt. Einerseits können ge-
rade die öffentlichen Fuhrparks einen wesentlichen Beitrag zur
Reduktion von CO2-Emissionen beitragen. Andererseits müssen
technologische Innovationen durch eine staatliche Anreizpolitik
angeschoben werden.                                                        Es sind gerade Städte, Gemeinden und Landkreise, die als Testfeld
  Die öffentlichen Fuhrparks füllen sich mehr und mehr mit elek-         für neue Antriebe, vernetzte Entwicklungen und automatisierte
trischen und hybriden Fahrzeugen. Zum Beispiel will die nieder-          Fahrzeuge dienen. So fährt in Wusterhausen, im Landkreis Ostprig-
sächsische Landespolizei 20 Prozent ihrer Fahrzeugflotte umrüsten.       nitz-Ruppin, einer der ersten Kleinbusse vollkommen automatisiert.
Immer mehr Kommunen gehen diesen Weg. Andere entwickeln                  Zwar wird es wegen der Geschwindigkeit von derzeit 15 km/h
Carsharing-Konzepte. So hat die Stadt Dormagen ein Carsha-               noch eine Weile dauern, bis der Kleinbus auch in der Fläche zum
ring-Angebot für Elektro-Pkws geschaffen. Die Mitarbeiter können         Einsatz kommen kann, doch sollten lokale Akteure noch stärker
die Fahrzeuge sowohl als Dienstwagen als auch außerhalb der              über Kooperationen mit den Nachbargemeinden nachdenken. Nur
Dienstzeiten für private Fahrten nutzen.                                 so lassen sich Vernetzung und Elektromobilität in einheitlichen
  Nicht nur die Fuhrparks werden modernisiert, auch die öffentli-        Systemen in die Fläche tragen.
chen Verkehrsmittel werden auf alternative Antriebe umgestellt.            Die dritte Ausgabe des Magazins „E-Mobility” Soll bei dieser res-
Elektrisch fahrende Busse zählen längst zum Stadtbild von Hamburg.       sort- und grenzüberschreitenden Aufgabe helfen und Anregungen
Selbst kleinere Verkehrsverbünde schließen sich zusammen, um             für diese neue und sich rasant wandelnde Mobilität liefern. Mit
über Stadtgrenzen hinweg einen E-Bus betreiben zu können, wie            Beiträgen von Institutionen, Kommunen, Stadtwerken, Verbänden
das Beispiel von Oberhausen und Bottrop zeigt. Selbst im Schie-          und Unternehmen werden praktische Beispiele, aber auch Rah-
nenverkehr geht die Entwicklung weiter. So fährt in Brandenburg          menbedingungen und künftige Herausforderungen beschrieben.
bereits der erste Wasserstoff-Personenzug im Normalbetrieb.
  Neben den eigentlichen Verkehrsmitteln gilt es aber auch, die
dafür notwendige Infrastruktur bereitzustellen. Städte wie War-          Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre.
stein und Düren bauen die Ladesäuleninfrastruktur aus. Andere,
wie etwa München, stellen Fördergelder bereit, um den Bürgern
den Umstieg auf die Elektromobilität schmackhafter zu machen.
Ebenso bieten Bund und Länder Förderungen an, die zum Teil noch
nicht ausgeschöpft sind.
  Zur E-Mobilität gehören aber auch Kleinstfahrzeuge wie E-Bikes
und E-Scooter. Um letztere hat sich eine intensive Debatte entwickelt.
Leisten sie nun einen Beitrag zur Verkehrswende oder sind sie ein
großes Übel für den städtischen Verkehr? Die Antwort wird in der
Mitte liegen. Gefragt sind an dieser Stelle auch die kommunalen          Uwe Proll
Ordnungsdienste.                                                         Chefredakteur und Herausgeber, Behörden Spiegel

                                                                                                                           Editorial                                3
Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
Inhalt

 Projekte der Verwaltung                                    Forschung & Praxis

Der Verantwortung für Gesundheit und                       Vorankommen in NRW                                    15
Lebensqualität gerecht werden                        22   Nutzer stehen bei Mobilität der Zukunft im Mittelpunkt
Stadt München investiert 60 Millionen Euro in
Förderung der Elektromobilität                             Batterieforschung in Deutschland                     18
                                                           Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
Kommunales Carsharing für den Klimaschutz            30   für die Zukunft
Dormagen baut kommunalen Fuhrpark
auf Elektrobasis                                           „Es ist kein Opa-Auto“                               31
                                                           E-Fahrzeuge auf Herz und Nieren geprüft
Die Hauptstadt steigt um                             32
Bis 2030 soll Berlins ÖPNV emissionsfrei sein              Es ist noch Geld da                                  38
                                                           E-Bus-Fördertöpfe für 2019 noch nicht ausgeschöpft
Kooperation statt Fusion                             34
Die Elektrifizierung der Buslinie 979: Ein Beispiel        Im Nordwesten Brandenburgs wird die Mobilität
für eine gelungene Kooperation zweier Verkehrs­            der Zukunft erpobt                                   44
unternehmen                                                Elektromobiler und autonomer ÖPNV als Testobjekt

4     E-Mobility-Magazin 2019
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Infrastruktur für die Zukunft                                Weitere Innovationen der Mobilität

Infrastrukturbedarf Elektromobilität                   17   Umweltfreundlich und leise                            12
Stiftung untersucht den Stromverbrauch                       Wasserstoffzug auf der Heidekrautbahn
flächendeckender E-Autos
                                                             Verkehrs(un)sicherheit dank E-Scootern?               20
In Sachen Ladeinfrastruktur bundesweit                       Die Zeit für kluge Verkehrskonzepte und clevere
eine Vorbildfunktion                                   26   Investitionsmaßnahmen drängt!
Stadt Warstein hat mit 27 Ladepunkten
wohl die höchte Dichte an Ladepunkten                        Wirren um E-Mobilität                                 36
                                                             Ein Lagebild zur Kontrolle des E-Scooter-Verkehrs in
Auf dem Weg zur Elektrifizierung der Busflotte         28   deutschen Großstädten
Hamburger Hochbahn stellt sich für eine neue Zeit auf
                                                             E-Scooter als Stein des Anstoßes                      40
E-Mobilität als Public Private Partnership             24   Debatte über Neuaufteilung des Verkehrsraums
Düren fördert Ladesäulen im gewerblichen                     ist notwendig
und halb öffentlichen Bereich

                                                                                                                    5
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Grußwort von Andreas Scheuer
 Andreas Scheuer MdB, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur

                                                                                                  Schnellladepunkte und 13.000 Normalladepunkte befinden sich
                                                                                                  derzeit im Aufbau. Auch beim Wasserstoff hat sich in den vergan-
                                                                                                  genen zwei Jahren viel getan: Im Frühjahr 2020 wird planmäßig

                                                            Foto: www.andreas-scheuer.de/presse
                                                                                                  die 100. Wasserstoff-Tankstelle eröffnet. Wir haben Forschung und
                                                                                                  Entwicklung gefördert und mit dem Umweltbonus den Umstieg auf
                                                                                                  elektrische Fahrzeuge unterstützt. Wir haben E-Fahrzeuge von der
                                                                                                  Kfz-Steuer befreit, Nachteile bei der Besteuerung von Dienstwagen
                                                                                                  ausgeglichen und Kommunen ermöglicht, eigene Fahrspuren oder
                                                                                                  Parkplätze für E-Fahrzeuge einzurichten. Wir fördern den Kauf von
                                                                                                  Elektrofahrzeugen und betriebsnotwendiger Ladeinfrastruktur im
                                                                                                  kommunalen Kontext. Dafür steht die Bundesförderung „Elektro-
                                                                                                  mobilität vor Ort“, die alternative Antriebe in die Regionen zu

E   lektrischer Strom ist einer der wichtigsten Treibstoffe der Zu-
    kunft – ob in Batterien gespeichert oder aus Wasserstoff in einer
Brennstoffzelle erzeugt. Mit der E-Mobilität können wir drei wichtige
                                                                                                  den Menschen bringt. Und wir bringen mit dem Sofortprogramm
                                                                                                  Saubere Luft E-Busse in den Öffentlichen Personennahverkehr.
                                                                                                    Wir waren dabei immer technologieoffen und haben sowohl
Ziele im Verkehr erreichen: Wir reduzieren die CO2-Emissionen und                                 Batterie als auch Wasserstoff/Brennstoffzelle unterstützt. Das bleibt
erfüllen somit die Anforderungen unseres ambitionierten Klima-                                    auch in Zukunft so. Denn klar ist: Batterie und Brennstoffzelle
schutzplans. Wir verringern den Ausstoß von Stickstoffdioxid (NOx)                                haben beide ihren Platz in unterschiedlichen Einsatzszenarien. Es
und Feinstaub. Und wir senken den Verkehrslärm.                                                   werden beide gebraucht, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Frage lautet jetzt nicht mehr: „Kommt die Elektromobilität?“.                                 Die Batterie sollten wir vorrangig im innerstädtischen Verkehr
Sondern: „Wie schnell kommt sie?“. Wie schnell stellen wir um auf                                 und auf kürzeren Pendlerstrecken einsetzen. Für Langstrecken
elektrische Müllautos, Wagen mit Sattelschlepper und Taxis? Wie                                   und den Dauerbetrieb, für Busse und Lkws eignen sich dagegen
schnell fahren alle Paketboten in der Stadt einen E-Antrieb? Wie                                  Brennstoffzellenfahrzeuge besser.
schnell schaffen wir es, dass Familien ihre Kinder im E-Kombi zur                                   Wir stehen heute ganz knapp vor dem Durchbruch alternativer
Kita bringen? Und wie schnell passiert das flächendeckend?                                        Antriebe auf dem Massenmarkt. Um den Umstieg auf alternative
Die Bundesregierung hat sich dafür ein Ziel gesteckt: so schnell                                  Antriebe weiter zu beschleunigen und den Klimaschutz im Verkehr
wie möglich!                                                                                      voranzubringen, haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen
  Das ist jedoch eine Gemeinschaftsaufgabe: Bund und Länder,                                      in das Klimaschutzprogramm 2030 aufgenommen. Tank- und
Kommunen und Unternehmen, Verbände und Wissenschaft – alle                                        Ladeinfrastruktur für Pkws und Nutzfahrzeuge ist hierbei ein ganz
müssen mitmachen.                                                                                 zentraler Baustein. Insgesamt investieren wir hier zusätzlich 3,4
  Das wird nur mit entsprechenden Angeboten gelingen: Wir                                         Milliarden Euro.
brauchen Fahrzeuge, in denen man gut, gern und günstig fährt.                                       Unter der Federführung meines Hauses hat die Bundesregierung
Und wir brauchen Lade- und Tankmöglichkeiten, die einfach und                                     gemeinsam mit Vertretern der Nationalen Plattform Zukunft der
schnell zu nutzen sind. Sprich: Elektromobilität muss überzeugen.                                 Mobilität, kurz NPM, den Masterplan Ladeinfrastruktur für batterie-
Dann wächst auch die Nachfrage.                                                                   elektrische Fahrzeuge erarbeitet. Bis 2030 wollen wir eine Million
  Bisher ist Elektromobilität aber nur selten erfahr- und erlebbar.                               Ladepunkte errichten. Bereits 2021 wird es 50.000 öffentliche
Es gibt immer noch zu wenige elektrisch betriebene Fahrzeug-                                      Ladepunkte geben. Noch 2019 wird mein Haus eine Nationale Leit-
flotten – egal, ob es sich dabei um Taxis, Polizeiautos, Busse, Lkws                              stelle Ladeinfrastruktur einrichten. Sie wird den Bedarf berechnen,
oder Müllfahrzeuge handelt. Und es gibt zu wenige Autos, die                                      planen und ein deutschlandweites Schnellladenetz koordinieren.
alltagstauglich sind, Spaß machen und vor allem bezahlbar sind,                                   Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die erforderliche flächende-
damit jeder sie sich leisten kann. Kurz gesagt: Wir brauchen den                                  ckende Ladeinfrastruktur verlässlich aufgebaut und betrieben wird.
Elektro-Käfer-Effekt.                                                                             Auch in unseren Bemühungen für eine flächendeckende Wasser-
  Die Bundesregierung unterstützt die Elektromobilität bereits                                    stoff-Infrastruktur lassen wir nicht nach: Mit dem Joint Venture
seit vielen Jahren. Dazu gehört zum Beispiel das Errichten von                                    H2Mobility haben wir vereinbart, den Ausbau der Wasserstoff-Infra-
Ladesäulen. Rund 17.000 Ladepunkte sind bereits im Einsatz. 3.000                                 struktur bis 2021 mit zusätzlichen zehn bis 15 Stationen pro Jahr

6      E-Mobility-Magazin 2019
Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
weiter vorantreiben. Dazu gehören auch größere Tankstellen, die       richtigen Weg für einen Markhochlauf von Wasserstofffahrzeugen
neben Pkws auch für leichte Nutzfahrzeuge geeignet sind.              werden wir in einer „Nationalen Strategie Wasserstoff“ aufzeigen,
  Damit wir unsere Klimaziele auch wirklich erreichen, brauchen wir   die wir als Bundesregierung noch in diesem Jahr vorlegen werden.
gleichzeitig einen Markthochlauf bei den Fahrzeugen. Das heißt:       Ich bin überzeugt: Die Zukunft gehört den alternativen Antrieben.
sieben bis zehn Millionen Elektro-Autos auf unseren Straßen bis       Deutschland kann hier Vorreiter sein und hat jetzt die einmalige
2030. Wir fördern deshalb den Kauf von Fahrzeugen mit alterna-        Gelegenheit, Produkte und Konzepte für saubere Luft und nied-
tiven Antrieben und haben in der Konzertierten Aktion Mobilität       rige Emissionen zu einem weltweiten Exportschlager zu machen.
beschlossen, diese Kaufprämien zu erhöhen. Zudem unterstützen
wir beim Kauf von Bussen mit alternativen Antrieben (u. a. Brenn-
stoffzellenbusse) und stellen dafür zusätzliche Mittel in Höhe von
620,5 Millionen Euro zur Verfügung. Wir schaffen eine Kaufprämie
für Nutzfahrzeuge, darunter Brennstoffzellen-Lkws, mit zusätzlichen
Mitteln in Höhe von 958,6 Millionen Euro. Die steuerliche Förderung
von Dienstfahrzeugen mit E-Antrieb haben wir bis 2030 verlängert.     Ihr
Und für die Anschaffung neuer, rein elektrisch betriebener Liefer-    Andreas Scheuer MdB
fahrzeuge haben wir eine Sonderabschreibung eingeführt. Den           Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
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Grußwort von Prof. Dr. Andreas Pinkwart
 P rof. Dr. Andreas Pinkwart, MdL, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nord-
   rhein-Westfalen

                                                                                                              weitere Forschungskapazitäten in Duisburg und Bochum.
                                                                                                              Der Erfolg im Bewerbungsverfahren ist für unser Land gleicher-

                                                            Foto: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg
                                                                                                              maßen Anerkennung und Verpflichtung. Unter den Akteuren wie
                                                                                                              innerhalb der Landesregierung – besonders möchte ich hier meine
                                                                                                              Kollegin Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen nennen
                                                                                                              – herrschte sofort Einigkeit, die in Nordrhein-Westfalen vorhandenen
                                                                                                              Exzellenzen in einer einheitlichen, überzeugenden Bewerbung zu
                                                                                                              bündeln. Der Erfolg gibt uns Recht und macht uns stolz.
                                                                                                              Dieser Stolz verführt uns aber nicht dazu, uns nur auf unser Bundes-
                                                                                                              land zu beschränken: Alle, die sich mit diesen Fragen in Deutschland
                                                                                                              und darüber hinaus beschäftigen, sind eingeladen, mit uns zusam-
                                                                                                              menzuarbeiten – genauso, wie es Kollegin Karliczek von Anfang an
                                                                                                              gefordert hat. Nur mit der Bündelung von Kompetenz und Exzellenz

M      it der Entscheidung für den Aufbau einer „Forschungsferti-
       gung Batteriezelle“ (FFB) hat Bundesforschungsministerin
Anja Karliczek die Lösung einer der wichtigsten Zukunftsfragen des
                                                                                                              wird es gelingen, neue, bessere Lösungen zu entwickeln, mit denen
                                                                                                              wir auf den Märkten bestehen können.
                                                                                                              Und die Märkte sind bereit. Die Resonanz aus Unternehmen entlang
Energie- und Industriestandorts Deutschland kraftvoll eingeleitet.                                            der gesamten Wertschöpfungskette ist überwältigend: Wir haben
Insgesamt 500 Millionen Euro wird der Bund in den kommenden                                                   qualifizierte Unterstützungsschreiben von mehr als 75 Unterneh-
Jahren hierfür zur Verfügung stellen, hinzukommen noch einmal                                                 men – international operierende Konzerne ebenso wie bundesweit
200 Millionen Euro vom Land Nordrhein-Westfalen.                                                              bedeutsame Branchenführer oder familiengeführte Unternehmen,
Wir brauchen diese Kraftanstrengung, wenn wir eigene, bessere                                                 viele davon Hidden Champions. Dabei werden bereits sehr konkrete
Lösungen für elektrochemische Energiespeicher anbieten und uns                                                Forschungsfragen aufgeworfen und entsprechende Aufträge in
nicht dauerhaft von den Produzenten in Fernost abhängig machen                                                Aussicht gestellt.
wollen. Leistungsfähige Batteriezellen und ihre kostengünstige                                                Die Unterstützung kommt nicht nur aus Nordrhein-Westfalen,
Produktion sind zentrale Zukunftsfragen für eine ganze Reihe                                                  sondern aus dem gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus:
strategisch wichtiger Branchen. Das betrifft die Energiewirtschaft                                            Unternehmen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, China,
(stationäre Speicher zur Netzstabilisierung) ebenso wie die E-Mobili-                                         den USA, Südkorea und Mexiko haben sich für eine FFB in Nord-
tät in allen Anwendungsbereichen, aber auch die Robotik, Handel,                                              rhein-Westfalen eingesetzt. Seit Bekanntwerden der Entscheidung
Logistik, die chemische Industrie, Maschinen- und Anlagenbau bis                                              erreichen uns laufend weitere Kooperationsangebote. Die Vielzahl
hin zu neuen Lösungen beim Recycling von Batterien.                                                           der Kooperationswilligen garantiert eine wettbewerbsneutrale,
Es war deshalb sicher kein Zufall, dass gleich mehrere wissen-                                                wirtschaftsnahe Forschung.
schaftliche Einrichtungen aus Nordrhein-Westfalen vom Bundes-                                                 Die Planungen für die FFB in Münster laufen auf Hochtouren, ein
forschungsministerium und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) im                                                Projekt- und Aufbau-Team wird in den nächsten Monaten bereits
Ausschreibungsverfahren berücksichtigt wurden: Die Universität                                                seine Arbeit in einer vorhandenen Liegenschaft aufnehmen. Der
Münster mit dem Batterieforschungszentrum MEET (Münster Elec-                                                 geplante Neubau wird in einem ersten Teil bereits im Septem-
trochemical Energy Technology), das Helmholtz-Institut Münster                                                ber 2021 der Fraunhofer Gesellschaft übergeben, die komplette
(HI MS – Ionics in Energy Storage), das Forschungszentrum Jülich                                              Forschungsfertigung steht dann im Februar 2022 zur Verfügung.
sowie die RWTH Aachen mit dem Lehrstuhl Production Engi-                                                      Die „Forschungsfertigung Batteriezelle“ ist eine herausragende
neering of E-Mobility Components (PEM) und den Instituten für                                                 Chance für Nordrhein-Westfalen, mit seiner Forschungs- und
Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME) und für                                               Entwicklungsexzellenz auf dem Gebiet der Elektromobilität diese
Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) werden die                                                entlang der gesamten Wertschöpfungskette entscheidend voran-
vorhandenen Kompetenzen in die FFB einbringen. Hinzu kommen                                                   zubringen.

8      E-Mobility-Magazin 2019
Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
Die Mobilitätswende mehrdimensional
denken
 Landrat Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages

D    er Klimawandel macht auch eine Mo-
     bilitätswende immer drängender. Al-
lerdings darf diese nicht eindimensional
                                                barer Energien bietet zudem besondere
                                                Chancen, Ökostrom ohne Transportverluste
                                                ortsnah zu nutzen und klimafreundliche
                                                                                                stets abgelehnt: Das Angebot an E-Bussen
                                                                                                ist derzeit zu gering und die Technik für den
                                                                                                Einsatz im Überlandverkehr in Bezug auf
nur in der (groß-)städtischen Perspektive       regionale Energiekreisläufe zu schaffen. Der    Reichweite und Ladezeiten noch nicht vor-
gedacht werden. Vielmehr muss sie die           hohe Eigenheimanteil begünstigt den Auf-        handen bzw. nicht ausgereift. Ähnliches gilt
unterschiedlichen Ausgangsbedingungen           bau (privater) Ladeinfrastruktur. Tatsächlich   für Wasserstoff-Antriebe und Nutzfahrzeuge.
und Bedürfnisse auch der Menschen auf           zeigt die Studie „Mobilität in Deutschland      Gerade im ländlichen Bereich werden im
dem Land berücksichtigen: Der Großteil          2017“ entgegen der Fokussierung der Feld-       ÖPNV Betriebsabläufe völlig neu zu planen
der Deutschen (68 Prozent) lebt nicht in den    versuche auf den großstädtischen Bereich,       bzw. zu klären sein, wie bei langen Linien-
wenigen Großstädten, sondern in den vielen      dass Elektrofahrzeuge überproportional          wegen und bewegter Topografie Busse im
kreisangehörigen Klein- und Mittelstädten       häufig in Mittelstädten, Kleinstädten und       Betrieb nachgeladen werden können. Die
und auf dem Dorf. Auch die hier beheima-        Dörfern zuhause sind. Trotz der wirkmächti-     Umsetzung ist hier noch schwieriger als im
tete und stark mittelständisch geprägte         gen „Reichweitendiskussion“ sind die Fahr-      städtischen Bereich.
Wirtschaft, die wichtige volkswirtschaftliche   zeuge gerade auch für Pendler geeignet,
Beiträge zur Bruttowertschöpfung (57 Pro-       die nur selten längere Strecken als 50 km        Für die Umsetzung der Richtlinie er-
zent) und zur Beschäftigung (59 Prozent) in     zurücklegen müssen. Entsprechend haben          warten die Landkreise vom Bund daher
Deutschland leistet, braucht leistungsfähige    Elektrofahrzeuge – zumindest versuchs-          Lösungen, die die Besonderheiten und die
Verkehrssysteme. Eine Mobilitätswende           weise – auch in kommunale Pkw-Fuhrparks         tatsächlichen und technischen Vorausset-
muss auch hier Antworten finden. Als dritte     Einzug gehalten.                                zungen ländlicher Räume berücksichtigen
Dimension ist schließlich zu berücksichti-       Soll Elektromobilität eine Alternative zu      und sicher zu stellen, dass den öffentlichen
gen, dass Stadt und Land verkehrlich und        konventionellen Antrieben und durch stär-       wie privaten Verkehrsbetrieben keine
wirtschaftlich eng verflochten sind.            kere Verbreitung auch günstiger werden,         unverhältnismäßigen Kosten entstehen,
  Neue multimodale Verkehrsangebote be-         muss die öffentlich zugängliche Infrastruktur   die die Organisation und Finanzierung
flügeln aktuell die Vision der „autofreien      mit Unterstützung von Bund und Ländern          des ÖPNV völlig zum Erliegen bringen.
Stadt“, konzentrieren sich bislang aber fast    aber noch weiter und verstärkt flächen-         Es bedarf klarer Regelungen für die An-
ausschließlich auf die verdichteten Zentren     deckend ausgebaut werden. Wir hätten            rechnung von Nachrüstungen und Hybrid-
einzelner Großstädte wie Berlin, Hamburg        uns gewünscht, wenn die Politik auch hier       fahrzeugen. Zudem muss die Pflicht zur
oder München. Schon in deren Randbe-            mit Feldversuchen u. ä. Modellvorhaben          Beschaffung entsprechender Fahrzeuge
reichen sind sie kaum noch zu finden und        in die Fläche gegangen wäre, um die hier        zunächst vorrangig auf Gebiete mit hoher
in dünner besiedelten Bereichen sind sie        schlummernden Potenziale zu heben.              Luftverschmutzung konzentriert bzw. dort
nicht wirtschaftlich und stehen damit dem                                                       besonders gefördert werden.
überwiegenden Teil der Bevölkerung über-         Schwieriger ist die Situation bei kommuna-
haupt nicht zur Verfügung. In der Fläche        len Nutzfahrzeugen und Elektrobussen für         Gleichzeitig sind verstärkte Anstrengun-
ist die Abhängigkeit vom eigenen Auto           den ÖPNV. Die Europäische Union hat hier        gen der Automobil- und Zulieferindustrie
daher unverändert hoch, zumal wegen             unlängst ambitionierte Vorgaben gemacht,        nötig. Das gilt auch für Wasserstoff-An-
geringer Bevölkerungsdichte und disperser       die für Deutschland vorsehen, dass bis 2025     triebe. Während sich batteriebetriebene
Siedlungsstruktur häufig auch kein dichtes      45 Prozent der beschafften Busse sowie zehn     Elektrofahrzeuge für den Individualver-
ÖPNV-Angebot möglich ist.                       Prozent der beschafften Lkw und bis 2030 65     kehr eignen, dürften für schwere Nutz-
  Elektrofahrzeuge sind insbesondere hier –     Prozent der Busse sowie 15 Prozent der Lkw      fahrzeuge und größere Reichweiten Was-
und weniger in der Großstadt, wo es mehr        „saubere Fahrzeuge“ im Sinne der Richtlinie     serstoffantriebe vorteilhafter sein, auch
um eine Intensivierung des ÖPNV gehen           sein müssen. Beim derzeitigen Stand der         wegen der kürzeren Betankungsdauer und
muss – für die individuelle Mobilität ein       Technik ist dies im ländlichen Raum nicht       weil Wasserstoff langfristig speicherbar ist
wichtiger Lösungsbaustein. Die Nähe zu          darstellbar. Der Deutsche Landkreistag hat      und sich aus überschüssigem Ökostrom
den Strom-Erzeugungsanlagen Erneuer-            diese nationalen Beschaffungsquoten daher       erzeugen lässt, der derzeit abgeregelt

                                                                                                                                           9
Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
oder exportiert wird. Auch hier ist eine        Mobilitätsversorgung auch jenseits der                   Zur Person
entsprechende Tank-Infrastruktur aller-         Hauptachsen und zu Randzeiten. Auch                Reinhard Sager
dings noch aufzubauen.                          Sharing-Modelle, die sich bislang auf
 Zur Sicherstellung der Mobilität in der        nachfragestarke Teilbereiche verdichteter
Fläche müssen dort zudem auch auto-             Ballungsräume konzentrieren, könnten

                                                                                                                                      Foto: Deutscher Landkreistag
nome Fahrzeugkonzepte erprobt werden.           im ländlichen Raum funktionieren, wenn
Die Sicherstellung eines ausreichenden          Fahrzeuge selbst an Punkte höherer Nach-
ÖPNV-Angebots, die hier den Landkreisen         frage, wie z. B. Endhaltestellen des ÖPNV/
obliegt, ist vielfach schwierig. Häufig lässt   SPNV, zurückkehren.
sich die Nachfrage nur auf bestimmten
Hauptachsen bündeln, während sich in              Noch steht die Entwicklung hier am
den „Achsenzwischenräumen“ für die Zu-          Anfang. Für ein Gelingen der Mobilitäts-        Reinhard Sager ist seit 2001 erster
und Abbringerverkehre nur flexible Be-          wende sind autonome Fahrzeugkonzepte           direkt von den Bürgern gewählter
dienformen anbieten. Allerdings besteht         jedoch schon jetzt und gerade in den         Landrat des Kreises Ostholstein sowie
schon heute ein Mangel an Fahrpersonal          unterversorgten ländlichen und periphe-        seit 2014 Präsident des Deutschen
und Unternehmen. Zudem erschweren               ren Bereichen zu erproben, wo ihr verkehr-     Landkreistages (DLT). Zudem ist
die Personalkosten die Vorhaltung eines         licher Nutzen am größten ist. Insgesamt       er Vorsitzender des Schleswig-Hol-
verdichteten Angebots. Daher verbin-            wird eine Mobilitätswende nur gelingen,       steinischen Landkreistages und war
den sich gerade mit autonomen Fahr-             wenn sie auch die Mobilitätsbedürfnisse       u. a. von 1992 bis 2001 Mitglied des
zeugen, Anrufsammeltaxen und Shuttles           der Menschen auf dem Land mitberück-         Schleswig-Holsteinischen Landtages.
große Erwartungen für eine verbesserte          sichtigt.

10     E-Mobility-Magazin 2019
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Umweltfreundlich und leise
Wasserstoffzug auf der Heidekrautbahn
 Kathrin Schneider, MdL, Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg

Eine klare Verkehrsstruktur mit viel Übersicht und Platz für alle Verkehrsteilnehmer sowie ein attraktives Straßenbild – all dies sollte im
Optimalfall zusammenkommen, damit Verkehr sicher und nachhaltig funktionieren kann.                                     Foto: Bernd Sterzl, pixelio.de

W     as nach Zukunftsmusik klingt, ist
      im Februar 2019 in greifbare Nähe
gerückt. Die Niederbarnimer Eisenbahn
                                                   in sechs Bundesländern vorgestellt hat.
                                                   Der Zug wird mit einer Brennstoff-
                                                   zelle betrieben, die elektrische Ener-
                                                                                                       sante Alternative auf bisher nicht elektrifizier-
                                                                                                       ten Strecken wie der Heidekrautbahn sein.
                                                                                                       Es stellt sich die Frage, ob die Wasserstoff-/
und der Zughersteller Alstom haben den             gie für den Antrieb aus komprimier-                 Brennstoffzellen-Antriebstechnologie auf
weltweit ersten Wasserstoff-Personenzug            tem Wasserstoff erzeugt. Zudem wird                 der „Heidekrautbahn“ die wirtschaftlichere
„Coradia iLint“ bei einer Sonderfahrt im           Brems­e nergie zurückgewonnen und in                Lösung ist. Die Alternative wäre die volle
brandenburgischen Basdorf bei Berlin               zusätzlichen Batterieeinheiten zwischen-            Elektrifizierung der ca. 60 km langen Strecke.
vorgestellt. Der wasserstoffbetriebene             gespeichert. Der komplett emissionsfreie            Um den Nutzen für den Klimaschutz voll
Brennstoffzellen-Zug „Coradia iLint“ fuhr          Zug ist geräuscharm und gibt lediglich              auszuschöpfen, planen der Landkreis Barnim
mit Vertreter/-innen aus Politik, Wirtschaft,      Wasserdampf und Kondenswasser ab.                   und die NEB, die Züge mit direkt vor Ort er-
Forschung und Verkehrsunternehmen                  Die Niederbarnimer Eisenbahn will Fahr-             zeugtem grünem Wasserstoff zu betreiben:
auf einem Teilstück der Heidekrautbahn             zeuge dieses Typs ab 2022 auf der RB27              mit Windkraft aus der Region. Koordiniert
(Regionalbahn 27) nach Berlin-Gesund-              einsetzen. Derzeit laufen die Abstimmungen          wird dieses Pilotprojekt Barnim von der
brunnen. Die Präsentation war die letzte           mit dem Bund, den Ländern und dem Ver-              Barnimer Energiegesellschaft mbH (BEG).
Etappe einer deutschlandweiten Road­               kehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB).              Dabei soll eine regionale Wasserstoffinfra-
show, mit der Alstom den Wasserstoff-Zug            Brennstoffzellen-Züge können eine interes-         struktur errichtet werden, die auf der Basis

12      E-Mobility-Magazin 2019
von regenerativ erzeugtem Wasserstoff für      gung gefördert. Im Ergebnis wurde das         für den Betrieb der Züge gewonnen und
Brennstoffzellenantriebe im regulären Be-      Land Brandenburg mehrfach mit dem             beim Fahren entsteht als Abfallprodukt nur
trieb in mehreren Verkehrsbereichen zum        Leitstern für Erneuerbare Energien aus-       Wasser – sind viele neue Fragen erwachsen.
Einsatz kommt.                                 gezeichnet. Das Land zielt auf eine hohe      Einige davon wird die Praxis beantworten.
  Die Erfahrungen aus der „grünen“ Wasser-     Wirtschaftlichkeit und Praxistauglichkeit     Unser Ziel ist es, dass der Wasserstoffzug
stoffproduktion und -speicherung, dem          der Betriebsauslegung. Der produzierte        auf dem Weg in die Schorfheide ab 2022
Aufbau, Betrieb einer Wasserstoff-Tank-        Wasserstoff soll zu einem Preis angebo-       freie Fahrt hat.
infrastruktur und dem Einsatz der Brenn-       ten werden, der bereits heute mit Diesel-
stoffzellenantriebe könnten sowohl in der      kraftstoff als alternativem Energieträger
Region als auch überregional wichtige Vor-     im Personennah- und Wirtschaftsverkehr                      Zur Person
leistungen für Folgeprojekte liefern. Mit      konkurrieren kann. Allerdings gibt es heute         Kathrin Schneider

                                                                                                                                      Foto: MIL/fotocharlotte
dem Projekt wird ein Beitrag zu Umsetzung      noch Mehrkosten gegenüber dem konven-
der Ziele des Klimaschutzplans 2050 der        tionellen Betrieb, auch bei der Beschaffung
Bundesregierung geleistet.                     von Brennstoffzellenfahrzeugen. Um diese
  Bereits im Jahr 2008 hat der Landkreis       große finanzielle Herausforderung für die
Barnim seine Null-Emissions-Strategie ver-     Fahrzeugflottenbetreiber zu stemmen,
abschiedet. Wesentliche Elemente sind u.       werden Förderinstrumente des Bundes
a. der Einsatz Erneuerbarer Energien und       eingeworben.
CO2-freie Mobilität auf kommunaler und           Es ist beabsichtigt, das Vorhaben wissen-
regionaler Ebene. Aufgrund des Windkraft-      schaftlich vom Deutschen Zentrum für Luft-
angebots in der Region hat die Wasserstoff-/   und Raumfahrt e. V. (DLR), dem Institut für
Brennstoffzellentechnologie dabei eine         Fahrzeugkonzepte sowie von der Branden-
Schlüsselrolle.                                burgischen Technischen Universität Cott-
  Die brandenburgische Landesregierung         bus-Senftenberg (BTU) begleiten zu lassen.
hat den Ausbau der Erneuerbaren Energien         Aus den drei Projektbestandteilen – Strom
                                                                                                     Kathrin Schneider, MdL,
früh vorangetrieben. So wurden bereits ab      wird aus lokaler Windkraft gewonnen und in
                                                                                                  Ministerin für Infrastruktur und
1990 beim Wirtschaftsministerium alle          Form von Wasserstoff gespeichert aus dem
                                                                                                   Landesplanung Brandenburg
Arten der regenerativen Energieerzeu-          Wasserstoff wird direkt in den Zügen Strom

                                                                                                                                     13
Grußwort von Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
 Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, MdL, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden Württemberg

D    ie Elektromobilität revolutioniert gerade
     die Automobilbranche. Dieser Wandel
hat große Auswirkungen auf die gesamte
                                                 Forschung.
                                                   Für die Mobilität der Zukunft werden auch
                                                 elektrische Speichertechnologien immer
                                                                                                   liche Intelligenz und neue Mobilitätsmodelle
                                                                                                   sind die großen Game-Changer in der Zu-
                                                                                                   kunft. Damit wir als Gewinner aus diesem
automobile Wertschöpfung. Er ist für uns         wichtiger. Die Landesregierung hat in den         Transformationsprozess hervorgehen,
Chance und Herausforderung zugleich,             vergangenen Jahren bereits erhebliche             müssen wir es schaffen, unsere System-
denn es gibt weltweit kein vergleichbares        Mittel in die Batterieforschung investiert.       kompetenz auch in den neuen Technologien
Automobilcluster, in dem alle wichtigen Ak-      Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit        zu erhalten. Ich bin überzeugt: Wir sind
teure und Kernkompetenzen auf so engem           und Wohnungsbau gemeinsam mit dem                 hervorragend gerüstet, dürfen uns aber
Raum versammelt sind wie in Baden-Würt-          Bund geförderte Projekt „DigiBattPro4.0“,         nicht auf dem heutigen Erfolg ausruhen,
temberg. Wenn wir über die Transformation        das die Führungsrolle Baden-Württembergs          sondern müssen weiterhin hart und un-
der Mobilität reden, dürfen wir deshalb          bei Industrie 4.0 zum Ziel hat, setzt hier        ermüdlich arbeiten. Baden-Württemberg
nicht nur auf die Fahrzeughersteller und Zu-     aktuell neue Maßstäbe.                            ist dafür bekannt, mit die besten Fahrzeuge
lieferer schauen, sondern müssen auch den          Allen voran der Standort Ulm konnte sich        weltweit zu bauen und das soll auch so
Maschinen- und Anlagenbau mitnehmen.             mit dem Zentrum für Sonnenenergie und             bleiben:
  Um alle Akteure bei der Transformation         Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg             Mobilität der Zukunft „Made in Ba-
hin zur E-Mobilität zu unterstützen, hat die     (ZSW), dem Helmholtz-Institut für elektro-        den-Württemberg”!
baden-württembergische Landesregierung           chemische Energiespeicher in Ulm (HIU)
den Strategiedialog Automobilwirtschaft          und der Universität Ulm eine international
(SDA) ins Leben gerufen. Im Zuge des Strate-     herausragende Rolle in der Batteriefor-
giedialogs arbeitet die Politik Hand in Hand     schung erarbeiten. Der Forschungscluster
mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft,     für elektrochemische Batteriespeicher Ulm              Dr. Nicole Hoffmeis-
Verbänden und der Zivilgesellschaft. Wir         und Karlsruhe, CELEST, hat bereits jetzt                    ter-Kraut
entwickeln Maßnahmen und Konzepte,               international den zweitgrößten wissen-

                                                                                                                                             Foto: Martin Stollberg, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau BaWü
mit denen der Transformationsprozess der         schaftlichen Output auf dem Gebiet der
baden-württembergischen Automobilwirt-           Batterieforschung.
schaft erfolgreich gestaltet werden kann.          Auf dem Gebiet der Batterieproduktions-
  Im Zuge dessen konnten wir bereits wich-       technologie ist außerdem die Expertise
tige Maßnahmen starten. Dazu zählen die          des Fraunhofer-Instituts für Produktions-
Erstellung eines Technologiekalenders zur        technik und Automatisierung in Stuttgart
Orientierung für die kleinen und mittle-         (IPA) besonders hervorzuheben. Es bringt
ren Unternehmen und der Aufbau eines             seine herausragenden Kompetenzen in der
Transformations-Hubs als Plattform und           Automatisierung und Digitalisierung von
Schaufenster der Maschinen- und Anla-            Produktionsprozessen ein, die gepaart mit
genbauer sowie der Fabrikausrüster der           Künstlicher Intelligenz wichtige Schlüssel-
Automobilwirtschaft. Unsere Zukunftswerk-        technologien für eine erfolgreiche Serien-
statt 4.0 bietet außerdem Unterstützung für      fertigung von Batteriezellen sein werden.
das Kraftfahrzeuggewerbe. Auch über den          In Baden-Württemberg wird also nicht nur                Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut,
Strategiedialog hinaus unterstützt mein          intensiv am Produkt Batterie und Batterie-             MdL, Ministerin für Wirtschaft,
Haus die Automobilwirtschaft zum Beispiel        zelle geforscht, auch dessen optimierte                Arbeit und Wohnungsbau Baden
bei der Aus- und Weiterbildung oder mit          Herstellung steht seit Jahren im Fokus.                         Württemberg
hohen Investitionen in die wirtschaftsnahe         Alternative Antriebe, Digitalisierung, Künst-

14      E-Mobility-Magazin 2019
Vorankommen in NRW
Nutzer stehen bei Mobilität der Zukunft im Mittelpunkt
 Dr. Dirk Günnewig, Leiter der Abteilung für Grundsatzangelegenheiten der Mobilität, Digitalisierung und
   Vernetzung im Verkehrsministerium NRW

Technische Innovationen treiben den Wandel der Mobilitätssysteme voran. NRW soll dabei zur Modellregion Mobilität 4.0 werden.
                                                                                                         Foto: vegefox.com, stock.adobe.com

U    nser Mobilitätssystem ist im Wandel. Die
     Digitalisierung und weitere technische
Innovationen sind dabei Treiber. Es gibt nicht
                                                 kleinerer Fahrzeuge wie E-Scootern die
                                                 sogenannte „erste und letzte Meile“ ist.
                                                  Bund, Land, Kommunen und die Mobili-
                                                                                                nungs-, Genehmigungs- und Bauhochlauf,
                                                                                                um die Infrastruktur in Ordnung zu bringen.
                                                                                                Zweitens hat das Verkehrsministerium
das „eine große Ding“, das an die Stelle der     tätsanbieter sind gefordert, die Zukunfts-     2018 die neue Abteilung „Grundsatzange-
bisherigen Angebote tritt und das Mobili-        chancen der Mobilität vor Ort zu ergreifen.    legenheiten der Mobilität, Digitalisierung
tätssystem neu ordnet. Vielmehr drängen          Dafür müssen diverse Akteure über die          und Vernetzung“ mit 35 neuen Stellen
zahlreiche Anbieter mit neuen Angeboten          Grenzen ihrer eigenen Zuständigkeit hin-       eingerichtet. Diese arbeitet daran mit,
auf den Mobilitätsmarkt. Die Komplexität         ausblicken und zusammenarbeiten, denn          dass NRW zur Modellregion Mobilität 4.0
des Mobilitätsystems steigt und mehr Alter-      Mobilität ist eine Mannschaftsleistung.        wird und hier zukunftsweisende Techno-
nativen konkurrieren um den begrenzten           Sie findet vor Ort statt und muss regional     logien erforscht, getestet und am besten
Raum. Es muss gelingen, in integrierten          gedacht werden. Das Land unterstützt die       auch produziert werden. Sie bringt sich
Wegeketten verschiedene Verkehrsmittel           Kommunen und die weiteren Mobilitäts-          moderierend, fördernd und fordernd in
entsprechend ihrer jeweiligen Stärken zu         akteure dabei nach Kräften.                    die heterogene Akteurslandschaft ein.
vernetzen. Beispielsweise besitzen Schnell-       Auf die Transformation des Mobilitäts-         Grundsätzlich bestehen drei zentrale
busse auf schnellen Achsen eine wichtige         systems hat sich die Landesregierung ein-      Handlungsfelder für digitalisierte und
Bündelungsfunktion, während die Stärke           gestellt. Erstens organisiert sie einen Pla-   vernetzte Mobilität:

                                                                                                                                        15
Erstens gilt es, die Verkehrsträger nutzer­   Bezahlung. Ein Beispiel: Bisher waren meh-      matisierte Busse unterwegs sein werden.
orientiert zu vernetzen, um leistungsstar-    rere Apps nötig, um alle Nachverkehrstarife      Bei der Mobilität der Zukunft geht es
ke Mobilitätsketten zu schaffen.              in Nordrhein-Westfalen buchen zu können.        also darum, den Menschen ein besseres
 Dabei sind Mobilstationen wichtig, die       Noch in diesem Jahr wird eine Ticket-App        Mobilitätsangebot zu machen. Damit sie
mindestens zwei Verkehrsmittel vernet-        veröffentlicht, die alle Nahverkehrstarife      überhaupt die Chance haben, umzusteigen
zen – zum Beispiel ÖPNV und Bikesharing.      und den NRW-Tarif aus einer Hand anbie-         und neue – auch klimaverträglichere –
Sie sind ein Anreiz, nicht mehr mit dem       tet. Die App ist nur ein Beispiel für über 30   Mobilitätsformen zu nutzen.
eigenen Pkw in die Innenstadt zu fahren.      Maßnahmen, die das Verkehrsministerium,
Das trägt zur Reduzierung der Parksuchver-    die Verkehrsunternehmen und -verbünde
kehre bei, was die Stadtzentren verkehrlich   mit der ÖPNV-Digitalisierungsoffensive                        Zur Person
entlastet. Das wiederum sorgt für weniger     verabredet haben.
                                                                                                    Dr. Dirk Günnewig
Lärm, weniger CO2 und Schadstoffe. Und
damit für mehr Lebensqualität. Bessere        Drittens werden Innovationen aktiv unter-
Vernetzung leistet also einen wichtigen       stützt, damit die Mobilität besser wird
Beitrag zur Mobilitätswende.                  und zugleich das wirtschaftspolitische

                                                                                                                                         Foto: Verkehrsministerium NRW
 Hier setzt ein neues Förderprogramm         Potential genutzt wird.
des Landes an, das die Kommunen bei            Unter anderem fördert das Land die Erpro-
der Einführung neuer Mobilitätsangebote       bung des vernetzten und automatisierten
unterstützt: Mit dem Geld können kom-         Fahrens. In der Landeshauptstadt wurde
munale Mobilitätskonzepte erstellt oder       es in dem Projekt KoMoD erprobt. Fahr-
Maßnahmen zur besseren Vernetzung von         zeuge haben im realen Straßenverkehr
Verkehrsmitteln ergriffen werden. Darüber     mit Ampeln und Verkehrszeichen kommu-                 Dr. Dirk Günnewig leitet die im
hinaus unterstützt das Land mit dem Zu-       niziert. Solche innovativen Technologien             Ministerium für Verkehr Nord-
kunftsnetz Mobilität die Kommunen dabei,      werden Mobilität entscheidend verändern:            rhein-Westfalen neu eingerichtete
neue Mobilitätsideen in der Verwaltung        Der Verkehr wird sicherer und effizienter.         Abteilung für Grundsatzangelegen-
zu verankern.                                 NRW hat dafür optimale Bedingungen:                heiten der Mobilität, Digitalisierung
                                              Simulatoren an der RWTH Aachen, eine                 und Vernetzung. Die Abteilung
Zweitens treibt das Land die Digitalisie-     Teststrecke abseits des Realverkehrs mit             arbeitet daran, die Chancen der
rung des ÖPNV voran, damit er das Rück-       dem Aldenhoven Testing Center und Tests            Digitalisierung und Vernetzung zu
grat leistungsstarker Wegeketten wird.        im Realverkehr mit Shuttles am Flughafen            nutzen, um die Mobilität in Nord-
 Wichtige Bausteine sind dafür Echtzeit-      Weeze und in Monheim am Rhein, wo im                 rhein-Westfalen zu verbessern.
informationen, einfache Buchbarkeit und       öffentlichen Nahverkehr bald hochauto-

16     E-Mobility-Magazin 2019
Infrastrukturbedarf Elektromobilität
Stiftung untersucht den Stromverbrauch flächendeckender E-Autos
 Dr. Werner Zittel, Vorstand der Ludwig-Bölkow-Stiftung

D    ie Ludwig Bölkow Stiftung
     hat mit finanzieller Förderung
durch die ADAC Stiftung die Studie
„Infrastrukturbedarf E-Mobilität –
Analyse eines koordinierten Infra-
strukturaufbaus zur Versorgung von
Batterie- und Brennstoffzellen-Pkw
in Deutschland“ erstellt. Hierin wer-
den die Kosten für den Aufbau der
Lade- und Betankungsinfrastruktur
zur Vollversorgung emissionsfreier
Pkw-Antriebe sowie deren Integra-
tion in das deutsche Energiesystem
betrachtet. Mit der Analyse wurden
die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik
GmbH (Energiemodell sowie Was- Was kostet die Ladesäuleninfrastruktur?                                    Foto: RS-Studios, stock.adobe.com
serstoffvektor) und das Fraunhofer
Institut OSB AST in Ilmenau (Stromverteil-   bung von zwei Mrd. Euro (Fokus FCEV) und      auch die Analyse des gesamten Strom- und
netze) beauftragt. Diese umfasst die gesamte neun Mrd. Euro (Fokus BEV) verbunden.         Wasserstoffverbrauchs im Energiemodell
Kette von der Strom- und Wasserstofferzeu-   Diese Kosten werden von den privaten          Deutschland untersucht. Hier wurden auch
gung über die stationäre Speicherung, den    Ladepunkten dominiert, die mit durch-         konkurrierende stationäre und mobile
Energietransport und die Endverteilung bis   schnittlich jeweils 1.650 Euro für Planung,   Verbräuche von Strom- und Wasserstoff
zu Ladesäule und Wasserstoffzapfstelle. Ins- Netzanbindung und Installation angenom-       berücksichtigt. Optimierungskriterien der
besondere das Stromverteilnetz wurde auf     men wurden. Die Anzahl der benötigten         Analyse waren die Gesamtkosten unter der
Basis exemplarischer Verteilnetzstrukturen   Wasserstofftankstellen reicht von 2.000       Randbedingung, ab 2050 keine Treibhaus-
detailliert analysiert.                      (Fokus BEV) bis 6.000 (Fokus FCEV) Tank-      gasemissionen zu emittieren.
  Als Zielszenario wurde die Marktdurch-     stellen bei durchschnittlich 1,4 bis zwei       Wesentliche Erkenntnis aus den Analysen
dringung von 40 Mio. emissionsfreien Pkws    t täglicher Wasserstoffabgabe. Damit ist      ist, dass in der Anfangsphase bei geringer
bis zum Jahr 2050 untersucht. Hierzu wur-    eine flächendeckende Wasserstoffversor-       Marktdurchdringung die Ladeinfrastruktur
den drei Szenarien analysiert: Szenario      gung in jedem Szenario gewährleistet. Die     für Batteriefahrzeuge günstiger ist. Bei
„Fokus BEV“ mit 80 Prozent Batterie- und     jährlichen Kosten für die Wasserstoffbetan-   größerer Marktdurchdringung verschiebt
20 Prozent Brennstoffzellenfahrzeugen,       kungsinfrastruktur inklusive Anlieferung,     sich das Kostenminimum jedoch zugunsten
Szenario „Fokus FCEV“ mit 20 Prozent         aber ohne Erzeugung des Wasserstoffs,         von mit Wasserstoff betankten Fahrzeugen.
Batterie- und 80 Prozent Brennstoffzel-      bewegen sich zwischen einer Mrd. Euro         Für eine Gesamtstrategie halten wir es
lenfahrzeugen, sowie Szenario „Mix“ mit      (Fokus BEV) und 3,7 Mrd. Euro (Fokus FCEV).   daher für wesentlich, von Anfang an beide
jeweils 50-Prozent-Anteil der beiden An-      Wichtige Untersuchungsparameter waren        Infrastrukturen zu berücksichtigen. Das
triebssysteme. Neben dem Zieljahr 2050       im Stromverteilnetz Belastungen von Trans-    wird noch gewichtet, da der Wasserstoffan-
wurden auch die Stützjahre 2030 und 2050     formatoren und Leitungen, Spannungs-          trieb für größere Fahrzeuge, insbesondere
untersucht.                                  stabilität und Phasenschieflage. Für jedes    Lastkraftwagen im Fernverkehr, deutliche
  Auf Basis von Zahlen der Nationalen Platt- exemplarische Niederspannungsnetz wur-        Vorteile bietet und allein hierfür bereits
form Elektromobilität werden im Jahr 2050    den bis zu 5.000 Varianten für verschiedene   eine Infrastruktur benötigt wird, die auch
zwischen 9,6 Mio. (Fokus FCEV) und 38,4      Lastsituationen gerechnet. Im Mittelspan-     zur Kostenreduktion für Pkws beiträgt.
Mio. (Fokus BEV) Ladepunkte benötigt.        nungsnetz wurde zusätzlich auf die Einhal-    Umgekehrt hat der batterieelektrische
Damit sind jährliche Kosten für Wartung,     tung des N-1-Kriteriums geachtet. Für die     Antrieb umso größere Vorteile, je kleiner
Instandhaltung und Investitionsabschrei-     Kosten- und Stabilitätsbetrachtung wurde      und leichter das Fahrzeug ist.

                                                                                                                                       17
Batterieforschung in Deutschland
Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für die Zukunft
 Dominic Bresser, Helmholtz-Institut Ulm (HIU), und Stefano Passerini, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Nichts geht ohne Batterien. Deshalb muss Deutschland die hiesige Forschung konsequent weiter fördern.          Foto: fotomek, stock.adobe.com

U    nter den vielfältigen Ansätzen, um
     einen substanziellen Klimawandel
zu vermeiden, bietet vor allem auch eine
                                               zwischen Batteriezellen und Batterien ist
                                               wichtig, da diese beiden Begriffe häufig
                                               äquivalent verwendet werden. Eine Bat-
                                                                                              teriefertigung bereits kommerziell etabliert
                                                                                              und große wie auch kleinere Unternehmen
                                                                                              spielen hierbei weltweit eine wichtige Rolle
Elektrifizierung des Transportsektors die      teriezelle (bspw. eine zylindrische Zelle,     – insbesondere im Automobil- und Mobili-
Möglichkeit, einen essenziellen Beitrag zu     wie sie auch im Supermarkt erhältlich ist)     tätsbereich. Die Fertigung der Batteriezellen
leisten; vor allem, wenn sichergestellt ist,   stellt quasi den kleinsten Bestandteil einer   erfolgt jedoch im Wesentlichen in Asien.
dass die benötigte Elektrizität aus erneu-     Batterie dar, in welcher viele dieser Zellen   Dieser Umstand, in Verbindung mit einer
erbaren Quellen stammt – sowohl für den        parallel und/oder in Serie geschaltet sind,    stetig ansteigenden Nachfrage (eher ex-
Betrieb des Fahrzeuges als auch für die        um die erforderliche Spannung und Kapa-        ponentiell als linear), und Erfahrungen mit
Fertigung der benötigten Batterien und         zität bereitzustellen. Im Hinblick auf den     der hieraus resultierenden Marktmacht der
Batteriezellen. Letztere Unterscheidung        Wirtschaftsstandort Deutschland ist die Bat-   Zellhersteller hat zu der Erkenntnis geführt,

18     E-Mobility-Magazin 2019
dass hier Aufholbedarf besteht. So wird die       (1) Die Entwicklung und Optimierung neu-               tiger Recycling-Konzepte spielt hierbei
Forschung in diesem Bereich seit ca. zehn              er bzw. bestehender Elektrodenmateria-             eine entscheidende Rolle.
Jahren verstärkt gefördert und ausgebaut.              lien (auch Aktivmaterialien genannt), da      (4) Nicht zuletzt arbeiten Forscher, Wis-
Was erst einmal relativ viel klingt, ist jedoch        deren Fähigkeit, eine bestimmte Menge              senschaftler und Ingenieure an neuen
vergleichsweise kurz, wenn man bedenkt,                an Lithium-Ionen in einer bestimmten               Batterietechnologien, die teilweise auf
dass die erste Lithium-Ionen-Batterie, i. e.           Zeit reversibel zu speichern, schlussend-          neuen Funktionsweisen beruhen oder
die weltweit führende Batterietechnologie,             lich über die maximale Energie- und                auch „schlicht“ das enthaltene Lithium
vor ca. 30 Jahren auf den Markt gebracht               Leistungsdichte der Zelle entscheidet.             durch deutlich verfügbarere Elemente
wurde. Der Vorsprung der asiatischen Länder            Dabei zielen die Arbeiten vor allem da­            wie bspw. Natrium, Kalium, Calcium oder
kommt somit nicht von ungefähr. Umso                   rauf ab, den Gehalt an toxischem, teuren           Magnesium ersetzen. Gerade die Nat-
wichtiger ist es nun, die Forschung und                und begrenzt verfügbarem Kobalt in                 rium-Ionen-Technologie steht hierbei im
Entwicklung in diesem Bereich konsequent               der positiven Elektrode zu reduzieren              Fokus, da erste Unternehmen bereits eine
weiter zu unterstützen, denn tatsächlich gibt          oder gar idealerweise ganz darauf zu               kommerzielle Vermarktung entsprechen-
es in Deutschland bereits einige weltweit              verzichten. Gleichzeitig werden auch               der Batteriezellen angekündigt haben.
führende Experten auf diesem Gebiet. Diese             für die negative Elektrode alternative        Tatsächlich ist die Bandbreite an Materialien,
Position gilt es nun weiter zu verfestigen             Materialien gesucht, die verglichen         die aktuell in kommerziellen Batteriezellen
und auszubauen – auch im Hinblick auf die              mit dem Standard-Material Graphit           verwendet werden, bereits recht groß, sodass
nächsten zehn, 20 und mehr Jahre, denn die             eine verbesserte Schnellladefähigkeit       der Begriff „Lithium-Ionen-Batterie“ eher einen
Herausforderungen sind vielfältig. Gehen               und verbesserte Energiedichten er-          Sammelbegriff für die Technologie als solche
wir in der Wertschöpfungskette einmal                  möglichen.                                  darstellt. Dies hat zum einen (patent-)recht-
den „umgekehrten“ Weg. Die Entwicklung            (2) Neben der Entwicklung neuer Materia-        liche Gründe, aber auch technische, da je nach
von großtechnischen Fertigungsanlagen                  lien für die negative Elektrode liegt der   Anwendung die Gewichtung der technischen
und Produktionsprozessen ist sicherlich                Fokus in puncto Sicherheit vor allem auf    Anforderungen mitunter stark variiert. Eine
eine Stärke der deutschen Industrie, was               der Erforschung alternativer Elektrolyt-    weiter gehende Diversifikation – sowohl auf
sich ja auch in der erfolgreichen Batte-               systeme, um die aktuell verwendeten,        Materialebene als auch auf der Technologie-
riefertigung widerspiegelt – auch wenn                 leicht brennbaren und gesundheits-          ebene – bietet daher zum einen wirtschaftliche
jede neue Fertigungsanlage ihre eigenen                gefährdenden flüssigen organischen          Anreize, dient insbesondere aber auch einer
Herausforderungen hat und bereits eine                 Elektrolyte zu ersetzen. Diese Arbeiten     insgesamt besseren Verteilung der Nachfra-
fehlerhafte Zelle zu einer Fehlfunktion der            umfassen sowohl die Entwicklung nicht       ge nach bestimmten Rohstoffen und wirkt
gesamten Batterie führen kann. Perfektion              entzündlicher, flüssiger Elektrolyte so-    sich somit positiv auf die Nachhaltigkeit der
ist hierbei somit eher ein Muss als eine               wie sogenannter Festkörper-Systeme,         Batterietechnologie als Ganzes aus.
Option. Und während es zu einem großen                 basierend auf anorganischen Materia-          Eine kontinuierliche und langfristig aus-
Teil technische Aspekte der Zelle sind, die            lien oder Polymeren.                        gelegte Förderung seitens der Politik mit
über deren Sicherheit und Performance             (3) N eben der avisierten Verwendung            programmatischen Schwerpunkten in Kom-
entscheiden, so sind es am Ende doch die               von lediglich unkritischen Elementen        bination mit einer Förderung in der Breite er-
enthaltenen Materialien und die gewählten              und Materialien konzentrieren sich          scheint daher essenziell, um kurz-, mittel- und
Materialkombinationen, die das Maximum                 die Arbeiten zum Thema Nachhaltig-          auch langfristig eine führende Rolle weltweit
an Energie und Leistung determinieren und              keit vor allem auf die Prozessierung.       einzunehmen bzw. diese zu festigen – sowohl
die Nachhaltigkeit der Technologie sowie               Dies beinhaltet u. a. die Vermeidung        in den relevanten Industriebereichen als
potenziell eine intrinsische Sicherheit ge-            von toxischen Lösungsmitteln oder           auch in der Forschung – nicht zuletzt, da es
währleisten. Analog zu diesen Kriterien                fluor-haltigen Bindermaterialien und        i.d.R. mehrere Jahre dauert (je nach Grad
beschäftigt sich die Forschung in diesem               deren Austausch durch z. B. Wasser und      der Innovation), bis eine neue Technologie
Bereich vor allem mit den folgenden Fra-               natürlich vorkommende Polymere als          oder neue Materialien es von der Forschung
gestellungen:                                          Binder. Auch die Entwicklung nachhal-       in die Praxis schaffen.

                                                                                                                                               19
Verkehrs(un)sicherheit dank E-Scootern?
Die Zeit für kluge Verkehrskonzepte und clevere Investitionsmaßnahmen drängt!
 Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats e. V.

                                                                     abruptes Bremsen birgt Un-        gibt es bereits in den Niederlanden.
                                                                     fallrisiken. Man braucht schon    Kurzfristig könnten Straßen, die von Pkw-
                                                                     etwas Fahrpraxis, um sicher       und Lieferverkehr nicht zwingend benötigt
                                                                     mit dem E-Scooter durch den       werden, für den Radverkehr und auch für
                                                                     Straßenverkehr zu kommen.         E-Scooter umgewidmet werden. Fahrrad-
                                                                     Betrunken oder zu zweit           straßen könnten vermehrt eingerichtet
                                                                     E-Scooter zu fahren oder über     und vom Kfz-Verkehr frei gehalten wer-
                                                                     den Gehweg zu rollern – all das   den. An unfallträchtigen oder besonders
                                                                     ist tabu. Denn für E-Scooter      schmalen Straßen sind Modellversuche zur
                                                                     gelten dieselben Regeln wie       Umkehrung der Regelgeschwindigkeit auf
                                                                     für alle anderen Kfz-Fahren-      30 km/h empfehlenswert. München zeigt,
                                                                     den auch. Wer bspw. betrunken     dass es möglich ist. Auf 85 bis 90 Prozent
                                                                     einen E-Scooter nutzt, dem dro-   aller Straßen ist dort nur Tempo 30 erlaubt.
                                                                     hen Bußgelder in dreistelliger    Fakt ist: Wer mehr Mobilitätsoptionen möch-
                                                                     Höhe, Punkte in Flensburg und     te, muss für sichere Wege sorgen. Viel Zeit
                                                                     der Entzug der Fahrerlaubnis.     bleibt der Politik dafür nicht. Der Verkauf von
                                                                     Um über all diese Aspekte zu      Pedelecs steigt seit Jahren und verdichtet
                                                                     informieren, braucht es eine      den Verkehr auch in ländlichen Regionen.
Im großstädtischen Stadtverkehr überall zu finden: E-Scooter.        umfassende und bundesweite        Damit sich der Kampf um die Fläche nicht
                                  Foto: skyNext, stock.adobe.com    Aufklärung.                       weiter verschärft, sind vom Bund über die
                                                                     Natürlich sind auch die Sha-      Länder bis hin zu den Kommunen Pragma-

S    eit 15. Juni 2019 sind E-Scooter entspre-
     chend der Verordnung des Bundesminis-
teriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
                                                       ring-Anbieter gefragt, ihr Informationsan-
                                                       gebot über die App beim Anmelden auszu-
                                                       bauen. Ergänzend könnten auch Hersteller
                                                                                                       tismus, kluge Verkehrskonzepte, clevere In-
                                                                                                       vestitionsprogramme und vor allem rasches
                                                                                                       Handeln gefordert.
für den Straßenverkehr zugelassen. Das                 den Gebrauchshinweisen Tipps fürs sichere
Interesse an ihnen ist groß. Doch die Un-              Fahren mit den Kraftfahrzeugen (Kfz) bei-
fallrisiken sind es ebenso. Aufklärung über            fügen. Da schon 14-Jährige mit E-Scootern
die Fahrphysik und Investitionen in eine               fahren dürfen, wäre es zudem hilfreich, wenn
sichere Infrastruktur sind deshalb dringend            das Thema Verkehrssicherheit häufiger Ein-
                                                                                                                       Zur Person
notwendig.                                             gang in die Lehrpläne der Schulen fände.                Christian Kellner
Schon in den ersten beiden Wochen nach                 Um allen Nutzern alternativer Mobilitätsfor-
                                                                                                                                                    Foto: DVR

der Zulassung registrierte die Polizei in              men eine sichere Fahrt zu ermöglichen, ist
mehreren großen Städten, darunter Berlin,              es auch notwendig, dass die Infrastruktur an
München und Köln, Verkehrsunfälle. Verur-              ihre Bedürfnisse angepasst wird. Langfristig
sacher waren meist die Nutzer der E-Scooter            müssen bei der Planung die schwächeren
selbst, häufig, weil sie das Kraftfahrzeug             Verkehrsteilnehmer – Fußgänger, Radfahrer,
nicht richtig beherrschten. Die Münchner               Nutzer von E-Scootern – im Vordergrund
Polizei meldete über hundert Trunkenheits-             stehen. Entsprechend müssen Radverkehrs-
fahrten. Diese erste Bilanz zeigt, dass viele          anlagen breiter gebaut werden, notfalls
nicht wissen, wie man mit E-Scootern sicher            auch zulasten des übrigen Kfz-Verkehrs.
fährt. Zudem fehlen Kenntnisse über die                Gerade an Kreuzungen kann es hilfreich
relevanten Straßenverkehrsregeln.                      sein, den Rad- und E-Scooter-Verkehr bau-              Christian Kellner ist Hauptge-
Schnell um die Kurve oder über Schlaglöcher            lich vom Kfz-Verkehr zu trennen und durch              schäftsführer des Deutschen
zu fahren, ist bei Geschwindigkeiten von               eine intelligente Ampelschaltung sicher zu              Verkehrssicherheitsrats e. V.
rund 20 km/h keine leichte Übung. Auch                 steuern. Solche „Protected Intersections“

20      E-Mobility-Magazin 2019
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