Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausgabe 03-2017 FÜR ANWENDUNGSBEZOGENE WISSENSCHAFT UND KUNST Die Zukunft der Akkreditierung Campusnotizen hlb aktuell Aus Wissenschaft Wissenswertes Wissenschaftlich hlb im Gespräch mit & Politik Kein Anspruch auf kommunizieren im Master Bundesministerin Wanka Bundestagswahl 2017 – Geheimhaltung von Positionen der Parteien Gutachtern 4 18 30 34
2 Inhalt Campusnotizen hlb aktuell Titelthema: 4 Hochschule Düsseldorf: 18 hlb -Bundesvereinigung: Im „Engineering Conferences“ – Die Zukunft der Gespräch mit Bundeswissenschafts- Wissenschaftlich kommunizieren Akkreditierung ministerin Wanka im Master Bundesdelegiertenversammlung 5 Hochschule für angewandte 2017: Diskussion mit dem rheinland- Wissenschaften Würzburg- pfälzischen Wissenschaftsminister Wolf Schweinfurt: Profilschärfung 10 Die Idee der Akkreditierung 19 VHB Bayern: Friedrich Vilsmeier und durch Angebote im Kontext von ist gut – die Umsetzung bleibt Walter Kurz sind Ehrenvorsitzende Sozialer Arbeit und Migration optimierbar | Von Prof. Dr. Beatrice Bundespräsidium neu gewählt: 6 Hochschule München: Dernbach Zwei neue hlb -Vizepräsidenten His or Hers? 14 Systemakkreditierung – als hlb intern: Akkreditierung | Von 7 VDMA: HAW Hamburg gewinnt Chance für die Hochschul- Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley, VDMA-Hochschulpreis 2017 entwicklung | Von Dr. Sibylle Präsident der hlb -Bundesvereinigung 8 Hochschule für Wirtschaft und Jakubowicz 20 Übertragung der Tarifergebnisse Recht Berlin: „Quotenfrau“ ist ein auf die Beamtenbesoldung: Qualitätsmerkmal Beschlossene und geplante Vergütungs- 9 Autoren gesucht & Impressum Aus Wissenschaft steigerungen in 2017 und 2018 & Politik Fachaufsätze 30 Bundestagswahl 2017 Wissenswertes 30 Positionen von CDU/CSU | Von 22 Wie muss die Hochschule der Alexandra Dinges-Dierig 34 Alles, was Recht ist Zukunft aussehen? | Von Dr. Isabel 31 Positionen der SPD | Von Dr. Ernst- 35 Neue Bücher von Kolleginnen Rohner Dieter Rossmann und Kollegen 26 Karrierewege zur Professur | Von 32 Positionen von DIE LINKE | Von 36 Neuberufene Thorben Sembritzki, Dr. Susanne In der Nicole Gohlke Smitten und Lisa Thiele 33 Positionen von Bündnis 90/ Die Grünen | Von Kai Gehring Standards 3 Editorial 38 Stellenanzeigen 40 hlb Seminartermine 2017 03 | 2017 DNH
Editorial 3 Die Zukunft der Akkreditierung Die Akkreditierung wird auch deshalb zum Aufregerthema, weil sie uns unsere Sprachlosigkeit in einem Kerngebiet unserer Arbeit vor Augen führt. Akkreditierung bindet Arbeitszeit, kostet Hochschulen zu kämpfen gehabt. Aus Geld und macht alles umständlicher – langjähriger eigener Erfahrung plädiert deshalb gehört sie abgeschafft. Die Kritik- sie aber dafür, sowohl die Chance zur punkte sind ja nicht ganz falsch, trotz- Selbstreflexion, wenn der eigene Studi- dem können sie in meinen Augen die engang zu akkreditieren ist, als auch die drastische Forderung nicht ausreichend Möglichkeit zum Blick über den Teller- Foto: S. Maas begründen. Vor gut 20 Jahren war das rand im Rahmen einer Gutachtergruppe Labor hinsichtlich der Arbeitssicherheit zu nutzen (Seite 10). Christoph Maas ein nahezu rechtsfreier Raum. Heute müssen wir eine Vielzahl von Vorschrif- Sibylle Jakubowicz stellt dar, wie Hoch- ten beachten, trotzdem fordert niemand schulen durch das Instrument der System- die Vergangenheit zurück. Vor 10 Jahren akkreditierung wirkungsvoll in die Weiter- waren die Berufungsakten bei uns gera- entwicklung und Verbesserung ihrer dezu lächerlich dünn gegenüber heute, Studiengänge investieren können. Wichtig trotzdem gibt es keine Demonstrationen ist dabei, wie weiterhin externer Sachver- gegen die aktuelle Berufungsordnung. stand einbezogen sowie eine Alleinent- scheidungsrolle der Hochschulleitung Nach meinem Eindruck wird die Akkre- vermieden werden kann (Seite 14). ditierung auch deshalb als Zumutung empfunden, weil wir durch sie merken, Fachhochschulen und Hochschulen wie schwer es uns fällt, Studienziele für Angewandte Wissenschaften sind nie und schlüssige Wege dorthin in Worte dem Ideal von „Einsamkeit und Freiheit“ zu fassen und damit zur Diskussion zu gefolgt, sondern haben sich immer als stellen. Wortlose Übereinstimmung im Teil der Gesellschaft verstanden. Unsere kollegialen Kreis gibt uns das Gefühl, den Studierenden sind nie auf der Suche nach richtigen Kurs zu fahren. Dokumente Jüngerschaft zu uns gekommen, sondern darüber anzufertigen, macht nicht nur mit dem Wunsch, als wissenschaftlich Arbeit, sondern führt dann auch noch Gebildete in der Welt „draußen“ ein gutes zu kritischen Nachfragen von Menschen, Leben zu führen. Wir schulden ihnen eine die sonst gar nicht auf uns aufmerksam rationale und transparente Diskussion um geworden wären. die Ziele und Methoden unserer Ausbil- dungsgänge. Akkreditierung kann ein Zwei Aufsätze in diesem Heft möch- Mittel dazu sein – und wo sie es noch ten dazu einladen, Akkreditierung einmal nicht ist, sollten wir daran arbeiten, dass nicht als Mühsal zu sehen, sondern ande- sie es wird. re Blickrichtungen auszuprobieren. Ihr Christoph Maas Für Beatrice Dernbach hat die Akkre- ditierung durch die zeitliche Nähe zur Bologna-Reform und zur Einfüh- rung der W-Besoldung von Anfang an mit einer kritischen Einstellung in den DNH 03 | 2017
4 Campusnotizen Hochschule Düsseldorf „Engineering Conferences“ – Wissen- schaftlich kommunizieren im Master Der Fachbereich Maschinenbau und Die Grundidee des Kurses ist es … wird vornehmlich die Posterpräsentati- Verfahrenstechnik der Hochschule on, aber auch die Veröffentlichung und Düsseldorf hat im Zuge der Neuakkredi- • ... Studierende in das wissenschaftliche die zwei Reviews von Beiträgen anderer tierung seiner Bachelor- und Masterstudi- Arbeiten und Kommunizieren einzu- Studierender. engänge in den Jahren 2015/16 ein neues führen. Masterkonzept entwickelt. Entstanden • … die Bachelor-Arbeit als wissenschaft- Im Gegensatz zu außercurricularen sind der rein englischsprachige Master- liche Arbeitsgrundlage zu verwerten. Angeboten zum Erlernen von „Soft studiengang „Mechanical Engineering“ • … eine englischsprachige Veröffentli- Skills“ oder Kursen zum wissenschaft- sowie die Studiengänge „Internationales chung sowie ein Poster daraus zu erstel- lichen Schreiben verfolgt der Fachbe- Wirtschaftsingenieurwesen“ und „Simu- len. reich mit „Engineering Conferences“ lations- und Experimentaltechnik“. Alle • … eine Konferenz inklusive Veröffent- ein Konzept, das Forschung und wissen- Studiengänge sind dreisemestrig, umfas- lichungszeitplan, Review-Prozess und schaftliche Kommunikation im Stunden- sen 90 ECTS und ermöglichen einen Poster-Präsentationstag im Foyer des plan verankert. Studierende haben damit Master-of-Science-(M.Sc.)-Abschluss. Fachbereichs zu simulieren. die Möglichkeit, entscheidende berufs- qualifizierende Kompetenzen aus ihrer Ziel bei der Neustrukturierung war die Die Kursinhalte umfassen sowohl Disziplin heraus zu entwickeln, anstatt Entwicklung internationaler, teilweise die wissenschaftliche Recherche zum diese als „Add-on“ in Zusatzkursen erwer- englischsprachiger Masterstudiengän- Stand der Technik mit passenden Soft- ben zu müssen. ge, welche die Forschungsstärke und ware-Tools, das Verstehen und Einord- -vielfalt des Fachbereiches widerspiegeln. nen von wissenschaftlichen Texten sowie Daran anknüpfend sollen die Studie- der strukturierte Aufbau einer Veröffentli- Weiterführende Informationen renden gezielt in wissenschaftlichem chung, eines Posters und dessen Quellen- Arbeiten gefördert werden. Vor diesem verzeichnis. Wie in Abbildung 1 ersicht- www.engineering-conferences.eu Hintergrund wurde der englischspra- lich, erstellen die Studierenden dazu chige Pflichtkurs „Engineering Confe- aus ihrer Bachelor-Arbeit eine kompri- Prof. Dr.-Ing. Matthias Neef, rences“ (4 SWS/6 ECTS) für alle Master- mierte Veröffentlichung und präsentie- Prof. Dr.-Ing. Thomas Zielke, studiengänge entwickelt. ren anschließend ein Poster. Bewertet Dipl.-Kffr. Claudia Fussenecker M. A. Abbildung 1: Masterkurs „Engineering Conferences” – Idee und Konzeption 03 | 2017 DNH
5 Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt Profilschärfung durch Angebote im Kontext von Sozialer Arbeit und Migration Foto: FHWS Seit einigen Jahren reagiert die Fakul- englischsprachigen Masterstudiengang Weiterführende Informationen tät Angewandte Sozialwissenschaf- „International Social Work with Refu- ten der Hochschule für angewandte gees and Migrants“ ein Ausbildungsange- Masterstudiengang „International Social Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt bot geschaffen, das weltweit einzigartig Work with Refugees and Migrants“: (FHWS) auf den steigenden Bedarf an ist. Neben einer explizit anwendungsori- http://mrm.fhws.de/startseite.html Fachkräften Sozialer Arbeit im Bereich entierten Lehre steht die internationa- Flucht und Migration. Durch die Einrich- le Netzwerkbildung im Interessenfokus. Zertifikatslehrgang „Flüchtlingssozialar- tung entsprechender Studien- und Lehr- Durch internationale Hochschulkoope- beit“: gangsangebote wurde ein breites Feld rationen wird der personelle und fach- www.fhws.de/weiterbildung/zertifikats- an Aus- und Weiterbildungsprogram- liche Austausch gezielt ermöglicht. Im lehrgaenge/fluechtlingssozialarbeit men etabliert, das umfassende Qualifi- Rahmen von im Studiencurriculum zierungsmöglichkeiten anbietet. Durch verankerten Summer Schools und/oder internationale Vernetzung soll darüber Auslandssemestern sollen zudem Studie- Ansprechpartner: hinaus die Professionalisierung interna- rende Ansätze einer regionsspezifischen tionaler Sozialer Arbeit im Kontext von Flüchtlings- und Migrationssozialarbeit in Prof. Dr. Ralf Roßkopf Migration weiterentwickelt werden. Transit-/Herkunftsländern von Geflüchte- Masterstudiengangsleiter ten kennenlernen bzw. erarbeiten. ralf.rosskopf@fhws.de Erste Spezialisierungsmöglichkeiten bietet der bereits seit 2011 bestehende Durch die starke Partnerschaft zur Vertiefungsbereich „Soziale Arbeit in der German Jordanian University konn- Migrationsgesellschaft“ im Bachelorstu- te so bereits im September 2016 eine diengang „Soziale Arbeit“. Zudem haben dreiwöchige Summer School in Jorda- Berufstätige aus der Praxis Sozialer Arbeit nien durchgeführt werden. Die Weiter- die Möglichkeit, sich im Rahmen des entwicklung des Programms, in das Zertifkatslehrgangs „Flüchtlingssozial- weitere internationale Hochschulpart- arbeit“ berufsbegleitend weiterzuqua- ner eingebunden werden sollen, wird lifizieren. Nicht zuletzt engagiert sich durch ein Forschungsprojekt wissen- die Hochschule im Rahmen von DAAD- schaftlich begleitet. So soll durch welt- Welcome- und -Integra-Projekten, um weite Vernetzung von Wissenschaft und Geflüchtete auf das Hochschulstudium Praxis ein Beitrag zur Weiterentwicklung vorzubereiten. einer professionellen Sozialen Arbeit im Kontext Flucht und Migration geleistet Mit Beginn des Sommersemesters 2016 werden. wurde schließlich mit dem konsekutiven, DNH 03 | 2017
6 Campusnotizen Hochschule München His or Hers? Zum Wintersemester 2016/2017 startete die Hochschule München eine große Kampagne für mehr Geschlechtergerech- tigkeit. Ein Interview (siehe Foto rechts). Was waren die Gründe für die Kampagne und wie sieht diese genau aus? Foto: Fabian Sommer/HM Wolf: Wir veranstalteten an der Hochschu- le München immer wieder Workshops zum Thema Gender, Chancengerechtig- keit oder Frauen in Führungspositionen – stießen damit bei den Studierenden aber auf wenig Resonanz. Bei einem Treffen der Machen auf Rollenklischees aufmerksam: die Frauenbeauftragten der Hochschule München. Prof. Dr. Frauenbeauftragten der einzelnen Fakul- Elke Wolf, Prof. Dr.-Ing. Sabine Kirschenbauer, Prof. Dr.-Ing. Katina Warendorf und Prof. Dr. Juliane-Beate täten hatte Sabine Kirschenbauer dann Sagebiel (v. l.) die Kampagnenidee. haben wir auch so wunderbare Reakti- Posteraktion ist geplant sowie Postkar- Sagebiel: Eine Idee, die sofort bei allen onen bekommen wie „His or Trumps?“. ten mit den Motiven. Ende dieses Jahres zündete! ziehen wir dann Bilanz. Parallel zur Genderkampagne lief eine Warendorf: Ja, plötzlich passierte etwas. Umfrage zu Geschlechterstereotypen Was erhoffen Sie sich von der His-or-Hers- In einer zweitägigen Klausurtagung erar- unter den Studierenden. Was waren die Kampagne? beiteten wir Medienkampagne, Presseprä- bemerkenswertesten Ergebnisse dieser senz und Umfrage. Einzelne Arbeitsgrup- Befragung? Wolf: Wir wollen damit Lehrende und pen haben dann alles weiterentwickelt. Studierende aufrütteln. Zum einen zeigen Wolf: Interessant fanden wir, dass die die bestehenden Unterschiede, dass Kirschenbauer: Wichtig war uns: Wir weiblichen Studierenden meinen, ihre wir unterschiedlich auf die einzelnen wollten eine Kampagne für Frauen und männlichen Kommilitonen würden Geschlechter eingehen müssen. Und zum Männer, jeder sollte sich Gedanken über bevorzugt. Und die männlichen Studie- anderen wird deutlich, dass sich Gender vorherrschende Rollenbilder machen. Am renden sehen dies genau umgekehrt. und Diversity im Hörsaal zwar ignorie- besten erreicht man dies mit Humor. Und ren, aber nicht verdrängen lassen. Studie- die Inhalte unserer Hochschule sollten Sagebiel: Erschreckend ist, dass Profes- rende sollten deshalb lernen, offen und sich widerspiegeln. So entstand die Idee sorinnen deutlich weniger Kompetenz kompetent mit dieser Vielfalt umzuge- der roten Plakate. Sie zeigen vermeintlich zugesprochen wird als ihren männlichen hen – sowohl im Umgang miteinander geschlechtsspezifische Symbole, ergänzt Kollegen – sowohl von Studenten als auch als auch bei fachlichen Problemlösungen. um die provokative Frage „His or Hers?“. von Studentinnen. Warendorf: Männer und Frauen sind Welches ist Ihr persönliches Lieblingspla- Warendorf: Und das über alle Fachbe- unterschiedlich, sie brauchen daher katmotiv – und warum? reiche hinweg. Ein klassischer Fall von unterschiedliche Chancen. Jedoch sind Geschlechterrollenstereotypen. die Spielregeln männlich. Jede Frau, die Warendorf: Der Doktorhut, weil er keine sich darauf einlässt, gilt sofort als macht- feste Zuschreibung zu männlich oder Welche weiteren Kampagnenschritte sind hungrig. Mit unserer Kampagne möch- weiblich hat und trotzdem zum Nach- geplant? ten wir unter anderem anregen, dass die denken anregt. Spielregeln geändert werden. Wolf: Es folgen noch diverse Veran- Sagebiel: Meine Favoriten sind der staltungen rund ums Thema, etwa ein Sagebiel: Ja, dass auch die große Diver- Kinderwagen und der Kochtopf – weil Impro-Theater, eine Diskussionsrunde, sität aller Geschlechter – schließlich gibt sie so „klassisch weiblich“ sind und damit eine Lesung. es nicht nur Mann und Frau – berück- zeigen, dass Veränderung möglich ist. sichtigt wird! Warendorf: Hierzu ist übrigens jeder- Wolf: Der Rennwagen, weil er mir zeigt, mann und -frau eingeladen! Kirschenbauer: Mit der Kampagne dass auch ich immer wieder in die Stereo- wollen wir vor allem zum Nachdenken typenfalle tappe und denke „Typisch Sagebiel: Am Campus Pasing findet zudem und zur Selbstreflexion anregen, das Mann“. ein großes Sommerfest zu Geschlechter- Thema in Diskussion bringen. Und das stereotypen im globalen Kontext statt. ist uns, glaube ich, jetzt schon gelungen. Kirschenbauer: Das Gehirn. Es provoziert humorvoll auf mehreren Ebenen. Hier Kirschenbauer: Auch eine weitere Die Fragen stellte Daniela Hansjakob. 03 | 2017 DNH
7 VDMA HAW Hamburg gewinnt VDMA-Hoch- schulpreis 2017 In Hamburg steht das beste deutsche „Maschinenhaus“: Das Department Informations- und Elektrotechnik der Fakultät Technik und Informatik der HAW Hamburg hat den dritten VDMA- Hochschulpreis gewonnen. Dotiert ist der Maschinenhauspreis mit 100.000 Euro. Hartmut Rauen, stellvertretender Haupt- geschäftsführer des VDMA, sagt: „Die Digitalisierung ist eine epochale Heraus- forderung. Wir brauchen Ingenieure, die aus virtuellen reale Welten machen. Unser Gewinner zeigt eindrucksvoll, welche Lehrinnovationen möglich und nötig sind, um das zu erreichen.“ Für die HAW Hamburg nahmen den Preis „Bestes Maschinenhaus 2017“ entgegen (v. l. n. r.): Bundesministerin Wanka spricht Gruß- Sabine Rasch, Prof. Dr. Jörg Dahlkemper, Prof. Dr. Karin Landenfeld, Prof. Dr. Wolfgang Renz, wort Dekan Dr. Thomas Flower. Foto: HAW Hamburg „Die herausragenden Leistungen deut- scher Ingenieurinnen und Ingenieure Dafür sorgen Schwerpunktthemen wie Feierliche Preisverleihung in Berlin prägen das Label ‚Made in Germany‘ Photovoltaik oder Windkraft. Die Veran- seit Jahrzehnten. Ihre hochwertige staltungen sind nach dem Konzept der Die fünf Gewinner wurden bei einer Ausbildung hierzulande ist der Schlüs- fächerintegrierend-themenorientierten feierlichen Preisverleihung vor über sel dafür. Aus aller Welt strömen Studie- Lehre miteinander verzahnt: Grundla- 100 Gästen aus Unternehmen, Wissen- rende nach Deutschland, um hier ein genvorlesungen vermitteln die Kompe- schaft sowie Politik und Gesellschaft Ingenieurstudium zu absolvieren“, sagt tenzen, die nötig sind, um Praxisaufga- ausgezeichnet. Die Bundesministerin für Johanna Wanka, Bundesministerin für ben zu lösen. Hartmut Rauen erklärt: Bildung und Forschung, Johanna Wanka, Bildung und Forschung. „Ich danke dem „Das Konzept fördert die Fähigkeit zur sprach ein Grußwort während der Preis- VDMA für sein Engagement und gratu- Problemlösung und erzeugt Einsicht in verleihung. In einer Podiumsdiskussion liere dem Gewinner für das zukunftswei- die Notwendigkeit der wissenschaftli- erörterten u. a. Theresia Bauer, Wissen- sende Konzept. Dieser Hochschulpreis chen Grundlagen. Dies motiviert die schaftsministerin aus Baden-Württem- passt zu den Aktivitäten der Bundes- Studierenden und ist gleichzeitig eine berg, und Professor Siegfried Russwurm regierung: Ein Ziel des Bund-Länder- hervorragende Berufsvorbereitung.“ Wege zu mehr Studienerfolg. Hartmut Programms für bessere Studienbedin- Rauen appellierte in seiner Rede an alle gungen und mehr Qualität in der Lehre Seiten: „Eine gute Hochschullehre und ist es zum Beispiel, allen Studierenden in Insgesamt fünf Gewinner und 165.000 geringere Studienabbruchquoten sind ihrer Vielfalt die gleichen guten Chan- Euro Preisgeld eine gemeinsame Aufgabe von Hoch- cen zu geben und unseren Nachwuchs schulen, Politik, Industrie und auch den exzellent auszubilden. Im Fokus stehen Neben der HAW Hamburg wurde die Studierenden selbst. Lassen Sie uns das dabei unter anderem die Förderung von Fakultät für angewandte Naturwissen- gemeinsam angehen, um die Zukunftsfä- Selbstständigkeit und Praxisbezug. Die schaften und Mechatronik der Hoch- higkeit unseres Landes zu sichern!“ Ingenieurwissenschaften sind in diesem schule München sowie die Fakultät Programm prominent vertreten.“ Maschinenbau der HAW Würzburg- Schweinfurt mit 35.000 und 15.000 Euro ausgezeichnet. Zwei Sonderpreise für sich Hamburger Konzept verzahnt Grundla- noch im Aufbau befindliche Lehrkon- gen und Anwendung zepte mit jeweils 7.500 Euro Preisgeld gingen an den Campus Nordschwarz- Das Gewinner-Konzept aus Hamburg wald der Universität Stuttgart sowie Die Meldungen in dieser Rubrik, bietet seinen Erstsemestern nicht nur den Studiengang Systems Engineering soweit sie nicht namentlich die üblichen Grundlagenvorlesungen in der Hochschulen in Augsburg und gekennzeichnet sind, basieren Physik oder Elektrotechnik an. Vielmehr Kempten. auf Pressemitteilungen der jeweils ist die Praxis von Beginn an vertreten. genannten Institutionen. DNH 03 | 2017
8 Campusnotizen Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin „Quotenfrau“ ist ein Qualitätsmerkmal Studentinnen der HWR Berlin im Gespräch mit IWF-Direktorin Christine Lagarde und Bundesfamilienministerin Foto: BMFSFJ Manuela Schwesig am Rande des W20-Treffens in Berlin Economic Empowerment of Women: Economics, Political Economy of Euro- viel zu wenige. Frauen müssen mitreden Was muss getan werden, um die gleich- pean Integration und Labour Policy and und mitbestimmen, wie wir mit den berechtigte Teilhabe von Frauen und Globalisation der HWR Berlin nutzten Herausforderungen unserer Zeit umge- Männern im Erwerbsleben und in der die Gelegenheit und richteten viele fach- hen“, so Schwesig. Bei allem Erreichten, Zivilgesellschaft zu ermöglichen? Diese liche Fragen an die Direktorin des IWF Gesetze allein könnten die Machtstruk- Frage stand im Mittelpunkt einer Diskus- und die Bundesfamilienministerin. Die turen nicht durchbrechen, durch die viele sionsrunde, zu der die Direktorin des Themen reichten von der Digitalisierung Frauen von wirtschaftlichen Chancen Internationalen Währungsfonds (IWF), bis zur Situation der Frauen als formelle weiterhin ferngehalten würden, betonte Christine Lagarde, und Bundesfamilien- und informelle Arbeitskräfte in Privat- die Ministerin und appellierte an die ministerin Manuela Schwesig Studen- haushalten, drehten sich um die Integra- Studentinnen: „Wir brauchen auch starke tinnen der Hochschule für Wirtschaft und tion der Frauenarbeit in sozialrechtliche Frauen die zeigen, dass es geht.“ Recht (HWR) Berlin am 25. April 2017 Mindeststandards und die Auswirkungen eingeladen hatten. der Austeritätspolitik auf deren ökono- Organisiert hatte das Treffen Dr. Frie- mische Lage. Auch die Situation von derike Maier, Professorin für Volks- In dem Gespräch, das in sehr offener Migrantinnen weltweit wurde angespro- wirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt und persönlicher Atmosphäre am Rande chen und der Komplex der Kinderbe- Verteilung und Sozialpolitik und stell- des W20-Treffens in Berlin stattfand, treuung. vertretende Direktorin des Harriet- tauschten sich die 21 Studentinnen und Taylor-Mill-Instituts für Ökonomie und die beiden hochrangigen Politikerinnen Die Studierenden und die beiden poli- Geschlechterforschung an der HWR darüber aus, wie globale Geschlechter- tischen Entscheidungsträgerinnen disku- Berlin. „Die lebhafte und offene Diskus- ungleichheiten überwunden und die tierten, ob und weshalb Frauenquoten sion gibt viel Stoff zur weiteren Diskus- ökonomische Beteiligung von Frauen notwendig sind, und kamen überein, sion und Reflexion, zum Beispiel über in den G20-Mitgliedstaaten vorange- dass die Bezeichnung Quotenfrau als die Rolle internationaler Institutionen trieben, ihre Wirtschaftskraft gestärkt Auszeichnung anzusehen ist. Denn nur bei der Durchsetzung von Frauenrechten werden sollen. IWF-Direktorin Christi- ebenso gut qualifizierte Frauen würden im und Geschlechtergerechtigkeit“, sagte ne Lagarde betonte: „Beim Streben nach Vergleich zu männlichen Konkurrenten Maier im Anschluss und dass alle Teil- ökonomischem Wohlstand und finanzi- überhaupt als Quotenfrauen gelten, so nehmerinnen aus der Gesprächsrunde eller Stabilität benötigen wir viel mehr das Argument. mit dem Fazit und dem Vorsatz heraus- Frauen in der Finanzwelt.“ So ging es gingen: „Es bleibt noch viel zu tun. Wir in dem anregenden Gespräch auch um Die deutsche Bundesministerin für arbeiten weiter für die Rechte der Frauen.“ persönliche Karrierewege. Lagarde und Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Schwesig zeigten sich sehr interessiert Manuela Schwesig, sagte: „Ich freue mich daran, welche Erwartungen die jungen über diesen spannenden und lebhaften Frauen mit ihrer beruflichen Zukunft Austausch mit Christine Lagarde und den verknüpfen, welche Herausforderungen Studentinnen. Christine Lagarde ist in sie sehen beim Einstieg in die Arbeitswelt ihrer Position als Frau auf einem Spitzen- nach dem Studium. posten in der Finanzwelt ein Vorbild für viele gerade junge Frauen. Sie macht sich Die Studentinnen der internationa- stark für mehr Frauen in Führungsposi- len Masterstudiengänge International tionen. Denn davon gibt es immer noch 03 | 2017 DNH
Impressum 9 AUTOREN GESUCHT 4/2017: Studieren geht über Absolvieren, Redaktionsschluss: 16. Juni 2017 5/2017: Hochschule für die Region, Redaktionsschluss: 25. August 2017 6/2017: Studienangebote in internationaler Kooperation, Redaktionsschluss: 27.Oktober 2017 Schicken Sie uns Ihre Beiträge, Informationen und Meinungen! Kontakt: Prof. Dr. Christoph Maas @ christoph.maas@haw-hamburg.de IMPRESSUM Herausgeber: Verlag: Hochschullehrerbund – DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH Bundesvereinigung e. V. hlb Kaiser-Friedrich-Straße 90 Godesberger Allee 64 10585 Berlin 53175 Bonn Telefon: 030 212 987-0 Telefon: 0228 555 256-0 info@duz-medienhaus.de Fax: 0228 555 256-99 www.duz-medienhaus.de Chefredakteur: Dr. Wolfgang Heuser (Geschäftsführer) Prof. Dr. Christoph Maas w.heuser@duz-medienhaus.de Molkenbuhrstr. 3 22880 Wedel Anzeigen: Telefon: 04103 141 14 DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH christoph.maas@haw-hamburg.de Luisa Steinhäuser (verantwortlich im Sinne des Presserechts Telefon: 030 212 987-31/27 für den redaktionellen Inhalt) Fax: 030 212 987-20 anzeigen@duz-medienhaus.de Redaktion: Dr. Karla Neschke Erscheinung: Telefon: 0228 555 256-0 zweimonatlich karla.neschke@hlb.de in Kooperation mit der DUZ Verlags- Bezugsbedingungen: und Medienhaus GmbH Jahresabonnements für Nichtmitglieder 45,50 Euro (Inland), inkl. Versand Gestaltung und Satz: 60,84 Euro (Ausland), inkl. Versand DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH Probeabonnement auf Anfrage Nina Reeber-Laqua, Kronberg Erfüllungs-, Zahlungsort und Gerichtsstand ist Bonn. Titelbild: Le Moal Olivier/123rf.com Piktogramme: S. 34, 35, 36, 38 und 39: 123rf.com Verbandsoffiziell ist die Rubrik „hlb-Aktuell“. Alle mit Namen des Autors/der Autorin verse- Herstellung und Versand: henen Beiträge entsprechen nicht unbedingt der Wienands Print + Medien GmbH Auffassung des hlb sowie der Mitgliedsverbände. Linzer Straße 140, 53604 Bad Honnef Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 28. April 2017 ISSN 0340-448 x Mit dem Smartphone gelangen Sie hier direkt auf unsere Homepage. DNH 03 | 2017
10 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung Die Idee der Akkreditierung ist gut – die Umsetzung bleibt optimierbar Das bundesweite, standardisierte Verfahren der externen Begutachtung von Studiengängen steht seit dem Start unter keinem guten Stern: Vermischt mit den Antipathien gegen die Bologna-Reform und die W-Besoldung verstummt bis heute die Kritik an der Akkreditierung nicht. Die Autorin fordert eine sachliche Betrachtung. | Von Prof. Dr. Beatrice Dernbach Der Akkreditierungsprozess sollte nicht Betrachtung des Akkreditierungssystems emotionalisiert werden, sondern sachlich nicht emotional getrieben zu pauschali- analysiert. Zu Beginn der 2000er-Jahre sieren, sondern genauer hinzusehen. Und ist vieles zusammengekommen: Im Juni vor allem: nicht zurücklehnen, die Politi- 1999 haben die europäischen Bildungs- ker machen lassen und sie dann kritisie- minister im italienischen Bologna verein- ren, sondern aktiv mitgestalten! Foto: privat bart, einen gemeinsamen Bildungsraum zu schaffen, in dem Hochschulabschlüs- Der Akkreditierungsprozess beruht se als gleichwertig anerkannt werden auf einem Beschluss der Kultusminister- Prof. Dr. Beatrice Dernbach sollen (siehe Bologna-Deklaration 1999). konferenz vom 3. Dezember 1998 zur Damit hat die Begutachtung der Studi- „Einführung eines Akkreditierungsver- Professorin für Journalistik engänge mit externen Experten ab 2003 fahrens für Bachelor-/Bakkalaureus- und in Deutschland an Fahrt aufgenommen. Master-/Magisterstudiengänge“ (KMK Studiengang Technikjournalismus/Technik-PR Gleichzeitig wurde die Besoldung der 1998). Zwei weitere wesentliche Säulen Technische Hochschule Georg Simon Ohm Professorinnen und Professoren von der sind das „Gesetz zur Errichtung einer Stif- Keßlerplatz 12 C- in die W-Struktur ab 2005 überführt. tung zur Akkreditierung von Studiengän- 90489 Nürnberg Dies alles waren Veränderungen, die per gen in Deutschland“ (Akkreditierungs- Beschluss von den politischen Akteuren rat 2005) und die „Ländergemeinsamen beatrice.dernbach@th-nuernberg.de ohne Kommunikation mit den Beteilig- Strukturvorgaben für die Akkreditierung ten eingeführt und umgesetzt worden von Bachelor- und Masterstudiengän- sind – was nicht gerade zu ihrer Akzeptanz gen“ (Akkreditierungsrat 2010). In den beigetragen hat. Im Gegenteil: Bis heute Bundesländern gibt es jeweils in den gehört es offensichtlich zum guten Ton Landeshochschulgesetzen weitere Vorga- deutscher Professoren, Bologna-Reform ben. Bis dato fehlte eine bundeseinheit- und „Zwangsakkreditierung“ in einen liche Regelung, die in diesem Jahr in Form Topf zu werfen, im besten Fall kritisch zu eines Staatsvertrags eingeführt werden sehen oder im schlimmsten Fall schlecht- soll. Auslöser dafür war ein Gerichtsver- zureden. Die Standardkritikpunkte lauten: fahren in Nordrhein-Westfalen: Einer Eingriff in die Autonomie der Hochschu- privaten Hochschule wurde die Akkre- len und in die Freiheit von Forschung und ditierung versagt, weshalb diese klagte. Lehre, ohne nachweisbaren Nutzen und Ende des Rechtsweges war das Bundes- dafür viel zu teuer. verfassungsgericht. Der Leitsatz des am 17. Februar 2016 gesprochenen Urteils In einem können sich Akkreditie- lautet: „Das Grundrecht der Wissen- rungsbefürworter und -gegner einig schaftsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 3 Satz sein: Was in der föderalen Bundesrepu- 1 Grundgesetz (GG) steht zwar Vorgaben blik Deutschland von Politikern aller zur Qualitätssicherung von Studienan- Couleur an Bildungs- und Hochschul- geboten grundsätzlich nicht entgegen. politik vorgeschlagen und beschlossen Wesentliche Entscheidungen zur Akkre- wird, ist nicht per se zielführend und ditierung darf der Gesetzgeber jedoch geprägt von hoher Qualität. Zu wenig nicht weitgehend anderen Akteuren über- wird auf (wissenschaftliche) Experten lassen, sondern muss sie unter Beachtung gehört. Es empfiehlt sich jedoch, bei der der Eigenrationalität der Wissenschaft 03 | 2017 DNH
11 selbst treffen“(1 BvL 8/10). Heißt im juristischen Laiendeutsch: Die Akkreditierung verstößt nicht gegen geltendes (Verfassungs-)Recht, muss aber auf juristischer Basis bundeseinheitlich und eindeutig „Ein wenig Selbstreflexion und am geregelt sein und kann nicht dem Akkreditierungsrat überlassen werden. Dieses Urteil wiederum beschleu- Ende Selbstkritik statt der immer nigte den Entwurf eines Staatsvertrages zur Akkredi- tierung, in dem das eingelöst werden soll, was das gleichen Schwimmübungen im höchste deutsche Gericht angemahnt hatte. Die Vereinbarung sollte seit Dezember 2016 beschlossen selben Teich können nie schaden.“ sein; aber aufgrund von länderpolitischen Neben- kriegsschauplätzen verzögerte sich die Einigung bis zum 16. März 2017. Im Juni 2017 soll der Vertrag unterzeichnet werden. Mit dieser Entwicklung auf und ganz wesentlich auf dem sogenannten ECTS- der rechtlich-politischen Metaebene waren Hoff- Leitfaden (Europäische Union 2015). nungen verbunden, die vor allem Professorinnen und Professoren in dem „Heidelberger Aufruf gegen Zugegeben: Nicht alles, was auf Papier geschrie- die Akkreditierung“ initiiert und verbreitet hatten: ben steht, ist per se gut und umsetzbar. Aber gerade endlich die „Zwangsakkreditierung“ abzuschaf- deutsche Hochschullehrerinnen und -lehrer haben fen (Forschung & Lehre 2016). Auch Matthias-W. offensichtlich Probleme damit, andere Blickwin- Stoetzer und Klaus Watzka haben in ihrem Diskus- kel auszuprobieren. Konkret tun sich zahlreiche sionsbeitrag in der Ausgabe 1/2017 der DNH die deutsche Professorinnen und Professoren schwer externe Evaluierung als „Irrweg“ bezeichnet. damit, sich auf Diskussionen über ihre Lehre einzu- lassen. Das zeigt sich leider ausgesprochen deut- lich bei der Frage der Anerkennung andernorts Der hilfreiche Blick von außen – Selbstreflexion erbrachter Leistungen. Gehen Studierende freiwil- kann nicht schaden lig ins Ausland, können sie noch zu selten davon ausgehen, dass ihnen die im Ausland erworbenen Erste Verfahren für die Begutachtung und Zertifi- Prüfungen als äquivalent von der deutschen Heimat- zierung von Studienprogrammen gab es schon vor hochschule anerkannt werden. Die Quote hat sich der Bologna-Deklaration. Die Grundregeln wurden zwar verbessert, Deutschland liegt aber immer noch immer wieder angepasst, vor allem über die Formu- am Ende der Bologna-Länder (siehe dazu KMK 2015). lierungen in den Länderstrukturvorgaben. Dies Ebenso ergeht es denjenigen, die nach einem Bache- geschah zuletzt sehr eindrücklich vor dem Hinter- lor-Abschluss für einen Masterstudiengang an eine grund der Studentenproteste 2009. Der Diskussions- andere Hochschule wechseln wollen. Die Durch- prozess, der mit der Akkreditierung ausgelöst worden lässigkeit des Systems ist vor allem für Absolventen ist, muss als konstruktiv bezeichnet werden, denn von Fachhochschulen (neudeutsch: Hochschulen er ermöglichte eine umfassende Beobachtung und für Angewandte Wissenschaften) teilweise proble- Reflexion des deutschen Hochschulsystems. Wer hat matisch bis unmöglich. Gleichwohl es keinen Unter- sich früher Gedanken über Ausbildungs- und Lern- schied mehr zwischen universitären und FH-Program- ziele von Studiengängen gemacht? Wer hat über die men geben sollte – da alles in der allgemeingültigen Inhalte und den Arbeitsaufwand einzelner Seminare Währung des European Credit Transfer Systems diskutiert? Welcher Professor hat von außen auf (ECTS) gewertet wird-, sind vielfach in den Zulas- das gucken lassen, was er seit vielen Jahren routi- sungsordnungen der Universitäten Bestimmungen zu nemäßig durchführt? Sicher haben die deutschen finden, die Bachelorabsolventen der Fachhochschulen Hochschulen nicht per se ein Qualitätsproblem, benachteiligen. Pauschal wird den Fachhochschulen das mittels der Akkreditierung gelöst werden muss eine stärkere Berufsfeldorientierung zugewiesen als (vgl. Stoetzer/Watzka 2017, S. 27). Aber ein wenig den Universitäten (vor allem wegen des integrierten Selbstreflexion und am Ende Selbstkritik statt der Praxissemesters).Viele Arbeitgeber, auch staatliche immer gleichen Schwimmübungen im selben Teich Behörden, legen noch immer Wert auf diesen feinen können nie schaden. Unterschied bzw. belohnen nicht die größere Praxis- erfahrung der Bachelor- oder Masterabsolventen von Die zugrunde liegenden Kriterien, wie Qualität FHs – im Gegenteil, sie werden in der Regel niedriger, des Curriculums, studierendenorientierte Lernziele, also schlechter eingestuft als die von Universitäten. Studierbarkeit, Kompetenzorientierung, Mobilität, Geschlechtergerechtigkeit, sind keine eindimensio- Es existieren neben der rein quantitativen ECTS- nalen Marketing-Werkzeuge, um die Studiengänge Zählung kaum kompetenzorientierte Zulassungs- attraktiv zu machen, und sie sind auch nicht in bestimmungen. Diese wären angeblich mit einem den Büros privatwirtschaftlich organisierter Akkre- immensen und deshalb zu großen Aufwand verbun- ditierungsagenturen erfunden worden. Sie basieren den. Hinzu kommt, dass die vornehmliche Idee der im Wesentlichen auf dem Europäischen und Deut- Universitäten offensichtlich weniger ist, mit Master- schen Qualifikationsrahmen (beide unter BMBF) angeboten Absolventen anderer Hochschulen zu DNH 03 | 2017
12 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung direkten und indirekten Kosten einer Programmak- kreditierung mit rund 69.000 Euro fest. Und das sei viel zu viel, erklären die beiden Wirtschaftsprofes- „Wer [als Gutachter] ein soren, angesichts des fehlenden empirischen Nach- weises des Nutzens und „des rituellen Schauspiels“, Akkreditierungsverfahren das bei den Vor-Ort-Begehungen im Begutachtungs- prozess ablaufe (ebd.). Die faktisch wirkenden Aspekte als einen Beobachtungs- der beiden Autoren, die sie mit vielen anderen Kriti- kern teilen, sind eher als Meinungen denn als Tatsa- und Lernprozess auf hohem chen zu interpretieren. Sie basieren auf einer grundle- gend negativen Einstellung, nicht nur dem Verfahren Niveau versteht, kann viel selbst, sondern offensichtlich auch den Kollegen gegenüber, die sich ehrenamtlich als Gutachter zur lernen und dies für den Verfügung stellen. eigenen Studiengang Alle in Deutschland bzw. Europa akkreditierten Akkreditierungsagenturen sind juristisch als Vereine auswerten.“ oder Stiftungen gegründet. Sie haben keine privat- wirtschaftlichen Gewinnmaximierungsinteressen, sondern müssen kostendeckend arbeiten. Die Heraus- forderung, vor denen die Agenturen bzw. deren Mitar- locken, sondern die eigene wohlbekannte Klientel beiter stehen (die übrigens nur den Prozess organi- zu versorgen – deshalb werden die Hürden möglichst sieren, aber kein Votum abgeben), ist es, geeignete hoch und in gewisser Weise inzestuös angelegt. Für Gutachter zu finden, die sich tagelang mit den Unter- einen FH-Absolventen ist es bisweilen leichter, an lagen beschäftigen und vor Ort informieren, um einer ausländischen Universität zugelassen zu werden schließlich gegen eine Aufwandsentschädigung in als an einer nationalen. Das kann so nicht bleiben Höhe von 450 bis 500 EUR plus Spesen einen Bericht und wäre auch im Zuge der Zertifizierung änderbar. zu schreiben. Dieser wird von der Akkreditierungs- Das allerdings setzt auch den Willen dazu aufseiten kommission (besetzt mit Expertinnen und Experten der (universitären) Gutachter voraus. aus Universitäten und Fachhochschulen sowie je zwei Vertreterinnen und Vertretern aus der Berufspraxis und zwei Studierenden) gewürdigt; sie entscheidet auf Die sinnvolle Tätigkeit der Gutachter dieser Grundlage, ob sie die Zertifizierung (mit oder ohne Auflagen) ausspricht oder verweigert. Gutachter All diese eher immateriellen Aspekte werden ausge- zu finden, ist die eine Herausforderung, die Gutachter spielt gegen die als gewichtig(er) eingeschätzten auf ihre verantwortungsvolle Tätigkeit einzustimmen, ökonomischen Argumente: „Akkreditierungen führen die zweite. Denn viele Professorinnen und Profes- zu völlig inakzeptablen Kosten.“ Stoetzer und Watz- soren glauben meist auch ohne Schulung genau zu ka (2017, S. 27) stellen am Beispiel Thüringens die wissen, was zu tun ist. Bisweilen verstehen sich die Foto: Wavebreak Media/123rf.com 03 | 2017 DNH
13 Peer-Reviewer nicht als gut vorbereitete Fragenstel- einer Akkreditierung an den Hochschulen binden ler und Berater unter Gleichen, sondern entweder als zu viel Personal und sind auch deshalb zu aufwen- Richter über Gut und Schlecht oder als Krähe, die der dig. Die Unterlagen müssten entschlackt werden; anderen kein Auge aushacken will. Wer hingegen ein weniger Prosa, mehr Daten und Fakten in Form des Akkreditierungsverfahren als einen Beobachtungs- Modulhandbuchs, der Prüfungs- und Zulassungs- und Lernprozess auf hohem (auch durchaus intel- ordnung, Statistiken über Zulassungs- und Absol- lektuellem und wissenschaftlichem) Niveau versteht, ventenzahlen etc. Die Agenturmitarbeiter müssten kann viel lernen und dies für den eigenen Studien- diese Daten entlang eines Leitfadens (auf Basis der gang auswerten und unter Umständen anwenden – Bewertungskriterien) für die Gutachter aufbereiten. auch mit Blick auf das eigene (Re-)Akkreditierungs- Der Schwerpunkt sollte auf der Vor-Ort-Begehung verfahren. und dem Klären von Fragen liegen. Jeder Professor sollte sich regelmäßig, also häufiger als einmal in seinem Leben als Gutachter engagieren und sich vor Fazit: Alle Beteiligten müssen Verantwortung über- dem ersten Mal schlaumachen über das, was auf ihn nehmen! zukommt und was in seiner Verantwortung liegt. Es ist immer leichter, sich außerhalb des Kreises aufzu- Akkreditierung ist zwar ein von der Politik initi- stellen und das, was in ihm passiert, zu kritisieren. iertes und gesteuertes Projekt; sie muss dafür den Wesentlich aufwendiger ist es, sich einzugliedern und rechtlichen Rahmen formulieren. Den Prozess gestal- mitzumachen. Das kostet die eigene Zeit und die eige- ten aber die Hochschulen (zum Beispiel über die nen Nerven – Kosten und Nutzen sind dabei nicht Mitgliedschaft in den Vereinen als Dächer der Akkre- in Euro aufzurechnen. Denn wer misst und bewer- ditierungsagenturen sowie die Hochschulrektoren- tet den Erfahrungsgewinn? konferenz) und die an den Hochschulen tätigen Wissenschaftler selbst. Aber nicht nur die sind am Die Zukunft wird nicht in der Programm-, sondern Verfahren beteiligt, sondern auch Studierende und in der Systemakkreditierung liegen. Hier organisie- Experten aus der Berufswelt. Sie alle sollten sich nicht ren und verantworten die Hochschulen selbst ihr aus der Affäre ziehen, sondern Verantwortung über- Qualitätsmanagementsystem. Agenturen zertifizie- nehmen. ren diesen Prozess einmalig, dann müssen die Insti- tutionen selbst sicherstellen, dass ihr Studienange- Wie alle Prozesse sind auch die Akkreditierungs- bot den Qualitätsstandards entspricht. Der Blick von verfahren optimierbar: Vorlauf und Vorbereitung außen entfällt. Ob das nur Vorteile hat? Literatur Akkreditierungsrat (2005): Gesetz zur Errichtung einer Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland. 2005. www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/AR/Beschluesse/ASG_Stiftungsgesetz.pdf – Abruf am 30.03.2017. Akkreditierungsrat (2010): Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudien- gängen vom 10.10.2003 i. d. F. vom 04.02.2010. www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/KMK/Vorgaben/ KMK_Laendergemeinsame_Strukturvorgaben_aktuell.pdf – Abruf am 30.03.2017. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): DQR und EQR. www.dqr.de/content/2323.php – Abruf am 20.04.2017. Bundesverfassungsgericht (2017): Wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung von Studiengängen muss der Gesetzge- ber selbst treffen. Pressemitteilung zum Urteil vom 17.02.2017. www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Presse- mitteilungen/DE/2016/bvg16-015.html – Abruf am 18.04.2017. Der Europäische Hochschulraum. Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister, 19. Juni 1999 (Bologna-Erklä- rung): Bologna. www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-03-Studium/02-03-01-Studium-Studienreform/ Bologna_Dokumente/Bologna_1999.pdf – Abruf am 18.04.2017. Europäische Union: ECTS-Leitfaden. https://ec.europa.eu/education/ects/users-guide/docs/ects-users-guide_de.pdf. doi: 10.2766/87169 – Abruf am 20.04.2017. Kultusministerkonferenz (1998): Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/Magis- terstudiengänge. 1998. www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/1998/1998_12_03-Bache- lor-Master-Akkred.pdf – Abruf am 18.04.2017. Kultusministerkonferenz (2015): Die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2012–2015. www.kmk.org/fileadmin/ Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2015/2015_02_12-NationalerBericht_Umsetzung_BolognaProzess.pdf – Abruf am 20.04.2017. Professoren wehren sich gegen das „Akkreditierungsunwesen“. In Forschung & Lehre. 06.06.2016. www.forschung-und- lehre.de/wordpress/?p=21256 – Abruf am 18.04.2017. Stoetzer, Matthias-W.; Watzka, Klaus: Irrweg Zwangsakkreditierung – ein Diskussionsbeitrag. In: DNH Nr. 1/2017, S. 26–29. DNH 03 | 2017
14 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung Systemakkreditierung – als Chance für die Hochschulentwicklung Während die einen noch gegen die (Programm-)Akkreditierung wettern, sind die anderen längst dabei, die Gestaltungsspielräume in der Systemakkreditierung für die Entwicklung ihrer Hochschule zu nutzen. | Von Dr. Sibylle Jakubowicz Der Beschluss des Bundesverfassungsge- eine plausible und zielführende Weiter- richts vom 17. Februar 2016 zur Akkre- entwicklung an – und dies betrifft alle ditierung von Studiengängen hat in Hochschularten. der medialen Öffentlichkeit zahlreiche scharfe Forderungen nach der Abschaf- Diese Entwicklung war so nicht vorher- fung der Akkreditierung insgesamt nach zusehen. Als die Systemakkreditierung Foto: evalag sich gezogen. Dies ist insofern überra- im Mai 2007 durch einen Beschluss des schend, als der Beschluss des Bundesver- Akkreditierungsrates als Alternative zur fassungsgerichts explizit feststellt, dass Programmakkreditierung und zunächst Dr. Sibylle Jakubowicz das Grundrecht der Wissenschaftsfrei- probeweise eingeführt wurde, schien sie heit Vorgaben zur Qualitätssicherung nur eine Option für die „Großen“ zu sein. Stellv. Stiftungsvorstand und Leiterin der von Studiengängen grundsätzlich nicht Aber erstmals gab es nun eine Möglich- Abteilung Qualitätsmanagement entgegensteht. Es bleibt letztlich unklar, keit, die es den Hochschulen erlaubte, auf welche rechtliche Basis sich die Hoff- ihre Studiengänge selbst zu akkreditie- evalag nungen auf die völlige Abschaffung der ren. Allerdings setzt die Systemakkre- (Evaluationsagentur Baden-Württemberg) Akkreditierung eigentlich gründen. ditierung ein funktionierendes Quali- Außerdem täuscht der durch die akkre- tätsmanagementsystem voraus und das M7, 9a-10 ditierungskritische Berichterstattung kostet Ressourcen. Nicht zuletzt deshalb 68161 Mannheim vermittelte Eindruck, bundesweit seien interessierten sich 2007/2008 die ersten alle Hochschulen und ihre Lehrenden Hochschulen für Angewandte Wissen- grundsätzliche Akkreditierungsgegner. schaften/Fachhochschulen nur hinter In der Beratungspraxis vor Ort, d. h. in vorgehaltener Hand für die neue Akkre- den Hochschulen, zeigt sich vielmehr ditierungsform, unschlüssig darüber, ob ein deutlich differenzierteres Bild. Viele sie überhaupt die Kriterien der System- Hochschulen bzw. Hochschulmitglieder akkreditierung erfüllen und die erforder- haben sich nicht nur mit der Akkreditie- lichen Personalmittel für ein dauerhaftes rung arrangiert, sondern erkennen neben hochschulinternes Qualitätsmanage- – zweifellos vorhandenen Defiziten – auch ment aufbringen konnten. deren Mehrwert. Der äußere Zwang der Akkreditierung hat vielerorts die Bedürf- Inzwischen, im Jahr 2017, sind mehr nisse der Studierenden stärker in das als 50 Hochschulen bundesweit system- Bewusstsein der Hochschulen gerückt. akkreditiert. Schätzungsweise weitere 30 Hochschulen befinden sich im laufenden So wird im Jahr 2017 in vielen Hoch- Verfahren. Darunter sind sowohl Univer- schulen weniger über die grundsätzliche sitäten als auch zahlreiche Hochschu- Sinnhaftigkeit der Akkreditierung disku- len für Angewandte Wissenschaften/ tiert als vielmehr über die Frage, welchen Fachhochschulen zu finden. Auch die Nutzen die jeweilige Hochschule aus der erste Musikhochschule und die ersten Akkreditierung ziehen kann. Dabei sehen Pädagogischen Hochschulen haben sich viele Hochschulen den Schritt von der dem Verfahren der Systemakkreditierung Programm- zur Systemakkreditierung als gestellt. 03 | 2017 DNH
15 STRUK evalag (Evaluationsagentur Baden-Württemberg) hat seit 2008 etwa 40 Hochschulen in der Entscheidungs- TU findung zur Systemakkreditierung, der Vorbereitung auf und der Durchführung des Verfahrens der System- akkreditierung beraten bzw. berät aktuell. Nicht alle beratenen Hochschulen haben sich letztlich für die Systemakkreditierung entschieden – aber die meisten. Von dieser Beratungserfahrung ausgehend sollen im R Folgenden drei ausgewählte Aspekte der Systemak- Foto: Wavebreak Media/123rf.com kreditierung und deren Umsetzung durch system- akkreditierte Hochschulen skizziert werden, um zum einen häufige Missverständnisse bezüglich der Anfor- derungen der Systemakkreditierung auszuräumen und zum anderen die Gestaltungsspielräume der Hochschulen in den Fokus zu rücken. Zuständigkeit für die Qualitätssicherung und -entwicklung der Studiengänge Die Motive, aus denen sich Hochschulen für die „Zur Erfüllung der Kriterien der Systemakkreditierung interessieren, sind vielfältig. Zu ihnen zählen politischer Druck des zuständigen Systemakkreditierung kann und Ministeriums, der Vergleich mit konkurrierenden Hochschulen („wenn die das können, können wir darf auf den Diskurs mit Externen das auch“), der Wunsch, nicht mehr programm- akkreditieren zu müssen, die Einschätzung, dass nicht verzichtet werden.“ (weitere) Programm(re)akkreditierungen der Hoch- schule keinen Mehrwert bringen, oder das Ziel, die Organisationsentwicklung der Hochschule mithilfe der Systemakkreditierung voranzubringen. Je nach Ausgangsmotivation der Hochschule bzw. Informationen leisten. Denn nur die Lehrenden des jedes einzelnen Hochschulmitglieds verknüpft sich Studiengangs haben auch die erforderliche Fachkom- mit der Systemakkreditierung nicht selten entweder petenz, um Daten und Rückmeldungen hinsichtlich die Hoffnung oder auch die Furcht, die Studiengän- ihrer Bedeutung für den Studiengang zielführend zu ge hätten fortan nichts mehr mit der Akkreditierung interpretieren. Wenn Studiengänge also – und dies zu tun, da nur die Hochschule insgesamt akkredi- ganz zu recht – nicht fremdbestimmt, sondern im tiert werde und dies die alleinige Angelegenheit der fachspezifischen Kontext bewertet werden wollen, Hochschulleitung und der zentralen Einheiten sei. dann dürfen sie die Verantwortung für die Quali- tätssicherung nicht von sich weisen. Das ist jedoch ein Missverständnis. Im Verfah- ren der Systemakkreditierung werden die für Lehre und Studium relevanten Strukturen und Prozesse Umsetzung der geforderten externen Evaluation der Hochschule daraufhin überprüft, ob sie dazu geeignet sind, das Erreichen der Qualifikationsziele Die Programmakkreditierung hat – dies ist unstrit- der Studiengänge sicherzustellen sowie die Quali- tig – immanente Schwächen, die sich in einzel- tätsstandards der Studiengänge zu gewährleisten. nen Verfahren und Entscheidungen unterschiedlich Das bedeutet, der Hauptfokus der Systemakkredi- bemerkbar machen: Zum einen hängen Peer-Reviews tierung liegt auf der systematischen Weiterentwick- stets stark von der Fachlichkeit und den Verhaltens- lung bestehender Studiengänge unter Einbeziehung weisen der beteiligten Persönlichkeiten ab. Zum aller relevanten Statusgruppen. anderen können die in den Akkreditierungskrite- rien angelegten Interpretationsspielräume und das Dabei umfasst die Weiterentwicklung von Studien- zweistufige Entscheidungssystem (Gutachtergrup- gängen keineswegs nur die Sammlung und Auswer- pe und anschließend Akkreditierungskommission tung von Daten, sondern vielmehr eine kontext- der Agentur) statt zur angestrebten Einheitlichkeit bezogene Analyse. Die Lehrenden des jeweiligen und übergreifenden Vergleichbarkeit von Akkredi- Studiengangs müssen diese Analyse auf der Basis aller tierungsentscheidungen auch zu inkonsistenten und vorhandenen – zum Teil natürlich von der Zentra- für die Hochschulen intransparent erscheinenden le bereitgestellten – qualitativen und quantitativen Entscheidungen führen. DNH 03 | 2017
16 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung Foto: Le Moal Olivier/123rf.com „Die formalen Kriterien treten in den Hintergrund und die Frage, was denn ‚Qualität der Lehre‘ für die jeweilige Hochschule bedeutet, in den Vordergrund.“ Sowohl jene, die schon einmal entsprechend Evaluation deshalb nicht durch ein an der Programm- schlechte Erfahrungen gemacht haben, als auch akkreditierung orientiertes Verfahren, sondern entwe- viele grundsätzliche (Programm-)Akkreditierungs- der durch regelmäßig tagende Fachbeiräte oder die kritiker charakterisieren die Bewertung durch exter- Einbeziehung von Peers in unterschiedlichen Evalu- ne Gutachter und Akkreditierungskommissionen ationsformaten. deshalb als Fremdbestimmung der Hochschulen und Studiengänge, die überdies nur unnötige Arbeit Die Fachbeiräte setzen sich dabei normalerweise aus erzeuge. Mitgliedern der Wissenschaft und der Berufspraxis zusammen. Fachbeiräte können entweder auf Studi- Paradoxerweise führen positive Erfahrungen mit engangs- oder Fakultätsebene angesiedelt sein. In der Programmakkreditierung aber nicht unbedingt vielen Hochschulen wird diese Entscheidung von zu einer aufgeschlossenen Haltung gegenüber der den Fakultäten getroffen. Bei der Einbeziehung von Systemakkreditierung. Hier erliegen manche dem Peers reicht das Spektrum von Verfahren, die mehr Missverständnis, dass die Systemakkreditierung den oder weniger an das klassische Peer-Review ange- Verzicht auf den in der Programmakkreditierung lehnt sind, aber mit Gutachtergruppen aus exter- eingeübten und als gewinnbringend empfundenen nen und internen Mitgliedern arbeiten, über Work- Austausch mit externen Fachkolleginnen und Fach- shop-Formate bis zur Einbeziehung von Externen in kollegen mit sich bringen könnte. interne Gremien. Fakt ist aber das Gegenteil. Zur Erfüllung der Krite- Bei aller Gestaltungsfreiheit in der Umsetzung rien der Systemakkreditierung kann und darf auf der externen Evaluation ist hochschulintern aber diesen Diskurs mit Externen gar nicht verzichtet immer zu klären, wer das Vorschlagsrecht für die werden. Er findet allerdings in veränderter Form statt, externen Peers/Fachbeiratsmitglieder hat, wer sie und zwar als eine von der Hochschule selbst verant- bestellt und wie die Unbefangenheit der Peers/Fach- wortete und ausgestaltete Evaluation, die der Einbin- beiratsmitglieder überprüft wird. Es bietet sich an, dung externer Fachexpertise dient. Dabei ist vielen das Vorschlagsrecht bei den Studiengängen/Fakul- Hochschulen die oben skizzierte Konfliktlage um täten zu belassen, z. B. formalisiert durch einen Peers, Kriterien und Entscheidungsprozesse durchaus Fakultätsratsbeschluss, und die Bestellung durch bewusst und sie versuchen daher Formate zu finden, die Hochschulleitung vorzunehmen. Die Kriterien die eine Diskussion mit den Externen auf Augen- zur dringend empfohlenen Überprüfung der Unbe- höhe zulassen. Die meisten systemakkreditierten fangenheit sollte die Hochschule selbst – in Anleh- Hochschulen für Angewandte Wissenschaften/Fach- nung an das gewählte Format – festlegen. Weiterhin hochschulen erfüllen die Forderung nach externer ist zu entschieden, in welchem Turnus die Sitzungen/ 03 | 2017 DNH
Sie können auch lesen