Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund

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Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
Ausgabe 03-2017

                                                   FÜR ANWENDUNGSBEZOGENE WISSENSCHAFT UND KUNST

                          Die Zukunft der
                          Akkreditierung

Campusnotizen             hlb aktuell                    Aus Wissenschaft          Wissenswertes
Wissenschaftlich          hlb im Gespräch mit            & Politik                 Kein Anspruch auf
kommunizieren im Master   Bundesministerin Wanka         Bundestagswahl 2017 –     Geheimhaltung von
                                                         Positionen der Parteien   Gutachtern

                      4                       18                             30                    34
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
2    Inhalt

    Campusnotizen                                                                        hlb aktuell
                                               Titelthema:
4 Hochschule Düsseldorf:                                                              18 hlb -Bundesvereinigung: Im
  „Engineering Conferences“ –                  Die Zukunft der                           Gespräch mit Bundeswissenschafts-
  Wissenschaftlich kommunizieren               Akkreditierung                            ministerin Wanka
  im Master
                                                                                         Bundesdelegiertenversammlung
5 Hochschule für angewandte                                                              2017: Diskussion mit dem rheinland-
  Wissenschaften Würzburg-                                                               pfälzischen Wissenschaftsminister Wolf
  Schweinfurt: Profilschärfung
                                            10 Die Idee der Akkreditierung            19 VHB Bayern: Friedrich Vilsmeier und
  durch Angebote im Kontext von
                                               ist gut – die Umsetzung bleibt            Walter Kurz sind Ehrenvorsitzende
  Sozialer Arbeit und Migration
                                               optimierbar | Von Prof. Dr. Beatrice      Bundespräsidium neu gewählt:
6 Hochschule München:                          Dernbach                                  Zwei neue hlb -Vizepräsidenten
  His or Hers?
                                            14 Systemakkreditierung – als                hlb intern: Akkreditierung | Von
7 VDMA: HAW Hamburg gewinnt                    Chance für die Hochschul-                 Prof. Dr. Nicolai Müller-Bromley,
  VDMA-Hochschulpreis 2017                     entwicklung | Von Dr. Sibylle             Präsident der hlb -Bundesvereinigung
8 Hochschule für Wirtschaft und                Jakubowicz
                                                                                      20 Übertragung der Tarifergebnisse
  Recht Berlin: „Quotenfrau“ ist ein
                                                                                         auf die Beamtenbesoldung:
  Qualitätsmerkmal
                                                                                         Beschlossene und geplante Vergütungs-
9 Autoren gesucht & Impressum                  Aus Wissenschaft                          steigerungen in 2017 und 2018
                                               & Politik

    Fachaufsätze                            30 Bundestagswahl 2017                       Wissenswertes
                                            30 Positionen von CDU/CSU | Von
22 Wie muss die Hochschule der                 Alexandra Dinges-Dierig                34 Alles, was Recht ist
   Zukunft aussehen? | Von Dr. Isabel
                                            31 Positionen der SPD | Von Dr. Ernst-    35 Neue Bücher von Kolleginnen
   Rohner
                                               Dieter Rossmann                           und Kollegen
26 Karrierewege zur Professur | Von
                                            32 Positionen von DIE LINKE | Von         36 Neuberufene
   Thorben Sembritzki, Dr. Susanne In der
                                               Nicole Gohlke
   Smitten und Lisa Thiele
                                            33 Positionen von Bündnis 90/
                                               Die Grünen | Von Kai Gehring              Standards
                                                                                      3 Editorial
                                                                                      38 Stellenanzeigen
                                                                                      40 hlb Seminartermine 2017

                                                                                                                    03 | 2017 DNH
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
Editorial     3

                          Die Zukunft der
                          Akkreditierung
                           Die Akkreditierung wird auch deshalb zum Aufregerthema, weil
                           sie uns unsere Sprachlosigkeit in einem Kerngebiet unserer Arbeit
                           vor Augen führt.

                                                 Akkreditierung bindet Arbeitszeit, kostet     Hochschulen zu kämpfen gehabt. Aus
                                                 Geld und macht alles umständlicher –          langjähriger eigener Erfahrung plädiert
                                                 deshalb gehört sie abgeschafft. Die Kritik-   sie aber dafür, sowohl die Chance zur
                                                 punkte sind ja nicht ganz falsch, trotz-      Selbstreflexion, wenn der eigene Studi-
                                                 dem können sie in meinen Augen die            engang zu akkreditieren ist, als auch die
                                                 drastische Forderung nicht ausreichend        Möglichkeit zum Blick über den Teller-
                                 Foto: S. Maas

                                                 begründen. Vor gut 20 Jahren war das          rand im Rahmen einer Gutachtergruppe
                                                 Labor hinsichtlich der Arbeitssicherheit      zu nutzen (Seite 10).
                Christoph Maas                   ein nahezu rechtsfreier Raum. Heute
                                                 müssen wir eine Vielzahl von Vorschrif-          Sibylle Jakubowicz stellt dar, wie Hoch-
                                                 ten beachten, trotzdem fordert niemand        schulen durch das Instrument der System-
                                                 die Vergangenheit zurück. Vor 10 Jahren       akkreditierung wirkungsvoll in die Weiter-
                                                 waren die Berufungsakten bei uns gera-        entwicklung und Verbesserung ihrer
                                                 dezu lächerlich dünn gegenüber heute,         Studiengänge investieren können. Wichtig
                                                 trotzdem gibt es keine Demonstrationen        ist dabei, wie weiterhin externer Sachver-
                                                 gegen die aktuelle Berufungsordnung.          stand einbezogen sowie eine Alleinent-
                                                                                               scheidungsrolle der Hochschulleitung
                                                   Nach meinem Eindruck wird die Akkre-        vermieden werden kann (Seite 14).
                                                 ditierung auch deshalb als Zumutung
                                                 empfunden, weil wir durch sie merken,           Fachhochschulen und Hochschulen
                                                 wie schwer es uns fällt, Studienziele         für Angewandte Wissenschaften sind nie
                                                 und schlüssige Wege dorthin in Worte          dem Ideal von „Einsamkeit und Freiheit“
                                                 zu fassen und damit zur Diskussion zu         gefolgt, sondern haben sich immer als
                                                 stellen. Wortlose Übereinstimmung im          Teil der Gesellschaft verstanden. Unsere
                                                 kollegialen Kreis gibt uns das Gefühl, den    Studierenden sind nie auf der Suche nach
                                                 richtigen Kurs zu fahren. Dokumente           Jüngerschaft zu uns gekommen, sondern
                                                 darüber anzufertigen, macht nicht nur         mit dem Wunsch, als wissenschaftlich
                                                 Arbeit, sondern führt dann auch noch          Gebildete in der Welt „draußen“ ein gutes
                                                 zu kritischen Nachfragen von Menschen,        Leben zu führen. Wir schulden ihnen eine
                                                 die sonst gar nicht auf uns aufmerksam        rationale und transparente Diskussion um
                                                 geworden wären.                               die Ziele und Methoden unserer Ausbil-
                                                                                               dungsgänge. Akkreditierung kann ein
                                                   Zwei Aufsätze in diesem Heft möch-          Mittel dazu sein – und wo sie es noch
                                                 ten dazu einladen, Akkreditierung einmal      nicht ist, sollten wir daran arbeiten, dass
                                                 nicht als Mühsal zu sehen, sondern ande-      sie es wird.
                                                 re Blickrichtungen auszuprobieren.
                                                                                                                     Ihr Christoph Maas
                                                   Für Beatrice Dernbach hat die Akkre-
                                                 ditierung durch die zeitliche Nähe
                                                 zur Bologna-Reform und zur Einfüh-
                                                 rung der W-Besoldung von Anfang an
                                                 mit einer kritischen Einstellung in den

DNH 03 | 2017
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
4     Campusnotizen

  Hochschule Düsseldorf

„Engineering Conferences“ – Wissen-
schaftlich kommunizieren im Master
Der Fachbereich Maschinenbau und                    Die Grundidee des Kurses ist es …             wird vornehmlich die Posterpräsentati-
Verfahrenstechnik der Hochschule                                                                  on, aber auch die Veröffentlichung und
Düsseldorf hat im Zuge der Neuakkredi-              • ... Studierende in das wissenschaftliche    die zwei Reviews von Beiträgen anderer
tierung seiner Bachelor- und Masterstudi-             Arbeiten und Kommunizieren einzu-           Studierender.
engänge in den Jahren 2015/16 ein neues               führen.
Masterkonzept entwickelt. Entstanden                • … die Bachelor-Arbeit als wissenschaft-        Im Gegensatz zu außercurricularen
sind der rein englischsprachige Master-               liche Arbeitsgrundlage zu verwerten.        Angeboten zum Erlernen von „Soft
studiengang „Mechanical Engineering“                • … eine englischsprachige Veröffentli-       Skills“ oder Kursen zum wissenschaft-
sowie die Studiengänge „Internationales               chung sowie ein Poster daraus zu erstel-    lichen Schreiben verfolgt der Fachbe-
Wirtschaftsingenieurwesen“ und „Simu-                 len.                                        reich mit „Engineering Conferences“
lations- und Experimentaltechnik“. Alle             • … eine Konferenz inklusive Veröffent-       ein Konzept, das Forschung und wissen-
Studiengänge sind dreisemestrig, umfas-               lichungszeitplan, Review-Prozess und        schaftliche Kommunikation im Stunden-
sen 90 ECTS und ermöglichen einen                     Poster-Präsentationstag im Foyer des        plan verankert. Studierende haben damit
Master-of-Science-(M.Sc.)-Abschluss.                  Fachbereichs zu simulieren.                 die Möglichkeit, entscheidende berufs-
                                                                                                  qualifizierende Kompetenzen aus ihrer
  Ziel bei der Neustrukturierung war die               Die Kursinhalte umfassen sowohl            Disziplin heraus zu entwickeln, anstatt
Entwicklung internationaler, teilweise              die wissenschaftliche Recherche zum           diese als „Add-on“ in Zusatzkursen erwer-
englischsprachiger Masterstudiengän-                Stand der Technik mit passenden Soft-         ben zu müssen.
ge, welche die Forschungsstärke und                 ware-Tools, das Verstehen und Einord-
-vielfalt des Fachbereiches widerspiegeln.          nen von wissenschaftlichen Texten sowie
Daran anknüpfend sollen die Studie-                 der strukturierte Aufbau einer Veröffentli-   Weiterführende Informationen
renden gezielt in wissenschaftlichem                chung, eines Posters und dessen Quellen-
Arbeiten gefördert werden. Vor diesem               verzeichnis. Wie in Abbildung 1 ersicht-        www.engineering-conferences.eu
Hintergrund wurde der englischspra-                 lich, erstellen die Studierenden dazu
chige Pflichtkurs „Engineering Confe-               aus ihrer Bachelor-Arbeit eine kompri-                    Prof. Dr.-Ing. Matthias Neef,
rences“ (4 SWS/6 ECTS) für alle Master-             mierte Veröffentlichung und präsentie-                    Prof. Dr.-Ing. Thomas Zielke,
studiengänge entwickelt.                            ren anschließend ein Poster. Bewertet            Dipl.-Kffr. Claudia Fussenecker M. A.

Abbildung 1: Masterkurs „Engineering Conferences” – Idee und Konzeption

                                                                                                                               03 | 2017 DNH
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
5

  Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt

Profilschärfung durch Angebote im
Kontext von Sozialer Arbeit und Migration

                                                                                           Foto: FHWS
Seit einigen Jahren reagiert die Fakul-       englischsprachigen Masterstudiengang                      Weiterführende Informationen
tät Angewandte Sozialwissenschaf-             „International Social Work with Refu-
ten der Hochschule für angewandte             gees and Migrants“ ein Ausbildungsange-                   Masterstudiengang „International Social
Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt           bot geschaffen, das weltweit einzigartig                  Work with Refugees and Migrants“:
(FHWS) auf den steigenden Bedarf an           ist. Neben einer explizit anwendungsori-                   http://mrm.fhws.de/startseite.html
Fachkräften Sozialer Arbeit im Bereich        entierten Lehre steht die internationa-
Flucht und Migration. Durch die Einrich-      le Netzwerkbildung im Interessenfokus.                    Zertifikatslehrgang „Flüchtlingssozialar-
tung entsprechender Studien- und Lehr-        Durch internationale Hochschulkoope-                      beit“:
gangsangebote wurde ein breites Feld          rationen wird der personelle und fach-                      www.fhws.de/weiterbildung/zertifikats-
an Aus- und Weiterbildungsprogram-            liche Austausch gezielt ermöglicht. Im                      lehrgaenge/fluechtlingssozialarbeit
men etabliert, das umfassende Qualifi-        Rahmen von im Studiencurriculum
zierungsmöglichkeiten anbietet. Durch         verankerten Summer Schools und/oder
internationale Vernetzung soll darüber        Auslandssemestern sollen zudem Studie-                    Ansprechpartner:
hinaus die Professionalisierung interna-      rende Ansätze einer regionsspezifischen
tionaler Sozialer Arbeit im Kontext von       Flüchtlings- und Migrationssozialarbeit in                Prof. Dr. Ralf Roßkopf
Migration weiterentwickelt werden.            Transit-/Herkunftsländern von Geflüchte-                  Masterstudiengangsleiter
                                              ten kennenlernen bzw. erarbeiten.                         ralf.rosskopf@fhws.de
   Erste Spezialisierungsmöglichkeiten
bietet der bereits seit 2011 bestehende         Durch die starke Partnerschaft zur
Vertiefungsbereich „Soziale Arbeit in der     German Jordanian University konn-
Migrationsgesellschaft“ im Bachelorstu-       te so bereits im September 2016 eine
diengang „Soziale Arbeit“. Zudem haben        dreiwöchige Summer School in Jorda-
Berufstätige aus der Praxis Sozialer Arbeit   nien durchgeführt werden. Die Weiter-
die Möglichkeit, sich im Rahmen des           entwicklung des Programms, in das
Zertifkatslehrgangs „Flüchtlingssozial-       weitere internationale Hochschulpart-
arbeit“ berufsbegleitend weiterzuqua-         ner eingebunden werden sollen, wird
lifizieren. Nicht zuletzt engagiert sich      durch ein Forschungsprojekt wissen-
die Hochschule im Rahmen von DAAD-            schaftlich begleitet. So soll durch welt-
Welcome- und -Integra-Projekten, um           weite Vernetzung von Wissenschaft und
Geflüchtete auf das Hochschulstudium          Praxis ein Beitrag zur Weiterentwicklung
vorzubereiten.                                einer professionellen Sozialen Arbeit im
                                              Kontext Flucht und Migration geleistet
 Mit Beginn des Sommersemesters 2016          werden.
wurde schließlich mit dem konsekutiven,

DNH 03 | 2017
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
6    Campusnotizen

  Hochschule München

His or Hers?
Zum Wintersemester 2016/2017 startete
die Hochschule München eine große
Kampagne für mehr Geschlechtergerech-
tigkeit. Ein Interview (siehe Foto rechts).

Was waren die Gründe für die Kampagne
und wie sieht diese genau aus?
                                              Foto: Fabian Sommer/HM

Wolf: Wir veranstalteten an der Hochschu-
le München immer wieder Workshops
zum Thema Gender, Chancengerechtig-
keit oder Frauen in Führungspositionen –
stießen damit bei den Studierenden aber
auf wenig Resonanz. Bei einem Treffen der                              Machen auf Rollenklischees aufmerksam: die Frauenbeauftragten der Hochschule München. Prof. Dr.
Frauenbeauftragten der einzelnen Fakul-                                Elke Wolf, Prof. Dr.-Ing. Sabine Kirschenbauer, Prof. Dr.-Ing. Katina Warendorf und Prof. Dr. Juliane-Beate
täten hatte Sabine Kirschenbauer dann                                  Sagebiel (v. l.)
die Kampagnenidee.
                                                                       haben wir auch so wunderbare Reakti-                    Posteraktion ist geplant sowie Postkar-
Sagebiel: Eine Idee, die sofort bei allen                              onen bekommen wie „His or Trumps?“.                     ten mit den Motiven. Ende dieses Jahres
zündete!                                                                                                                       ziehen wir dann Bilanz.
                                                                       Parallel zur Genderkampagne lief eine
Warendorf: Ja, plötzlich passierte etwas.                              Umfrage zu Geschlechterstereotypen                      Was erhoffen Sie sich von der His-or-Hers-
In einer zweitägigen Klausurtagung erar-                               unter den Studierenden. Was waren die                   Kampagne?
beiteten wir Medienkampagne, Presseprä-                                bemerkenswertesten Ergebnisse dieser
senz und Umfrage. Einzelne Arbeitsgrup-                                Befragung?                                              Wolf: Wir wollen damit Lehrende und
pen haben dann alles weiterentwickelt.                                                                                         Studierende aufrütteln. Zum einen zeigen
                                                                       Wolf: Interessant fanden wir, dass die                  die bestehenden Unterschiede, dass
Kirschenbauer: Wichtig war uns: Wir                                    weiblichen Studierenden meinen, ihre                    wir unterschiedlich auf die einzelnen
wollten eine Kampagne für Frauen und                                   männlichen Kommilitonen würden                          Geschlechter eingehen müssen. Und zum
Männer, jeder sollte sich Gedanken über                                bevorzugt. Und die männlichen Studie-                   anderen wird deutlich, dass sich Gender
vorherrschende Rollenbilder machen. Am                                 renden sehen dies genau umgekehrt.                      und Diversity im Hörsaal zwar ignorie-
besten erreicht man dies mit Humor. Und                                                                                        ren, aber nicht verdrängen lassen. Studie-
die Inhalte unserer Hochschule sollten                                 Sagebiel: Erschreckend ist, dass Profes-                rende sollten deshalb lernen, offen und
sich widerspiegeln. So entstand die Idee                               sorinnen deutlich weniger Kompetenz                     kompetent mit dieser Vielfalt umzuge-
der roten Plakate. Sie zeigen vermeintlich                             zugesprochen wird als ihren männlichen                  hen – sowohl im Umgang miteinander
geschlechtsspezifische Symbole, ergänzt                                Kollegen – sowohl von Studenten als auch                als auch bei fachlichen Problemlösungen.
um die provokative Frage „His or Hers?“.                               von Studentinnen.
                                                                                                                               Warendorf: Männer und Frauen sind
Welches ist Ihr persönliches Lieblingspla-                             Warendorf: Und das über alle Fachbe-                    unterschiedlich, sie brauchen daher
katmotiv – und warum?                                                  reiche hinweg. Ein klassischer Fall von                 unterschiedliche Chancen. Jedoch sind
                                                                       Geschlechterrollenstereotypen.                          die Spielregeln männlich. Jede Frau, die
Warendorf: Der Doktorhut, weil er keine                                                                                        sich darauf einlässt, gilt sofort als macht-
feste Zuschreibung zu männlich oder                                    Welche weiteren Kampagnenschritte sind                  hungrig. Mit unserer Kampagne möch-
weiblich hat und trotzdem zum Nach-                                    geplant?                                                ten wir unter anderem anregen, dass die
denken anregt.                                                                                                                 Spielregeln geändert werden.
                                                                       Wolf: Es folgen noch diverse Veran-
Sagebiel: Meine Favoriten sind der                                     staltungen rund ums Thema, etwa ein                     Sagebiel: Ja, dass auch die große Diver-
Kinderwagen und der Kochtopf – weil                                    Impro-Theater, eine Diskussionsrunde,                   sität aller Geschlechter – schließlich gibt
sie so „klassisch weiblich“ sind und damit                             eine Lesung.                                            es nicht nur Mann und Frau – berück-
zeigen, dass Veränderung möglich ist.                                                                                          sichtigt wird!
                                                                       Warendorf: Hierzu ist übrigens jeder-
Wolf: Der Rennwagen, weil er mir zeigt,                                mann und -frau eingeladen!                              Kirschenbauer: Mit der Kampagne
dass auch ich immer wieder in die Stereo-                                                                                      wollen wir vor allem zum Nachdenken
typenfalle tappe und denke „Typisch                                    Sagebiel: Am Campus Pasing findet zudem                 und zur Selbstreflexion anregen, das
Mann“.                                                                 ein großes Sommerfest zu Geschlechter-                  Thema in Diskussion bringen. Und das
                                                                       stereotypen im globalen Kontext statt.                  ist uns, glaube ich, jetzt schon gelungen.
Kirschenbauer: Das Gehirn. Es provoziert
humorvoll auf mehreren Ebenen. Hier                                    Kirschenbauer: Auch eine weitere                            Die Fragen stellte Daniela Hansjakob.

                                                                                                                                                                    03 | 2017 DNH
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
7

  VDMA

HAW Hamburg gewinnt VDMA-Hoch-
schulpreis 2017
In Hamburg steht das beste deutsche
„Maschinenhaus“: Das Department
Informations- und Elektrotechnik der
Fakultät Technik und Informatik der
HAW Hamburg hat den dritten VDMA-
Hochschulpreis gewonnen. Dotiert ist der
Maschinenhauspreis mit 100.000 Euro.
Hartmut Rauen, stellvertretender Haupt-
geschäftsführer des VDMA, sagt: „Die
Digitalisierung ist eine epochale Heraus-
forderung. Wir brauchen Ingenieure,
die aus virtuellen reale Welten machen.
Unser Gewinner zeigt eindrucksvoll,
welche Lehrinnovationen möglich und
nötig sind, um das zu erreichen.“

                                             Für die HAW Hamburg nahmen den Preis „Bestes Maschinenhaus 2017“ entgegen (v. l. n. r.):
Bundesministerin Wanka spricht Gruß-         Sabine Rasch, Prof. Dr. Jörg Dahlkemper, Prof. Dr. Karin Landenfeld, Prof. Dr. Wolfgang Renz,
wort                                         Dekan Dr. Thomas Flower. Foto: HAW Hamburg

„Die herausragenden Leistungen deut-
scher Ingenieurinnen und Ingenieure          Dafür sorgen Schwerpunktthemen wie                     Feierliche Preisverleihung in Berlin
prägen das Label ‚Made in Germany‘           Photovoltaik oder Windkraft. Die Veran-
seit Jahrzehnten. Ihre hochwertige           staltungen sind nach dem Konzept der                   Die fünf Gewinner wurden bei einer
Ausbildung hierzulande ist der Schlüs-       fächerintegrierend-themenorientierten                  feierlichen Preisverleihung vor über
sel dafür. Aus aller Welt strömen Studie-    Lehre miteinander verzahnt: Grundla-                   100 Gästen aus Unternehmen, Wissen-
rende nach Deutschland, um hier ein          genvorlesungen vermitteln die Kompe-                   schaft sowie Politik und Gesellschaft
Ingenieurstudium zu absolvieren“, sagt       tenzen, die nötig sind, um Praxisaufga-                ausgezeichnet. Die Bundesministerin für
Johanna Wanka, Bundesministerin für          ben zu lösen. Hartmut Rauen erklärt:                   Bildung und Forschung, Johanna Wanka,
Bildung und Forschung. „Ich danke dem        „Das Konzept fördert die Fähigkeit zur                 sprach ein Grußwort während der Preis-
VDMA für sein Engagement und gratu-          Problemlösung und erzeugt Einsicht in                  verleihung. In einer Podiumsdiskussion
liere dem Gewinner für das zukunftswei-      die Notwendigkeit der wissenschaftli-                  erörterten u. a. Theresia Bauer, Wissen-
sende Konzept. Dieser Hochschulpreis         chen Grundlagen. Dies motiviert die                    schaftsministerin aus Baden-Württem-
passt zu den Aktivitäten der Bundes-         Studierenden und ist gleichzeitig eine                 berg, und Professor Siegfried Russwurm
regierung: Ein Ziel des Bund-Länder-         hervorragende Berufsvorbereitung.“                     Wege zu mehr Studienerfolg. Hartmut
Programms für bessere Studienbedin-                                                                 Rauen appellierte in seiner Rede an alle
gungen und mehr Qualität in der Lehre                                                               Seiten: „Eine gute Hochschullehre und
ist es zum Beispiel, allen Studierenden in   Insgesamt fünf Gewinner und 165.000                    geringere Studienabbruchquoten sind
ihrer Vielfalt die gleichen guten Chan-      Euro Preisgeld                                         eine gemeinsame Aufgabe von Hoch-
cen zu geben und unseren Nachwuchs                                                                  schulen, Politik, Industrie und auch den
exzellent auszubilden. Im Fokus stehen       Neben der HAW Hamburg wurde die                        Studierenden selbst. Lassen Sie uns das
dabei unter anderem die Förderung von        Fakultät für angewandte Naturwissen-                   gemeinsam angehen, um die Zukunftsfä-
Selbstständigkeit und Praxisbezug. Die       schaften und Mechatronik der Hoch-                     higkeit unseres Landes zu sichern!“
Ingenieurwissenschaften sind in diesem       schule München sowie die Fakultät
Programm prominent vertreten.“               Maschinenbau der HAW Würzburg-
                                             Schweinfurt mit 35.000 und 15.000 Euro
                                             ausgezeichnet. Zwei Sonderpreise für sich
Hamburger Konzept verzahnt Grundla-          noch im Aufbau befindliche Lehrkon-
gen und Anwendung                            zepte mit jeweils 7.500 Euro Preisgeld
                                             gingen an den Campus Nordschwarz-
Das Gewinner-Konzept aus Hamburg             wald der Universität Stuttgart sowie                           Die Meldungen in dieser Rubrik,
bietet seinen Erstsemestern nicht nur        den Studiengang Systems Engineering                                  soweit sie nicht namentlich
die üblichen Grundlagenvorlesungen in        der Hochschulen in Augsburg und                                   gekennzeichnet sind, basieren
Physik oder Elektrotechnik an. Vielmehr      Kempten.                                                      auf Pressemitteilungen der jeweils
ist die Praxis von Beginn an vertreten.                                                                             genannten Institutionen.

DNH 03 | 2017
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
8    Campusnotizen

                 Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin

               „Quotenfrau“ ist ein Qualitätsmerkmal

                                                                                                         Studentinnen der HWR Berlin im
                                                                                                         Gespräch mit IWF-Direktorin Christine
                                                                                                         Lagarde und Bundesfamilienministerin
Foto: BMFSFJ

                                                                                                         Manuela Schwesig am Rande des
                                                                                                         W20-Treffens in Berlin

               Economic Empowerment of Women:               Economics, Political Economy of Euro-        viel zu wenige. Frauen müssen mitreden
               Was muss getan werden, um die gleich-        pean Integration und Labour Policy and       und mitbestimmen, wie wir mit den
               berechtigte Teilhabe von Frauen und          Globalisation der HWR Berlin nutzten         Herausforderungen unserer Zeit umge-
               Männern im Erwerbsleben und in der           die Gelegenheit und richteten viele fach-    hen“, so Schwesig. Bei allem Erreichten,
               Zivilgesellschaft zu ermöglichen? Diese      liche Fragen an die Direktorin des IWF       Gesetze allein könnten die Machtstruk-
               Frage stand im Mittelpunkt einer Diskus-     und die Bundesfamilienministerin. Die        turen nicht durchbrechen, durch die viele
               sionsrunde, zu der die Direktorin des        Themen reichten von der Digitalisierung      Frauen von wirtschaftlichen Chancen
               Internationalen Währungsfonds (IWF),         bis zur Situation der Frauen als formelle    weiterhin ferngehalten würden, betonte
               Christine Lagarde, und Bundesfamilien-       und informelle Arbeitskräfte in Privat-      die Ministerin und appellierte an die
               ministerin Manuela Schwesig Studen-          haushalten, drehten sich um die Integra-     Studentinnen: „Wir brauchen auch starke
               tinnen der Hochschule für Wirtschaft und     tion der Frauenarbeit in sozialrechtliche    Frauen die zeigen, dass es geht.“
               Recht (HWR) Berlin am 25. April 2017         Mindeststandards und die Auswirkungen
               eingeladen hatten.                           der Austeritätspolitik auf deren ökono-        Organisiert hatte das Treffen Dr. Frie-
                                                            mische Lage. Auch die Situation von          derike Maier, Professorin für Volks-
                 In dem Gespräch, das in sehr offener       Migrantinnen weltweit wurde angespro-        wirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt
               und persönlicher Atmosphäre am Rande         chen und der Komplex der Kinderbe-           Verteilung und Sozialpolitik und stell-
               des W20-Treffens in Berlin stattfand,        treuung.                                     vertretende Direktorin des Harriet-
               tauschten sich die 21 Studentinnen und                                                    Taylor-Mill-Instituts für Ökonomie und
               die beiden hochrangigen Politikerinnen          Die Studierenden und die beiden poli-     Geschlechterforschung an der HWR
               darüber aus, wie globale Geschlechter-       tischen Entscheidungsträgerinnen disku-      Berlin. „Die lebhafte und offene Diskus-
               ungleichheiten überwunden und die            tierten, ob und weshalb Frauenquoten         sion gibt viel Stoff zur weiteren Diskus-
               ökonomische Beteiligung von Frauen           notwendig sind, und kamen überein,           sion und Reflexion, zum Beispiel über
               in den G20-Mitgliedstaaten vorange-          dass die Bezeichnung Quotenfrau als          die Rolle internationaler Institutionen
               trieben, ihre Wirtschaftskraft gestärkt      Auszeichnung anzusehen ist. Denn nur         bei der Durchsetzung von Frauenrechten
               werden sollen. IWF-Direktorin Christi-       ebenso gut qualifizierte Frauen würden im    und Geschlechtergerechtigkeit“, sagte
               ne Lagarde betonte: „Beim Streben nach       Vergleich zu männlichen Konkurrenten         Maier im Anschluss und dass alle Teil-
               ökonomischem Wohlstand und finanzi-          überhaupt als Quotenfrauen gelten, so        nehmerinnen aus der Gesprächsrunde
               eller Stabilität benötigen wir viel mehr     das Argument.                                mit dem Fazit und dem Vorsatz heraus-
               Frauen in der Finanzwelt.“ So ging es                                                     gingen: „Es bleibt noch viel zu tun. Wir
               in dem anregenden Gespräch auch um             Die deutsche Bundesministerin für          arbeiten weiter für die Rechte der Frauen.“
               persönliche Karrierewege. Lagarde und        Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
               Schwesig zeigten sich sehr interessiert      Manuela Schwesig, sagte: „Ich freue mich
               daran, welche Erwartungen die jungen         über diesen spannenden und lebhaften
               Frauen mit ihrer beruflichen Zukunft         Austausch mit Christine Lagarde und den
               verknüpfen, welche Herausforderungen         Studentinnen. Christine Lagarde ist in
               sie sehen beim Einstieg in die Arbeitswelt   ihrer Position als Frau auf einem Spitzen-
               nach dem Studium.                            posten in der Finanzwelt ein Vorbild für
                                                            viele gerade junge Frauen. Sie macht sich
                 Die Studentinnen der internationa-         stark für mehr Frauen in Führungsposi-
               len Masterstudiengänge International         tionen. Denn davon gibt es immer noch

                                                                                                                                            03 | 2017 DNH
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
Impressum             9

                                      AUTOREN GESUCHT
                             4/2017: Studieren geht über Absolvieren, Redaktionsschluss: 16. Juni 2017
                             5/2017: Hochschule für die Region, Redaktionsschluss: 25. August 2017
                             6/2017: Studienangebote in internationaler Kooperation,
                             Redaktionsschluss: 27.Oktober 2017

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                        Prof. Dr. Christoph Maas
                        @ christoph.maas@haw-hamburg.de

                IMPRESSUM

                Herausgeber:                                        Verlag:
                Hochschullehrerbund –                               DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH
                Bundesvereinigung e. V. hlb                         Kaiser-Friedrich-Straße 90
                Godesberger Allee 64                                10585 Berlin
                53175 Bonn                                          Telefon: 030 212 987-0
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                Chefredakteur:                                      Dr. Wolfgang Heuser (Geschäftsführer)
                Prof. Dr. Christoph Maas                            w.heuser@duz-medienhaus.de
                Molkenbuhrstr. 3
                22880 Wedel                                         Anzeigen:
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                christoph.maas@haw-hamburg.de                       Luisa Steinhäuser
                (verantwortlich im Sinne des Presserechts           Telefon: 030 212 987-31/27
                für den redaktionellen Inhalt)                      Fax: 030 212 987-20
                                                                    anzeigen@duz-medienhaus.de
                Redaktion:
                Dr. Karla Neschke                                   Erscheinung:
                Telefon: 0228 555 256-0                             zweimonatlich
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                in Kooperation mit der DUZ Verlags-                 Bezugsbedingungen:
                und Medienhaus GmbH                                 Jahresabonnements für Nichtmitglieder
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                Nina Reeber-Laqua, Kronberg                         Erfüllungs-, Zahlungsort und Gerichtsstand ist
                                                                    Bonn.
                Titelbild: Le Moal Olivier/123rf.com
                Piktogramme: S. 34, 35, 36, 38 und 39: 123rf.com    Verbandsoffiziell ist die Rubrik „hlb-Aktuell“.
                                                                    Alle mit Namen des Autors/der Autorin verse-
                Herstellung und Versand:                            henen Beiträge entsprechen nicht unbedingt der
                Wienands Print + Medien GmbH                        Auffassung des hlb sowie der Mitgliedsverbände.
                Linzer Straße 140, 53604 Bad Honnef
                                                                    Redaktionsschluss dieser Ausgabe:
                                                                    28. April 2017

                                                                    ISSN 0340-448 x

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DNH 03 | 2017
Die Zukunft der Akkreditierung - Hochschullehrerbund
10 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung

Die Idee der Akkreditierung ist gut –
die Umsetzung bleibt optimierbar
Das bundesweite, standardisierte Verfahren der externen Begutachtung von
Studiengängen steht seit dem Start unter keinem guten Stern: Vermischt mit den
Antipathien gegen die Bologna-Reform und die W-Besoldung verstummt bis heute
die Kritik an der Akkreditierung nicht. Die Autorin fordert eine sachliche Betrachtung.
| Von Prof. Dr. Beatrice Dernbach

                                                Der Akkreditierungsprozess sollte nicht      Betrachtung des Akkreditierungssystems
                                                emotionalisiert werden, sondern sachlich     nicht emotional getrieben zu pauschali-
                                                analysiert. Zu Beginn der 2000er-Jahre       sieren, sondern genauer hinzusehen. Und
                                                ist vieles zusammengekommen: Im Juni         vor allem: nicht zurücklehnen, die Politi-
                                                1999 haben die europäischen Bildungs-        ker machen lassen und sie dann kritisie-
                                                minister im italienischen Bologna verein-    ren, sondern aktiv mitgestalten!
                  Foto: privat

                                                bart, einen gemeinsamen Bildungsraum
                                                zu schaffen, in dem Hochschulabschlüs-          Der Akkreditierungsprozess beruht
                                                se als gleichwertig anerkannt werden         auf einem Beschluss der Kultusminister-
            Prof. Dr. Beatrice Dernbach         sollen (siehe Bologna-Deklaration 1999).     konferenz vom 3. Dezember 1998 zur
                                                Damit hat die Begutachtung der Studi-        „Einführung eines Akkreditierungsver-
                 Professorin für Journalistik   engänge mit externen Experten ab 2003        fahrens für Bachelor-/Bakkalaureus- und
                                                in Deutschland an Fahrt aufgenommen.         Master-/Magisterstudiengänge“ (KMK
Studiengang Technikjournalismus/Technik-PR      Gleichzeitig wurde die Besoldung der         1998). Zwei weitere wesentliche Säulen
   Technische Hochschule Georg Simon Ohm        Professorinnen und Professoren von der       sind das „Gesetz zur Errichtung einer Stif-
                             Keßlerplatz 12     C- in die W-Struktur ab 2005 überführt.      tung zur Akkreditierung von Studiengän-
                           90489 Nürnberg       Dies alles waren Veränderungen, die per      gen in Deutschland“ (Akkreditierungs-
                                                Beschluss von den politischen Akteuren       rat 2005) und die „Ländergemeinsamen
        beatrice.dernbach@th-nuernberg.de       ohne Kommunikation mit den Beteilig-         Strukturvorgaben für die Akkreditierung
                                                ten eingeführt und umgesetzt worden          von Bachelor- und Masterstudiengän-
                                                sind – was nicht gerade zu ihrer Akzeptanz   gen“ (Akkreditierungsrat 2010). In den
                                                beigetragen hat. Im Gegenteil: Bis heute     Bundesländern gibt es jeweils in den
                                                gehört es offensichtlich zum guten Ton       Landeshochschulgesetzen weitere Vorga-
                                                deutscher Professoren, Bologna-Reform        ben. Bis dato fehlte eine bundeseinheit-
                                                und „Zwangsakkreditierung“ in einen          liche Regelung, die in diesem Jahr in Form
                                                Topf zu werfen, im besten Fall kritisch zu   eines Staatsvertrags eingeführt werden
                                                sehen oder im schlimmsten Fall schlecht-     soll. Auslöser dafür war ein Gerichtsver-
                                                zureden. Die Standardkritikpunkte lauten:    fahren in Nordrhein-Westfalen: Einer
                                                Eingriff in die Autonomie der Hochschu-      privaten Hochschule wurde die Akkre-
                                                len und in die Freiheit von Forschung und    ditierung versagt, weshalb diese klagte.
                                                Lehre, ohne nachweisbaren Nutzen und         Ende des Rechtsweges war das Bundes-
                                                dafür viel zu teuer.                         verfassungsgericht. Der Leitsatz des am
                                                                                             17. Februar 2016 gesprochenen Urteils
                                                  In einem können sich Akkreditie-           lautet: „Das Grundrecht der Wissen-
                                                rungsbefürworter und -gegner einig           schaftsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 3 Satz
                                                sein: Was in der föderalen Bundesrepu-       1 Grundgesetz (GG) steht zwar Vorgaben
                                                blik Deutschland von Politikern aller        zur Qualitätssicherung von Studienan-
                                                Couleur an Bildungs- und Hochschul-          geboten grundsätzlich nicht entgegen.
                                                politik vorgeschlagen und beschlossen        Wesentliche Entscheidungen zur Akkre-
                                                wird, ist nicht per se zielführend und       ditierung darf der Gesetzgeber jedoch
                                                geprägt von hoher Qualität. Zu wenig         nicht weitgehend anderen Akteuren über-
                                                wird auf (wissenschaftliche) Experten        lassen, sondern muss sie unter Beachtung
                                                gehört. Es empfiehlt sich jedoch, bei der    der Eigenrationalität der Wissenschaft

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selbst treffen“(1 BvL 8/10). Heißt im juristischen
Laiendeutsch: Die Akkreditierung verstößt nicht
gegen geltendes (Verfassungs-)Recht, muss aber auf
juristischer Basis bundeseinheitlich und eindeutig     „Ein wenig Selbstreflexion und am
geregelt sein und kann nicht dem Akkreditierungsrat
überlassen werden. Dieses Urteil wiederum beschleu-    Ende Selbstkritik statt der immer
nigte den Entwurf eines Staatsvertrages zur Akkredi-
tierung, in dem das eingelöst werden soll, was das     gleichen Schwimmübungen im
höchste deutsche Gericht angemahnt hatte. Die
Vereinbarung sollte seit Dezember 2016 beschlossen     selben Teich können nie schaden.“
sein; aber aufgrund von länderpolitischen Neben-
kriegsschauplätzen verzögerte sich die Einigung bis
zum 16. März 2017. Im Juni 2017 soll der Vertrag
unterzeichnet werden. Mit dieser Entwicklung auf       und ganz wesentlich auf dem sogenannten ECTS-
der rechtlich-politischen Metaebene waren Hoff-        Leitfaden (Europäische Union 2015).
nungen verbunden, die vor allem Professorinnen
und Professoren in dem „Heidelberger Aufruf gegen         Zugegeben: Nicht alles, was auf Papier geschrie-
die Akkreditierung“ initiiert und verbreitet hatten:   ben steht, ist per se gut und umsetzbar. Aber gerade
endlich die „Zwangsakkreditierung“ abzuschaf-          deutsche Hochschullehrerinnen und -lehrer haben
fen (Forschung & Lehre 2016). Auch Matthias-W.         offensichtlich Probleme damit, andere Blickwin-
Stoetzer und Klaus Watzka haben in ihrem Diskus-       kel auszuprobieren. Konkret tun sich zahlreiche
sionsbeitrag in der Ausgabe 1/2017 der DNH die         deutsche Professorinnen und Professoren schwer
externe Evaluierung als „Irrweg“ bezeichnet.           damit, sich auf Diskussionen über ihre Lehre einzu-
                                                       lassen. Das zeigt sich leider ausgesprochen deut-
                                                       lich bei der Frage der Anerkennung andernorts
Der hilfreiche Blick von außen – Selbstreflexion       erbrachter Leistungen. Gehen Studierende freiwil-
kann nicht schaden                                     lig ins Ausland, können sie noch zu selten davon
                                                       ausgehen, dass ihnen die im Ausland erworbenen
Erste Verfahren für die Begutachtung und Zertifi-      Prüfungen als äquivalent von der deutschen Heimat-
zierung von Studienprogrammen gab es schon vor         hochschule anerkannt werden. Die Quote hat sich
der Bologna-Deklaration. Die Grundregeln wurden        zwar verbessert, Deutschland liegt aber immer noch
immer wieder angepasst, vor allem über die Formu-      am Ende der Bologna-Länder (siehe dazu KMK 2015).
lierungen in den Länderstrukturvorgaben. Dies          Ebenso ergeht es denjenigen, die nach einem Bache-
geschah zuletzt sehr eindrücklich vor dem Hinter-      lor-Abschluss für einen Masterstudiengang an eine
grund der Studentenproteste 2009. Der Diskussions-     andere Hochschule wechseln wollen. Die Durch-
prozess, der mit der Akkreditierung ausgelöst worden   lässigkeit des Systems ist vor allem für Absolventen
ist, muss als konstruktiv bezeichnet werden, denn      von Fachhochschulen (neudeutsch: Hochschulen
er ermöglichte eine umfassende Beobachtung und         für Angewandte Wissenschaften) teilweise proble-
Reflexion des deutschen Hochschulsystems. Wer hat      matisch bis unmöglich. Gleichwohl es keinen Unter-
sich früher Gedanken über Ausbildungs- und Lern-       schied mehr zwischen universitären und FH-Program-
ziele von Studiengängen gemacht? Wer hat über die      men geben sollte – da alles in der allgemeingültigen
Inhalte und den Arbeitsaufwand einzelner Seminare      Währung des European Credit Transfer Systems
diskutiert? Welcher Professor hat von außen auf        (ECTS) gewertet wird-, sind vielfach in den Zulas-
das gucken lassen, was er seit vielen Jahren routi-    sungsordnungen der Universitäten Bestimmungen zu
nemäßig durchführt? Sicher haben die deutschen         finden, die Bachelorabsolventen der Fachhochschulen
Hochschulen nicht per se ein Qualitätsproblem,         benachteiligen. Pauschal wird den Fachhochschulen
das mittels der Akkreditierung gelöst werden muss      eine stärkere Berufsfeldorientierung zugewiesen als
(vgl. Stoetzer/Watzka 2017, S. 27). Aber ein wenig     den Universitäten (vor allem wegen des integrierten
Selbstreflexion und am Ende Selbstkritik statt der     Praxissemesters).Viele Arbeitgeber, auch staatliche
immer gleichen Schwimmübungen im selben Teich          Behörden, legen noch immer Wert auf diesen feinen
können nie schaden.                                    Unterschied bzw. belohnen nicht die größere Praxis-
                                                       erfahrung der Bachelor- oder Masterabsolventen von
  Die zugrunde liegenden Kriterien, wie Qualität       FHs – im Gegenteil, sie werden in der Regel niedriger,
des Curriculums, studierendenorientierte Lernziele,    also schlechter eingestuft als die von Universitäten.
Studierbarkeit, Kompetenzorientierung, Mobilität,
Geschlechtergerechtigkeit, sind keine eindimensio-       Es existieren neben der rein quantitativen ECTS-
nalen Marketing-Werkzeuge, um die Studiengänge         Zählung kaum kompetenzorientierte Zulassungs-
attraktiv zu machen, und sie sind auch nicht in        bestimmungen. Diese wären angeblich mit einem
den Büros privatwirtschaftlich organisierter Akkre-    immensen und deshalb zu großen Aufwand verbun-
ditierungsagenturen erfunden worden. Sie basieren      den. Hinzu kommt, dass die vornehmliche Idee der
im Wesentlichen auf dem Europäischen und Deut-         Universitäten offensichtlich weniger ist, mit Master-
schen Qualifikationsrahmen (beide unter BMBF)          angeboten Absolventen anderer Hochschulen zu

DNH 03 | 2017
12 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung

                                                       direkten und indirekten Kosten einer Programmak-
                                                       kreditierung mit rund 69.000 Euro fest. Und das sei
                                                       viel zu viel, erklären die beiden Wirtschaftsprofes-
„Wer [als Gutachter] ein                               soren, angesichts des fehlenden empirischen Nach-
                                                       weises des Nutzens und „des rituellen Schauspiels“,
Akkreditierungsverfahren                               das bei den Vor-Ort-Begehungen im Begutachtungs-
                                                       prozess ablaufe (ebd.). Die faktisch wirkenden Aspekte
als einen Beobachtungs-                                der beiden Autoren, die sie mit vielen anderen Kriti-
                                                       kern teilen, sind eher als Meinungen denn als Tatsa-
und Lernprozess auf hohem                              chen zu interpretieren. Sie basieren auf einer grundle-
                                                       gend negativen Einstellung, nicht nur dem Verfahren
Niveau versteht, kann viel                             selbst, sondern offensichtlich auch den Kollegen
                                                       gegenüber, die sich ehrenamtlich als Gutachter zur
lernen und dies für den                                Verfügung stellen.

eigenen Studiengang                                      Alle in Deutschland bzw. Europa akkreditierten
                                                       Akkreditierungsagenturen sind juristisch als Vereine
auswerten.“                                            oder Stiftungen gegründet. Sie haben keine privat-
                                                       wirtschaftlichen Gewinnmaximierungsinteressen,
                                                       sondern müssen kostendeckend arbeiten. Die Heraus-
                                                       forderung, vor denen die Agenturen bzw. deren Mitar-
locken, sondern die eigene wohlbekannte Klientel       beiter stehen (die übrigens nur den Prozess organi-
zu versorgen – deshalb werden die Hürden möglichst     sieren, aber kein Votum abgeben), ist es, geeignete
hoch und in gewisser Weise inzestuös angelegt. Für     Gutachter zu finden, die sich tagelang mit den Unter-
einen FH-Absolventen ist es bisweilen leichter, an     lagen beschäftigen und vor Ort informieren, um
einer ausländischen Universität zugelassen zu werden   schließlich gegen eine Aufwandsentschädigung in
als an einer nationalen. Das kann so nicht bleiben     Höhe von 450 bis 500 EUR plus Spesen einen Bericht
und wäre auch im Zuge der Zertifizierung änderbar.     zu schreiben. Dieser wird von der Akkreditierungs-
Das allerdings setzt auch den Willen dazu aufseiten    kommission (besetzt mit Expertinnen und Experten
der (universitären) Gutachter voraus.                  aus Universitäten und Fachhochschulen sowie je zwei
                                                       Vertreterinnen und Vertretern aus der Berufspraxis
                                                       und zwei Studierenden) gewürdigt; sie entscheidet auf
Die sinnvolle Tätigkeit der Gutachter                  dieser Grundlage, ob sie die Zertifizierung (mit oder
                                                       ohne Auflagen) ausspricht oder verweigert. Gutachter
All diese eher immateriellen Aspekte werden ausge-     zu finden, ist die eine Herausforderung, die Gutachter
spielt gegen die als gewichtig(er) eingeschätzten      auf ihre verantwortungsvolle Tätigkeit einzustimmen,
ökonomischen Argumente: „Akkreditierungen führen       die zweite. Denn viele Professorinnen und Profes-
zu völlig inakzeptablen Kosten.“ Stoetzer und Watz-    soren glauben meist auch ohne Schulung genau zu
ka (2017, S. 27) stellen am Beispiel Thüringens die    wissen, was zu tun ist. Bisweilen verstehen sich die
                                                                                                                 Foto: Wavebreak Media/123rf.com

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Peer-Reviewer nicht als gut vorbereitete Fragenstel-              einer Akkreditierung an den Hochschulen binden
ler und Berater unter Gleichen, sondern entweder als              zu viel Personal und sind auch deshalb zu aufwen-
Richter über Gut und Schlecht oder als Krähe, die der             dig. Die Unterlagen müssten entschlackt werden;
anderen kein Auge aushacken will. Wer hingegen ein                weniger Prosa, mehr Daten und Fakten in Form des
Akkreditierungsverfahren als einen Beobachtungs-                  Modulhandbuchs, der Prüfungs- und Zulassungs-
und Lernprozess auf hohem (auch durchaus intel-                   ordnung, Statistiken über Zulassungs- und Absol-
lektuellem und wissenschaftlichem) Niveau versteht,               ventenzahlen etc. Die Agenturmitarbeiter müssten
kann viel lernen und dies für den eigenen Studien-                diese Daten entlang eines Leitfadens (auf Basis der
gang auswerten und unter Umständen anwenden –                     Bewertungskriterien) für die Gutachter aufbereiten.
auch mit Blick auf das eigene (Re-)Akkreditierungs-               Der Schwerpunkt sollte auf der Vor-Ort-Begehung
verfahren.                                                        und dem Klären von Fragen liegen. Jeder Professor
                                                                  sollte sich regelmäßig, also häufiger als einmal in
                                                                  seinem Leben als Gutachter engagieren und sich vor
Fazit: Alle Beteiligten müssen Verantwortung über-                dem ersten Mal schlaumachen über das, was auf ihn
nehmen!                                                           zukommt und was in seiner Verantwortung liegt. Es
                                                                  ist immer leichter, sich außerhalb des Kreises aufzu-
Akkreditierung ist zwar ein von der Politik initi-                stellen und das, was in ihm passiert, zu kritisieren.
iertes und gesteuertes Projekt; sie muss dafür den                Wesentlich aufwendiger ist es, sich einzugliedern und
rechtlichen Rahmen formulieren. Den Prozess gestal-               mitzumachen. Das kostet die eigene Zeit und die eige-
ten aber die Hochschulen (zum Beispiel über die                   nen Nerven – Kosten und Nutzen sind dabei nicht
Mitgliedschaft in den Vereinen als Dächer der Akkre-              in Euro aufzurechnen. Denn wer misst und bewer-
ditierungsagenturen sowie die Hochschulrektoren-                  tet den Erfahrungsgewinn?
konferenz) und die an den Hochschulen tätigen
Wissenschaftler selbst. Aber nicht nur die sind am                  Die Zukunft wird nicht in der Programm-, sondern
Verfahren beteiligt, sondern auch Studierende und                 in der Systemakkreditierung liegen. Hier organisie-
Experten aus der Berufswelt. Sie alle sollten sich nicht          ren und verantworten die Hochschulen selbst ihr
aus der Affäre ziehen, sondern Verantwortung über-                Qualitätsmanagementsystem. Agenturen zertifizie-
nehmen.                                                           ren diesen Prozess einmalig, dann müssen die Insti-
                                                                  tutionen selbst sicherstellen, dass ihr Studienange-
  Wie alle Prozesse sind auch die Akkreditierungs-                bot den Qualitätsstandards entspricht. Der Blick von
verfahren optimierbar: Vorlauf und Vorbereitung                   außen entfällt. Ob das nur Vorteile hat?

  Literatur
  Akkreditierungsrat (2005): Gesetz zur Errichtung einer Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland. 2005.
    www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/AR/Beschluesse/ASG_Stiftungsgesetz.pdf – Abruf am 30.03.2017.

  Akkreditierungsrat (2010): Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudien-
    gängen vom 10.10.2003 i. d. F. vom 04.02.2010. www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/KMK/Vorgaben/
    KMK_Laendergemeinsame_Strukturvorgaben_aktuell.pdf – Abruf am 30.03.2017.

  Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): DQR und EQR. www.dqr.de/content/2323.php – Abruf am 20.04.2017.

  Bundesverfassungsgericht (2017): Wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung von Studiengängen muss der Gesetzge-
     ber selbst treffen. Pressemitteilung zum Urteil vom 17.02.2017. www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Presse-
     mitteilungen/DE/2016/bvg16-015.html – Abruf am 18.04.2017.

  Der Europäische Hochschulraum. Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister, 19. Juni 1999 (Bologna-Erklä-
     rung): Bologna. www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-03-Studium/02-03-01-Studium-Studienreform/
     Bologna_Dokumente/Bologna_1999.pdf – Abruf am 18.04.2017.

  Europäische Union: ECTS-Leitfaden. https://ec.europa.eu/education/ects/users-guide/docs/ects-users-guide_de.pdf. doi:
     10.2766/87169 – Abruf am 20.04.2017.

  Kultusministerkonferenz (1998): Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/Magis-
     terstudiengänge. 1998. www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/1998/1998_12_03-Bache-
     lor-Master-Akkred.pdf – Abruf am 18.04.2017.

  Kultusministerkonferenz (2015): Die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2012–2015. www.kmk.org/fileadmin/
     Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2015/2015_02_12-NationalerBericht_Umsetzung_BolognaProzess.pdf –
     Abruf am 20.04.2017.

  Professoren wehren sich gegen das „Akkreditierungsunwesen“. In Forschung & Lehre. 06.06.2016. www.forschung-und-
     lehre.de/wordpress/?p=21256 – Abruf am 18.04.2017.

  Stoetzer, Matthias-W.; Watzka, Klaus: Irrweg Zwangsakkreditierung – ein Diskussionsbeitrag. In: DNH Nr. 1/2017, S. 26–29.

DNH 03 | 2017
14 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung

Systemakkreditierung – als Chance
für die Hochschulentwicklung
Während die einen noch gegen die (Programm-)Akkreditierung wettern, sind die
anderen längst dabei, die Gestaltungsspielräume in der Systemakkreditierung für die
Entwicklung ihrer Hochschule zu nutzen. | Von Dr. Sibylle Jakubowicz

                                                   Der Beschluss des Bundesverfassungsge-       eine plausible und zielführende Weiter-
                                                   richts vom 17. Februar 2016 zur Akkre-       entwicklung an – und dies betrifft alle
                                                   ditierung von Studiengängen hat in           Hochschularten.
                                                   der medialen Öffentlichkeit zahlreiche
                                                   scharfe Forderungen nach der Abschaf-           Diese Entwicklung war so nicht vorher-
                                                   fung der Akkreditierung insgesamt nach       zusehen. Als die Systemakkreditierung
                  Foto: evalag

                                                   sich gezogen. Dies ist insofern überra-      im Mai 2007 durch einen Beschluss des
                                                   schend, als der Beschluss des Bundesver-     Akkreditierungsrates als Alternative zur
                                                   fassungsgerichts explizit feststellt, dass   Programmakkreditierung und zunächst
                  Dr. Sibylle Jakubowicz           das Grundrecht der Wissenschaftsfrei-        probeweise eingeführt wurde, schien sie
                                                   heit Vorgaben zur Qualitätssicherung         nur eine Option für die „Großen“ zu sein.
   Stellv. Stiftungsvorstand und Leiterin der      von Studiengängen grundsätzlich nicht        Aber erstmals gab es nun eine Möglich-
            Abteilung Qualitätsmanagement          entgegensteht. Es bleibt letztlich unklar,   keit, die es den Hochschulen erlaubte,
                                                   auf welche rechtliche Basis sich die Hoff-   ihre Studiengänge selbst zu akkreditie-
                                  evalag           nungen auf die völlige Abschaffung der       ren. Allerdings setzt die Systemakkre-
  (Evaluationsagentur Baden-Württemberg)           Akkreditierung eigentlich gründen.           ditierung ein funktionierendes Quali-
                                                   Außerdem täuscht der durch die akkre-        tätsmanagementsystem voraus und das
                                       M7, 9a-10   ditierungskritische Berichterstattung        kostet Ressourcen. Nicht zuletzt deshalb
                                 68161 Mannheim    vermittelte Eindruck, bundesweit seien       interessierten sich 2007/2008 die ersten
                                                   alle Hochschulen und ihre Lehrenden          Hochschulen für Angewandte Wissen-
                                                   grundsätzliche Akkreditierungsgegner.        schaften/Fachhochschulen nur hinter
                                                   In der Beratungspraxis vor Ort, d. h. in     vorgehaltener Hand für die neue Akkre-
                                                   den Hochschulen, zeigt sich vielmehr         ditierungsform, unschlüssig darüber, ob
                                                   ein deutlich differenzierteres Bild. Viele   sie überhaupt die Kriterien der System-
                                                   Hochschulen bzw. Hochschulmitglieder         akkreditierung erfüllen und die erforder-
                                                   haben sich nicht nur mit der Akkreditie-     lichen Personalmittel für ein dauerhaftes
                                                   rung arrangiert, sondern erkennen neben      hochschulinternes Qualitätsmanage-
                                                   – zweifellos vorhandenen Defiziten – auch    ment aufbringen konnten.
                                                   deren Mehrwert. Der äußere Zwang der
                                                   Akkreditierung hat vielerorts die Bedürf-      Inzwischen, im Jahr 2017, sind mehr
                                                   nisse der Studierenden stärker in das        als 50 Hochschulen bundesweit system-
                                                   Bewusstsein der Hochschulen gerückt.         akkreditiert. Schätzungsweise weitere 30
                                                                                                Hochschulen befinden sich im laufenden
                                                      So wird im Jahr 2017 in vielen Hoch-      Verfahren. Darunter sind sowohl Univer-
                                                   schulen weniger über die grundsätzliche      sitäten als auch zahlreiche Hochschu-
                                                   Sinnhaftigkeit der Akkreditierung disku-     len für Angewandte Wissenschaften/
                                                   tiert als vielmehr über die Frage, welchen   Fachhochschulen zu finden. Auch die
                                                   Nutzen die jeweilige Hochschule aus der      erste Musikhochschule und die ersten
                                                   Akkreditierung ziehen kann. Dabei sehen      Pädagogischen Hochschulen haben sich
                                                   viele Hochschulen den Schritt von der        dem Verfahren der Systemakkreditierung
                                                   Programm- zur Systemakkreditierung als       gestellt.

                                                                                                                             03 | 2017 DNH
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                                                                         STRUK
evalag (Evaluationsagentur Baden-Württemberg) hat
seit 2008 etwa 40 Hochschulen in der Entscheidungs-

                                                                                                      TU
findung zur Systemakkreditierung, der Vorbereitung
auf und der Durchführung des Verfahrens der System-
akkreditierung beraten bzw. berät aktuell. Nicht alle
beratenen Hochschulen haben sich letztlich für die
Systemakkreditierung entschieden – aber die meisten.
Von dieser Beratungserfahrung ausgehend sollen im

                                                                                                               R
Folgenden drei ausgewählte Aspekte der Systemak-

                                                                                                                        Foto: Wavebreak Media/123rf.com
kreditierung und deren Umsetzung durch system-
akkreditierte Hochschulen skizziert werden, um zum
einen häufige Missverständnisse bezüglich der Anfor-
derungen der Systemakkreditierung auszuräumen
und zum anderen die Gestaltungsspielräume der
Hochschulen in den Fokus zu rücken.

Zuständigkeit für die Qualitätssicherung und
-entwicklung der Studiengänge

Die Motive, aus denen sich Hochschulen für die          „Zur Erfüllung der Kriterien der
Systemakkreditierung interessieren, sind vielfältig.
Zu ihnen zählen politischer Druck des zuständigen       Systemakkreditierung kann und
Ministeriums, der Vergleich mit konkurrierenden
Hochschulen („wenn die das können, können wir           darf auf den Diskurs mit Externen
das auch“), der Wunsch, nicht mehr programm-
akkreditieren zu müssen, die Einschätzung, dass         nicht verzichtet werden.“
(weitere) Programm(re)akkreditierungen der Hoch-
schule keinen Mehrwert bringen, oder das Ziel, die
Organisationsentwicklung der Hochschule mithilfe
der Systemakkreditierung voranzubringen.

   Je nach Ausgangsmotivation der Hochschule bzw.       Informationen leisten. Denn nur die Lehrenden des
jedes einzelnen Hochschulmitglieds verknüpft sich       Studiengangs haben auch die erforderliche Fachkom-
mit der Systemakkreditierung nicht selten entweder      petenz, um Daten und Rückmeldungen hinsichtlich
die Hoffnung oder auch die Furcht, die Studiengän-      ihrer Bedeutung für den Studiengang zielführend zu
ge hätten fortan nichts mehr mit der Akkreditierung     interpretieren. Wenn Studiengänge also – und dies
zu tun, da nur die Hochschule insgesamt akkredi-        ganz zu recht – nicht fremdbestimmt, sondern im
tiert werde und dies die alleinige Angelegenheit der    fachspezifischen Kontext bewertet werden wollen,
Hochschulleitung und der zentralen Einheiten sei.       dann dürfen sie die Verantwortung für die Quali-
                                                        tätssicherung nicht von sich weisen.
   Das ist jedoch ein Missverständnis. Im Verfah-
ren der Systemakkreditierung werden die für Lehre
und Studium relevanten Strukturen und Prozesse          Umsetzung der geforderten externen Evaluation
der Hochschule daraufhin überprüft, ob sie dazu
geeignet sind, das Erreichen der Qualifikationsziele    Die Programmakkreditierung hat – dies ist unstrit-
der Studiengänge sicherzustellen sowie die Quali-       tig – immanente Schwächen, die sich in einzel-
tätsstandards der Studiengänge zu gewährleisten.        nen Verfahren und Entscheidungen unterschiedlich
Das bedeutet, der Hauptfokus der Systemakkredi-         bemerkbar machen: Zum einen hängen Peer-Reviews
tierung liegt auf der systematischen Weiterentwick-     stets stark von der Fachlichkeit und den Verhaltens-
lung bestehender Studiengänge unter Einbeziehung        weisen der beteiligten Persönlichkeiten ab. Zum
aller relevanten Statusgruppen.                         anderen können die in den Akkreditierungskrite-
                                                        rien angelegten Interpretationsspielräume und das
  Dabei umfasst die Weiterentwicklung von Studien-      zweistufige Entscheidungssystem (Gutachtergrup-
gängen keineswegs nur die Sammlung und Auswer-          pe und anschließend Akkreditierungskommission
tung von Daten, sondern vielmehr eine kontext-          der Agentur) statt zur angestrebten Einheitlichkeit
bezogene Analyse. Die Lehrenden des jeweiligen          und übergreifenden Vergleichbarkeit von Akkredi-
Studiengangs müssen diese Analyse auf der Basis aller   tierungsentscheidungen auch zu inkonsistenten und
vorhandenen – zum Teil natürlich von der Zentra-        für die Hochschulen intransparent erscheinenden
le bereitgestellten – qualitativen und quantitativen    Entscheidungen führen.

DNH 03 | 2017
16 Titel: Die Zukunft der Akkreditierung

                                                                                                                  Foto: Le Moal Olivier/123rf.com
„Die formalen Kriterien treten in den Hintergrund und
die Frage, was denn ‚Qualität der Lehre‘ für die
jeweilige Hochschule bedeutet, in den Vordergrund.“
  Sowohl jene, die schon einmal entsprechend              Evaluation deshalb nicht durch ein an der Programm-
schlechte Erfahrungen gemacht haben, als auch             akkreditierung orientiertes Verfahren, sondern entwe-
viele grundsätzliche (Programm-)Akkreditierungs-          der durch regelmäßig tagende Fachbeiräte oder die
kritiker charakterisieren die Bewertung durch exter-      Einbeziehung von Peers in unterschiedlichen Evalu-
ne Gutachter und Akkreditierungskommissionen              ationsformaten.
deshalb als Fremdbestimmung der Hochschulen
und Studiengänge, die überdies nur unnötige Arbeit          Die Fachbeiräte setzen sich dabei normalerweise aus
erzeuge.                                                  Mitgliedern der Wissenschaft und der Berufspraxis
                                                          zusammen. Fachbeiräte können entweder auf Studi-
  Paradoxerweise führen positive Erfahrungen mit          engangs- oder Fakultätsebene angesiedelt sein. In
der Programmakkreditierung aber nicht unbedingt           vielen Hochschulen wird diese Entscheidung von
zu einer aufgeschlossenen Haltung gegenüber der           den Fakultäten getroffen. Bei der Einbeziehung von
Systemakkreditierung. Hier erliegen manche dem            Peers reicht das Spektrum von Verfahren, die mehr
Missverständnis, dass die Systemakkreditierung den        oder weniger an das klassische Peer-Review ange-
Verzicht auf den in der Programmakkreditierung            lehnt sind, aber mit Gutachtergruppen aus exter-
eingeübten und als gewinnbringend empfundenen             nen und internen Mitgliedern arbeiten, über Work-
Austausch mit externen Fachkolleginnen und Fach-          shop-Formate bis zur Einbeziehung von Externen in
kollegen mit sich bringen könnte.                         interne Gremien.

  Fakt ist aber das Gegenteil. Zur Erfüllung der Krite-      Bei aller Gestaltungsfreiheit in der Umsetzung
rien der Systemakkreditierung kann und darf auf           der externen Evaluation ist hochschulintern aber
diesen Diskurs mit Externen gar nicht verzichtet          immer zu klären, wer das Vorschlagsrecht für die
werden. Er findet allerdings in veränderter Form statt,   externen Peers/Fachbeiratsmitglieder hat, wer sie
und zwar als eine von der Hochschule selbst verant-       bestellt und wie die Unbefangenheit der Peers/Fach-
wortete und ausgestaltete Evaluation, die der Einbin-     beiratsmitglieder überprüft wird. Es bietet sich an,
dung externer Fachexpertise dient. Dabei ist vielen       das Vorschlagsrecht bei den Studiengängen/Fakul-
Hochschulen die oben skizzierte Konfliktlage um           täten zu belassen, z. B. formalisiert durch einen
Peers, Kriterien und Entscheidungsprozesse durchaus       Fakultätsratsbeschluss, und die Bestellung durch
bewusst und sie versuchen daher Formate zu finden,        die Hochschulleitung vorzunehmen. Die Kriterien
die eine Diskussion mit den Externen auf Augen-           zur dringend empfohlenen Überprüfung der Unbe-
höhe zulassen. Die meisten systemakkreditierten           fangenheit sollte die Hochschule selbst – in Anleh-
Hochschulen für Angewandte Wissenschaften/Fach-           nung an das gewählte Format – festlegen. Weiterhin
hochschulen erfüllen die Forderung nach externer          ist zu entschieden, in welchem Turnus die Sitzungen/

                                                                                                                                                    03 | 2017 DNH
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