Das schottische Unabhängigkeitsstreben und die EU - Einleitung - Stiftung ...

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NR. 38 MAI 2021                          Einleitung

Das schottische Unabhängigkeitsstreben
und die EU
Der lange Weg zum Referendum und die kritischen Fragen für die Europäische Union
Nicolai von Ondarza

Die Schottische Nationalpartei (SNP) ist bei den Regionalwahlen im Mai 2021 wieder
mit Abstand stärkste Kraft geworden und hätte mit den schottischen Grünen die
Mehrheit, um ein zweites Unabhängigkeitsreferendum anzustoßen. Doch der Weg
dahin ist unsicher. Anders als 2014 ist die Zustimmung des britischen Parlaments
wenig wahrscheinlich und die Kompetenz des schottischen Parlaments zum Beschluss
einer weiteren Volksabstimmung umstritten. Das stellt auch die Europäische Union
vor Herausforderungen. Der erneute Drang zur Unabhängigkeit ist eng mit dem aus
schottischer Sicht ungewollten EU-Austritt verbunden. Aber der harte Brexit macht
die Unabhängigkeit mit potentieller EU-Mitgliedschaft noch komplizierter. Zwar wird
die EU kaum verhindern können, dass sie in die Debatte zwischen Edinburgh und
London hineingezogen wird. Dennoch ist sie gut beraten, das schottische Unabhän-
gigkeitsstreben weiterhin als interne Angelegenheit des Vereinigten Königreichs zu
behandeln.

Die SNP konnte mit 47,7 Prozent erneut die    zentrale Wahlversprechen der SNP, aber
Wahlen in Schottland gewinnen, braucht        auch der schottischen Grünen.
für eine eigene Mehrheit aber die Unter-         Dabei ist die Frage der schottischen Un-
stützung der schottischen Grünen. Diese       abhängigkeit mittlerweile eng mit dem
sind bei den Wahlen ebenfalls für ein         Brexit verbunden. Noch 2014 sprachen sich
neues Unabhängigkeitsreferendum einge-        55 Prozent der schottischen Bevölkerung
treten. Gemeinsam stellen die beiden Par-     einschließlich der damals wahlberechtigten
teien nun 72 der 129 Sitze und konnten        in Schottland ansässigen EU-Bürgerinnen
ihren Sitzanteil weiter ausbauen. Die SNP     und -Bürger gegen die Abspaltung vom Ver-
begreift dies als Mandat der schottischen     einigten Königreich aus. Neben den wirt-
Bevölkerung, in der ersten Hälfte der neuen   schaftlichen Risiken lautete eines der
Legislaturperiode eine zweite Volksabstim-    Hauptargumente der damaligen »Better
mung zur Unabhängigkeit auf den Weg zu        Together«-Kampagne, dass ein unabhängi-
bringen. Im Wahlkampf bildete dies nach       ges Schottland automatisch aus der EU
der weiteren Bekämpfung der Pandemie das      ausgeschlossen und ein rascher Wiederbei-
tritt als eigenständiges Mitglied unsicher      schneidend verändert, dass ein zweites Un-
                 sei. Auch wenn sich die EU selbst aus der       abhängigkeitsreferendum gerechtfertigt sei.
                 Kampagne heraushielt, wurde diese Sicht-        Gleichzeitig gilt der Brexit für die SNP als
                 weise vom damaligen EU-Kommissions-             Paradebeispiel dafür, dass die demokrati-
                 präsidenten Barroso unterstützt. Mit Ver-       sche Willensbildung der Schotten im Ver-
                 weis auf die Nichtanerkennung Kosovos           einigten Königreich regelmäßig übergangen
                 durch Spanien erklärte er, ein Neubeitritt      wird. Zusätzlich verbindet die SNP auch
                 Schottlands zur EU sei »extrem schwer,          argumentativ die Unabhängigkeit mit der
                 wenn nicht unmöglich«.                          potentiellen Rückkehr in die EU. SNP-Partei-
                                                                 chefin und schottische Erste Ministerin
                                                                 Nicola Sturgeon rief die EU gar dazu auf,
                 Der Brexit als Katalysator für die              einen Platz für Schottland freizuhalten.
                 Unabhängigkeit                                     Analysen zeigen jedoch, dass nicht der
                                                                 Brexit allein den fundamentalen Meinungs-
                 Bekanntermaßen hat sich das Verhältnis          umschwung zugunsten der Unabhängigkeit
                 zwischen schottischer Unabhängigkeit und        bewirkt hat. Zwar haben einige proeuropäi-
                 EU-Mitgliedschaft vollständig gewandelt.        sche Unabhängigkeitsgegner zur »Yes«-Seite
                 Beim EU-Referendum 2016 stimmten 62 Pro-        gewechselt. Es gibt aber auch Schotten, die
                 zent der schottischen Bevölkerung für den       2014 für die Unabhängigkeit gestimmt
                 Verbleib in der EU und 38 Prozent dagegen.      haben, aber entweder auch für den Brexit
                 Das änderte aber nichts am Gesamtergebnis,      waren oder nach den Erfahrungen mit
                 da die Schotten nur 8 Prozent der Bevöl-        diesem die wirtschaftlichen Risiken der
                 kerung des Vereinigten Königreichs aus-         Unabhängigkeit scheuen. Ausschlaggebend
                 machen. Auch im weiteren Prozess sprach         war die Kombination aus dem Brexit, der
                 sich die schottische Regierung für einen        Regierungsübernahme durch Boris Johnson
                 möglichst weichen Brexit aus und betonte,       und dem sehr unterschiedlichen Corona-
                 wie wichtig der Zugang zum Binnenmarkt          Management zwischen Schottland und
                 einschließlich der Freizügigkeit für die        England. Erst dieses Zusammenwirken hat
                 schottische Wirtschaft sei. Diese Position      dazu geführt, dass die Unabhängigkeits-
                 floss indes nicht in die Verhandlungsstrate-    befürworter Ende 2020 und Anfang 2021
                 gie der konservativ geführten Regierungen       zeitweise einen zum Teil klaren Vorsprung
                 unter Theresa May und Boris Johnson ein.        in Umfragen hatten.
                 Forderungen nach einem Sonderstatus                Verstärkt durch den Brexit hat sich
                 Schottlands ähnlich wie im Falle Nord-          zudem die schottische weiter von der briti-
                 irlands wies die britische Regierung (aber      schen Politik entfremdet. Seit 2015 ist
                 auch die EU) zurück.                            Schottlands Politik so von der SNP domi-
                    Im weiteren Verlauf stimmte das schotti-     niert, dass diese (auch wegen des britischen
                 sche Parlament, ebenso wie die Parlamente       Mehrheitswahlrechts) durchgängig mehr
                 von Nordirland und Wales, sowohl gegen          Sitze in Schottland gewonnen hat als Kon-
                 das Austrittsabkommen als auch das Han-         servative, Labour und Liberaldemokraten
                 dels- und Kooperationsabkommen (HKA)            zusammen. Zurzeit sind es 44 von 59 Man-
                 mit der EU, das den harten Brexit vollendete.   daten. Labour, früher jahrzehntelang die
                 In beiden Fällen waren die Voten rechtlich      vorherrschende Partei in Schottland, stellt
                 für Westminster nicht bindend. Das House of     nur noch einen einzigen schottischen Abge-
                 Commons ignorierte die Ablehnung und rati-      ordneten. Seit 2010 war es für den Ausgang
                 fizierte die Abkommen mit seiner konser-        der Wahlen im Vereinigten Königreich
                 vativen Mehrheit. Aus Sicht der SNP wurde       unerheblich, wie die Wahlen in Schottland
                 Schottland damit nicht nur gegen seinen         ausgingen. Ihre Mehrheiten erlangten die
                 Willen aus der EU geführt, sondern zum          Tories stets in England und Wales. Die SNP
                 harten Brexit gezwungen. Daher habe der         aber nimmt in London eine reine Opposi-
                 Brexit die Situation Schottlands so ein-        tionsrolle ein und hat erfolgreich das Narra-

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tiv eines Widerspruchs zwischen schotti-       ko einer Volksabstimmung zur Unabhängig-
schen Interessen und der Politik der Regie-    keit in Kauf. Politisches Kalkül war damals,
rung Johnson geprägt. In den ebenfalls im      dass die Befürworter die Mehrheit verfehlen
Mai 2021 stattfindenden englischen Lokal-      würden, ein schnelles Referendum mit die-
und Regionalwahlen hat sich der Stimmen-       sem Resultat das Streben nach Unabhän-
anteil der Konservativen auf Kosten von        gigkeit entscheidend schwächen würde und
Labour noch einmal deutlich erhöht, was        die Frage »für mindestens eine Generation«
das Narrativ der SNP einer Vorherrschaft       ad acta gelegt werden könne. David Came-
der Tories in England verstärkt.               ron ging dieses kalkulierte Risiko auch des-
   Schon 2020 wollte die SNP-geführte          halb ein, weil die Zustimmung zur Unab-
schottische Regierung ein zweites Referen-     hängigkeit bei nicht einmal 30 Prozent lag,
dum einleiten, unterbrach die Planungen        als das Referendum angesetzt wurde. Anders
aber mit dem Argument, zunächst alle poli-     als beim späteren EU-Referendum ging die
tischen Kräfte auf die Eindämmung der          Rechnung auf, auch wenn das Ergebnis mit
Pandemie zu konzentrieren. Mit der erneu-      45 zu 55 Prozent spürbar knapper ausfiel
ten Mehrheit der Unabhängigkeitsbefürwor-      als erwartet.
ter will die Regierung aber nun ihr Wahl-
kampfversprechen einlösen und im Laufe         Risikoreiche Abwägung für
der ersten Hälfte der neuen Legislatur-        Boris Johnson
periode ein zweites Referendum initiieren.
                                               2021 ist die politische und in der Folge wohl
                                               auch die rechtliche Ausgangslage anders.
Der lange Weg zum                              2014 fehlten der SNP vier Sitze, 2021 nur
Unabhängigkeitsreferendum                      noch einer zur absoluten Mehrheit im schot-
                                               tischen Parlament. Zwar hat sie mit 47,7
Ob das schottische Parlament jedoch die        Prozent erheblich mehr Stimmenanteil als
Kompetenz hat, eigenständig eine Volks-        Boris Johnsons Konservative im Vereinigten
abstimmung zur Unabhängigkeit auf den          Königreich (43,6 Prozent). Dank der unter-
Weg zu bringen, ist rechtlich und politisch    schiedlichen Wahlsysteme verfügt Johnson
hoch umstritten und wird auch für die EU       jedoch über eine komfortable absolute
außerordentlich wichtig sein. 2014 waren       Mehrheit im britischen Unterhaus. David
Rechtmäßigkeit und Legitimität des Un-         Cameron reichten dort 2015 sogar 36,9
abhängigkeitsreferendums einwandfrei           Prozent für eine absolute Mehrheit, mit der
geklärt. So verständigten sich der damalige    er dann das EU-Referendum auf den Weg
britische Premierminister David Cameron        brachte. Im schottischen Parlament hat die
und der schottische Erste Minister Alex        SNP mit den Grünen zwar eine klare Majo-
Salmond 2012 in der »Vereinbarung von          rität für ein weiteres Unabhängigkeitsrefe-
Edinburgh« darauf, dass sowohl die schot-      rendum. Politisch aber schwächt das Ver-
tische als auch die britische Regierung das    fehlen einer eigenen Mehrheit dennoch die
Ergebnis einer Volksabstimmung anerken-        Erzählung der SNP von einem eindeutigen
nen würden, die auf solider rechtlicher        Mandat der schottischen Bevölkerung.
Basis, mit neutraler Fragestellung und            Ungewiss ist zudem, ob die schottische
unter fairen Bedingungen stattfinden sollte.   Regierung hierzu vom britischen Parlament
Hierfür übertrug das britische Parlament       abermals die spezifische, eindeutige Zustän-
durch eine Änderung des Scotland Act dem       digkeit übertragen bekommt. Premier Boris
schottischen Parlament für begrenzte Zeit      Johnson hat dies nach den Wahlen bereits
und einmalig die Sonderzuständigkeit, ein      für absehbare Zeit abgelehnt. Schottlands
Referendumsgesetz zu erlassen.                 Bevölkerung, so Johnson, habe sich 2014
   Die britische Regierung nahm damit im       unmissverständlich gegen die Unabhängig-
Unterschied etwa zu spanischen Regierun-       keit entschieden, und das damalige Refe-
gen gegenüber Katalonien bewusst das Risi-     rendum behalte mindestens für eine Gene-

                                                                                               SWP-Aktuell 38
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ration seine demokratische Gültigkeit. Auch    Volksabstimmung auf den Weg bringen
                 zwischen dem ersten und dem zweiten EU-        kann. Schon in den Jahren 2012 bis 2014
                 Referendum im Vereinigten Königreich           hatte die SNP argumentiert, die schottische
                 (1975 und 2016) hätten mehr als 40 Jahre       Regierung habe zu ihrer rechtlichen und
                 gelegen. Schon 2017 hatte die SNP mit Ver-     politischen Absicherung zwar das gesetzlich
                 weis auf den Brexit und die letzten schot-     verankerte Plazet Londons eingeholt, aber
                 tischen Wahlen die Autorisierung für ein       zwingend notwendig sei das nicht gewesen.
                 neues Referendum gefordert. Dieses An-             Im Zentrum der Debatte steht der Scot-
                 sinnen wies die damalige Premierministerin     land Act von 1998, der im britischen Rechts-
                 May aber zurück, da es »nicht die Zeit         system dem schottischen Parlament seine
                 dafür« sei und zunächst der Brexit-Prozess     Kompetenzen zuweist. Gesetzgeberische Be-
                 bewältigt werden müsse.                        schlüsse des schottischen Parlaments außer-
                    Dieser ist zwar nun vollzogen, aber         halb dieser Zuständigkeiten sind nichtig.
                 sowohl die Konservativen mit dem Premier       Nicht statthaft unter anderem sind demnach
                 an der Spitze als auch Labour sind weiter-     Beschlüsse, welche »die Union der König-
                 hin gegen ein zweites Referendum. Vor          reiche Schottland und England« sowie das
                 allem Johnson spielt weiter auf Zeit. Hinzu    Parlament des Vereinigten Königreichs
                 kommt, dass eine neue Volksabstimmung          betreffen.
                 ein wesentlich höheres Risiko birgt als jene       Auf Basis dieser Rechtslage akzeptiert
                 im Jahr 2014. Aktuelle Umfragen zur schot-     auch die SNP-geführte schottische Regie-
                 tischen Unabhängigkeit prognostizieren         rung, dass das schottische Parlament die
                 höchstens einen winzigen Vorsprung für         Union mit dem Vereinigten Königreich
                 den Verbleib im Vereinigten Königreich,        nicht einseitig aufheben und die Unabhän-
                 wenn nicht gar eine knappe Mehrheit für        gigkeit erklären kann. Zwischen britischer
                 den Austritt. Zudem organisierten 2014         und schottischer Regierung sowie in der
                 Tories, Labour und Liberaldemokraten eine      britischen Rechtswissenschaft ist jedoch
                 gemeinsame »Better Together«-Kampagne.         umstritten, ob bereits ein Unabhängigkeits-
                 Heute würde sich Labour zwar nicht für die     referendum an sich damit ausgeschlossen
                 schottische Unabhängigkeit aussprechen,        ist, wenn es nicht zuvor von Westminster
                 aber auch nicht mehr zusammen mit den          autorisiert wurde. So war beispielsweise
                 Konservativen Wahlkampf machen. Nicht          auch das EU-Referendum von 2016 recht-
                 zuletzt ähneln viele Argumente gegen die       lich unverbindlich, obwohl es später eine
                 Unabhängigkeit jenen gegen den Brexit.         starke politische Bindekraft entfaltet hat.
                 Diese können Johnson und seine Brexiteers      Laut Rechtsprechung des Obersten Gerichts-
                 kaum glaubwürdig vortragen. Boris Johnson      hofs des Vereinigten Königreichs bedurfte
                 würde also riskieren, als der Premiermini-     es auch nach dem Brexit-Votum der briti-
                 ster in die Geschichte einzugehen, der –       schen Bevölkerung eines vom Parlament
                 mit dem Brexit – das Vereinigte Königreich     beschlossenen Gesetzes, bevor Premier-
                 dem Zerfall preisgegeben hat. In dem sich      ministerin Theresa May formell den Aus-
                 nun abzeichnenden Machtkampf zwischen          tritt aus der EU gemäß Artikel 50 des Ver-
                 SNP-geführter Regierung in Edinburgh und       trags über die Europäische Union in Gang
                 Johnsons Regierung wird das britische Parla-   setzen konnte.
                 ment diesmal, anders als 2014, seine Ge-           Analog dazu argumentiert die SNP, auch
                 nehmigung wohl verweigern.                     das schottische Parlament könne eigen-
                                                                ständig ein konsultatives Referendum auf
                 Optionen für die SNP                           den Weg bringen. Zur Vorbereitung hat die
                                                                SNP mit ihrer Parlamentsmehrheit schon in
                 Trotz oder gerade wegen der klaren Rechts-     der abgelaufenen Legislaturperiode zwei
                 lage von 2014 ist jedoch ungewiss, ob das      Gesetze verabschiedet, welche die britische
                 schottische Parlament auch ohne vorherige      Königin mit ihrer Unterschrift bereits in
                 Autorisierung durch Westminster eine           Kraft gesetzt hat. Das erste, der Referendums

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(Scotland) Act, enthält die Grundlagen für            Gesetz das schottische Parlament passieren,
Volksabstimmungen, für deren Ansetzung                dessen Mehrheit nun sicher ist. Die SNP
nun nur noch ein kurzes Gesetz des schotti-           wird sich den günstigsten Zeitpunkt hierfür
schen Parlaments notwendig ist. Die Regeln            aussuchen. Angekündigt hat sie ein Gesetz
entsprechen weitgehend den landesweiten               für die erste Hälfte der neuen Legislatur-
Bestimmungen des Vereinigten König-                   periode, also bis Mitte 2023. Die unmittel-
reichs, und die Referendumsfrage müsste               bare Phase der Pandemie wird sie noch ab-
von der britischen unabhängigen Wahl-                 warten und danach auf die Umfragen
kommission geprüft werden. Das zweite,                schauen. Dann werden die Verhandlungen
der Scottish Elections (Franchise & Representation)   mit der britischen Regierung über eine
Act, regelt unter anderem Fragen, die für             Autorisierung und im Falle einer Ableh-
den Referendumsausgang wichtig sind.                  nung ein Verfahren vor dem Obersten
Dazu gehört das Wahlrecht, welches für                Gerichtshof mindestens ein halbes Jahr
alle legal in Schottland ansässigen Personen          dauern. Für den weiteren Verlauf sind im
ab 16 Jahren gilt, also weiterhin auch für            Referendums (Scotland) Act Bedingungen
dort lebende EU-Bürgerinnen und -Bürger.              festgelegt: So muss die Abstimmungsfrage
   Nach ihrem Wahlsieg will die SNP zu-               von der Unabhängigen Wahlkommission
nächst von der britischen Regierung for-              geprüft werden. Für beide Seiten wird je
dern, ein Referendum gemäß dem Scotland               eine offizielle Kampagne ausgewählt. Es
Act von 1998 zu autorisieren. Damit möchte            gilt eine Mindestdauer für die öffentliche
die SNP sich rechtlich absichern und                  Debatte vor dem Abstimmungstag. Beim
politische Legitimität im In- und Ausland             ersten Unabhängigkeitsreferendum hat
gewinnen, besonders mit Blick auf die EU.             dieser Prozess mehr als drei Jahre gedauert.
Sollten die Regierung Johnson und das                    Nun sind zwar bereits wichtige recht-
britische Parlament die Autorisierung                 liche Grundlagen geschaffen worden, aber
erwartungsgemäß verweigern, will die SNP              voraussichtlich wird das Verfahren vor
dennoch ein Referendumsgesetz auf den                 dem Obersten Gerichtshof hinzukommen.
Weg bringen. Es ist davon auszugehen, dass            Daher dürfte frühestens in der zweiten
der Oberste Gerichtshof des Vereinigten               Jahreshälfte 2022 mit einem Unabhängig-
Königreichs ein solches Gesetz, das zuvor             keitsreferendum zu rechnen sein, wenn
nicht vom britischen Parlament autorisiert            nicht erst 2023. Johnson könnte sogar ver-
wurde, vor Inkrafttreten prüfen muss –                suchen, ein Referendum auf die Zeit nach
mit offenem Ausgang. Noch hat sich                    den nächsten britischen Wahlen 2024 zu
die SNP nicht festgelegt, wie sie reagieren           verschieben. Je nach den Umfragen, die ak-
würde, sollte der Oberste Gerichtshof – wie           tuell wieder auf eine knappe Mehrheit für
das spanische Verfassungsgericht im Falle             den Verbleib hindeuten, könnte die SNP
Kataloniens – das angestrebte Referendum              auch aus wahltaktischen Gründen anstre-
untersagen. Zu erwarten ist damit ein län-            ben, die Volksabstimmung auf einen für sie
gerer juristischer und politischer Macht-             günstigeren Termin zu schieben.
kampf zwischen der SNP und der Regierung                 Zweitens wird sich zumindest mittel-
Johnson darüber, ob ein Referendum ein-               fristig wohl kein »katalanisches Szenario«
geleitet werden soll, und wenn ja, von wem.           ergeben, also kein verfassungswidriges
                                                      Unabhängigkeitsreferendum gegen den
Kein Referendum vor 2022                              Willen der britischen Regierung. Auch
                                                      wenn die SNP ein Referendumsgesetz ohne
Aus dieser rechtlichen Gemengelage lassen             Westminsters Autorisierung einbringt, wird
sich zwei wichtige politische Schlussfolge-           es vom Obersten Gericht geprüft werden.
rungen ziehen. Erstens wird ein zweites               Erst wenn das Gericht dem schottischen
Unabhängigkeitsreferendum nicht kurz-                 Parlament diese Kompetenz abspricht, muss
fristig erfolgen. Zwar muss auf Grundlage             die SNP entscheiden, ob sie weiter versucht,
des Referendums (Scotland) Act nur ein kurzes         sich mit der britischen Regierung zu eini-

                                                                                                     SWP-Aktuell 38
                                                                                                          Mai 2021

                                                                                                                 5
gen, oder stattdessen auf andere Weise eine    aufzuspalten. Überdies würde der Umgang
                 Volksbefragung durchsetzen möchte.             mit der Sondersituation in Nordirland zu-
                                                                sätzlich erschwert. Eine solche Schwächung
                                                                des weiterhin für die EU und Deutschland
                 Handlungsoptionen für die EU                   wichtigen Partners Vereinigtes Königreich
                                                                sowie die damit verbundene Belastung für
                 Die Referendumspläne der SNP bringen die       das europäisch-britische Verhältnis liegt
                 Europäische Union angesichts ihrer ohne-       nicht im gemeinsamen Interesse.
                 hin angespannten Beziehungen zum Ex-              Politisch noch sensibler wird die Dis-
                 Mitglied Vereinigtes Königreich in eine        kussion, falls es 2022 oder später tatsäch-
                 heikle politische Lage. Das Streben nach der   lich zu einem zweiten Unabhängigkeitsre-
                 Unabhängigkeit Schottlands ist eng mit         ferendum kommt. Wie sich Institutionen
                 dem Brexit verknüpft, und die SNP-Führung      und einzelne Staaten der EU dazu positio-
                 macht keinen Hehl aus ihren Ambitionen,        nieren, dürfte in dieser Zeit großen Wider-
                 dass Schottland wieder EU-Mitglied werde.      hall in der schottischen und britischen
                 Darum wird es für die EU und auch Deutsch-     Debatte finden. Ein besonderes Augenmerk
                 land schwierig werden, politisch neutral zu    dürfte sich dabei auf Deutschland, Spanien
                 bleiben. Die schottische Unabhängigkeit        (wegen Katalonien), Frankreich und Irland
                 wird keine rein innenpolitische Angelegen-     richten. Das wirft Fragen hinsichtlich der
                 heit des Vereinigten Königreichs bleiben.      eigenen Glaubwürdigkeit und des späteren
                 Jede Äußerung zu dem Prozess wird in der       Umgangs mit beiden potentiellen Resulta-
                 britischen und schottischen Presse als Ein-    ten der Volksabstimmung auf. Auch hier
                 mischung genutzt oder verteufelt werden.       wird gelten, dass jede Äußerung zur Unab-
                    Auf der anderen Seite hat sich die Erste    hängigkeit und zur möglichen Aufnahme
                 Ministerin Nicola Sturgeon bereits öffent-     eines unabhängigen Schottlands in die EU
                 lich an Deutschland und andere EU-Staaten      instrumentalisiert wird. Zu beachten ist,
                 gewandt, eine Tür für Schottland in der EU     dass Schottland sich auch im Falle eines
                 offen zu halten. Nicht zu unterschätzen ist    Yes-Votums nicht über Nacht für unabhän-
                 zudem der Anreiz für proeuropäische poli-      gig erklären würde. Stattdessen würde es
                 tische Akteure und Kommentatoren, die          sich erst in einem längeren Aushandlungs-
                 schottische Unabhängigkeit und damit das       verfahren im Laufe der nächsten Jahre vom
                 Auseinanderbrechen des Vereinigten König-      Vereinigten Königreich lösen, fast vergleich-
                 reichs zur dramatischen Konsequenz des         bar mit dem Artikel-50-Prozess.
                 Brexits zu erklären.
                    Gerade deshalb sind die EU und Deutsch-     Vier kritische Fragen für die EU
                 land gut beraten, politisch sehr vorsichtig
                 mit der Frage der schottischen Unabhän-        Erst wenn dieses Verfahren läuft, also die
                 gigkeit umzugehen. Kurzfristig gilt dies       Bevölkerung Schottlands unmissverständ-
                 nun für die Zeit nach den Wahlen. Solange      lich für dessen Ausscheiden aus dem Ver-
                 die schottische und die britische Regierung    einigten Königreich votiert hat, muss auch
                 darüber verhandeln oder vor Gericht strei-     die EU kritische Fragen zur schottischen
                 ten, ob es ein zweites Referendum geben        Unabhängigkeit klären. Vier davon sind
                 darf, ist es im Interesse der EU, in diesen    besonders heikel für die Union. Sie wird
                 zunächst einmal innenpolitischen Konflikt      mit ihnen wohl schon bald konfrontiert
                 nicht weiter hineingezogen zu werden.          werden, sollte sich aber hüten, voreilige
                 Auch Aufrufe wie jener von 170 europäi-        Antworten darauf zu geben.
                 schen und britischen Personen des öffent-         Die erste Frage berührt die EU-Mitglied-
                 lichen Lebens im April 2021, die EU solle      schaft an sich. Wie jeder europäische Staat
                 ein unabhängiges Schottland willkommen         hätte auch ein unabhängiges Schottland
                 heißen, dürften in London als Versuch          gemäß Artikel 49 EUV das Recht, einen An-
                 gewertet werden, das Vereinigte Königreich     trag auf Beitritt zur EU zu stellen. Mittler-

SWP-Aktuell 38
Mai 2021

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weile obsolet aufgrund des Brexits sind die      gener Abkommen zugestanden werden
Diskussionen von 2014 über eine »interne         sollte, um Mitglied der Common Travel
Erweiterung« oder den direkten Übergang          Area zwischen Irland und dem Vereinigten
vom Vereinigten Königreich zur EU-Mitglied-      Königreich zu bleiben.
schaft. Jedoch ist die EU nicht verpflichtet,        Auch die dritte Frage dreht sich um ein
Schottland aufzunehmen. Außerdem müss-           potentielles Opt-out, nämlich die Währung.
te es die Kopenhagener Kriterien in Bezug        Schon beim Referendum 2014 spielte dies
auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit,          eine wichtige Rolle. Damals sprach sich die
funktionierende wirtschaftliche Ordnung          SNP-Regierung unter dem Eindruck der
und Übernahme des EU-Acquis erfüllen. Da         Eurokrise dafür aus, nach der Unabhängig-
das Vereinigte Königreich nach dem Brexit        keit das britische Pfund zu behalten. Dies
zunächst den kompletten EU-Acquis in             wurde von der »Better Together«-Kampagne
nationales Recht überführt hat, dürfte trotz     als unglaubwürdig kritisiert und war eins
erster Divergenzen eine Heranführung an          ihrer Hauptargumente, um das hohe wirt-
EU-Recht relativ schnell zu bewältigen sein.     schaftliche Risiko der Unabhängigkeit dar-
Wichtigstes politisches Kriterium für Staa-      zustellen. Aktuell hat die SNP für ein un-
ten wie Spanien dürfte indes sein, ob das        abhängiges Schottland eine eigene Wäh-
Referendum verfassungsgemäß stattgefun-          rung versprochen und zugesichert, vor der
den und die Unabhängigkeit in enger Ab-          Einführung des Euro, falls sie denn statt-
stimmung mit der britischen Regierung            finden soll, ein weiteres Referendum abzu-
erklärt wurde – ob also zusätzlich zum           halten. Zwar muss ein neues EU-Mitglied
Brexit sich auch das Prozedere deutlich von      seine Währung nicht unmittelbar durch
jenem im Fall Katalonien unterscheidet.          den Euro ersetzen. Zumindest langfristig
   Die zweite Frage betrifft die Grenze zum      ist aber, so die bisherige Praxis, auch ein
restlichen Vereinigten Königreich. Infolge       Euro-Beitritt obligatorisch. Vor einem
des harten Brexits wären nach einem EU-          zweiten Unabhängigkeitsreferendum wird
Beitritt Schottlands Grenzkontrollen an der      daher voraussichtlich über zwei Schwer-
dann entstehenden schottisch-britischen          punktthemen zu diskutieren sein. Zum
Grenze notwendig. Zwar wäre diese voraus-        einen dürfte es darum gehen, ob die EU
sichtlich politisch weniger aufgeladen als       Schottland bei einem Beitritt zum Euro
die nordirisch-irische Grenze zwischen EU        verpflichten würde, der im Vereinigten
und Vereinigtem Königreich. Dennoch wäre         Königreich nach wie vor einen äußerst
sie wirtschaftlich und politisch ein großer      schlechten Ruf hat. Zum anderen wird die
Einschnitt. Dies gilt umso mehr, als Schott-     SNP mit der Frage konfrontiert werden,
lands Handel mit dem restlichen Vereinig-        ob eine eigenständige Währung und eine
ten Königreich weitaus umfangreicher ist         eigene Zentralbank bzw. der Euro und die
als mit der EU. Wie schon die Brexit-Befür-      EZB in der Lage wären, die gleiche wirt-
worter vor dem EU-Referendum in Abrede           schaftliche Stabilität zu gewährleisten wie
stellten, dass der EU-Austritt wirtschaftliche   das britische Pfund und die Bank of England.
Konsequenzen und neue Handelsschranken               Die vierte Frage schließlich tangiert die
für das Vereinigte Königreich mit sich           Fischereipolitik. Dabei geht es weniger um
bringen würde, so bestreitet nun die SNP,        ihre wirtschaftliche Bedeutung. Angesichts
dass Grenzkontrollen an der schottisch-          der ausgedehnten territorialen Gewässer
britischen Grenze notwendig wären. Aus           Schottlands ist sie wie beim Brexit ein hoch
EU-Perspektive wären sie aber zumindest          politisches und emotionales Thema. Zwar
für den Warenverkehr beim Beitritt zu Zoll-      haben schottische Fischer mehrheitlich den
union und Binnenmarkt der Union zwin-            Brexit befürwortet, sind aber seit dem Ende
gend erforderlich. Für den freien Personen-      der Übergangszeit besonders stark vom
verkehr wäre zu prüfen, ob Schottland ana-       harten Brexit und den daraus erwachsenden
log zu Irland (und wie zuvor dem Vereinig-       Schwierigkeiten beim Export ihrer Ware in
ten Königreich) ein Opt-out aus dem Schen-       die EU betroffen. Eine der politisch heikel-

                                                                                                 SWP-Aktuell 38
                                                                                                      Mai 2021

                                                                                                             7
sten Verhandlungen, obwohl die Fischerei                      leicht. Ebenso wenig sollte er Anlass zu
                               nur ein Viertelprozent der schottischen                       Häme oder Ansporn seitens der EU sein.
                               Wirtschaft ausmacht, wäre daher die Abwä-                        Die Analyse der rechtlichen Bedingungen
                               gung zwischen dem Zugang von EU-Fischern                      für ein zweites Referendum zeigt, dass die
                               zu schottischen Gewässern, der Wieder-                        absolute Mehrheit der Unabhängigkeits-
                               herstellung des Zugangs zum EU-Markt und                      befürworter von SNP und schottischen Grü-
                               neuen Schranken beim Zugang zu briti-                         nen allein dafür nicht ausreicht. Für voll-
                               schem Markt und britischen Gewässern.                         ständige Rechtssicherheit und politische
                                  Nicht direkt die EU betreffend, aber den-                  Legitimität wäre es unerlässlich, dass West-
                               noch aus deutscher Perspektive wichtig sind                   minster eine solche Volksabstimmung auto-
© Stiftung Wissenschaft        schließlich die potentiellen Auswirkungen                     risiert. Das freilich lehnen Boris Johnson
und Politik, 2021              auf die Außen-, Sicherheits- und Verteidi-                    und seine Konservativen bis dato ab. Aller
Alle Rechte vorbehalten        gungspolitik. Ein unabhängiges Schottland                     Voraussicht nach wird ein langwieriger
                               wäre zunächst nicht mehr Mitglied der                         politischer Konflikt folgen, womöglich auch
Das Aktuell gibt die Auf-
                               Nato. Bei Überwachung und Verteidigung                        eine Auseinandersetzung vor dem Obersten
fassung des Autors wieder.
                               des Luft- und Seeraumes in Europa ent-                        Gerichtshof des Vereinigten Königreichs. Vor
In der Online-Version dieser   stände der Allianz daher eine große Lücke.                    dem zweiten Halbjahr 2022 wird es daher
Publikation sind Verweise      Zudem steht die SNP den britischen Kern-                      kein Unabhängigkeitsreferendum geben.
auf SWP-Schriften und          waffen höchst kritisch gegenüber, denn die                    Für die EU und Deutschland gilt es in dieser
wichtige Quellen anklickbar.
                               mit nuklearen Trident-Interkontinental-                       Phase, alle Fragen rund um die schottische
SWP-Aktuells werden intern
                               raketen bestückten vier britischen Atom-U-                    Unabhängigkeit als innenpolitische Themen
einem Begutachtungsverfah-     Boote sind in schottischen Häfen stationiert.                 zu behandeln und sich nicht einzumengen.
ren, einem Faktencheck und     Die schottischen Grünen lehnen Nuklear-                          Käme es zu einem zweiten Referendum,
einem Lektorat unterzogen.     waffen prinzipiell ab. Vergleichbar sichere                   bliebe der Ausgang mehr als ungewiss. Ende
Weitere Informationen          Alternativen zu den schottischen Stützpunk-                   2020 und Anfang 2021 lagen die Unabhän-
zur Qualitätssicherung der
                               ten gibt es im restlichen Vereinigten König-                  gigkeitsbefürworter in mehreren Umfragen
SWP finden Sie auf der SWP-
Website unter https://www.     reich nicht. Deswegen gehen britische Ver-                    zum Teil deutlich vorn. Grund war die Kom-
swp-berlin.org/ueber-uns/      teidigungsexperten davon aus, dass vorüber-                   bination aus ungewolltem hartem Brexit
qualitaetssicherung/           gehend sogar eine Stationierung in einem                      und dem schlechten Covid-19-Management
                               anderen Nato-Staat wie Frankreich oder den                    im Vereinigten Königreich. In puncto Pan-
SWP
                               USA notwendig werden könnte. Auch die                         demiebekämpfung stand Schottland auch
Stiftung Wissenschaft und
Politik
                               Frage einer Nato-Mitgliedschaft an sich dürf-                 durch die entschlossenere Politik der SNP-
Deutsches Institut für         te in Schottland umstritten sein. Irland bei-                 Regierung zunächst besser da. Aber infolge
Internationale Politik und     spielsweise ist nach der Unabhängigkeit be-                   der Impfkampagne, die anders als Lock-
Sicherheit                     wusst neutral geblieben, um sich nicht an                     down-Entscheidungen im Vereinigten König-
                               militärischen Interventionen des Vereinig-                    reich zentral und offensichtlich erfolg-
Ludwigkirchplatz 3–4
                               ten Königreichs beteiligen zu müssen.                         reicher als in der EU gemanagt wurde, hat
10719 Berlin
Telefon +49 30 880 07-0                                                                      sich das Bild gewandelt. Seit Februar 2021
Fax +49 30 880 07-100                                                                        weisen die Umfragen einen leichten Trend
www.swp-berlin.org             Ausblick                                                      in Richtung Verbleib aus.
swp@swp-berlin.org                                                                              Im längeren Verlauf ist daher anders als
                               Der Brexit hat den Zusammenhalt des Ver-                      2014 ein sehr knapper Ausgang zu erwar-
ISSN (Print) 1611-6364
ISSN (Online) 2747-5018
                               einigten Königreichs stark belastet und                       ten, bei dem die Stimmung auch kurz vor
doi: 10.18449/2021A38          auch die Frage der schottischen Unabhängig-                   dem Referendum noch kippen kann. Des
                               keit wiederbelebt, die eigentlich nach dem                    Sieges gewiss kann sich keine der beiden
                               Referendum 2014 im Sinne ihrer Gegner                         Seiten sein. Die EU sollte auf keines der geg-
                               »für mindestens eine Generation« geklärt                      nerischen Lager wetten, geschweige denn
                               schien. Dennoch ist der Weg zur Abspaltung                    die Unabhängigkeit aktiv unterstützen.
                               Schottlands weder programmiert noch

                               Dr. Nicolai von Ondarza ist Leiter der Forschungsgruppe EU / Europa.

      SWP-Aktuell 38
      Mai 2021

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