Die Coronakrise - BRK Kreisverband Garmisch-Partenkirchen
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BRK Kreisverband Garmisch-Partenkirchen BRK Kreisverband Garmisch-Partenkirchen Die Coronakrise www.brk-gap.de
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Die Coronakrise Der Bericht des BRK Kreisverbandes Garmisch- Partenkirchen zur 1. Welle der Coronapandemie 2020. Inhaltsverzeichnis Grußworte Thomas Schwarzenberger Seite 8 Landrat Anton Speer Seite 9 Von der Katastrophe zur Krise Seite 10 Der Verlauf der Coronakrise im Landkreis Seite 14 Mit Szenarien leben Seite 16 Die Einsatzstrategie des Roten Kreuzes Seite 31 Das Rote Kreuz im Einsatz: Kurzübersicht Seite 26 Impressum: Bis zur letzten Patrone Seite 38 Auf der Suche nach dem freien Bett Seite 42 V.i.S.d.P.: BRK Kreisverband Garmisch-Partenkirchen Die Abstreicher Seite 50 vertr. d. Klemens Reindl (Kreisgeschäftsführer) Notbetreuung Seite 56 Redaktion & Layout: Jörg Jovy Masken für den Landkreis Seite 60 Fotos: Alle Bilder mit Ausnahme folgender Seiten sind Bilder des BRK Kreisverbandes Der Kampf gegen den Mangel Seite 76 außer auf den Seiten 22, 23, 24, 29, 42, 78, 86, 100, 108, 114. Versorgung der Bevölkerung Seite 80 Der Kampf um Glaubwürdigkeit Seite 86 Quelle dieser Aufnahmen: Adobe Stock Die Irrtümer der Coronakrise Seite 100 Anschrift: Die gesamtbayerische Katastrophe Seite 108 BRK Kreisverband Garmisch-Partenkirchen Nach der Pandemie ist vor der Pandemie Seite 114 Falkenstr. 9 82467 Garmisch-Partenkirchen 4 5
SARS-CoV-2 Die 1. Coronawelle in Zahlen* Das Virus SARS-CoV-2 (Abk. für englisch severe acute respiratory syndrome coronavirus 2, deutsch schweres akutes respiratorisches Syndrom-Coronavirus-2, umgangssprachlich nur (neuartiges) Corona- Positiv auf Corona Geteste virus genannt, gehört zur Familie der Coronaviren. Eine Infektion mit weltweit: 10.185.374 diesem Virus kann die neue Atemwegserkrankung COVID-19 verursa- in Deutschland: 194.957 chen. Das Virus SARS-CoV-2 wurde Ende 2019 erstmals in der Stadt Wuhan in Bayern: 48.523 (Volksrepublik China) entdeckt und löste weltweit die COVID-19-Pan- im Landkreis demie aus. Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde diese Garmisch-Partenkirchen: 293 am 30. Januar 2020 als „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ und am 11. März 2020 als Pandemie eingestuft. Todesfälle: Quelle: wikipedia weltweit: 503.862 in Deutschland: 8.973 in Bayern: 2.594 im Landkreis 18 Garmisch-Partenkirchen *Die erste Coronawelle endete in Bayern offiziell mit dem Ende des landesweiten Katastrophenzustandes am 16. Juni 2020. Bis oben genannten Zahlen geben den jeweiligen Stand zum 30.6.2020 an. Bis Ende Juli war die Zahl der Neuinfektionen im Deutschland konstant niedrig. Seit August steigt sie wieder. Die WHO sprach am 17. Sept. 2020 erstmals auch offiziell von einer 2. Welle in Europa. Die Infektions- zahlen der 2. Welle übersteigen in ganz Europa mittlerweile die Zahlen der 1. Welle. Obwohl Garmisch-Partenkirchen zwischenzeitlich und kurzfristig auch zu einem Hotspot wurde, ist die Situation deutsch- landweit vergleichsweise entspannt im Vergleich zu Spanien, Frank- reich und anderen Ländern. Die Zahlen stammen von WHO, RKI, LGL Bayern und dem Gesundheitsamt Garmisch-Partenkirchen.
Grußwort von Thomas Schwarzenberger Grußwort von Landrat Anton Speer Das Jahr 2020 wird sicher uns allen es auch, sich im Urlaub bestmöglich noch lange in Erinnerung bleiben. vor dem Coronavirus zu schützen Erstmals nach über einem Jahrhun- und zum Beispiel auf ausgelassene dert, hat eine ansteckende Krankheit Partys ohne Abstand zu verzichten. uns in Erinnerung gerufen, wie an- Der Kreisverband des Bayerischen fällig unsere Gesellschaft wirklich ist. Roten Kreuzes hat den Landkreis Die letzte große, weltumspannende Garmisch-Partenkirchen und die Pandemie war die sogenannte „Spa- Arbeit des Gesundheitsamtes seit nische Grippe“, an der zwischen 1917 Beginn der Corona-Pandemie sehr und 1920 etwa geschätzt knapp 500 umfangreich mit Personal und Ma- Millionen Menschen erkrankten und terial unterstützt. In der Zeit des zwischen 20 und 50 Millionen star- Corona-Lockdowns wurden unter ben. Der Schrecken, den das Grip- anderem Bürgerinnen und Bürger pevirus Influenza H1N1 damals ver- mit Nahrungsmitteln versorgt, Mund- breitete, ist über die Jahrzehnte in Nasen-Bedeckungen genäht und Vergessenheit geraten. Pandemien mobile Corona-Teststationen ein- galten lange als Horrorszenarien von gerichtet. Der BRK-Kreisverband Virologen, die vor allem Filmregisseu- hat hier zum Wohle des Landkreises re zu zahlreichen Untergangsepen Die Corona-Pandemie ist weiterhin das hervorragende Arbeit geleistet und wie Outbreak oder Contagion inspi- auch das Rote Kreuz im Landkreis vor bestimmende Thema und die Corona- er unterstützt das Gesundheitsamt rierten. Die Realität hat uns mit SARS- neue Herausforderungen gestellt. Wir virus-Erkrankung (COVID-19) wird uns auch weiterhin bei seinen wichtigen CoV-2 eingeholt. Masken gehören wollen unsere Erfahrungen in diesem auch weiterhin beschäftigen, bis ein Aufgaben. So betreiben seit Anfang wieder zum Alltag, ebenso wie die Bericht zusammenstellen, um künftig wirkungsvoller und sicherer Impfstoff September das Gesundheitsamt und Verbote für Veranstaltungen, Hygiene- schneller und besser vorbereitet auf gefunden wurde. Bis dahin gilt es weiter das BRK gemeinsam auf dem Park- empfehlungen oder Distanzvorschrif- Pandemien reagieren zu können. Da- achtsam zu sein, den Mindestabstand platz am Alpspitz-Wellenbad in Gar- ten. All dieses Wissen war nicht mehr bei ist unser Anspruch durchaus, unser und die Hygieneregeln einzuhalten so- misch-Partenkirchen ein sogenann- präsent. Zwar gibt es die Pandemie- Wissen nicht nur bis zum hoffentlich wie eine Mund-Nasen-Bedeckung dort tes „Bayerisches Testzentrum“. pläne der Bundesregierung und der baldigen Ende der Corona-Pandemie zu tragen, wo es vorgeschrieben ist. Weltgesundheitsorganisation, aber verfügbar zu machen, sondern auch Wir alle können mit unserem Verhalten Für die professionelle Arbeit und die die Talk-Shows der letzten Monate le- darüber hinaus. Ich danke allen, die da- dazu beitragen, dass das Coronavirus umfangreiche Unterstützung bei der gen ein beredtes Zeugnis davon ab, ran mitgearbeitet haben, vor allem aber sich nicht wieder verstärkt ausbreitet. Bewältigung der Corona-Pandemie wie schwer wir uns mit dem Ergreifen den vielen Helferinnen und Helfern, die Nach dem Höhepunkt der Infektions- im Landkreis Garmisch-Partenkir- geeigneter Maßnahmen tun. Natürlich in den letzten Monaten dazu beigetra- zahlen im Zeitraum von Ende März chen danke ich dem BRK-Kreisver- ist Influenza nicht Corona, aber doch gen haben, dass Corona in unserem bis Ende April sind die Zahlen bei uns band mit all seinen Helferinnen und liegt die Gefährlichkeit beider Viren in Landkreis nie zur Krise wurde. im Landkreis Garmisch-Partenkirchen Helfern sehr herzlich. ihrer leichten Übertragbarkeit über die rückläufig gewesen, doch in den letzten Luft und ihrem insbesondere für Risi- Wochen ist aufgrund von Reiserück- kogruppen oft schweren und sogar kehrern die Zahl der Neuinfektionen tödlichen Verlauf. Das Coronavirus hat wieder leicht angestiegen. Deshalb gilt 8 9
Von der Katastrophe zur Krise Kreisgeschäftsführer Klemens Reindl über den Kampf gegen SARS- CoV-2 im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Die Katastrophe kam auf leisen Sohlen. Es „Für uns war diese Pandemie war im Dezember 2019 eine Randnotiz in gleichfalls eine große Herausfor- den Nachrichten: ein neues Virus, das in derung, weil sich dieser Einsatz Wuhan, im fernen China, aufgetreten war deutlich von dem unterschied, und dort grassierte. Am 13. Januar wurde die erste Erkrankung in Thailand registriert was wir an Einsatzszenarien und am 23. Januar in den USA. Auswirkun- gewohnt und worauf wir vorbe- gen der globalen Vernetzung eben. reitet sind.“ Ein erstes Stirnrunzeln gab es, als am 30. Januar die WHO eine „gesundheitliche Not- Kreisgeschäftsführer Klemens Reindl lage von internationaler Tragweite“ erklärte. mit den vom BRK hergestellten Zu diesem Zeitpunkt war das Virus bereits Stoffmasken. bei uns im Landkreis Garmisch-Partenkir- chen angekommen: am 28. Januar titelte „Es ist ein unnützer Verbrauch von Masken, kündung entsprechender Maßnahmen zur Merkur online: „Coronavirus erreicht das wenn sie in der Öffentlichkeit getragen wer- Infektionseindämmung. Aber auch in Ischgl Würmtal“1 . Was zu diesem Zeitpunkt nur den.“3 Am 23. Februar gab es in Italien die ging der Skibetrieb – und der après ski–Be- wenige wußten: Auch eine Familie aus Mur- ersten beiden COVID-19-Toten und am 28. trieb – noch neun Tage nach der Meldung nau war betroffen und musste in häusliche Februar 2020 schätzte die WHO in ihren aus Island unvermindert weiter. Erst am 13. Quarantäne. Der Familienvater war bei We- Berichten das Risiko auf globaler Ebene als März wurde Ischgl unter Quarantäne ge- basto beschäftigt. „sehr hoch“ ein. stellt. Die Reaktionen der Verantwortlichen in Als am 25. Februar die ersten Corona-Fäl- In Bayern reagierte das Bayerische Rote Politik und Wissenschaft waren zu diesem le in Innsbruck auftraten, geriet der Tiroler Kreuz am 13. März mit der Erklärung des Zeitpunkt noch sehr gelassen: Am 22. Ja- Skiort Ischgl immer mehr in den Fokus als Krisenfalls durch den Präsidenten des BRK. nuar stufte die Bundesregierung das Virus sog. „superspreader“. Ausgangspunkt war Am 16. März erklärte Ministerpräsident Dr. als sehr geringes Gesundheitsrisiko ein und hier eine Warnmeldung aus Island, in der Markus Söder in einer Pressekonferenz um stufte seine Gefährlichkeit als weit geringer bereits am 5. März Ischgl als wahrschein- 10:00 Uhr den landesweiten Katastrophen- im Vergleich zum SARS-Virus ein.2 Diese licher Infektionsort identifiziert wurde. Dem fall für den Freistaat Bayern. Der Katastro- Einschätzung hielt auch die nächsten Wo- folgte Norwegen mit einer gleichlautenden phenfall wurde erst am 16. Juni um 24:00 chen noch an. Am 18. Februar sagte Prof. Meldung am 8. März. Nunmehr stieg auch Uhr wieder aufgehoben und dauerte damit Lothar H. Wieler, der Präsident des Robert- die Nervosität in Bayern. Da jedoch die 93 Tage. Bayern erlebte damit seinen ersten Koch-Instituts in der Nachrichtensendung Kommunalwahlen am 15. März anstanden, landesweiten und den insgesamt längsten Zeit im Bild des österreichischen Rundfunks: zögerte die Politik offensichtlich mit der Ver- Katastrophenfall seiner Geschichte. Uns al- 10 11
len wird er als „Coronakrise“ im Gedächtnis nicht unerheblicher Zahl intensiv- und be- bleiben. atmungspflichtig werden könnten. Damit Aufgrund der örtlichen Nähe zu Ischgl als erfolgte eine Konzentration auf die sys- „superspreader“ war Bayern deutlich mehr temrelevanten Bereiche einerseits und ein von der Pandemie betroffen als fernere Einfrieren („lock down“) der nicht system- Bundesländer4. Deshalb kamen auf den relevanten Bereiche des täglichen Lebens Landkreis Garmisch-Partenkirchen als andererseits. Grenzlandkreis zu Tirol erhebliche Anforde- Als BRK-Kreisverband waren wir in vielfälti- rungen zu. ger Art und Weise in die Krisenbewältigung Glücklicher Weise war unser Gesundheits- eingebunden und unterstützten die Katas- amt aufgrund der Fälle in Murnau bereits trophenbewältigung nach Kräften. Für uns „alarmiert“ und mit der Nachverfolgung der war diese Pandemie gleichfalls eine große Kontaktpersonen beschäftigt. Schon am 8. Herausforderung, weil sich dieser Einsatz März bat das Gesundheitsamt den Fach- deutlich von dem unterschied, was wir an dienst CBRNE des BRK-Kreisverbandes Einsatzszenarien gewohnt und worauf wir Garmisch-Partenkirchen um Unterstüt- vorbereitet sind. Somit ergab sich für uns zung bei der Probenentnahme von Ver- die Herausforderung, unsere Krisenreak- dachts- und Kontaktpersonen. Mit Fest- tionsfähigkeit an die Pandemie anzupassen stellung des Katastrophenfalls wurde auch und mit bewährten Strukturen völlig neue die Führungsgruppe Katastrophenschutz Dinge zu tun. Mit dieser Dokumentation im Landratsamt aufgerufen und in Dienst wollen wir einen kritischen Blick auf die ein- gestellt. Damit nahmen die Dinge ihren zelnen Einsatzabschnitte und Maßnahmen Lauf. Das gesamte gesellschaftliche Leben werfen, unsere Erfahrungen einbringen und wurde durch eine Vielzahl von staatlichen damit dazu beitragen, für den nächsten Ein- Vorgaben und sich rasant verändernden satz ein wenig besser gewappnet zu sein. Allgemeinverfügungen des Innen- und Wir laden alle LeserInnen dieser Dokumen- des Gesundheitsministeriums weitgehend tation herzlich ein, mit uns in einen kritischen komplett heruntergefahren. Die Heraus- fachlichen Austausch zu treten und eigene forderung für alle Beteiligten bestand nun Erfahrungen und Kenntnisse einzubringen. Übergabe eines Teststäbchens am darin, neben der „normalen“ Infektionsver- Wir glauben im Landkreis Garmisch-Par- Drive-In in Garmisch-Partenkirchen folgung die Ressourcen für den erwarteten tenkirchen im Bereich Katastrophenbewälti- Ansturm einer großen Zahl von Patienten gung gut vorbereitet zu sein, aber das Bes- in kürzester Zeit bereit zu halten, die in sere ist der Feind des Guten! ❶ https://www.merkur.de/lokales/wuermtal/coronavirus-erreicht-wuermtal-13506012.html ❷ Carolin Streckmann: Einschätzung der Bundesregierung: Neues Virus kein Grund für Alarmis- mus. In: rp-online.de. 22. Januar 2020, abgerufen am 29. Juni 2020 ❸ https://www.facebook.com/ZeitimBild/videos/wieler-das-tragen-von-gesichtsmasken-im- %C3%B6ffentlichen-raum-ist-definitiv-nicht-an/728814587525394/ (ab 0:33 Minuten) ❹ https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiverwaltung/IfW-Publications/Gabriel_Felbermayr/ Apres-ski__The_Spread_of_Coronavirus_from_Ischgl_through_Germany/coronavirus_from_ ischgl.pdf 12 13
Der Verlauf der Coronakrise im Landkreis Garmisch-Partenkirchen 21.04.2020 31.12.2019 16.03.2020 1. April 2020 Das Oktoberfest 2020 Chinesische Behörden Bundesregierung schließt SARS-CoV-2 fordert das 1. wird abgesagt. Zum geben Entdeckung eines die Außengrenzen. Bayern Todesopfer im Landkreis. ersten Mal fiel die neuartigen Coronaviruses erklärt den landesweiten Ein 92-jähriger Mann stribt Wiesn 1854 wegen einer bekannt. Katastrophenfall. in der Unfallklinik Murnau. Cholera-Epedemie aus. 27.04.2020 31.12.2019 23.03.2020 Bayern führt eine Maskenpflicht China meldet der 1. Beginn der Einkaufshilfe in in Geschäften und dem ÖPNV WHO Fälle einer Krün, Wallgau, Mittenwald, ein. Abiturienten kehren als 1. bisher unbekannten 08.03.2020 Saulgrub und Unterammer- in die seit 16.3. geschlossenen Lungenkrankheit 30.01.2020 Erstes deutsches Opfer gau. Die Informationsseite Schulen zurück. WHO erklärt die von SARS-CoV-2, das www.coronagap.de geht on- Ausbreitung des Virus sich mutmaßlich in line. UG-SanEL beginnt mit 16.06.2020 zu einer „Notlage von Ägypten angesteckt Patientenmanagement. Der Katastrophenzustand 400 20.04.2020 6.05.2020 internationaler hatte. Erster Krank- wird aufgehoben Erste Lockerungsmaß- Die allgemeine Aus- Tragweite“ heitsfall im Landkreis nahmen in Bayern er- gangsbeschränkung leichtern den Alltag. entfällt. Erstmals dürfen 20.03.2020 sich auch Freunde wie- 350 11.02.2020 1. Allgemeinverfügung mit der treffen. Das Virus wird auf den weitreichenden Ausgangsbe- Namen SARS-CoV-2 schränkungen tritt in Kraft. 14.05.2020 getauft, die von ihm verur- 19.06.2020 sachte Krankheit COVID 19 UG-SanEL beendet Die 6. und bis Patientenmanagement 300 6.04.2020 zum Redak- 27.01.2020 18.03.2020 nach Räumung des Senioren- tionsschluß im Im Landkreis Rotes Kreuz richtet September 2020 27./28.02.2020 zentrums Kemmelpark, Starnberg erkrankt Drive-In am Wittels- gültige Baye- Bundesregierung richtet das wenig später vorüber- erster deutscher bacher Platz in Gar- rische Infek- Krisenstab ein. gehend geschlossen wird. 250 Coronapatient misch ein. 8.05.2020 tionsschutzver- Dort starben 12 Bewohner an Corona BRK beendet im Land- ordnung tritt in kreis die Arbeit des Krisenstabes. CBRNE- 28.03.2020 15.04.2020 Einheit ist bis Ende Juni 200 Deutschlandwei- Beginn der Verteilung noch im Auftrag des 15.06.2020 13.03.2020 ter Höhepunkt der 1. der von 110 ehren- Nach den Pfingstferien Gesundheitsamtes tätig. BRK richtet landeswei- Coronawelle mit 6.294 amtlichen Näherinnen dürfen erstmals alle ten Krisenstab ein. Neuinfektionen an hergestellten Masken an Schüler wieder zurück 1.06.2020 einem Tag. Haushalte im Landkreis. Mit 138 Neuin- in die Schulen. Aller- 150 fizierten in ganz dings oftmals nur wo- Deutschland wird chen- oder tageweise 5.05.2020 Die letzte Maske von der bis dahin 2.05.2020 24.500 Masken, die das niedrigste Stand 100 30.03.2020 Erstmals sinkt die Zahl Rote Kreuz in 6 Wochen während der Dauer Offizieller Beginn der der Neuinfizierten produziert hat wird des Katastrophen- Produktion von Masken Coronafälle unter die ausgeliefert. zustandes gemeldet. für den Landkreis durch 1000er-Marke das Rote Kreuz. 50 09.04.20 08.06.20 29.04.20 28.06.20 09.02.20 09.05.20 29.02.20 29.05.20 30.06.20 20.03.20 30.03.20 19.04.20 18.06.20 19.02.20 19.05.20 20.01.20 30.01.20 10.03.20 01.01.20 10.01.20 31.12.19 14 15
Mit Szenarien leben mit Zahlen arbeitenden Szenarien gedrückt. VID-19 ins Krankenhaus eingeliefert werden Mit Szenarien leben Es gab aber sehr wohl Rahmenparameter.1 sollten, würden intensivpflichtig. Die Hälf- Das RKI legte seinen Szenarien zum einen te der Intensivpatienten würde versterben. Die Entwicklung der Coronakrise im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Was Zahlen das bis dahin bekannte Infektionsgesche- Zusätzlich rechnete das RKI drei weitere sagen, was nicht, wie sie sich während der Krise entwickelt haben und warum sie hen seinen Berechnungen zu Grunde. Die Faktoren ein: einmal die Auswirkungen der öfter geändert werden mussten. Basis bildeten dabei die ersten Studien aus Quarantänemaßnahmen auf das Infektions- China. Man ging davon aus, dass Infizierte geschehen, eine wachsende Immunität in etwa zehn Tage lang ansteckend waren und der Bevölkerung sowie eine mögliche Sai- etwa 9 Tage lang Symptome zeigten. 95,5 sonalität. Für Deutschland rechnete das % davon würden nach 14 Tagen gesunden, RKI je nach Szenario mit folgenden Erkran- 4,5 % schwerer erkranken. Ein Viertel der kungszahlen: Szenarien sind die Glaskugel des Katas- rätseln die Experten darüber, wie viele Bür- schwer Erkrankten, die auch wegen CO- trophenschutzes. gerinnen und Bürger sich tatsächlich mit Bei einer Katastrophe wissen die Beteiligten Corona inifiziert haben oder noch infizieren im Vorfeld weder wann sie kommt, noch wie werden. Diese Situation ist auch für die Hel- schwer sie die Menschen und die Retter be- fer schwierig. Denn eine der Standardfragen lasten wird. Wäre es anders, wäre es keine ist, worauf man sich und die Bevölkerung Katastrophe, sondern ein vorhersehbares vorbereiten muss. Wie viele Betten werden Ereignis, das viel von seinem Schrecken benötigt, wie viele Beatmungsplätze, wie verliert. Selbst Katastrophen, die regel- viele Tote wird es geben und wie lange kann mäßig den Landkreis treffen wie zum Bei- man die Bevölkerung versorgen. Zu keinem spiel Hochwasserlagen sind nur schwer Zeitpunkt gab es für das Bundesgebiet, vorhersehbar und in ihren Auswirkungen Bayern oder den Landkreis konkrete, öffent- nicht exakt berechenbar. Diese Eigenschaft lich verfügbare Zahlen und Prognosen, auf teilt auch die Corona-Pandemie. Zwar traf denen man seine Entscheidungen hätte auf- sie weder Deutschland, Bayern noch den bauen können. Es gab nur Szenarien. Das Vergleich des Verlaufs der SARS-CoV-2-Epidemie (Tages-Prävalenz). Saisonalität führt generell zu einer Landkreis aus heiterem Himmel, aber trotz- Robert-Koch-Institut in Berlin hat das Dilem- Verlangsamung und Abschwächung der Epidemie, eine vorbestehende Immunität bei gleichem Beginn der dem denkbar unvorbereitet. Und bis heute ma wohl gesehen und sich vor konkreten, Welle zu einem deutlich niedrigeren Maximum (Quelle RKI) Dieser Verlauf berücksichtigt keine Quarantä- nemaßnahmen. Demnach schwankte die Zahl der erwart- baren Erkrankten zwischen über 10 Mio. und ca. 3,5 Mio., wenn keinerlei Quarantä- nemaßnahmen ergriffen würden. Das RKI erwartete, dass sich die Zahl der Infizierten auf etwa eine Million senken ließe, wenn es gelänge viele Infizierte und ihre Kontaktper- © Bildnachweis sonen frühzeitig zu erkennen und in Qua- Auswirkungen der Quarantänemaßnahmen bei rantäne zu nehmen. Je nach Szenario er- leichter Saisonalität auf die Infektionszahlen (Quel- Angenommene Parameter im Modell für die Dauer der Erkrankungsphasen und die Übergangswahrschein- wartete das RKI einen gleichzeitigen Anfall le: RKI) lichkeiten in Prozent laut RKI vom 20. März 2020. (Quelle: RKI) zwischen ca. 600.000 und unter 100.000 16 17
Mit Szenarien leben Patienten deutschlandweit. Daraus errech- Gesundheitssystems im Landkreis entwi- nete die Behörde die Belastung für das ckeln. Nur bei einem Worst-Case-Szenario 400 Gesund Gesundheitssystem. Geht man von einem wären demnach zusätzliche Kapazitäten 350 - wie wir heute wissen - unrealistischen notwendig gewesen. In allen anderen Fällen 300 im Krankenhaus Szenario eines gleichmäßigen Infektions- hätten die bestehenden Betten ausgereicht. 250 Erkrankte geschehens im ganzen Land aus, so ließen sich linearisiert daraus die zu erwartenden Trotzdem gab es natürlich auch andere Sze- 200 Belastungen für die Herausforderungen des narien. Zum Beispiel vom ehemaligen Lei- 150 100 60000 Todefälle 50 0 50000 Beatmung 08.03. 15.03. 22.03. 29.03. 05.04. 12.04. 19.04. 26.04. 03.05 10.05. 17.05. 24.05. 31.05. 07.06. 14.06. 21.06. 28.06. 40000 Intensiv Tatsächlicher Verlauf der 1. Welle 30000 Krankenhaus 20000 Zuhause ter des Gesundheitsamtes im Landkreis.Er tem überschritten. Es blieben ja schon die Erkrankte stellte drei Szenarien vor, von denen eines vorhanden Betten und Behandlungsplätze 10000 von einer Infektionsrate in der Bevölkerung weitgehend leer. Fairerweise muss man an- von 1 Prozent ausging, das 2. von 12% und merken, dass man im Nachhinein immer 0 ein Worst-Case-Szenario von 60%. Auf- schlauer ist. Eine Ende Juli vom RKI veröf- Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Real grund der Erfahrungen mit der Ausbreitung fentlichte Studie3 unter Blutspendern zeigt, von Covid-19 in Wuhan und der Provinz Hu- dass die Durchseuchungsrate in Deutsch- Erkrankte Zuhause Klinik Intensiv Beatmung Todesfälle bei wurden 12% als durchaus realistisch an- land mit 1,3 % eher bei Szenario I lag. Für gesehen. Und er unterstellte, dass 20% der Italien zeigte eine Studie des nationalen Ro- Infizierten wohl ins Krankenhaus eingeliefert ten Kreuzes, dass wohl während der ersten Szenario 880 704 176 44 8,8 4,4 werden müssten und davon wiederum 5% - heftigen - Welle sich 2,5 % der Italiener 1 (1%) intensiv behandelt und 1% beatmet werden mit dem Virus angesteckt haben. In den be- müsste.2 Auch diese Zahlen stützten sich sonders stark betroffenen Regionen wie der Szenario 10.560 8.448 2.112 528 106 53 auf erste Studien aus China. Alle drei Sze- Lombardei waren es sogar 7,5 %, im wenig 2 (12%) narien übertrafen das reale Geschehen (mit betroffenen Sizilien dagegen nur 0,3 % der Ausnahme bei den Todesfällen) Wäre Sze- Bevölkerung. Auch in Deutschland stellte Szenario 52.800 42.240 10.560 2.640 528 264 nario II zur Grundlage der Entscheidungen sich schnell heraus, dass sich SARS-CoV-2 3 (60%) für die Arbeit im Landkreis geworden, hät- regional ganz unterschiedlich ausbreitet. ten die verfügbaren Betten aller Voraussicht Überregional bekannt wurden Hotspots wie Real 352 308 44 12 9 18 nach nicht gereicht. Auch im Roten Kreuz Heinsberg oder Tirschenreuth. Um die Aus- gab es deshalb Befürworter für die Einrich- breitung des Virus auch zahlenmäßig erfas- tung eines Hilfskrankenhauses im Land- sen zu können, wurden vor allem zu Beginn kreis. Die damit entstanden Kapazitäten der Pandemie nur einfache Parameter er- Die Szenarien und die tatsächliche Entwicklung in Zahlen hätten den tatsächlichen Bedarf bei Wei- fasst und in Statistiken eingepflegt. 18 19
Mit Szenarien leben hatten, verunsicherten Berichte über Er- Politik eine regionale Eindämmungsstrategie 400 Infizierte nach Altersgruppe krankungen auch von Jüngeren die Bevöl- verfolgt, musste eine weitere Zahl gefunden kerung. Deshalb war eine Auswertung der werden, die das Infektionsgeschehen lokal 350 Betroffenen nach Risikogruppen sehr wich- erfassbar und national vergleichbar macht. 300 tig. Zu den Risikofaktoren zählen demnach: • Alter über 50 Jahre (86% der an Covid-19 Die 7-Tage-Inzidenz 250 Damit kam die 7-Tage-Inzidenz ins Spiel. Verstorbenen in Deutschland waren 70 Jah- 200 re oder älter) Sie gibt an, wie viele Personen sich um- • Starkes Übergewicht gerechnet auf 100.000 Einwohner in den 150 • Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems letzten 7 Tagen neu infiziert haben. Dabei 100 • chronische Lungenerkrankungen gilt: Bei mehr als 50 Neuinfizierten sollten • Diabetes regionale Maßnahmen wie die Schließung 50 • chronische Nieren- und Lebererkrankun- von Schulen oder Betrieben, Ausweitung 0 gen von Ausgangsbeschränkungen etc. ergrif- 0 bis 4 Jahre 5 bis 14 Jahre 15 bis 34 Jahre 35 bis 59 Jahre 60 bis 79 Jahre 80 Jahre und älter • Krebserkrankungen fen werden. Für Bayern wurde eine Zahl • schwaches Immunsystem von 35/100.000 Einwohnern als Frühwarn- Erkrankte nach Altersgruppe Zahl der Betroffenen nach Altergruppe in %. wert in den Raum gestellt. Bereits mehrere Die Reproduktionszahl R Landkreise und Städte haben diese Grenze Im Verlauf der ersten Welle rückte die so- gerissen und mussten angemessene Maß- genannte Reproduktionszahl R zunehmend nahmen ergreifen. Besonders bekannt sind Fallzahlen nur im Landkreis, sondern auch des RKIs in den Mittelpunkt. Sie drückt aus, wie vie- der Ausbruch in den Fleischereibetrieben Die Krise begann mit einem einfachen Zäh- oder der John-Hopkins-Universität wurde le Personen sich bei einer bereits mit dem der Fa. Tönnies in NRW oder auf landwirt- ler. Jeder neu Erkrankte wurde gezählt, entsprechend ausgeweitet. Für die Einsatz- Virus infizierten Person anstecken. Ist R schaftlichen Betrieben im Landkreis Dingol- sobald das positive Testergebnis beim Ge- kräfte war vor allem die Zahl der gleichzei- größer als 1 nimmt die Zahl der Erkrank- fing. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen sundheitsamt registriert worden war. Die- tig Erkrankten und behandlungspflichtigen ten zu, liegt sie unter 1 ist Corona auf dem entwickelte sich bisher zu keinem Zeitpunkt ses einfache Hochzählen war schnell sehr Patienten entscheidend. Sie verglichen die Rückzug. Damit sollte insbesondere auch während der Coronakrise ein überdurch- populär, verzerrte jedoch von Beginn an die Entwicklung mit einer täglichen Übersicht die Effektivität der Quarantänemaßnahmen schnittliches Infektionsgeschehen. Wahrnehmung der Krise. Denn diese Me- über die freien Betten und Intensivbetten im beurteilt werden. Die Reproduktionszahl thode kennt nur eine Richtung: stetig stei- Landkreis, um im Zweifelsfalle weitere Ka- hat jedoch den Nachteil, dass bei nur sehr gende Zahlen. pazitäten aufbauen und zur Verfügung stel- wenigen Infizierten bereits wenige Neuinfi- len zu können. zierte die Zahl sprunghaft ansteigen lassen. Gesundete, Kranke und schwer Da seit dem Abebben der ersten Welle die Erkrankte Altersgruppen Vor allem zu Beginn der Krise stieg die Zahl Das Risiko für eine schwere Erkrankung an der positiv Getesteten drastisch an. Aber COVID-19 nimmt mit dem Alter deutlich zu. natürlich waren nicht alle Getesteten gleich- Aber auch Jüngere haben sich infiziert und ❶ Modellierung von Beispielszenarien der SARS-CoV-2-Epidemie 2020 in Deutschland. https://www. zeitig auch krank. Einige zeigten nie Sym- Symptome wie Fieber, Husten oder Verlust rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Modellierung_Deutschland.pdf?__blob=publicationFi- ptome, andere wurden nach 2 Wochen des Geruchs- und Geschmackssinns ent- le, abgerufen am 8.8.2020 gesund aus der Quarantäne entlassen. Die, wickelt. Nachdem bereits zu Beginn der ❷ Volker Juds, Corona-Pandemieplan für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen die es schlimm getroffen hatten, lagen auf Krise die Experten auf das besondere Er- ❸ Serologische Untersuchungen von Blutspenden auf Antikörper gegen SARS-CoV-2, abgerufen am den Intensivstationen im Klinikum oder in krankungsrisiko für ältere Menschen und 5.8.2020 https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/29_20.pdf?__blob=pu- blicationFile der Unfallklinik in Murnau. Die Statistik nicht Menschen mit Vorerkrankung hingewiesen 20 21
Die Einsatzstrategie des Roten Kreuzes Oberste Priorität Der Aufrechterhaltung des Rettungs- dienstes war das übergeordnete Ziel während des Einsatzes. „Ärzte, Pfleger, Sanitäter, Apo- theker können nicht ins Home Office gehen. Sie sind diejeni- gen, auf die wir uns alle verlas- sen, wenn wir krank werden. “ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Die Einsatzstrategie des Roten Kreuzes „Hilfe nach dem Maß der Not“ ist eines der tragenden Prinzipien des Roten Kreuzes, das sich aus den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Unparteilichkeit ableitet. Zudem versteht sich das Rote Kreuz als freiwillige Hilfsgesellschaft der deutschen Behörden im humanitären Bereich, wie es in § 1 des DRK-Gesetzes vom Gesetz- geber auch normiert wurde. 22 23
Die Einsatzstrategie des Roten Kreuzes Der Plan für die Krise Großstädte in China gesehen und die der überfüllten Notaufnahmen im italienischen Bergamo. Später kamen die Geschichten über fehlende Särge in Brescia und New Auch wenn niemand weiß welche Heraus- York hinzu. Das Coronavirus wurde zu einer forderungen eine Pandemie stellt, die von großen Herausforderung für das Gesund- einem bis dato unbekannten Virus verur- heitssystem jeden Landes. Deshalb hatte sacht wird, macht es Sinn mit klaren Zielen die Aufrechterhaltung des Rettungsdienstes in den Einsatz zu gehen, um den erwartba- für das Rote Kreuz von Beginn an oberste ren Herausforderunen gewachsen zu sein. Krankenhausdesinfektion in Italien Priorität. Denn ausgebildete und gesunde Rettungsdienstleiter Venezien und die Lombardei waren die Retter sind unser wichtigster Beitrag in einer Hans Steinbrecher bat die Bevölkerung über Herausforderungen in einer Pandemie ersten beiden Hotspots in Europa Pandemie. Von Beginn an galt die oberste Facebook um Mithilfe. 29.000 Bürgerinnen und Bürger lasen seinen Apell. Kein Mitarbeiter Typhus, Pest und Cholera waren die gro- Devise, dass unsere Rettungsdienstmit- des Rettungsdienstes oder der besonders ßen Seuchen der letzten Jahrhunderte. Im arbeiter priorisierten Zugang zu Schutzaus- geforderten CBRNE-Einheit des BRK erkrankte 20. Jahrhundert kostete das Influenza-Vi- rüstung bekommen sollten und Infektionen an Covid-19. rus bei drei großen Ausbrüchen Millionen möglichst vermieden werden mussten. Menschen das Leben. In den 90er Jahren Das zweite Ziel entspricht dem allgemeinen kam HIV dazu. Das 21. Jahrhundert gehört Auftrag des Roten Kreuzes, wie er im so- möglicherweise einem bis dato eher un- genannten DRK-Gesetz festgelegt ist. Dort scheinbaren Erreger: mit SARS und MERS ist das Rote Kreuz die offizielle Hilfsorgani- schickte das Coronavirus zwei erste Vorbo- sation der Behörden. Einsatzbesprechung ten. Mit SARS-CoV-2 sorgte es nun für die Die CBRNE-Einheit vor ihrem Groß- erste große Pandemie im 21. Jahrhundert. Nichts geht mehr einsatz am Kemmelpark. Und stellte damit die Gesundheitssysteme China sperrte ganze Regionen und weltweit vor eine enorme Herausforderung. Millionenstädte wie die Provinzhaupt- stadt Wuhan Jeder hatte die Bilder der abgeriegelten Foto: Liuxingy, CC Wikimedia Herausforderungen Einsatzziele • Die Not der Menschen sehen, geeignete Zu Beginn der Krise wurden drei Einsatz- Maßnahmen zur Linderung der Notlage ziele definiert, die Vorrang vor allen anderen treffen und diese zeitnah und wirkungsvoll Herausforderungen während des Einsatzes umsetzen. haben sollten. • Die Behörden bei der Bewältigung • Aufrechterhaltung unserer Kernaufgaben, der Krise unterstützen. Das galt für das davon die Notfallrettung bis zuletzt. Gesundheitsamt, die Katatstrophenschutz- • Unterstützung des Gesundheitsamtes und behörde aber auch für die Gemeinden im der FüGK nach den Anforderungen und im Landkreis. Rahmen unserer Möglichkeiten. • Offene und transparente Kommunikation über die Leistungen des BRK während der Krise. 24 25
Die Einsatzstrategie des Roten Kreuzes Ein wesentlicher Baustein dieser Informa- tionskampagne war neben Berichten in der regionalen Presse und in sozialen Medien Leiter Admin / TE / Org / der Aufbau und Betrieb einer spezifischen Krisenmanagement Andreas Gottschling „Landkreis-Seite“ im Internet. In Abstim- Klemens Reindl mung und Zusammenarbeit mit der Pres- sestelle des Landratsamtes haben wir die Seite www.coronagap.de kurzfristig pro- grammiert und veröffentlicht. Auf dieser Sei- Unterstützung Versorgung Be- Notfallbetreu- Informations- Patientenma- Schutzmasken Gesundheits- völkerung (S2) ung management nagement Marc Lehmann te fand sich ein umfassendes und vor allem amt Michael Franz Jörg Jovy Alex Jaud tagesaktuelles Angebot aller Hilfemöglich- Hans Debertin Manghofer Steinbrecher keiten im Landkreis. Zudem haben wir viele Informationen zur aktuellen Krise aufgenom- men und bürgerfreundlich erklärt. Dies war vor allem in Zeiten sich sehr schnell ändern- Organigramm des Krisenstabes der staatlicher Vorgaben und Restriktionen Anfangs waren es fünf, am Ende ein Team von acht Mitarbeitern, die enorm hilfreich. Schlussendlich wurden auf für das Rote Kreuz den Kriseneinsatz im Landkreis leiteten. dieser Seite täglich die aktuellen Zahlen und Fakten zum COVID-19-Geschehen im Positiv auf SARS-CoV-2 getestete Einwohner in den Landkreisgemeinden Information verständlich Glaubwürdigkeit als Krisenziel der Hilfsangebote und die generelle Hilfs- Mit Grafiken, zum Beispiel Das dritte Ziel war für eine notwendige Auf- bereitschaft über die verschiedensten Kanä- über die Infektionszahlen in gabe: wenn wir Hilfe nach dem Maß der le öffentlich zu machen. Damit konnten wir den einzelnen Gemeinden werden, Informationen ver- Not leisten wollen, müssen wir sicherstellen, sicherstellen, dass betroffene BürgerInnen ständlich aufbereitet dass die Hilfebedürftigen auch wissen, an auch wussten, an wen sie sich wenden kön- wen sie sich wenden können, um die not- nen. Der Zuspruch bei der Versorgung der wendige Hilfe zu bekommen. Da das Rote Bevölkerung mit Lebensmitteln und bei der Kreuz im Landkreis Garmisch-Partenkirchen Verteilung von Mund-Nasen-Bedeckungen aufgrund der bisherigen Einsatzschwer- hat gezeigt, dass dieser Weg auch zielfüh- punkte immer noch in erster Linie als „Blau- rend war. lichtorganisation“ gesehen und weniger mit Hilfestellungen im Alltag in Verbindung ge- bracht wird, war es notwendig, die Breite 26 27
Die Einsatzstrategie des Roten Kreuzes Besuch von oben Am 29.5. besuchte BRK Landes- geschäftsführer Leonhard Stärk die CBRNE-Einheit im Landkreis. Videoconferencing Diese Technik hat während der Corona-Pandemie nicht nur die Arbeitswelt revolutioniert sondern auch die Arbeitsfähigkeit des BRK Krisenstabes hergestellt. Landkreis veröffentlicht. Diese Zahlen wa- reich. Bei dieser Dienstbesprechung waren ren mit dem Landratsamt abgestimmt, so neben den bisherigen Bürgermeistern auch dass wir hier mit einer Stimme gesprochen die neugewählten Bürgermeisterinnen und haben. Bürgermeister anwesend, die am 1. Mai ihr Amt antraten. Wir hatten hier die Möglich- Nasen-Masken, was ab dem 30.03.2020 und zusätzlich eine bestmögliche Nutzung Krisenmanagement aus dem Home keit, die Strukturen und die Hilfsangebote einen weiteren Einsatzabschnitt zur Folge aller vorhandenen Ressourcen, insbesonde- Office vorzustellen. hatte. Damit fand der Krisenstab seine end- re bei den helferintensiven Aufgaben wie der Unsere Rolle als freiwillige Hilfsgesellschaft Ausgehend von den definierten Einsatz- gültige Zusammensetzung. Verteilung der Mund-Nasen-Masken führte. der deutschen Behörden im humanitären zielen haben wir die jeweils gestellten Ein- Der Krisenstab tagte täglich über das Vi- Die einzelnen Einsatzabschnittsleiter führten Bereich konnten wir flächendeckend bes- satzaufträge umgesetzt. Um dies in einer deokonferenzsystem Microsoft Teams, das ihre Abschnitte jeweils eigenverantwortlich tens erfüllen, weil wir einerseits aufgrund einsatztaktisch vernünftigen Vorgehenswei- sich nach anfänglichen technischen Restrik- innerhalb der gemeinsamen Einsatzstrate- der Katastrophenfälle der Vergangenheit in se erledigen zu können, haben wir am 16. tionen innerhalb weniger Tage als sehr leis- gie. Die Abstimmung erfolgte in den täg- vielerlei Hinsicht mit dem Landratsamt Gar- März nach Ausrufung des landesweiten Ka- tungsfähig und stabil herausgestellt hat. Die lichen Videokonferenzen oder bei Bedarf misch-Partenkirchen, dort insbesondere mit tastrophenfalls einen Krisenstab im Kreis- Dokumentation erfolgte im Programm One- bilateral. Damit konnten wir Verwerfungen der Führungsgruppe Katastrophenschutz, verband etabliert. Note, das vollständig in Microsoft Teams oder Friktionen innerhalb des Einsatzes ver- aber auch dem staatlichen Gesundheitsamt Aufgrund der Lageentwicklung und neu eingebunden werden kann. In die täglichen meiden und haben es trotz einer erheblichen bestens vernetzt waren und andererseits hinzugekommener Einsatzaufträge wur- Videokonferenzen war regelmäßig auch Einsatzbelastung geschafft, den Einsatz gute Verbindungen in den und in die Ge- de der Krisenstab eine Woche später, am ein Vertreter der Bergwacht Region Hoch- auch ohne emotionale Stresssituationen meinden des Landkreises bestehen. Zudem 23.03.2020 erweitert. land eingebunden, was zu einer sehr guten innerhalb des Einsatzstabes über den sehr war die Teilnahme an der Bürgermeister- Abermals eine Woche später kam der Auf- Vernetzung innerhalb des komplexen Hilfe- langen Zeitraum in einer guten Atmosphäre dienstbesprechung am 19. März sehr hilf- trag zur Fertigung und Verteilung von Mund- leistungssystems des Roten Kreuzes führte abzuwickeln. 28 29
Das Rote Kreuz im Einsatz Rotkreuz-Krisenmanager Klemens Reindl im Interview mit BR- Reporter Martin Breitkopf Das Rote Kreuz im Einsatz Bereits vor der offiziellen Feststellung des Katastrophenfalles versetzte BRK-Prä- sident Theo Zellner das Bayerische Rote Kreuz in Alarmbereitschaft. Während mancherorts die Einsatzkräfte auf ihren Einsatz lange warteten, bot das Rote Kreuz im Landkreis dort seine Hilfe an, wo sie am dringendsten benötigt wurde. Die vielleicht größte Herausforderung die Rote Kreuz helfen. Dabei ist das übliche das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 an Katastrophenszenario so, dass die soge- die Menschheit stellt ist die Tatsache, dass nannte Führungsgruppe Katastrophen- es neu war und ist. Während sich die Welt schutz (FüGK) als oberste Einsatzleitung seit Jahrzehnten auf die Influenza konzent- des Landkreises, dem Roten Kreuz und an- riert, als Auslöser der nächsten großen Pan- deren Hilfsorganisationen Aufträge erteilt. In demie, war es nun tatsächlich die Mutation dieser Katastrophe machte das Rote Kreuz eines anderen Erregers. Und während es für Vorschläge und Angebote. Folgende sechs eine Influenzapandemie entsprechende Ein- Einsatzschwerpunkte oder auch Einsatz- satzpläne gibt, existieren sie für das Coro- abschnitte haben wir im Laufe der Krise für navirus bis heute nicht. Und so übernahm uns definiert: vor allem zu Beginn der Krise die Aktualität • Versorgung der Bevölkerung das Ruder: Bilder von überlaufenen Not- • Unterstützung Gesundheitsamt /Abstriche aufnahmen, von Notkrankenhäusern, von • Herstellung und Verteilung von Masken für Menschen die mit Essen versorgt wurden, die Bevölkerung das sie in blauen Eimern in die oberen Eta- • Information der Bevölkerung gen ihrer Wohnungen zogen. • Patientenmanagement Als Corona auch in Bayern und im Land- • Notbetreuung in Schulen kreis zwar bereits existent war, aber noch Die folgenden Seiten geben einen Kurzüber- keine Bedrohung darstellte, bereitete sich blick, was in jedem Abschnitt geleistet wur- das Rote Kreuz wie überall anders auch de. Detaillierte Darstellungen über Abläufe, auf mögliche Einsatzszenarien vor. Die gro- Probleme und Erkenntnisse finden Sie in den ße Frage war, wo konnte, wo musste das ausführlichen Berichten weiter unten. 30 31
Das Rote Kreuz im Einsatz Abschnitt 1: Abschnitt 2: Versorgung der Bevölkerung Unterstützung des Gesundheitsamtes Aufgabe: Sicherstellung der Versorgung von Menschen mit Beeinträchtigungen oder Aufgabe: Entnahme von Abstrichen bei Verdachtsfällen und bereits positiv Getes- in Quarantäne befindlicher Personen mit Lebensmitteln und Medikamenten in Ko- teten auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 Einrichtung und Betrieb einer Teststation in operation mit Gemeinden und dem Einzelhandel vor Ort. Garmisch-Partenkirchen, mobile Testungen vor Ort.Transport der Proben ins Labor. Einsatzdauer Beginn: 20.3. Ende: 20.05. Einsatzdauer Beginn: 8.3. Ende: 30.06. Dauer: 27 Tage* Dauer: 109 Tage Versorgte Personen 117 Abgenommene Tests 2.707 Eingesetztes Personal HelferInnen: 57 Eingesetztes Personal HelferInnen: 10* Arbeitsstunden: 621 Arbeitsstunden: 2.960 * Die Versorgung fand in den Gemeinden Saulgrub, Oberammergau, Mittenwald, * Die Abnahme von Tests leistete ausschließlich die CBRNE-Einheit des BRK. Krün und Wallgau jeweils an 3 Tagen in der Woche statt. Maximal waren zehn Mitglieder der Spezialeinheit gleichzeitig im Einsatz. 32 33
Das Rote Kreuz im Einsatz Abschnitt 3: Abschnitt 4: Herstellung und Verteilung von Masken Informationsmanagement Aufgabe: Herstellung sogenannter Community-Masken aus Stoff und Vlies zur Ver- Aufgabe: Aufbereitung relevanter Informationen für die eigenen Hilfskräfte, Erstellung sorgung der Bevölkerung und von Institutionen. Produktion und Verteilung der Mas- eines gemeinsamen Webauftrittes mit dem Landkreis zur Information der Bevölke- ken, Beschaffung von Materialien, Waschen und Desinfizieren. rung. Einsatzdauer Beginn: 1.4. Ende: 16.05. Einsatzdauer Beginn: 16.3. Ende: 08.07. Dauer: 47 Tage Dauer: 115 Tage Produzierte und ausge- Ehrenamtliche: 18.500 Eingesetztes Personal 3 lieferte Masken Firmen: 6.000 Summe: 24.500 Eingesetztes Personal NäherInnen: 110* Stunden: ca. 750 Auslieferung: über 300 * ausschließlich freiwillige Näherinnen und Näher, die sich im Laufe der Aktion beim Roten Kreuz gemeldet haben. 34 35
Das Rote Kreuz im Einsatz Abschnitt 5: Abschnitt 6: Patientenmanagement Notbetreuung in Schulen Aufgabe: Verlegung von Patienten aus sogenannten Primärkliniken für die Versor- Aufgabe: Betreuung von Kindern und Jugendlichen während der Schul- gung von COVID-19-Patienten in geeignete Aufnahmehäuser für die Landkreise schließungen in Garmisch-Partenkirchen, Oberammergau und Bad Kohlgrub. Garmisch-Partenkirchen, Bad-Tölz und Weilheim-Schongau. Einsatzdauer Beginn: 23.3. Ende: 4.05 Einsatzdauer Beginn: 16.3. Ende: 12.06. Dauer: 43 Tage Dauer: 89 Tage Verlegte Patienten 192 Betreute Schüler bis zu ca. 100 täglich Eingesetztes Personal Helfer: 44* Eingesetztes Personal MitarbeiterInnen: 18* Arbeitsstunden: ca. 850 Arbeitsstunden: 727 * Die Organisation der Patientenverlegung wurde von den Mitgliedern der Unter- * Die Schülerinnen und Schüler wurde von den MitarbeiterInnen der Offenen stützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung (UG-San EL) übernommen Ganztagsschulen des BRK im Landkreis betreut. 36 37
Bis zur letzten Patrone Oberste Priorität Der Aufrechterhaltung des Rettungs- dienstes war das übergeordnete Ziel während des Einsatzes. Bis zur letzten Patrone Der Rettungsdienst gehört zur systemrelevanten Infrastruktur im Pandemiefall. Wenn viele Menschen gleichzeitig erkranken, ist ein funktionierender Rettungsdienst Vor- aussetzung für eine Versorgung der Betroffenen. Deshalb hatte die Aufrechterhal- tung des Rettungsdienstes höchste Priorität für das Rote Kreuz. Die nackten Zahlen spiegeln am Ende das falsche Bild wieder. 645 Mitarbeiterinnen Ursache Ausfälle und Mitarbeiter des Bayerischen Roten Kreuzes konnten während der Coronakrise COVID-19 77 nicht zum Dienst erscheinen. Bayernweit. Die wenigsten von ihnen wegen einer Er- Quarantäne 94 krankung mit COVID-19 oder einer Quaran- täne. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen Sonstige 447 wurden vorsorglich zwei Mitarbeiter in Qua- rantäne geschickt. Und: diese Mitarbeiter Bayern gesamt 645 hatten weniger zu tun. Die Zahl der Einsätze Corona im Roten Kreuz nahm während der Pandemie deutlich ab. Bayernweite Personalausfälle Nicht nur im Landkreis Garmisch-Partenkir- während der Coronakrise iim Roten Kreuz. chen, sondern zum Beispiel auch im deut- lich stärker betroffenen Landkreis Miesbach. In beiden Landkreisen sanken im Zeitraum von Anfang März bis Ende Juni die Ein- satzzahlen bei Notfällen um jeweils ca. 20 %. Ein auffälliger Rückgang, der von den Erfahrungen der Rettungskräfte subjektiv unterstrichen wird. „Es war auffällig ruhig“, sagt der Leiter des Rettungsdienstes im 38 39
Bis zur letzten Patrone 2020 2019 2018 2017 Tumor-Neuerkrankungen. Britische Medizi- rückkehrt, müssen wir in der Bevölkerung ner befürchten wegen der verspäteten Dia- Ängste abbauen.“ Denn niemand soll- Krankentransport 1.772 2.022 2.238 2.059 gnose bereits eine erhöhte Sterblichkeit von te während einer Pandemie sterben oder KrebspatientInnen in den nächsten Jahren. ernsthaft erkranken, nur weil er den Weg Notfälle 524 655 552 562 Der Rettungsdienst hat bereits frühzeitig auf zum Arzt scheut. Auch nicht an einem Herz- die Entwicklung hingewiesen. Über Face- infarkt oder an Krebs. Notarzteinsätze 685 806 885 910 book ermutigte Rettungsdienstleiter Hans Steinbrecher die Bevölkerung, nicht aus 2.981 3.483 3.675 3.531 Angst vor einer Ansteckung die Alarmierung über die Notrufnummer 112 zu unterlassen. Landkreis Garmisch-Partenkirchen Einsatzzahlen im Zeitraum 03/20 bis 06/20 im Vergleich Gleichzeitig bat er darum, bereits beim Ab- von 2017 bis 2020 setzen eines Notrufes über eine bestehende Infektion oder Symptome einer COVID-19 Erkrankung wie Fieber und Husten zu be- 2020 2019 2018 2017 richten. „Dann können wir unsere Mitarbei- ter auf die Situation vorbereiten und Vorsor- Krankentransport 1.773 2.223 2.233 2.062 ge treffen.“ Dazu gehört etwa das Anlegen entsprechender Schutzausrüstung und die Notfälle 477 585 588 544 Alarmierung in der aufnehmenden Klinik. „Wir waren“, sagt Steinbrecher, „in der Krise Notarzteinsätze 1.013 1.163 1.139 1.176 gut auf unsere Aufgabe unter schwierigen Vorzeichen vorbereitet. Bei einer nächsten Summe 3.263 3.971 3.960 3.782 Pandemie oder wenn das Coronavirus zu- Rettungsdienst im Coronaeinsatz Landkreis Miesbach Einsatzzahlen im Zeitraum 03/20 bis 06/20 im Vergleich von 2017 bis 2020 Landkreis Hans Steinbrecher. „Aber wir hat- Behandlung gegangen sind“, schätzt Stein- ten gefühlt deutlich mehr kritische Einsätze, brecher. Deshalb auch der Anstieg bei den wie zum Beispiel Reanimationen.“ Bundes- Reanimationen. Verstärkt wurde die falsche weit wurde dieses seltsame Phänomen von Zurückhaltung beim Arztbesuch möglicher- verschiedensten Seiten bestätigt. Kliniken weise auch durch Restriktionen für den Pra- wie Krankenkassen stellten einhellig fest, xis- oder Klinikbesuch und die Angst sich dass etwa die Zahl der Herzinfarktpatienten anzustecken. Das Rätsel der verschwun- während der Krise deutlich abgenommen denen Herzinfarkte und Schlaganfälle ist hat. Schätzungen gehen von 25 bis 40 % bis heute nicht aufgeklärt. Andere Unter- aus. Da Corona wohl kaum koronare Herz- suchungen zeigen, dass auch eigentlich erkrankungen heilt, ist die Erklärung kom- vorgesehene Krebsscreenings häufig ver- plizierter. „Wir gehen davon aus, dass viele schoben wurden. Dementsprechend sank Akutpatienten nicht mehr in die Kliniken zur während der Coronakrise auch die Zahl der 40 41
Auf der Suche nach dem freien Bett Auf der Suche nach dem freien Bett Weil man mit dem Schlimmsten rechnen musste, wurden in den beiden großen Kliniken im Landkreis Intensivbetten und Behandlungs- plätze frei geräumt. Dafür mussten viele Patienten in andere Häuser verlegt werden. Die Aufgabe Da zu Beginn der Krise viele Szenarien von einem Höhepunkt ausgingen, der die ver- fügbaren Bettenkapazitäten möglicherweise „„Die Krankenhäuser werden übersteigen konnte, legte die bayerische speziell auf die Corona-Heraus- Staatsregierung früh fest, dass COVID-19 forderung komplett ausgerichtet“ Patienten in sogenannte Primärkliniken ein- gewiesen werden sollten. Diese sollten mög- Minsterpräsident lichst für Coronapatienten zur Verfügung Markus Söder am 16.3. 2020 stehen. Aufschiebbare Operationen und Therapien wurden abgesagt, die Patienten soweit möglich nach Hause geschickt oder in andere Kliniken verlegt. Das Management dafür übernahm die Unterstützungsgrup- kliniken, die ihre verfügbaren Betten melden. pe Sanitätseinsatzleitung (UG-SanEL) des In den Datenbanksystemen ist auch hinter- Roten Kreuzes. Normalerweise organisiert legt, ob das jeweilige Krankenhaus zum die Integrierte Leitstelle in Weilheim solche Beispiel spezialisiert ist auf die Versorgung Transportaufgaben. Deren Ressourcen von Wirbelsäulen und Schädelverletzungen, sollten jedoch für die erwartete Belastung Brandwunden oder Herzinfarkten. durch Notfall- und Rettungsdiensteinsätze Die UG-SanEL arbeitet in der Regel aus geschont werden. ihrem Einsatzfahrzeug heraus, das mit meh- reren Computerarbeitsplätzen ausgestattet Die UG-SanEL ist oder von einer Einsatzzentrale im BRK Die Organisation des Transportes von Pa- Kreisverband. Für den Einsatz im Rahmen tienten in geeignete Kliniken gehört zu den der COVID-19-Pandemie entschieden sich Standardaufgaben der Unterstützungs- alle Mitarbeiter für die Arbeit aus dem Ho- gruppe. Sie kümmert sich auch bei anderen meoffice. Zur gemeinsamen Kommunika- Einsätzen in Abstimmung mit der Leitstelle tion und Austausch von Unterlagen wurde darum, welche Patienten wohin gebracht die Software Microsoft Teams in Verbindung werden. Im Regelfall sind es jedoch Notfall- mit einer virtuellen Telefonanlage der Firma 42 43
Auf der Suche nach dem freien Bett Notfallrettung eingesetzt. In die Software später auch abgeändert, sodass die Klini- wurden nun alle Kliniken, also neben dem ken verpflichtet wurden „belegbare Betten“ Klinikum Garmisch-Partenkirchen und der zu melden. Die Verlegung eines Patienten Unfallklinik Murnau auch die Sekundärklini- musste deshalb individuell mit allen Beteilig- ken eingepflegt. Täglich mussten die Häuser ten abgeklärt werden. Die UG-SanEL ent- ihre freien Betten in IVENA melden. Bereits wickelte einen eigenen Fahrdienstauftrag die ersten Verlegungen zeigten jedoch, dass als Grundlage der Arbeit, der von den be- laut System in den Sekundärkliniken häufig handelnden Ärzten ausgefüllt werden sollte. zwar freie Betten verfügbar waren, aber kein Personal. Das hatten die Arbeitgeber in Der Ärztliche Leiter FüGK Kurzarbeit oder Urlaub geschickt, nachdem Am 24. März 2020 führte die bayerische ihre Häuser als Folge der Corona-Auflagen Staatsregierung den sogenannten „Ärzt- geräumt werden mussten. Deshalb wur- lichen Leiter FüGK“1 ein. Ihm wurde die al- de die entsprechende Allgemeinverfügung leinige Zuständigkeit für die Steuerung der Bettenmanager Die UG-SanEL des Roten Kreuzes Alex Jaud und Thomas Hornsteiner vermitteln einen Patienten Die Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatz- leitung (UG-SanEL) ist ein Fachdienst des Roten Kreuzes. Bei großen Einsätzen unter- PlaceTel eingesetzt. Dadurch konnte ge- zurückverlegt werden konnte, weil dort eine stützt sie die Einsatzleitung. Zum Beispiel währleistet werden, dass alle Mitglieder fle- 14-tägige Quarantäne nicht gewährleistet indem sie Einsatzentscheidungen dokumen- xibel von Zuhause, dem Büro, etc. arbeiten werden konnte. Für diese Klientel mussten tiert, für eine Lagedarstellung sorgt und die konnten – die Gefahr eines totalen Internet- neue Unterbringungsmöglichkeiten gefun- Kommunikation unter allen Einsatzkräften ausfalls wurde als sehr gering eingeschätzt den werden, entsprechende Einrichtungen in geordnete Bahnen lenkt. Die Mitglieder und damit vernachlässigt. Zum Leiter wurde wurden in den bis dahin zur Verfügung ste- der Gruppe sind in der Regel erfahrene Alex Jaud bestellt. henden Systemen jedoch gar nicht geführt. Einsatzkräfte und haben oft zusätzliche Das gleiche galt für Patienten, die aus den Qualifikationen. Zu den Standardaufgaben Wo sind welche Betten frei? IVENA beiden für die Versorgung von COVID-19 der Unterstützungsgruppe gehört die Orga- Am 23.03.2020 nahm die UG-SanEL die Patienten vorgesehene Primärkranken- nisation des Transportes der Patienten in die Arbeit auf. Zunächst nur für den Landkreis häusern verlegt werden mussten, um dort verschiedenen Krankenhäuser. Derzeit hat Garmisch-Partenkirchen. Schon nach kur- Bettenkapazitäten frei zu machen. Die dafür die UG-SanEL im Landkreis 23 Mitglieder. zer Zeit stellte sich heraus, dass sich die vorgesehenen Sekundäreinrichtungen wie Leiter ist Andreas Gottschling. Während der Arbeit grundlegend von der Vermittlung von die Ohlstadtklinik oder das Gesundheits- Pandemie waren täglich etwa 3 Personen Notfallpatienten unterscheiden würde. So zentrum in Oberammergau waren zunächst im Einsatz. Am Ende leisteten sie vom 23. gab es eine Reihe von Patienten aus Al- in keinem System verfügbar. Bayernweit März bis 14. Mai rund 850 ehrenamtliche ten- und Pflegeheimen, die nach einer am- wurde deshalb die Software IVENA um In- Einsatzstunden. bulanten Versorgung beim Hausarzt oder formationen über freie Bettenkapazitäten in einer Klinik nicht mehr in ihre Einrichtung erweitert. Bis dahin wurde IVENA nur in der 44 45
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