Der Bote - Der Sodinger Ziegenzuchtverein Aus den wilden Pionierzeiten Hernes Bahnübergänge in Herne - Hist. Verein Herne / Wanne-Eickel eV
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:: Zeitschrift des Historischen Vereins Herne / Wanne-Eickel e. V. :: Der Bote August 2020 3. Jahrgang - Nummer 10 August 2020 Der Sodinger Ziegenzuchtverein Aus den wilden Pionierzeiten Hernes Bahnübergänge in Herne
Die zehnte Ausgabe Editorial Nun liebe Leser_innen, vor euch liegt die zehnte Ausgabe des Boten. Wir versuchen weiterhin die Ausgaben in gewohntem Umfang her- auszubringen, was uns bedingt durch die aktuelle Corona-Lage nicht so leicht fällt. Möglicherweise werden dieses Jahr keine vier Ausga- ben erscheinen. Wir arbeiten aber auch daran, dass es doch vier Ausgaben werden. Selbst unser Vereinsleben muss sich der aktuellen Lage unterord- nen. Wir haben sicherheitshalber alle öffentlichen Veranstaltungen bis zum Ende des Jahres abgesagt. Allein zu beginn des Jahres hat- ten wir 11 fest gebuchte Vorträge, die wir leider absagen mussten. Deshalb gibt es in dieser Ausgabe auch keine Liste mit Terminen. Wir Termine können derzeit nicht soweit planen. Bitte besuchen Sie unsere Homepage. Dort finden Sie aktuelle Informationen und Termine. Wir waren ebenfalls gezwungen, uns nach alternativen Räumlichkei- ten umzusehen, was auch in der Zeit des Lockdowns nicht einfach war. Zahlreiche Telefonate und einige Stunden sind dafür aufgewen- det worden. Als Zwischenlösung bot sich die VIP-Lounge der Hanni- bal-Arena im Gysenberg. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und Blättern und bedan- ken uns für eure Mithilfe. Euer Redaktionsteam Kontakt: redaktion@hv-her-wan.de Schillerstraße 18 44623 Herne Fon: (0 23 23) 1 89 81 87 Fax: (0 23 23) 1 89 31 45 Andreas Anna-Maria Siegfried Thorsten Gerd E. Michael Friedhelm Janik Penitzka Schlüter Schmidt Schug Thomasen Wessel 2 Der Bote im August 2020
Inhalt mit Abstand 02 Editorial Das Team hinter dieser Ausgabe Die erste Ausstellung in den Flottmannhallen 04 Jeder Tag ist ein Geschenk Herne seit Ausbruch Von Anna-Maria Penitzka der Corona-Pandemie, 05 Herne zwischen Kanal und Kneipen trug den treffenden Titel »mit Abstand« und fand 06 Der Sodinger Ziegenzuchtverein vom 6. Juni bis 28. Juni Von Gerd E. Schug statt. 14 Zeitzeugen-Bericht Es ist den Verant- wortlichen der Stadt 16 Der Engel von Sodingen Herne hoch anzurech- Teil 2. nen, sofort nach Mög- Von Gerd E. Schug lichkeit wieder eine 19 Aufnahmeantrag zum Kunstausstellung Heraustrennen durchzuführen und da- mit den Künstlern eine Möglichkeit der Prä- 21 Die Vereinsbibliothek sentation zu schaffen. Aber auch den kunst- 23 Möchten Sie unsere Arbeit interessierten Bürgerinnen und Bürgern war unterstützen? es dadurch wieder möglich, nach den sehr belastenden ersten Corona-Wochen wieder 24 Ein Strahlrohr mit Geschichte Von Friedhelm Wessel eine Kunstausteilung zu besuchen. Für uns, dem Historischen Verein Herne/ 25 Neuigkeiten aus dem Verein Wanne-Eickel e. V., war es eine Freude, in Autor sein ist nicht schwer — der Ausstellung, Bilder von unserem Mitglied Schriftsteller sein dagegen sehr! Von Gerd Kaemper Helmut Manfreda zu entdecken und zu ge- nießen. Helmut Manfreda ist nicht nur Mit- 26 Aus den wilden Pionierzeiten Hernes glied unseres Vereins, sondern ein in Herne 1. Teil sehr angesehener Künstler. Von Andreas Janik Er war in der Ausstellung mit vier Blumen- 30 Historisches Klassenfoto Motiven vertreten, die zeigten, wie schön der Frühling ›ohne Corona‹ sein kann. 31 Personen Wir gratulieren unserem Vereinsmitglied 32 Bahnübergänge in Herne zu diesem gelungenen Ausstellungsbeitrag etwas Eisenbahngeschichte und wünschen ihm weiterhin ein erfolgrei- Von Michael Thomasen ches künstlerisches Schaffen. Gerd E. Schug 36 Time.Mix Von Marcus Schubert Redaktion: Andreas Janik, Gerd Kaemper, Anna-Maria Penitzka, Lichtbildstelle der ehemaligen Bundesbahndirektion Essen, Stadt Siegfried Schlüter, Thorsten Schmidt, Gerd E. Schug, Michael Herne - Seite 36: Marcus Schubert Thomasen, Friedhelm Wessel (Etliche Fotos sind oftmals nicht mit dem Namen des Fotografen gekennzeichnet, sodass eine Recherche der Bildrechte in vielen Lektorat: Anna-Maria Penitzka Fällen nicht möglich war. Grundsätzlich haben wir uns darum be- müht, alle Urheberrechte an den veröffentlichten Fotos und Do- Verantwortlich für den Inhalt: Thorsten Schmidt kumenten zu klären. Sollte dies in Einzelfällen nicht gelungen sein, bitten wir, sich mit uns in Verbindung zu setzen.) Titelbild: Petra, Foto von Friedhelm Wessel, 1968 Wir weisen darauf hin, dass das Urheberrecht an den Artikeln bei Fotos: Seite 4: Anna-Maria Penitzka - Seite 5: Friedhelm Wessel - den jeweiligen AutorInnen liegt. Verwendung und Abdruck in an- Seite 6 - 13: Sammlung Siegfried Schlüter - Seite 16 - 18: Samm- deren Medien, auch auszugsweise, ist nur mit deren ausdrückli- lung Gerd E. Schug, Schönstätter Marienschwestern - Seite 24: cher Zustimmung gestattet. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Friedhelm Wessel - Seite 25: Kulturverein Herner Netz e. V. - Sei- die Redaktion. te 29: Herner Sparkasse - Seite 30: Sammlung Gerd Schürmann - Seite 31: Friedhelm Wessel, Thorsten Schmidt - Seite 32 - 35: Druck: Der Bote im August 2020 3
Jeder Tag ist ein Geschenk buchstäblich im ersten Moment »Gerne«, antwortete das wun- unserer Begegnung verliebt. derbare Wesen neben mir. ... Auch, wenn das kaum vor- Mein Herz tanzt, heißt es so stellbar ist, dass ich genauso schön in einem Lied. Freudig schüchtern, wie »Gerd, der tauschten wir die erforderlichen Schweiger« schweigen kann, ... Kontaktdaten aus und verabre- ich habe mir in den Stunden, deten sogar einen Termin in die wir uns gegenüber saßen Herne. regelrecht Mut angeguckt und Unser erstes Treffen bei ihr Wenn das Schicksal seinen in meinem verwirrten Kopf mehr war umhüllt von so viel beson- Lauf nimmt und es dabei gut als einen unhörbaren Satz for- derer Energie, dass wir unser mit zwei Menschen meint, de- muliert, um meinem Gegenüber Abendessen, das aus drei Tei- nen das Schicksal ganz vor- so unauffällig und zugleich len bestand, nur nacheinander sichtig dabei hilft, dass sich nachdrücklich wie möglich, essen konnten, weil insgesamt eine räumliche Begegnung er- meine Gefühle zu offenbaren. zweimal in der ganzen Straße eignet und diese beiden Men- Es gab an dem Abend eine der Strom ausfiel und ein Zube- schen ab einem bestimmten weitere Person, die sich für reiten der Speisen nur etap- Punkt ganz eng beisammen meinen ganz besonderen Men- penweise möglich war. Lachend weiterlaufen, dann kann etwas schen interessierte; was ich aßen wir zuerst den Salat, dann ganz zart wachsen, was viele durchaus verstehen konnte. Zu das Gemüse und danach das Menschen manchmal ihr gan- meinem Schreck war sie bei Fleisch. Für uns beide begann zes Leben suchen und nicht Weitem nicht so zurückhaltend unser besonderes »WIR«. finden, weil sie auf etwas Gro- wie ich es in diesem Moment Ich bin so dankbar, dass wir ßes und Besonderes warten war! Ständig schnatterte sie einander in unserer Beziehung und dabei die vielen kleinen, Worthülse um Worthülse, wäh- so viel Raum, Zeit, Verständnis besonderen Momente nicht rend ich ein Stoßgebet nach und Achtsamkeit leben, dass wahrnehmen, die sich unbeach- dem nächsten sendete, und jede von uns Raum für sich und tet nicht und dann sogar nie er- hoffte, dass dieses Schnattern Platz für „WIR“ hat. Was bedeu- eignen werden. wie Seifenblasen verfliegen tet schon Zeit, wenn das Be- Wenn ich auf mein bisheri- würde. Eine gefühlte Ewigkeit wusstsein das Maß für die Zeit ges Dasein zurückblicke, war später lichteten sich endlich die gibt. ich – mit entsprechendem Ab- Reihen der Anwesenden und Pläne für eine gemeinsame stand schon des Öfteren ver- auch wir drei machten uns auf Zukunft fanden Zeit und Worte. liebt. ... Aber noch nie zuvor den Weg. Ich hörte das Schnat- Gleichermaßen erforderten sie habe ich das erfahren, was ich tern und wünschte mir einfach immer wieder Zeit für Achtsam- zunächst 2008 und Gott sei nur Ruhe. keit, um Ängste und Hoffnung Dank seit November 2012, als Gott sei Dank wurden meine miteinander zu verbinden und tägliches Geschenk erfahre und Stoßgebete erhört. Die Schnat- vertrauensvoll weiter in den in- zugleich gebe. ... Die Liebe – ternde nutzte den öffentlichen dividuellen Geschwindigkeiten als ein ganz besonderes und Nahverkehr und versank regel- vorwärts zu schreiten, die jede tägliches, aber nicht alltägliches recht im Boden, um ihre U- von uns gerade benötigte. ... Geschenk. Bahn zu bekommen. Ängste wichen und aus Plänen Ich kann mich sehr genau an Wir beide gingen still zu ih- wurde konkretes Handeln. den Moment erinnern, als diese rem Auto und ich bekam noch Ein Reigen von Begegnung, ganz besondere Person plötz- die für mich erforderliche Zeit, Annähern, Abschied nehmen lich mir gegenüber, anlässlich um etwas mutiger zu werden. ... und noch näher zusammen rü- eines Gruppentreffens, an ei- „Wäre es eventuell möglich, cken umgab alle Beteiligten. nem Tisch saß und ich von der dass wir uns auch außerhalb Helfende Hände, wohlwollen- ersten Sekunde wusste, dass des Gruppentreffens sehen des Tun und geteilte Freude ich diese wunderbare Person können?“ ... Ich traute mich taten ihr Übriges. Altes wurde auf keinen Fall verschwinden nicht wirklich, einen Blick zu verrückt, damit Neues entste- lassen kann. Ich hatte mich riskieren, tat es aber doch. ... hen konnte. 4 Der Bote im August 2020
In einer total verrückten Zeit meln lassen können und an PS: Eigentlich wollte ich nur ereignete sich für uns das, was dem wir unsere Träume ver- über den 17.07.2020 schreiben. wir beide achtsam begonnen wirklichen werden. ... Aber dann ist was viel haben. ... Wir haben uns – mit Jeden Tag als ganz beson- Schöneres entstanden. Am ganz besonderer Hilfe von lie- deres Geschenk, umhüllt von 17.07.2020 rückwirkend zum ben Menschen, einen wunder- achtsamer Liebe und Dankbar- 01.07.2020, wohne ich nun baren Ort geschaffen, der für keit – auch für die klitzekleinen amtlich in Herne. uns mehr ist, als ein schönen Begebenheiten, die Zuhause. ... Es ist der Ort, an ein Tag mit sich bringt. Anna-Maria Penitzka dem wir unsere Seelen bau- www.anne-p.de Herne zwischen Kanal und Kneipen »Herne in historischen Fotografien« nennt e. V. ist. Bisher hat der Herner vier Bücher sei- der Autor und Journalist Friedhelm Wessel sein ner Heimatstadt gewidmet. So unter anderem 30. Buch, das jetzt im Erfurter Sutton-Verlag er- dem ehemaligen Bergwerk Friedrich der Große schienen ist. Wessel hat sich seit 2006 auf die und dem Ortsteil Horsthausen. In diesem Jahr großen »K«-Themen des Ruhrgebiets speziali- erscheinen noch drei weitere Wessel-Bücher, siert; »Kohle, Kicker, Kumpel, Kanal, Kolonie die den Lebens- und Arbeitsorten des begeis- und »Köttelbecke«. Für seiner Herneband öff- terten Ruhrgebietlers nachzeichnen: Bottrop (2) neten aber auch etliche Freunde, Verwandte und Oberhausen. und Bekannte ihre privaten, alten Fotoalben. Da gibt es Streifzüge durch den Gysenberg, Auf- enthalte in Kolonien, am Kanal und einige histo- rische Sportrückblicke. Aber auch den aus Her- ne stammenden Schlagersänger Jürgen Mar- cus (1948 bis 2018) begleitete Wessel oft bei Auftritten in der Dortmunder Westhalle oder be- suchte ihn in der einst elterlichen Wohnung an der früheren Marienstraße. Weitere Kapitel hat der 76-jährige Herner »Zeitzeuge« dem einsti- gen Krankenhausfunk Forum 7, einer kleinen Kneipe in Herne-Mitte oder dem legendären »King of Bottle-Ship«, Jonny Reinert, gewidmet. Auf 128 Seiten blickt der vielseitige Autor dabei in rund 160 Schwarzweiß-Fotos in seine viel- schichtige Heimatstadt. »Aus meiner sehr kurzen Herner Zei- tungszeit blieben lei- der nicht viele Foto- dokumente erhalten, daher war ich diesmal auf die Hilfe von Freunden und Ver- Daten zum Buch: wandten angewie- »Herne in historischen Bildern«, sen«, betont Wessel, rund 160 Aufnahmen erzählen Stadtge- der auch Vorstands- schichte und wecken Erinnerungen mitglied des Histori- schen Vereins Von Friedhelm Wessel Herne / Wanne-Eickel Sutton Verlag GmbH, Erfurt, 2020 ISBN 978-3-96303-252-3 Friedhelm Wessel im Gysenberg Herne 128 Seiten - 19,99 EUR Der Bote im August 2020 5
Der Sodinger Ziegenzuchtverein von Gerd E. Schug Siegfried Schlüter, ein Sauerländer Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e. Freund unseres Historischen Vereins, hat V., für die Vereinsbibliothek übereignet. mir freundlicherweise seine Familienchronik Hierfür, und für die Genehmigung, den Be- »Familie Schlüter« zur Information überlas- richt aus der Schlüterschen Familienchronik sen. In dem 236-Seiten starken Buch findet in unserer Vereinszeitschrift »Der Bote« zu sich eine detaillierte Schilderung über den veröffentlichen, sind wir Herrn Schlüter sehr früheren »Ziegenzuchtverein Sodingen«, dankbar. dessen Vorsitzender der Großvater von Der Nachfolgende Text ist ein Auszug Herrn Siegfried Schlüter war. aus der Familienchronik. Er wurde mit Fotos Auch das fast 200 Seiten umfassende aus dieser und Abbildungen aus dem Ver- Vereinsbuch ist erhalten und wurde dem einsbuch zusammengestellt. In der Nähe der Zeche verbreitet, fanden sich die Zie- war — wie die Ortschronik be- Mont-Cenis hat Anton Schlüter genzüchter in Interessenge- richtet — die Ziegenzucht weit einen kleinen Kotten mit Stal- meinschaften zusammen. So verbreitet und auch dort hatte lungen für Kleintierhaltung und auch in Börnig und Sodingen, sich ein Ziegenzuchtverein ge- mit umliegendem Garten- und wo Anton Schlüter viele Jahre bildet, der sich schon eifrig mit Wiesengelände erworben. mit Eifer und Sachverstand ei- diesem Metier beschäftigte. Es Damit war ihm die Möglichkeit nen solchen Verein leitete. Das ist anzunehmen, dass es auch gegeben, seinen Hobbies, von ihm hierzu geführte Tage- auf dem elterlichen Hof Ziegen Tierzucht und Gartenbau, aus- buch gibt noch heute beredt gab und dass Anton Schlüter giebig zu frönen. So beschäf- Zeugnis von den damaligen schon in jungen Jahren mit ih- tigte er sich bis zu seinem Aktivitäten und dem guten nen vertraut wurde. Tode, am 21.08.1941, intensiv Geist, der das Ganze begleite- Das Arbeitsbuch des Sodin- mit der Ziegenzucht, gemein- te. Die Ziegenzucht hat Anton ger Ziegenzuchtvereins wurde sam mit benachbarten Ziegen- Schlüter jedoch nicht erst in von Anton Schlüter, dem Vor- züchtern. seiner neuen Heimat Sodingen sitzenden des Vereins, mehr Wie im Ruhrgebiet zu jener kennengelernt. Auch in seinem als 20 Jahre lang ausführlich Zeit bei den Bergleuten weit Geburtsort Messinghausen und gewissenhaft geführt. Es 6 Der Bote im August 2020
Tode im Jahre 1941, von seiner mit im Haus lebenden, ledig gebliebenen, ältesten Tochter Anna betreut. Das Haus in Sodingen hat durch Bergschäden stark gelit- ten. Es ist verkauft und dann abgerissen worden. Nachwort: Auch meine Großeltern hat- ten während und nach dem 1. Weltkrieg eine Ziege. Diese si- cherte in den Zeiten der dama- ligen Not die Ernährung der Kinder. Der »Bergmannskuh« wurde in der Stadt Herne ein Denk- mal gesetzt, geschaffen von dem Bildhauer Hubert Nietsch. Es steht am Hölkeskampring, in Höhe des Marienhospitals. Gerd E. Schug Überliefert sind mit dieser Auflistung für das Herdbuch die Na- men einiger Sodinger Ziegenzüchter, deren Tiere Anfang der 1930er Jahre gekört wurden und von denen es auch noch heute Spuren im Raum Sodingen geben könnte. enthält auf mehr als 150 Seiten Ratschlägen abgeschlossen die wesentlichen Bespre- wurden. chungsergebnisse mit vielen Seine letzten Lebensjahre nützlichen Informationen und verbrachte Anton Schlüter in Empfehlungen für die Ziegen- seinem kleinen Bauernhaus in zucht. Der Verein tagte regel- Sodingen. Hier konnte er sich mäßig. Dabei beschäftigte er bis zuletzt mit seinen Tieren sich mit aktuellen Themen, die und dem Garten beschäftigen. ernsthaft behandelt, schriftlich Nach dem Tod seiner Ehefrau festgehalten und fast immer Anna Tinnemann im Februar Anton Schlüter als junger Mann, an- lässlich eines Besuches in Düsseldorf, mit Bewertungen und guten 1938, wurde er bis zu seinem bei der Familie seines älteren Bruders Franz Johann. Der Bote im August 2020 7
Die Textpassagen aus dem Protokollbuch zeigen beispielhaft, wie gezielt und auch gewissenhaft sich die Sodinger Ziegenzüchter mit den traditionell anstehenden Themen beschäftigt haben. 8 Der Bote im August 2020
Besonders die »Zehn Regeln für den Ziegenzüchter« bringen deutlich zum Ausdruck, wie nötig und sinnvoll eine geregelte sowie artgerechte Tierhaltung ist. Der Bote im August 2020 9
Beispielhaft und zeitlos informativ sind auch die Eintragungen zu Inhaltsstoffen und Nährwerten von Grundnahrungsmitteln. 10 Der Bote im August 2020
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Die Trächtigkeitstabelle verdeutlicht. dass man neben den Ziegen auch die sonstigen Nutztiere im Blick hatte. 12 Der Bote im August 2020
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Zeitzeugen-Bericht zum 75. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1945 Der nachfolgende Bericht wurde uns von einer sich und benötigen meines Erachtens keine (inzwischen verstorbenen) Zeitzeugin aus Bör- zusätzlichen Erläuterungen, was »Krieg« für nig zur Verfügung gestellt. Die eindrucksvollen die betroffenen Menschen bedeutet. Erinnerungen eines Kriegskindes sprechen für Gerd E. Schug, Börnig Ich war 11/12 Jahre, als die »Trapp-Trapp-Sender« nannte gen. Sirenen Tag und Nacht heulten und wussten dann, dass die In Scherl gab es nur eine und die Menschen sich in Kel- Bomber in unsere Richtung flo- Zwergschule, in der alle Kinder lern oder Bunkern verkrochen. gen. aus den umliegenden Orten un- Wir wohnten mit drei Genera- Nachts zeigten die Bomber terrichtet wurden. Der Fußweg tionen auf dem Bauernhof mei- ihre Ziele an, indem sie Leucht- dorthin betrug zwei Stunden — nes Großvaters. In einem Kel- raketen in Form von Christbäu- je hin und zurück! Der Lehrer lergewölbe richteten wir einen men in den Himmel schossen. war ein Nazi und er sprach nur Luftschutzbunker ein, in dem Dann wurde es höchste Zeit, von Bombenweibern und bei Alarm auch immer unsere sofort in den Bunker zu rennen. Trümmerkindern. Wenn etwas Nachbarn Schutz suchten. Eines Nachts, nach der Entwar- verbockt war, sei es, jemand Als die Angriffe immer hefti- nung, stand unser Haus lichter- hatte den Unterricht gestört ger wurden, kam mein Großva- loh in Flammen. Wie gesagt, wir oder gesprochen, mussten nur ter auf die Idee, einen Bunker hatten einen Bauernhof und die meine vier Jahre jüngere zu bauen. Wir wohnten direkt in Scheune und Dachböden waren Schwester oder ich ans Pult der Nähe eines Bahndammes, bis oben hin mit Heu und Stroh kommen, um uns Backpfeifen durch den früher mal ein Bach gefüllt. In dieser Nacht aber oder Schläge mit einem Stock geleitet war. Diesen Bach ver- wurde auch Wuppertal mit über die Finger abzuholen. legte man irgendwann ein paar Brandbomben niedergebrannt In den Ferien fuhren wir teils Meter vor und verfüllte die alte und alle Feuerwehren der gan- mit dem Zug, teils mit dem Bachröhre mit Erdreich. Die zen umliegenden Städte wur- Fahrrad — je nachdem von wo Idee meines Großvaters, hier- den zum Löschen nach dorthin aus ein Zug fuhr — nach Herne. aus einen Bunker zu bauen, berufen und wir waren auf uns Als wir einmal wieder ins Sauer- wurde sofort in die Tat umge- selbst gestellt. Alle Nachbarn land zurück mussten, fuhr der setzt. Fast alle Mitbewohner und Verwandten halfen beim Zug ab Langendreer. Also fuh- unserer Straße, die älteren Löschen. Mit einer Eimerkette ren wir mit unseren Rädern, Männer (die Jüngeren, mein Va- holte man das Wasser aus dem meine Schwester im Körbchen ter und mein Onkel waren Sol- nahe am Haus vorbei fließen- bei meiner Mutter, von Herne daten), Frauen und Kinder be- den Bach. Das Wohnhaus nach Langendreer. Die Räder gannen, die Erdmassen aus der konnte gerettet werden. Ställe waren nicht gut, ständig spran- Röhre heraus zu schaufeln. und Tiere wurden ein Opfer der gen die Ketten ab. Was wir auf Ein Teil der Bewohner schau- Flammen dieser Fahrt erlebten, sehe ich felte von der einen, die anderen Eine andere Episode: Ich war heute noch immer bildlich vor von der anderen Seite der alten gerade in der Sexta des Neu- mir: Bachröhre. Es war ein großer sprachlichen Mädchengymnasi- Auf dem Bahnhof Langend- Augenblick, als die Menschen ums gekommen, als die Schu- reer schob ein dicker Bahnbe- sich in der Mitte trafen. An die len geschlossen wurden und die amter in dunkelblauer Uniform Seitenwände zimmerten die Schülerinnen nach Schivelbein eine Karre mit zwei großen Rä- Männer Bänke, damit die Kinder in Hinterpommern evakuiert dern und einer flachen Brettauf- dort schlafen konnten, obwohl wurden. Da meine Eltern nicht lage, die man zum Transportie- es dort kalt, zugig und feucht wollten, dass wir so weit Rich- ren von Gepäck benutzte. Auf war. Nach vielen Wochen tung Russland sollten, kamen dieser Karre aufgetürmt langen schwerster Schinderei fanden meine Schwester und ich zu ca. 10 tote russische Männer. wir dann bei Alarm endlich hier Bekannten nach Valbert-El- Als der Mann direkt an uns vor- Schutz. minghausen (Sauerland). Dort beischob, bewegte sich etwas Wir hörten immer den verbo- war der Krieg bis zu diesem auf der Karre und der Dicke tenen Sender ab, den man den Zeitpunkt noch nicht vorgedrun- stieß mit seinem Bein dagegen 14 Der Bote im August 2020
und schimpfte laut »Und du köstigt. Als uns wieder mal der Aber es lagen auch überall Hund, du lebst noch!« — Wir Nazi-Nachbar deshalb nicht in schwarze Stangen herum, teils waren starr vor Entsetzen. Ruhe ließ, fasste mein Großva- in dicken Metallröhren oder ein- Ein anderes Mal, bei einer ter ihn an die Kehle und sagte, fach so zerstreut. Im Nachhin- Ferienrückfahrt, mussten wir mit er würde ihm diese zudrücken, ein hörten wir, wie gefährlich unseren Rädern durch Vorhalle, wenn er uns nicht in Ruhe ließe. dies war, da es sich bei den wo die Russen wie Tiere einge- Seine Devise wäre: Wer arbei- Stangen um Pulverstangen pfercht waren. tet, muss auch essen! Wir hat- handelte. Sie Waren voller Hass auf die ten Angst, dass der Nazi-Nach- Da es in dieser Jahreszeit Deutschen und es muss wohl bar etwas unternehmen würde. schon sehr warm war, lagen die schon fast zum Schluss des (Dieser Nazi Nachbar ist nach ganzen Weiden voller Kadaver Krieges gewesen sein. Weil dem Krieg von Börnig wegge- von Kühen und Pferden, getötet ausser uns noch ein paar ande- zogen. Er konnte sich im Dorf von den Tieffliegern mit ihren re Leute mit Fahrrädern zum nicht mehr sehen lassen.) Maschinengewehren. Die Tiere Bahnhof Hagen wollten, geleite- Die Behandlung gegenüber hatten aufgequollene Bäuche te uns ein amerikanischer Jeep, den Gefangenen zahlte sich bei und es dauerte eine ganze Zeit, besetzt mit vier Soldaten mit deren Freilassung und den fol- bis sie entfernt wurden. Es roch Maschinenpistolen auf den Kni- genden Plünderungen aus. ganz übel. en, zu unserem Schutz durch Mehrere Russen hielten Nacht Zum Schluss noch ein Nach- Vorhalle. für Nacht bei uns Wache, damit trag aus meiner Erinnerung: Wir alle scharten uns mit wir von ihren Landsleuten von An unserem Haus in Börnig großer Angst um den Jeep und Gemetzel und Plünderei ver- fuhren ständig die überfüllten waren froh, als wir den Bahnhof schont blieben. Hamsterzüge vorbei in Richtung Hagen zur Weiterfahrt erreich- Auf dem Bauernhof im Sau- Dortmund. Von dort fuhren die ten. erland, wo wir evakuiert waren, Hamsterer weiter ins Münster- Als der Krieg dann beendet lebte und arbeitete eine junge land. Die Menschen lagen flach war und die Russen aus den Russin, welche wie ein Kind im auf den Dächern und hingen Baracken freigelassen wurden, Haus behandelt wurde. Als spä- außen an den Waggons wie revanchierten sie sich für ihr ter alle Russen zurück mussten, Trauben, nur um ins Münster- Martyrium und es wurde überall hat sie sich lange Zeit versteckt land zu fahren, um etwas geplündert, aber nicht bei uns und war dann ganz ganz trau- Speck, Wurst oder ein paar Kar- zuhause. Weil die deutschen rig, weil sie dann doch weg toffeln zu erbetteln oder zu tau- Männer im Krieg waren, muss- musste. schen. ten die russischen Gefangenen Kurz vor Kriegsende spürten Als der Krieg zu Ende war für sie arbeiten: Auf den Bau- wir dann auch im Sauerland die wurden im Güterbahnhof die ernhöfen, in den Zechen und Angriffe der Amerikaner. Ganz Waggons, die dort abgestellt Fabriken. Man durfte ihnen aber schlimm waren die Tiefflieger. waren, von den Menschen ein- nichts zu Essen geben, es war Sie flogen den ganzen Tag und fach aufgebrochen. streng verboten. So war es beschossen Menschen und Tie- In den aufgebrochenen Wag- auch mit den Gefangenen im re, sobald sie welche erblickten. gons befanden sich Säcke vol- Börniger Russenlager am Ber- Inzwischen waren die deut- ler Kartoffeln, Butter, Mehl, But- kel. schen Soldaten, die sich in der terschmalz und Garn. Es war Wir hatten einen unmittelba- ganzen Gegend in Zelten auf- ein ganz dünnes weißes Garn, ren Nachbarn der nur in gelber gehalten hatten, geflohen und das man später »Güterbahn- Uniform umherging und jeden ließen alles zurück. Wir Kinder hofsgarn« nannte und aus Wel- anzeigte, der sich nicht an die waren begeistert von den Din- chem alles gemacht und mit Nazi-Vorgaben hielt. Mit diesem gen, die wir überall fanden. Sol- dem auch getauscht wurde. Da Nachbarn hatte mein Opa stän- daten-Tornister mit Fell be- mein Vater Bahnbeamter war, dig Streit, weil uns dieser an- spannt (wir hatten bestimmt 20 haben wir selbst nichts geholt, zeigen wollte, da wir unsere Stück davon), runde Dosen bekamen aber Garn geschenkt. russischen Arbeiter mit Le- Schoka-Cola usw. Unter ande- Daraus wurden Gardinen ge- bensmitteln, ja sogar zum Mit- rem fanden wir auch kleine knüpft, Socken, Schlüpfer, Büs- nehmen, versorgten. Wir hatten Stövchen mit dazu passenden tenhalter usw. gestrickt oder nebenbei einen kleines Le- kleinen weißen Würfeln, die wir gehäkelt. Die Not macht erfin- bensmittelgeschäft. Nach geta- dann anzündeten und so ein derisch. ner Arbeit wurden sie richtig be- kleines Öfchen hatten. Die Autorin ist der Redaktion bekannt, möchte aber nicht namentlich genannt werden. Der Bote im August 2020 15
Der Engel von Sodingen - 2. Teil Leben und Wirken der Lehrerin Emilie Engel in Zeiten der Not. (1915 -1926) von Gerd E. Schug Not der Kriegszeit, vor zudem einem fortwährenden allem von dem Hunger Zwiespalt ausgesetzt, weil die während des berüchtig- Erziehung in der Schule so ten Steckrübenwinters grundverschieden ist von der 1917. Dazu waren viele außerhalb der Schule, da zahl- Familienväter bei Gru- lose Miterzieher das vernich- b e n u n g l ü c k e n v e r- ten, was wir aufbauen.« So unglückt oder gefallen halfen sie den Waisen, den oder infolge von Ver- Halbwaisen, dann den Kinder w u n d u n g u n d Ve r- der nicht mit Reichtum geseg- stümmelung invalide. neten Bergleute, indem sie sie Sie fielen somit als Er- in ihre gemeinsame Wohnung, nährer der Familien der Mont-Cenis-Str. 284, ein- aus. Die Ruhrbesetzung luden. Emilie spielte mit den durch Franzosen und Kindern, gab Nachhilfe, vor Belgier und des darauf allem aber gab sie ESSEN. folgenden passiven Auch wenn es oft nur Stullen Widerstandes, welcher waren. Aber Stullen waren der die Wirtschaft fast Braten jener Jahre. So bekam gänzlich zum Erliegen sie von den Kindern und den brachte, machten das Eltern schnell den naheliegen- Maß der Not übervoll. den Namen »Engel von Sodin- Zusammen mit der ga- gen«. loppierenden Inflation In besonderen Fällen, wo galt es nur noch, zu die familiäre Erziehung ausfiel überleben. In dieser oder stärkst beeinträchtigt war, Zeit blühten Städte wie ging die Hilfe über die Stullen Berlin, Industrielle und hinaus. So gab es zwei Ge- Bankiers feierten dort schwister in der von Emilie be- die goldenen Zwanzi- treuten Klasse, die Vollwaisen ger! Doch wie konnte waren. Sie brauchten mehr als Emilie Engels Zeit in Sodin- man das nur schaffen, Essen, sie brauchten ein Zu- gen ohne Lohn, noch nicht einmal hause. Das eine Kind, ein In dieser Zeit nun wird Emi- Hartz IV, ja noch nicht einmal Mädchen, brachte sie zu ihren lie Engel Lehrerin an der So- so etwas wie Grundsicherung! Eltern auf den Bauernhof im dinger Marienschule. An dieser Ich weiß aus den Erzählungen Sauerland, wo es wie ein Kind Schule waren bereits ihre zwei meines Vaters, dass Steckrü- der Familie aufwuchs. Für das älteren Schwestern, Anna und ben, Graupen und Stockfisch andere Kind, ein Junge, konn- Maria Engel, als Lehrerinnen die Gaumenfreuden dieser Zeit te sie eine Gärtnerausbildung tätig. Das Lehrerkollegium waren. Ohne die Milch der bei den Pallotinern in Schön- sprach infolgedessen vom Bergmannskuh, der Ziege, wä- statt vermitteln. »Engelkleeblatt« und nannte ren mehr als zwei seiner zehn Aber neben der konkret-ma- Emilie »Engel 3«. Geschwister gestorben. teriellen Hilfe, die sie durch ihr Emilie Engel war Lehrerin Emilie Engel und auch ihre Lehrerinnengehalt und auch mit ganzem Herzen. Doch reg- Schwestern sahen sich aufge- teilweise durch das ihrer ten sich Zweifel, ob sie genug fordert, zu helfen. Sie hatten ja Schwestern finanzierte, stand für die Kinder und vor Gott die ausgehungerten Kinder je- sie den leidenden Menschen »leistete«. Das strenge Got- den Tag in der Schule vor Au- geistlich zur Seite. So hielt sie tesbild des Katholizismus jener gen. »Die Kinder sind körper- Nachtwachen bei Sterbenden, Tage wirkte sich darin bei ihr lich so unterernährt und krank, die keine Angehörigen hatten. aus. dazu mit vielem bösen Erbgut Die Kraft dazu bekam sie Sie war angerührt von der belastet, geistig abnorm und durch möglichst häufiges 16 Der Bote im August 2020
Kommunizieren und die ergän- zende kniende Anbetung vor d e m Ta b e r n a k e l u n s e re s prächtigen Hochaltares in Pe- ter und Paul. Auch die erwähn- ten Mitgliedschaft in den ver- schiedenen Gebets- und Apostolatsgemeinschaften wirkte sich stärkend auf die Arbeit Emilie Engels aus. Durch ihr Beispiel der Verant- wortungsübernahme für ande- re gelang es ihr, unter den Lehrerinnenkollegen weitere Mitglieder für den apostoli- schen Bund der Schönstatt- bewegung zu gewinnen. Sodinger Lehrerinnen und Lehrer (um 1920). Emilie Engel und die Schön- stattbewegung mus dieser Zeit nicht untypi- selten um eine pragmatische Damit sind wir in Schön- schen skrupulösen Selbst Lösung verlegen. Als sie ein- statt. Dort lernte sie bei der zweifeln ob des Genügens der mal an einer Fronleichnams- ersten Frauentagung im Au- eigenen Anstrengungen zu be- prozession nicht teilnehmen gust 1921 Pater Kentenich freien. Ihr Gottesbild wandelte konnte, ging sie betend durch kennen, der ihr geistlicher Be- sich vom Richter zum lieben einen Park. Am Erntedank fest gleiter wurde. Ihr soziales En- Vater. ging sie einmal in den Vorrats- gagement und ihre gesamte Sie wird Generalvikarin, bie- keller und dankte dort Gott für Lebenseinstellung sowie ihre tet Gott in einer weiteren Wei- die Gaben der Erde, wissend, intellektuellen Fähigkeiten, die he ihr Leben und Leiden- dass es nicht selbstverständ- sie zu mehr berufen schienen sübernahme an. 1928 kehrt sie lich ist, genug zu essen zu ha- als zum Lehrerinnendienst, ins Ruhrgebiet zurück und lei- ben, denn sie war in ihrer So- brachten ihn auf den Gedan- tet in Essen ein Fürsorgeheim. dinger Zeit zu vielen Hungern- ken, mit ihr zusammen eine Sie kennt die Nöte der Revier- den begegnet. Daneben ok- Gemeinschaft aufzubauen, aus bevölkerung. 1929 ist auch troyierte die ihren Novizinnen der in der Folge die Schönstät- ihre Lehrerinnenausbildung keine Aufgabe auf, sondern ter Marienschwestern hervor- wieder gefragt, sie wird Novi- sah in den Wünschen der jun- gehen sollten. zinnenmeisterin. Doch sie bil- gen Schwestern auch den Nachdem sie in ihrer und det nicht von oben herab aus, Geist wirken - bis heute in Or- unserer Heimatgemeinde Peter sondern sie sagt: »Ich muss den nicht immer so gesehen. und Paul im Dezember 1923 Mutter sein .... keiner gehe un- Aber sie fand auch westfä- eine der ersten Frauentagun- befriedigt weg.« Sie redete lisch-klare Worte. So traten gen organisiert hatte, weihte schlicht, aber voll Wärme und nach einer Rede einige Schön- sie sich 1925 an Maria und Liebe und so überzeugend. stattmitglieder aus. gab im Oktober 1926 ihre Stel- Insgesamt gingen 340 Novi- Das Angebot der Lebens- lung als Lehrerin auf, die ihr zinnen der ersten Generation weihe und Leidensübernahme immerhin persönliche Absiche- durch ihre Schule. zeigte Wirkung. Nach einer rung und Mittelerwerb zu täti- Auch anderen gibt sie im Rippenfellentzündung 1933 gen Nächstenliebe und -Hilfe o.g. Sinne Rat, so einer Sozi- erkrankte Sr. Emilie 1935 sehr bedeutete, und ging nach alarbeiterin für schwer erzieh- schwer an Tuberkulose. 6 Jah- Schönstatt-Vallendar, um ge- bare Jugendliche: »Sei nur gut re lang lag sie in verschiede- meinsam mit ihrem geistlichen zu den Kindern! Vergiss nicht: nen Heilstätten und Kranken- Führer, Pater Kentenich, die Sie haben ein armes oder gar häusern darnieder und erlitt Schönstätter Marienschwes- kein Elternhaus genossen. Ver- ein wahrhaftes Martyrium. Drei tern zu gründen und aufzu- such es immer wieder mit dem Operationen ohne Narkose ließ bauen. Pater Kentenich gelang Guten!« sie geduldig über sich erge- es, sie von den im Katholizis- Ihr Stil war kreativ, sie war hen, doch halfen sie alle nicht. Der Bote im August 2020 17
Seminar für Gemeindepasto- bedeutet, dass ein Diener Got- ral und Religionspädagogik tes alle Tugenden, die göttli- werden sollte. Ab 1952 chen Tugenden von Glaube, macht sich eine Wirbelsäu- Hoffnung und Liebe, die Kar- lenverbiegung bemerkbar, als dinaltugenden: Gerechtigkeit, Spätfolge der Lungenopera- Klugheit, Mäßigkeit und Tap- tionen der 1930er Jahre. Sie ferkeit sowie die evangeli- war fortan auf den Rollstuhl schen Räte Armut, Keuschheit angewiesen. und Gehorsam in vorbildlicher Zuletzt war sie fast hilflos Weise gelebt hat. Mit der Fest- und gelähmt. Nachdem sie stellung des »heroischen Tu- von ihrem leiblichen Bruder, gendgrades« ist eine wichtige Vikar Anton Engel, die Ster- Etappe im Seligsprechungs- besakramente erhalten hatte, prozess von Emilie Engel ab- starb sie am 20. November geschlossen. 1955 im Rufe der Heiligkeit. Emilie Engel hat sich in den Die Inhaber des Döner-Imbiss sind Ihr Grab am Provinzhaus zwölf Jahren, in denen sie sehr stolz, dass in ihrem Haus einst der Schönstätter Marien- Bürgerin von Sodingen war, eine so bedeutende Frau gewohnt schwestern ist noch heute eine um die Menschen dort ver- und gewirkt hat. Seit ca. drei Jahren vielfach besuchte Gebets- und dient gemacht! sind ständig mehrere Fotos vom Pilgerstätte. Die von ihr mitge- »Engel von Sodingen« im Schau- gründete Schwesterngemein- Gerd E. Schug fenster ausgestellt. schaft wuchs indessen weiter. Heute gibt es weltweit über 2000 Schönstattschwestern in 29 Ländern der Erde. An 200 ihrer Standorte gibt es die bekannten Schönstatt- kapellen, so auch eine in Castrop-Frohlinde. Doch auch in Sodin- gen finden sich Hinwei- se auf das Wirken Emilie Engels. So wurde im Oktober 2005 anläßlich des 50. Todestages von Sr. Emilie eine Gedenk- tafel am Haus Mont-Ce- nis-Str. 284, wo die Ge- schwister Engel wohn- ten und wirkten, ange- bracht und vom Pfarrer Eine Gesundung trat nicht ein. der Peter und Paul-Ge- Dies bekümmerte sie jedoch meinde, Heribert Zer- nur insofern, als dass sie den kowski, gesegnet. Menschen nicht mehr mit der Bereits am 12. Okto- früheren vollen Kraft helfen ber 1999 war in Trier der konnte. Dennoch war sie von Seligsprechungsprozess 1946 an Provinzoberin der eröffnet worden. Westprovinz, schied 1950 aber Am 10. Mai 2012 hat aus der Generalleitung aus. Papst Benedikt der Emi- Sie schafft es noch im Jahre lie Engel den »Heroi- 1951, eine Ausbildungsstätte schen Tugendgrad« zu- für Seelsorgehelferinnen zu er erkannt. richten, aus der später das Diese Anerkennung Das letze Foto von Sr. Emilie Engel 18 Der Bote im August 2020
Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e. V. www.hv-her-wan.de Hiermit beantrage ich/beantragen wir die Aufnahme in den Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e. V. Name: Vorname: Straße/Hausnummer: PLZ / Ort: Telefon: E-Mail Grundlage der Mitgliedscha@ ist die Satzung des Vereins in der jeweils letzten von der Mitgliederversammlung beschlossenen Fassung. Die Satzung kann auf hGps://hv-her- wan.de und in der Geschä@sstelle eingesehen werden. ⃝ 18,00 € Einzelmitglied ⃝ 28,00 € Familientarif Den jährlich fälligen Beitrag zahle ich/zahlen wir: per SEPA-Lastschri@mandat (siehe Rückseite) per Überweisung Ich/wir willige/n ein, dass mich/uns der Historische Verein Herne / Wanne-Eickel e. V. per E-Mail über alle Belange des Vereins informiert. Meine / Unsere Daten werden ausschließ- lich zu diesem Zweck genutzt. Eine Weitergabe an DriGe erfolgt nicht. Ich kann / wir kön- nen die Einwilligung jederzeit per E-Mail an info@hv-her-wan.de, per Brief an die Ge- schä@sstelle, oder durch Nutzung des in den E-Mails enthaltenen Abmeldelink widerrufen. Ort, Datum Unterschri@ Der Mitgliedsbeitrag wird zum 15. Februar eines jeden Jahres fällig. Satzung: hGp://hv-her-wan.de/kwt7 Datenschutzsatzung: hGp://hv-her-wan/kwa7 Historischer Verein Herne / Wanne-Eickel e.V.- Schillerstraße 18 – 44623 Herne Herner Sparkasse: IBAN: DE10 4325 0030 0003 3202 64 BIC: WELADED1HRN Der Bote im August 2020 19
Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e. V. www.hv-her-wan.de Zahlungsempfänger Historischer Verein Herne / Wanne-Eickel e. V. Schillerstraße 18 – 44623 Herne Fon: (02323) - 1 89 81 87 Fax: (02323) 1 89 31 45 Gläubiger-Idenjfikajonsnummer: DE38ZZZ00001792815 Mandatsreferenz: ______________________________ (wird vom Verein ausgefüllt) Ich ermächjge den Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e.V., Zahlungen von meinem Konto miGels Lastschri@ einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kredijnsjtut an, die vom Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e. V. auf mein Konto gezogenen Lastschri@en einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die ErstaGung des belasteten Betrags verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kredijnsjtut vereinbarten Bedin- gungen. Wenn das Konto nicht die erforderliche Deckung aufweist, besteht seitens des kontoführen- den Geldinsjtuts keine Verpflichtung zur Einlösung. Bei Nichteinlösung gehen die entstehenden Ge- bühren zu meinen Lasten. Vor- und Nachname KontoinhaberIn Straße und Hausnummer PLZ und Wohnort Kredijnsjtut (Name und IBAN) DE _ _ | _ _ _ _ | _ _ _ _ | _ _ _ _ | _ _ _ _ | _ _ Ort, Datum Unterschri@ Historischer Verein Herne / Wanne-Eickel e.V.- Schillerstraße 18 – 44623 Herne Herner Sparkasse: IBAN: DE10 4325 0030 0003 3202 64 BIC: WELADED1HRN 20 Der Bote im August 2020
Die Vereinsbibliothek für unsere Mitglieder Unsere Bibliothek dient der historischen Erhaltung und Bildungs- arbeit für unserer Mitglieder. Sie ist aus urheberrechtlichen Gründen nur für Mitglieder des Historischen Vereins Herne / Wanne-Eickel e. V. nutzbar. Unsere Bibliothek ist eine Präsenzbibliothek. Auf Anfrage werden Kopien oder Scans angefer- tigt, die per Post, jedoch nicht über das Internet, verschickt werden. Die Bibliotheksbetreuung beachtet das Urheberrecht und sorgt für die schriftliche Zusicherung dieser Einhaltung bei den Nutzern. https://hv-her-wan.de/kwe7 Nr. Titel Autor 158 Offene Türen 1/2019 Hrsg. GuM im Kirchspiel Wulkow/Wust Hrsg. Heimat- und Burgverein Essen-Bur- 159 Die Burg Altendorf Band 1 1990 galtendorf e. V. 1950 160 25 Jahre Tage alter Musik - Plakat und Fotodokomunentation Hrsg. Stadt Herne Kulturamt 161 30. Tage alter Musik in Herne Hrsg. Stadt Herne Fachbereich Kultur Hans-Jürgen Tast (Autor), Brigitte Tast 162 Jugend-Medien-Treff: Wege zur Medienkompetenz (Autor) 163 Heimat Westfalen Ausgabe 5/2019 Westfälischer Heimatbund Die Geschichte des "Ev. Vereinshauses" / "Ludwig-Steil- Hrsg. Presbyterium der Ev. Kreuz-Kir- 164 Hauses" Schulstraße in Herne chengemeinde Herne 165 Leise Worte fremdes Land Heinrich Peuckmann 166 Wohnsitz: Nirgendwo Hrsg. Künstlerhaus Bethanien 167 Matthäus Schistl Cajetan Oßwald 168 Der Dom zu Xanten Hans-Peter Hilger 169 Mittelschlesien Günter Elze 170 Westfälisches Ruhrgebiet Michael Schmitt / Patrick Schuchert "Ein segensreicher gemeinnütziger Verein" Die Geschichte 171 des Heimat- und Verkehrsvereins Stadt Blankenberg e. V. Helmut Fischer 1911 - 2011 Schichtwechsel 2/2019 - 25 Jahre Geschichtsarbeit in Ober- Hrsg. Geschichtswerkstatt 172 hausen Oberhausen e. V. 173 Heimat Westfalen Ausgabe 6/2019 Westfälischer Heimatbund Entwurf eines Stadtstrukturmodells für Industriestädte darge- 174 Stephan Hüßler stellt an den Raumbeispielen Herne und Wanne-Eickel Mehr Natur in die Stadt - Dokumentation und Auswertung Hrsg. Ministerium für Stadtentwicklung 175 des Landeswettbewerbs 1991/92 und Verkehr des Landes NRW 176 Heimat Westfalen Ausgabe 1/2020 Westfälischer Heimatbund Der Bote im August 2020 21
Nr. Titel Autor 177 Herne 1897 - 1997 - Ein geschichtliches Journal Ulf Meinke Hrsg. Gesellschaft für Heimatkunde Wan- 178 Der Emscherbrücher 1/1984 ne-Eickel e. V. 179 ZDF Jahrbuch 1993 Hrsg. ZDF Mainz Hrsg. Ministerium für Umwelt, Raumord- 180 Kostbares Wasser - teures Wasser? nung und Landwirtschaft des Landes NRW Entwicklung und Bedeutung der öffentlichen Häfen in Wan- 181 Gerda Kröger ne-Eickel Zur Soziologie der Arbeiterbewegung während der Novem- 182 berrevolution im Landkreis Gelsenkirchen unter besonderer Jürgen Gorgol / Norbert Kozicki Berücksichtigung der Ämter Wanne und Eickel Hrsg. im Auftrag des Rates der Stadt 183 25 Jahre Stadt Wanne-Eickel Wanne-Eickel von Oberstadtdirektor Dr. Wilhelm Elbers 184 Herne: Ökologische Stadt der Zukunft - Kursbuch 2000 Hrsg. Stadt Herne - Amt für Umweltschutz Gesamtstädtisches Entwicklungs- und Strukturgutachten des Hrsg. Gesellschaft für Markt- und Absatz- 185 Einzelhandels in Herne Teil B 1: Strukturgutachten Stadtbe- forschung zirk Herne-Mitte Gesamtstädtisches Entwicklungs- und Strukturgutachten des Hrsg. Gesellschaft für Markt- und Absatz- 186 Einzelhandels in Herne Teil A: Strukturgutachten Gesamt- forschung stadt Herne 187 Tierparkgeschichte 2020 Nr. 1 Alexander Pentek 188 Der Bote 8/2019 Hist. Verein Herne/Wanne-Eickel e. V. 189 Der Bote 9/2019 Hist. Verein Herne/Wanne-Eickel e. V. Unsere Stadt unter dem Nationalsozialismus 190 Hrsg. Stadt Herne Ausstellung der Stadt Herne zum 30. Januar 1933 191 Heimat Westfalen Ausgabe 2/2020 Westfälischer Heimatbund Hrsg. Thomas Spring für das Deutsche 192 Boom. - 500 Jahre Industriekultur in Sachsen Hygiene-Museum Dresden Schichtwechsel 1/2020 - Die Zukunft im Blick. Leben und Hrsg. Geschichtswerkstatt 193 Planen im Ruhrgebiet Oberhausen e. V. 194 Ziegenzuchtverein des ehemaligen Amtes Sodingen 1931 Anton Schlüter 195 Familie Schlueter - Aus dem Buerener und Briloner Land Siegfried H.-D. Schlüter 196 Ilseder Hütte 1858-1958 Wilhelm Treue 197 38. Sammelblatt des Historischen Vereins Freising 2004 Hrsg. Ulrike Götz 198 Schlüter in aller Welt - Zwei Bären auf Reisen Karl-Heinz Fischer / Klaus Tietgens 199 Westermanns Polizei-Atlas für Preussen 1928 Hrsg. Georg Westermann Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaften - Hrsg.: Bettina Joergens / 200 Annäherungen und Aufgaben Christian Reinicke 22 Der Bote im August 2020
Wir möchten Sie darüber informieren, dass die in den Formularen angegebenen personenbe- zogenen Daten, die zum Zwecke der Durchführung der Verwaltung im Sinne unserer Vereinsar- beit notwendig und erforderlich sind, gespeichert und verarbeitet werden. Sie sind gemäß § 15 DSGVO jederzeit berechtigt, gegenüber dem Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e.V. um umfangreiche Auskunftserteilung zu den zu Ihrer Person gespeicherten Daten zu ersuchen. Gemäß § 17 DSGVO können Sie jederzeit gegenüber dem Historischen Ver- ein Herne / Wanne-Eickel e.V. die Berichtigung, Löschung und Sperrung einzelner personenbe- zogener Daten verlangen. Sie können darüber hinaus jederzeit ohne Angabe von Gründen von Ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen und die erteilte Einwilligungserklärung mit Wirkung für die Zukunft abändern oder gänzlich widerrufen. Sie können den Widerruf entweder postalisch (an die Geschäftsstelle) oder per E-Mail (info@hv-her-wan.de) an den Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e.V. übermitteln. Es entstehen Ihnen dabei keine anderen Kosten, als die Portokosten, bzw. die Übermittlungskosten je nach gewählter Übertragungsart. Ich möchte die Arbeit des Historischen Vereins Herne / Wanne-Eickel e.V. unterstützen und beteilige mich mit einer Spende. Name: Vorname: Straße/Hausnummer: PLZ / Ort: Telefon: E-Mail Geb.-Datum: Datum / Unterschrift: Kopieren, vollständig ausfüllen, ggf. zwei- Ich spende dem Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel: mal unterschreiben und einsenden an: € 5,- einmalig Historischer Verein € 10,- monatlich Herne / Wanne-Eickel e. V. € 15,- vierteljährlich Schillerstraße 18 - 44623 Herne € _______ halbjährlich jährlich (auch gerne per E-Mail oder Fax an die Geschäftsstelle) Wie soll das geschehen: Ich überweise den Betrag auf das Konto des Historischen Vereins Herne / Wanne-Eickel e. V. (Volksbank Bochum Witten eG: IBAN: DE24 4306 0129 0170 5205 00 BIC: GENODEM1BOC) Ich ermächtige den Historischen Verein Herne / Wanne-Eickel e. V., den Betrag von meinem Konto einzuziehen (Einzugsermächtigung; jederzeit ohne Fristen widerrufbar!): Kontoinhaber: Bank IBAN: BIC Datum: Unterschrift: Der Bote im August 2020 23
Ein Strahlrohr mit Geschichte Der Zufall kam zur Hilfe, denn Hel- mut Manfreda, in Herne bekannt als Künstler und Mitglied des Histori- schen Vereins, wusste Rat: »Ich habe dieses Strahlrohr einst gefun- den.« Bis 1993 gehörte der heute 80-jähri- ge Holthausener nämlich ebenfalls der Herner Berufsfeuerwehr an. »Es muss so um 1968 gewesen sein«, erinnert sich Manfreda. »Ich war ge- rade mit der Schlauchwäsche be- schäftigt, als ich den Auftrag bekam, einen Blick in einen Trakt des evan- gelischen Krankenhaus an der Wie- scherstraße zu werfen. Dieser Anbau sollte nämlich abgerissen werden und die zuständige Firma wollte dort zur Staubbekämpfung C-Schläuche einsetzten«, berichtet der Ex – Feu- erwehrmann. Helmut Manfreda nahm seinen Auftritt wie gewohnt Jahrzehntelang lag ein Stück Herner Feuer- sehr ernst, und inspizierte den zum Abriss frei- wehrgeschichte unerkannt im Fahnenschrank gegebenen Trakt vom Keller bis zum Dachbo- an der Sodinger Straße. Nun ist die Herkunft den. Auf dem Dachboden fand der Holthause- dieses rund 60 Zentimeter langen und einige ner zunächst altes OP-Besteck und schließlich Kilogramm schweren Metallstücks geklärt. etwa versteckt in einer Dachsparre das Strahl- Marcus Schubert, Vorsitzender des Histori- rohr. »Ich habe es sofort in der Wache abgelie- schen Vereins Herne / Wanne-Eickel e. V., hat fert. Später fand dieses Endstück ja einen Eh- vor einiger Zeit als Berufsfeuerwehrmann die renplatz im dortigen Fahnenschrank« ehrenamtliche Betreuung des Fanhnenschran- Marcus Schubert vermutet, das dieses histo- kes in der Hauptwache übernommen. »Mich rische Strahlrohr einst zur vorgeschriebenen interessiert die Geschichte der Herner Feuer- Brandschutzeinrichtung des Krankenhauses wehr sehr. Deswegen habe ich gerne diese gehörte, um später, im 2. Weltkrieg, als Metalle Aufgabe übernommen«, erklärte Schubert. Frü- wie Kupfer und Messing sehr wertvoll waren, her wurden in dem Schrank die Fahnen der von einem sachkundige Krankenhausmitarbei- Wehren aus Herne aufbewahrt. Doch das ist ter vermutlich auf dem Dachboden versteckt lange her. Inzwischen wurden hier Pokale, Müt- wurde. zen und andere Devotionalien deponiert. »Meist »Diese Art von Strahlrohr wird heute gar nicht ohne jegliche Informationen«, berichtet Hobby- mehr gebaut / eingesetzt. Ein solcher Dorn kam historiker Schubert weiter. meist bei Bränden auf Bauernhöfen zum Ein- In diesem Fahnenschrank hatte man auch satz, denn dieses lange Strahlrohr, an dem sich dieses Strahlrohr, bestehend aus Kupfer und ein C-Schlauch befand, wurde einfach zum Lö- Messing, eingelagert. »Ich gehe davon aus, schen in die brennenden Strohballen gesteckt. dass dieses Rohr, das einst zur Brandbekämp- Heute wenden wir da aber ganz anderen Ver- fung eingesetzt wurde, mehr als 100 Jahre alt fahren an«, betont Marcus Schubert, der sich ist«, erzählt Schubert weiter. Für ihn ein Grund, wie auch Helmut Manfreda darüber freute, dass sich auf die Suche nach der Herkunft dieses etwas Licht in ein kleines (metallenes) Geheim- »Dornes«, wie das Strahlrohr auch genannt nis der Herner Feuerwehrgeschichte gebracht wird, zu machen. wurde. Friedhelm Wessel 24 Der Bote im August 2020
Neuigkeiten aus dem Verein Der faule Buur vom Katzenbuckel Wenn Gefahr drohte, kam Klingelpelzchen Am 23. Februar 2020 fand im Restaurant mit einer kleinen Silberglocke aus seinem »Zille« ein Vortrag von Gerd E. Schug, auf Versteck und warnte die Börniger Dorfge- Einladung des Kulturvereins Herner Netz e. meinschaft. So soll der gute Zwerg vielen V., statt. 20 Interessierte lauschten seinem Menschen das Leben gerettet haben. Hoff- Vortrag. mann, der von 1854 bis 1936 lebte, versi- Der Heimatforscher Gerd E. Schug, ein cherte später einmal, Klingelpelzchen habe anerkannter Börnig-Experte, stieß bei seinen die Anwohner unter anderem 1636 vor der Nachforschungen zum Hof Hoffmann, der Pest und 1914 vor dem Ausbruch des Ersten seit 1230 auf dem Börniger Katzenbuckel Weltkrieges gewarnt. An den Hoffmann- stand, auf die Sage vom Zwerg »Klingel- schen Hof, auf dem Börniger Katzenbuckel pelzchen«. Niedergeschrieben hat sie der erinnert heute nichts mehr. Dort, wo einst Landwirt Wilhelm Hoffmann, der in die Dorf- der Zwerg Klingelpelzchen zuhause war, gibt geschichte als »fauler Buur« einging. Dabei es nur noch eine asphaltierte Straße und war er eigentlich nicht faul, er hatte nur an- moderne Häuser. Aber »Klingelzeichen« sol- dere Interessen. Er saß lieber am Schreib- len auch heute noch manchmal zu hören tisch, als Acker- und Stallarbeit zu verrich- sein. Niemand kennt mehr den Zusammen- ten. Nach Hoffmanns Schilderung hauste hang. der Zwerg einst auf dem »Katzenbuckel«. Gerd Kaemper Wolfgang Viehweger und Gerd E. Schug Der Bote im August 2020 25
Aus den wilden Pionierzeiten Hernes — Teil 1 Aufstieg, Versuchung und Vergehen in den Gründerjahren Hernes Wer kennt sie nicht, die Pioniere des Ruhr- nen anderen Berufen nachgingen, z.B, Schrei- gebiets; die Mulvanys, Krupps, Grillos, die Gee- ber oder Bedienstete hoher Herren, nur „Fertig- smanns, Halstricks und Vogels. Um nur bei ei- keiten im Lesen und einige Übung im Rechnen nigen Größen der weiteren und engeren Umge- und Schreiben nachweisen.“ Für Sprick galt bung zu bleiben. dann das neue Prozedere: „Einreichung einer Doch was ist über die aufstrebenden Persön- selbstverfassten Lebensbeschreibung, der lichkeiten der Übergangszeit bekannt, die viel- Zeugnisse über ihre bisherige Vorbereitung, ih- fach das Gemeindeleben mitgestalteten und so ren Gesundheitszustand, die an Ihnen im letz- die Grundlagen unserer Heimatstadt schufen? ten Jahre wiederholte Vaccination (Impfung) Eigentlich nicht viel, außer vielleicht ein schmu- sowie eines verschlossenen Zeugnisses Ihres cker Grabstein. Pfarrers über Ihr sittliches Verhalten“. Ich möchte heute eine Persönlichkeit vorstel- Die Volksschul-Lehrerausbildung war von len, die wie keine zweite den Aufstieg der Preußen zu dieser Zeit schon geregelt. Nach Landgemeinde mitmachte, sie in vielfacher Art der eigenen Volksschulzeit (ca. 8 Jahre) ging und Weise mitprägte um dann doch nur ihren der zukünftige Lehrer zunächst bei seinem oder eigenen Nutzen daraus zu ziehen. einem anderen erfahrenen Lehrer in die „Lehre“. Im Anschluss daran fanden ein Vorbereitungs- Wilhelm Sprick kurs und dann die eigentliche Seminarzeit statt. Die Ausbildung zum Volksschullehrer dauerte Wilhelm Sprick ist für die Herner Geschichte dann alles in allem rund sechs Jahre. Wilhelm so etwas wie ein Gentleman Ganove. Aus ein- Sprick verließ also die Volksschule mit ca. 14 fachen Verhältnissen stammend und über meh- Jahren und trat in das Seminar ein. rere Wege in ein für die junge, aufstrebende Sechs Jahre Später dann der Abschluss mit Landgemeinde wichtigen Posten gelangt, um Erfolg. Die Amtsblätter der Bezirksregierungen zum Schluss mit persönlichem Gewinn alles Münster und Arnsberg teilten gleichlautend mit hinter sich lassen. [sic]: Doch alles auf Anfang: »Bekanntmachungen des Königl Provin- Heinrich Friedrich Wilhelm Gottlieb Sprick, zial Schul Collegii. wurde am 9. Juni 1825 in Petershagen bei Min- Nach der am 28. und 29. vor Mts im den als Sohn des Tagelöhners Heinrich Wilhelm evangelischen Schullehrer=Seminar zu Sprick (28.09.1792 — 02.06.1828) und Christi- Petershagen abgehaltenen Prüfung sind ne Wilhelmine Sophie Charlotte Kahlen folgende Seminaristen für wählbar zum (20.07.1798 —) geboren. Getauft am 26. Juni Schulamte erklärt worden: des selbigen Jahres, wurde er schon drei Jahre […]12. Wilhelm Sprick aus Petershagen. später Halbweise. Seine Mutter zog nach Mit den Zeugnissen sind den Geprüf- ten Auszüge aus den Prüfungs Verhand- Ovenstädt zurück und am 6. Juni 1830 wurde in lungen ausgehändigt woraus die Leis- der dortigen Kirche das Eheaufgebot mit Herr- tungen derselben in einzelnen Lehrfä- mann Heinrich Christian Fehling aus Eldagsen chern zu ersehen sind wobei wir bemer- verkündet. Eine Trauung ist weder in Ovenstädt ken daß bei Ertheilung der Zeugnisse noch in Petershagen vermerkt worden. Sie blieb nicht allein auf die erworbenen Kennt- unverheiratet. nisse sondern auch auf die Gesinnung Was mit der Mutter und ihrem Sohn danach Gemüthstimmung und sittliche Führung passierte ist nicht bekannt, jedoch scheint er in Rücksicht genommen ist. Münster den Petershagen geblieben zu sein. Sein Schuli- 21. August 1845.« scher und persönlicher Ruf schien jedenfalls recht gut gewesen zu sein. Seit 1792 wurden in Petershagen Lehrer für Kaum drei Wochen später wurde er zu seiner die Volksschulen ausgebildet und seit 1830 in ersten und neun Monate darauf zur endgültigen einer ordentlichen Anstalt. Anfänglich mussten Einsatzstelle beordert: die Zöglinge des Kollegs, die dazu verschiede- Am 16. September 1848 klärt uns dazu die 26 Der Bote im August 2020
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