ELAN ...und siehe es WAR sehr gut! - Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe
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AUSGABE 2 / 2019 SOMMER ELAN Evangelisch-Lutherische Ansichten und Nachrichten Magazin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe ...und siehe es WAR sehr gut!
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, die Folgen des Klimawandels sind nicht nur auf pazifischen Inseln erfahrbar. Auch bei uns traten sie im langanhaltenden heißen Sommer 2018 spürbar zu Tage. Das Thema ist mittlerweile in der Gesellschaft angekommen. Greta Thunberg wird nun ein Jahr lang schulfrei machen, um sich noch intensiver für den Klima- schutz einsetzen zu können. Im Herbst will sie an internationalen Klimakonferenzen teilnehmen. Greta sorgt sich um das Weltklima und um die Le- bensgrundlagen zukünftiger Generationen. Diese Sorge teilen mit ihr hunderttausende Schülerinnen und Schüler, die freitags weltweit für mehr Ehrgeiz und Wahrhaftigkeit der politischen Entscheidungs- träger demonstrieren. „Und siehe, es WAR sehr gut“ (1. Mose 1, 31), so lautet der Titel dieser ELAN-Ausgabe. Das ist das biblische Fazit über dem göttlichen Schöpfungs- werk. Christinnen und Christen haben aus dem Aufruf des ökumenischen Weltkirchenrates 1993 in Vancouver zu „Frieden, Gerechtigkeit und Bewah- rung der Schöpfung“ ihr christliches Leitbild zum Handeln in der Welt abgeleitet. Es gilt, sich selbst ehrlich und ungeschminkt einzugestehen, dass un- sere menschliche Lebensweise und unser Umgang mit Mensch und Natur nicht folgenlos sind. Der kirchliche Ruf zur Umkehr kann nur wirkungsvoll und überzeugend sein, wenn kirchliches Leben und Gestalten dieses auch abbilden. Dazu braucht es Sachverstand, pfiffige Ideen und einen langen Atem – um der Würde der Schöpfung willen. Mit den Beiträgen in dieser ELAN-Ausgabe möch- ten wir dazu anregen, seinen eigenen Standpunkt zu finden und für sich ganz persönlich Möglich- keiten eines umweltgerechten Lebenswandels zu entwickeln. All unseren Leserinnen und Lesern wünschen wir nicht nur zur Sommerzeit, dass sie die Muße dazu finden, die Wunder der Schöpfung mit allen Sinnen zu entdecken und zu erspüren. Ihre ELAN-Redaktion Karin Droste Beate Ney-Janßen Ulrich Hinz Foto: ©kd LKSL.de Ulrich Hinz, Karin Droste – Redaktion ELAN
Staunend habe ich erkannt… Gedanken einer Wanderung durch den Fishriver Canyon. Inhalt Ich wandere nun schon seit Tagen In dieser engen, langen Schlucht 2 Vorwort In meinem Kopf ganz viele Fragen 3 Staunend habe ich erkannt… In meinen Lungen Canyonluft 4 Lebensmittel retten. Menschen Helfen. 6 Globales Lernen für Jugendliche Während ich einen Fuß 8 Naturschutz aufbauen vor den anderen setze Liebe Leserinnen und Leser! 9 Karitatives Recycling statt Entsorgung Tasten meine Augen die Felswand ab 10 You `re welcome! – Du bist willkommen Gottes Welt birgt viele Gottesschätze Vor etlichen Jahren, bin ich mit meiner 12 Bio-Gurken – aber bitte ohne Folie Ich blicke auf, die Felswand fließt herab Familie ein Stück durch den im Süden Na- 13 Energiefressern und Ressourcenkillern mibias gelegenen Fishriver Canyon gewan- 14 Geerntet wird in 190 Jahren dert. Das nebenstehende Gedicht bringt Unten gleicht sie einem Marmorkuchen 15 Bitte mal die Klappe halten! Vulkansteinadern durchziehen weißen Kalk zum Ausdruck, wie fasziniert ich damals 16 Landwirtschaft Nur wenige Gräser suchen über den Anblick war, der sich mir da bot. 17 Unser täglich Schnitzel 18 Über die (Er)schöpfung In schwindelerregender Höhe halt Ich bin es bis heute. Diese schöne Welt ist 19 Bienenwachs contra Plastik von Gott geschaffen. Das erkenne ich nicht 20 Speisekammer für die Biene Das Gestein bezeugt eine Geschichte automatisch. Es gehört mehr dazu. Wer 21 Helmtausch in der Bauabteilung von Millionen von Jahren es erkennt, hat darin ein Stück Weisheit 22 Heinrich Herrmanns Tektonische Bewegung faltete den Stein… erlangt. Ich selber kann mit meinem Schul- 22 Andreas Hecht Noch ehe die ersten Menschen waren, wissen nur darüber phantasieren, wie die 23 Wir sind dabei! Faltete hier Gott Kalk in Magma ein. Dinge, beispielsweise der Fishriver Canyon, 24 Werde Teil des Filmprojektes !!! entstanden sind. Wirklich fassen kann ich es 25 Termine und Veranstaltungen nicht. In Sprüche 8 spricht die Weisheit in Und oberhalb der Marmormusterung 29 Freud und Leid Folgt in Lagen Sandgestein Person. Sie sagt in etwa „Ich bin die Erste, Ich stehe sprachlos vor Bewunderung, die Gott geschaffen hat, und ich bin Zeugin und fühle mich unendlich klein davon, wie Gott die Welt erschaffen hat“. Weisheit ist folglich: erkennen, dass diese Es reiht sich Sandstein an Sandstein Büste Welt von Gott geschaffen ist. „Und Gott sah Wo einst ein Meer auf Boden stieß. an alles, was er gemacht hatte, und siehe, In dieser öden Wüste, es war sehr gut!“ Schuf Gott ein Paradies Alles Weitere baut darauf auf. Auf die Faszination und die Erkenntnis, dass Gott Der Canyon überragt mich diese Welt geschaffen hat, folgt mein Dank, um ein dreihundert Faches, mein Lob auf den Schöpfer. Ich habe die Der Fishriver grub tief sich ein, Schöpfung lieb gewonnen, weil ich über sie EL AN wie es ein Fluss so tut, gestaunt habe und weil ich darum weiß, Magazin der Evangelisch-Lutherischen Weil Gott zu ihm sprach „Mach es!“ dass sie von Gott her kommt. Und deswe- Landeskirche Schaumburg-Lippe Und siehe, was Gott schuf, war alles gut. gen schmerzt es mich auch, wenn wir als -Landeskirchenamt- Pressestelle Menschen nicht achtsam mit ihr umgehen. Bahnhofstraße 6 | 31675 Bückeburg Wenn eine Landschaft, die doch eigentlich Internet: www.LKSL.de so schön sein könnte, Ablageort unserer E-Mail: kontakt@lksl.de nicht mehr gewollten Haushaltsgegen- stände geworden ist. Lasst uns darum mit Verantwortlich: Ulrich Hinz (uh) dem, was Gott uns anvertraut hat, achtsam Layout/Design, etc.: Karin Droste (kd) umgehen! Einband: Titel 2019 © Karin Droste Mitarbeit: Beate Ney-Janßen (ade) Anneliese Hoffmann *) Name von der Reaktion geändert! Geistliches Wort 3
„Lebensmittel retten. Menschen helfen.“ Die Tafel in Stadthagen I mmer wieder erschrecken Meldun- gen darüber, wie viel Lebensmittel in Deutschland täglich vernichtet wer- den. Schätzungen zufolge landen ca. 20 Prozent aller produzierten Lebensmittel in Deutschland einen gemeinsamen Dachverband. Seit 2017 firmieren die aktuell weit mehr als 900 Tafeln unter dem Namen „Tafel Deutschland e.V.“. Gemäß dem Motto der Tafeln, „Lebens- der Tafeln des DRK in Schaumburg, zahl- reiche Ehrenamtliche und sogenannte „Ein-Euro-Jobber“. An fünf Tagen in der Woche sind sie im Einsatz. Zu ihren Aufgaben gehören die Abholung der im Müll. Nicht nur die Grünabfalltonnen mittel retten. Menschen helfen.“ gespendeten Lebensmittel, die Sortie- füllen sich außer mit Gartenabfällen verstehen sich die Tafeln als „Binde- rung am Standort Stadthagen und die auch mit großen Mengen von Speise- glied zwischen Überproduktion und Ausgabe an die Kunden. resten und verdorbenen Lebensmitteln. Unterversorgung“. Sie leisten durch die Foto: ©uh Auch in Supermärkten, Bäckereien, Rettung von Lebensmitteln vor deren Die Kunden Fleischereien und großen Produkti- Vernichtung einen wertvollen Beitrag Zu den Kunden der Stadthäger Tafel onsstätten der Lebensmittelindustrie zum Umweltschutz und zur Ressourcen- gehören derzeitig mehr als 1.000 Men- bleiben Waren übrig, die nicht verkauft schonung. schen aus dem Stadtgebiet und dem werden, weil sie dem Kunden äußerlich Umland Stadthagens. Als Nachweis der zu unappetitlich erscheinen oder deren Im Landkreis Schaumburg betreibt der Bedürftigkeit gilt ein amtlicher Bescheid Mindesthaltbarkeitsdatum fast oder DRK-Kreisverband Schaumburg e.V. in über den Bezug von Sozialleistungen, in gerade abgelaufen ist. Stadthagen die größte Schaumburger der Regel über Arbeitslosengeld II oder Auf der anderen Seite nimmt der Anteil Tafel, eine weitere Tafel in Rinteln sowie Grundsich-erung, über eine geringe an sozial und wirtschaftlich benachteilig- Ausgabestellen in Obernkirchen und Bad Rente oder andere geringe Einkünfte. ten Mitbürgern in unserer Gesellschaft Nenndorf. Außerdem gibt es im Kreisge- Bei nachgewiesener Bedürftigkeit er- zu. biet die Bückeburger Tafel, die im Jahr hält man einen Kundenausweis, der in 2000 gegründet wurde. regelmäßigen Abständen bei nachgewie- Als Reaktion auf diese Entwicklung senem Fortbestehen der Bedürftigkeit wurde 1993 die erste Tafel in Berlin Das Team verlängert wird. Auf dem Kundenaus- gegründet. Zwei Jahre später gründeten Zum Team der Tafel in Stadthagen gehö- weis stehen keine Namen, sondern nur die 35 zu jener Zeit existierenden Tafeln ren außer Heidi Niemeyer, Koordinatorin Nummern. Dieses wahrt die Privatsphä- 4 Tafel
re der Empfänger. Über Eintragungen zu In diesem Sinne kann man von einer Fortwährend ist die Koordinatorin Heidi der Nummer kann in einer Kundenkartei Win-win-Situation sprechen. D.h., dass Niemeyer mit der Organisation des Per- festgestellt werden, wie viele Personen sowohl die Tafeln durch den Empfang sonaleinsatzes, der betrieblichen Orga- zum Haushalt des Kunden gehören oder von Spenden - und damit auch ihre Kun- nisation und vor allem der Kontaktpflege auf welche Besonderheiten bei der den profitieren - als auch die Spender, zu den Spendern beschäftigt. Letzteres Zuteilung von Lebensmitteln geachtet die Kosten für die teure Entsorgung von ist unbedingt notwendig, damit der werden muss. Dabei finden sich u.a. Ein- überschüssigen Lebensmitteln einspa- Tafel immer ausreichend Spenden zur tragungen wie „Diabetiker“, „Vegetarier“ ren, die nicht mehr verkauft werden Verfügung gestellt werden. oder „kein Schweinefleisch“. können. Gewöhnlich kommen die Kunden ein Mal Mitunter kommt es vor, dass das Waren- Für die Anmietung der Räumlichkeiten, in der Woche. Ein Wochentag ist aus- angebot in den Tafeln unterschiedlich für Energie, zwei Transportfahrzeuge schließlich Rentnern und Rentnerinnen ausgewogen ist. Dann gibt die eine und deren Unterhaltung sowie für die vorbehalten. Tafel zum Beispiel eine größere Menge Ausstattung wie Kühlmöglichkeiten für Milcherzeugnisse an eine andere Tafel die Lagerung von Lebensmitteln fallen Die Spender ab und erhält dafür im Gegenzug viel- regelmäßig Kosten an. Durch Spenden Zu den regelmäßigen Spendern von Le- leicht einen Anteil einer großen Partie im Rahmen besonderer Aktionen von bensmitteln gehören Supermärkte und Wurstwaren. Beim Empfang größerer Vereinen, Vereinigungen und DRK-Orts- Discounter, Drogeriemärkte, Bäckereien, Warenmengen von großen Lebensmit- verbänden wie auch durch Geldspenden Lebensmittelläden und landwirtschaftli- telproduzenten werden Anteile solch von Privatpersonen können notwendige che Betriebe. Betriebe der Nahrungsmit- einer Spende an benachbarte Tafeln Anschaffungen, z.B. ein Gefrierschrank, telindustrie im weiteren Umland bieten weitergegeben. getätigt werden. Unverzichtbar für den ebenfalls Spenden an. Betrieb der Tafel ist ein Zuschuss des DRK–Kreisverbandes Schaumburg in beträchtlicher Höhe. Durch ihr Engagement leisten die Tafeln einen wichtigen sozialen Beitrag mit der Unterstützung von Menschen, die sich in einer prekären wirtschaftlichen Lage be- finden. Außerdem fördern sie mit ihrem Einsatz gegen Lebensmittelverschwen- dung und Lebensmittelvernichtung auch die Schonung wertvoller Ressourcen und leisten damit einen Beitrag zum Umweltschutz. Schließlich sollte jeder Konsument in Anbetracht des Hungers in der Welt und aus Mitverantwortung für die Um- welt einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln pflegen. Denn die Lebensmittelherstellung verbraucht riesige Mengen von Ressourcen wie z.B. Wasser und Energie. Durch Transport, Lagerung und Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln fällt klimawirksames Kohlendioxid an, das entscheidend für die aktuelle Klimaveränderung verant- wortlich ist. (uh) Die Tafeln in Schaumburg: ➠ Bückeburger Tafel e.V., Dammstraße 11, 31675 Bückeburg ➠ Tafel Rinteln, Bahnhofsweg 2, 31737 Rinteln ➠ Tafel Stadthagen, Gubener Straße 1, 31655 Stadthagen ➠ Weitere Ausgabestellen des DRK- Schaumburg in Bad Nenndorf und in Foto: ©uh Obernkirchen Tafel 5
Globales Lernen für Jugendliche I n der „Werkstatt Ökumenisches Ler- nen“ beim Ev.-Luth. Missionswerk (ELM) in Hermannsburg werden Konfirmandengruppen und Schulklassen zum Blick über den eigenen Tellerrand angeregt. In verschiedenen Seminarein- heiten wie zum Beispiel „Das gute Leben oder: Was brauchen wir, um zufrieden zu sein?“ erfahren sie etwas über die Lebenswirklichkeit von Menschen in ihnen fremden Kulturräumen und mit anderen Alltagsherausforderungen als ihren eigenen. Es wird dabei gefragt, was das mit uns in der westlichen Welt und mit unserer Lebensweise zu tun hat. Im Seminarmodul „Die Reise eines T- Shirts: Was haben wir mit Indien zu tun?“ erfuhren Konfirmandinnen und Konfir- mandinnen der Meinser Kirchengemein- de etwas darüber, wo und unter welchen Umständen ihre Kleidung hergestellt wird und welche ökologischen und sozia- len Missstände damit zusammenhängen. Durch die Auseinandersetzung mit den globalen Zusammenhängen wurden sie für ein kritisches Konsumverhalten sensibilisiert. Von ihrer Konfi-Freizeit in der „Werkstatt Ökumenisches Lernen“ berichteten die Konfis im Vorstellungsgottesdienst. Sie baten die Gottesdienstteilnehmer darum, auf dem Kleidungsetikett nach dem Ursprungsland von Hemd, Jacke, Hose, Rock oder Schuh zu suchen. Das Ergebnis war für viele überraschend. Die Mehrzahl der Kleidungsstücke stammte aus China, Bangladesch, Indien, Kambod- scha und Vietnam. Unabhängig davon, dass für uns günstige Die Beiträge der Konfis: günstiger ist, diese anstrengende Arbeit Preise Arbeiterinnen und Arbeitern in von hunderten von Baumwollpflückern Billiglohnländern viel Kraft und Schweiß Die meisten unserer T-Shirts wie auch erledigen zu lassen. kosten (ausbeuterische und gesund- die meisten anderen Kleidungsstücke heitsgefährdende Arbeitsbedingungen, werden aus Baumwolle hergestellt. Wenn die Faserbüschel von den Kernen geringe Löhne usw.), ist die Ökobilanz Baumwolle wird zum Beispiel in Indien befreit worden sind, geht die Baumwolle katastrophal: hoher Chemieverbrauch auf riesigen Plantagen angepflanzt. Der auf die erste Reiseetappe, zum Beispiel bei der Herstellung und Veredelung der Wasserverbrauch, der beim Anbau von in die Türkei. Dort werden die großen Kleidung, hohe Luft- und Abwasserver- Baumwolle anfällt, ist gravierend. Im Ballen aufgebrochen und die Baumwolle schmutzung und ein gewaltiger klima- weltweiten Durchschnitt werden für „gekämmt“. Nach ihrer Reinigung wird schädlicher Energieverbrauch durch die Produktion von 1 Kg Baumwolle ca. die Baumwolle auf großen Spinnmaschi- lange Transportwege. 11.000 Liter Wasser benötigt. In den nen zu Fäden versponnen und auf riesige USA wird die Baumwolle mit großen Spulen gewickelt. Dies stellten die Konfirmandinnen und teuren Erntemaschinen von den Büschen Konfirmanden am nachfolgend beschrie- gepflückt. Doch in Indien lohnt sich die Von dort aus geht die Reise weiter ins benen Beispiel der „Reise eines T-Shirts Anschaffung solcher Maschinen nicht, mehr als 8000 Kilometer entfernte um die Welt“ eindrucksvoll dar. denn die Löhne sind so niedrig, dass es Taiwan. 6 Lernen
genäht werden müssen. Bei einer Jeans sind es schon ein paar Teile mehr. Die Näherinnen sitzen meist in ganz engen Hallen dicht nebeneinander. Die Luft ist stickig und der Lärm ohrenbe- täubend. Den letzten Schliff bekommt das T-Shirt in Europa, wo es ja auch verkauft und getragen werden soll. Dort werden die Etiketten eingenäht. Vielleicht wird auch etwas aufgedruckt oder aufgenäht. Zum Schluss wird es noch einmal gebügelt und schön verpackt. Jetzt hat das T-Shirt nur noch einen Kurztrip vor sich. Einmal über die Gren- ze – und schon ist es in Deutschland. In einer Boutique oder in einem großen Bekleidungsgeschäft wird es ordentlich zum Verkauf ausgelegt oder hingehängt. Da die Modetrends häufig wechseln, schafft es ein T-Shirt manchmal gerade eine Saison. Dann ist es unmodern. Je- denfalls nach westlichem Geschmack. Also wird es aussortiert und in einen Altkleidersack gesteckt. Viele der ge- brauchten Altkleider aus Deutschland kommen zum Beispiel nach Afrika. In Kamerun gibt es riesige Märkte, auf denen ausgediente Kleidungsstücke aus Europa ein zweites Mal verkauft werden. Foto: ©uh Was für ein Wahnsinn! Manches T-Shirt hat einen Weg von fast 40.000 Kilometer hinter sich gebracht - Dort wird aus dem Garn in Webereien Stoff „veredelt“. Mit schwermetall- von der Ernte der Baumwolle bis zum der Stoff hergestellt. Ein moderner voll- haltigen Farben und vielen anderen Che- Verkauf des fertigen Kleidungsstückes. automatischer Webstuhl ersetzt dort mikalien wird er aufgepeppt. Damit die heute 1500 Arbeitsplätze. Farben dauerhaft beständig bleiben und Und wo kommen Ihr Hemd, Ihre Hose, Der fertige Stoff wird dann mehrmals ge- der Stoff nicht so schnell knittert, folgen Ihr Sportschuh, Ihre Jacke, Ihr Kleid her? waschen, damit ein Großteil der Giftstof- weitere Chemikalienbäder. Die Liste der Schauen Sie einfach mal auf das Etikett: fe ausgespült wird, die die Baumwolle im möglichen Verfahren zur Verbesserung Made in ... (uh) Lauf ihres Wachstums durch das Besprü- der Stoffqualität ist lang – ebenso die hen mit Schädlingsbekämpfungsmitteln Liste der dazu eingesetzten Chemikalien. aufgenommen hat. Dann wird der noch gelbliche Baumwollstoff mittels eines Damit es dem Stoff nicht langweilig wird, aggressiven Bleichverfahrens für seine geht es jetzt wieder auf Reisen: dieses Färbung vorbereitet. Mal sind es aber nur 7800 Kilometer bis nach Bangladesch. In Südasien wird Jetzt führt die Reise der schneeweißen der Baumwollstoff zugeschnitten. Wenn Stoffballen über 10.500 Kilometer nach es ein T-Shirt werden soll, dann sind es Tunesien. Dort in Nordafrika wird der ganz wenige Teile, die danach zusammen Lernen 7
Naturschutz von unten nach oben aufbauen I n diesem Jahr kann Thomas Brandt auf 25 Jahre als wissenschaftlicher Leiter der Ökologischen Schutz- station Steinhuder Meer (ÖSSM) in Winzlar zurückblicken. Diese Zeit hat nur am Steinhu- der Meer, son- dern von Rinteln bis Nienburg, sind wie gesagt eine ihm nicht nur jede Menge Erfahrungen der Grundlagen eingebracht, er könne jetzt auch an für den Natur- vielen Stellen die Früchte dieser Arbeit schutz und sind beobachten, sagt er. Der Naturschutz von der ÖSSM in am Steinhuder Meer habe sich durchaus Kooperation mit bezahlt gemacht. ve r s c hi e d e n e n Foto: ©ade Partnern angelegt Viel, viel mehr Artenreichtum gebe es im worden. Vergleich zu den 1990er Jahren, sagt der In diesen Blenken Biologe und erzählt von dem, was „un- hat sich beispiels- ringsum sitzen, bleiben die Moorfrösche ten“ getan werden muss, damit „oben“ weise die Krebsschere wieder angesie- am Boden. Ideale Laich-Plätze haben etwas ankommt. „Unten“, da sind die delt. Von dieser Schwimmpflanze war diese beiden bedrohten Arten in den Pflanzen, die Böden, die weite Land- nur noch ein einziger Restbestand am Blenken gefunden und können sich nun schaft um das Steinhuder Meer. „Oben“ Meer vorhanden. ÖSSM-Mitarbeiter gut vermehren: Vom Moorfrosch gab es – dazu führt er das Beispiel der Adler an, vereinzelnten sie, setzten sie in einige vor 25 Jahren noch fünf bis zehn Tiere die in den Meerbruchswiesen seit Jahren der Blenken, und jetzt kann Brandt nahe dem Meer. Heute sind es 20.000 erfolgreich ihre Jungen aufziehen. dann, wenn er im Garten der ÖSSM bis 100.000. Laubfrösche hingegen sind am „Kleinen Stein- aktiv angesiedelt worden – und auch das huder Meer“ – ei- ist eine Erfolgsgeschichte, die den Blick nem Schau-Tümpel eröffnet auf rund 10.000 Exemplare der – sitzt, auf Krebs- kleinen Quaker, die dem Froschkönig als scheren blicken. In Vorbild dienten. den älteren Blenken So geht die Liste der Arten weiter nach gibt es sogar schon oben und auch die Anzahl dieser Arten Torfmoose. Mini- hat sich erheblich zum Positiven entwi- Moore würden dort ckelt. Das geht dann eben hin bis zu den jetzt entstehen, sagt See- und Fischadlern, die ihre Horste am Brandt, die andere Foto: ©brandt Steinhuder Meer haben. Pflanzen wie den Einen Fischadler, sagt Brandt, habe er Fieber-Klee nach unlängst beim Fang einer Karausche sich ziehen. gesehen – einer der vielen Fisch-Arten, Die Wasserflächen die auf der Roten Liste stehen. Wenn das Eine der vielen Maßnahmen, die – auch- und deren Fauna bieten auf diese Wei- passiere, wenn eine gefährdete Art einer den Adlern geholfen haben, sind rund se einen guten Lebensraum für viele anderen gefährdeten Art als Nahrung 200 Blenken, die es mittlerweile gibt. Insekten. Erst kürzlich ist eine Unter- diene, dann müsse doch wohl allerhand Flachgewässer sind das mit einer Tiefe suchung zu den Libellen-Arten in den richtig gemacht worden sein beim Natur- von 60 bis 80 Zentimetern und einer Meerbruchswiesen gemacht worden. 38 schutz am Steinhuder Meer. (ade) durchschnittlichen Wasserfläche von Arten, sagt Brandt, seien entdeckt wor- 2.000 Quadratmetern. Manche sind den, darunter einige ganz fantastische mitten auf Weiden angelegt, andere auf und seltene. 1995 habe es gerade Flächen, die gemäht werden. Ursprüng- mal eine Handvoll Libellen-Arten lich gab es sie an vielen Orten, natürli- in den Wiesen gegeben. che Mulden im Boden, die zu manchen Ähnlich wie den mit flinkem Zeiten trocken fielen, zu anderen mit Flügelschlag über dem Wasser Wasser gefüllt waren und die so etlichen surrenden Libellen ist es den Pflanzen und Tieren einen Lebensraum Amphibien ergangen. Acht Ar- boten. Mit vielen dieser Blenken war es ten sind jetzt am Meer und an unter anderem durch Entwässerungs- den Blenken – und nicht nur maßnahmen vorbei. Als er bei der ÖSSM dort. Auch im ÖSSM-Garten Foto: ©brandt zu arbeiten begann, sagt Brandt, habe es kann Brandt oft das Quaken noch eine einzige Blenke gegeben, die von Laub- oder Moorfröschen halb voller Bauschutt gewesen sei. hören. Während die grasgrünen Die Blenken, die es nun wieder gibt, nicht Laubfrösche gerne in den Hecken 8 Össm
Karitatives Recycling statt Entsorgung U nser Konsumverhalten wird angetrieben durch schnell wechselnde Moden und das Bedürfnis, dem technischen Fortschritt nicht hinterherhängen zu wollen. verkauft. Im seit 2007 existierenden Gebrauchtwaren- haus "brauchbar" werden zu günsti- Möbel, Gebrauchsgegenstände, Unter- gen Preisen Haus- haltungselektronik und Geräte aus dem haltsgegenstände IT-Bereich werden in immer kürzeren verkauf t. In der Abständen durch Neuanschaffungen 2009 eröf fneten ersetzt. Der Anstieg der Ressourcenver- „Galerie Vielfalt“ in schwendung ist immens. Stadthagen werden vornehmlich antike Wenn Umzug oder Haushaltsauflösung Möbelstücke und anstehen, führt der Blick in Keller, Kunstgegenstände Garage oder Dachboden oft zu einem angeboten. Foto: ©uh bösen Erwachen. Es gibt jedoch sinn- volle Alternativen zum Aufstellen einer Zudem bietet die Schrottmulde oder dem Abtransport SIGA eG mit ihren zum Entsorgungszentrum. Online- Wer k- un d Ver- Marktplätze erfreuen sich nach wie vor kaufsstätten sowie Bereich angegliedert. Aus drei, vier großer Beliebtheit. Funktionstüchtige den Dienstleistungen im Entsorgungs- oder fünf gespendeten Fahrrädern wird Geräte oder Möbelstücke können an bereich Menschen eine Beschäftigung ein funktionstüchtiges Fahrrad zusam- soziale Unternehmen von Wohlfahrts- und Möglichkeiten der beruflichen mengebaut. Vor dem Verkauf wird die organisationen oder andere Initiativen Qualifizierung in unterschiedlichen Ar- Verkehrssicherheit durch die Polizei gespendet werden, die gebrauchte beitsbereichen wie Verkauf, Verwaltung, geprüft und durch Vergabe einer Prüf- Geräte und Gegenstände entweder Transport, Lagerhaltung und Reparatur plakette bescheinigt. Fahrräder wie auch weiterverkaufen oder sie zerlegen und an. die Rohstoffe dem Wirtschaftskreislauf L angzeitarbeits- zur Wiederverwertung zuführen. losen wird so die Möglichkeit gege- SIGA-Geschäftsführer Karsten Haake ben, ihren Lebens- und Kerstin Sawicki (Assistenz des Vor- unterhalt unabhän- standes) erläuterten im Gespräch mit giger von öffentli- der ELAN-Redaktion den Auftrag und cher Unterstützung die Organisation der 1996 gegründeten zu bestreiten und Schaumburger Initiative gegen Arbeits- dadurch ihr Selbst- losigkeit eG (SIGA). In Kooperation mit wertgefühl und ihr dem Jobcenter wird das Ziel verfolgt, Selbstbewusstsein Langzeitarbeitslose, die älter als 50 Jahre zu stärken. sind, und Menschen mit gesundheitli- chen Einschränkungen durch Maßnah- Bei den angebote- Foto: ©uh men und Projekte dauerhaft in den Ar- nen Waren in der beitsmarkt zu integrieren. Zum Erreichen „Galerie Vielfalt“ dieses Zieles wurden seit Gründung der (Stadthagen) und SIGA insbesondere Projekte im Bereich im Sozialkaufhaus des Recycling entwickelt. „brauchbar“ (Rinteln u. Stadthagen) überholte und geprüfte Elektrogeräte handelt es sich um Spenden. Bevor sie werden im Ladengeschäft „Lichtblick“ Seit 1999 läuft das Projekt „Sperrmüll- ins Verkaufsregal kommen, werden sie in Stadthagen angeboten. (uh) Recycling - eine Alternative zur Arbeits- repariert, geprüft und aufgearbeitet. losigkeit“. Im Restaurationsfachbetrieb Damit verfolgen die Märkte den Recy- „Antik-Möbel-Manufaktur“ werden clinggedanken, der auf Grund ökologi- mittlerweile seit 17 Jahren antike Möbel scher Erwägungen und einer steigenden restauriert und zum Verkauf angeboten. Zahl bedürftiger Menschen ein wichtiges 2008 wurde das Projekt „Metallrecy- Element ihrer Arbeit darstellt. Foto: ©uh cling“ gegründet, das die kostenfreie Abholung von Metallgegenständen Zum Bereich Metallrecycling gehört ein anbietet. Die wertvollen Rohstoffe wer- Lager mit integrierter Reparaturwerk- den nach ihrer sortenreinen Sortierung statt. Die Fahrradwerkstatt ist diesem Siga 9
You ` re welcome! – Du bist willkommen Gemeinsam mit ihrer Tochter erkun- sie überall mit hin. „Das nenne ich mal dete sie das Land und Leben in Ghana Mutter-Kind-Bindung!“ fernab von Touristenburgen. Besonders Ghana ist laut, chaotisch, freundlich, eindrucksvoll und für Europäer unvor- voller Musik, hat eigene Verkehrsregeln, stellbar ist das oberirdisch verlaufende kaum Unfälle, obwohl ab und an mal Abwassersystem. Eine offene Kanalisa- Hühner oder Ziegen auf der Straße lau- tion, die durch die Gassen und Straßen fen. Ampeln sieht man nur selten. Aber läuft. Überall liegt Plastik herum. Müll es funktioniert! findet man öfters und wird an jeder denkbaren Stelle verbrannt. Verbrannt Je mehr sie sich auf das Land eingelassen riecht es überall. Daran gewöhnte sie habe, ihre eigenen Bedürfnisse hinten sich aber schnell. Es gehört zum Leben anstellte, je mehr habe sie die unbe- dazu. Unklar blieb ihr, ob es überhaupt schreibliche Faszination des Landes lieb eine Müllabfuhr gibt. Alles hat dort seine gewonnen. Nach vielen Besuchen und eigenen Regeln. Exkursionen schaute sie mit Bewunde- Die Städte in Ghana sind nicht vergleich- rung den Fischern zu, die stundenlang bar mit deutschen Städten, dennoch ist die Netze in Handarbeit aus dem Meer das Land nicht arm. Eigentlich ist alles einholten. Zeit und Raum völlig anders, vorhanden, nur die Mentalität und die aber toll!! Kultur sind eine andere. Man lebt und Auch der kirchliche Aspekt und der arbeitet, um sich und vor allem seiner Glaube habe in Ghana einen sehr hohen Familie ein gesichertes Leben zu gewähr- Stellenwert. So ist es z. B. üblich, wenn leisten. Bildung spielt auch dort eine man das gängige Fortbewegungsmittel große Rolle. Auch der teilweise schlechte „Tro-Tro“ (eine Art marodes Sammeltaxi, gesundheitliche Aspekt ist nicht zu un- Bulli) nutzt, dass sich ein Prediger in den terschätzen. Frau Korte kann die Menge der Eindrücke gar nicht in Worte fassen, welche sie alle mit nach Deutschland zurück gebracht hat. Für sie war jeder Tag ein großes Abenteuer. Foto: ©privat E Beim Fußweg durch die Gassen fiel ihr auf, dass es keine Hausnummern gibt. inmal raus aus dem Alltag und Aber dennoch findet man das Ziel, das einen anderen Kontinent besu- man erreichen möchte. Als Europäerin chen? Für Andrea Korte ging es wurde sie immer sehr freundlich und mit im Februar 2019 nach Ghana, wo sie offenen Armen empfangen. „Die Gast- ihre Tochter (wir berichteten bereits freundschaft, trotz manchmal sozialer darüber) besuchte. Nöte, ist für mich unglaublich herzlich und beeindruckend gewesen.“ Einen Am Flughafen in Accra angekommen Satz, den sie ganz oft hörte, vermisst und gab es gleich den Klima- und Kultur- liebt sie jetzt: „You´re welcome! – Du bist schock. Ihr Eindruck von ökologischer willkommen“. Lebensweise war erstmal verflogen. Eigentlich hatte sie Angst vor der Fremde, Die ersten Minuten auf fremden Boden den fremden Menschen, deren Ritualen ließen nur den einen Gedanken zu: „Hier und der fremden Sprache. Doch ganz im ist alles ganz anders!“ Gegenteil sei es für sie gewesen. Sie sei von Ankunft an ein Teil der Gemeinschaft Menschen, lautes Gerede, Tiere auf den gewesen. Besonders spiele der familiäre, Straßen und Autos, die in Deutschland respektvolle und freundliche Umgang nicht mehr als fahrtauglich gelten wür- untereinander eine ganz große Rolle in den. Hier enden also u. a. unsere alten Ghana. Egal welcher sozialen „Schicht“ Autos mit grüner Plakette? Allein die man angehöre. Sie habe sehr schnell vielen neuen Gerüche bescherten einen das Gefühl gehabt, unter dem Schutz Sinnesrausch. Ob sie damit zwei Wochen der Einheimischen zu stehen. Mütter Foto: ©privat klarkommen würde? mit Kinderwagen würde man dort fast nie sehen. Die Mütter tragen ihre Babys und Kleinkinder am Körper und nehmen 10 Ghana
Foto: ©privat Foto: ©privat Bulli setzt, eine Andacht hält und alle ge- meinsam singen und beten. Die Abfahrt kann sich manchmal schon Stunden hin- ziehen, da ein Tro-Tro keine festgelegten Abfahrtszeiten hat, sondern erst dann losfährt, wenn die letzte Sitzmöglichkeit besetzt ist. Für uns hier völlig undenkbar. Aber in Ghana ticken die Uhren anders. Schnell verging Frau Kortes tropischer Aufenthalt in Ghana und bald war sie wieder zurück im kalten Deutschland. Die Elanredaktion fragte Frau Korte, was Ghana jetzt für sie sei. „Trotz meiner Bedenken diese Reise anzutreten (der Wunsch meiner Tochter und der Wille meines Mannes), bin ich Foto: ©privat meiner Familie unendlich dankbar, dass ich diese Erfahrungen machen durfte! Und jetzt kann ich für mich sagen: Und siehe, es war sehr gut für mich. That´s Ghana for you!“ (kd) Foto: ©privat Ghana 11
Bio-Gurken – aber bitte ohne Folie Schöpfung schützen im Haushalt von Katja Keul E ine Tankstelle für ihr Auto hat Katja Keul an ihrem Haus instal- liert, und natürlich tankt sie mit ihrem Elektroauto dort Naturstrom. Wie geht sie, die doch seit 2009 im Bun- destag gehe. Dort ist sie in ihrer Fraktion Sprecherin für Abrüstungspolitik. Und das, sagt Keul, sei auch einer ihrer wich- tigsten Gründe gewesen, weswegen sie in die Politik gegangen sei: Die größte Haus haben, neben dem sie ihr Fahrzeug abstellen können. Natürlich versuche sie auch, viele Klei- nigkeiten zu beachten, die der Umwelt helfen würden. Das sei aber manchmal destag als Abgeordnete von Bündnis 90/ Zerstörung von Mensch und Umwelt sei gar nicht so einfach, bekundet sie und Die Grünen sitzt, aber ansonsten mit der für sie der Krieg und dagegen wolle sie macht es am Beispiel der Gurken fest. Schöpfung um? Was ist ihr wichtig, wo politisch handeln. Eine Zeitlang habe sie bewusst keine sieht sie bei sich noch Defizite? Und wo Die Schöpfung also bewahren, indem Bio-Gurken gekauft, weil es die nur in setzt sie ihre Prioritäten beim Umgang Kriege verhindert werden, das ist eines Folie eingeschweißt gab. Die Gurken mit der Schöpfung? der großen Ziele im politischen Leben ohne Folie waren hingegen nicht „Bio“. Auf schädliche Ver- packungen zu ver- zichten sei nicht im- mer einfach, sagt sie, schon gar nicht mit einer großen Familie wie ihrer, zu der neben ihr und ihrem Mann noch drei Kinder gehören. Ihr persönliches Manko sei im- mer no ch, das s sie eigentlich zu viel Fleisch esse. Sie hält sich aber immerhin zugute, dass sie möglichst an d e r Fl ei s c h - theke und dabei weitestgehend regionale Produk- te kauft. Regional und Bio sind die wichtigsten Stich- worte für sie und das würde sie auch weiterempfehlen, allein schon aus Foto: ©ade dem Grund, weil sie die Verbraucher als große politische Macht ansehe. Das Haus in der Gemeinde Marklohe im der 49-jährigen Rechtsanwältin. Doch Landkreis Nienburg, in dem Katja Keul wie sieht es in anderen Bereichen aus, in Hinterfragten Verbraucher das, was mit ihrer Familie lebt, liegt malerisch an all jenem, was die Schöpfung laut Bibel sie zum Kauf angeboten bekommen, einem kleinen Stichweg, der direkt auf ausmacht? Wie setzt sich Keul in ihrem genauer und handelten dann noch die Kirche im Ort zuführt. privaten Umfeld damit auseinander? entsprechend, könne sich eine Menge Ja, so neben der Kirche und mitten im ändern – wie im Fall der Bio-Gurken, die Ort zu leben, das gefalle ihr gut, sagt Ihre Naturstrom-Tankstelle zeigt sie jetzt auch ohne Folienverpackung zum sie. Und fügt sofort hinzu, dass sie kein gerne und berichtet auch davon, dass Verkauf ausliegen. (ade) Mitglied einer Kirchengemeinde sei, sie ihre Heizungsanlage mittlerweile um- die Kirchen aber dennoch als einen der weltfreundlicher sei. Solche Dinge wie stärksten Bündnispartner ansehe, wenn die Tankstelle am Haus – das sei doch auf es um ihre vorrangigen Anliegen im Bun- dem Land gut möglich, dort, wo viele ein 12 Politik
Energiefressern und Ressourcenkillern den Garaus machen D ie Erneuerung der Kirchenhei- zung steht an, auf dem Gemein- dehausdach soll eine Photovol- taikanlage installiert werden, der Wech- sel zu einem anderen Stromanbieter an kirchliche Bedürfnisse angepasst und lässt sich auf die individuellen Bedingun- gen vor Ort abstimmen. Es regt dazu an, jeweils eigene Schwerpunkte und Ziele zu setzen. Arbeitsfeldern und Lebensbereichen große ökologische Verbesserungsmög- lichkeiten stecken. Kirchliches Umweltmanagement gibt wird geprüft – Kirchenvorstände sind bei Der hohe Bestand an zumeist sehr al- Impulse, motiviert und fördert eine be- solchen Überlegungen und in noch viel ten Kirchen, äußerst großen und wenig teiligungsorientierte Zusammenarbeit. Kirchliches mehr Angelegenheiten gefordert, nicht nur nach ökonomischen sondern auch energieeffizienten Gemeindehäusern und Pfarrhäusern sowie Einrichtungen Unabhängig davon, ob jemand im Kirchenvorstand oder im Gemeindekir- Umweltmanagement unter ökologischen Gesichtspunkten Ideen zu entwickeln und Entscheidun- in kirchlicher Trägerschaft wie Kinder- gärten und Friedhöfen bietet sehr viele chenrat einen Sitz hat, sollten Fachfrau- en und –männer aus dem Einzugsgebiet gen zu treffen. der Kirchengemeinde darum gebeten werden, ihre Fähigkei- Auf Dauer sind durch Um- ten und Kompetenzen miteinzu- weltmaßnahmen in vielen bringen. Durch Transparenz und Fällen auch Kosteneinspa- Beteiligungsorientierung kann die rungen zu erzielen. Durch Kirchengemeinde belebt werden. den Einsatz überschaubarer Finanzmittel können Energie- Ähnlich wie es im Baubereich und Wasserbrauch sowie das der Fall ist, könnte man in der Abfallaufkommen um bis zu Kirchengemeinde Umweltbeauf- 30% gesenkt werden. Ange- tragte ernennen. Gemeinsam sichts stetig steigender Kos- mit Fachleuten könnten sie eine ten können auf diese Weise kritische Bestandsaufnahme vor- neue finanzielle Spielräume nehmen und damit Energiefresser eröffnet werden. und Ressourcenkiller aufspüren. Damit einhergehen kann ein Hunderte von Kirchengemeinden erheblicher Imagegewinn betreiben schon seit Langem durch glaubwürdiges Han- Energiemanagement. Einige Ge- deln. Durch die öffentliche meinden setzen beim Einlauf an, Bekannt-machung durchge- andere fördern umweltfreund- führter Maßnahmen mag das liche Mobilität oder die Arten- ein oder andere umgesetzte vielfalt auf ihren Flächen. Neben Projekt zudem seine Nachah- einer guten Öffentlichkeitsarbeit mer finden. ist es wichtig, die gemachten Erfahrungen auszutauschen und Bei der Erstellung von „Män- nach Möglichkeiten der Koope- gellisten“ und der Planung ration bei Umweltschutzmaßnah- und Durchführung von Maß- men zu suchen. (uh) nahmen und Projekten im Bereich Angriffsflächen für Entwicklungsideen. Umwelt- und Klimaschutz sind Kirchen- Ein cleveres Energiemanagement zur gemeinden und kirchliche Einrichtungen Vermeidung von Energieverschwen- nicht sich selbst überlassen. Unter- dung durch Dämmung und intelligente schiedliche Initiativen und Einrichtungen Heizungslösungen (z.B. Einsatz regene- inner- und außerhalb der Kirche beraten rativer Energieträger wie Photovoltaik und unterstützen sehr fachkundig. Das Ein Projekt der Evangelischen oder Einbau von Wärmepumpen) sowie Bemühen darum, in der Kirche den eige- Kirche von ein an Vermeidung Westfalen von Abfall orientier- nen ethischen Kriterien der „Bewahrung ter Einsatz von Verbrauchsmaterialien der Schöpfung“ gerecht zu werden, wird und natürlichen Ressourcen im kirchen- damit unterstützt. gemeindlichen Alltag ist als Beitrag in der gegenwärtigen Situation zwingend Im Raum der Kirche wurde das kirchliche notwendig. Umweltmanagementsystem „Grüner Hahn" bzw. „Grüner Gockel“ entwi- In einigen unserer Kirchengemeinden ckelt. Kirchengemeinden und kirchliche gibt es bereits gute Beispiele. Doch bei Einrichtungen werden Beratung und genauem Hinschauen zeigt es sich, dass Begleitung angeboten. Das System ist noch in vielen kirchengemeindlichen Grüner Hahn 13
Geerntet wird in 190 Jahren N achhaltigkeit – was heutzu- tage in vielerlei Beziehung und gerade dann, wenn es um den Umgang mit der Schöpfung geht, in aller Munde ist, haben quasi die Forstbe- en Vogue ist. Das ist die wirtschaftliche Seite des Betriebes. Die andere Seite ist die der Ökologie. Für ihn, sagt Sierk, sei die Leitung des Betriebes immer ein Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und die Ziele des Forstes für die kommenden zehn Jahre sein? Zehn Jahre, das ist der Rhythmus, in dem solche Forsteinrichtungen erstellt wer- den. Schnelllebig ist das beileibe nicht triebe erfunden. Sie arbeiten vor diesem Ökologie. Das eine wie das andere treibt und so müssen die Ziele mit Bedacht Hintergrund seit Jahrhunderten, denn er aktiv voran – ärgert sich aber manches gewählt werden. Zehn Jahre sind dabei schließlich wird so manches, was sie Mal doch über viele Vorschriften, die er allerdings noch eine sehr kleine Zeit- heute pflanzen erst Generationen später beachten muss, gerade weil der Kloster- spanne. Was heutzutage entschieden zur Ernte kommen. Entsprechend ver- forst so schön, so artenreich und auch als wird, das kommt in manchen Fällen erst antwortungsvoll gehe er mit „seinem“ Wirtschaftsbetrieb so sehr im Einklang in 190 Jahren zur Ernte. Forst um, sagt Karsten Sierk. Seit 1991 mit der Natur sei. Viele FFH-Gebiete – Die Bilanz, die Böckmann zog, war aus- ist er Leiter des Forstbetriebes Kloster rund 80 Prozent der Flächen - gebe es im nahmslos positiv. Solch ein Forst wie in Loccum. Klosterforst. Die gute Bewirtschaftung Loccum, der sei ein echtes Juwel, sagt seit Jahrhunderten werde quasi damit er. Eine gute Mischung von Laub- und Nadelbäumen sei vorhanden, der Zu- wachs an Holz und auch an der Vielfalt der Arten deutlich sichtbar, das Alter der Bäume in gewünschter Ausgewogenheit, so dass niemals irgendwo ein Kahlschlag befürchtet werden müsse. Auf den rund 590 Hektar Wald, die das Kloster besitze, würden nur rund zehn Prozent der Fläche durch Anpflanzungen aufgeforstet. Der Rest der Aufforstung geschehe auf natür- lichem Weg durch Aussamung. Das alles ist wichtig, trägt zu einem gesunden Wald bei und das hilft auch der Fauna. Für Sierk hat die Ökologie neben dem großen Ganzen aber noch etliche kleinere Aspekte, die er beach- tet. Gelegentlich Tot-Holz liegen lassen ist notwendig – das schafft Lebensraum für Insekten. Nist- und Höhlenbäume erkennen und sie stehen lassen eben- Foto: ©ade so. An anderen Stellen wünscht er sich allerdings auch wieder mehr Entge- genkommen. Wenn etwa die Karpfen- Teiche, die schon lange nicht mehr als Eine der ältesten Forsten Deutschlands gestraft, denn jedes dieser Gebiete solche genutzt werden und stattdessen ist es, die Sierk leitet, denn nach der mache die Bewirtschaftung schwieriger, zum Lebensraum für allerhand anderes Stiftung an den Zisterzienser-Orden, weil es derart viele Verordnungen gebe. geworden sind, einmal ausgebaggert die 1163 erfolgte, gab es niemals ei- Lauscht man Christoph Böckmann, werden müssten, um nicht komplett zu nen Eigentümer-Wechsel. Rund 650 dann macht Sierk seine Sache in jeder verlanden. „Naturschutz ist manchmal Hektar Wald gehören in Niedersachsen Beziehung sehr gut. Böckmann führt ein ein Käseglocken-Prinzip“, sagt er. Da dazu, weite Flächen davon direkt um Beratungsbüro für Forstbetriebe. Für wäre es schon gut, diese Käseglocke ab Loccum. Vielfalt zeichnet diesen Wald das Kloster Loccum hat er in 2017 einen und zu etwas anzuheben. aus, das macht schon eine Karte von Inventur-Bericht fertiggestellt. „Forst- Was er darüber aber immer im Blick dem Teilstück, das „Sündern“ genannt einrichtung“ nennt sich dieser Bericht. hat, nicht nur als Betriebsleiter im wird, sehr deutlich. Ein kleinteiliger Darin enthalten ist der Ist-Zustand des Klosterforst, sondern auch als Syno- Flickenteppich aus unterschiedlichen Waldes. Wie alt sind die Bäume, wie daler der Landeskirche Hannovers, ist Baumarten ist darauf deutlich zu er- hoch, wie dick, in welcher Menge und in die Verantwortung des Menschen für kennen. Spaziergängern im Wald gefällt welchen Arten stehen sie auf den jewei- die Schöpfung. Für diese und für die besonders diese Vielfalt und Sierk nennt ligen Flurstücken? Auf dieser Grundlage kommenden Generationen. Weswegen sie seinen „Bauchladen an Baumarten“. stellt er Vergleiche zu seinen früheren Nachhaltigkeit ihm wie schon seinen Ein Pfund, mit dem er wuchern, auf Loccumer Berichten an. Wie hat sich Vorgänger ein großes Anliegen ist. (ade) den Markt reagieren, immer das Holz der Wald entwickelt? Ist er festgelegten zur Verfügung haben kann, das gerade Zielen nähergekommen? Und was sollen 14 Klosterforst
„Bitte mal die Klappe halten!“ W as steht nicht alles in Häu- sern und Wohnungen, wofür jeder von uns keine Verwendung mehr hat. Oder keinen Platz. Sperrmüll ist dann eine Möglich- keit. Flohmärkte eine andere. Gegen überquellende Bücherregale etablieren sich hingegen mehr und mehr "Offene Bücherschränke". Eine Idee vom Ver- schenken und Geschenkt bekommen und von Wiederverwertung zur Freude vieler am Beispiel der Rehburg-Loccu- mer Bücherschränke. Kommunikativ wird es an den Bücher- schränken in Rehburg-Loccum immer, wenn die Frage lautet: „Können Sie wohl mal die Klappe halten?“ Das ist dann keineswegs eine barsche Aufforderung zur Stille, sondern nur die Bitte, eine der Klappen aufzuhalten, hinter denen Bücher in langer Reihe stehen. Romane und Sachbücher, Kinderbücher, Bildbän- Foto: ©ade de, Kochbücher, Reiseführer, Klassiker von Goethe bis Lenz – die Auswahl ist groß und dementsprechend groß auch das Interesse an den Bücherschränken. Paten auch noch an: Hat jemand viel „Schätzchen“ oder eben auch dann viel „Da quietschen manchmal die Reifen“, mehr Bücher zu Hause, als momentan in lesen zu können, wenn das Portemon- sagt einer der ehrenamtlichen Bücher- die Schränke passen, so holen sie auch naie nicht dick genug für neue Bücher ist, schrankpaten und schmunzelt. Wenn er schon einmal eine Wagenladung ab, die all das treibt Menschen an die Bücher- nämlich eine der Klappen am Schrank in dann in Kellern und Garagen zwischenge- schränke. Oder einfach nur der Gang mit Loccum halte, um Ordnung in die Buch- lagert wird, um später in den Schränken einem Buch in der Hand zum Schrank, reihen zu bringen oder die Scheiben zu zu landen. um ein anderes nach Hause zu tragen. putzen, beobachte er immer wieder, wie Mancher, der seinen Haushalt auflösen Das Geben und Nehmen funktioniert Autofahrer auf den Schrank reagierten: wollte und verzweifelt vor einem riesi- gut, und ist mit den Bücherschränken neugierig und mit einem spontanen gen Regal voller Bücher stand, die ihm ein allzeit verfügbares Angebot. Sieben Schwenk auf den Marktplatz, um sich niemand abnehmen wollte, hat so schon Tage pro Woche rund um die Uhr sind das Angebot anzusehen. Manches Buch Hilfe bekommen und sich gefreut, dass die Bücherschränke schließlich geöffnet. aus dem Loccumer Schrank gehe so auf nicht im Container landen musste, woran Das kann keine Buchhandlung, keine die Reise, denn wer unter den Buchtiteln einmal das Herz hing. Bücherei leisten. Und: Dort, wo Offene wählen könne, werde fast immer fündig. Die Schränke wiederum haben ganz Bücherschränke stehen, landen nicht Touristen, die das Kloster besuchen, unterschiedliche Nutzer. „Ich habe mal mehr so viele Bücher in Altpapiertonnen. und natürlich auch die Menschen aus einen Karl May hier gefunden“, sagt ein Obwohl auch die Bücherschrankpaten dem Dorf seien weitere „Kunden“ des Mann, der an einem Sonntag mit dem – immer schweren Herzens – manche Bücherschrankes. Fahrrad vor einem Schrank steht. „Viel- Exemplare dem Altpapier zuführen. So, wie die Schränke immer gut geleert leicht habe ich ja noch einmal Glück.“ 20 Zerfledderte Bücher, solche, die nach werden, so werden sie aber auch immer Kilometer sei er dafür gerade gefahren, Monaten noch unberührt im Schrank wieder mit neuen Büchern gefüttert. Das ihm war kein Weg zu weit für den Ver- stehen (Erziehungsratgeber aus den ist eine andere Beobachtung, die die such, mehr vom Lieblings-Schriftsteller 1970er Jahren sind ein gerne bemühtes Bücherschrankpaten oft machen: Men- zu finden. Zwei kleine Jungen, die platt Beispiel dafür) bekommen jedoch die schen, die sich die Satteltaschen an ih- auf dem Po vor einem Schrank sitzen Jugendfeuerwehren in Loccum und rem Fahrrad vollgeladen haben, um ihre und Bilderbücher anschauen, sind eine Winzlar geschenkt. Die sammeln Altpa- aussortierten Bücher hinein zu stellen, andere Beobachtung. „Ich habe doch pier, um ihre Jugendarbeit finanzieren zu die einen Korb voller Bücher über dem nicht viel Geld“, sagt hingegen eine Frau können und sind über jedes Kilogramm Arm tragen oder ein einzelnes Exemplar schüchtern und bedankt sich für das un- froh. Dinge weiterverwerten, statt sie in den Schrank stellen, bevor sie sich auf eingeschränkte Angebot für alle. wegzuwerfen, das funktioniert mit den die Suche nach neuem Lesestoff machen. Gezielte Suche nach Büchern, spontanes Offenen Bücherschränken wunderbar. Und einen weiteren Service bieten die neugieriges Stöbern, die Freude über ein (ade) Bücherschrank 15
Landwirtschaft Interview mit Kreislandwirt W enn es um den Umwelt- schutz geht ist der Berufs- stand unserer Landwirte umstrit ten wie kaum eine andere Berufsgruppe. Für die einen sind sie schon eine bedeutende Rolle. Imker stellen ihre Bienenstöcke gerne in den Bereich blühender Rapsfelder. Doch für die Bestäubung zum Beispiel des Rapses spielen neben den Honig- und Wildbie- Im Grunde genommen sind in Deutsch- land ausreichend Flächen vorhanden, um die Gülle sinnvoll einzusetzen. Der so genannte Gülletourismus ergibt sich aus der Notwendigkeit, aus viehstarken Naturzerstörer – andere sehen in ihnen nen auch diverse andere Insekten eine Regionen die Gülle in Ackerregionen zu Landschaftspfleger. Sie selbst sehen sich wichtige Rolle. bringen. wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt und weisen mit gutem Recht darauf hin, ELAN: Der chemischen Industrie wird ELAN: Welche Rolle spielen wir Verbrau- dass sie einen wesentlichen Anteil an Mitschuld am Rückgang der Artenvielfalt cher? Was können wir tun? der Ernährung der Bevölkerung haben. gegeben. Immer wieder wird der Einsatz Wilharm-Lohmann: Durch sehr hohe Veränderungen in der landwirtschaftli- des Herbizids Glyphosat hart attackiert. Standards haben wir in Deutschland chen Nutzung gelten manchen als Ursa- Wilharm-Lohmann: Wir setzen das eine sehr gute Lebensmittelsicherheit. che für den voranschreitenden Verlust Herbizid Glyphosat vorwiegend ein zur Natürlich muss sich der Verbraucher an schützenswerten Lebensräumen und Vernichtung von Unkraut bevor Mais fragen, was ihm die Lebensmittel wert dem damit verbundenen Bestandsrück- oder Zuckerrüben gepflanzt werden. sind. „Geiz ist geil“ wird leider auch sehr gang zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Das Saatgut kann so unter minimalster konsequent beim Kauf von Nahrungsmit- Über Vorwürfe gegen die Landwirtschaft Bodenbearbeitung eingebracht werden. teln angewandt. Der alternative Einkauf und ihre Haltung zum Schutz der Umwelt Dies verhindert Erosion und fördert den beim Direktervermarkter auf dem Wo- sprachen wir mit Kreislandwirt Dieter Erhalt der Bodenstruktur. Da vorher chenmarkt oder im Hof- oder Bioladen Wilharm-Lohmann. aufgebrachtes Glyphosat nicht von den hat seinen Preis, den sich die Masse der aufwachsenden Nutzpflanzen aufge- Verbraucher nicht leisten können oder ELAN: Wenn es um Umwelt- und Kli- nommen wird, ist sein Einsatz an dieser wollen. maschutz geht, hagelt es immer wieder Stelle alternativlos. Vorwürfe gegen die Landwirte. Sind sie ELAN: Stellt die sogenannte Ökologische Umwelt- und Landschaftszerstörer? ELAN: Außer Glyphosat werden aber Landwirtschaft eine Alternative zur kon- Wilharm-Lohmann: Nein, auf keinen noch andere chemische Mittel einge- ventionellen Produktion dar? Fall. Jeder, der ein Haus baut, versiegelt setzt – zum Beispiel zur Pilzbekämpfung. Wilharm-Lohmann: Die Erträge würden Flächen. Industrie und Energiewirtschaft Wilharm-Lohmann: Gegen Pilzbefall um ca. 40 bis 45 % niedriger ausfallen als greifen mit dem Abbau von Boden- setzen wir Fungizide ein. Jedoch ist die bei konventioneller Bewirtschaftung. In schätzen massiv in die Landschaft ein. Konzentration bei Produkten mit ähnli- der Konsequenz würden mehr landwirt- Wir Bauern gestalten die Landschaft. cher Wirkungsweise, die zum Beispiel zur schaftliche Produkte aus dem Ausland Wirtschaftliche Gesichtspunkte und Schimmelbekämpfung im Badezimmer auf den deutschen Markt kommen. der Druck zur Produktionssteigerung eingesetzt werden, wesentlich höher als führen durch die Bewirtschaftung immer in der Landwirtschaft. ELAN: Welche Bemühungen stellen größerer Schläge natürlich auch zur Ver- Landwirte von sich aus für den Umwelt- änderung des Landschaftsbildes. ELAN: Massentierhaltung wird ange- schutz an? Früher gab es zum Beispiel prangert, weil große Mengen an Gülle mehr Brachflächen. ELAN: Führt dies denn zum Rückgang anfallen. Fördert das nicht eine schäd- Wilharm-Lohmann: Die gesetzlichen der Population von Insekten und ande- liche Belastung von Böden und Wasser Vorgaben für Flächenstilllegungen sind ren Wildtieren und damit zu weniger durch eine hohe Stickstoffzufuhr? verändert worden. Natürlich ist jede Artenvielfalt? Wilharm-Lohmann: In der Vergangenheit Fläche, die nicht intensiv bewirtschaftet Wilharm-Lohmann: Das kann man wurde hier und da häufig über Bedarf wird, eine gute Alternative für bestimm- pauschal nicht so sagen. Das müsste gedüngt. In den Fällen war die absolute te Arten. intensiver untersucht werden. Im Ver- Menge verantwortlich für Probleme. Zur Förderung vor allem der Artenvielfalt gleich zu den Ackerflächen bei uns sind Sie treten auf, wenn die Inhaltsstoffe unter Insekten sind neue Verordnungen die bewirtschafteten Flächen in den in Gülle oder auch Mineraldünger nicht erlassen worden. Die Blühstreifenver- ostdeutschen Bundesländern ungleich vollständig von den Pflanzen aufge- ordnung sieht die Anlage von Flächen- größer. Interessant wäre es herauszu- nommen werden. Das Ausbringen von streifen nach festen Vorgaben vor. Dies finden, welche Auswirkungen das auf Dünger unterliegt strengen Regeln. bringt nicht nur einen Imagegewinn für die Tier- und Pflanzenwelt hat. Die Witterung muss beachtet werden. die Landwirtschaft mit sich, sondern es Starke Regengüsse führen dazu, dass ist auf jeden Fall ein wertvoller Beitrag ELAN: Ein viel diskutiertes Thema ist die Nitrat ausgewaschen werden kann und für Insekten und Wildtiere. Biene. Muss den Landwirten der Schutz in das Grundwasser einsickert. Abstände Selbstverständlich gehört für uns Bauern der Biene nicht aus eigenem Interesse zu Gewässern wie zum Beispiel Gräben zur Aufstellung einer „zukunftsfähigen am Herzen liegen? müssen strikt eingehalten werden. Die Landwirtschaft“ ein umweltverträglicher Wilharm-Lohmann: Die Honigbiene Düngebilanz wird durch Dokumentation Umgang mit der Landschaft und der spielt hier in unserer Gegend für uns nachgewiesen. Natur dazu. (uh) 16 Landwirtschaft
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