Das E-Mobility-Magazin 2019 - Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte - Behörden Spiegel
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Das E-Mobility-Magazin 2019 Der elektromobilen Zukunft gegenwärtig Infrastruktur.Fahrzeuge.Konzepte. ISBN-Nr.: 978-3-934401-48-8
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Foto: Nicole Schnittfincke die Mobilität ist im Wandel, sie wird zunehmend elektrifiziert. Nicht zuletzt, um die Anforderungen des Klimapakets und der Nachhaltigkeitsstrategien von Bund und Ländern zu meistern. Die öffentliche Hand ist doppelt gefragt. Einerseits können ge- rade die öffentlichen Fuhrparks einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen. Andererseits müssen technologische Innovationen durch eine staatliche Anreizpolitik angeschoben werden. Es sind gerade Städte, Gemeinden und Landkreise, die als Testfeld Die öffentlichen Fuhrparks füllen sich mehr und mehr mit elek- für neue Antriebe, vernetzte Entwicklungen und automatisierte trischen und hybriden Fahrzeugen. Zum Beispiel will die nieder- Fahrzeuge dienen. So fährt in Wusterhausen, im Landkreis Ostprig- sächsische Landespolizei 20 Prozent ihrer Fahrzeugflotte umrüsten. nitz-Ruppin, einer der ersten Kleinbusse vollkommen automatisiert. Immer mehr Kommunen gehen diesen Weg. Andere entwickeln Zwar wird es wegen der Geschwindigkeit von derzeit 15 km/h Carsharing-Konzepte. So hat die Stadt Dormagen ein Carsha- noch eine Weile dauern, bis der Kleinbus auch in der Fläche zum ring-Angebot für Elektro-Pkws geschaffen. Die Mitarbeiter können Einsatz kommen kann, doch sollten lokale Akteure noch stärker die Fahrzeuge sowohl als Dienstwagen als auch außerhalb der über Kooperationen mit den Nachbargemeinden nachdenken. Nur Dienstzeiten für private Fahrten nutzen. so lassen sich Vernetzung und Elektromobilität in einheitlichen Nicht nur die Fuhrparks werden modernisiert, auch die öffentli- Systemen in die Fläche tragen. chen Verkehrsmittel werden auf alternative Antriebe umgestellt. Die dritte Ausgabe des Magazins „E-Mobility” Soll bei dieser res- Elektrisch fahrende Busse zählen längst zum Stadtbild von Hamburg. sort- und grenzüberschreitenden Aufgabe helfen und Anregungen Selbst kleinere Verkehrsverbünde schließen sich zusammen, um für diese neue und sich rasant wandelnde Mobilität liefern. Mit über Stadtgrenzen hinweg einen E-Bus betreiben zu können, wie Beiträgen von Institutionen, Kommunen, Stadtwerken, Verbänden das Beispiel von Oberhausen und Bottrop zeigt. Selbst im Schie- und Unternehmen werden praktische Beispiele, aber auch Rah- nenverkehr geht die Entwicklung weiter. So fährt in Brandenburg menbedingungen und künftige Herausforderungen beschrieben. bereits der erste Wasserstoff-Personenzug im Normalbetrieb. Neben den eigentlichen Verkehrsmitteln gilt es aber auch, die dafür notwendige Infrastruktur bereitzustellen. Städte wie War- Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre. stein und Düren bauen die Ladesäuleninfrastruktur aus. Andere, wie etwa München, stellen Fördergelder bereit, um den Bürgern den Umstieg auf die Elektromobilität schmackhafter zu machen. Ebenso bieten Bund und Länder Förderungen an, die zum Teil noch nicht ausgeschöpft sind. Zur E-Mobilität gehören aber auch Kleinstfahrzeuge wie E-Bikes und E-Scooter. Um letztere hat sich eine intensive Debatte entwickelt. Leisten sie nun einen Beitrag zur Verkehrswende oder sind sie ein großes Übel für den städtischen Verkehr? Die Antwort wird in der Mitte liegen. Gefragt sind an dieser Stelle auch die kommunalen Uwe Proll Ordnungsdienste. Chefredakteur und Herausgeber, Behörden Spiegel Editorial 3
Inhalt Projekte der Verwaltung Forschung & Praxis Der Verantwortung für Gesundheit und Vorankommen in NRW 15 Lebensqualität gerecht werden 22 Nutzer stehen bei Mobilität der Zukunft im Mittelpunkt Stadt München investiert 60 Millionen Euro in Förderung der Elektromobilität Batterieforschung in Deutschland 18 Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen Kommunales Carsharing für den Klimaschutz 30 für die Zukunft Dormagen baut kommunalen Fuhrpark auf Elektrobasis „Es ist kein Opa-Auto“ 31 E-Fahrzeuge auf Herz und Nieren geprüft Die Hauptstadt steigt um 32 Bis 2030 soll Berlins ÖPNV emissionsfrei sein Es ist noch Geld da 38 E-Bus-Fördertöpfe für 2019 noch nicht ausgeschöpft Kooperation statt Fusion 34 Die Elektrifizierung der Buslinie 979: Ein Beispiel Im Nordwesten Brandenburgs wird die Mobilität für eine gelungene Kooperation zweier Verkehrs der Zukunft erpobt 44 unternehmen Elektromobiler und autonomer ÖPNV als Testobjekt 4 E-Mobility-Magazin 2019
Infrastruktur für die Zukunft Weitere Innovationen der Mobilität Infrastrukturbedarf Elektromobilität 17 Umweltfreundlich und leise 12 Stiftung untersucht den Stromverbrauch Wasserstoffzug auf der Heidekrautbahn flächendeckender E-Autos Verkehrs(un)sicherheit dank E-Scootern? 20 In Sachen Ladeinfrastruktur bundesweit Die Zeit für kluge Verkehrskonzepte und clevere eine Vorbildfunktion 26 Investitionsmaßnahmen drängt! Stadt Warstein hat mit 27 Ladepunkten wohl die höchte Dichte an Ladepunkten Wirren um E-Mobilität 36 Ein Lagebild zur Kontrolle des E-Scooter-Verkehrs in Auf dem Weg zur Elektrifizierung der Busflotte 28 deutschen Großstädten Hamburger Hochbahn stellt sich für eine neue Zeit auf E-Scooter als Stein des Anstoßes 40 E-Mobilität als Public Private Partnership 24 Debatte über Neuaufteilung des Verkehrsraums Düren fördert Ladesäulen im gewerblichen ist notwendig und halb öffentlichen Bereich 5
Grußwort von Andreas Scheuer Andreas Scheuer MdB, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Schnellladepunkte und 13.000 Normalladepunkte befinden sich derzeit im Aufbau. Auch beim Wasserstoff hat sich in den vergan- genen zwei Jahren viel getan: Im Frühjahr 2020 wird planmäßig Foto: www.andreas-scheuer.de/presse die 100. Wasserstoff-Tankstelle eröffnet. Wir haben Forschung und Entwicklung gefördert und mit dem Umweltbonus den Umstieg auf elektrische Fahrzeuge unterstützt. Wir haben E-Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit, Nachteile bei der Besteuerung von Dienstwagen ausgeglichen und Kommunen ermöglicht, eigene Fahrspuren oder Parkplätze für E-Fahrzeuge einzurichten. Wir fördern den Kauf von Elektrofahrzeugen und betriebsnotwendiger Ladeinfrastruktur im kommunalen Kontext. Dafür steht die Bundesförderung „Elektro- mobilität vor Ort“, die alternative Antriebe in die Regionen zu E lektrischer Strom ist einer der wichtigsten Treibstoffe der Zu- kunft – ob in Batterien gespeichert oder aus Wasserstoff in einer Brennstoffzelle erzeugt. Mit der E-Mobilität können wir drei wichtige den Menschen bringt. Und wir bringen mit dem Sofortprogramm Saubere Luft E-Busse in den Öffentlichen Personennahverkehr. Wir waren dabei immer technologieoffen und haben sowohl Ziele im Verkehr erreichen: Wir reduzieren die CO2-Emissionen und Batterie als auch Wasserstoff/Brennstoffzelle unterstützt. Das bleibt erfüllen somit die Anforderungen unseres ambitionierten Klima- auch in Zukunft so. Denn klar ist: Batterie und Brennstoffzelle schutzplans. Wir verringern den Ausstoß von Stickstoffdioxid (NOx) haben beide ihren Platz in unterschiedlichen Einsatzszenarien. Es und Feinstaub. Und wir senken den Verkehrslärm. werden beide gebraucht, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen. Die Frage lautet jetzt nicht mehr: „Kommt die Elektromobilität?“. Die Batterie sollten wir vorrangig im innerstädtischen Verkehr Sondern: „Wie schnell kommt sie?“. Wie schnell stellen wir um auf und auf kürzeren Pendlerstrecken einsetzen. Für Langstrecken elektrische Müllautos, Wagen mit Sattelschlepper und Taxis? Wie und den Dauerbetrieb, für Busse und Lkws eignen sich dagegen schnell fahren alle Paketboten in der Stadt einen E-Antrieb? Wie Brennstoffzellenfahrzeuge besser. schnell schaffen wir es, dass Familien ihre Kinder im E-Kombi zur Wir stehen heute ganz knapp vor dem Durchbruch alternativer Kita bringen? Und wie schnell passiert das flächendeckend? Antriebe auf dem Massenmarkt. Um den Umstieg auf alternative Die Bundesregierung hat sich dafür ein Ziel gesteckt: so schnell Antriebe weiter zu beschleunigen und den Klimaschutz im Verkehr wie möglich! voranzubringen, haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen Das ist jedoch eine Gemeinschaftsaufgabe: Bund und Länder, in das Klimaschutzprogramm 2030 aufgenommen. Tank- und Kommunen und Unternehmen, Verbände und Wissenschaft – alle Ladeinfrastruktur für Pkws und Nutzfahrzeuge ist hierbei ein ganz müssen mitmachen. zentraler Baustein. Insgesamt investieren wir hier zusätzlich 3,4 Das wird nur mit entsprechenden Angeboten gelingen: Wir Milliarden Euro. brauchen Fahrzeuge, in denen man gut, gern und günstig fährt. Unter der Federführung meines Hauses hat die Bundesregierung Und wir brauchen Lade- und Tankmöglichkeiten, die einfach und gemeinsam mit Vertretern der Nationalen Plattform Zukunft der schnell zu nutzen sind. Sprich: Elektromobilität muss überzeugen. Mobilität, kurz NPM, den Masterplan Ladeinfrastruktur für batterie- Dann wächst auch die Nachfrage. elektrische Fahrzeuge erarbeitet. Bis 2030 wollen wir eine Million Bisher ist Elektromobilität aber nur selten erfahr- und erlebbar. Ladepunkte errichten. Bereits 2021 wird es 50.000 öffentliche Es gibt immer noch zu wenige elektrisch betriebene Fahrzeug- Ladepunkte geben. Noch 2019 wird mein Haus eine Nationale Leit- flotten – egal, ob es sich dabei um Taxis, Polizeiautos, Busse, Lkws stelle Ladeinfrastruktur einrichten. Sie wird den Bedarf berechnen, oder Müllfahrzeuge handelt. Und es gibt zu wenige Autos, die planen und ein deutschlandweites Schnellladenetz koordinieren. alltagstauglich sind, Spaß machen und vor allem bezahlbar sind, Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die erforderliche flächende- damit jeder sie sich leisten kann. Kurz gesagt: Wir brauchen den ckende Ladeinfrastruktur verlässlich aufgebaut und betrieben wird. Elektro-Käfer-Effekt. Auch in unseren Bemühungen für eine flächendeckende Wasser- Die Bundesregierung unterstützt die Elektromobilität bereits stoff-Infrastruktur lassen wir nicht nach: Mit dem Joint Venture seit vielen Jahren. Dazu gehört zum Beispiel das Errichten von H2Mobility haben wir vereinbart, den Ausbau der Wasserstoff-Infra- Ladesäulen. Rund 17.000 Ladepunkte sind bereits im Einsatz. 3.000 struktur bis 2021 mit zusätzlichen zehn bis 15 Stationen pro Jahr 6 E-Mobility-Magazin 2019
weiter vorantreiben. Dazu gehören auch größere Tankstellen, die richtigen Weg für einen Markhochlauf von Wasserstofffahrzeugen neben Pkws auch für leichte Nutzfahrzeuge geeignet sind. werden wir in einer „Nationalen Strategie Wasserstoff“ aufzeigen, Damit wir unsere Klimaziele auch wirklich erreichen, brauchen wir die wir als Bundesregierung noch in diesem Jahr vorlegen werden. gleichzeitig einen Markthochlauf bei den Fahrzeugen. Das heißt: Ich bin überzeugt: Die Zukunft gehört den alternativen Antrieben. sieben bis zehn Millionen Elektro-Autos auf unseren Straßen bis Deutschland kann hier Vorreiter sein und hat jetzt die einmalige 2030. Wir fördern deshalb den Kauf von Fahrzeugen mit alterna- Gelegenheit, Produkte und Konzepte für saubere Luft und nied- tiven Antrieben und haben in der Konzertierten Aktion Mobilität rige Emissionen zu einem weltweiten Exportschlager zu machen. beschlossen, diese Kaufprämien zu erhöhen. Zudem unterstützen wir beim Kauf von Bussen mit alternativen Antrieben (u. a. Brenn- stoffzellenbusse) und stellen dafür zusätzliche Mittel in Höhe von 620,5 Millionen Euro zur Verfügung. Wir schaffen eine Kaufprämie für Nutzfahrzeuge, darunter Brennstoffzellen-Lkws, mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 958,6 Millionen Euro. Die steuerliche Förderung von Dienstfahrzeugen mit E-Antrieb haben wir bis 2030 verlängert. Ihr Und für die Anschaffung neuer, rein elektrisch betriebener Liefer- Andreas Scheuer MdB fahrzeuge haben wir eine Sonderabschreibung eingeführt. Den Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
Grußwort von Prof. Dr. Andreas Pinkwart P rof. Dr. Andreas Pinkwart, MdL, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nord- rhein-Westfalen weitere Forschungskapazitäten in Duisburg und Bochum. Der Erfolg im Bewerbungsverfahren ist für unser Land gleicher- Foto: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg maßen Anerkennung und Verpflichtung. Unter den Akteuren wie innerhalb der Landesregierung – besonders möchte ich hier meine Kollegin Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen nennen – herrschte sofort Einigkeit, die in Nordrhein-Westfalen vorhandenen Exzellenzen in einer einheitlichen, überzeugenden Bewerbung zu bündeln. Der Erfolg gibt uns Recht und macht uns stolz. Dieser Stolz verführt uns aber nicht dazu, uns nur auf unser Bundes- land zu beschränken: Alle, die sich mit diesen Fragen in Deutschland und darüber hinaus beschäftigen, sind eingeladen, mit uns zusam- menzuarbeiten – genauso, wie es Kollegin Karliczek von Anfang an gefordert hat. Nur mit der Bündelung von Kompetenz und Exzellenz M it der Entscheidung für den Aufbau einer „Forschungsferti- gung Batteriezelle“ (FFB) hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek die Lösung einer der wichtigsten Zukunftsfragen des wird es gelingen, neue, bessere Lösungen zu entwickeln, mit denen wir auf den Märkten bestehen können. Und die Märkte sind bereit. Die Resonanz aus Unternehmen entlang Energie- und Industriestandorts Deutschland kraftvoll eingeleitet. der gesamten Wertschöpfungskette ist überwältigend: Wir haben Insgesamt 500 Millionen Euro wird der Bund in den kommenden qualifizierte Unterstützungsschreiben von mehr als 75 Unterneh- Jahren hierfür zur Verfügung stellen, hinzukommen noch einmal men – international operierende Konzerne ebenso wie bundesweit 200 Millionen Euro vom Land Nordrhein-Westfalen. bedeutsame Branchenführer oder familiengeführte Unternehmen, Wir brauchen diese Kraftanstrengung, wenn wir eigene, bessere viele davon Hidden Champions. Dabei werden bereits sehr konkrete Lösungen für elektrochemische Energiespeicher anbieten und uns Forschungsfragen aufgeworfen und entsprechende Aufträge in nicht dauerhaft von den Produzenten in Fernost abhängig machen Aussicht gestellt. wollen. Leistungsfähige Batteriezellen und ihre kostengünstige Die Unterstützung kommt nicht nur aus Nordrhein-Westfalen, Produktion sind zentrale Zukunftsfragen für eine ganze Reihe sondern aus dem gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus: strategisch wichtiger Branchen. Das betrifft die Energiewirtschaft Unternehmen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, China, (stationäre Speicher zur Netzstabilisierung) ebenso wie die E-Mobili- den USA, Südkorea und Mexiko haben sich für eine FFB in Nord- tät in allen Anwendungsbereichen, aber auch die Robotik, Handel, rhein-Westfalen eingesetzt. Seit Bekanntwerden der Entscheidung Logistik, die chemische Industrie, Maschinen- und Anlagenbau bis erreichen uns laufend weitere Kooperationsangebote. Die Vielzahl hin zu neuen Lösungen beim Recycling von Batterien. der Kooperationswilligen garantiert eine wettbewerbsneutrale, Es war deshalb sicher kein Zufall, dass gleich mehrere wissen- wirtschaftsnahe Forschung. schaftliche Einrichtungen aus Nordrhein-Westfalen vom Bundes- Die Planungen für die FFB in Münster laufen auf Hochtouren, ein forschungsministerium und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) im Projekt- und Aufbau-Team wird in den nächsten Monaten bereits Ausschreibungsverfahren berücksichtigt wurden: Die Universität seine Arbeit in einer vorhandenen Liegenschaft aufnehmen. Der Münster mit dem Batterieforschungszentrum MEET (Münster Elec- geplante Neubau wird in einem ersten Teil bereits im Septem- trochemical Energy Technology), das Helmholtz-Institut Münster ber 2021 der Fraunhofer Gesellschaft übergeben, die komplette (HI MS – Ionics in Energy Storage), das Forschungszentrum Jülich Forschungsfertigung steht dann im Februar 2022 zur Verfügung. sowie die RWTH Aachen mit dem Lehrstuhl Production Engi- Die „Forschungsfertigung Batteriezelle“ ist eine herausragende neering of E-Mobility Components (PEM) und den Instituten für Chance für Nordrhein-Westfalen, mit seiner Forschungs- und Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME) und für Entwicklungsexzellenz auf dem Gebiet der Elektromobilität diese Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) werden die entlang der gesamten Wertschöpfungskette entscheidend voran- vorhandenen Kompetenzen in die FFB einbringen. Hinzu kommen zubringen. 8 E-Mobility-Magazin 2019
Die Mobilitätswende mehrdimensional denken Landrat Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages D er Klimawandel macht auch eine Mo- bilitätswende immer drängender. Al- lerdings darf diese nicht eindimensional barer Energien bietet zudem besondere Chancen, Ökostrom ohne Transportverluste ortsnah zu nutzen und klimafreundliche stets abgelehnt: Das Angebot an E-Bussen ist derzeit zu gering und die Technik für den Einsatz im Überlandverkehr in Bezug auf nur in der (groß-)städtischen Perspektive regionale Energiekreisläufe zu schaffen. Der Reichweite und Ladezeiten noch nicht vor- gedacht werden. Vielmehr muss sie die hohe Eigenheimanteil begünstigt den Auf- handen bzw. nicht ausgereift. Ähnliches gilt unterschiedlichen Ausgangsbedingungen bau (privater) Ladeinfrastruktur. Tatsächlich für Wasserstoff-Antriebe und Nutzfahrzeuge. und Bedürfnisse auch der Menschen auf zeigt die Studie „Mobilität in Deutschland Gerade im ländlichen Bereich werden im dem Land berücksichtigen: Der Großteil 2017“ entgegen der Fokussierung der Feld- ÖPNV Betriebsabläufe völlig neu zu planen der Deutschen (68 Prozent) lebt nicht in den versuche auf den großstädtischen Bereich, bzw. zu klären sein, wie bei langen Linien- wenigen Großstädten, sondern in den vielen dass Elektrofahrzeuge überproportional wegen und bewegter Topografie Busse im kreisangehörigen Klein- und Mittelstädten häufig in Mittelstädten, Kleinstädten und Betrieb nachgeladen werden können. Die und auf dem Dorf. Auch die hier beheima- Dörfern zuhause sind. Trotz der wirkmächti- Umsetzung ist hier noch schwieriger als im tete und stark mittelständisch geprägte gen „Reichweitendiskussion“ sind die Fahr- städtischen Bereich. Wirtschaft, die wichtige volkswirtschaftliche zeuge gerade auch für Pendler geeignet, Beiträge zur Bruttowertschöpfung (57 Pro- die nur selten längere Strecken als 50 km Für die Umsetzung der Richtlinie er- zent) und zur Beschäftigung (59 Prozent) in zurücklegen müssen. Entsprechend haben warten die Landkreise vom Bund daher Deutschland leistet, braucht leistungsfähige Elektrofahrzeuge – zumindest versuchs- Lösungen, die die Besonderheiten und die Verkehrssysteme. Eine Mobilitätswende weise – auch in kommunale Pkw-Fuhrparks tatsächlichen und technischen Vorausset- muss auch hier Antworten finden. Als dritte Einzug gehalten. zungen ländlicher Räume berücksichtigen Dimension ist schließlich zu berücksichti- Soll Elektromobilität eine Alternative zu und sicher zu stellen, dass den öffentlichen gen, dass Stadt und Land verkehrlich und konventionellen Antrieben und durch stär- wie privaten Verkehrsbetrieben keine wirtschaftlich eng verflochten sind. kere Verbreitung auch günstiger werden, unverhältnismäßigen Kosten entstehen, Neue multimodale Verkehrsangebote be- muss die öffentlich zugängliche Infrastruktur die die Organisation und Finanzierung flügeln aktuell die Vision der „autofreien mit Unterstützung von Bund und Ländern des ÖPNV völlig zum Erliegen bringen. Stadt“, konzentrieren sich bislang aber fast aber noch weiter und verstärkt flächen- Es bedarf klarer Regelungen für die An- ausschließlich auf die verdichteten Zentren deckend ausgebaut werden. Wir hätten rechnung von Nachrüstungen und Hybrid- einzelner Großstädte wie Berlin, Hamburg uns gewünscht, wenn die Politik auch hier fahrzeugen. Zudem muss die Pflicht zur oder München. Schon in deren Randbe- mit Feldversuchen u. ä. Modellvorhaben Beschaffung entsprechender Fahrzeuge reichen sind sie kaum noch zu finden und in die Fläche gegangen wäre, um die hier zunächst vorrangig auf Gebiete mit hoher in dünner besiedelten Bereichen sind sie schlummernden Potenziale zu heben. Luftverschmutzung konzentriert bzw. dort nicht wirtschaftlich und stehen damit dem besonders gefördert werden. überwiegenden Teil der Bevölkerung über- Schwieriger ist die Situation bei kommuna- haupt nicht zur Verfügung. In der Fläche len Nutzfahrzeugen und Elektrobussen für Gleichzeitig sind verstärkte Anstrengun- ist die Abhängigkeit vom eigenen Auto den ÖPNV. Die Europäische Union hat hier gen der Automobil- und Zulieferindustrie daher unverändert hoch, zumal wegen unlängst ambitionierte Vorgaben gemacht, nötig. Das gilt auch für Wasserstoff-An- geringer Bevölkerungsdichte und disperser die für Deutschland vorsehen, dass bis 2025 triebe. Während sich batteriebetriebene Siedlungsstruktur häufig auch kein dichtes 45 Prozent der beschafften Busse sowie zehn Elektrofahrzeuge für den Individualver- ÖPNV-Angebot möglich ist. Prozent der beschafften Lkw und bis 2030 65 kehr eignen, dürften für schwere Nutz- Elektrofahrzeuge sind insbesondere hier – Prozent der Busse sowie 15 Prozent der Lkw fahrzeuge und größere Reichweiten Was- und weniger in der Großstadt, wo es mehr „saubere Fahrzeuge“ im Sinne der Richtlinie serstoffantriebe vorteilhafter sein, auch um eine Intensivierung des ÖPNV gehen sein müssen. Beim derzeitigen Stand der wegen der kürzeren Betankungsdauer und muss – für die individuelle Mobilität ein Technik ist dies im ländlichen Raum nicht weil Wasserstoff langfristig speicherbar ist wichtiger Lösungsbaustein. Die Nähe zu darstellbar. Der Deutsche Landkreistag hat und sich aus überschüssigem Ökostrom den Strom-Erzeugungsanlagen Erneuer- diese nationalen Beschaffungsquoten daher erzeugen lässt, der derzeit abgeregelt 9
oder exportiert wird. Auch hier ist eine Mobilitätsversorgung auch jenseits der Zur Person entsprechende Tank-Infrastruktur aller- Hauptachsen und zu Randzeiten. Auch Reinhard Sager dings noch aufzubauen. Sharing-Modelle, die sich bislang auf Zur Sicherstellung der Mobilität in der nachfragestarke Teilbereiche verdichteter Fläche müssen dort zudem auch auto- Ballungsräume konzentrieren, könnten Foto: Deutscher Landkreistag nome Fahrzeugkonzepte erprobt werden. im ländlichen Raum funktionieren, wenn Die Sicherstellung eines ausreichenden Fahrzeuge selbst an Punkte höherer Nach- ÖPNV-Angebots, die hier den Landkreisen frage, wie z. B. Endhaltestellen des ÖPNV/ obliegt, ist vielfach schwierig. Häufig lässt SPNV, zurückkehren. sich die Nachfrage nur auf bestimmten Hauptachsen bündeln, während sich in Noch steht die Entwicklung hier am den „Achsenzwischenräumen“ für die Zu- Anfang. Für ein Gelingen der Mobilitäts- Reinhard Sager ist seit 2001 erster und Abbringerverkehre nur flexible Be- wende sind autonome Fahrzeugkonzepte direkt von den Bürgern gewählter dienformen anbieten. Allerdings besteht jedoch schon jetzt und gerade in den Landrat des Kreises Ostholstein sowie schon heute ein Mangel an Fahrpersonal unterversorgten ländlichen und periphe- seit 2014 Präsident des Deutschen und Unternehmen. Zudem erschweren ren Bereichen zu erproben, wo ihr verkehr- Landkreistages (DLT). Zudem ist die Personalkosten die Vorhaltung eines licher Nutzen am größten ist. Insgesamt er Vorsitzender des Schleswig-Hol- verdichteten Angebots. Daher verbin- wird eine Mobilitätswende nur gelingen, steinischen Landkreistages und war den sich gerade mit autonomen Fahr- wenn sie auch die Mobilitätsbedürfnisse u. a. von 1992 bis 2001 Mitglied des zeugen, Anrufsammeltaxen und Shuttles der Menschen auf dem Land mitberück- Schleswig-Holsteinischen Landtages. große Erwartungen für eine verbesserte sichtigt. 10 E-Mobility-Magazin 2019
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Umweltfreundlich und leise Wasserstoffzug auf der Heidekrautbahn Kathrin Schneider, MdL, Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg Eine klare Verkehrsstruktur mit viel Übersicht und Platz für alle Verkehrsteilnehmer sowie ein attraktives Straßenbild – all dies sollte im Optimalfall zusammenkommen, damit Verkehr sicher und nachhaltig funktionieren kann. Foto: Bernd Sterzl, pixelio.de W as nach Zukunftsmusik klingt, ist im Februar 2019 in greifbare Nähe gerückt. Die Niederbarnimer Eisenbahn in sechs Bundesländern vorgestellt hat. Der Zug wird mit einer Brennstoff- zelle betrieben, die elektrische Ener- sante Alternative auf bisher nicht elektrifizier- ten Strecken wie der Heidekrautbahn sein. Es stellt sich die Frage, ob die Wasserstoff-/ und der Zughersteller Alstom haben den gie für den Antrieb aus komprimier- Brennstoffzellen-Antriebstechnologie auf weltweit ersten Wasserstoff-Personenzug tem Wasserstoff erzeugt. Zudem wird der „Heidekrautbahn“ die wirtschaftlichere „Coradia iLint“ bei einer Sonderfahrt im Bremse nergie zurückgewonnen und in Lösung ist. Die Alternative wäre die volle brandenburgischen Basdorf bei Berlin zusätzlichen Batterieeinheiten zwischen- Elektrifizierung der ca. 60 km langen Strecke. vorgestellt. Der wasserstoffbetriebene gespeichert. Der komplett emissionsfreie Um den Nutzen für den Klimaschutz voll Brennstoffzellen-Zug „Coradia iLint“ fuhr Zug ist geräuscharm und gibt lediglich auszuschöpfen, planen der Landkreis Barnim mit Vertreter/-innen aus Politik, Wirtschaft, Wasserdampf und Kondenswasser ab. und die NEB, die Züge mit direkt vor Ort er- Forschung und Verkehrsunternehmen Die Niederbarnimer Eisenbahn will Fahr- zeugtem grünem Wasserstoff zu betreiben: auf einem Teilstück der Heidekrautbahn zeuge dieses Typs ab 2022 auf der RB27 mit Windkraft aus der Region. Koordiniert (Regionalbahn 27) nach Berlin-Gesund- einsetzen. Derzeit laufen die Abstimmungen wird dieses Pilotprojekt Barnim von der brunnen. Die Präsentation war die letzte mit dem Bund, den Ländern und dem Ver- Barnimer Energiegesellschaft mbH (BEG). Etappe einer deutschlandweiten Road kehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Dabei soll eine regionale Wasserstoffinfra- show, mit der Alstom den Wasserstoff-Zug Brennstoffzellen-Züge können eine interes- struktur errichtet werden, die auf der Basis 12 E-Mobility-Magazin 2019
von regenerativ erzeugtem Wasserstoff für gung gefördert. Im Ergebnis wurde das für den Betrieb der Züge gewonnen und Brennstoffzellenantriebe im regulären Be- Land Brandenburg mehrfach mit dem beim Fahren entsteht als Abfallprodukt nur trieb in mehreren Verkehrsbereichen zum Leitstern für Erneuerbare Energien aus- Wasser – sind viele neue Fragen erwachsen. Einsatz kommt. gezeichnet. Das Land zielt auf eine hohe Einige davon wird die Praxis beantworten. Die Erfahrungen aus der „grünen“ Wasser- Wirtschaftlichkeit und Praxistauglichkeit Unser Ziel ist es, dass der Wasserstoffzug stoffproduktion und -speicherung, dem der Betriebsauslegung. Der produzierte auf dem Weg in die Schorfheide ab 2022 Aufbau, Betrieb einer Wasserstoff-Tank- Wasserstoff soll zu einem Preis angebo- freie Fahrt hat. infrastruktur und dem Einsatz der Brenn- ten werden, der bereits heute mit Diesel- stoffzellenantriebe könnten sowohl in der kraftstoff als alternativem Energieträger Region als auch überregional wichtige Vor- im Personennah- und Wirtschaftsverkehr Zur Person leistungen für Folgeprojekte liefern. Mit konkurrieren kann. Allerdings gibt es heute Kathrin Schneider Foto: MIL/fotocharlotte dem Projekt wird ein Beitrag zu Umsetzung noch Mehrkosten gegenüber dem konven- der Ziele des Klimaschutzplans 2050 der tionellen Betrieb, auch bei der Beschaffung Bundesregierung geleistet. von Brennstoffzellenfahrzeugen. Um diese Bereits im Jahr 2008 hat der Landkreis große finanzielle Herausforderung für die Barnim seine Null-Emissions-Strategie ver- Fahrzeugflottenbetreiber zu stemmen, abschiedet. Wesentliche Elemente sind u. werden Förderinstrumente des Bundes a. der Einsatz Erneuerbarer Energien und eingeworben. CO2-freie Mobilität auf kommunaler und Es ist beabsichtigt, das Vorhaben wissen- regionaler Ebene. Aufgrund des Windkraft- schaftlich vom Deutschen Zentrum für Luft- angebots in der Region hat die Wasserstoff-/ und Raumfahrt e. V. (DLR), dem Institut für Brennstoffzellentechnologie dabei eine Fahrzeugkonzepte sowie von der Branden- Schlüsselrolle. burgischen Technischen Universität Cott- Die brandenburgische Landesregierung bus-Senftenberg (BTU) begleiten zu lassen. hat den Ausbau der Erneuerbaren Energien Aus den drei Projektbestandteilen – Strom Kathrin Schneider, MdL, früh vorangetrieben. So wurden bereits ab wird aus lokaler Windkraft gewonnen und in Ministerin für Infrastruktur und 1990 beim Wirtschaftsministerium alle Form von Wasserstoff gespeichert aus dem Landesplanung Brandenburg Arten der regenerativen Energieerzeu- Wasserstoff wird direkt in den Zügen Strom 13
Grußwort von Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, MdL, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden Württemberg D ie Elektromobilität revolutioniert gerade die Automobilbranche. Dieser Wandel hat große Auswirkungen auf die gesamte Forschung. Für die Mobilität der Zukunft werden auch elektrische Speichertechnologien immer liche Intelligenz und neue Mobilitätsmodelle sind die großen Game-Changer in der Zu- kunft. Damit wir als Gewinner aus diesem automobile Wertschöpfung. Er ist für uns wichtiger. Die Landesregierung hat in den Transformationsprozess hervorgehen, Chance und Herausforderung zugleich, vergangenen Jahren bereits erhebliche müssen wir es schaffen, unsere System- denn es gibt weltweit kein vergleichbares Mittel in die Batterieforschung investiert. kompetenz auch in den neuen Technologien Automobilcluster, in dem alle wichtigen Ak- Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit zu erhalten. Ich bin überzeugt: Wir sind teure und Kernkompetenzen auf so engem und Wohnungsbau gemeinsam mit dem hervorragend gerüstet, dürfen uns aber Raum versammelt sind wie in Baden-Würt- Bund geförderte Projekt „DigiBattPro4.0“, nicht auf dem heutigen Erfolg ausruhen, temberg. Wenn wir über die Transformation das die Führungsrolle Baden-Württembergs sondern müssen weiterhin hart und un- der Mobilität reden, dürfen wir deshalb bei Industrie 4.0 zum Ziel hat, setzt hier ermüdlich arbeiten. Baden-Württemberg nicht nur auf die Fahrzeughersteller und Zu- aktuell neue Maßstäbe. ist dafür bekannt, mit die besten Fahrzeuge lieferer schauen, sondern müssen auch den Allen voran der Standort Ulm konnte sich weltweit zu bauen und das soll auch so Maschinen- und Anlagenbau mitnehmen. mit dem Zentrum für Sonnenenergie und bleiben: Um alle Akteure bei der Transformation Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg Mobilität der Zukunft „Made in Ba- hin zur E-Mobilität zu unterstützen, hat die (ZSW), dem Helmholtz-Institut für elektro- den-Württemberg”! baden-württembergische Landesregierung chemische Energiespeicher in Ulm (HIU) den Strategiedialog Automobilwirtschaft und der Universität Ulm eine international (SDA) ins Leben gerufen. Im Zuge des Strate- herausragende Rolle in der Batteriefor- giedialogs arbeitet die Politik Hand in Hand schung erarbeiten. Der Forschungscluster mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, für elektrochemische Batteriespeicher Ulm Dr. Nicole Hoffmeis- Verbänden und der Zivilgesellschaft. Wir und Karlsruhe, CELEST, hat bereits jetzt ter-Kraut entwickeln Maßnahmen und Konzepte, international den zweitgrößten wissen- Foto: Martin Stollberg, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau BaWü mit denen der Transformationsprozess der schaftlichen Output auf dem Gebiet der baden-württembergischen Automobilwirt- Batterieforschung. schaft erfolgreich gestaltet werden kann. Auf dem Gebiet der Batterieproduktions- Im Zuge dessen konnten wir bereits wich- technologie ist außerdem die Expertise tige Maßnahmen starten. Dazu zählen die des Fraunhofer-Instituts für Produktions- Erstellung eines Technologiekalenders zur technik und Automatisierung in Stuttgart Orientierung für die kleinen und mittle- (IPA) besonders hervorzuheben. Es bringt ren Unternehmen und der Aufbau eines seine herausragenden Kompetenzen in der Transformations-Hubs als Plattform und Automatisierung und Digitalisierung von Schaufenster der Maschinen- und Anla- Produktionsprozessen ein, die gepaart mit genbauer sowie der Fabrikausrüster der Künstlicher Intelligenz wichtige Schlüssel- Automobilwirtschaft. Unsere Zukunftswerk- technologien für eine erfolgreiche Serien- statt 4.0 bietet außerdem Unterstützung für fertigung von Batteriezellen sein werden. das Kraftfahrzeuggewerbe. Auch über den In Baden-Württemberg wird also nicht nur Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Strategiedialog hinaus unterstützt mein intensiv am Produkt Batterie und Batterie- MdL, Ministerin für Wirtschaft, Haus die Automobilwirtschaft zum Beispiel zelle geforscht, auch dessen optimierte Arbeit und Wohnungsbau Baden bei der Aus- und Weiterbildung oder mit Herstellung steht seit Jahren im Fokus. Württemberg hohen Investitionen in die wirtschaftsnahe Alternative Antriebe, Digitalisierung, Künst- 14 E-Mobility-Magazin 2019
Vorankommen in NRW Nutzer stehen bei Mobilität der Zukunft im Mittelpunkt Dr. Dirk Günnewig, Leiter der Abteilung für Grundsatzangelegenheiten der Mobilität, Digitalisierung und Vernetzung im Verkehrsministerium NRW Technische Innovationen treiben den Wandel der Mobilitätssysteme voran. NRW soll dabei zur Modellregion Mobilität 4.0 werden. Foto: vegefox.com, stock.adobe.com U nser Mobilitätssystem ist im Wandel. Die Digitalisierung und weitere technische Innovationen sind dabei Treiber. Es gibt nicht kleinerer Fahrzeuge wie E-Scootern die sogenannte „erste und letzte Meile“ ist. Bund, Land, Kommunen und die Mobili- nungs-, Genehmigungs- und Bauhochlauf, um die Infrastruktur in Ordnung zu bringen. Zweitens hat das Verkehrsministerium das „eine große Ding“, das an die Stelle der tätsanbieter sind gefordert, die Zukunfts- 2018 die neue Abteilung „Grundsatzange- bisherigen Angebote tritt und das Mobili- chancen der Mobilität vor Ort zu ergreifen. legenheiten der Mobilität, Digitalisierung tätssystem neu ordnet. Vielmehr drängen Dafür müssen diverse Akteure über die und Vernetzung“ mit 35 neuen Stellen zahlreiche Anbieter mit neuen Angeboten Grenzen ihrer eigenen Zuständigkeit hin- eingerichtet. Diese arbeitet daran mit, auf den Mobilitätsmarkt. Die Komplexität ausblicken und zusammenarbeiten, denn dass NRW zur Modellregion Mobilität 4.0 des Mobilitätsystems steigt und mehr Alter- Mobilität ist eine Mannschaftsleistung. wird und hier zukunftsweisende Techno- nativen konkurrieren um den begrenzten Sie findet vor Ort statt und muss regional logien erforscht, getestet und am besten Raum. Es muss gelingen, in integrierten gedacht werden. Das Land unterstützt die auch produziert werden. Sie bringt sich Wegeketten verschiedene Verkehrsmittel Kommunen und die weiteren Mobilitäts- moderierend, fördernd und fordernd in entsprechend ihrer jeweiligen Stärken zu akteure dabei nach Kräften. die heterogene Akteurslandschaft ein. vernetzen. Beispielsweise besitzen Schnell- Auf die Transformation des Mobilitäts- Grundsätzlich bestehen drei zentrale busse auf schnellen Achsen eine wichtige systems hat sich die Landesregierung ein- Handlungsfelder für digitalisierte und Bündelungsfunktion, während die Stärke gestellt. Erstens organisiert sie einen Pla- vernetzte Mobilität: 15
Erstens gilt es, die Verkehrsträger nutzer Bezahlung. Ein Beispiel: Bisher waren meh- matisierte Busse unterwegs sein werden. orientiert zu vernetzen, um leistungsstar- rere Apps nötig, um alle Nachverkehrstarife Bei der Mobilität der Zukunft geht es ke Mobilitätsketten zu schaffen. in Nordrhein-Westfalen buchen zu können. also darum, den Menschen ein besseres Dabei sind Mobilstationen wichtig, die Noch in diesem Jahr wird eine Ticket-App Mobilitätsangebot zu machen. Damit sie mindestens zwei Verkehrsmittel vernet- veröffentlicht, die alle Nahverkehrstarife überhaupt die Chance haben, umzusteigen zen – zum Beispiel ÖPNV und Bikesharing. und den NRW-Tarif aus einer Hand anbie- und neue – auch klimaverträglichere – Sie sind ein Anreiz, nicht mehr mit dem tet. Die App ist nur ein Beispiel für über 30 Mobilitätsformen zu nutzen. eigenen Pkw in die Innenstadt zu fahren. Maßnahmen, die das Verkehrsministerium, Das trägt zur Reduzierung der Parksuchver- die Verkehrsunternehmen und -verbünde kehre bei, was die Stadtzentren verkehrlich mit der ÖPNV-Digitalisierungsoffensive Zur Person entlastet. Das wiederum sorgt für weniger verabredet haben. Dr. Dirk Günnewig Lärm, weniger CO2 und Schadstoffe. Und damit für mehr Lebensqualität. Bessere Drittens werden Innovationen aktiv unter- Vernetzung leistet also einen wichtigen stützt, damit die Mobilität besser wird Beitrag zur Mobilitätswende. und zugleich das wirtschaftspolitische Foto: Verkehrsministerium NRW Hier setzt ein neues Förderprogramm Potential genutzt wird. des Landes an, das die Kommunen bei Unter anderem fördert das Land die Erpro- der Einführung neuer Mobilitätsangebote bung des vernetzten und automatisierten unterstützt: Mit dem Geld können kom- Fahrens. In der Landeshauptstadt wurde munale Mobilitätskonzepte erstellt oder es in dem Projekt KoMoD erprobt. Fahr- Maßnahmen zur besseren Vernetzung von zeuge haben im realen Straßenverkehr Verkehrsmitteln ergriffen werden. Darüber mit Ampeln und Verkehrszeichen kommu- Dr. Dirk Günnewig leitet die im hinaus unterstützt das Land mit dem Zu- niziert. Solche innovativen Technologien Ministerium für Verkehr Nord- kunftsnetz Mobilität die Kommunen dabei, werden Mobilität entscheidend verändern: rhein-Westfalen neu eingerichtete neue Mobilitätsideen in der Verwaltung Der Verkehr wird sicherer und effizienter. Abteilung für Grundsatzangelegen- zu verankern. NRW hat dafür optimale Bedingungen: heiten der Mobilität, Digitalisierung Simulatoren an der RWTH Aachen, eine und Vernetzung. Die Abteilung Zweitens treibt das Land die Digitalisie- Teststrecke abseits des Realverkehrs mit arbeitet daran, die Chancen der rung des ÖPNV voran, damit er das Rück- dem Aldenhoven Testing Center und Tests Digitalisierung und Vernetzung zu grat leistungsstarker Wegeketten wird. im Realverkehr mit Shuttles am Flughafen nutzen, um die Mobilität in Nord- Wichtige Bausteine sind dafür Echtzeit- Weeze und in Monheim am Rhein, wo im rhein-Westfalen zu verbessern. informationen, einfache Buchbarkeit und öffentlichen Nahverkehr bald hochauto- 16 E-Mobility-Magazin 2019
Infrastrukturbedarf Elektromobilität Stiftung untersucht den Stromverbrauch flächendeckender E-Autos Dr. Werner Zittel, Vorstand der Ludwig-Bölkow-Stiftung D ie Ludwig Bölkow Stiftung hat mit finanzieller Förderung durch die ADAC Stiftung die Studie „Infrastrukturbedarf E-Mobilität – Analyse eines koordinierten Infra- strukturaufbaus zur Versorgung von Batterie- und Brennstoffzellen-Pkw in Deutschland“ erstellt. Hierin wer- den die Kosten für den Aufbau der Lade- und Betankungsinfrastruktur zur Vollversorgung emissionsfreier Pkw-Antriebe sowie deren Integra- tion in das deutsche Energiesystem betrachtet. Mit der Analyse wurden die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH (Energiemodell sowie Was- Was kostet die Ladesäuleninfrastruktur? Foto: RS-Studios, stock.adobe.com serstoffvektor) und das Fraunhofer Institut OSB AST in Ilmenau (Stromverteil- bung von zwei Mrd. Euro (Fokus FCEV) und auch die Analyse des gesamten Strom- und netze) beauftragt. Diese umfasst die gesamte neun Mrd. Euro (Fokus BEV) verbunden. Wasserstoffverbrauchs im Energiemodell Kette von der Strom- und Wasserstofferzeu- Diese Kosten werden von den privaten Deutschland untersucht. Hier wurden auch gung über die stationäre Speicherung, den Ladepunkten dominiert, die mit durch- konkurrierende stationäre und mobile Energietransport und die Endverteilung bis schnittlich jeweils 1.650 Euro für Planung, Verbräuche von Strom- und Wasserstoff zu Ladesäule und Wasserstoffzapfstelle. Ins- Netzanbindung und Installation angenom- berücksichtigt. Optimierungskriterien der besondere das Stromverteilnetz wurde auf men wurden. Die Anzahl der benötigten Analyse waren die Gesamtkosten unter der Basis exemplarischer Verteilnetzstrukturen Wasserstofftankstellen reicht von 2.000 Randbedingung, ab 2050 keine Treibhaus- detailliert analysiert. (Fokus BEV) bis 6.000 (Fokus FCEV) Tank- gasemissionen zu emittieren. Als Zielszenario wurde die Marktdurch- stellen bei durchschnittlich 1,4 bis zwei Wesentliche Erkenntnis aus den Analysen dringung von 40 Mio. emissionsfreien Pkws t täglicher Wasserstoffabgabe. Damit ist ist, dass in der Anfangsphase bei geringer bis zum Jahr 2050 untersucht. Hierzu wur- eine flächendeckende Wasserstoffversor- Marktdurchdringung die Ladeinfrastruktur den drei Szenarien analysiert: Szenario gung in jedem Szenario gewährleistet. Die für Batteriefahrzeuge günstiger ist. Bei „Fokus BEV“ mit 80 Prozent Batterie- und jährlichen Kosten für die Wasserstoffbetan- größerer Marktdurchdringung verschiebt 20 Prozent Brennstoffzellenfahrzeugen, kungsinfrastruktur inklusive Anlieferung, sich das Kostenminimum jedoch zugunsten Szenario „Fokus FCEV“ mit 20 Prozent aber ohne Erzeugung des Wasserstoffs, von mit Wasserstoff betankten Fahrzeugen. Batterie- und 80 Prozent Brennstoffzel- bewegen sich zwischen einer Mrd. Euro Für eine Gesamtstrategie halten wir es lenfahrzeugen, sowie Szenario „Mix“ mit (Fokus BEV) und 3,7 Mrd. Euro (Fokus FCEV). daher für wesentlich, von Anfang an beide jeweils 50-Prozent-Anteil der beiden An- Wichtige Untersuchungsparameter waren Infrastrukturen zu berücksichtigen. Das triebssysteme. Neben dem Zieljahr 2050 im Stromverteilnetz Belastungen von Trans- wird noch gewichtet, da der Wasserstoffan- wurden auch die Stützjahre 2030 und 2050 formatoren und Leitungen, Spannungs- trieb für größere Fahrzeuge, insbesondere untersucht. stabilität und Phasenschieflage. Für jedes Lastkraftwagen im Fernverkehr, deutliche Auf Basis von Zahlen der Nationalen Platt- exemplarische Niederspannungsnetz wur- Vorteile bietet und allein hierfür bereits form Elektromobilität werden im Jahr 2050 den bis zu 5.000 Varianten für verschiedene eine Infrastruktur benötigt wird, die auch zwischen 9,6 Mio. (Fokus FCEV) und 38,4 Lastsituationen gerechnet. Im Mittelspan- zur Kostenreduktion für Pkws beiträgt. Mio. (Fokus BEV) Ladepunkte benötigt. nungsnetz wurde zusätzlich auf die Einhal- Umgekehrt hat der batterieelektrische Damit sind jährliche Kosten für Wartung, tung des N-1-Kriteriums geachtet. Für die Antrieb umso größere Vorteile, je kleiner Instandhaltung und Investitionsabschrei- Kosten- und Stabilitätsbetrachtung wurde und leichter das Fahrzeug ist. 17
Batterieforschung in Deutschland Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für die Zukunft Dominic Bresser, Helmholtz-Institut Ulm (HIU), und Stefano Passerini, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Nichts geht ohne Batterien. Deshalb muss Deutschland die hiesige Forschung konsequent weiter fördern. Foto: fotomek, stock.adobe.com U nter den vielfältigen Ansätzen, um einen substanziellen Klimawandel zu vermeiden, bietet vor allem auch eine zwischen Batteriezellen und Batterien ist wichtig, da diese beiden Begriffe häufig äquivalent verwendet werden. Eine Bat- teriefertigung bereits kommerziell etabliert und große wie auch kleinere Unternehmen spielen hierbei weltweit eine wichtige Rolle Elektrifizierung des Transportsektors die teriezelle (bspw. eine zylindrische Zelle, – insbesondere im Automobil- und Mobili- Möglichkeit, einen essenziellen Beitrag zu wie sie auch im Supermarkt erhältlich ist) tätsbereich. Die Fertigung der Batteriezellen leisten; vor allem, wenn sichergestellt ist, stellt quasi den kleinsten Bestandteil einer erfolgt jedoch im Wesentlichen in Asien. dass die benötigte Elektrizität aus erneu- Batterie dar, in welcher viele dieser Zellen Dieser Umstand, in Verbindung mit einer erbaren Quellen stammt – sowohl für den parallel und/oder in Serie geschaltet sind, stetig ansteigenden Nachfrage (eher ex- Betrieb des Fahrzeuges als auch für die um die erforderliche Spannung und Kapa- ponentiell als linear), und Erfahrungen mit Fertigung der benötigten Batterien und zität bereitzustellen. Im Hinblick auf den der hieraus resultierenden Marktmacht der Batteriezellen. Letztere Unterscheidung Wirtschaftsstandort Deutschland ist die Bat- Zellhersteller hat zu der Erkenntnis geführt, 18 E-Mobility-Magazin 2019
dass hier Aufholbedarf besteht. So wird die (1) Die Entwicklung und Optimierung neu- tiger Recycling-Konzepte spielt hierbei Forschung in diesem Bereich seit ca. zehn er bzw. bestehender Elektrodenmateria- eine entscheidende Rolle. Jahren verstärkt gefördert und ausgebaut. lien (auch Aktivmaterialien genannt), da (4) Nicht zuletzt arbeiten Forscher, Wis- Was erst einmal relativ viel klingt, ist jedoch deren Fähigkeit, eine bestimmte Menge senschaftler und Ingenieure an neuen vergleichsweise kurz, wenn man bedenkt, an Lithium-Ionen in einer bestimmten Batterietechnologien, die teilweise auf dass die erste Lithium-Ionen-Batterie, i. e. Zeit reversibel zu speichern, schlussend- neuen Funktionsweisen beruhen oder die weltweit führende Batterietechnologie, lich über die maximale Energie- und auch „schlicht“ das enthaltene Lithium vor ca. 30 Jahren auf den Markt gebracht Leistungsdichte der Zelle entscheidet. durch deutlich verfügbarere Elemente wurde. Der Vorsprung der asiatischen Länder Dabei zielen die Arbeiten vor allem da wie bspw. Natrium, Kalium, Calcium oder kommt somit nicht von ungefähr. Umso rauf ab, den Gehalt an toxischem, teuren Magnesium ersetzen. Gerade die Nat- wichtiger ist es nun, die Forschung und und begrenzt verfügbarem Kobalt in rium-Ionen-Technologie steht hierbei im Entwicklung in diesem Bereich konsequent der positiven Elektrode zu reduzieren Fokus, da erste Unternehmen bereits eine weiter zu unterstützen, denn tatsächlich gibt oder gar idealerweise ganz darauf zu kommerzielle Vermarktung entsprechen- es in Deutschland bereits einige weltweit verzichten. Gleichzeitig werden auch der Batteriezellen angekündigt haben. führende Experten auf diesem Gebiet. Diese für die negative Elektrode alternative Tatsächlich ist die Bandbreite an Materialien, Position gilt es nun weiter zu verfestigen Materialien gesucht, die verglichen die aktuell in kommerziellen Batteriezellen und auszubauen – auch im Hinblick auf die mit dem Standard-Material Graphit verwendet werden, bereits recht groß, sodass nächsten zehn, 20 und mehr Jahre, denn die eine verbesserte Schnellladefähigkeit der Begriff „Lithium-Ionen-Batterie“ eher einen Herausforderungen sind vielfältig. Gehen und verbesserte Energiedichten er- Sammelbegriff für die Technologie als solche wir in der Wertschöpfungskette einmal möglichen. darstellt. Dies hat zum einen (patent-)recht- den „umgekehrten“ Weg. Die Entwicklung (2) Neben der Entwicklung neuer Materia- liche Gründe, aber auch technische, da je nach von großtechnischen Fertigungsanlagen lien für die negative Elektrode liegt der Anwendung die Gewichtung der technischen und Produktionsprozessen ist sicherlich Fokus in puncto Sicherheit vor allem auf Anforderungen mitunter stark variiert. Eine eine Stärke der deutschen Industrie, was der Erforschung alternativer Elektrolyt- weiter gehende Diversifikation – sowohl auf sich ja auch in der erfolgreichen Batte- systeme, um die aktuell verwendeten, Materialebene als auch auf der Technologie- riefertigung widerspiegelt – auch wenn leicht brennbaren und gesundheits- ebene – bietet daher zum einen wirtschaftliche jede neue Fertigungsanlage ihre eigenen gefährdenden flüssigen organischen Anreize, dient insbesondere aber auch einer Herausforderungen hat und bereits eine Elektrolyte zu ersetzen. Diese Arbeiten insgesamt besseren Verteilung der Nachfra- fehlerhafte Zelle zu einer Fehlfunktion der umfassen sowohl die Entwicklung nicht ge nach bestimmten Rohstoffen und wirkt gesamten Batterie führen kann. Perfektion entzündlicher, flüssiger Elektrolyte so- sich somit positiv auf die Nachhaltigkeit der ist hierbei somit eher ein Muss als eine wie sogenannter Festkörper-Systeme, Batterietechnologie als Ganzes aus. Option. Und während es zu einem großen basierend auf anorganischen Materia- Eine kontinuierliche und langfristig aus- Teil technische Aspekte der Zelle sind, die lien oder Polymeren. gelegte Förderung seitens der Politik mit über deren Sicherheit und Performance (3) N eben der avisierten Verwendung programmatischen Schwerpunkten in Kom- entscheiden, so sind es am Ende doch die von lediglich unkritischen Elementen bination mit einer Förderung in der Breite er- enthaltenen Materialien und die gewählten und Materialien konzentrieren sich scheint daher essenziell, um kurz-, mittel- und Materialkombinationen, die das Maximum die Arbeiten zum Thema Nachhaltig- auch langfristig eine führende Rolle weltweit an Energie und Leistung determinieren und keit vor allem auf die Prozessierung. einzunehmen bzw. diese zu festigen – sowohl die Nachhaltigkeit der Technologie sowie Dies beinhaltet u. a. die Vermeidung in den relevanten Industriebereichen als potenziell eine intrinsische Sicherheit ge- von toxischen Lösungsmitteln oder auch in der Forschung – nicht zuletzt, da es währleisten. Analog zu diesen Kriterien fluor-haltigen Bindermaterialien und i.d.R. mehrere Jahre dauert (je nach Grad beschäftigt sich die Forschung in diesem deren Austausch durch z. B. Wasser und der Innovation), bis eine neue Technologie Bereich vor allem mit den folgenden Fra- natürlich vorkommende Polymere als oder neue Materialien es von der Forschung gestellungen: Binder. Auch die Entwicklung nachhal- in die Praxis schaffen. 19
Verkehrs(un)sicherheit dank E-Scootern? Die Zeit für kluge Verkehrskonzepte und clevere Investitionsmaßnahmen drängt! Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats e. V. abruptes Bremsen birgt Un- gibt es bereits in den Niederlanden. fallrisiken. Man braucht schon Kurzfristig könnten Straßen, die von Pkw- etwas Fahrpraxis, um sicher und Lieferverkehr nicht zwingend benötigt mit dem E-Scooter durch den werden, für den Radverkehr und auch für Straßenverkehr zu kommen. E-Scooter umgewidmet werden. Fahrrad- Betrunken oder zu zweit straßen könnten vermehrt eingerichtet E-Scooter zu fahren oder über und vom Kfz-Verkehr frei gehalten wer- den Gehweg zu rollern – all das den. An unfallträchtigen oder besonders ist tabu. Denn für E-Scooter schmalen Straßen sind Modellversuche zur gelten dieselben Regeln wie Umkehrung der Regelgeschwindigkeit auf für alle anderen Kfz-Fahren- 30 km/h empfehlenswert. München zeigt, den auch. Wer bspw. betrunken dass es möglich ist. Auf 85 bis 90 Prozent einen E-Scooter nutzt, dem dro- aller Straßen ist dort nur Tempo 30 erlaubt. hen Bußgelder in dreistelliger Fakt ist: Wer mehr Mobilitätsoptionen möch- Höhe, Punkte in Flensburg und te, muss für sichere Wege sorgen. Viel Zeit der Entzug der Fahrerlaubnis. bleibt der Politik dafür nicht. Der Verkauf von Um über all diese Aspekte zu Pedelecs steigt seit Jahren und verdichtet informieren, braucht es eine den Verkehr auch in ländlichen Regionen. Im großstädtischen Stadtverkehr überall zu finden: E-Scooter. umfassende und bundesweite Damit sich der Kampf um die Fläche nicht Foto: skyNext, stock.adobe.com Aufklärung. weiter verschärft, sind vom Bund über die Natürlich sind auch die Sha- Länder bis hin zu den Kommunen Pragma- S eit 15. Juni 2019 sind E-Scooter entspre- chend der Verordnung des Bundesminis- teriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ring-Anbieter gefragt, ihr Informationsan- gebot über die App beim Anmelden auszu- bauen. Ergänzend könnten auch Hersteller tismus, kluge Verkehrskonzepte, clevere In- vestitionsprogramme und vor allem rasches Handeln gefordert. für den Straßenverkehr zugelassen. Das den Gebrauchshinweisen Tipps fürs sichere Interesse an ihnen ist groß. Doch die Un- Fahren mit den Kraftfahrzeugen (Kfz) bei- fallrisiken sind es ebenso. Aufklärung über fügen. Da schon 14-Jährige mit E-Scootern die Fahrphysik und Investitionen in eine fahren dürfen, wäre es zudem hilfreich, wenn sichere Infrastruktur sind deshalb dringend das Thema Verkehrssicherheit häufiger Ein- Zur Person notwendig. gang in die Lehrpläne der Schulen fände. Christian Kellner Schon in den ersten beiden Wochen nach Um allen Nutzern alternativer Mobilitätsfor- Foto: DVR der Zulassung registrierte die Polizei in men eine sichere Fahrt zu ermöglichen, ist mehreren großen Städten, darunter Berlin, es auch notwendig, dass die Infrastruktur an München und Köln, Verkehrsunfälle. Verur- ihre Bedürfnisse angepasst wird. Langfristig sacher waren meist die Nutzer der E-Scooter müssen bei der Planung die schwächeren selbst, häufig, weil sie das Kraftfahrzeug Verkehrsteilnehmer – Fußgänger, Radfahrer, nicht richtig beherrschten. Die Münchner Nutzer von E-Scootern – im Vordergrund Polizei meldete über hundert Trunkenheits- stehen. Entsprechend müssen Radverkehrs- fahrten. Diese erste Bilanz zeigt, dass viele anlagen breiter gebaut werden, notfalls nicht wissen, wie man mit E-Scootern sicher auch zulasten des übrigen Kfz-Verkehrs. fährt. Zudem fehlen Kenntnisse über die Gerade an Kreuzungen kann es hilfreich relevanten Straßenverkehrsregeln. sein, den Rad- und E-Scooter-Verkehr bau- Christian Kellner ist Hauptge- Schnell um die Kurve oder über Schlaglöcher lich vom Kfz-Verkehr zu trennen und durch schäftsführer des Deutschen zu fahren, ist bei Geschwindigkeiten von eine intelligente Ampelschaltung sicher zu Verkehrssicherheitsrats e. V. rund 20 km/h keine leichte Übung. Auch steuern. Solche „Protected Intersections“ 20 E-Mobility-Magazin 2019
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