Demenz Miteinander Leben gestalten Démence - Façonner la vie ensemble - Nr./No 59 - Juni / Juin 2021
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N r . / N o 5 9 —— J u n i / J u i n 2 0 2 1 Das Magazin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn Le Magazine des Eglises réformées Berne-Jura-Soleure Demenz − Miteinander Leben gestalten Démence – Façonner la vie ensemble
I N H A L T 4 DOSSIER DEMENZ Démence 4 Eine Kultur der Gastfreundschaft Une culture de l’hospitalité 12 Vergesslich, aber nicht vergessen Absents, mais pas oubliés 16 Nicht neu, sondern anders Tout révolutionner? Non, seulement évoluer! IMPRESSUM 18 Une solitude à deux ENSEMBLE — Magazin für mitarbeitende, ehren Gemeinsam einsam amtliche und engagierte Mitglieder der Reformier ten Kirchen Bern-Jura-Solothurn / Magazine pour 22 Glücksgefühle im Hier und Jetzt les membres engagés, collaborateurs et bénévoles des Eglises réformées Berne-Jura-Soleure — Herausgeberin / Editeur: Reformierte Kirchen 24 FOKUS Bern-Jura-Solothurn / E glises réformées Berne- Jura-Soleure / Altenbergstrasse 66, Postfach / Case Aktuelles aus Bern-Jura-Solothurn postale, 3000 Bern 22, ENSEMBLE@refbejuso.ch (auch für Abobestellungen) FOCUS Actualités de Berne-Jura-Soleure Erscheinungsweise / Parution: 10-mal pro Jahr / 10 fois par année – Auflage / Tirage: 5500 – 29 KREUZ UND QUER Nächste Ausgabe / Prochaine parution: Anfang Juli / début juillet Aus den Bezirken, Kirchgemeinden und dem Haus der Kirche Redaktion / Rédaction: Olivier Schmid (verantwort DE LONG EN LARGE Régions, paroisses et Maison de l’Eglise lich), Nathalie Ogi – Freie Mitarbeit / Collaboration libre: Gerlind Martin, Angela Wagner – Kreis schreiben / Circulaire du Conseil synodal: Karin 31 KURZ UND BÜNDIG Freiburghaus – Cartoon: Tony Marchand – Layout: Ueli Frutiger (Jost Druck AG) – Übersetzungen / Kreisschreiben des Synodalrats Traductions: André Carruzzo, Nicolas Pache, Gabrielle Rivier, Nadya Rohrbach – Korrektorat / EN BREF Circulaire du Conseil synodal Corrections: Renate Kinzl – Titelbild / Image de couverture: Menschen mit Demenz haben das Be SCHAUFENSTER dürfnis, Beziehungen aktiv mitzugestalten. / Les 35 personnes atteintes de démence ont besoin de par ticiper activement aux relations. © Keystone / Martin VITRINE Glauser Grafisches Konzept / Concept graphique: Neidhart Grafik, Klösterlistutz 18, 3013 Bern — Inhaltliches Konzept und Beratung / Concept du contenu et conseil: hpe Kommunikation, Sustenweg 64, 3014 Bern — Layout / Druck / Impression: Jost Druck AG, Stationsstrasse 5, 3626 Hünibach Inhalt —– ENSEMBLE 2021/59
E D I T O R I A L LIEBE LESERINNEN UND LESER CHÈRE LECTRICE, CHER LECTEUR Bis 2050 werden in der Schweiz infolge der gestie D’ici 2050, plus de 315 000 personnes en F genen Lebenserwartung über 315 000 Menschen Suisse souffriront de démence suite à l’aug an einer Demenz erkranken. Alzheimer ist dabei mentation de l’espérance de vie. La maladie die häufigste Form von Demenz, insgesamt gibt es d’Alzheimer est la forme la plus courante de dé aber über hundert Arten dieser Gehirnerkrankung. mence, mais il existe au total plus d’une centaine Ihnen gemeinsam ist, dass sie kognitive Fähigkei de types de cette atteinte cérébrale. Elles altèrent ten wie das Denkvermögen, das Gedächtnis, den toutes les capacités cognitives telles que la capa Orientierungssinn oder das Sprachverständnis be cité de penser, la mémoire, le sens de l’orientation einträchtigen. Die Betroffenen werden zunehmend ou la compréhension du langage. Les malades in ihren Aktivitäten eingeschränkt und sind immer sont de plus en plus limités dans leurs activités mehr auf Hilfe angewiesen. Oftmals ziehen sie sich et de plus en plus dépendants. Ils s’enferment in ihre eigenen vier Wände zurück: aus Hilflosig souvent entre quatre murs: par impuissance ou keit oder Scham, weil sie sich verletzlich, nicht par honte, parce qu’ils se sentent vulnérables, mehr gesellschaftsfähig oder ausgegrenzt fühlen. plus acceptables socialement ou exclus. Pourtant, Dabei wäre ihre Einbindung in die Gemeinschaft leur intégration dans la communauté serait es für ihr Wohlbefinden zentral – und auch für Kirch sentielle à leur bien-être – et serait aussi un gain gemeinden ein Gewinn. pour les paroisses. Mit dem Rückzug gehen für die Demenzkran En se retirant, les patients atteints de dé ken und ihre Angehörigen soziale Netze, vertraute mence et leurs proches perdent leurs réseaux Riten und eine religiöse Stärkung verloren, schreibt sociaux, leurs rituels familiers et un réconfort die Religions- und Gemeindepädagogin Antje religieux, écrit Antje Koehler, pédagogue reli Koehler ab Seite 12. Dies sei nicht nur ein Verlust gieuse et communautaire, à partir de la page 12. für die Betroffenen, sondern auch für die Kirchge Ce n’est pas seulement une perte pour les per meinden. Die Kirchen würden dadurch Wachs sonnes concernées, mais aussi pour les paroisses. tumschancen, Vielfalt und Lebendigkeit einbüs Les Eglises perdraient ainsi des opportunités de sen. Wie gelingt es uns, auf Menschen mit Demenz croissance, de diversité et de vitalité. Comment zuzugehen und sie in der Kirche willkommen zu pouvons-nous tendre la main à ces personnes et heissen – auch dann, wenn sie sich nicht ganz kon les accueillir dans l’Eglise – même si elles ne sont form verhalten? Wie können wir unsere Ängste pas tout à fait conformes? Comment pou und Unsicherheit ihnen gegenüber abbauen, sie vons-nous réduire nos craintes et nos insécurités umsorgen und in das kirchliche Leben miteinbe à leur égard, prendre soin d’elles et les inclure ziehen? Indem wir lernen, ihre Situation und ihre dans la vie de l’Eglise? En apprenant à mieux Bedürfnisse besser zu verstehen und uns an ihren comprendre leur situation et leurs besoins et à Ressourcen zu orientieren; und indem wir unsere nous orienter vers leurs ressources; et en redes Angebote in den Kirchgemeinden so umgestalten, sinant nos offres paroissiales de manière à ce que dass Menschen mit Demenz nicht nur mit dabei ces patients ne soient pas seulement présents, sind, sondern mittendrin. Gemeinsam mit den mais aussi intégrés. Avec les paroisses, Refbejuso Kirchgemeinden möchte sich Refbejuso auf diesen souhaite s’engager dans cette voie – dans l’esprit Weg machen – ganz im Sinne des Visionsleitsatzes de l’idée directrice de la Vision «Fortifier l’indi «Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen». vidu – rechercher la communauté». Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre Nous vous souhaitons une lecture inspirante Olivier Schmid, verantwortlicher Redaktor / rédacteur responsable ENSEMBLE 2021/59 —– Editorial 3
EINE KULTUR DER GASTFREUNDSCHAFT DEMENZ ALS ANSTOSS FÜR EINE NEUE SICHTWEISE AUF DEN MENSCHEN UNE CULTURE DE L’HOSPITALITÉ LA DÉMENCE, UNE INCITATION À PORTER UN NOUVEAU REGARD SUR LES PERSONNES Aktuell leben in der Schweiz rund 144 000 aber auch Anstoss zu einer neuen Sichtweise auf Menschen mit einer Demenz. Und die Tendenz den Menschen und seine Persönlichkeit sein: «eine ist steigend: Alzheimer Schweiz schätzt, dass Sichtweise, die nicht allein auf die kognitiven Per infolge der gestiegenen Lebenserwartung bis sönlichkeitsanteile fokussiert, sondern auch Qua 2050 über 315 000 Menschen an einer Demenz litäten in Blick nimmt, die darüber hinaus Freude, erkranken. Die medizinisch-pflegerische und Glück und Erfüllung bedeuten», so der Geronto soziale Betreuung von Menschen mit Demenz loge Andreas Kruse. Dazu gehören auch spirituel ist eine vordringliche gesundheitspolitische le und religiöse Aspekte und Beheimatungen. und gesellschaftliche Herausforderung. Solche Ressourcen gilt es im Kontakt mit Men schen mit Demenz zu erschliessen. Die Erfahrung von Teilhabe und die aktive Mitgestaltung von Von Renata Aebi und Pascal Mösli* Beziehungen seien dabei für das Wohlbefinden zentral, betont Kruse. Menschen mit Demenz ge Wovor fürchten sich Schweizerinnen und Schwei hören zu uns. Auch der Soziologe und Theologe zer mit Blick auf ihr Alter am meisten? Das Berner Reimer Gronemeyer hält fest: Es sei unsere Auf Generationenhaus hat 2019 bei über 9000 Erwach gabe, Menschen mit Demenz so gut wie möglich senen in der Deutschschweiz eine Umfrage zum zu umsorgen, zu respektieren und, wenn möglich, Alter durchführen lassen. Dabei zeigte sich, dass an Demenz oder Alzheimer zu erkranken die gröss te Angst der Befragten ist. «Die Erfahrung von Teilhabe ist Diese Sorge ist nicht unbegründet: Weltweit für das Wohlbefinden von Men leiden circa 36 Millionen Menschen an einer De schen mit Demenz zentral.» menz. Jede dritte Frau und jeder zweite Mann über 65 wird statistisch gesehen im Alter eine Demenz Andreas Kruse entwickeln. Laut Schätzungen des Weltalzheimer berichts werden bis 2030 weltweit mehr als 70 Mil zu Wort kommen zu lassen. Eine solche Sicht lade lionen Menschen von einer Demenz betroffen sein, zur Schaffung einer Kultur der Gastfreundschaft bis 2050 gar 115 Millionen. ein: «Lebensorte von Menschen mit Demenz soll Landläufig erscheint ein Leben mit Demenz ten vor allem Orte der Gastfreundlichkeit sein.» gleichsam als Gegenbild zu allen Vorstellungen Wie kann eine solche Kultur der Gastfreund von einem «guten Altern». Die fortschreitende und lichkeit in einer Alters- und Pflegeinstitution kon unheilbare Beeinträchtigung der kognitiven Fä kret aussehen und gestaltet werden? Was sind die higkeiten, des Sprachverständnisses und des Herausforderungen im Umgang mit demenzbe Orientierungsvermögens bedeutet denn auch eine troffenen Menschen? Und welchen Beitrag können besondere Verletzlichkeit, die besonderen Schutz die Kirchen leisten? Wir haben Theres Meierhofer- verlangt. Gleichzeitig kann das Krankheitsbild Lauffer gefragt. Sie ist Leiterin des Alters- und Pflegeheims Erlenhaus in der demenzfreundlichen * Pascal Mösli ist Verantwortlicher Spezialseelsorge und Gemeinde Engelberg in Obwalden und Co-Präsi Palliative Care, Renata Aebi Projektmitarbeiterin Spezialseel dentin der Fachgruppe Palliative Care der Evan sorge und Palliative Care der Reformierten Kirchen Bern- Jura-Solothurn gelischen Kirche Schweiz. 4 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
Theres Meierhofer-Lauffer, wie wird Gastfreund- © Keystone / Westend61 / Jan Tepass lichkeit gegenüber Menschen mit Demenz in Ihrer Pflegeinstitution gelebt? Was ist wichtig in der Begleitung von Demenzbetroffenen? Demenzgerechte Gastfreundschaft erleben Be troffene, wenn sie sich in ihren Wohnräumen si cher und geborgen und unter Menschen nicht fremd, sondern daheim fühlen können. Unser Alters- und Pflegezentrum ist ein integrativer Be trieb – ein «kleines Dorf im Klosterdorf». Genauso selbstverständlich, wie Menschen mit Demenz in der Gemeinde Engelberg dazugehören, sind sie auch Teil unserer Heimgemeinschaft. Menschen mit einer Demenz sind nichts Besonderes, sie ha ben aber besondere Bedürfnisse, an denen wir uns in ihrer Begleitung orientieren. Jeder Mensch mit Demenz braucht sein individuelles Gleich gewicht zwischen Orientierung und kreativem Lebensstil, zwischen Selbstbestimmung und Hil festellungen, zwischen Ermutigung, Anregung und Ruhe. Die Erfahrung von Bezogenheit und von In-Bezie- hung-Sein ist elementar für das Wohlbefinden einer Person mit Demenz. Was sind aus Ihrer Er- fahrung Momente der Freude und Erfüllung für Menschen mit Demenz? Der Begriff «Gastfreundlichkeit» könnte dazu verleiten, Menschen mit Demenz das grosse Pro gramm bieten zu wollen. Dabei ist weniger mehr, denn die Gefahr von Reizüberflutungen, die un ruhig machen, ist gross. Menschen mit Demenz brauchen vor allem unsere Zuwendung, aber – und das wird oft vergessen – sie möchten auch Zuwendung schenken und gebraucht werden. Wie jene Bewohnerin, die nur dann zur Ruhe kommen konnte, wenn man sich mit ihr auf das Sofa in der Ecke setzte. Mehr als einmal schlief die Pflege person dabei ein, was die hochbetagte Dame im mer sehr vergnügt und glücklich machte. Oft wird gesagt, dass Demenz die Würde eines echtes Interesse und vor allem die Bereitschaft, Menschen mit Demenz brauchen Menschen tangiere. Menschen gehen zu einer Ster- das eigene Verhalten immer wieder infrage zu vor allem unsere behilfeorganisation, weil sie ein Leben mit Demenz stellen. Zuwendung, als «würdelos» ansehen. Was meinen Sie dazu? aber sie möchten auch Zuwendung Nicht die Demenz tangiert die Würde eines Wo stossen Sie in der Institution an Grenzen im schenken. Menschen, sondern wir, indem wir seine demen Umgang mit demenzbetroffenen Menschen? Wel- Les personnes zielle Entwicklung mit unseren Massstäben be ches sind Schwierigkeiten, denen Sie im Pflegeall- atteintes de dé- mence ont avant werten und abwerten. Wir müssen lernen, natür tag begegnen? tout besoin de liche Alterungsprozesse, zu denen auch eine Die grössten Herausforderungen erleben wir notre attention, mais elles veulent Demenz gehört, zu akzeptieren. Durch die Beglei immer dann, wenn ein Mensch mit beginnender aussi donner tung unserer Bewohnerinnen und Bewohner Demenz seine Defizite noch bewusst wahrnimmt de l’attention. macht mir der Gedanke, selbst an einer Demenz und darauf mit Emotionen und Verhaltensweisen zu erkranken, viel weniger Angst. Ich bin immer reagiert, die er aufgrund seiner kognitiven Ent wieder beeindruckt, mit welcher Kraft Demenz wicklung nicht mehr steuern kann. Doch unser betroffene uns anzeigen, wo sie in ihrer Würde Team kann sehr professionell mit Aggressionen am meisten verletzlich sind. Ihre würdevolle Be und Anschuldigungen umgehen. Aus eigener gleitung erfordert darum eine hohe Achtsamkeit, Erfahrung weiss ich, dass wir bei Menschen, die EN S EM B L E 202 1 /59 —– D oss i e r 5
spüren sehr genau, mit welcher Haltung Menschen © Dany Schulthess ihnen begegnen. Was ist wichtig in der Kommu- nikation und der Gestaltung von Beziehungen mit Menschen mit Demenz? Wenn Sie sich bei einem Besuch am Nachmit tag nach dem Mittagsmenü erkundigen, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Ihr Gegenüber gereizt reagiert. Denn Demenzbetroffene vermö gen sich selten an Mahlzeiten zu erinnern und wissen oft nicht einmal mehr, ob sie überhaupt etwas gegessen haben. Menschen mit Demenz wollen nicht auf ihre Defizite hingewiesen werden, sie brauchen klare und einfache Sätze und offene Fragen. Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz kann erlernt und muss darum auch ge schult werden – nicht nur im Gesundheitswesen. Die besten Ausbilder sind die Betroffenen: Wir können mit ihnen lernen, und wir können vieles und doch fast nichts falsch machen. Menschen mit einer Demenz sind nämlich nicht nachtragend. So «Menschen mit einer Demenz gesehen ist das Vergessen auch eine Ressource. In unserer Beziehung zu Menschen mit einer Demenz und ihre Angehörigen brauchen dürfen wir immer wieder neu anfangen. sowohl eine einladende als auch eine aufsuchende Kirche.» Was bedeutet es für Angehörige, wenn jemand in der Familie an einer Demenz erkrankt ist? Theres Meierhofer-Lauffer Wie bei allen Krankheiten, die nach einer un gewiss langen Zeit zum Tod führen, bedeutet die demenzielle Entwicklung bei einem Familien uns auf Schritt und Tritt folgen, die immer wieder mitglied eine grosse und schmerzhafte Zäsur im das Gleiche fragen und keine Minute Ruhe finden Zusammenleben. Zur Trauer mischen sich Ge können, häufiger unsere Grenzen spüren. Darum fühle wie Scham, Verärgerung oder Ekel. Beson müssen wir uns in solchen Situationen gegensei ders schwierig ist es für Lebenspartner: Es tig unterstützen. Menschen mit Demenz halten braucht Mut, in der Öffentlichkeit zu sagen, mein sich nicht mehr an Regeln, was die Heimge Partner, meine Partnerin hat eine Demenz. Es meinschaft hin und wieder in Schieflage bringt. braucht Mut, mit einem demenzbetroffenen Part Je gelassener wir darauf reagieren, wenn ein ner Veranstaltungen oder gesellige Anlässe zu demenzbetroffener Bewohner in aller Öffentlich besuchen oder in die Kirche zu gehen, wenn die keit in einen Papierkorb uriniert, desto weniger ser sich nicht mehr ganz gesellschaftskonform wird er zum «Heimgespräch». Nach Abschluss benimmt. Und es braucht erst recht Mut, Hilfe der laufenden Renovation unseres Pflegeheims anzunehmen oder die Partnerin in eine Pflege werden wir demenzgerechte Räumlichkeiten institution zu geben. Die Gastfreundlichkeit haben, in denen unsere Bewohnerinnen und Be gegenüber Menschen mit Demenz muss ihre wohner mit Demenz weniger an ihre Grenzen A ngehörigen miteinschliessen. Das sagt sich stossen. ganz leicht, ist aber eine der grössten Heraus forderungen in unserem Betreuungsalltag. Wenn Eine einfühlsame Kommunikation ist für das es uns gelingt, dass sich Angehörige nach dem Wohlbefinden von Demenzbetroffenen zentral. Sie Tod ihrer Eltern oder Partner gerne an die Zeit bei uns erinnern, haben wir ganzheitliche Arbeit geleistet. Information und Beratung Die Organisation Alzheimer Schweiz ist die zen Welchen Beitrag können die Kirchen an eine Kul- trale Anlaufstelle für Fragen zu Demenz. Sie tur der Gastfreundschaft für Menschen mit De- bietet Menschen mit Demenz und ihren An menz leisten? gehörigen umfassende Beratung und Unter Menschen mit einer Demenz und ihre Ange stützung, vertritt ihre Anliegen auf politischer hörigen brauchen sowohl eine einladende als Ebene und fördert die Demenzforschung. auch eine aufsuchende Kirche. Entscheidend in www.alzheimer-schweiz.ch einer Kirchgemeinde ist die Haltung der Gemein 6 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
G E B E T FÜ R G I SEL A Was soll ich tun, Gott, Was soll ich tun in meiner Unruhe, die mich an die Grenze der Erschöpfung bringt, die mir meinen Atem nimmt und mich laufen lässt, obwohl die Füsse schmerzen. Du machst mich ruhig. Ich bin so müde, Gott, und kann doch nicht schlafen, wohin soll ich jetzt gehen? was wird aus mir? So viele Menschen um mich herum und ich fühle mich allein. Sie verstehen mich nicht, weil ich mich nicht verstehe. Du verstehst mich. Ich habe Angst, Gott, Angst zu fallen in ein schwarzes Loch. Ich habe Angst, dass etwas schiefläuft, Angst, etwas falsch zu machen, wie so oft in meinem Leben. Ich habe Angst – vor dem, was kommt. Vor dir habe ich keine Angst, Gott. Nach dir sehne ich mich. Wenn du mir im Sterben entgegenkommst, werde ich einfach da sein und deine Liebe annehmen. Amen. (Theres Meierhofer-Lauffer) © Keystone / Ursula Markus schaft, dass Menschen mit Demenz willkommen Sprachleitfaden Demenz sind – selbst dann, wenn sie sich während eines Wenn über das Thema Demenz und mit oder Gottesdienstes oder einer Seniorenveranstaltung über Menschen mit Demenz gesprochen wird, nicht ganz konform verhalten. Alle kirchlichen ist eine angemessene Sprache zentral. Sie soll Mitarbeitenden müssen hier Vorbild und entspre nicht stigmatisieren, sondern das Verständnis, chend geschult sein. Viele Betroffene ziehen sich die Inklusion und die Teilhabe der Betroffenen zurück oder brauchen den Schutz einer Pflege fördern und letztlich zu einer guten Lebens institution. Mit aktiver, aufsuchender Seelsorge qualität aller Beteiligten beitragen. Mit diesem kann die Beziehung zur Kirche aufrechterhalten Ziel hat die deutschsprachige Alzheimer- und und die spirituelle Sehnsucht gestillt werden. Demenz-Organisation (DADO) einen Sprachleit Leider hat die Seelsorge in den Pflegeheimen oft faden entwickelt. nicht die Priorität, die Menschen mit einer De Download: www.alzheimer-schweiz.ch menz verdienen würden. EN S EM B L E 202 1 /59 —– D oss i e r 7
F Environ 144 000 personnes atteintes de dé «L’expérience de la partici mence vivent actuellement en Suisse. Et la tendance est à la hausse: Alzheimer Suisse estime pation joue un rôle central dans que d’ici 2050, elles seront plus de 315 000 en le bien-être des personnes raison de l’augmentation de l’espérance de vie. démentes.» Leur encadrement médical et social représente un enjeu prioritaire pour la politique de la santé Andreas Kruse et pour la société. «Les lieux de vie de personnes atteintes de dé mence devraient avant tout être des lieux d’hos Par Renata Aebi et Pascal Mösli* pitalité.» Comment cette culture de l’hospitalité peut- Qu’est-ce que les Suissesses et les Suisses craignent elle se présenter et être développée concrètement le plus à l’idée de vieillir? En 2019, la Maison des dans un EMS? Quels défis pose la prise en charge générations de Berne a commandé un sondage des personnes atteintes de démence? Et quelle sur la vieillesse auprès de plus de 9000 adultes en peut être la contribution des Eglises? Nous avons Suisse alémanique. Il en est ressorti que la plus posé ces questions à Theres Meierhofer-Lauffer. grande crainte des personnes interrogées est d’être Elle est directrice de l’EMS Erlenhaus à Engelberg, atteintes de démence ou d’Alzheimer. commune accueillante envers les personnes dé Cette inquiétude n’est pas sans fondement: mentes, et co-présidente du groupe spécialisé au niveau mondial, environ 36 millions de per pour les soins palliatifs de l’Eglise évangélique sonnes souffrent de démence. Statistiquement, réformée de Suisse. une femme sur trois et un homme sur deux de plus de 65 ans développeront une démence avec l’âge. Theres Meierhofer-Lauffer, comment l’hospitalité Selon les estimations du Rapport Mondial Alzhei envers les personnes atteintes de démence est-elle mer, le nombre de personnes atteintes de démence vécue dans votre EMS? Qu’est-ce qui est important dans le monde s’élèvera à plus de 70 millions d’ici dans leur accompagnement? 2030, et même à 115 millions d’ici 2050. L’hospitalité est adaptée lorsque ces personnes Vivre avec une démence est généralement per peuvent se sentir en sécurité et protégées dans çu comme l’antithèse de nos représentations d’une leur espace de vie, être chez elles et non étran «bonne vieillesse». Les atteintes évolutives et irré gères parmi les gens. Notre EMS est une entreprise versibles des facultés cognitives, de la compréhen intégrative, un «petit village dans le village abba sion et du sens de l’orientation entraînent une tial». Les personnes atteintes de démence font vulnérabilité particulière, qui nécessite une pro aussi naturellement partie de notre communauté tection particulière. Mais ce tableau clinique peut qu’elles ont leur place dans la commune d’Engel aussi inciter à porter un nouveau regard sur l’in berg. Elles sont comme vous et moi, mais elles ont dividu et sa personnalité: «un regard qui ne se des besoins particuliers dont nous devons tenir concentre pas seulement sur les parties cognitives compte dans notre accompagnement. Tout être de la personnalité, mais tient aussi compte de qua humain atteint de démence a besoin d’un équi lités qui signifient joie, bonheur et accomplisse libre individuel entre encadrement et mode de vie ment», relève le gérontologue Andreas Kruse. créatif, entre autodétermination et assistance, Parmi celles-ci figurent les aspects et enracine entre encouragement, stimulation et tranquillité. ments spirituels et religieux. Ces ressources de vraient être exploitées dans le contact avec les L’expérience de l’appartenance, de l’être-en-rela- personnes atteintes de démence. Andreas Kruse tion est élémentaire pour le bien-être d’une per- souligne que l’expérience de la participation et de sonne atteinte de démence. D’après votre expé- la construction active de relations joue un rôle rience, quels sont pour elles les moments de joie central dans le bien-être. Et il rappelle que les et d’accomplissement? personnes démentes font partie de notre commu L’idée d’«hospitalité» pourrait conduire à leur nauté. De même, le sociologue et théologien Rei proposer tout l’éventail d’activités. Mais ici, le mer Gronemeyer souligne qu’il est de notre devoir mieux est l’ennemi du bien, car le risque de sti d’entourer de soins ces personnes, de les respecter mulations excessives entraînant un état d’agita et si possible de leur donner la parole. Cette atti tion est grand. Ce dont ces personnes ont le plus tude invite à créer une culture de l’hospitalité: besoin, c’est d’une attention bienveillante, et – on l’oublie souvent – elles aimeraient aussi offrir leur * Pascal Mösli est responsable de l’aumônerie spécialisée attention et être utiles. Comme cette résidente qui et des soins palliatifs, et Renata Aebi collaboratrice pour ne se calmait que lorsqu’on s’asseyait avec elle sur l’aumônerie spécialisée et les soins palliatifs aux Eglises réformées Berne-Jura-Soleure un canapé dans un coin. Il est arrivé plus d’une 8 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
© Keystone / Laif / Murat Tueremis fois que la personne soignante s’endorme, à la plus avec laquelle les personnes souffrant de démence Chaque personne atteinte de dé- grande joie de cette dame très âgée. nous montrent où elles sont les plus vulné- mence a besoin rables dans leur dignité. C’est pourquoi leur de trouver son On entend souvent dire que la démence porte accompagnement nécessite une grande atten propre équilibre entre stimulation a tteinte à la dignité humaine. Certaines personnes tion, un véritable intérêt et surtout d’être toujours et repos. rejoignent une organisation d’aide au suicide, prêt à remettre en question son propre compor Jeder Mensch mit parce qu’elles estiment qu’une vie marquée par la tement. Demenz braucht sein individuelles démence est «indigne». Quelle est votre opinion à Gleichgewicht ce sujet? Où votre institution touche-t-elle à ses limites dans zwischen An regung und Ruhe. Ce n’est pas la démence, mais nous-mêmes la prise en charge des personnes atteintes de dé- qui portons atteinte à la dignité d’une personne mence? Quelles difficultés rencontrez-vous dans lorsque nous évaluons l’évolution de sa démence le travail quotidien? selon nos critères habituels et la dévalorisons. Le plus grand défi auquel nous sommes confrontés est lorsqu’une personne atteinte d’un début de démence est encore consciente de ses «Les personnes atteintes déficits, et réagit avec des émotions et un com de démence et leurs proches portement qu’elle ne peut plus contrôler en raison de son évolution cognitive. Cependant, notre ont besoin d’une Eglise à la fois équipe peut gérer avec beaucoup de profession accueillante et de proximité.» nalisme les agressions et les accusations. Je sais par expérience que les personnes qui nous suivent Theres Meierhofer-Lauffer partout, nous posent toujours les mêmes questions et ne sont jamais tranquilles nous font plus sou Nous devons apprendre à accepter les processus vent ressentir nos limites. Dans de tels cas, nous de vieillissement naturels, dont une démence devons nous soutenir mutuellement. Les per fait aussi partie. Depuis que j’accompagne nos sonnes démentes ne suivent plus les règles, ce qui résidentes et résidents, l’idée d’être moi-même met régulièrement la communauté du home dans atteinte de démence me fait beaucoup moins une situation délicate. Lorsqu’un résident atteint peur. Je suis toujours impressionnée de la force de démence urine devant tout le monde dans une EN S EM B L E 202 1 /59 —– D oss i e r 9
Poèmes et chan- corbeille à papier, l’incident sera plus vite oublié Si vous faites une visite un après-midi et que sons comme portes si nous réagissons avec calme. Quand les rénova vous demandez quel était le menu à midi, ne vous d’entrée dans l’ici et maintenant: tions actuelles de notre EMS seront terminées, étonnez pas si votre interlocuteur réagit avec «rencontres de nous disposerons de locaux adaptés à la démence agacement. Car les personnes atteintes de dé mots d’éveil» avec le poète slameur où les résidentes et résidents atteindront moins mence se rappellent rarement les repas et ne Lars Ruppel et des souvent leurs limites. savent souvent même pas si elles ont mangé jeunes. quelque chose. Elles ne veulent pas qu’on attire Gedichte und Lieder als Türöff- Une communication pleine de tact est essentielle leur attention sur leurs déficits, elles ont besoin ner ins Hier und pour le bien-être des personnes atteintes de dé- de phrases claires et simples et de questions ou Jetzt: «Weckworte- Begegnungen» mence. Elles ressentent très précisément la façon vertes. La communication avec les personnes mit Slam-Poet dont on les traite. Qu’est-ce qui est important dans démentes peut s’apprendre et doit donc être exer Lars Ruppel und la communication et la construction de relations cée – et pas seulement dans le domaine de la Jugendlichen. avec elles? santé. Les meilleurs formateurs sont les personnes 10 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
profonde et douloureuse césure dans la vie com mune. A la tristesse se mêlent des sentiments tels que honte, agacement ou dégoût. C’est particuliè rement dur pour le conjoint: il faut du courage pour montrer au public que ma ou mon partenaire est atteint de démence. Il faut du courage pour participer à des manifestations ou à des activités conviviales avec un partenaire atteint de dé mence, ou aller à l’Eglise lorsque son comporte ment en société n’est plus tout à fait adapté. Et il faut beaucoup de courage pour accepter de l’aide ou confier la partenaire à un EMS. L’hospitalité envers les personnes atteintes de démence doit inclure les proches. C’est facile à dire, mais c’est l’un de nos plus gros défis dans notre activité quo tidienne. Lorsque des proches, après la mort de leurs parents ou de leur partenaire, se souviennent volontiers du temps passé chez nous, c’est que nous avons accompli un travail complet. Comment les Eglises peuvent-elles contribuer à une culture de l’hospitalité envers les personnes atteintes de démence? Ces personnes et leurs proches ont besoin d’une Eglise à la fois accueillante et de proximité. Dans une paroisse, le plus important est l’attitude de la communauté, que les personnes démentes soient les bienvenues – même si leur comporte ment pendant un culte ou une manifestation pour seniors n’est pas tout à fait adapté. Toutes les col laboratrices et tous les collaborateurs de l’Eglise doivent se montrer exemplaires et posséder une formation adéquate. Beaucoup de personnes tou chées se replient chez elles ou ont besoin de la protection d’un EMS. Une aumônerie active, de proximité permet de maintenir le lien avec l’Eglise et de nourrir le besoin de spiritualité. Malheureu sement, l’aumônerie dans les EMS n’a souvent pas la priorité que mériteraient les personnes atteintes © Keystone / Caro / Seeberg d’une démence. concernées: nous pouvons apprendre avec elles, nous pouvons faire beaucoup de fautes et pour tant nous n’en faisons presque jamais. Car les personnes démentes ne sont pas rancunières. De Informations et conseil ce point de vue, l’oubli est aussi une ressource. L’organisation Alzheimer Suisse est l’interlo Dans notre relation avec elles, nous pouvons tou cutrice privilégiée pour toutes les questions en jours recommencer à zéro. lien avec la démence. Elle propose un conseil et un soutien complet aux personnes atteintes Lorsqu’un membre de la famille souffre de dé- de démence et à leurs proches, défend leurs mence, qu’est-ce que cela signifie pour les proches? intérêts au niveau politique et soutient la re Comme dans toute maladie entraînant la mort cherche sur la démence. après une durée incertaine, l’évolution d’une dé www.alzheimer-schweiz.ch mence chez un membre de la famille signifie une EN S EM B L E 202 1 /59 —– D oss i e r 11
VERGESSLICH, ABER NICHT VERGESSEN WEGE ZU DEMENZSENSIBLEN KIRCHGEMEINDEN ABSENTS, MAIS PAS OUBLIÉS DES PISTES POUR SENSIBILISER LES PAROISSES À LA DÉMENCE Nicht nur irgendwo am Rand, sondern die Betroffenen und ihre Angehörigen soziale mittendrin: Menschen mit Demenz nicht Netze, gemeinschaftliches Leben, vertraute Riten auszugrenzen, sondern sie bewusst oder Routinen und eine religiöse Stärkung ver in die Kirchgemeinde miteinzubeziehen, loren. Und wir als Gemeinden büssen damit ist eine Chance für alle. Wachstumschancen, Vielfalt und Lebendigkeit ein. Diesem Trend können Kirchgemeinden dort Von Antje Koehler* offensiv entgegenwirken, wo sie sich als «Sor gende Gemeinschaften» bewusst auf den Weg zur Alte Menschen werden nicht nur immer älter, son demenzsensiblen Kirchgemeinde machen. Kleine dern im Alter auch immer unterschiedlicher. Dies gilt auch für die wachsende Zahl an Gemeinde gliedern mit einer Demenz. Die Mehrzahl wird zu Oftmals ziehen sich Hause betreut und gepflegt, im direkten Lebens- die Betroffenen klammheim- und Wohnumfeld ihrer Kirchgemeinde. Daneben lich aus unseren Kirch- sind oft auch Pflegeheime ihre Lebensorte, die elementar zur Gemeinde gehören und selbst Ge gemeinden zurück. meinde sind. Doch obwohl das Thema Demenz in aller Munde ist und die Altersstruktur vieler Schritte sind dabei wichtiger als grosse Projekte, Kirchgemeinden der Gesellschaft um bis zu Wachstum und neue Erfahrungen wichtiger als 30 Jahre voraus ist, gehören Menschen mit Demenz Perfektion. Wo es gelingt, Ängste und Vorurteile, vielerorts nicht zum alltäglichen Erscheinungsbild Unwissenheit und Unsicherheit abzubauen, dient des kirchlichen Lebens. dies nicht nur der Lebensqualität und Teilhabe Oftmals ziehen sich die Betroffenen aufgrund von Menschen mit Demenz und ihren Angehöri der besonderen Belastungen, wegen zunehmen gen, sondern auch der Zukunftsfähigkeit einer der Orientierungsprobleme und aus Scham über alternden, menschenfreundlichen Kirche. Dafür abnehmende Kräfte klammheimlich aus unseren braucht es vonseiten der Gemeinden ein klares Gemeinden zurück – oder sie werden bewusst Signal, ein «Schön, dass Du da bist» oder ein «Du oder unbewusst ausgegrenzt. Dies ist etwa allein bist uns wichtig und gehörst dazu» – nicht nur schon dann der Fall, wenn barrierearme Zugänge, irgendwo am Rand, sondern mittendrin. Aus die geöffnete Toiletten oder geeignete Übertragungs sem Grund geht es an den allermeisten Orten ge anlagen fehlen. Oder wenn die Gestaltung der rade nicht darum, spezialisierte, «exklusive An Veranstaltungen nicht nur zu lang und zu leise, gebote» für Menschen mit Demenz zu entwickeln. sondern auch zu sehr auf kognitive Teilhabe Vielmehr können Kirchgemeinden die bestehen ausgerichtet ist. Mit einem Rückzug gehen für den Angebote so öffnen, dass Gemeindeglieder mit Demenz selbstverständlich dazugehören und * Antje Koehler ist Heilpädagogin, Religions- und Gemeinde als lebendiger Teil unter vielen wahrgenommen pädagogin sowie Initiatorin und Projektleiterin von «dabei werden und willkommen sind. Dies wird z. B. und mittendrin – Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden» unterstützt, indem: 12 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
© zVg − «Gemeindepaten» aus der Nachbarschaft Men − zweimal jährlich der Familiengottesdienst im Demenzgerechte Gottesdienste schen mit Demenz zu Veranstaltungen beglei Saal des örtlichen Altersheims stattfindet. sprechen die Sinne ten, an ihrer Seite bleiben und sie im Anschluss genauso an wie wieder nach Hause bringen; Nicht zu vergessen gilt es, dass wir dabei mehr den Verstand. − der Kirchenraum, der Gemeindesaal und ande mit den Menschen mit einer Demenz sprechen, Les cultes adaptés aux personnes re Räumlichkeiten auf eine gute Akustik, tech statt über sie. Auf diesem Weg sind erstaunliche atteintes de dé- nische Hilfsmittel, den Abbau von Barrieren und Erfahrungen nicht ausgeschlossen: Wenn der Zwi mence font appel aux sens autant Orientierungshilfen überprüft werden; schenruf «Mir ist langweilig, ich will nach Hause» qu’à l’esprit. − das Thema in einem Projektmonat nicht nur in in einer Predigtsituation nicht nur für Gelächter allen Predigten und Ansprachen, sondern auch und Lebendigkeit im Gottesdienst sorgt, sondern von den Konfirmanden, dem Kindergarten, der damit im anschliessenden Kirchencafé für alle ein Lektorengruppe oder der Gemeindebibliothek Austausch über die Gestaltung der Gottesdienste aufgegriffen wird; beginnt; wenn die Bedürfnisse von Menschen mit − ein gemeinsames Fortbildungsangebot Pfarr personen, Ehrenamtliche, Küsterinnen oder Ge meindesekretäre im Umgang und bei einer Kleine Schritte sind wertschätzenden Kommunikation mit Men wichtiger als grosse Projekte, schen mit Demenz unterstützt; neue Erfahrungen wichtiger − ein Beitrag im Gemeindebrief auf die besondere Situation demenzerkrankter Gemeindeglieder als Perfektion. aufmerksam macht und auf wohnortnahe An sprechpartner verweist; Demenz die anderen daran erinnert, dass jede − bei allen Veranstaltungen gezielt darauf geach Theologie Sinnlichkeit braucht – durch Worte, die tet wird, dass alle Sinne (über Musik, Essen, Be Fleisch werden in Bildern, Tönen, Berührungen, wegung usw.) genauso angesprochen werden Gerüchen und Farben; wenn der bisherige Fokus wie der Verstand; auf Intellekt und Vernunft durch die Erfahrungen − Gottesdienste am Sonntagmorgen regelmässig einer körpernahen Spiritualität und einer neuen gezielt in einfacher Sprache gestaltet werden – Wertschätzung von Emotionen eine für alle heil elementar, aber nicht kindlich, lebensnah, aber same Erweiterung erfährt; wenn die Verlang nicht trivial; samung und Reduzierung, die demenzsensibles EN S EM B L E 202 1 /59 —– D oss i e r 13
Wirken erfordert, zum Geschenk für viele wird; membres des paroisses. La majorité d’entre elles und wenn Menschen mit Demenz uns helfen, die sont accompagnées et soignées à la maison, au Zerbrechlichkeit unseres Menschseins nicht aus sein de leur milieu de vie et de l’environnement zublenden, sondern diese wahrzunehmen und quotidien de leur paroisse. En sus, les établisse damit leben zu lernen. In der Kirche hat jedes Alter Zukunft. Wir sind es, die einen neuen, anderen Blick darauf brau Souvent, les personnes chen, wie normal es ist, verschieden zu sein. Be atteintes de démence se mettent grenzt und begabt. Eben Mensch. Wenn das keine discrètement en retrait Chance ist. de nos paroisses. Mehr Informationen: www.demenz-sensibel.de ments médico-sociaux font souvent office de lieux de vie: ils font fondamentalement partie de la communauté et sont eux-mêmes des communau Au centre, et pas seulement à la marge: tés. Mais bien que la question de la démence soit F en intégrant à la vie de la paroisse les per sur toutes les lèvres, et que la pyramide des âges sonnes atteintes de démence plutôt qu’en les de nombreuses paroisses devance de 30 ans celle excluant, tout le monde en profite. de la société, les personnes atteintes ne font sou vent pas partie de l’image ordinaire de la vie de l’Eglise. Par Antje Koehler* Souvent, poussées par leurs souffrances, leurs problèmes croissants d’orientation et la honte de Avec le temps, les aînés prennent non seulement voir leurs forces décliner, ces personnes se mettent de l’âge, ils changent aussi constamment. C’est discrètement en retrait de nos paroisses. Manque- également valable pour le nombre croissant de t-il des accès adaptés à leurs besoins, des toilettes personnes atteintes de démence parmi les ouvertes ou un équipement de retransmission adéquat, et déjà elles se retrouvent exclues, * Antje Koehler est pédagogue spécialisée, experte pour consciemment ou inconsciemment. Même pro les questions de religion et de paroisses, ainsi qu’initiatrice blème lorsque la conception des événements, non et directrice du projet «dabei und mittendrin – Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden» contente d’être trop longue ou faible au niveau © zVg Il ne doit pas né- cessairement s’agir d’une offre exclu- sive: pourquoi ne pas créer des cultes réguliers célébrés dans un langage simple? Es braucht kein exklusives Ange- bot: Warum nicht regelmässig Gottesdienste in einfacher Sprache gestalten? 14 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
acoustique, est trop largement axée sur une par − lors de tous les événements, veiller spécifique ticipation cognitive. Avec leur retrait, ces per ment à ce que tous les sens soient sollicités au sonnes et leurs proches perdent leur réseau social, même titre que la raison (via la musique, la la vie en communauté, des rites et des routines nourriture, le mouvement, etc.); familiers et leur renforcement religieux. Et nous, − concevoir régulièrement les cultes du dimanche paroisses, nous perdons ainsi notre potentiel de matin dans une langue simple – élémentaire, développement, notre diversité et notre vitalité. mais pas enfantine, concrète mais pas triviale; Mais les paroisses peuvent toutefois contrer − deux fois par an, le culte pour les familles a lieu cette tendance, en s’engageant, en tant que «com dans une salle de la maison de retraite locale. munautés de soutien», sur la voie de paroisses sensibilisées à la démence. A cet effet, des petits Il s’agit de ne pas oublier que nous parlons avec pas sont plus importants que de grands projets, les personnes atteintes de démence, plutôt que tout comme le développement et les nouvelles d’elles. Avec cette façon de faire, il n’est pas im expériences sont plus importantes que la perfec possible qu’on vive des expériences inattendues. tion. En parvenant à réduire les craintes et les «Je m’ennuie, je veux rentrer à la maison»: lorsque préjugés, l’ignorance et l’insécurité, on soutient cette exclamation retentit lors d’un sermon, non non seulement la qualité de vie et la participation seulement elle déclenche des rires et met de l’am des personnes atteintes de démence et de leurs biance, mais elle provoque aussi un échange sur proches, mais aussi la durabilité d’une Eglise vieil la présentation du culte lors d’un café pris en com lissante et altruiste. Les paroisses doivent émettre un signal clair, afficher un message du type «C’est bien que tu sois là» ou «Tu es important pour nous Des petits pas sont et tu appartiens au groupe». Au centre, et pas seu plus importants que de grands lement à la marge. Il ne s’agit donc pas, dans la plupart des cas, de développer des «offres exclu projets, des nouvelles sives» pour les personnes atteintes de démence. expériences plus importantes Les paroisses peuvent plutôt orienter les offres que la perfection. déjà existantes de telle façon que ces personnes en fassent naturellement partie, et soient consi dérées et accueillies comme des éléments vitaux mun après la célébration; lorsque les besoins des parmi d’autres. Quelques moyens de soutien en ce personnes atteintes de démence rappellent aux sens: autres que toute théologie a besoin de sensualité, en ayant recours à des mots qui se matérialisent − des «parrains et marraines de communauté» en images, en sons, en mouvements, en odeurs et choisis parmi le voisinage accompagnent les en couleurs; lorsque, en expérimentant une spiri personnes atteintes de démence à des événe tualité à l’écoute du corps et une revalorisation ments, restent à leurs côtés, puis les ramènent des émotions, l’attention placée jusque-là sur l’in à la maison; tellect et la raison s’élargit, au bénéfice de toutes − vérifier la qualité de l’acoustique des bâtiments et tous; lorsque, résultat d’une activité sensible à ecclésiastiques, de la salle paroissiale et des la démence, on ralentit et on réduit la cadence, ce autres espaces, les dispositifs techniques, la sup qui profite à tout le monde. Et lorsque les per pression des obstacles et les aides à l’orientation; sonnes atteintes de démence nous aident à ne pas − on s’empare de la thématique dans le cadre d’un masquer la fragilité de notre humanité, mais à projet mensuel, pas seulement lors des sermons mieux la percevoir et à apprendre à vivre avec. et des discours, mais aussi par l’intermédiaire Dans l’Eglise, chaque âge a un avenir. Nous des confirmands, au jardin d’enfants, lors de sommes celles et ceux qui avons besoin d’un re groupes de lecture ou à la bibliothèque parois gard neuf, d’un autre regard, pour savoir à quel siale; point il est normal d’être différent. Limité et bour − une offre commune de formation continue sou ré de talent. Humain, justement. Si cela, ce n’est tient le corps pastoral, les bénévoles, les sacris pas une opportunité! tines ou les secrétaires paroissiaux dans leur contact avec les personnes atteintes de démence et pour une communication respectueuse avec elles; − un article de la lettre paroissiale attire l’atten Plus d’informations: tion sur la situation particulière des membres www.demenz-sensibel.de de la paroisse souffrant de démence et indique (en allemand uniquement) les personnes de contact à proximité; EN S EM B L E 202 1 /59 —– D oss i e r 15
NICHT NEU, SONDERN ANDERS VON DER THEORIE IN DIE PRAXIS TOUT RÉVOLUTIONNER? NON, SEULEMENT ÉVOLUER! DE LA THÉORIE À LA PRATIQUE 2020 hat die Evangelisch-reformierte Kirche le Hochaltrigkeit und Demenz der St. Galler Kirche. des Kantons St. Gallen die Projektstelle Aus diesem Grund hat sie diesen Frühling in der «Hochaltrigkeit und Demenz» geschaffen. Pilotgemeinde Straubenzell den Kurs «Menschen Sie soll die Kirchgemeinden für die Bedürf- mit Demenz begleiten» lanciert. Die Kursteilneh nisse von Menschen mit Demenz sensibi- menden werden für die Situation von Menschen lisieren und sie dabei unterstützen, ihre An- mit Demenz und ihren Angehörigen sensibilisiert gebote demenzgerecht zu gestalten. Ein Weg, und lernen, Begegnungen so zu gestalten, dass die auf den sich auch Refbejuso machen will. Lebensqualität der Betroffenen gefördert wird. Nebst den Freiwilligen sollen auch Pfarrerin nen, Behörden und Sozialdiakone für die Bedürf Von Olivier Schmid nisse von Menschen mit Demenz sensibilisiert werden. In einem zweiteiligen Onlinekurs disku Was passiert mit demenzbetroffenen Menschen? tieren sie Möglichkeiten, wie Gottesdienste und Wie gelingt die Kommunikation mit ihnen? Und andere bestehende kirchliche Angebote demenz wie können wir sie spirituell begleiten? «Ich erlebe gerecht gestaltet werden können. «Es geht nicht bei Schulungen von Freiwilligen für Besuchsdiens darum, komplett neue Angebote zu schaffen», te immer wieder, dass der richtige Umgang mit betont Maya Hauri Thoma. Vielmehr sollen die dementen Menschen eine Frage ist, die ihnen unter bestehenden Angebote so angepasst werden, dass den Nägeln brennt», sagt Maya Hauri T homa, Be auch Menschen mit Demenz und ihre Angehöri auftragte für Diakonie und Leiterin der Projektstel gen teilnehmen können. Zu diesem Zweck soll das Gespräch mit Betroffenen und weiteren Akteuren Interessierte Kirchgemeinden gesucht gesucht werden, um gemeinsam mit ihnen be dürfnisgerechte Angebote zu entwickeln. Auch Refbejuso will das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Um nachempfinden zu können, wie Menschen Demenzbetroffenen fördern. «Wir suchen Kirchgemeinden, die mit Demenz sich selbst und die Welt wahrneh sich gemeinsam mit uns auf den Weg zu demenzsensiblen Kirch men, hat die St. Galler Kirche einen Demenzsimu gemeinden machen», sagt Pascal Mösli, Verantwortlicher Spe lator angeschafft, der von den Kirchgemeinden zialseelsorge und Palliative Care bei Refbejuso. Es gehe grund ausgeliehen werden kann. Dreizehn Stationen sätzlich nicht darum, spezielle Angebote zu entwickeln, sondern stellen die Teilnehmenden vor alltägliche Aufga die bestehenden Angebote so umzugestalten, dass auch Men ben, die für Menschen mit Demenz eine grosse schen mit Demenz teilnehmen können. «Dafür ist die Sensibili Herausforderung sind. «Versuchen Sie mal, sich sierung der Freiwilligen und Professionellen Voraussetzung», mit Gartenhandschuhen anzukleiden. Dann wird sagt Pascal Mösli. Alles andere sei aber offen. «Wir möchten ge Ihnen bewusst, wie sich eine Demenz anfühlt», meinsam mit den Kirchgemeinden überlegen, wo sie anknüpfen sagt Maya Hauri Thoma. wollen.» Ein Demenzsimulator sei zum Ausprobieren aber schon Für sie ist klar, dass der Weg von der Theorie mal bestellt. in die Praxis Zeit braucht. «Ich wünsche mir, dass Kontakt: Pascal Mösli, bis 2025 drei bis fünf Kirchgemeinden ihre pascal.moesli@refbejuso.ch, Tel. 031 340 25 81 Angebote demenzgerecht gestaltet haben.» Ihre Demenzsimulator: Vision: «Demente Menschen haben ganz selbst www.hands-on-dementia.info verständlich einen Platz in der Kirche.» 16 D oss i e r —– EN S EM B L E 202 1 /59
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