Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo

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Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Mai 2016

Energiedialog

           Energiestrategie 2050
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Editorial                                                                                     Inhalt

Der Wert des                                                                                  Titelstory – Versorgungs­
                                                                                              sicherheit: Was wollen Politik

Schweizer Stroms
                                                                                              und Wirtschaft?                3–6

                                                                                              Wissen – Ohne Strom geht
                                                                                              gar nichts                              7

                         Liebe Leserin, lieber Leser                                          Spektrum – Im Winter wird
                                                                                              es eng                                 8–9
                         Die Reportage ab Seite 3 zeigt es deutlich: Es gibt viele gute und
                         auch gut gemeinte Ideen für die Gestaltung unserer Energie­
                         zukunft. Aber einen Königsweg gibt es nicht. 2016 ist ein Jahr, in
                         dem Rahmenbedingungen abgesteckt, in dem politische Entschei­
                         dungen gefällt werden. Über die Energiestrategie, aber auch über
                         einen sofortigen Atomausstieg. Deshalb sollten wir die Ideen von
                         Politik und Wirtschaft auch auf ihre Konsequenzen prüfen.

                         Axpo ist von den Verzerrungen in den Energiemärkten sehr
                         direkt betroffen. Der Marktpreis im Grosshandel für Strom ist
                         mittlerweile so tief, dass unsere Kraftwerke zu teuer produzieren.
                         Die Gründe für den Preiszerfall sind bekannt: massive Subven­
                                                                                              Physikerin Irene Aegerter.
                         tionierung der neuen Energien in Europa, tiefer Kohle-
Andrew Walo              und CO2-Preis, flaue Konjunktur. Besserung ist – zumindest in den    Interview – Irene Aegerter:
CEO Axpo                 nächsten Jahren – nicht in Sicht.                                    «Die Energiestrategie 2050 ist
                                                                                              keine!»                      10–11
                         Die Schweizer Wirtschaft kann sich zu Tiefstpreisen mit Strom
                         versorgen. Auch die Endversorger, die regionalen und lokalen         Kernkraft – Und es braucht
                         Netzbetreiber, decken sich am Markt mit Billigstrom ein –            sie eben doch                          12
                         können aber zumindest ihren Monopol-Kunden weiterhin ihre
                         Gestehungskosten verrechnen. Axpo hat in der Schweiz kaum            Reportage – Reto Tschuor:
                         Endkunden. Klimaschonenden Schweizer Strom zu produzieren            Der Staumauerbauer der
                         ist für uns deshalb zum Verlustgeschäft geworden.                    Schweiz                   13–15

                    Es gibt rigorose Ideen, wie dieser Situation beizukommen wäre:            Herausgepickt – Jetzt wird
                    Man solle die Produzenten Konkurs gehen lassen, deren Kraft­              geröhrt                                16
                    werke würden dann einfach von anderen Energieunternehmen

«
in
     Auch die Politik steht
     der Verantwortung.        »
                                  oder Investoren übernommen und betrieben.
                                  Tatsächlich: Die Werke wären damit auf einen
                                  Schlag abgeschrieben. Aber heute sind die Markt­            Axpo Newsletter abonnieren:
                                  preise so tief und die Steuern und Abgaben auf der          Aktuelle Themen, Geschichten
                                  Wasserkraft so hoch, dass oft nicht einmal mehr ein         und Hintergründe aus der Axpo
                    vollständig amortisiertes Grosswasserkraftwerk kostendeckend              Energiewelt:
                    betrieben werden kann. Wer sollte solche Kraftwerke also über­            www.axpo.com/newsletter
                    nehmen wollen? Und wer würde weiter in deren Erhalt oder gar
                    Ausbau investieren?
                                                                                                                                           Fotos: Axpo, Jolanda Flubacher; Titelbild: Axpo

                         Nein, wir müssen uns schon klar werden, was uns die sichere
                         Versorgung und damit ein von Wirtschaft und Gesellschaft             Impressum
                         gewünschter Mix der Stromproduktion in der Schweiz wert              Herausgeberin: Axpo Holding AG
                         sind. Zudem sind das hierfür benötigte Marktdesign und die           Parkstrasse 23 | CH-5401 Baden
                         Verantwortlich­keiten für die Versorgungssicherheit verbindlich      Redaktion: Catherine Mettler | Ueli
                                                                                              Walther | Franziska Pedroietta
                         festzulegen. Daher steht auch die Politik in der Verantwortung.
                                                                                              Feedback, Fragen, Kommentare:
                         Es braucht Lösungen – bevor es zu spät ist!                          info@axpo.com
                                                                                              Produktion und Layout:
                                                                                              media&more GmbH | Zürich
                                                                                              Druck: Sihldruck AG | Zürich
                                                                                              Auf FSC-Papier klimaneutral gedruckt
                         Andrew Walo

2    Energiedialog Mai 2016
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Titelstory

             «Wasserkraft stützen – Kohlestrom
             durch Lenkungsabgabe verteuern!»
             Die grossen Schweizer Stromproduzenten leiden unter massiv gesunkenen Strom-
             preisen und müssen sparen. Welche Rolle sollen Unternehmen wie Axpo künftig
             auf dem Strommarkt spielen? Auf welche Rahmenbedingungen können sie setzen?
             So sehen Politik und Wirtschaft die Energiestrategie 2050.

             «Strombarone» nennt man die grossen        2008 von 80 Euro/MWh auf 20 Euro/        für Strom liegen. Entsprechend ver-
             Schweizer Stromproduzenten in den          MWh. Anzeichen für eine Erholung         suchen die Stromproduzenten ihre
             Medien gerne abschätzig. Doch vom          in den nächsten Jahren gibt es derzeit   direkte Abhängigkeit vom Strompreis
             Adelsstand und von rosigen Aussich-        nicht. Stark subventionierter Wind-      zu reduzieren. Die vier Eckpfeiler der
             ten sind Firmen wie Axpo oder Alpiq        und Solarstrom (mit Zuschüssen von       Konzernstrategie, welche die Axpo
             derzeit weit entfernt. Auf dem Strom-      über 20 Milliarden Euro pro Jahr in      bereits seit zwei Jahren umsetzt, sind:
             markt werden Geschäfte langfristig         Deutschland), aber vor allem der tiefe   Kerngeschäft optimieren, Kosten
             getätigt, ein grosser Teil der künftigen   Preis für Kohle und CO2-Zertifikate      weiter senken, neue Geschäftsfelder
             Stromproduktion von 2019 ist bereits       sind der Grund für den Preissturz.       erschliessen und Investitionsplanun-
             verkauft. Und dies zu Preisen, die oft-      Für Stromproduzenten wie Axpo          gen fokussieren.
             mals unter den Gestehungskosten lie-       heisst dies strategisch umdenken.          Kein Wunder, dass nach der Fertig-
             gen. Das sind keine guten Aussichten.      Denn ein beträchtlicher Teil des         stellung des Axpo Pumpspeicherwerks
               Der Grosshandelspreis für Strom          Kraftwerksparks produziert aktuell       Limmern (Inbetriebnahme 2016/17)
             an den europäischen Börsen sank seit       zu Kosten, die über dem Marktpreis       und des Alpiq-Projekts Nant de Drance
Foto: Axpo

             Der Stausee Santa Maria
             am Lukmanierpass mit
             der 117 Meter hohen
             Bogenstaumauer.                                                                                                Energiedialog Mai 2016   3
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Titelstory

                                        im Wallis (ab 2018) keine grossen In-                                                 selbst verursachten Standortnachteil»,
                                        vestitionen zum Ausbau der Wasser-                                                    kritisiert Energiefachfrau Sonja Studer
                                        kraft geplant sind. Das Wachstums­                                                    von Swissmem (Maschinenindustrie).
                                        potenzial bis 2050 ist hier ohnehin                                                      Demgegenüber glauben CVP, SP
                                        sehr begrenzt. Auch bei der Windener-                                                 und Grüne an die ES 2050. Es gebe kei-
                                        gie mussten die Ausbauziele gemäss                                                    ne Alternative dazu und sie sei «trotz
                                        Energie­strategie 2050 (ES 2050) be-        Christian Wasserfallen                    miserablem Marktumfeld umsetz-
                                        reits reduziert werden.                     Nationalrat FDP (BE), Vizepräsident FDP   bar», urteilt Stefan Müller-Altermatt,
                                          Gänzlich von der Agenda gestri-
                                        chen sind nach den Problemen bei
                                        Probebohrungen in Basel und St. Gal-
                                                                                   «   Die Kantone haben
                                                                                    jahrzehntelang von den
                                                                                                                              CVP-Nationalrat und Präsident der
                                                                                                                              UREK (Energiekommission). Wich-
                                                                                                                              tig sei dabei besonders der Ausstieg
                                        len Geothermie-Projekte. Und die            Stromfirmen profitiert.                   aus der Kernenergie, betont SP-Frak­
                                        öffentliche Akzeptanz für den Bau           Jetzt müssen sie auch in                  tionschef Roger Nordmann. Die feh-
                                        von neuen Gas-Kombikraftwerken                                                        lende Energie könne durch alternative
                                        in der Schweiz ist «wegen des CO2-
                                                                                    mageren Zeiten Verant­                    Produktion in der Schweiz beschafft
                                        Ausstosses und der Auslandabhängig-         wortung für eine sichere                  werden. Eine bedeutende Rolle mit
                                                                                    Energieversorgung
                                                                                                         »
                                        keit relativ gering», wie der Verband                                                 einem Potenzial von bis zu 30 Prozent
                                        Schweizerischer Elektrizitätsunter-         übernehmen.                               werde dabei die Solartechnik spielen,
                                        nehmen nüchtern feststellt.                                                           «denn sie ist eine billige und sehr breit
                                                                                                                              akzeptierte Technologie». Für Bastien
                                        Wie kann man                                                                          Girod, Nationalrat der Grünen, und
                                        Kernenergie ersetzen?                     der Kernkraft (heute 40 Prozent der         Müller-Altermatt von der CVP ist klar:
                                        Kommt hinzu, dass auch 2015 der           Schweizer Stromproduktion) feh-             «Nur mit der ES 2050 werden erneuer­
                                        Stromverbrauch hierzulande um             lende Strom durch solchen aus dem           bare Energien und Stromeffizienz
                                        1,4 Prozent auf 58,2 TWh gestiegen        Inland ersetzt werden kann, scheint         ausreichend gefördert.»
                                        ist. Die ES 2050 geht aber von einem      fraglich (siehe Box Seite 6).
                                        Rückgang des Stromverbrauchs bis             Für SVP-Nationalrat Albert Rösti,        Noch abhängiger
                                        2050 um 10 Prozent aus. Die Risse in      Präsident der Aktion für vernünftige        vom Ausland?
                                        der Energiestrategie, die vom Parla-      Energiepolitik Schweiz (AVES), geht         Für SP und SVP ist zudem wichtig,
                                        ment in der Sommersession verab-          die Rechnung jedenfalls nicht auf.          dass die Schweizer Stromproduk­tion
                                        schiedet werden soll, sind offensicht-    «Die ES 2050 vermag eine sichere und        möglichst autark ist. So sei die Ver-
                                        lich. Ob der durch den Ausstieg aus       bezahlbare Energieversorgung nicht          sorgungssicherheit am besten garan-
                                                                                  zu garantieren.» Sie verursache hohe        tiert. Zudem sei die Energiebranche
                                                                                  Kosten, stelle hohe Anforderungen           ein relevanter Faktor der Schweizer
                                                                                  an die technische Entwicklung und           Wirtschaft. Ein gewisser Selbstver-
                                                                                  berge Gefahren für die Versorgungs-         sorgungsgrad sei «strategisch wich-
                                                                                  sicherheit. Christian Wasserfallen,         tig», glaubt aus diesen Gründen auch
                                                                                  FDP-Nationalrat, spricht von einem          Müller-Altermatt. Falls die Schweiz
                                                                                  «Grundlagenirrtum». Es sei ein «Un-         ein Stromabkommen mit der EU ab-
                                                                                  sinn, die CO2-arme Kernenergie zu           schliessen könne, dann «ist das egal»,
                                                                                  verbieten». Besser wäre es, mit erneu-      sagt dagegen Girod.
                                                                                  erbaren Energien die fossilen Brenn-           Auch     die   Wirtschaftsvertreter
                                                                                  und Treibstoffe abzulösen. Die erste        glauben, dass es künftig ohne Strom­
                                                                                  Etappe der ES 2050 «wird die Ziele          importe nicht gehen wird: «Die Ver-
                                          Roger Nordmann
                                                                                  nicht einmal zur Hälfte erreichen».         sorgungssicherheit ist für uns selbst-
                                          Nationalrat SP (VD), Fraktionschef SP

                                         «
                                                                                     Auch wichtige Wirtschaftsverbän-         redend existenziell», heisst es bei der
                                            Dank der KEV haben                    de und die Interessengemeinschaft           IGEB, egal woher der Strom komme.
                                                                                  Energieintensive Branchen (IGEB)            Aber: «Ein Minimalziel für die Eigen­
                                          wir schon rund 3 TWh zu­
                                                                                  stehen der ES 2050 skeptisch gegen-         versorgung hätte von Anfang an
                                          sätzliche Produktion an                 über. IGEB-Präsident Frank R. Ruepp         festgelegt werden sollen, damit an-
Fotos: www.parlament.ch

                                          erneuerbaren Energien.                  bilanziert: «Übrig geblieben ist ein Sub-   schliessend das Marktdesign definiert
                                          Wir brauchen noch 22,                   ventions- und Verwaltungsmonster.»          werden kann.» Besonders im Winter –
                                                                                  «Nur bedingt realisierbar mit hohen         wie dies bereits heute der Fall ist – blei-
                                          um die AKW zu ersetzen.
                                                                                  volkswirtschaftlichen Kosten», bemän-       be die Schweiz auf Importe angewie-
                                          Da steht uns noch ein
                                          harter Weg bevor.         »             gelt Michael Matthes von Science­
                                                                                  industries (Chemie, Pharma, Biotech).
                                                                                  «Für die Industrie bedeutet dies einen
                                                                                                                              sen, um den Wegfall der Kernenergie
                                                                                                                              zu kompensieren, bemerkt Wasser-
                                                                                                                              fallen. «Doch wir sollten nicht noch

                          4   Energiedialog Mai 2016
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Windräder vor dem alten Kohlekraftwerk in Mehrum (Niedersachsen).

abhängiger werden vom Ausland, vor         auch Artikel 89 der Bundesverfas-          Nordmann, dass «Swissgrid künftig
allem dann nicht, wenn es sich bei den     sung vorsieht. Allerdings seien neben      selber ein paar grosse Stauseen besit-
Importen um deutschen Kohlestrom           Swissgrid auch andere Netzbetreiber        zen oder pachten würde, um die Sta-
handelt.»                                  und die Stromproduzenten gefordert.        bilität der winterlichen Stromversor-
   Dass im Falle von Importen stark          Es braucht «ein optimales Zusam-         gung zu gewährleisten.»
mit CO2 belasteter Kohlestrom aus          menspiel aller Akteure», formuliert
Deutschland in die Schweiz kommen          AVES-Präsident Rösti. Wichtig sei,         Ist Insolvenz wirklich
könnte, macht den befragten Politi-        dass der «Markt spiele», tönt es bei der   kein Problem?
kern generell Bauchweh. Denn heute         CVP. Neu wünscht sich SP-Vertreter         Trotz der Bedeutung, die Stromprodu-
ist der Schweizer Strommix praktisch                                                  zenten für die Versorgungssicherheit
CO2-frei. Entsprechend breit ist denn                                                 laut Politik noch haben, dürfen diese
auch die Zustimmung, diesen Strom                                                     nicht mit finanzieller Hilfe rechnen,
aus fossiler Energie nötigenfalls mit                                                 wenn sie in eine wirtschaftliche Schief-
einer Lenkungsabgabe zu verteu-                                                       lage geraten. Sie seien nicht «too big
ern. Doch die Wirtschaft signalisiert                                                 to fail», finden alle Befragten. Nur bei
Widerstand: «Nicht praktikabel und                                                    voller Transparenz und im äussersten
eventuell auch nicht WTO-konform»,                                                    Notfall, wenn die Versorgungssicher-
urteilt Swissmem. «Strom ist Strom,                                                   heit gefährdet wäre, könne er sich so et-
gleichartige Waren dürfen nicht                                                       was vorstellen, sagt Müller-Altermatt.
durch einseitig verfügte Massnah-                                                     «Ich bin mir relativ sicher, dass wir von
men benachteiligt werden», heisst es                                                  beiden Punkten aber weit entfernt
                                             Bastien Girod
bei Science­industries. Die Idee sei be-                                              sind.» Ähnlich pragmatisch formuliert
                                             Nationalrat Grüne (ZH)

                                            «
reits von der UREK-Ständerat aufge-                                                   es die IGEB: «Eine mögliche Insolvenz
griffen und von der IGEB vehement               Müssen wir Strom im­                  von grossen Schweizer Stromkonzer-
bekämpft worden, sagt Ruepp: «Sol-                                                    nen ist grundsätzlich kein Problem.
                                             por­tieren, dann braucht
che zusätzlichen Energiesteuern sind                                                  Nach dem Abschreiber werden dann
für uns industrielle Konsumenten             es eine Abgabe auf                       die Produktionsanlagen von anderen
existenzgefährdend.»                         Dreck­strom. Das ist                     Unternehmen übernommen und wei-
   Einig sind sich die Befragten, dass       wichtig – und soll für                   terbetrieben, wie dies etwa auch bei
die Frage der Versorgungssicherheit                                                   Hotels geschieht, die erst nach mehr­
                                             Strombezüge aus fos­
der Schweiz mit Strom wegen des                                                       fachem Konkurs rentabel werden.»
                                             silen Kraftwerken und
Unbundling komplexer geworden ist.
In erster Linie in der Verantwortung
sehen sie Bund und Kantone, wie dies
                                             aus AKW gelten.          »                 Auch den möglichen Verkauf von
                                                                                      Wasserkraft ins Ausland (derzeit ste-
                                                                                      hen 49,5 Prozent der Stauseen von

                                                                                                                   Energiedialog Mai 2016   5
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Titelstory

              Alpiq zum Verkauf) halten die meis-                                                                                              gene Marktprämienmodell, mit dem
              ten Befragten für nicht problematisch,                                                                                           die wegen der tiefen Marktpreise un-
              denn auch die Schweizer Stromprodu-                                                                                              ter Druck geratene Produktion von
              zenten «investieren Millionenbeträge                                                                                             Wasserkraft (derzeit rund 60 Prozent
              in ausländische Windkraft-, Gaswerke                                                   Albert Rösti                              der Schweizer Stromproduktion) vor-
                                                                                                     Nationalrat SVP (BE), Präsident AVES
              oder andere Energieinfrastrukturen»,                                                                                             übergehend gestützt werden soll.
              sagt Wasserfallen. «Die Wasserkraft ge-
              hört zum Volksvermögen», meint dage-
              gen SP-Vertreter Nordmann. Deshalb
                                                                                                 «     Durch einen verfrühten
                                                                                                     Ausstieg aus der Kern­
                                                                                                                                                 Allerdings gibt es hier Kritik aus
                                                                                                                                               Wirtschaftskreisen: «Subventionen
                                                                                                                                               mit anderen Subventionen entgegen-
              sei die Strommarkt­liberalisierung                                                     energie ist ein Erreichen                 zuwirken, ist vielleicht eine nahelie-
              zu stoppen. Dann werde es genügend                                                     der Klimaziele stark                      gende, aber sicher keine langfristig
              kleinere einheimische Netzbetreiber                                                                                              taugliche Lösung. Wir setzen damit
                                                                                                     gefährdet, mit dem
              mit gebundenen Endkunden geben,                                                                                                  eine Subventionsspirale in Gang, die
              welche ein Interesse daran hätten, sich
                                                                                                     Import von Kohlestrom                     dazu führt, dass ohne Subventionen

                                                                                                                               »
              an Stauseen zu beteiligen.                                                             wird diesen zusätzlich                    gar nichts mehr läuft», sagt Sonja
                Man müsse generell die «Rahmen­                                                      ent­gegengewirkt.                         Studer von Swissmem. Vielmehr müs-
              bedingungen für die grossen Strom-                                                                                               se die Schweiz sich im interna­tionalen
              konzerne durch politische Entschei-                                                                                              Umfeld dafür einsetzen, dass die be-
              de zu deren Gunsten verbessern»,                                                                                                 stehenden Marktverzerrungen abge-
              fordert Rösti. Er denke da etwa an                                                ten», pflichtet Wasserfallen bei. Breit        baut würden. Das allerdings ist leich-
              «eine Steuer­senkung oder eine An-                                                akzeptiert ist unter den Politikern            ter gesagt als getan. Wie so oft, wenn
              passung der Wasserzinsen gegen un-                                                auch das vom Parlament vorgeschla-             es um Fragen der Energiepolitik geht.

                Energiestrategie 2050 verfehlt die Ziele
                Die Schweiz soll gemäss der Energie- CO2-intensivem Strom aus Kohle-                                                           Solarpanels produzieren grosse Men-
                strategie 2050 (ES 2050) schrittweise    kraftwerken.                                                                          gen an Sondermüll, GuD emittieren
                aus der Atomkraft aussteigen und           Gemäss der ES 2050 müssten allein                                                   CO2. Beides, wie auch der Import von
                gleichzeitig das Land auch künftig       für den Ausbau der PV 10 Millionen                                                    Kohlestrom, ist nicht im Sinne einer
                sicher mit Strom versorgen sowie         Solarpanels mit einer Gesamtfläche                                                    ökologischen Stromversorgung.
                die Klimaziele erreichen. Dazu soll      grösser als der Zürichsee gebaut                                                         Axpo hat mit Blick auf die erste
                die heutige Jahresproduktion der         werden so­wie mehr als 1000 Wind-                                                     Etappe zur Umsetzung der ES 2050
                Schweizer Kernkraftwerke von rund        turbinen à 2 MW. Dabei sind in der                                                    berechnet, inwieweit der geplante
                24 TWh bis 2050 durch neue Ener-         Schweiz Sonne und Wind eher rar                                                       Ausbau neuer Energien die Schweiz
                gien ersetzt werden, allen voran die     und mit der PV forciert der Bund eine                                                 für das Jahr 2035 mit Strom versor-
                Photovoltaik (PV). Weiter setzt sie auf Technologie, die vor allem Strom im                                                    gen würde, und kommt zum Schluss
                Windkraft und Geothermie sowie auf       Sommer und wenig im Winter liefert                                                    (vgl. Grafik): Während acht Monaten
                den Ausbau der Grosswasserkraft.         – wir brauchen aber genau das                                                         wäre mit einem massiven Mangel
                Reicht dies nicht – was wahrschein-      Gegenteil. Weiter müssten 175 geo-                                                    an Strom zu rechnen. Auch während
                lich ist –, sollen es Gas-Kombikraft-    thermische Tiefbohranlagen gebaut                                                     der wärmeren Monate von Mai bis
                werke (GuD) und die Ausweitung von werden, obschon in der Schweiz bis-                                                         August kann der Strombedarf nur
                     Stromproduktion
                Importen                       und mit
                             richten, unter anderem Verbrauch
                                                         lang alleSchweiz     2035scheiterten.
                                                                   Projekte hierzu                                                             knapp selber gedeckt werden.
                        Ohne Kernkraftwerke und mit Zubau – gemäss Energiestrategie 2050
                   Produktion und Verbrauch von Strom in der Schweiz im Jahr 2035*
                        7
                                                                                                                                        Andere
                                                                                                                                         Andere
                        6
                                                                                                                                        Geothermie
                                                                                                                                         Geothermie
                        5                                                                                                               Wind
                                                                                                                                        Wind

                        4                                                                                                               Photovoltaik
                                                                                                                                         Photovoltaik
                  TWh

                        3                                                                                                               Fossile
                                                                                                                                         FossileWKK
                                                                                                                                                WKK

                                                                                                                                        Wasserkraftwerke
                                                                                                                                        Wasserkraftwerke(Zubau)
                                                                                                                                                          (Zubau)
                        2
                                                                                                                                        Wasserkraftwerke
                                                                                                                                        Wasserkraftwerke
                        1
                                                                                                                                        Konventionell-thermische
                                                                                                                                         Konventionell-thermischeund andere
                                                                                                                                                                   und andere Kraftwerke
                        0                                                                                                               Kraftwerke
                                   J           FF          M           A               M
                                                                                       M   JJ   JJ      A     SS    O    N     D        Landesverbrauch
                                                                                                                                         Landesverbrauch2035
                                                                                                                                                           2035

                      a Knapp genügend
                 * 	Produktionsseitig hat Axpo Strom   von Mai
                                               die Annahmen      derbis
                                                                     ES August
                                                                        2050 zugrunde gelegt (inkl. der Tiefengeothermie, obschon Zubau unrealistisch).
                   Derageschätzte
                         MassiverStromverbrauch
                                      Mangel während(rote Linie) basiert auf
                                                           8 Monaten         dem Mittel externer
                                                                          (September             Prognosen (ETH, VSE, BFE, SCS, Cleantech, Greenpeace, PSI).
                                                                                        bis April)

                    Seite 1                                                                                                                             Präsentationstitel bei Fusszeile einfügen

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                        Quelle: Energiestrategie 2050 – Szenario neue Energiepolitik
    Energiedialog Mai 2016
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Wissen

                                                                                                                                     Blackout 2005: wartende
                                                                                                                                  Passagiere beim Totalausfall
                                                                                                                                          auf dem SBB-Netz.

                 Stromunterbrüche: Selbst in der
                 Schweiz keine Seltenheit
                 So abrupt wie ein Stromunterbruch eintritt, so unmittelbar spürt man in einer
                 Hightech-Gesellschaft seine Folgen: Hochsensible Industrieprozesse werden ge-
                 stoppt, das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Je nach Länge und Ausmass
                 haben Stromunterbrüche einen grossen Einfluss auf Gesellschaft und Wirtschaft.

                 Einige Millisekunden ohne Strom –                                                      Kurze Unterbrüche in der Stromver­
                 und schon stehen ganze Produktions­         Risiko Nr. 1:                              sorgung kommen aber immer wieder
                 prozesse still. Bereits kurze Stromun­      Strommangellage                            vor, wie jüngst jener Unterbruch Ende
                 terbrüche können einen immensen                                                        April in Zürich, der auf einen Kurz­
                                                             Das Bundesamt für Bevölkerungs-
                 finanziellen Schaden verursachen: An                                                   schluss zurückzuführen war. Die SBB
                                                             schutz hat unter den Top-10-Risi-
                 Produktionsanlagen, durch Produk­                                                      erlebten im Juni 2005 einen schwar­
                                                             ken eine mögliche lang andauern-
                 tionsausfälle und Lieferverzögerungen.                                                 zen Tag, als ihr gesamtes Stromnetz
                                                             de, schwere Strommangellage als
                    In Betrieben ohne Notstromver­                                                      wegen einer Leitungsüberlastung
                                                             grösstes Risiko identifiziert. Damit
                 sorgung fallen sämtliche Systeme wie                                                   ausfiel. 200 000 Reisende sassen fest.
                                                             ist eine Stromunterversorgung
                 Beleuchtung, Kühlung, Informatik,
                                                             von 30 Prozent während mehre-
                 Kommunikation und Überwachung                                                          Milliardenkosten
                                                             rer Monate im Winter gemeint.
                 aus. Der Computer speichert Doku­                                                      Die unregelmässige Einspeisung von
                                                             Ein derartiges Szenario würde zu
                 mente nicht, Menschen bleiben im                                                       Strom aus neuen Energien oder ein
                                                             grossen Personenschäden und
                 Lift stecken, stehen im Dunkeln, auto­                                                 unzureichend ausgebautes Strom­
                                                             darüber hinaus zu immensen
                 matische Türen lassen sich weder                                                       netz erhöhen die Risiken eines Black­
                                                             ökonomischen und immateriel-
                 öffnen noch schliessen, Kassensys­                                                     outs. Die finanziellen Folgen eines
                                                             len Schäden für die Wirtschaft
                 teme fallen aus und auch die Sicher­        und für die Gesellschaft führen.           Totalblackouts in der Schweiz wer­
                 heits- und Überwachungsanlagen              Insgesamt ist mit einem Schaden            den vom Verband Schweizerischer
                 funktionieren nicht mehr. Sind ganze        von über 100 Milliarden Franken            Elektrizitätsunternehmen (VSE) auf
                 Strassenzüge betroffen, ist das Ver­        zu rechnen.                                mindestens zwei bis vier Milliarden
                 kehrschaos programmiert – keine Am­                                                    Schweizerfranken pro Tag geschätzt.
                 peln, die den Verkehr regeln, die Trams                                                Die Netzgesellschaft Swissgrid bezif­
                 stecken fest.                             regelmässige Treibstofflieferung aber        fert die Kosten für einen Stromausfall
Foto: Keystone

                    Zwar verfügen wichtige Einrich­        aus, kann sich die Lage rasch drama­         auf rund 3 Millionen Franken pro Mi­
                 tungen wie Spitäler über Notstrom­        tisch zuspitzen.                             nute. Nicht berücksichtigt sind dabei
                 aggregate, die meist mit Diesel- oder        Ein totaler Stromausfall – ein Black­     die Entschädigungen für indirekte
                 Benzin angetrieben werden. Bleibt die     out – wie 2003 in Italien ist zwar selten.   oder immaterielle Schäden.

                                                                                                                                   Energiedialog Mai 2016   7
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Spektrum

             Der Winter ist entscheidend
              Der Stromverbrauch schwankt nicht                 fragespitze abdeckt. Im vergangenen
              nur im Verlauf des Tages stark. Auch              Winter 2015/16 kamen mehrere ne­
              über das Jahr hinweg decken sich                  gative Faktoren zusammen: Beznau 1
              die Produktion und der Verbrauch                  und 2 standen teilweise ausser Be­
              in der Schweiz selten, sodass die                 trieb. Die Flüsse führten wegen des
              Schweiz saisonal Strom exportieren                trockenen Sommers und Herbstes
              oder importieren muss.                            wenig Wasser. Die Laufkraftwasser­
                 Im Sommer kann sie dank der                    werke lieferten entsprechend weni­
              Schneeschmelze vom Frühjahr und                   ger Strom und auch die Speicher­seen
              viel Niederschlag Strom aus Wasser­               hielten weniger Wasser zur Strom­
              kraft exportieren. Im Winter ist die              erzeugung bereit als in anderen
              Situation eine andere: Es wird deut­              Jahren. An gewissen Tagen importier­
              lich mehr Strom verbraucht als im                 te die Schweiz deutlich mehr, als sie
              Sommer und die höhere Nach­frage                  exportierte. Das war beispielsweise
              fällt ausgerechnet in jene Phase,                 am 21. Januar der Fall (siehe kleine
              in der unsere Wasserkraftwerke                    Grafiken unten rechts).
              weniger Strom produzieren können,                    Ein Grossteil des Schweizer Import­
              weil die Pegelstände der Gewässer                 stroms stammt in der Regel aus
              tief sind. Dann decken die Schweizer              Frankreich, das heisst aus Kernener­
              Kernkraftwerke bis zu 60 Prozent                  gie, sowie aus Deutschland, also
              unseres Strombedarfs und bis zu                   unter anderem aus fossil befeuerten
              20 Prozent stammen aus Importen.                  Kraftwerken.
              2015 importierte die Schweiz insge­                  Diese Situation würde sich mit der
              samt 33,5 Terawattstunden (TWh)                   Umsetzung der Energiestrategie
              Strom und exportierte 33,8 TWh                    2050 verschärfen, was komplett mit
              (siehe Grafik rechts).                            deren Zielen kollidiert: Ausstieg aus
                 Eine sichere Stromversorgung                   der Kernenergie und eine umwelt­
              bedeutet jedoch, dass sie jede Nach­              gerechte Stromversorgung.

                Dienstag, 10. Februar 2015                                             Donnerstag, 23. Juli 2015
                Importüberschuss: 10 487 MWh                                           Exportüberschuss: 49 751 MWh
                                                    Deutschland                                                    Deutschland

                                             25 169 MWh                                                         29 993 MWh
                   Frankreich                                                             Frankreich

                                                      24 MWh                                                                 31 349 MWh

                 61 482 MWh                                     15 696 MWh             54 082 MWh                                         4370 MWh
                                                                      Österreich                                             5311 MWh      Österreich

                                23 097 MWh
                                               71 645 MWh                                          38 935 MWh     62 601 MWh

                                        2906 MWh
                                                      Italien                                                                Italien

                • Wetter in der Schweiz: kalt                                          • Wetter in der Schweiz: Hitzewelle
                • Stromverbrauch in der Schweiz                                        • Hohe Preise in Italien, starke Exporte nach Italien
                  und in Frankreich: hoch                                              • Nuklearverfügbarkeit in der Schweiz leicht redu­
                • Volle Nuklearverfügbarkeit in der Schweiz                              ziert, in Frankreich geringe Verfügbarkeit auch
                • Hydroreservoirstände Alpen am oberen Ende                              wegen zu hoher Flusstemperaturen
                  des lang­jährigen Mittels                                            • Hydroreservoirstände Alpen am unteren Rand
                                                                                         des lang­jährigen Mittels

8   Energiedialog Mai 2016
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Import und Export von Strom 2015

                                                                                                       Deutschland

                            Frankreich                                16,1 TWh

                                                                                          3,0 TWh
                                                                                                                                        Österreich
         9,6 TWh
                                                                                                          7,0 TWh

                              4,3 TWh                                                      0,3 TWh

                                                                                        Italien

                                                                   26,2 TWh
                                                       0,8 TWh

Dienstag, 24. November 2015                                            Donnerstag, 21. Januar 2016
Importüberschuss: 8410 MWh                                             Importüberschuss: 36 678 MWh
                                    Deutschland                                                            Deutschland

  Frankreich                                                              Frankreich                20 899 MWh
                            15 916 MWh

                                     1 MWh                                                                  2731 MWh

72 336 MWh                                          8124 MWh           73 154 MWh
                                                                                                                       14 458 MWh
                                            1 MWh     Österreich                                           1 MWh           Österreich

                                                                                   25 629 MWh
               26 170 MWh      72 114 MWh
                                                                                                      54 204 MWh

                     10 320 MWh                                                          10 732 MWh
                                         Italien                                                             Italien

• Wetter in der Schweiz: kalt                                          • Wetter in der Schweiz: kalt
                                                                                                                                                     Quellen: Axpo, Swissgrid

• Stromverbrauch in der Schweiz: hoch                                  • Stromverbrauch in der Schweiz: hoch
• Beznau 1 und 2 nicht in Betrieb                                      • Beznau 1 nicht in Betrieb
• Hydroreservoirstände Alpen leicht unter                              • Hydroreservoirstände Alpen stark unter
  lang­jährigem Mittel                                                   langjährigem Mittel
• Transferkapazität an der Nordgrenze reduziert                        • Transferkapazität an der Nordgrenze erhöht

                                                                                                                            Energiedialog Mai 2016   9
Energiedialog - Energiestrategie 2050 - Axpo
Interview

«Die Versorgungssicherheit
steht auf dem Spiel»
Die Physikerin Irene Aegerter sieht die sichere Stromversorgung der Schweiz in
Gefahr, sollte unser Land an der Energiestrategie 2050 festhalten. Die bekennen­
de Atombefürworterin fordert eine Umkehr – pointiert und sachlich.

                                                             Irene Aegerter, die Schweizer Strom-   gräbt die Energiestrategie 2050 die
                                                             ­wirtschaft, allen voran unsere        Klimaziele. Diese Politik ist unehrlich.
                                                              Wasserkraft, steckt in der Krise.
                                                              Wie finden wir daraus heraus?         Ist die Energiestrategie 2050 zum
                                                              Wir müssen umkehren und die Fehler Scheitern verurteilt?
                                                              der Vergangenheit korrigieren. Der Ihr Hauptmanko ist: Sie ist keine Stra-
                                                              grösste Fehler war die Öffnung der tegie. Eine Strategie zeigt den Weg
                                                              Strommärkte. Der zweite ist die Ener- und die Massnahmen auf, um ein
                                                              giewende mit ihrer massiven Sub- Ziel, in diesem Fall den Ausstieg aus
                                                              ventionierung von Solar- und Wind- der Kernenergie, zu erreichen. Das

                                                                                 «
                                                              strom, die die                                              erste      Mass-
                                                              Handelspreise            Der Markt funktioniert             nahmenpaket
                                                              ins Bodenlose                                               erreicht jedoch
                                                                                    eben nicht. Strom ist lei-
                                                              hat fallen las-                                             nicht einmal

                                                                                                                     »
                                                              sen. Die Kan-
                                                                                   tungsgebunden, das Netz                die Hälfte. Erst
                                                              tonswerke kau-        ein natürliches Monopol.              heute, fünf Jah-
                                                              fen den Strom                                               re nach dem
                                                              nicht mehr bei                                              Beschluss des
                                                              der Mutter Axpo, sondern billiger am Bundesrats, aus der Kernenergie aus-
                                                              Markt und lassen Axpo ausbluten.      zusteigen, wird die Netzstrategie prä-
                                                                                                    sentiert. Dabei ist das Netz zentral
                                                              So funktioniert der freie Markt …     für die sichere Stromversorgung. Es
                                                              Er funktioniert eben nicht. Strom ist offensichtlich: Die Versorgungs­
                                                              ist kein Gut wie Eier oder Brot. Er sicherheit steht auf dem Spiel und
                                                              ist leitungsgebunden, das Netz ein keiner weiss, wer in Zukunft dafür
                                                              natürliches Monopol. Der Markt zuständig sein soll.
                                                              kann die Gesetze der Physik nicht
                                                              ausschalten.                          Und wer soll für sie zuständig sein?
                                                                                                    Mit Sicherheit nicht der Bund! Die
                                                              Der zweite Fehler, sagen Sie, ist     Versorgungssicherheit müsste wie-
                                                              die Energiewende. Warum?              der von den Produzenten und Netz-
                                                              Weil sie die sichere und umweltge- betreibern gemeinsam gewährleistet
                                                              rechte Stromversorgung der Schweiz werden.
                                                              gefährdet. Gemäss der Energiestra-
                                                              tegie 2050 des Bundesrats sollen Sie plädieren dafür, dass die Energie­
                                                              Photovoltaik, Windenergie und Geo- strategie 2050 vors Volk kommt.
                                                              thermie bis 2050 knapp 20 Terawatt- Unbedingt. Sie ist zu wichtig, als dass
                                                              stunden Strom pro Jahr liefern. 2014 sie am Volk vorbeigeschmuggelt
                                                              war es nicht einmal 1 TWh. Es fehlt wer­den darf. Die Bevölkerung muss
                                                              an geeigneten Standorten für Wind- wissen, worauf sie sich einlässt. Die
                                                              und Solaranlangen. Ist ein Windrad sichere Stromversorgung ist für den
                                                              geplant, hagelt es Einsprachen. Geo- Wohlstand der Schweiz entscheidend.
Irene Aegerter: «Die Energiestrategie 2050 ist zu wichtig,    thermie ist gescheitert. Und mit der 65 Prozent des Stroms fliesst in die In-
als dass sie am Volk vorbeigeschmuggelt werden darf.»         Option Gas-Kombikraftwerke unter- dustrie, das Gewerbe und den Dienst-

10 Energiedialog Mai 2016
leistungsbereich. Fehlt er, haben wir
ein riesiges Problem.

... aber wir haben ja eine Strom-
schwemme.
Im Sommer, wenn der Verbrauch ge-
ringer ist, haben wir Strom – voraus-
gesetzt der Wind weht und die Sonne
scheint. Das Problem ist der Winter.
Dann müssen wir Strom importieren,
der zum Teil aus Kohlekraftwerken
stammt. Das müssen die Leute wissen,
sonst werden sie für dumm verkauft.
Auch die Rolle von Speicheranlagen      «Im Winter importieren wir zum Teil Strom aus Kohlekraftwerken. Das müssen die Leute wissen, sonst
wird unterschätzt. Dabei sind sie die   werden sie für dumm verkauft.»
einzig wichtige Form der Stromspei-
cherung, die saisonale Schwankungen     fert sie Strom teils auf Abruf und zu       Und die Kosten eines atomaren
ausgleichen kann. Wir werden der-       tiefen Kosten. Solaranlagen produ-          Unfalls?
einst dankbar sein, dass Axpo Linth-    zieren Strom viel teurer als Wasser-        Sicherheit ist das oberste Gebot. Und
Limmern gebaut hat, auch wenn die       kraft- und Kernkraftwerke, werden           die Schweizer KKW sind sicher. Sie
2.1 Milliarden Franken Investitionen    aber eben subventioniert.                   werden laufend nachgerüstet und er-
heute ein Klotz am Bein sind.                                                       füllen deshalb Höchststandards. Bei
                                        Die Kernenergie produziere nur              den KKW der neuen Generation wie
Stichwort Deutschland: Die Schweiz      so günstig, weil nicht alle Kosten          Flüssigsalzreaktoren kann der Kern
soll gegen unseren Nachbarn klagen.     eingerechnet sind, so die Kritik.           nicht schmelzen, weil er eben flüssig
Halten Sie das für sinnvoll?            Dies ist bei der Photovoltaik schlim-       ist. Solche vielversprechenden Tech-
Ja, die Schweiz muss Deutschland        mer. Nach 30 Jahren müssen die              nologien will die Energiestrategie
bei der WTO verklagen. Deutschland      Solar­ panel als Sondermüll entsorgt        verbieten.
verstösst mit seinen überbordenden      werden. Die Netze müssen reguliert,
Subventionen für neue Energien          Strom gespeichert und das Strom- Im Herbst stimmen wir über die
gegen die Welthandelsregeln. Wir        netz um- und ausgebaut werden. Bis- Atomausstiegsinitiative der Grünen
müssen unsere grossartigste Ener-       lang wurde Strom via Transformato- ab. Diese verlangt, dass jedes KKW
gieform, die Wasserkraft, unbedingt     ren vom Höchst- über das Mittel- und nach 45 Jahren still­gelegt werden
erhalten und vor Dumpingpreisen         Niederspannungsnetz verteilt. Solar- muss. Was wären die Folgen bei
schützen: Erneuerbar und sauber lie-    energie müsste – soll sie der Industrie einem Ja?

                                                                 «
                                        zur Verfügung                                                 Beznau 1 und 2
                                        stehen – «hoch-               Wir müssen unsere               müssten     2017
                                        transformiert»                                                ausser Betrieb
                                                               gross­­artigste Energieform,
  Zur Person                            werden. Solche                                                genommen wer-
                                        Transformato -         die  Wasserkraft, unbedingt den. Die vorgese-
  Irene Aegerter (76), promovierte
                                                               erhalten und vor Dumping- hene Stilllegung
                                                                                               »
                                        ren existieren
  Physikerin, hat ihr Leben der
  sicheren Energieversorgung ver­
                                        erst vereinzelt.             preisen schützen.                von Mühleberg
                                        All dies sum-                                                 würde sich auch
  schrieben. Von 2000 bis 2008 war
                                        miert sich zu                                                 vorverschieben.
  sie Mitglied der Kommission für
  die Sicherheit von Kernanlagen        Milliarden und es sind Kosten, die Das heisst, wir müssten in einem Jahr
  (KSA). Davor amtete sie elf Jahre     nicht eingerechnet werden.               rund 1000 Megawatt Strom einspa-
  als Vizedirektorin des VSE. Sie                                                ren. Das ist nicht möglich, wie glück-
  ist zudem Gründerin des Vereins       Atommüll ist ebenso ein Problem.         licherweise sogar Bundesrätin Doris
  Frauen für Energie und Women in       Kernenergie liefert 36 Prozent un- Leuthard eingesteht.
  Nuclear (WiN) sowie Präsidentin       seres Strombedarfs. Pro Familie und
                                                                                                                                             Fotos: Jolanda Flubacher

  von energiesuisse.net. Im Blog        Jahr entsteht ein Fingerhut voll Ab- Käme die Energiestrategie 2050 vors
  kaltduschenmitdoris.ch nimmt sie      fall. 96 Prozent der «Abfälle» sind wie- Volk und würde es dieser zustimmen,
  regelmässig Stellung zu Energie­      derverwertbar, also Ressourcen. Mit was wäre Ihr Lösungsvorschlag?
  themen. Sie lebt mit ihrem Mann       den heute existierenden verbrauch- Da gibt es keine Lösung, nur Kosten,
  am Zürichsee und hat zwei er­         ten Brennelementen könnten wir die mehr CO2 und der Blackout ist pro-
  wachsene Söhne und vier Enkel.        Welt mit neuen Reaktoren während grammiert. Das wollen die Schweizer
                                        72 Jahren mit Strom versorgen.           sicher nicht.

                                                                                                                 Energiedialog Mai 2016 11
Kernkraft

Braunkohle statt Atom?
Die Schweizer Stromversorgung ist dank dem Mix aus eigener Wasser- und Kernkraft
nahezu CO2-frei. Sie ist sicher und zuverlässig. Für eine Energiestrategie, die Versor-
gungssicherheit und Klimaziele ernst nimmt, ist die Kernenergie Teil der Lösung.

             Die Schweiz rangiert seit Jahren auf
             Platz 1 des weltweiten «Energy Sus­           Strommix 2014 in der Schweiz
             tainability Index». Er bewertet die              1,9 %
                                                                                                           Laufwasserkraftwerke
             sichere Versorgung eines Landes mit
                                                                               24,8 %
             Energie, deren Bezahlbarkeit und                                                              Speicherkraftwerke
             Umweltverträglichkeit. Mit einem
                                                                                                           Photovoltaik, Biomasse,
             Ausstieg der Schweiz aus der Kern­                                                            Holz, Wind
             energie dürften solche Bestnoten im
                                                              37,9 %                                       Kernkraftwerke
             Stromsektor künftig passé sein.                                            31,7 %
                Im Vergleich zu unseren Nachbar­                                                           Konventionell-thermische
             ländern kann nur das kernenergie­                                                             und Fernheizkraftwerke
                                                                                                           (ohne erneuerbaren Anteil)
             lastige Frankreich mit einem ähn­
             lich klimafreundlichen Strommix
             auftrumpfen. Anders Deutschland:                                  3,8 %                     Quelle: Bundesamt für Energie, © VSE 2015

             Es verstromt heute vermehrt Braun­
             kohle als Ersatz für Atomstrom – ein          Strommix 2014 in Deutschland
             Grund dafür, warum der Treibhaus­                                                             Windkraft
                                                                                9,5 %
             gasausstoss des Landes trotz Milli­                                                           Biomasse/Hausmüll
                                                                      15,8 %             5,3 %
             arden-Subventionen für Ökostrom                                                               Erdgas
             steigt. 2015 nahm er um 0,7 Prozent                                                           Photovoltaik
                                                                                          9,1 %
             zu. Damit Deutschland seine Klima­                                                            Wasserkraft
             ziele erreicht, wäre ein Minus von
                                                              25,4 %                        8,0 %          Steinkohle
             3 Prozent pro Jahr nötig.
                                                                                                           Braunkohle
                                                                                          5,7 %
             Wenig Masse, viel Energie                                                                     Kernenergie
             Die Kernenergie ist nicht nur im Betrieb                      17,8 %                          Sonstige
                                                                                            3,3 %
             nahezu CO2-frei, sondern sie emittiert                                                            Quellen: BDEW, ZSW, Strom-Report
             auch über den gesamten Lebenszyklus
             hinaus vergleichsweise wenig schädli­
             che Treibhausgase. In CO2-Äquivalen­        Jahr zu betreiben. Das hilft der CO2-      zur sicheren Stromversorgung bei,
             ten gerechnet sind es 6 bis 8 Gramm         Bilanz und, da KKW zudem kosten­           gerade auch im Winter. Dann steigt
             pro Kilowattstunde – nur Wasserkraft        günstig produzieren, der Industrie.        die Nachfrage nach Strom. Gleichzei­
             schneidet mit 4 bis 6 Gramm noch bes­         Wie sämtliche Untersuchungen             tig ist die Produktion aus Wasserkraft
             ser ab. Bei der Windkraft sind es 17, bei   der Aufsichtsbehörde belegen, sind         limitiert, weil die Flüsse wenig Wasser
             der Sonnenenergie 62 Gramm. Braun­          die Schweizer KKW sicher. Sie wer­         führen. Diesen Engpass mit Solar- und
             kohle belastet die Umwelt gar mit über      den auf Herz und Nieren geprüft,           Windenergie wesentlich verringern
             1000 Gramm. Gemeinsam ist aber allen        permanent nachgerüstet und erfüllen        zu wollen, funktioniert nicht.
             Produktionsformen: Sie brauchen im­         höchste Sicherheitsstandards. Nur so          Ohne Kernenergie, so wie es der
             mer in einer Form endliche Ressourcen,      lange sie sicher sind, werden sie auch     Bund will, werden wir noch mehr
             ob Metalle, Zement oder seltene Erden.      betrieben. Axpo besitzt und betreibt       Graustrom importieren müssen, von
                Für Kernenergie ist es Uran. Daraus      die Werke Beznau und ist beteiligt an      Ländern, die in den kommenden Jahren
             lässt sich im Verhältnis viel mehr Strom    Leibstadt und Gösgen.                      ebenfalls vermehrt auf Importe setzen.
             gewinnen als aus allen anderen Ener­           Sicherheit bedeutet für ein Land wie    Das ist gefährlich. Versorgungssicher­
             gieträgern: Was in einem Kohlekraft­        die Schweiz aber auch Versorgungs­         heit aber ist ein zu kostbares Gut für
             werk volumenmässig in einer Stunde          sicherheit. Kernenergie, die konstant      eine funktionierende Volkswirtschaft
             verfeuert wird, würde als Uran reichen,     und wetterunabhängig die wichtige          und Gesellschaft, um auf dem Experi­
             um alle Schweizer KKW ein ganzes            Grundlast liefert, trägt massgebend        mentiertisch der Politik zu landen.

12 Energiedialog Mai 2016
Reportage

Der Wiederholungstäter
Er hat es erstmals vor 27 Jahren getan. Jetzt wurde er rückfällig. Der Bündner Polier
Reto Tschuor baut im Auftrag von Axpo Staumauern. Das letzte Werk des heute pen­
sionierten Mitarbeiters der Marti AG liegt hoch oben am Muttsee im Glarnerland.

600 Meter tief im Berg wuseln Män­
ner in Orange und Blau durch die
sieben Stockwerke der neuen Ka­
vernenzentrale des Pumpspeicher­
werks (PSW) Limmern im Glarner­
land, bauen Pumpen, Rotoren und
Sta­
   toren ein, betonieren den Boden
rundherum. Die Anlage ist gigantisch:
Je 150 Meter lang, 30 Meter breit
und 50 Meter hoch sind Maschinen­
saal und Transformatorenkaverne –
180 000 m3 Fels wurden dafür ausge­
brochen.
  Zügig bahnt sich Reto Tschuor sei­
nen Weg durch dieses Labyrinth. Der
gelernte Mauerpolier aus Ruschein
GR kennt sich hier aus. Sieben Jahre,
von 2008 bis 2015, waren die Bauplät­
ze hier oben sein Zuhause.
  Sein liebster Platz liegt ganz oben,
auf 2474 m ü. M., beim Muttsee. Hier
posiert er für den Fotografen auf der
bis zu 36 Meter hohen Gewichtsstau­
mauer. Ein bisschen stolz ist er schon,
das sieht man ihm an: Tschuor hat die
neueste Staumauer der Schweiz mit
seinem 35-köpfigen Team und rund
120 weiteren Arbeitern von 2012 bis
2014 in den Sommermonaten im
24-Stunden-Schichtbetrieb hochge­
zogen.

Längste Staumauer der Schweiz
Das elegant geschwungene Werk
besteht aus 68 einzelnen Blöcken
und 225 000 m3 Beton – und ist mit
1025 Metern die längste Staumau­
er der Schweiz. Sie verdreifacht das
Speichervolumen des Muttsees auf
25 Mio. m3. «Die Arbeit hier oben war
herausfordernd und schön. Ich habe
gerne auf Grossbaustellen gearbeitet,
weil man länger am gleichen Arbeits­
platz bleiben und mehr Leute führen
konnte», sagt er.
  Wegen des Wetters war es manch­         Der Bündner Polier Reto Tschuor posiert vor seinem letzten «Werk», auf der 36 Meter hohen Gewichts­
mal aber auch hart. Sehr hart. Da habe    staumauer beim Muttsee.

                                                                                                                  Energiedialog Mai 2016 13
Reportage                                                    Grösser als die Zürcher Bahnhofshalle: Blick
                                                                                    von ganz oben in die Maschinenkaverne des
                                                                                    PSW Limmern. 180 000 m3 Fels wurden für
                                                                                    sie und die angrenzende Transformatoren­
                                                                                    kaverne insgesamt ausgebrochen.
                                     man noch im T-Shirt gearbeitet und
                                     «zwei, drei Stunden später fiel Schnee.
                                     Wir mussten Ketten montieren, um
                                     mit dem Auto vorwärtszukommen
                                     und die Werkzeuge ausgraben.» Vor
                                     allem «logistisch war der Bau eine He­
                                     rausforderung», sagt Tschuor. «Man
                                     musste gut vorbereitet sein, damit es
                                     nicht plötzlich zu ungewollten teu­
                                     ren Arbeitspausen kam».

                                     Der Staumauerbauer
                                     der Schweiz
                                     Gut vorbereitet, das war er. Tschuor
                                     ist ein Wiederholungstäter, er ist der
                                     Staumauerbauer der Schweiz! Hat für
                                     Axpo nicht nur jene am Muttsee, son­
                                     dern 27 Jahre zuvor am Panixersee
                                     auch die zweitletzte in der Schweiz
                                     gebaute Staumauer hochgezogen.
                                     Und die Bogenstaumauer Luzzone
                                     im Bleniotal auf 225 Meter erhöht.
                                        Die Arbeit habe sich in den letz­
                                     ten 25 Jahren kaum verändert, sagt
                                     Tschuor. «Natürlich, heute ist die Be­
                                     tonanlage computergesteuert, die Ma­
                                     schinen sind schneller, der Kran besser
                                     als damals in Panix.» Die Technik aber    Arbeitskleider vom Arbeitgeber.»                 Zurück in der Kavernenzentra­
                                     blieb: Gründliches Vibrieren mit dem      Auch die Sicherheitsvorschriften              le, steigt Tschuor in einen der Lifte,
                                     Flaschenrüttler sei wichtig, der Beton    seien schärfer als damals. Zu scharf,         schaut auf die hingekritzelten Sprü­
                                     müsse feucht bleiben und dürfe nicht      findet Tschuor: «Dass wir heute siche­        che an der Liftwand: «Arbeit macht
Fotos: Daniel Werder

                                     sofort ausgeschalt werden, damit die      rere Tischfräsen haben als damals, ist        müde», liest er laut und lacht. Für ihn
                                     Mauer schön und stabil werde.             schon o.k.» Aber das einer beim Frä­          gilt das nicht. Morgens ist er meist mit
                                        Stark verändert hätten sich dagegen    sen von einem Kollegen überwacht              der ersten Bahn ganz früh um vier Uhr
                                     die Rahmenbedingungen. «Damals in         werden müsse, geht dem Polier «we­            hoch, «um den Bürokram zu erledi­
                                     Panix habe ich in Jeans und T-Shirt       gen der zusätzlichen Kosten» schon            gen» und dann um sechs Uhr mit der
                                     gearbeitet, heute gibt es einheitliche    etwas gegen den Strich.                       Arbeit loszu­legen. «Ich war ein gifti­

                                                                        Bauseilbahn 2: Sie transportiert Lasten bis          Maschinenkaverne des PSW Limmern:
                       Muttsee: Die Staumauer ist die höchst­                                                                Hier sind die Arbeiten im vollen Gang.
                       gelegene in Europa. Derzeit wird noch der        zu 25 Tonnen zum Muttsee hoch und wird
                                                                        ab September 2016 zurückgebaut.                      Allerdings fehlt da noch der …
                       1025 Meter lange Innengang ausgebaut.

                       14 Energiedialog Mai 2016
Projekt «Linthal 2015»
                                                                                             10 Jahre dauerte die Planungs-
                                                                                             und Bauzeit für das Axpo Jahr­
                                                                                             hundertprojekt «Linthal 2015» im
                                                                                             Glarner Hochgebirge, 2.1 Mio.
                                                                                             Franken wurden in das PSW
                                                                                             Limmern investiert. Es wird eine
                                                                                             Pump- und Turbinen­leistung von
                                                                                             je 1000 MW aufweisen. Dadurch
                                                                                             erhöht sich die Leistung der
                                                                                             Kraftwerke Linth-Limmern von
                                                                                             heute 520 MW auf 1520 MW.
                                                                                             Pumpspeicherwerke sind Batte­-
                                                                                             rien der Alpen. Das PSW Lim­
                                                                                             mern kann künftig innerhalb
                                                                                             weniger Minuten sowohl grosse
                                                                                             Mengen an Strom produzieren
                                                                                             als auch allfällige Stromüber­
                                                                                             schüsse aufnehmen und für eine
                                                                                             spätere Nutzung speichern.
                                                                                             Wegen der stark schwanken­
                                                                                             den Produktion aus Wind- und
                                                                                             Solar­energie ist vermehrt Regel­
                                                                                             energie gefragt. Die hochflexib­
                                                                                             le Anlage wird deshalb künftig
                                                                                             einen wichtigen Beitrag zur
ger Seckel», sagt er rückblickend. «Bei     Tschuor durchaus etwas über die Jagd             Netzstabilität und zur Versor­
mir musste man pünktlich sein – und         zu erzählen. Zwar blieb für sein Hobby           gungssicherheit der Schweiz
abends habe ich mit meiner Truppe           nie viel Zeit, doch immerhin hat er die­         und Europas leisten.
lieber zehn Minuten länger gearbei­         sen Herbst eine Gemsgeiss und einen
tet, als zu früh aufzuhören.» Lange         Rehbock geschossen. Böcke bei der Ar­
Schwatzpausen habe er auch nicht            beit dagegen gabs kaum.
                                                                                                                Film zu
zugelassen. Selbst wenn sich das Ge­           Cool bleiben wird er deshalb, wenn                               «Linthal 2015»,
spräch um seine zweite Passion, die         der Muttsee im Sommer 2016 erst­                                    www.axpo.com/
Jagd, drehte, habe er dies nach wenigen     mals aufgestaut wird. Denn Tschuor                                  linthal2015.
Sätzen «für beendet» erklärt. Dabei hat     ist sicher: Seine Staumauer, die hält!

                                                   Fertig: Der Kugelschieber ist an seinem                    Arbeiter im Einsatz: Das Ab­
... Kugelschieber: Er ist «der Wasserhahn
                                                   Einsatzplatz, eingebaut zwischen der                       stimmen von Rotor und Stator ist
des Kraftwerks», regelt den Wasserfluss
                                                   Druckleitung und der Einlaufspirale.                       zeitaufwändige Millimeterarbeit.
zwischen Druckleitung und Turbine.

                                                                                                                     Energiedialog Mai 2016 15
Herausgepickt

                                        Jetzt wird geröhrt
                                        Am 17. Mai fand im griechischen Thessaloniki der
                                        Spatenstich für die Trans Adriatic Pipeline (TAP)
Foto: TAP

                                        statt – bald werden auch die ersten der 18 Meter
                                        langen und tonnenschweren Röhren gelegt. Axpo ist
                                        Initiantin des Projekts, mit dem ab 2020 Erdgas aus
                                        Aserbaidschan nach Europa transportiert werden
            16 Energiedialog Mai 2016   soll. Heute hält Axpo noch fünf Prozent an TAP.
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