EINBLICK GEMEINDEBRIEF DER EVANGELISCHEN KIRCHENGEMEINDE BRILON - SEPTEMBER BIS NOVEMBER 2020 THEMA: ICH MEINE, ALSO BIN ICH - EKVW

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EINBLICK GEMEINDEBRIEF DER EVANGELISCHEN KIRCHENGEMEINDE BRILON - SEPTEMBER BIS NOVEMBER 2020 THEMA: ICH MEINE, ALSO BIN ICH - EKVW
EinBlick
Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Brilon

September bis November 2020 Thema: Ich meine, also bin ich
EINBLICK GEMEINDEBRIEF DER EVANGELISCHEN KIRCHENGEMEINDE BRILON - SEPTEMBER BIS NOVEMBER 2020 THEMA: ICH MEINE, ALSO BIN ICH - EKVW
2 EinBlick
  In eigener Sache
  Um Verständnis bitten wir, weil nicht immer alle Gemeindebriefe ihr Ziel erreichen. Die Ge-
  meindegliederdaten, die uns von einer zentralen Stelle übermittelt werden, sind leider nicht
  immer auf dem aktuellen Stand. Mit Hilfe der ehrenamtlichen Verteiler*innen, die „ihre“
  Haushalte kennen, können wir einige, aber leider nicht alle, Probleme spontan lösen. Des-
  halb bitten wir Sie herzlich: Sollten Sie Menschen kennen, die evangelisch sind und keinen
  EinBlick erhalten, ermutigen Sie sie, im Gemeindebüro anzurufen.

  Datenschutz
  Im EinBlick werden regelmäßig Seniorengeburtstage, die 18. Geburtstage sowie kirchliche
  Amtshandlungen von Gemeindegliedern veröffentlicht. Sofern Sie mit der Veröffentlichung
  Ihrer Daten nicht einverstanden sind, können Sie Ihren Widerspruch schriftlich im Gemein-
  debüro an der Kreuziger Mauer 2 oder direkt bei Pfarrer Müller erklären.
  Wir bitten, diesen Widerspruch möglichst frühzeitig, also vor dem Redaktionsschluss zu
  erklären, da ansonsten die Berücksichtigung Ihres Wunsches nicht garantiert werden kann.
  Bitte teilen Sie uns auch mit, ob dieser Widerspruch nur einmalig oder dauerhaft zu beach-
  ten ist.

  Danke
  Eine weitere großzügige Spende für die Renovierung der Stadtkirche hat uns erreicht und
  sehr gefreut.
  Danke sagen wir auch für weitere folgende Spenden:
  Diakonie Sommersammlung 845 €
  Diakonie eigene Gemeinde 70 €
  Renovierung Kirchturm – Stadtkirche 520 €
  Gemeindebrief 200 €
  Café International /Flüchtlingsarbeit 30 €
  Mosaik 20 €
  GemeindeSchwester 20 €
  Klimafreundlicher Urlaub 120 €
  Kirchliche Umweltarbeit 10 €

  Impressum
  Die Gemeindenachrichten werden im Auftrag der Evange-
  lischen Kirchengemeinde Brilon, Kreuziger Mauer 2, 59929
  Brilon herausgegeben.
  VisdP: Pfarrer Rainer Müller
  Redaktionsteam: J. Fiebich, H. Fritz, R. Müller, A. Neuberger,
  S. Paschkewitz, R. Plauth, B. Prolingheuer, S. Rampler,
  I. Reupke, M. Rudolph
  Layout: B. Strenger
  Redaktionsschluss des nächsten Gemeindebriefs:
  31.10.2020
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Editorial
Aus dem Inhalt
Seite                                                   Liebe Leser*innen,
 2 Verschiedenes in eigener Sache                       Haben Sie sich eigentlich schon
 2 Impressum                                            mal unser Logo angeschaut? Wis-
 3 Editorial                                            sen Sie, wer hinter den Figuren
4 Der Mythos von Narziss                                steckt, die dort abgebildet sind?
 5 Narzissmus - eine Glosse                             In diesem Gemeindebrief begin-
 6 Rassismus - ein gesellschaftliches Konstrukt         nen wir das Geheimnis zu lüften.
 7 Wir sind Wir                                         Wir Menschen sind Geschich-
 8 Verschwörungstheorien                                tenerzähler. Große Geschichten,
10 Wahrheit                                             kleine Geschichten des Alltags,
11 Persönliche Begegnungen in schwierigen               Geschichten, in denen wir die
   (Corona) Zeiten                                      Helden, andere Geschichten, in
14 Kinderseite                                          denen wir die Opfer sind. Beim
15 Rezept                                               Erfinden und Erzählen unserer
16 Gottesdienst erleben                                 Geschichten hilft uns unsere Er-
17 Andacht                                              innerung. Nur, dass wir uns gar
18 Predigtplan                                          nicht so gut darauf verlassen
19 Gottesdienst aktuell                                 können. Forscher haben heraus-
20-26 Gemeindeleben                                     gefunden, wie sehr unsere Erin-
27 Breylske Trolls-Saga, Teil 1                         nerungen beeinflusst werden und
31-34 Gruppen und Kreise                                darum nicht unbedingt immer
36 Informationen auf einen Blick                        den ursprünglichen Tatsachen
                                                        entsprechen. Unser Gehirn insze-
                                                        niert und konstruiert die Erinne-
                                                        rungsstücke zu Geschichten, im
                   Homepage
                                                        Laufe der Lebensjahre auch gerne
 Unter kirche-brilon.de finden Sie Berichte über        immer wieder etwas anders. Ein-
 Veranstaltungen aus den letzten Monaten und
                                                        zelne Erinnerungen bekommen
 Hinweise auf aktuelle Ereignisse. Außerdem fin-
                                                        eine größere Bedeutung, andere
 den Sie Informationen über alles, was Sie zur
 Vorbereitung von Taufen, Trauungen und Beer-           geraten in den Hintergrund.
 digungen brauchen, wichtige Adressen, die Got-         Beim Durchblättern des Gemein-
 tesdiensttermine und Beschreibungen unserer            debriefes werden Sie die eine oder
 Gemeindeangebote.                                      andere interessante Entdeckung
                                                        machen können zu Selbstbespie-
        Das Motiv auf der Vorderseite:                  gelung, Ausgrenzung, Menschen-
„Richtungsgugger“ von Wolfgang Pietschmann.             und Weltbildern. Darüber hinaus
Mit mächtigen dreieinhalb Tonnen Gewicht weist          gibt es einige Neuigkeiten aus
der „Richtungsgugger“ mit seiner Nase exakt in          dem Gemeindeleben, Termine und
Richtung Norden. Er ist Teil der Landartausstellung     Hinweise, Rätsel und ein Rezept.
„NaturKunstRaum“ auf der Neubürg. Diese vereint         Viel Vergnügen beim Lesen und
auf einem kurzen Rundweg Kunstwerke internati-          Nachdenken und eine schöne
onaler Künstler mit einer einzigartigen Landschaft      Herbstzeit.
und einem herrlichen Ausblick über die Fränkische
Schweiz bis hin zum Fichtelgebirge. Foto: B. Strenger   Ihr Pfarrer Rainer Müller
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4 EinBlick
                          Der Mythos von Narziss

                                         Narziss ist in der griechischen Mythologie der schöne
                                         Sohn des Flussgottes Kephissos und der Leiriope, der
                                         die Liebe anderer zurückwies und sich in sein eigenes
                                         Spiegelbild verliebte.
                                         In Thespiai hatte der Flussgott Kephissos die Wasser-
                                         nymphe Leiriope vergewaltigt und geschwängert, wo-
                                         rauf Narziss geboren wurde, dem der Seher Teiresias
                                         nur dann ein langes Leben voraussagte, sollte er sich
                                         nicht selbst erkennen.
                                         Er wurde von Jünglingen und Mädchen gleicherma-
                                         ßen umworben, war aber von trotzigem Stolz auf sei-
                                         ne eigene Schönheit erfüllt und wies all seine Verehrer
                                         und Verehrerinnen herzlos zurück. Diese Kränkung
                                         widerfuhr auch der Bergnymphe Echo und dem Be-
                                         werber Ameinias, dem Narziss ein Schwert zukom-
             Narziss, Ölgemälde von      men ließ. Zwar brachte sich Ameinias noch auf der
   Caravaggio, 1594–1596, Galleria       Türschwelle mit dem erhaltenen Schwert um, nicht
       Nazionale d’Arte Antica, Rom
                                         aber ohne zuvor die Götter anzurufen, seinen Tod zu
  rächen. Nemesis (bzw. Aphrodite) hörte die Bitte und strafte Narziss mit unstillbarer Selbst-
  liebe: Als er sich in einer Wasserquelle sah, verliebte er sich in sein eigenes Spiegelbild ohne
  zu erkennen, dass es er selbst war, den er sah.
  Der Dichter Ovid erzählt weiter: Narziss erkannte die Unerfüllbarkeit seiner Liebe, ohne dass
  es ihm etwas nützte: Er verzehrte sich und verschmachtete vor seinem Ebenbild bis zum
  Tod. Seine letzten Worte wiederholte Echo: „Ach, du hoffnungslos geliebter Knabe, lebe
  wohl!“ Statt seines Leichnams fanden die Dryaden eine Narzisse. (Quelle: Wikipedia)
                                                                                   Rainer Müller

   Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeit
   haben ein extremes Bedürfnis nach Aufmerksam-
   keit, Anerkennung und Bewunderung. Oft stechen
   sie durch Arroganz und Selbstidealisierung hervor.
   Kritik ertragen sie nicht und Misserfolg kann sie
   in schwere Krisen stürzen. Narzisstische Personen
   haben jedoch Schwierigkeiten sich in andere Men-
   schen hineinzuversetzen. Anderen gegenüber ver-
   halten sie sich oft herablassend. Der Umgang mit
   Narzissten ist daher sehr herausfordernd.

   Quelle: https://www.netdoktor.de/krankheiten/
   narzisstische-persoenlichkeitsstoerung
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Schwerpunktthema: Ich meine, also bin ich

                        Narzissmus – eine Glosse
Wenn Narziss heute leben würde, hätte er vermutlich seine helle Freude. Er bräuchte
nicht ständig zur Quelle der Nymphe zu gehen und auf die ruhige Wasseroberfläche zur
Selbstbespiegelung zu warten. Ein gutes Smartphone in der Hand tut es auch. Niemand
könnte ihn bei der selbstverliebten Betrachtung seines Gesichtes stören, keiner der Göt-
ter könnte mit einem Fingerzeig die Wasserfläche stören und den Jüngling in Verzweif-
lung stürzen. Die Möglichkeit, zu jeder Zeit und an jedem Ort Selfies zu produzieren und
diese mit Hilfe der entsprechenden Bearbeitungsprogramme nach eigenen Wünschen
zu optimieren, bestätigt immer wieder das Wunschbild, das man gerne von sich hätte.
Selbst verfremdete und mit lustigen Veränderungen gestaltete Selfies – sobald sie im
Netz hochgeladen sind, können sie der Selbstbestätigung dienen, wenn sie die entspre-
chenden Likes erhalten.
Macht man aus der Selbstverliebtheit ein Geschäftsmodell, wird aus dem Narzissten -
schwuppdiwupp - ein Influencer. Man teilt sein Leben, das man sowieso lebt, wirbt für
Produkte, die man sowieso nutzt, und weil genügend andere sich daran orientieren,
wie der um sich selbst kreisende Narzisst lebt, kann man davon eventuell sogar seinen
Lebensunterhalt bestreiten. Die kommunikativen Einbahnstraßen und sich selbst erhal-
tenden Werteblasen stabilisieren diese Modelle.
Die unendliche Weite des Internets lädt geradezu zu einer Ausbildung narzisstisch ge-
prägter Persönlichkeitsstrukturen ein. Der Narziss der griechischen Sage würde heute
auf eine Vielzahl seinesgleichen treffen. Wäre das ein Problem? Vermutlich nicht, solange
es für jeden genügend Follower als Publikum gibt, denn das ist der seelische Brennstoff,
den der Narzisst für sein Wohlbefinden braucht. Denn darum, um sein eigenes Wohl-
befinden geht es ihm, alles um ihn herum interessiert ihn weniger, außer es könnte als
Bühne für seine Selbstdarstellung dienen.
Allerdings ist nicht jedes narzisstische Verhaltensmuster gleich als psychische Erkran-
kung einzustufen. Jeder von uns hat seine persönliche Mackenstruktur, die man dem ei-
nen oder anderen psychotherapeutischen Fachbegriff zuordnen könnte. Erst wenn man
sich selbst schadet und seinen eigenen Alltag nicht mehr bewältigt bekommt oder in
den Beziehungen zu den Mitmenschen ständig in destruktive Konflikte gerät und sich
damit das Persönlichkeitsmuster in eine dramatische Intensität verschiebt, sollte man mit
dem Begriff der Erkrankung arbeiten.
Übrigens, würden unsere beiden Katzen diesen Text lesen, könnten sie auf den Gedan-
ken kommen, ich hätte von ihnen geschrieben. Abgesehen von der Verwendung der
Smartphones, versteht sich.
                                                                           Rainer Müller

Das Vergleichen ist das Ende des Glücks
und der Anfang der Unzufriedenheit.
 Soren Aabye Kierkegaard (1813 - 1855)
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6 EinBlick

    Rassismus – ein gesellschaftliches Konstrukt
  Die Debatte um die Verwendung des Begriffs „Rasse“ in der aktuellen Rassismusdebatte
  ist gar nicht so neu, wie sie scheint. In einem Beitrag für die Heinrich-Böll-Stiftung aus
  dem Jahr 2008 zitiert der Autor Hendrik Cremer die EU-Richtlinie „zur Anwendung des
  Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft“ aus
  dem Jahre 2000. Dort heißt es: „Die Europäische Union weist Theorien, mit denen versucht
  wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, zurück.“ (Hendrik Cremer,
  Zur Problematik des Begriffs „Rasse“ in der Gesetzgebung, https://heimatkunde.boell.de/
  de/2008/11/18/zur-problematik-des-begriffs-rasse-der-gesetzgebung)

  2007 veröffentlichte der Biologe Craig Venter die Entzifferung des menschlichen Genoms
  und erklärte: „Der menschliche genetische Code bestimmt keine Rasse. Die ist ein rein ge-
  sellschaftliches Konstrukt.“ (A. Widmann, Von weißen Kosmopoliten…. , Frankfurter Rund-
  schau, 10.7.2020).

  Die Verwendung des Begriffs Rasse dient der Klärung der eigenen Identität durch Abgren-
  zung von dem, was anders ist. Diese Art der Identitätssuche macht sich stets fest an der
  Wahrnehmung von Unterschieden, Unterschiede in der Hautfarbe, der Gestalt, des Ver-
  haltens u.a.m. Welche Unterschiede wir aber wahrnehmen, ist selbst wieder ein gesell-
  schaftliches Konstrukt. So setzt sich um 1400 vor Chr. jenes Bild vom Schwarzen durch, das
  die westliche Wahrnehmung bis heute bestimmt: dunkle Haut, kurzes gekräuseltes Haar,
  flache Nase, ein Mund mit dicken Lippen. „Rassistisch ist dieser Blick, weil man die Men-
  schen darauf reduziert und glaubt, mit dieser Karikatur den Einzelnen erfasst zu haben.“
  (A.Widmann, a.a.O). Darum ist die Definition der Amadeu-Antonio-Stiftung so zutreffend,
  weil sie den Rassismusbegriff sehr weit fasst: „Wenn Menschen nicht nach ihren indivi-
  duellen Fähigkeiten und Eigenschaften oder danach, was sie persönlich tun, sondern als
  Teil einer vermeintlich homogenen Gruppe beurteilt und abgewertet werden, dann ist das
  Rassismus.“ (A. Widmann, a.a.O.)

  Die Geschichte des Rassismus ist tief verknüpft mit der Geschichte und den Geschäften des
  Kolonialismus. Das damit einhergehende wissenschaftliche Selbstverständnis bestand zu
  einem großen Teil darin, Verschiedenheiten der Menschen zu erkennen, geradezu anzuer-
  kennen. Das bedeutete zugleich mit den Unterschieden auch unterschiedliche Wertschät-
  zungen zu verknüpfen. Selbstverständlich wurde das eigene „Weiße“ in der Wertehierachie
  ganz oben angesiedelt, und damit auch die „Herr“-schaft über die anderen legitimiert.
  Wer sich mit der Geschichte des Rassimus beschäftigt, stellt sehr schnell fest, dass der Ras-
  sismus nicht nur Menschen be- und abwertet, sondern auch Gedanken und Lehrgebäude
  durchdringt. Wer allerdings schnell mit einem „weg mit…“ zur Hand ist, sollte bedenken,
  dass es eine Reinheit der Gedanken ebenso wenig gibt wie die „Reinheit des Blutes“ (A.
  Widmann, a.a.O.). Unser Denken zeigt sich in Widersprüchen und mit dieser Spannung
  müssen wir leben. Der Wunsch nach Eindeutigkeit kann sich, wie die Geschichte an Beispie-
  len aufzeigt, mitunter zu tödlichem Fanatismus steigern. „Wir müssen mit der Unsicherheit
  ständig neuer Ambivalenzen (Mehrdeutigkeiten) leben. Wir sollten anfangen, das zu mö-
  gen. Sonst hören wir nicht auf mit den Mauern und den Säuberungen.“ (A. Widmann, a.a.O.)
                                                                                 Rainer Müller
Schwerpunktthema: Ich meine, also bin ich

Wir sind Wir
von Wilfried Schmickler                                         Wilfried Schmickler
                                                                (* 28. November 1954 in Hit-
Wir sind das Volk!                                              dorf) ist ein deutscher Kaba-
Wer sind Wir denn eigentlich?                                   rettist. Er wurde 2007 mit dem
Wir sind immer noch wir!                                        Deutschen Kabarettpreis und
Ich bin wir und du bist wir und er ist wir und sie ist wir.     im Rahmen des Prix Pantheon
Wir vier sind wir, so ist das hier.                             mit dem Sonderpreis Reif &
Doch die von da und der von da sind nicht von hier und          Bekloppt ausgezeichnet. 2009
nicht wie wir.                                                  wurde er erneut mit dem re-
Denn ich und du und er und sie                                  nommierten Deutschen Klein-
Wir vier sind eben nicht wie die.                               kunstpreis in der Kategorie
Und weder die noch der von da                                   Kabarett bedacht. Anlässlich
kann sein wie wir, das ist doch klar.                           seines 30-jährigen Bühnenju-
Selbst wenn er irgendwann vergisst,                             biläums präsentierte Wilfried
dass er von ganz woanders ist und glaubt,                       Schmickler ab Herbst 2008
er wäre jetzt von hier und wäre jetzt genau wie wir;            sein viertes Soloprogramm
dann geht das nicht!                                            „Es war nicht alles schlecht!.
Weil wir bin ich und wir bist du                                Sein fünftes Soloprogramm
Und er gehört dann nicht dazu!                                  „Weiter“ feierte im Septem-
Und so zu sein wie wir und ich,                                 ber 2010 Premiere. Er absol-
das will er in der Regel nicht.                                 viert rund 120 Live-Auftritte
Und das ist ja auch richtig und unwahrscheinlich wichtig        pro Jahr. Schmickler ist seit
Dass jeder weiß, wer er ist und niemals vergisst,               1992 ständiger Mitwirkender
Dass da da und hier hier                                        der      WDR-Kabarettsendung
Und die die und wir wir,                                        Mitternachtsspitzen. Bekannt
weils stets so war,                                             wurde er vor allem durch
dass die von da und wir halt von hier und zwar alle vier:       den Ausruf „Aufhören, Herr
Ich, du und er und sie.                                         Becker! Aufhören!“, der laut-
Und wären wir wie die, dann wärn wir ja von da                  stark Schmicklers regelmä-
Und daran scheiterts ja:                                        ßigen Schlussmonolog in der
Wär‘n wir von da und die von hier                               Sendung einleitet. Er ist Autor
Dann wär‘n wir die und die wärn wir                             zahlreicher satirischer Radio-
Und wir wüßten nie, wie es ist                                  beiträge und engagiert sich
Dieses wir sein,                                                für soziale Gerechtigkeit. So
dieses ganz und gar hier sein                                   ist er Mitglied im Sozialver-
weil nicht sein darf was nicht sein kann                        band Deutschland (SoVD),
fangen wir’s erst gar nicht an.                                 dessen sozialpolitische Arbeit
Ich bleib ich und du bleibst du                                 er durch Auftritte bei Veran-
Er bleibt er und sie bleibt sie                                 staltungen des SoVD auch un-
Wir vier bleiben wir                                            terstützt.
Und die bleiben die                                             (Quelle: Wikipedia)
Und so bleibt alles irgendwie
Genauso wie es immer war.
Na wunderbar.
8 EinBlick

                   Verschwörungstheorien
  Vorbemerkung: Eigentlich genügen die Verschwörungstheorien nicht dem Anspruch, den
  man an eine Theorie stellen muss, dass sie alle verfügbaren Fakten in nachprüfbarer Weise
  zu einem logischen Gesamtzusammenhang fügt. Darum verwende ich im Folgenden den
  Begriff Verschwörungserzählung:

                                                           Unübersichtliche Zeiten sind
                                                           ein vorzüglicher Nährboden für
                                                           Verschwörungserzählungen. Un-
                                                           übersichtlichkeit und Vielschich-
                                                           tigkeit einer Lage, einer Situa-
                                                           tion, vor allem wenn sie länger
                                                           andauert, erzeugt seelischen
                                                           Stress. Denn wir möchten klare,
                                                           übersichtliche Situationen mit
                                                           einer klaren Verteilung von hell
                                                           und dunkel, gut und böse, meins
                                                           und deins, vertraut und fremd,
                                                           Ursache und Wirkung, Anfang
                    „Klatschschnäbler“ von Ernst Hingerl,  und Ende. Eine klare Zuordnung
             NaturKunstRaum Neubürg, Foto: B. Strenger     in die eine oder andere Katego-
                                                           rie erleichtert die Orientierung.
  So sortiert unser Sehorgan in Verbindung mit unserem Gehirn Eindrücke schnell in fremd
  oder vertraut und versucht, sie bekannten und zur Verfügung stehenden Begriffen und
  Erklärungsmustern zu zuordnen. Gelingt dies nicht, führt das zu Unbehagen, Vorsicht und
  erhöhtem Stresspegel oder im positiven Fall zu neugierigem Verhalten, das bislang Unbe-
  kannte genauer kennenlernen zu wollen und sich begrifflich vertraut zu machen.
  Verschwörungserzählungen sind insofern ein Versuch, den seelischen Stress mit Hilfe die-
  ser Erzählung abzubauen. Denn diese Geschichtskonstruktionen versprechen ein in sich
  stimmiges Erklärungsmodell, um Unübersichtlichkeit und Komplexität in scheinbar einfache
  Erklärungen aufzulösen.

  Der Nährboden jeder Verschwörungserzählung ist das Misstrauen zwischen gesellschaft-
  lichen Gruppen. Dieses Misstrauen steigert sich zu einem Verschwörungsglauben, der da-
  von ausgeht, dass sich eine Gruppe gegen eine andere Gruppe verschworen hat, um ihr
  zu schaden. In den anderen sieht man eine Geheimgesellschaft, der man böse Machen-
  schaften und zerstörerische Ziele unterstellt und sich selbst als die zu schützenden Opfer
  definiert. Dem Gegner werden Macht und Verschlagenheit attestiert, der überall und zu
  jeder Zeit unerkannte Verbrechen verübt. Alles, was diese Ausgangsthese stützt, wird zu
  einer Gesamterzählung zusammengetragen. Was der These widerspricht, wird ignoriert.
  Katastrophen, die irgendwo passieren, werden im Sinne der Erzählung umgedeutet und mit
  der Ausgangsthese in Verbindung gesetzt. (Beispiel: 11. September 2001)
  Grundmotive der Erzählungen sind die Erlangung der Weltherrschaft durch eine Gruppe
  oder eines Einzelnen (z.B. Juden, Freimaurer, Außerirdische, Bill Gates u.a.), die allen anderen
  zu ihrem eigenen Nutzen schaden wollen. Dabei werden Zahlen oder Fakten verwendet,
Schwerpunktthema: Ich meine, also bin ich
die leicht nachprüfbar sind. Nur die Schlussfolgerungen, die aus dem ganzen Zahlen- und
Datenmaterial gezogen werden, sind falsch. Oft deuten die Verschwörungsgeschichten-
erzähler wahre Ereignisse so um, dass sie zur Theorie passen. Dabei gehört es dann zum
beliebten Handwerkszeug, die Wissenschaft in Frage zu stellen und mit Behauptungen an-
zugreifen, die ihnen unterstellt, sie sei von der Geheimgruppe gelenkt, unterwandert oder
bezahlt. Denn die Verschwörungserzählung braucht nur den Anschein von Wirklichkeit.
Aus einigen nachprüfbaren Fakten und vielen erfundenen Behauptungen und Geschichten
werden immer neue Sinnzusammenhänge konstruiert. Ein Liste von unterschiedlichen Ver-
schwörungserzählungen finden Sie unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Verschw%C3%B6rungstheorien

Die Personen, die eine Verschwörungserzählung in die Welt setzen, lassen sich in vier ver-
schiedene Gruppen unterteilen.
1. „Die Verfolgten“: sind oft einsam und haben psychische Auffälligkeiten. Sie werden von
ihren eigenen Vorstellungen am meisten verfolgt und erzielen kaum eine größere Breiten-
wirkung.
2. „Besessene Aufklärer“: haben vermeintlich eine Verschwörung entdeckt und wollen sie
entlarven. Ihr Forum ist das Internet, aber auch durch Buchverlage werden ihre Gedanken
und Deutungsgeschichten veröffentlicht.
3. „Meinungsführer“ bauen mit ihrer Geschichte ein ganzes Weltbild auf und beeinflussen
ihre Gefolgsleute. (Beispiele: siehe Liste bei Wikipedia) Sie erbringen immer neue Hinweise,
um ihre These zu stützen, bleiben aber den letztgültigen Beweis schuldig. Den Wissen-
schaftlern und anderen Gruppen werfen sie vor, ihre Thesen zu ignorieren.
4. „Hexenjäger“, die richtig gefährlich werden können, weil sie große Verfolgungshy-
sterien auslösen können. Paradebeispiel in der Ge-
schichte war der Dominikaner Heinrich Kramer, der              Quelle: https://www.planet-
den sogenannten „Hexenhammer“ verfasste. Wer im                wissen.de/gesellschaft/psy-
16. oder 17. Jahrhundert in Verdacht geriet, eine Hexe         chologie/verschwoerungsthe-
zu sein, wurde gefoltert und getötet. Der berühmtes-           orien/index.html
te Hexenjäger des 20. Jahrhunderts war US-Senator
Joseph McCarthy, der überall in der amerikanischen          Einen humorvollen Beitrag
Gesellschaft Kommunisten erspähte. Seine Hatz auf           zum Thema finden Sie vom
Kommunisten fand Rückhalt bei konservativen Ame-            Kabarettisten Horst Evers un-
rikanern. Viele Menschen, die er dem Kommunismus-           ter folgenden Link: https://
Verdacht aussetzte, litten schwer. Handfeste Beweise        www.zdf.de/comedy/die-an-
hatte McCarthy nie.                                         stalt/die-anstalt-clip-4-174.
                                          Rainer Müller     html

 Man führt nicht mehr genug Selbstgespräche heut-
 zutage. Man hat wohl Angst, sich selbst die Mei-
 nung zu sagen.
                                   Jean Giraudoux

 Ich denke, also bin ich; ich zweifle, also bin ich; ich
 werde getäuscht, also bin ich.

                        René Descartes (1596 - 1650)
10 EinBlick

                       Wahrheit von Philip Simon
                                       Ich starte heute mal ganz locker ein. Was ist Wahr-
   Philip Simon,* 21. August           heit? Ja! Damit haben Sie jetzt nicht gerechnet. Ich
   1976 in Enschede, ist ein nie-      aber auch nicht. Geht mir im Moment häufiger so. Ich
   derländisch-deutscher Mode-         werde von meinen eigenen Gedanken überrascht. Die
   rator, Kabarettist und Autor.       gute Nachricht ist: Ich habe wenigstens noch welche.
   Er studierte Germanistik, Ge-       Die Schlechte: Die machen was sie wollen. Ja, das ist
   schichte und Philosophie an         wie mit den Faschisten in der AfD. Die machen auch
   der nordrhein-westfälischen         was sie wollen. Gut, es gibt einen Unterschied zwi-
   Universität Essen. Er lebt in       schen meinen Gedanken und den Faschisten. Meine
   Köln und auf der niederlän-         Gedanken verschwinden wieder von alleine.
   dischen Nordseeinsel Texel.
   Regelmäßig ist er Gast in der       Vor zwei Minuten im Spind, da ging mir noch was
   Sendung Mitternachtsspitzen         ganz anderes durch den Kopf. Da dachte ich: Von
   im WDR.                             Bohnen muss man pupsen. Ja, weiß ich auch nicht, wo
   Uns hat sein Beitrag zum The-       das herkam. Aber Wahnsinn, wie schnell das manch-
   ma Meinung und Wahrheit             mal mit den Gedanken geht, oder? Von der Wahrheit
   sehr angesprochen. Darum            über Faschisten zum Pups. Nur durch die Kraft meiner
   dürfen wir diesen Beitrag mit       Gedanken. Ich weiß, dass klingt durcheinander. Aber
   seiner Genehmigung hier ab-         Wahrheit, Faschisten und Püpse haben was gemein-
   drucken.                            sam: Für viele sind sie schwer zu ertragen.

  Jetzt könnte man natürlich auf der Suche nach Wahrheit mal hinterfragen, ob es wirklich
  stimmt, dass man von Bohnen pupsen muss. Vielleicht liegt das ja gar nicht an den Boh-
  nen. Sondern an Bill Gates. Vielleicht hat der ja Bohnen gentechnisch manipuliert und wir
  pupsen gar nicht, sondern das sind Mikroexplosionen eines von Bill Gates hergestellten
  Nervengases in unserem Körper. Und dieses Nervengas zerstört im Hirn den Bereich, der
  für die Vernunft zuständig ist. Könnte ja wahr sein.

  Sie merken: Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Jeder hat seine eigene. Und eigentlich
  ist das ja schön, weil dann ist ja genug Wahrheit für alle da. Wenn Donald Trump zum Bei-
  spiel über sich selbst sagt: „Der beste Präsident, den Gott je erschaffen hat.“ Dann ist das
  für Donald Trump eine Wahrheit. Für Psychologen ist das eine Diagnose. Und für Gott eine
  schwere Niederlage. Die Frage ist nur: Wenn jeder seine eigene Wahrheit hat, ist das dann
  noch Wahrheit oder doch eher nur Meinung? Denn es gibt einen wesentlichen Unterschied
  zwischen Meinung und Wahrheit. Das Eine hat man. Das Andere sollte man suchen.

  Und wichtig auf dieser Suche ist der Zweifel. Jetzt nicht so sehr der Zweifel an anderen.
  Davon hat der Deutsche geburtsbedingt immer genug. Wir zweifeln an der Regierung, an
  der Existenz von Corona… und auch an der von Bielefeld. Ich persönlich zweifle auch an
  Attila Hildmann. Ich glaube, der hat sein Hirn in Olivenöl ausgebraten und bei Vollmond im
  Hinterhof vergraben.

  Entscheidend auf der Suche nach Wahrheit ist aber nicht der Zweifel an anderen, sondern
  an sich selbst und seinen eigenen Gedanken. Und dieser Zweifel an sich selbst, der fehlt
  Leuten wie dem Attila völlig. Ich werde immer sehr vorsichtig, wenn Leute zu überzeugt von
Schwerpunktthema: ich meine, also bin ich
ihrer eigenen Wahrheit sind. Das kann schnell nach hinten losgehen. Wenn der Attila sagt:
„Unsere Telegram-Gruppe ist Hüter der Wahrheit in einer Welt der Lüge und Manipulation!“
Dann reicht dieser Satz, um jedem klar zu machen: Hier raucht einer das richtig geile Zeug.
Das eine Chatgruppe der Hüter der Wahrheit sein soll, ist aus Attilas Sicht vielleicht eine
Spitzen-Idee. Objektiv betrachtet klingt das aber stark nach Honig im Kopf.

Wer hätte gedacht, dass das mit der Wahrheit so einfach ist? Ich dachte immer Wahrheit,
das ist was Komplexes. Da braucht es viele unterschiedliche Informationen, da braucht es
Diskurs, Fakten und inneres Abwägen. Und mit ein bisschen Glück steht da am Ende eine
Erkenntnis, die mich ein bisschen näher an Wahrheit heranführt. Aber nix da! Du musst nur
Mitglied in Attilas Telegram-Gruppe werden und schon sitzt Du im magischen Teilchenbe-
schleuniger nach Hogwarts.

Verschwörungstheoretiker sind nicht auf der Suche nach Wahrheit. Sondern nur damit be-
schäftigt ihre Wahrheit zu verkünden. Und die ist im Grunde sehr simpel: Es ist immer End-
spurt, um geheime Mächte zu stoppen. Es gibt ein Geheimnis, das niemand offiziell wissen
darf. Es gibt einen Grund für große Angst und der liegt in der Zukunft. Angst richtet sich
aber immer in die Zukunft. Entscheidend ist: Die Ursache für die Angst, die liegt immer in
der Vergangenheit. In dem, was geschehen ist. In dem, wie wir geprägt wurden. Nicht die
Frage nach der Angst vor dem, was kommt, ist ausschlaggebend, sondern wer oder was
hat uns in der Vergangenheit Angst gemacht? Da liegt der Schlüssel zu unserer Gegenwart.

Und das ist auch die Chance etwas zu verändern. Nicht Wahrheit zu verkünden, sondern
innezuhalten und zu zweifeln. Denn da gab es in diesem Jahr einen kurzen Moment der
Wahrheit auf unserem Planeten. Ganz kurz hatten wir alle Zweifel an uns und unseren Vor-
stellungen vom Leben. Ganz kurz waren wir still und nachdenklich. Ganz kurz haben wir den
Zweifel atmen lassen. So nah waren wir Wahrheit schon lange nicht mehr. Aber dann kamen
die Bohnen vom Gates und die Vernunft verpuffte in einer globalen Flatulenz. Genießen Sie
den Klimawandel!

 Persönliche Begegnungen in schwierigen (Corona-) Zeiten

5 Monate begleitet uns nun schon das Virus SARS-CoV2.

Wie wirkt es sich auf persönliche Kontakte mit Eltern, Kin-
dern und Bekannten aus? Welche alternativen Kontakt-
möglichkeiten tun sich auf?

So war und ist es bei mir / bei uns:
Es wurde und wird sehr viel telefoniert, besonders auch
mit den älteren Menschen im Verwandten- und Bekann-
tenkreis. Das tut gut, aber manchmal reicht es natürlich
nicht aus. Der erste Besuch bei meinen Eltern Ende Mai
12 EinBlick
  zeigte, dass sich das Gebot des Abstandhaltens nicht so einfach einhalten lässt. Ist es noch
  ein gemeinsames, verbindendes Kaffeetrinken, wenn Menschen aus 2 Haushalten an ge-
  trennten Tischen oder an beiden Enden eines langgestreckten Tisches sitzen? Mein Vater
  konnte mit dieser Situation nicht so gut umgehen. Einen Besuch in Brilon für August zu pla-
  nen, ist meiner Mutter zu früh: „Warten wir mal ab, wie sich die Corona-Situation darstellt,
  wenn Ihr aus dem Urlaub in Ostdeutschland wieder da seid, dann entscheiden wir spontan“.
  – Vorbehalte und Ungewissheit machen Planungen nur kurzfristig möglich.

  Ein Anruf von Geschwistern aus dem Süden Deutschlands Mitte Mai: „Dürfen wir Euch in
  unseren Pfingstferien besuchen kommen?“ Schwierige Entscheidung – Antwort: „Lieber
  noch nicht“, da ich mich erst einmal meinen 80jährigen Eltern und meinen Kindern ver-
  pflichtet fühle. Wir haben uns alle seit Anfang Januar nicht mehr gesehen. Und die süd-
  deutsche Verwandtschaft pflegt enge Kontakte nach Paris, das stark Corona-betroffen war.
  Aber – „Gott, sei Dank“ – Verständnis für die Absage!

  Juni, mittlerweile sind das Wetter und die Corona-Lage in Brilon sonniger und der Gedanke,
  mit den netten Menschen vom „Briloner Mosaik“ mal wieder Doppelkopf zu spielen, reizt
  die „Zocker“. Also gibt es wieder eine Telefonkette und man trifft sich – das evangelische
  Gemeindehaus steht ja verständlicherweise noch nicht zur Verfügung – privat, auf Abstand
  und mit großem Tisch im Garten, tauscht sich aus, lernt sich besser kennen, fühlt sich für-
  einander verantwortlich und hat für ein paar Stunden Spaß und Freude am gemeinsamen
  Spiel.

  Sommerferien: An den ersten 3 Wochenenden Begegnungen mit unseren Kindern, jeweils
  einzeln. Immer verbunden mit einem längeren Spaziergang oder einer Fahrradtour, immer
  Freude über das Wiedersehen, nette Gespräche, gemeinsames Essen, aber immer auch:
  keine Umarmung – ziemlich befremdlich!

  Trotzdem war es natürlich prima, alle wieder gesehen zu haben: Aber der Mindestabstand
  ist ehrlicherweise nicht immer optimal durchzuhalten – auch ohne Umarmung nicht!
  In dieser Zeit der Besuchsreisen vermeiden wir den Kontakt zur Doppelkopfrunde. Die mei-
  sten von uns zählen aus irgendeinem Grund zur Risikogruppe, und unsere Kinder haben
  zwangsläufig mehr Personenkontakte, so dass wir wegen einer möglichen Ansteckung nicht
  sicher sein können.

  Und dann: Kurzfristige Planung eines Kurzurlaubs in Ostdeutschland. Die letzte Reisechan-
  ce in meinem lange vorbereiteten Sabbatjahr, in dem ich eigentlich meine Schwester in
  Neuseeland besuchen wollte – sie fiel aus, wegen Corona! Ferienwohnung in Alleinlage ge-
  bucht, Fahrräder und Kajak kommen mit, Hotspots werden gemieden und Petrus auf gutes
  Wetter verpflichtet (natürlich für Urlauber, nicht für Landwirte…). Aber wird das Virus den
  Urlaub prägen? Kann man sich ihm so einfach entziehen wie zu Hause?

  Nach den Ferien dann Neustart in der Schule: Die erste Corona-Phase habe ich wegen des
  Sabbatjahres in einer „Blase“ gelebt und verfolgt, was ablief. Nun bin ich und damit auch
  mein Umfeld betroffen: Wie wird das gehen? Mit Maske, ohne Maske? Wie kann man Ab-
  stand halten in vollen Klassen? Wie groß ist die Ansteckungsgefahr wirklich? Was kann man
  zu seinem eigenen Schutz tun? - Auf Gott und das Hygienekonzept vertrauen!
Schwerpunktthema: Ich meine, also bin ich
Welche alternativen Kontaktmöglichkeiten ergeben sich oder haben sich ergeben?

    - Briefe / Karten schreiben

    - Blumengrüße verschicken, die von ortsansässigen Betrieben ausgeliefert werden

    - Buch-Geschenke zu Geburtstagen jeweils in ortsansässigen Buchhandlungen bestel-
    len und liefern lassen

    - Messenger „Threema“ nutzen und sich austauschen (das ist für mich eine gute und
    sicherere Methode als Whatsapp – und ich habe sie sehr zu schätzen gelernt, als unser
    jüngster Sohn im März / April 3 Wochen in Peru festsaß!)

    - Emails schreiben

    - erste Videokonferenzen (u.a. mit unseren 3 Kindern, was interessant und auch lustig
    war – Frisuren ändern sich! -, aber ich telefoniere doch lieber)

    - Telefonkonferenzen (z.B. für den vorhergehenden Gemeindebrief – auf Stimmen lau-
    schen, es ist schön, wenn man die Menschen besser kennt und sich ihr Gesicht dazu
    vorstellen kann, ggf. auch typische Gesten)

    - Autokino-Gottesdienst: Eine interessante Erfahrung; Kommunikation auf Abstand
    durchs offene Autofenster; Kommunikation über Zeichen: Lichthupe, Autohupe – ge-
    wöhnungsbedürftig, aber funktionell; immer nur 2 Personen in einem Fahrzeug, Teil-
    nahme eher übersichtlich.

    - Treffen auf Abstand, z.B. für diesen Gemeindebrief im großen Saal des Gemeinde-
    hauses: 4 Anwesende – viel Platz, ich fühlte mich sicher und es war schön, sich wieder
    zu sehen.

    - Gottesdienste „von Haus - zu - Haus“: Ich erfreue mich immer daran, auch wie unter-
    schiedlich sie sind, je nachdem, wer sie gestaltet! Und mir gefällt, dass ich die Pfarre-
    rinnen / Pfarrer / Diakonin kenne und einen persönlichen Bezug zu meiner Kirchenge-
    meinde habe. Und ich kann sie wiederholt anhören / mitlesen / mitsingen - und per
    Link an ältere Menschen senden, die dann ebenfalls teilhaben können.

Vielleicht haben Sie ähnliche Erlebnisse / Gedanken erfahren, vielleicht auch ganz andere.
Vielleicht waren und sind Sie mutiger, vielleicht auch ängstlicher. Wie auch immer
– jeder muss seinen ganz persönlichen Weg in schwierigen Zeiten gehen. Toleranz ist
gefragt. Einfühlungsvermögen und Rücksichtnahme sind gefragt. Respekt ist
gefragt. Persönliche Freiheit endet dort, wo sie andere beschneidet!
Und so wünsche ich Ihnen und uns allen einen weiteren guten Weg durch
diese Zeit, Gottvertrauen, Zuversicht und Gesundheit.

Britta Prolingheuer
Kinderseite
              Hallo liebe Kinderseiten-Freunde!
              Passend zur jahreszeitlichen Dauer des neuen Gemeindebriefes habe ich mich gefragt, wie gut Eure Kenntnis des Fährtenlesens
              ausgebildet ist.
              Die nachfolgenden Pfotenabdrücke sind von Tieren, die in unseren Wäldern oder auch in unseren Gärten ihr Zuhause gefunden
              haben.
              Vielleicht erkennt Ihr die eine oder andere „Spur“ sofort, ansonsten wünsche ich Euch viel Spaß beim Rätseln.
                                                                                                    Bis zum nächsten Mal,
14 EinBlick
                                                                                                    Eure Andrea Neuberger
Rezept

Zucchinipflänzchen
mit Zitronensauce
Liebes Gemeindeglied,
dieses Rezept kam in meinen Kochkursen immer sehr gut an. Es ist schnell gemacht und
bei großer Hitze ein leichtes und kühlendes Essen. „Pflanzerl“ oder hochdeutsch Pflänzchen-
sind übrigens im süddeutschen Raum eine Bezeichnung für Bratlinge.
Zubereitung:                                             Zutaten:
•   Zucchini waschen und fein raspeln.                   600 g junge Zucchini
•   Knoblauch schälen und zu den Zucchini pressen        3 Knoblauchzehen
•   Zucchinimasse mit den Flocken mischen und 15         100 g Vierkornflocken
    Minuten quellen lassen.                              1 Bund Petersilie
•   Die Petersilie waschen und fein hacken, mit Son-     1 Ei
    nenblumenkernen, dem Ei, Salz, Pfeffer, Koriander    1 El Sonnenblumenkerne
    und dem Mehl unter die Zucchinimasse mischen.        Salz, Pfeffer
•   In einer beschichteten Pfanne etwas Öl erhitzen.     1/2 Tl gemalener Koriander
•   Aus der Zucchinimasse mit einem Eslöffel Pflänz-     75 g Dinkelmehl
    chen in die Pfanne setzen und etwas flach strei-     1 El Öl zum Braten
    chen. Pflänzchen von jeder Seite ca- 3-4 Minuten
    bei mittlerer Hitze backen.                          1 Zitrone
•   Die saure Sahne mit dem Schnittlauch, dem Saft       1 Bund Schnittlauch
    einer Zitrone und etwas Salz zu einer Sauce ver-     200 g saure Sahne
    rühren.
•   Mandelblättchen in einer trockenen Pfanne bei        1 El Mandelblättchen
    mittlerer Hitze goldgelb rösten.
•   Zucchinipflänzchen heiß oder abkühlt mit Zitro-
    nensauce anrichten und mit Mandelbättchen be-
    streuen.

      Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Sommerzeit

                               Mit den besten Grüßen
                                      Ihre Heike Fritz
16 EinBlick

                          „Gottesdienst erleben“

  Es ist Sonntag, der 31.05.2020. Pfingsten. Seit dem 15.03.2020 habe ich keine Orgel mehr
  in der Kirche gehört, keine Menschen zum Gottesdienst begrüßt. Selbst an Ostern blieb die
  Kirche stumm. Corona hatte das Leben lahmgelegt.
  Doch nun, nun ging es endlich wieder los. Endlich öffneten an Pfingstsonntag wie-
  der die Kirchentüren für den Gottesdienst. Aufgeregt und nervös fieberte ich die-
  sem Tag entgegen. Gleich zwei Tauffamilien waren Teil dieses „ersten“ Gottesdienstes.
  Dabei war nicht alles wie gewohnt. Die Gottesdienstbesucher mussten viele Vorschriften
  einhalten: Beim Betreten die Hände desinfizieren, mit Mundschutz und in 2 Meter Abstand
  in der Kirche sitzen. Zusätzlich keine gesungene Liturgie, kein gemeinsames Singen von
  Liedern.
  Das alles war für mich im Vorfeld eine seltsame Vorstellung. Der gemeinsame Gesang, die
  gesungene Liturgie sind für mich feste Bestandteile eines Gottesdienstes. Und jetzt schauen
  mir Menschen mit Mundschutz entgegen.

  Trotz allem war dieser Pfingstsonntag ein überwältigendes Gefühl für mich. Die Orgel wie-
  der hören zu dürfen, die Menschen im Gottesdienst zu sehen, gemeinsam den Psalm und
  das Vater Unser zu sprechen. Es war Gemeinschaft, auch über die Distanz hinweg. Ich habe
  den Gottesdienst erlebt, auch ohne den Gesang.

  Ich bin froh, dass es nun wieder diese Möglichkeit gibt mit anderen zu beten oder gemein-
  sam zu schweigen und ich habe diesen ersten Gottesdienst nach Corona als etwas ganz
  Besonderes wahrgenommen. Ein Gottesdienst, der uns zeigt, dass wir nur in Gemeinschaft,
  in Liebe bestehen können und dass es besonders ist, den Glauben an den dreieinigen Gott
  mit anderen zu teilen. Für diese Möglichkeit, wieder in der Kirche zusammenzukommen,
  bin ich sehr dankbar und hoffe, dass es noch viele weitere Gottesdienste geben wird. Mit
  Worten von Mutter Teresa:

                             „Die Frucht der Stille ist das Gebet.
                            Die Frucht des Gebets ist der Glaube.
                            Die Frucht des Glaubens ist die Liebe.
                             Die Frucht der Liebe ist das Dienen.
                            Die Frucht des Dienens ist der Friede.“

                                                                  Ihre Pfarrerin Antje Jäkel
Andacht
Ich frage mich sehr oft, wie ich als Christin meinen Glauben im Alltag einbrin-
gen kann, wie ich meine christlich begründete Haltung meinen Mitmenschen ver-
mitteln kann. Dabei habe ich Ansprüche an mich: je nachdem, mit wem ich zu
tun habe, möchte ich das auch gegenüber meiner Familie, Freund*innen und Be-
kannten, die nichts mit Kirche und Glauben am Hut haben, ohne dabei zu missio-
narisch zu wirken. Eine bewährte Variante ist hierbei für mich, Nächstenliebe aktiv
umzusetzen, meinen Mitmenschen mit Liebe zu begegnen, sie in ihrer Individuali-
tät wahrzunehmen und für sie da zu sein.
Dabei spielt auch die Sprache, die ich im Alltag anwende, eine große Rolle. Denn
Worte können viel bewegen. Worte, die ich bewusst oder unbewusst gewählt
habe, sind mächtig und können heilend wirken, genauso wie sie verletzen können.
Auch Paul Watzlawick, Kommunikationswissenschaftler, sagte einst, dass durch
Sprache Wirklichkeiten geschaffen werden. Welche Art von Wirklichkeiten möchte
ich schaffen? Ist es eine von Liebe geprägte? Worte können heilend wirken, sie
versöhnen, schenken Frieden und befreien sogar.
Oder unterstütze ich Wirklichkeiten, die meine Mitmenschen verletzen? Ich denke
da beispielsweise an Diskriminierung. Indem ich bestimmte Personengruppen re-
gelmäßig in negative Zusammenhänge setze, kann es schnell passieren, dass beim
unüberlegten Übernehmen von Gedanken ein gesamtes System der Diskriminie-
rung gestützt wird.
Ob eine Aussage verletzend war, ist dennoch nicht immer so eindeutig. Nicht je-
der Mensch lässt erkennen, ob Worte kränkend sind oder nicht. Jeder Mensch
ist individuell und geht anders damit um. Das kann die Person, die die Aussage
tätigt, nicht immer wahrnehmen. Eine Aussage kann auch zugleich verletzend und
heilend sein – je nachdem wie das Gegenüber zu der Aussage steht. Mache ich
beispielsweise auf Ungerechtigkeiten aufmerksam, sind die einen dankbar, dass es
angesprochen wird, andere wollen diese vielleicht nicht akzeptieren.
Jesus selbst war Meister darin, mit seinen Worten Wirklichkeiten zu schaffen. Er
hat geheilt und mit seinen Worten auf Missstände aufmerksam gemacht, z.B. als
er im Tempel Markttische umschmiss oder die Kinder zu sich ließ. Oder ganz au-
ßergewöhnlich, als er Zöllner wie Zachäus nicht als Teil einer Berufsgruppe son-
dern als Individuum ansprach und wahrnahm. Mit diesen Worten
hat er viel bewirkt. Sie beeinflussen uns bis heute. Seine Haltung
hat sich eindeutig in seinen Worten widergespiegelt.
Dafür hat er viel eingesetzt, sogar sein Leben.
Spiegelt sich wohl auch unsere (christliche) Haltung in
unseren Worten wider? Wie viel wollen wir einsetzen?
Ihre Solveig Rampler
18 EinBlick
         Predigtplan September - Oktober - November 2020
   Aufgrund der aktuellen Situation werden Gottesdienste am Sonntag zu-
   nächst ausschließlich in der Evangelischen Stadtkirche Brilon gefeiert.
   Die Gottesdienste finden unter Berücksichtigung der Corona-Schutzricht-
   linien statt, siehe auch Seite 23.
   Als Alternativen gibt es weiterhin den Haus-zu-Haus-Gottesdienst oder
   die Gottesdienste aus den Medien.
                            Brilon, in der Evangelischen Stadtkirche
   Sonntag          6.9.    10 Uhr mit Abendmahl     Antje Jäkel
   Sonntag          13.9.   10 Uhr Solveig Rampler
                            10 Uhr Antje Jäkel
   Sonntag          20.9.   11.00 Uhr Tag des Friedhofs, Andacht am Baum-
                            rondell, alter evangelischer Friedhof Rainer Müller
                            Regionaler Wandergottesdienst der Region 8
   Sonntag          27.9.
                            Start: 10.30 Uhr Brilon-Scharfenberg, Kath. Kirche
                            11 Uhr Gottesdienst zum Erntedank am Kyrilltor, mit
   Sonntag          4.10.
                            der Jagdhornbläsergruppe Brilon Rainer Müller
   Samstag         10.10.   16 Uhr Konfirmations-Gottesdienst Pfarrteam

   Sonntag         11.10.   10 Uhr Konfirmations-Gottesdienst Pfarrteam

   Sonntag         18.10.   10 Uhr Solveig Rampler

   Sonntag         25.10.   10 Uhr Kathrin Koppe-Bäumer

   Samstag         31.10.   19 Uhr Reformationsgottesdienst Pfarrteam

   Sonntag          1.11.   10 Uhr mit Abendmahl Rainer Müller

   Sonntag          8.11    10 Uhr Rainer Müller

   Sonntag         15.11    10 Uhr Solveig Ramlper
   Mittwoch Buß-
                   18.11    19 Uhr mit Abendmahl Antje Jäkel
   und Bettag
   Ewigkeits-
                   22.11.   10 Uhr mit Abendmahl     Pfarrteam
   sonntag
   Sonntag
                   29.11.   10 Uhr Solveig Rampler
   1. Advent
   Sonntag                  10 Uhr
                    6.12.
   2. Advent                16 Uhr candle light Irene Bauer-Jungmann
Gemeindeleben

                      Gottesdienst aktuell

                                                                         Bild: Lehmann

Seit Pfingsten werden in der Stadtkirche wieder Gottesdienste gefeiert. Dabei werden
die Grundlagen der Corona-Schutzverordnung berücksichtigt.

Das bedeutet konkret:
• Es gelten die allgemeinen Hygieneregeln.
• Das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes bis zum Platz ist erforderlich. Am Platz kann
die Schutzmaske abgenommen werden. Die Plätze sind nummeriert. Familienangehöri-
ge dürfen zusammensitzen. Jede zweite Bankreihe bleibt unbesetzt. Presbyteriumsmit-
glieder werden dort am Platz die Personalien aufnehmen, um im Ernstfall Kontaktper-
sonen ermitteln zu können. Die Daten werden nach 4 Wochen vernichtet.
• Das Gemeindesingen unterbleibt; allerdings kann die Melodie mitgesummt werden.
Für die Mitwirkung von Chor und Bläserchor gelten die entsprechenden Schutzvorschrif-
ten.
• Am Eingang ist die Möglichkeit zur Desinfektion der Hände installiert. Gesangbücher
werden nicht benutzt.
• Das Betreten des Kirchraums erfolgt durch den Mittelgang, das Verlassen des Kirch-
raumes geschieht durch die Gänge an der Außenwand. Die Richtungen sind durch Pfeile
markiert. Beim Einlass werden die Plätze von vorne nach hinten besetzt, beim Ausgang
erfolgt das Verlassen des Kirchraums in umgekehrter Reihenfolge.
• Die Feier des Abendmahls wird ab dem 1. Juli wieder gefeiert. Die Austeilung erfolgt
so, dass der Liturg/ die Liturgin die Oblate während der Austeilung zu den einzelnen
Gottesdienstteilnehmern bringt, nachdem er/sie sich vorher die Hände desinfiziert und
einen Mundschutz angelegt hat. Er/sie benutzt dazu die freigebliebenen Bänke zwischen
den Sitzreihen. Der Kelch ist Bestandteil der Liturgie, verbleibt aber auf dem Altar
• Kollekten werden nur am Ausgang eingesammelt. Es kommt eine Zählmaschine zum
Einsatz, dabei sind Handschuhe zu tragen!
Die Regeln werden regelmäßig den jeweils gültigen Erkenntnissen und Verordnungen
angepasst. (Stand Presbyteriumsbeschluss vom 24.6.2020)
20 EinBlick

   Neues Grabfeld – ein Ort voll Hoffnung und Leben
  Bei der neuen Grabanlage rund um den alten Baum sind es statt der geplanten 24 Grab-
  stellen nun 30 geworden. Um die Baumwurzeln zu schonen, wurde der Kreis für die Urnen
  etwas größer gezogen und nicht so tief wie ursprünglich geplant. So ist nun für bis zu drei
  Urnen Platz in jeder Grabstelle. Für ein Drittel der jetzt angelegten Urnengräber gibt es
  schon Reservierungsanfragen. Wenn die entsprechenden Satzungen genehmigt vorliegen,
  können diese Anfragen konkret bearbeitet werden.
  Die Pflanzen haben nun Zeit, Wurzeln zu bilden und sich an ihrem neuen Standort zu ent-
  falten. Wo jetzt noch die Zwischenräume in schönen warmen Holzton zu sehen sind, wird
  es aber bald grünen und blühen und die geplante Pracht wird ihre Schönheit entfalten und
  vielen Insekten als Nahrungsquelle dienen. „Es muss sich keiner Sorgen machen,“ beruhigt
  Pfarrer Müller Interessent*innen, die besorgt nachfragen, ob denn noch Platz da sei. „Wir
  werden diese Abteilung so weiterentwickeln, wie wir es jetzt begonnen haben. Mit attrak-
  tiven Angeboten für die Menschen, die wissen wollen, wo sie ihre letzte Ruhestätte finden
  und an einer nachhaltigen Gestaltung interessiert sind.“
  Am 20. September laden wir interessierte Bürger*innen zu einem Tag des Friedhofs ein,
  weist Pfarrer Müller schon mal voraus. Dort werden wir um 11.00 Uhr mit einer kleinen An-
  dacht beginnen. Anschließend stellen wir das neue Grabfeld vor und berichten über unsere
  weiteren Friedhofsentwicklungspläne.

                                                                            Bild: M. Rudolph
Gemeindeleben

  Frischer Wind weht durch Albert-Schweitzer-Zentrum

Im Januar hatten sowohl die Evangelische wie die Katholische Kirchengemeinde die Guden-
hagener Bevölkerung zu Versammlungen eingeladen. An beiden Abenden ging es um die
Zukunft der evangelischen und katholischen Gemeinderäume. Bürgermeister Dr. Christof
Bartsch, Ehren- und Hauptamtliche beider Gemeinden nahmen die aktuelle Lage zur Kennt-
nis: Am gesamten Gebäudebestand herrscht Renovierungsbedarf. Die Kirchengemeinden
können sich auf Dauer ihren Erhalt nicht leisten.

Am Ende stand fest: Beide Gemeinden schätzen die bisher schon gute Zusammenarbeit
und können sich für die Zukunft vorstellen, noch enger
zusammenzuarbeiten. Außerdem wurde der Wunsch
geäußert, den Bau eines Mehrgenerationenhauses
oder eines anderen Projekts zu bedenken, welches das
Dorfleben in Gudenhagen-Petersborn-Pulvermühle
intensivieren könnte. Im Mai sprach Bürgermeister Dr.
Christof Bartsch Pfarrer Rainer Müller und Pfarrerin
Kathrin Koppe-Bäumer auf Fördermittel für Baupro-
jekte im ländlichen Raum an. „Ich habe im Ministe-
rium eine große Offenheit für die Förderung solcher
Projekte gerade im ländlichen Raum feststellen kön-
nen und es sind ganz offensichtlich auch ausreichend
Fördergelder vorhanden“, teilte er den beiden mit und
machte ihnen Mut, die Bebauung des Grundstücks am
Albert-Schweitzer-Zentrum unter Einbeziehung von
Kirche und Gemeinderäumen zu bedenken und mit
Fachleuten und Dorfbewohner*innen zu diskutieren.

So kamen Anfang Juni zahlreiche Männer und Frauen aus dem Dorf mit Experten von Dia-
konie, Caritas, Integrationsdienst, dem Bürgermeister, dem Stadtkaplan und Fachleuten des
Kreiskirchenamts Sauerland-Hellweg in der Evangelischen Kirche in Gudenhagen zusam-
men. Der Bürgermeister, die Pfarrerin und der Pfarrer erläuterten dem Plenum, dass sie sich
eine Umwandlung der Kirche im Zusammenhang mit dem Bau eines Mehrgenerationen-
hauses oder Nachbarschaftszentrums gut vorstellen könnten. Rainer Müller stellte klar, von
den drei Möglichkeiten Abriss, Verkauf oder Umwandlung der Kirche sei die dritte ihm die
liebste. Dorfbewohner*innen, Gemeindeglieder und Fachleute bekundeten großes Interes-
se. Aufbruchsstimmung breitete sich aus.
Die Kirche als Gebäude zu erhalten, ihr neue Funktionen zu geben und dadurch langfristig
mit mehr Leben zu füllen, beflügelte die Versammlung. Am Ende stand die Aufforderung
an die Evangelische Kirchengemeinde, sich intensiv über die geäußerten Ideen Gedanken
zu machen. Ralf Gütting von der Stabsstelle Strukturveränderungen im Kreiskirchenamt
staunte darüber, dass so vielen Menschen die Zukunft der Kirche und des Ortes am Herzen
liegt. Obwohl er aktuell mehrere andere Projekte betreut, war er sofort bereit, Arbeitszeit
für Gudenhagen-Petersborn zur Verfügung zu stellen. Auch Dr. Judith Kuhn vom Institut
für Kirche und Gesellschaft der Ev. Kirche von Westfalen stieg mit ins Boot. Das Presby-
22 EinBlick
  terium der Ev. Kirchengemeinde
  beschloss, beiden Fachleuten das
  Vertrauen auszusprechen und sie
  mit der Leitung der Vorgänge zu
  betrauen, die notwendig sind,
  um finanzielle Unterstützung für
  die Vorarbeiten eines Stadtteil-
  projekts zu bekommen.

  So ein Projekt kann gelingen,
  wenn die Menschen in Gudenha-
  gen-Petersborn-Pulvermühle ge-          Zieht in Frieden eure Pfade
  meinsam überlegen, wie sie sich
  die Zukunft im Ort vorstellen und    So lauten die ersten Worte eines Liedes in unserem
  wenn viele gesellschaftliche Kräf-   Gesangbuch. In Frieden unterwegs sein und mitei-
  te den Prozess mittragen. Kathrin    nander Gottesdienst feiern, wollen auch in diesem
  Koppe-Bäumer, Pfarrerin der          Jahr wieder Menschen aus den vier Gemeinden Bri-
  Region 8 im Kirchenkreis Soest-      lon, Marsberg, Medebach und Olsberg-Bestwig. Es
  Arnsberg, wird die Koordination      ist schon eine richtige Tradition geworden, sich je-
  des Projekts vor Ort überneh-        des Jahr auf dem Gebiet einer der vier Gemeinden
  men. Das Presbyterium hat die        zu treffen. In diesem Jahr ist es am 27. September
  Gründung einer Projekt- und ei-      wieder in der Briloner Gemeinde soweit. Wander-
  ner Steuerungsgruppe beschlos-       gottesdienst bedeutet, die Liturgie des Gottes-
  sen, deren Arbeit allerdings erst    dienstes „unter die Füße“ zu nehmen, gemeinsam
  beginnt, wenn es möglich ist,        zu wandern und an verschiedenen Stationen des
  Zuschüsse für die Erstellung ei-     Weges zu singen, einen Psalm zu beten, biblische
  ner Sozialraumanalyse und einer      Texte zu hören und durch eine Predigt sich ermuti-
  Machbarkeitsstudie zu bekom-         gen zu lassen, anderer Menschen in der Fürbitte zu
  men.                                 gedenken, sich durch die Feier des Abendmahles
                                       stärken zu lassen und den Segen Gottes zu emp-
  Menschen aus dem Dorf, die           fangen. Die einzelnen Stationen werden jeweils
  sich für die Zukunft von Guden-      durch Mitglieder einer Kirchengemeinde vorberei-
  hagen-Petersborn-Pulvermühle         tet und gestaltet.
  engagieren wollen, sind herzlich     Die Organisator*innen freuen sich, dass in diesem
  eingeladen, sich bei Kathrin Kop-    Jahr der zum 1. Juni neu ins Amt eingeführte Su-
  pe-Bäumer zu melden:                 perintendent des Kirchenkreises Soest-Arnsberg,
  0171 20 70755.                       Dr. Manuel Schilling, mitwandern und diesen be-
                 K Koppe-Bäumer        sonderen Gottesdienst mitfeiern wird. Er will so die
                                       Gelegenheit wahrnehmen, Menschen aus unserer
                                       Region kennenzulernen und die eine oder andere
                                       Besonderheit der Landschaft durch diese kreative
                                       Gottesdienstform kennenzulernen. „Ich freue mich
                                       auf diese Gelegenheit und bin sehr neugierig auf
                                       die vielen neuen Erfahrungen,“ so Superintendent
                                       Schilling, der schon bei seiner Vorstellung zur Wahl
                                       und bei seiner Amtseinführung mit überraschen-
                                       den Aktionen seine Vorliebe für unkonventionelle
Gemeindeleben

 Denkanstöße gezeigt hatte.
 Selbstverständlich werden bei der Organisation und der Durchführung die aktuell gül-
 tigen Corona-Schutzbestimmungen berücksichtigt und beachtet.
 Der Weg beginnt um 10.30 Uhr an der katholischen Pfarrkirche St. Laurentius in Schar-
 fenberg und führt dann von dort über verschiedene Haltepunkte durch das Aa-Tal bis
 zur Evangelischen Stadtkirche in Brilon. Dort erwartet dann die gottesdienstlichen „Pil-
 ger“ nach dem Segen kräftige Stärkung vom Grill, um es ausklingen zu lassen. Zum Ab-
 holen der in Scharfenberg geparkten Wagen wird ein Shuttle-Service eingesetzt.
 Mit diesem Gottesdienst beginnt auch die 2. Wanderwoche „Reise ohne Koffer“ unter
 der Leitung von Kathrin Koppe-Bäumer und Simone Pfitzner. „Sauerländer Seelenorte“
 werden erwandert. Die Teilnehmer*innen öffnen sich auf dem Weg für spirituelle Erfah-
 rungen und werden miteinander Freude und Spaß erleben.                     R. Müller

  #TipiBrilon #EngelSeinToGo
In Kooperation mit Kunterbunt e.V. hat sich die Evangelische Kirchengemeinde Brilon für das
Tipi an der Evangelischen Stadtkirche etwas ausgedacht: Heute mal ein Engel sein!
         In der Bibel sind Engel Gottes Boten.
         Sie kommen zu Menschen, um Mut zu
         machen und Hoffnung zu geben.
                                    Wer braucht ge-
                                    rade eine gute
                                    Nachricht und ei-
                                    nen Engel?

                                    Schicke ihm oder
                                    ihr ein Foto von
                                    Dir als Engel
                                    mit einem Satz,
                                    der      Hoffnung
                                    schenkt.
                                    Viel Spaß, beim Selfies machen und verschicken!
                                                               Ihre Pfarrerin Antje Jäkel

Nachtrag: Am Freitag, 7.8. installiert, am Samstagmittag, 8.8. fehlte schon ein Flügel. An-
scheinend gibt es einen Bedarf an Engelsflügeln. Der fehlende Flügel wurde inzwischen
ersetzt. Also machen Sie bei der Foto-Aktion mit und werden
Sie für Menschen Engelsboten mit Hoffnungsworten.
24 EinBlick

     Wunder oder Wohltäter, sonst war´s das!
                                          Ein Interview

  EinBlick: Herr Müller, noch steht der Turm. Im Netz gesichert. Wann geht es mit den
  Bauarbeiten los? Wann wird der Turm abgerissen?
  Pfr. Müller: So weit sind wir noch nicht. Im Moment haben wir eine wunderbare Vision, die
                                        da auf dem Tisch liegt. Darin sind sich alle einig, die
                                        sich die Pläne zur Sanierung und Neugestaltung der
                                        Stadtkirche anschauen.

                                          EinBlick: Können Sie uns etwas von der Vision er-
                                          zählen?
                                          Pfr. Müller: In unserem zukünftigen Konzept soll die
                                          Kirche, aber auch das Gemeindezentrum, noch stär-
                                          ker als bisher schon, als ein besonderer Ort der Be-
                                          gegnung entwickelt werden. Ein Ort, an dem allen ein
                                          offenes Willkommen gilt. Es soll Treffpunkt, Ort des
                                          Miteinanders, Ort der Ermutigung, Ort des Trostes,
                                          Ort der Zuversicht, ein Lernort für die Zukunft sein.
                                          Dieser Ort soll auch über die Kirchengemeinde hinaus
                                          Bedeutung für die Menschen dieser Stadt und darüber
   Pfr. Rainer Müller, Bild: J. Fiebich   hinaus haben.

  EinBlick: Können Sie uns das noch deutlicher erläutern?
  Pfr. Müller: Als Kirchengemeinde verstehen wir uns als Teil der Bürgergemeinde und sehen
  uns als einen bedeutsamen Faktor in unserem örtlichen Gemeinwesen. Wir sind selbst mit
  unserer zivilgesellschaftlichen Grundstruktur in die Strukturen unserer Stadt und ihrer Dör-
  fer eingebunden und wollen unser Gemeinwesen partnerschaftlich mit anderen gestalten.
  Darin sehen wir die Zukunftsperspektive für unsere Kirchengemeinde. Das geschieht übri-
  gens auch schon in vielen anderen Orten sehr erfolgreich.

  EinBlick: Was bedeutet das für die Sanierung der Stadtkirche?
  Pfr. Müller: Wenn wir diese Vision Wirklichkeit werden lassen wollen, hat das Konse-
  quenzen für die Raumgestaltung und die notwendige technische und sanitäre Ausstattung.
  Dann müssen wir mit anderen möglichen Partnern überlegen, was notwendig, wünschens-
  wert und zukunftsorientiert ist.

  EinBlick: Und was hindert Sie, mit den Bauarbeiten zu beginnen?
  Pfr. Müller: Ein nüchterner Blick auf die realistischen Zahlen der vorhandenen Finanzmittel
  holt einen sehr schnell auf den Boden zurück und lässt einen vor der gewaltigen Aufgabe
  zurückschrecken. Wir brauchen noch 2 Millionen Euro. Wenn man heute die Summen hört,
  die im politischen Raum bewegt werden, könnte einem fast schwindelig werden bei den
  hunderten von Milliarden. Dagegen klingen 2 Millionen Euro, die wir brauchen, fast wie ein
  realistisch zu erreichendes Ziel. Aber momentan ist es wie eine unüberwindbare Wand für
  uns.
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