ESSL NG - Treffpunkt Essling

Die Seite wird erstellt Kristina Sommer
 
WEITER LESEN
ESSL NG - Treffpunkt Essling
ESSL NG Nr. 1
stadtteilmagazin
für essling
winter 19/20

                                              Koc
                                                   h
                                                 rez
                                           zum
                                              im    e
                                                   Mit     pte
                                                 rau telteil
                                                    sne
                                                       hm
                                                          en!

Treffpunkt Essling belebt das Zentrum Esslings und setzt auf

Begegnung, Beteiligung, Identität.
Durch kulturelle und soziale Impulse,
wird der öffentliche Raum zum Treffpunkt für Jung & Alt.
ESSL NG - Treffpunkt Essling
Kochen unter freiem Himmel

IMPRESSUM
                              AutorInnen:

                                              FotografInnen:
                                                               Lektorat:
Mainer Layout:                          Druck:

KONTAKT:
ESSL NG - Treffpunkt Essling
Liebe Leser!
Liebe Leserinnen!
Willkommen beim ersten Stadtteilmagazin für Essling.

Sabine Gstöttner
Landschaftsplanerin, Initiatorin Treffpunkt Essling

Das Stadtteilmagazin Essling gleicht einem Kochbuch.       Das Stadtteilmagazin ist so angelegt, dass es gut quer-
Dieser Kunstgriff vermittelt, dass Stadtteilarbeit etwas   gelesen werden kann und verschiedene Zugänge zu
Lustvolles, Kommunikatives, Kreatives, Kulturelles ist.    Treffpunkt Essling und unterschiedliche Sichtweisen
Vergleichbar mit Kochen und in Gesellschaft zu essen       auf unsere Arbeit zulässt:
und zu trinken.                                            Unsere Hauptabsicht ist zu zeigen, was alles gesche-
Analog zur Stadtteilarbeit gibt es auch beim Kochen        hen ist in den letzten drei Jahren. Dazu stellen wir die
eine Dramaturgie: Zutaten werden besorgt und nach          Initiative Treffpunkt Essling vor und spannen einen
gewissen Vorgaben kombiniert, mehrere Gänge wer-           Bogen von den Zielen, über die Vorgehensweise und
den aufgetischt, gemeinsam mit den dazu passenden          die vorliegenden Ergebnisse bis zum Ausblick, wie wir
Getränken werden die zubereiteten Speisen verzehrt,        weiterarbeiten wollen.
die Küche wird abschließend gesäubert. Die Drama-          Der/die LeserIn hat die Möglichkeit, das Stadtteil-
turgie bestimmt die Esskultur.                             magazin mit einem stadtplanerischen Blick zu lesen
                                                           und die Methoden zu studieren, eventuell um sie
Die Idee, die Publikation zu Treffpunkt Essling            im eigenen Wohnumfeld oder in der eigenen Arbeit
analog einem Kochbuch zu gestalten, wurde auf der          anzuwenden.
Veranstaltung Kochen unter freiem Himmel gebo-             Das Stadtteilmagazin zeigt ebenso persönliche Ein-
ren. Kochen unter freiem Himmel war nicht nur eine         blicke, in dem es die Menschen aus dem Stadtteil zu
Veranstaltung, die Spaß gemacht hat. Kochen unter          Wort kommen lässt und ihre Sicht auf das Entstandene
freiem Himmel hat einen Mehrwert auf verschiedenen         wiedergibt.
Ebenen gebracht: Menschen, die einander nicht kann-        Das Stadtteilmagazin kann wunderbar durchgeblättert
ten, haben gemeinsam gekocht und gegessen.                 werden, um die Atmosphäre von Treffpunkt Essling
Einige kamen zufällig vorbei und nahmen spontan teil.      zu erfassen, indem etwa nur die Veranstaltungen,
Ein Bezug zum Jazzpark, der hauptsächlich zum              Bilder und Zitate rezipiert werden.
Durchgehen genutzt wird, wurde hergestellt, der Park       Das Stadtteilmagazin schafft aber auch einen kulinari-
wurde zur Bühne, zum Erlebnis. Mit dem Kochevent           schen, praxisorientierten Zugang, Ortsbezug inklusive,
wurde den Menschen ein innovatives Format gebo-            durch das Nachkochen der Rezepte mit regionalen
ten, das Gelegenheiten der zwischenmenschlichen
Kommunikation und eine kreative Atmosphäre an der          im eigenen Stadtteil.
Peripherie schafft. Weitere neue Formate für Essling       Jedenfalls soll es Appetit machen auf Stadtteilarbeit im
haben sich daraus entwickelt.                              Allgemeinen. Im Speziellen soll es viele Menschen in
Kochen unter freiem Himmel hat die Menschen,               Essling dazu anregen, sich zu beteiligen und weitere
generationenübergreifend und mit unterschiedlichen         Aktionen und Interventionen in Essling zu ermögli-
Interessen erreicht und zusammengebracht.                  chen.
Gemeinsam Kochen steht für das, was wir in den
letzten Jahren in Essling erreicht haben. Daher ist es     Ich persönlich habe jedenfalls durch das Kochbuch auf
bezeichnend für unser Tun und wir stellen das Koche-       Eines großen Appetit bekommen: auf ein regelmäßig
vent in den Fokus der vorliegenden, abschließenden         erscheinendes Stadtteilmagazin für Essling!
Publikation zum Projekt Treffpunkt Essling.                Mal schauen, ob es gelingt.
ESSL NG - Treffpunkt Essling
TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE

                                                 In diesem Teil des Stadtteil-
                                                 magazins stellen wir die Initiative
                                                 Treffpunkt Essling vor. Was sind
                                                 unsere Ziele, Methoden und die
                                                 Ergebnisse nach drei Jahren Stadt-
                                                 teilarbeit bzw. wie werden wir weiter
                                                 arbeiten. Werkzeuge, die sich als
                                                 besonders zielführend erwiesen
                                                 haben, um die Menschen in Ess-
                                                 ling zu aktivieren, werden an dieser
            ZUTAT Nr.2: Raum
                                                 Stelle genauer vorgestellt.

         AKTEURE STELLEN SICH VOR
                                                 In dieser Rubrik stellen Akteure aus
                                                 Essling Projekte vor, die aus der
                                                 Initiative Treffpunkt Essling heraus
                                                 entstanden sind. Zwei Essays von
                                                 BewohnerInnen Esslings geben auf
                                                 literarische Weise Einblick in ihre
                                                 persönliche Sicht auf den Stadtteil
                                                 und die Initiative Treffpunkt Essling.

            Eine Idee

          EXPERTISE STADTTEILARBEIT
                                                 In der Rubrik Expertise Stadtteil-
                                                 arbeit stellen ProjektpartnerInnen
                                                 Methoden der Stadtteilarbeit vor,
                                                 die in Essling zur Anwendung kamen
                                                 aber ebenso für andere Bezirke,
                                                 Städte oder Gemeinden Gültigkeit
                                                 besitzen und dort eingesetzt
                                                 werden können.

            Miteinander gesund im Grätzel

                                                 Im mittleren Teil befindet sich ein
    h       e
Kocrezepltteil
                                                 Kochbuch mit Rezepten, die wäh-
                                                 rend der Veranstaltung Kochen
       e   itt  !
     im M ehmen                                  unter freinem Himmel mit saiso-
        u sn
    mra
  zu                                             nalen Produkten ausschließlich aus
                                                 Essling und Umgebung kreiert und
                                                 verspeist wurden.

            Rezeptteil
            in der Mitte des Stadtteilmagazins
ESSL NG - Treffpunkt Essling
INHALT

04 Treffpunkt Essling
     Neues Leben für einen Wiener Stadtteil
     Sabine Gstöttner
                                                                               06   Vitamine für die Stadt
                                                                                    Josef Taucher

08 Das wollen wir erreichen.
     Wir machen Essling zum Treffpunkt
                                                                               09   Miteinander gesund im
                                                                                    Grätzel
                                                                                    Christian Körbler
10   So sind wir vorgegangen

11   ZUTAT Nr.1: Die Menschen
                                                                               12   Aktivierende
     im Stadtteil
                                                                                    Stadtteildiagnose
                                                                                    Cornelia Ehmayer-Rosinak
                                         16   Gesundes Essling.
                                              Michaela Mainer

                                         17   Mit dem Rad zur Lesung
                                              Barbara Deissenberger
18   ZUTAT Nr.2: Raum
                                                                               22   Zwischennutzung =
                                                                                    Netzwerkarbeit
                                                                                    Bernhard Wolf
                                         28   „do bin i her, do gher i hi“
                                              Gabriele Mühlbauer
30 ZUTAT Nr.3: Institution aus
   dem Stadtteil

31   ZUTAT Nr.4: Begleit-Evaluierung

32   So schaut`s aus!
                                         36   Eine Idee
                                              Eva Greis, Kultur im Wohnzimmer

                                         37   Parkours Meet-Up
                                              Daniel, Felix, Florian, Martin

                                         38   Komm sing`mit mir!
                                              Renate Schmied
40 Treffpunkt Essling in Zahlen

42   So geht es weiter ...
                                         44   Essling ist Eins
                                              Christian Drastil
ESSL NG - Treffpunkt Essling
Treffpunkt Essling
Neues Leben für einen Wiener Stadtteil
Singabende, die einfach glücklich machen. Ein Parkours Meet-Up, der das Stadtbild verändert. Der
Talentekreis für ein positives Miteinander. Ein TRESOR als Treffpunkt. Diese und weitere Aktionen
helfen, das Zentrum von Essling wieder ins Bewusstsein der BewohnerInnen zu rücken. Hinter all den
Aktionen steht die Initiative Treffpunkt Essling, die das Ortszentrum als Wirtschaftsstandort und
als Ort der Begegnung nachhaltig stärken will.

Verantwortzung für unsere Stadt übernehmen                  Es ist immer Aktivität, die belebte Stadtteile aus-
Die Stadt Wien wächst. Im Jahr 2025 wird Wien eine          zeichnet!
Stadt mit 2 Millionen Menschen sein. Die Stadt wird         Treffpunkt Essling wurde 2017 vom Landschaftspla-
sich verändern, in manchen Teilen der Stadt entsteht        nungsbüro inspirin ins Leben gerufen. Hinter der Initi-
sogar etwas, wie ein neues Wien. Raum wird knapper,         ative stehen nun Geschäftsleute, PlanerInnen, Vereine
die Gesellschaft vielfältiger. Es braucht unterschiedli-    und Einzelpersonen, die das Ortszentrum von Essling
che Räume für verschiedene Bedürfnisse. Dabei wird          als Wirtschaftsstandort und als Ort der Begegnung
Raum zukünftig nicht nur nebeneinander sondern              nachhaltig verbessern wollen. Ziel von Treffpunkt Ess-
auch zeitlich versetzt verschiedene Ansprüche erfüllen      ling ist, die BesucherInnenfrequenz und die Verweil-
müssen.                                                     dauer im Ort zu erhöhen und Aufenthaltsqualität im
Urbanen Lebensraum zu schaffen, der heterogenen             öffentlichen Raum zu schaffen.
Anforderungen gerecht wird, ist eine große Heraus-          Mit vielfältigen Angeboten, wie der Zwischennutzung
forderung für die Stadtplanung. Um die hohe Lebens-                                                               -
qualität in einer Stadt, die sich rasch verändert, halten   keitszonen im öffentlichen Raum, Wohnzimmerle-
zu können, sind neue Planungsprozesse und neue              sungen, Konzerten, Sportveranstaltungen, wie der
Formen der Kommunikation gefordert. Alle sollen             Outdoor-Woche, einem Parkourstraining oder einem
die Möglichkeit haben, mitzureden und informiert zu         Laufevent oder mit kommerziellen Popup-Formaten
werden. Die Verantwortung für die Qualität des ge-          wird wieder ein Bezug zum Zentrum geschaffen und
bauten Raums ist eine gesamtgesellschaftliche. Wir alle     dieses zu einem Treffpunkt, zum verlängerten Wohn-
gestalten unsere Baukultur mit und sollten uns dieser       zimmer.
Aufgabe bewusst sein!                                       Die Initiative vernetzt Wirtschaftstreibende, Kultur-
Entscheidend für die wirksame Teilhabe der Menschen         schaffende, Bildungseinrichtungen, junge Familien, Se-
einer Stadt und für die Möglichkeit, neue Organisa-         niorInnen und Jugendliche und bezieht diese als stadt-
tionsmodelle und Aushandlungsprozesse im Bereich            gestaltende Akteure aktiv in die Zentrumsentwicklung
Stadtgestaltung generieren zu können, ist es, zuzulas-      mit ein. Der Ortskern rückt wieder ins Bewusstsein
sen, dass die Menschen gemeinsam Verantwortung              der BewohnerInnen und ganz im Sinne der Stadt der
für den gebauten Raum übernehmen und sie dabei zu           kurzen Wege wird die Nutzung von Angeboten im
unterstützen.                                               Zentrum vorangetrieben.
Wie gemeinsam Verantwortung für Stadtraum über-
nommen werden kann, zeigt das Projekt Treffpunkt
Essling, ein Beispiel für integrierte Stadtteilentwick-
lung an der Peripherie Wiens.                               Treffpunkt Essling setzt auf Beteiligung, Begeg-
                                                            nung, Identität.
                                                            Die Initiative fördert Beteiligung!
Treffpunkt Essling – mittendrin und doch daheim!            Prozesse der Stadtentwicklung betreffen Menschen,
Das Ortszentrum des am Wiener Stadtrand liegenden           die in der Stadt leben, wirtschaften und arbeiten. Da-
Bezirksteils Essling hat kaum Bedeutung als Ort, an         her erfordert die Entwicklung eines Stadtteils auch die
dem man sich trifft. Eine geringe Aufenthaltsqualität       Einbindung all jener, die sich für die Gestaltung ihres
durch hohen Durchzugsverkehr, Leerstand und nied-           Lebensraums interessieren und engagieren. Durch die
rige KundInnenfrequenz charakterisieren den Stadt-          Beteiligung werden ein Verständnis und die Identi-
raum. Angebote aus den Bereichen Kultur und Gastro-
nomie gibt es nur wenige. In den letzten Jahrzehnten        Zukunft „ihres“ Stadtteils erreicht.
war es ein gelerntes Verhaltensmuster für EsslingerIn-      Soziale Teilhabe ist daher eine wichtige Methode im
nen, soziale, kulturelle und gastronomische Angebote        Projekt. Die Menschen haben kreatives Potenzial und
„in der Stadt“ in Anspruch zu nehmen. Dabei wird der        sind bereit, dieses auch für die Aufwertung des Le-
                                                            bensumfelds einzusetzen. Mit Hilfe von gemeinsamen
lauter.                                                     Aktivitäten im Stadtraum werden das Engagement der

4   TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE
ESSL NG - Treffpunkt Essling
Foto: Manfred Schmid, Photography and Film

Menschen in Bezug auf ihr unmittelbares Wohnumfeld         machen.
unterstützt und gesteigert, Spuren gemeinsamen Tuns        Temporäre Aktionen und Angebote zielen darauf ab,
hinterlassen und eine enge Bindung an das räumliche        die Verweildauer im Ort zu erhöhen und den öffent-
und soziale Umfeld gefördert. Die Belebung des Orts-       lichen Raum nutzbar zu machen. Die erhöhte Aufent-
kerns wird zur Angelegenheit der BewohnerInnen.            haltsqualität und das Sichtbarmachen der vielfältigen
Alle Aktivitäten im Rahmen der Initiative werden           Angebote, die im Ortskern vorhanden sind, sollen die
gemeinsam mit BewohnerInnen und UnternehmerIn-             Menschen dazu motivieren, den Ortskern zu besu-
nen entwickelt und umgesetzt. Die BewohnerInnen            chen. Die Erdgeschosszone ist dabei eine wesentliche
lernen, Verantwortung für Stadtraum zu übernehmen          Schnittstelle zum öffentlichen Raum.
und lösungsorientiert zu handeln.
Durch die Vernetzung der verschiedenen Akteure             Die Initiative schafft Identität!
werden das Soziale Kapital und die nachbarschaftli-        Identität ist die grundlegendste Funktion und we-
chen Beziehungen rund um den Ortskern Esslings in-         sentlich für die positive Entwicklung eines Zentrums.
tensiviert. Das kreative, engagierte Potenzial Esslings,   Mit Hilfe von Angeboten und Initiativen, die aus der
die DNA des Stadtteils wird sichtbar.                      Bevölkerung kommen, soll die Identität mit dem Ort
Die Aktiven treten gemeinsam auf, machen gemein-           geschaffen und erhöht werden.
sam Angebote und treffen gemeinsam Entscheidun-            Aufbauend auf einer Stadtteildiagnose, in der nach
gen. Eine kreative Atmosphäre und Partnerschaften          den Potenzialen, Handlungsbedarfen und nach Cha-
werden erzeugt, die auch in weiteren Projekten mün-        rakteristischem geforscht wurde, werden gemeinsam
den können. Daraus entstehen handlungsorientierte          mit den Geschäftsleuten Impulse gesetzt, die zum
Netzwerke, selbstorganisierte Plattformen, in denen
alle Aktiven stärker wahrnehmbar sind.                     für Essling steht. Die UnternehmerInnen entwickeln
Die stadträumlichen Verbesserungen kommen nicht            ein Bewusstsein für die Qualitäten des Stadtteils, eine
nur den Aktiven selbst, sondern ganz allgemein den         Positionierung des Geschäftsgebiets Esslings an der
Menschen des Stadtteils zugute und stellen einen           Peripherie erfolgt.
Mehrwert für die gesamte Stadtgesellschaft dar.            Das Sichtbarmachen der positiven Zuschreibungen
                                                           eines Ortes schafft Identität. Ressourcen und Potentia-
Die Initiative macht das Zentrum zum Begegnungsort!        le des Stadtteils werden sichtbar.
Begegnung ist ein charakteristisches Merkmal eines
Ortskerns. Ein Projektziel ist das Schaffen von Gele-
genheiten der Begegnung, die den Ortskern erlebbar

                                                                     TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE              5
ESSL NG - Treffpunkt Essling
Vitamine für die
Stadt.
Josef Taucher
Gemeinderat SPÖ Wien

Projekte wie Treffpunkt Essling sind das soziale            zels einzubinden. Eines dieser Werkzeuge ist auch die
Immunsystem der Stadt. Sie bilden neue Verbindun-           lokale Agenda 21 Donaustadt. Sie ermöglicht Bezirks-
gen zwischen Menschen im Stadtteil, sind Plattform          bewohnerinnen und –bewohnern, ihre Ideen einzu-
für die Umsetzung von Ideen und bereichern das              bringen, gemeinsam mit anderen zu bearbeiten, sie mit
Lebensgefühl im Grätzl.                                     Politik und Verwaltung auf Augenhöhe abzustimmen
Sie sind Orte der Nähe, in denen Nachbarschaft ge-          und mit Unterstützung des Bezirks umzusetzen. Un-
baut, wo Vertrauen entsteht und Gemeinschaft sowie          abhängig davon, wie diese Instrumente auch heißen
gegenseitige Hilfe gelebt werden. Es ist mein eigener       mögen – es geht letztendlich immer ums Mitreden,
Bezirksteil, in dem ich seit 1994 lebe, und er ist durch    Mitplanen, Mitgestalten und Umsetzen. Schlussend-
diese Initiative für mich noch ein Stück lebenswerter       lich geht es auch darum, dass „durchs Reden d’Leut
geworden. Ich konnte neue Menschen kennenlernen,            zamkommen“. All diese Qualitäten lebt und vereint
an neuen Aktionen teilnehmen und Hobbies teilen.            „Treffpunkt Essling“. Dafür möchte ich mich herz-
Spaziergänge mit Impulsvorträgen zu Natur, Land-            lichst bedanken – bei den Menschen, den InitiatorIn-
und Forstwirtschaft, die das Bewusstsein für den            nen, den ImpulsgeberInnen. Essling ist dadurch ein
                                                        -   Stück reicher geworden!
sam Kochen und dabei die Bedeutung regionaler und
saisonaler Lebensmittel kennenlernen, um das Leben
gesünder und nachhaltiger zu gestalten. Im Bezirk
Garteln und ein G’spür für die Natur und das städti-
sche Ernährungssystem entwickeln. Bewegungsspiele,
die animieren, Stadtteile spielerisch zu Fuß oder mit
dem Rad zu erkunden und gleichzeitig das Klima und
die Umwelt schonen. All das sind Initiativen und Pro-

eine maßgebliche Rolle für Stadt, Mensch und unser
Gesellschaftsklima spielen.
Gräzlinitiativen sind, wenn man so will, Vitamine
für ein starkes Immunsystem, die unsere Stadt stabil
und gesund halten. Sie spielen eine wesentliche Rolle
bei der Bewusstseinsbildung, beleben Orte, fördern
Teilhabe, schaffen Begegnungen, indem sie Menschen
verbinden und Brücken zwischen den Generationen
bauen. Sie ermöglichen es, den Alltag und das persön-
liche Umfeld aktiv zu gestalten und sind damit der
Schlüssel zu mehr Demokratie.
Ob Projekte aus der Kinder- und Jugendbeteiligung,
die Gestaltung von Gemeinschaftsgärten, Parks,
Straßen oder Plätzen, die Entwicklung von Stadtteilen,
wie auch Projekte „privater“ Grätzlinitiativen – sie alle
tragen zur Vielseitigkeit unserer Stadt bei und sorgen
dafür, dass Wien lebenswert bleibt, heute wie auch für
zukünftige Generationen.
Damit Wien seinen Status als lebenswerteste Stadt der
Welt aufrechterhält, braucht es das Engagement der
vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich für ihre Anlie-
gen einbringen und auch aktiv werden. Ein besonders
gelungenes Beispiel dafür ist die Initiative Treffpunkt
Essling. Dabei spielt die Förderung von Partizipation
und Teilhabe eine große und wichtige Rolle. Die Stadt
Wien hat an diesem Punkt unterschiedliche Instru-
mente entwickelt, um Bürgerinnen und Bürger noch
mehr in die Gestaltung ihres Bezirks bzw. ihres Grät-

6   EXPERTISE STADTTEILARBEIT
ESSL NG - Treffpunkt Essling
„Initiativen wie Treffpunkt Essling sind Vitamine
für ein starkes Immunsystem, die unsere Stadt
stabil und gesund halten.“

                                               Foto: Michaela Mejta
ESSL NG - Treffpunkt Essling
Das wollen wir
erreichen.
Wir machen Essling zum Treffpunkt!
Ziel der Initiative Treffpunkt Essling ist, den Ortskern Esslings als Ort der Begegnung attraktiv zu ma-
chen. Um dieses Ziel erreichen zu können, haben wir uns zunächst darauf konzentriert, ein Netzwerk

                                                                                     Am wir gehen heute (r)aus-
                                                                                     Tag beleben wir mit ver-
                                                                                     schiedenen Aktionen den
                                                                                     öffentlichen Raum. Im Bild:
                                                                                     Aperitiv vor der kostBAR an
                                                                                     der Esslinger Hauptstraße.

                                                                                     Foto: Manuela Wagner-Ottawa

Aufbau eines Sozialen Netzwerks                             Derzeit halten sich die Menschen im Zentrum Esslings
Eine wesentliche Zielsetzung des Projektes ist der          auf, um auf den Bus zu warten, oder alltägliche Be-
Aufbau und die Stärkung des sozialen Netzwerks in           sorgungen zu erledigen. Geschäftslokale mit höherer
Essling. Die laufende, aktive Einbindung der Unter-         KundInnenfrequenz werden mit dem Auto angefahren
nehmerInnen und BewohnerInnen Esslings in die               und nur kurz genutzt (etwa der Bäcker und die Apo-
Programmierung und Umsetzung sämtlicher Aktio-              theke). Dies sind durchaus Gründe, weshalb der Bezug
nen (Veranstaltungen, Initiativen etc.) ist dabei eine      zum alten Ortskern nur schwach ausgeprägt ist.
wesentliche Strategie, um die Menschen zu erreichen         Der Alte Ortskern hat eine geringe Bedeutung als Ort
                                                            der Begegnung und der öffentliche Raum hat geringe
EsslingerInnen mit den Angeboten und dem Zentrum            Aufenthaltsqualität.
zu schaffen. Eine eigenständig agierende, lebendige         Die Nutzung des öffentlichen Raums und Gelegenhei-
Nachbarschaft, basierend auf einem starken sozialen
Netz und einer hohen Identität mit dem Stadtraum            austauschen kann, sind wesentlich für die Wohnqua-
soll entstehen.                                             lität eines Stadtteils und Voraussetzung für die Iden-
                                                            tität. Die Aufenthaltsqualität im Zentrum soll daher
Stärkung des öffentlichen Raums                             erhöht und Treffpunkte und Räume der Begegnung
Der Stadtteil Essling hat eine hohe Freizeitqualität, die   geschaffen werden.
durch die hochwertigen Grün- und Erholungsräume
gegeben ist. Aufgrund der fehlenden Vielfalt und Mi-        Entwicklung eines Profils für Essling
schung der für eine Stadt wichtigen Nutzungen, wie          Im Projekt wird gemeinsam mit den UnternehmerIn-
Arbeiten, Freizeit, Kultur, Bildung, Wohnen werden
am Stadtrand wenige Wege zu Fuß zurückgelegt.               unterstützt dabei, ein Bewusstsein für die Qualitäten
Gelegenheiten, sich auf der Straße zu treffen, sind rar,    des Stadtteils zu entwickeln und erzeugt Identität für
attraktive Angebote zum Verweilen existieren kaum.          eine positive Entwicklung des Zentrums.

8   TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE
Miteinander gesund
Mehr Informationen
www.gesundebezirke.at
                                                                im Grätzel
www.gesunde-idee.at
                                                                Christian Körbler
                                                                Wiener Gesundheitsförderung

Was brauche ich, damit ich mich wohlfühle? Wie          rung, seelische Gesundheit und gesunde Lebenswelten
wirkt sich ein gutes Miteinander auf meine Gesund-      ins Leben rufen möchten: Das kann die Organisation
heit aus? Was kann ich selbst tun, um mein Grätzel      eines Bewegungstreffs im Park sein ebenso wie das ge-
zu einem Wohlfühlort zu machen? Seit 2010 liefert       meinsame Garteln oder ein kleines Fest zum besseren
das Programm „Gesunde Bezirke“ der Wiener Ge-           Kennenlernen der Nachbarschaft.
sundheitsförderung auf derartige Fragen nicht nur       Die Idee dahinter: Gemeinsame Angebote und Akti-
Antworten, sondern motiviert auch zur Eigeninitia-      vitäten stärken die sozialen Beziehungen im Grätzel.
tive.                                                   Und diese wiederum sind wichtige Voraussetzungen
                                                        für unsere seelische und körperliche Gesundheit. Mit
Gesundheitsförderung passiert dort, wo Menschen         anderen gemeinsam etwas unternehmen, Lob und
leben und wohnen. Im Bezirk, Bezirksteil oder im        Anerkennung, aber auch anregende Aktivitäten in der
Grätzel kann vieles passieren und verändert werden,     Freizeit wie Tanzen, Musizieren, Sport oder ehrenamt-
das sich auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und       liche Aufgaben steigern die Zufriedenheit.
Bewohner positiv auswirkt. Seit 2010 hat es sich die
Wiener Gesundheitsförderung zur Aufgabe gemacht,        Bewusst offen für Neues zu sein, wirkt sich positiv auf
in ausgewählten Bezirken gesundheitsfördernde Akti-     unsere Einstellung zum Leben aus. Wir machen neue
vitäten in Gang zu bringen, umzusetzen, zu betreuen,    Erfahrungen und lernen neue Menschen kennen. Das
zu fördern, zu begleiten und nachhaltig zu verankern.   steigert auch unser Selbstwertgefühl. Ein gutes Mitei-
Ziel des Programms „Gesunde Bezirke“ ist, dass die      nander und ein aktives Leben sind damit die Basis für
Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensbereich
erleben und spüren, wie sie sich schon durch kleine
Änderungen wohler und gesünder fühlen. So wirken        Jetzt aktiv werden!
Aktivitäten von und für Bewohnerinnen und Bewoh-        Sie haben selbst eine Idee, wie Sie Ihr Grätzel gesünder
ner des Grätzels auf alle Beteiligten.                  gestalten können? Sie möchten eine Aktivität planen

Gesundheit aktiv mitgestalten und eigene Ideen fürs     steigern kann? Dann melden Sie sich bei der Wiener
Grätzel umsetzen                                        Gesundheitsförderung! Je nachdem wie umfassend
Unter dem Motto Ihre Gesunde Idee für den Bezirk!       die Idee ist und von wem sie eingereicht wird – zwei
unterstützt die Wiener Gesundheitsförderung Ideen,      Privatpersonen oder einem Verein, einer Organisati-
die zu einem gesünderen Grätzel beitragen. Es geht      on – unterstützt die Wiener Gesundheitsförderung im
vor allem darum, die Bewohnerinnen und Bewohner         Rahmen von „Grätzel- und Kooperationsinitiativen“
in Essling, der gesamten Donaustadt und darüber hin-    bei der Umsetzung durch die Finanzierung von Sach-
aus zu unterstützen, wenn sie selbst aktiv werden und   kosten.
kleine Projekte in den Bereichen Bewegung, Ernäh-

             Das mobile offene
             Bücherregal [mooB] wurde
             mit Hilfe der Aktion Ihre
             Gesunde Idee für den
             Bezirk! umgesetzt. Das
             mooB war in Essling
             unterwegs und regte zum
             Lesen, Plaudern und Bücher
             tauschen an.

             Foto: Sabine Gstöttner

                                                                          EXPERTISE STADTTEILARBEIT            9
So sind wir
vorgegangen!
Mit der Stadtplanung verhält es sich ähnlich wie beim Kochen: um ein Gericht herzustellen, bedarf
es verschiedener Gewürze und Zutaten. Die Qualität der Gewürze und die Art, wie die Zutaten kom-
biniert werden, bestimmen das Ergebnis.
Bei der partizipativen Ortskernbelebung Essling waren die Zutaten Menschen, Raum, eine Instituti-
on aus dem Stadtteil und Jahresschwerpunkte.

UNSERE ZUTATEN
Raum
Menschen
Institution aus dem Stadtteil
Begleit-Evaluierung

Um ans Ziel zu gelangen, haben wir eine Fülle an
verschiedenen Aktivitäten gesetzt, die mit den Unter-
nehmerInnen und BewohnerInnen gemeinsam entwi-
ckelt und umgesetzt wurden. Die Impulse kamen zum
Teil vom Landschaftsplanungsbüro inspirin, zum Teil
kamen sie aus der Bevölkerung. In mehreren Work-
shops, Netzwerktreffen, Kleingruppengesprächen und
Arbeitskreisen wurden Ideen gesucht, weitereverfolgt
und realisiert.
Durch die gemeinsamen Aktivitäten und temporären
Angebote konnte ein Bezug zum Zentrum geschaffen
und mit Hilfe von kulturellen und sozialen Impulsen
die Verweildauer im Ortskern erhöht werden.
Treffpunkt Essling bündelt die Ressourcen in und um
Essling und der hier arbeitenden und lebenden Men-
schen und nutzt gezielt die vorhandenen Potenziale.

                                    Die Qualität der Zutaten
                                    und die Art der
                                    Zubereitung bestimmen
                                    das Ergebnis.

                                                                           Fotos: Michaela Mejta

10   TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE
Im Rahmen der Reihe „Die Welt ist voller Lösungen“ wurden
                                                            Projektideen für Essling diskutiert und ausgearbeitet.

                                                            Foto: Sabine Gstöttner

ZUTAT Nr.1:
Die Menschen im
Stadtteil
Am Anfang stand die Suche nach der DNA des Stadt-           Die Aktivitäten haben ein soziales Zusammengehörig-
teils - die sich aus den räumlichen Gegebenheiten, den      keitsgefühl im Stadtteil erzeugt und tragen zur phy-
Menschen und den Inhalten (Interessen, Know How),           sischen und kulturellen Aufwertung des peripheren
die sie einbringen, ergibt - parallel mit der Aktivierung   Stadtraums bei.
der BewohnerInnen und UnternehmerInnen Esslings.                                                                 -
Ziel war es, die im Stadtteil vertretenen engagierten       men auf individuelle gesunde Lebensweisen, wie
und kreativen Menschen sichtbar zu machen, zusam-           etwa Bewegung machen, gesunde Ernährung oder die
menzubringen und zum Mitmachen zu motivieren.               Erweiterung sozialer Kontakte (bspw. durch Aktivitä-
Erreicht haben wir das durch eine aktivierende Stadt-       ten wie Walkingtreffs, Kochworkshops mit regionalen
teildiagnose, die direkte Kontaktaufnahme zu den            Produkten, generationenübergreifende Theatergrup-
Betrieben, innovative Veranstaltungsformate, Work-          pen und Spielenachmittage …).
shops, Vereinstreffen und durch das Zur-Verfügung           Ein beständiges und aktives Netzwerk, ein Wir-Ge-
stellen von Raum, wie den TRESOR und die Möglich-           fühl und eine ortsbezogene Identität konnten erzeugt
keitszonen.                                                 werden.

In all den angebotenen Formaten jedoch standen die          Methodisch haben sich einigeTools als besonders ziel-
Menschen als stadtgestaltende Akteure im Rampen-            führend erwiesen, um die Menschen in Essling sicht-
licht, hatten die Möglichkeit, sich vorzustellen und mit    bar zu machen und zusammenzubringen. Diese sind
unserer Unterstützung ihre Ideen umzusetzen.                nachfolgend genauer vorgestellt.

                                                                     TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE               11
Die aktivierende
Stadtteildiagnose
Cornelia Ehmayer-Rosinak
Stadtpsychologin

Die aktivierende Stadtdiagnose (ASD) ist ein qualitati-   Mit dem Interview werden zusätzlich zum sozialen
ves sozialwissenschaftliches Verfahren, mit dem Städte    Gefüge auch jene Themen erhoben, welche eine hohe
oder Stadtteile „auf die Couch“ gelegt werden kön-        Aktualität besitzen oder für die Menschen im Stadtteil
nen. So gesehen, ist der Stadtteil oder die ganze Stadt   von besonderer Relevanz sind. Diese Themen werden
der „Patient“ und nicht eine einzelne Person. Es geht     im Laufe eines partizipativen Projektes immer
darum einen Stadtteil aus der Perspektive all jener zu    wieder auftauchen und vielleicht auch nach Lösungen
verstehen, die in ihm wohnen und/oder arbeiten. Die       verlangen. Mit der ASD ist man auf wichtige Themen
unterschiedlichen Sichtweisen zusammengenommen            vorbereitet und wird nicht im Laufe des Projektes
bilden die Basis für eine nachhaltig-partizipative Ent-   überrascht.
wicklung.
                                                          Die ASD als wichtige Methode in der partizipativen
Die ASD wurde in einem mehrjährigen Prozess entwi-        Ortsbelebung
                                                   -      Sinnvoll ist, die ASD durchzuführen bevor mit einer
fahren wissenschaftlich abgesichert und seit 2017 auch    aktiven Ortsbelebung begonnen wird. Die methodi-
international wissenschaftlich anerkannt.                 sche Vorgehensweise, insbesondere das Führen von
                                                          Interviews mit unterschiedlichsten Personen im Stadt-
Auf die Analyse des sozialen Gefüges wird besonderer      teil, ermöglicht nicht nur eine fundierte Projektvorbe-
Wert gelegt, weil Städte mit einem funktionierenden       reitung, sondern weckt gleichzeitig auch das Interesse
Gemeinwesen und gesunden Nachbarschaften für              der Menschen. Oftmals werden bei den BewohnerIn-
Veränderungen besser gerüstet sind als jene, wo dies      nen durch die Interviews erst Gedanken über den eige-
nicht der Fall ist. Die Diagnose zeigt, bei welchen Be-   nen Stadtteil, die eigene Rolle und damit auch verbun-
völkerungsgruppen ein hoher Gestaltungswille schon        den, die Möglichkeiten ihn mitzugestalten, geweckt.
vorhanden ist und welche Personen oder Gruppen in
Stadtentwicklungsprozesse künftig mehr eingebunden        Die ASD ermöglicht, den Stadtteil mit den Augen jener
werden sollen. Sie wird in Form eines „Kommune-           zu sehen, die in ihm wohnen und/oder arbeiten. Da-
gramms“ dargestellt.                                      mit wird sichergestellt, das lokale Interventionen - wie
                                                          beispielsweise der Aufbau eines Nachbarschaftszent-
Was bildet die ASD ab, das ohne sie verborgen             rums - von Beginn an auf die Bedürfnisse der lokalen
bliebe?                                                   Bevölkerung abgestimmt sind. Das ist die Basis für
Das Kommunegramm ist eine wichtig Voraussetzung,          eine gemeinsame partizipative Vorgehensweise, in der
wenn Personen für das Engagement in ihrem Stadtteil
aktiviert werden sollen. Es zeigt, welche Personen,
Gruppen oder Institutionen schon eine aktive Rolle
einnehmen, aber auch, wer nicht. Wichtig dabei ist
auch, welche Netzwerke schon vorhanden sind, das
zeigen die Linien und wo es noch keine Anknüpfung
gibt. In der Mitte sind Entscheidungsträger des Stadt-
teils abgegildet, am Rand stehen jene, die weniger zu
sagen haben.

Diese Netzwerke sind teilweise den BewohnerInnen
bekannt, aber erst durch das methodische Vorgehen
werden sie in ihrer Gesamtheit sichtbar. Die zentrale
Erhebungsmethode hierfür ist das qualitative Inter-
view.

12   EXPERTISE STADTTEILARBEIT
Aktivierende Stadtteildiagnose
 Die aktivierende Stadtteildiagnose für Essling zeigt
 Stärken und Defizite des Stadtteils auf und dient als
 Entscheidungs- und Handlungsgrundlage für alle
 weiteren Impulse, die im Zuge des Projektes Treffpunkt
 Essling gesetzt wurden.
 Wesentlich für den Erfolg und die Nachhaltigkeit des
 Projektes ist die Umsetzung von Ideen und Aktionen,
 die an den Bedarfen und den vorhandenen Ressourcen,
 die in der Bevölkerung und im Stadtteil vorhanden sind,
 ansetzen. Diese wurden im Zuge der Stadtteildiagnose
 erhoben.
 Ein wesentlicher Aspekt der Studie ist die Aktivierung
 der BewohnerInnen, die in weiterer Folge in die
 Entwicklung diverser Ideen zur Aufwertung des
 Ortszentrums eingebunden wurden.
 Darüber hinaus dient die Studie als Basis für die
 Entwicklung eines Profils, das gemeinsam mit Unterneh-
 merInnen Esslings entwickelt werden soll, um Essling als
 Geschäftsgebiet zu stärken.

 Wir wissen mehr über .....
Die Initiative Wir wissen mehr über… war eine der ersten
Aktionen, die Umsetzung fanden. Hier teilten
UnternehmerInnen aus Essling ihr Wissen und ihre
Fähigkeiten im Rahmen von Workshops mit interessierten
BewohnerInnen. Der Fokus lag dabei auf gesundheits-
fördernden Themen, aber auch andere wissenswerte Sach-
gebiete fanden im Vortrags- und Workshop-Programm
Berücksichtigung. Das Programm reichte vom Koch-
workshop über Lerncoaching für Jugendliche, Entspan-
nungstrainings, Mediation, gemeinsame Singevents,
Kleidertauschparties bis hin zu Handwerks-Kursen.
Die Initiative machte einerseits die vorhandenen
Unternehmen sichtbar, aber sie machte auch auf die Ini-
tiative Treffpunkt Essling aufmerksam, brachte die Men-
schen zusammen und lud ein, aktiv mit einem
konkreten Thema Teil zu nehmen. Wir wissen mehr über…
war impulsgebend und wurde im ersten Bearbeitungsjahr         Tools für einen
als Methode der Netzwerkbildung eingesetzt.
                                                              lebendigen Stadtteil

                                                    TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE   13
talente
  essling
                                           talentekreis essling
                                           Mit dem talentekreis essling machen wir das Wissen, die
                                           Fähigkeiten und die Dienstleistungen, die in Essling
                                           vertreten sind, sichtbar! Der talentekreis essling macht
Ingrid Bär. Zum Hopfbär                    die vielfältigen Potenziale Esslings bewusst. Jeder kann
                                           sich beteiligen, indem er/sie die talente Esslings nutzt
Bettina Bartsch-Herzog.
Lebens- und Sozialberaterin, Autorin
                                           oder selbst Teil des talentekreis essling wird und stärkt
                                           damit den Stadtteil!
Susanne Cservenka. Seniorenbegleiterin     Im talentekreis essling sind sowohl UnternehmerInnen
Barbara Deissenberger. Schriftstellerin,   aus verschiedenen Bereichen vertreten, die Ihre
Literaturwissenschafterin                  Produkte oder Dienstleistungen professionell anbieten,
                                           als auch Privatpersonen, die ihre Talente, ihr Wissen und
Doris Felbinger. Heilmasseurin
                                           ihre Fähigkeiten ehrenamtlich zur Verfügung stellen, mit
Christine Fiby. Walkinggruppe Essling      anderen teilen oder sich mit Gleichgesinnten vernetzen
Oliver Frömel. Masseur, Physiotherapeut    möchten.

Fabian Galik.                              talente, die dich bei einer gesunden Lebensweise
Restaurant Schloss Essling                 unterstützen, sind grün gekennzeichnet. Diese talente
                                           bekennen sich zur charta gesundes essling und deren
Andrea Glössner. Channoine Kosmetik
Glössner
                                           Ziel, das körperliche, geistig-seelische und soziale
                                           Wohlbefinden im Stadtteil zu fördern.
Barbara Grütze. familylab-Beraterin,
Theaterpädagogin                           charta gesundes essling
Sonja Härring. Lebens- und Sozialbera-     •   Mit meinem Angebot unterstütze ich Menschen bei der
terin, Gesundheitsförderin                     Entwicklung und selbstständigen Umsetzung eines gesun-
                                               den Lebensstils – auf körperlicher, geistig-seelischer und
Isabella Hecht. Kinesiologin,
Kosmetikerin                                   sozialer Ebene.
                                           •   Ich ermutige Menschen dazu, selbst Verantwortung für Ihre
                                               Gesundheit zu übernehmen und vermittle entsprechendes
                                               Wissen und Kompetenzen.
                                           •   Im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung fördere bzw.
                                               achte ich auf Regionalität, Saisonalität und/oder ökolo-
                                               gisch nachhaltige Produktion.
                                           •   Durch gemeinsame Aktivitäten und Veranstaltungen er-
                                               mögliche ich persönliche Begegnungen und trage so zum
                                               Aufbau und zur Pflege sozialer Netzwerke im Stadtteil bei.
                                           •   Miteinander statt gegeneinander. In diesem Sinne koope-
                                               riere ich mit anderen Mitgliedern des talentekreis essling
                                               und nehme deren Angebote nach Möglichkeit auch selbst
                                               in Anspruch.
                                           •   Meine Angebote stehen grundsätzlich allen Menschen, die
                                               sich dafür interessieren, offen.

Tools für einen
lebendigen Stadtteil

    14   TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE
„Es sind viele Talente zum
                                                 Vorschein gekommen, auch viele
                                                 Angebote, die vorher nicht sichtbar
                                                 waren.“

                  mitmachen beim talentekreis essling – so funktioniert’s
                  Auch du kannst Essling stärken, indem du die talente
                  Esslings nutzt oder selbst Teil des talentekreis essling
                  wirst!
                  Mit dem sammelpass kannst du, wenn du eine Leistung
                  bei einem talent in Anspruch nimmst, talente sammeln.
                  Das 16. talent bekommst du gratis oder vergünstigt!
                  Der sammelpass liegt bei den Talenten bzw. im
                  Vereinsbüro Treffpunkt Essling (Büro inspirin, Esslinger
                  Hauptstraße 84-86, Top3) auf.

Maria Hösch. Cremerei Marlie e.U.         Michael Menzel. Projektfit                   René Schodl. Chiliprofi e.U.
Kosmetikherstellerin                      Personal Trainer
                                                                                       Gabriele Schwartz. Kinesiologin
Wolfgang Hold. Graffitikünstler           Marion Mitterhumer.
                                                                                       Leonora Seda. Designerin
Angelika Jaklin. Unternehmensberaterin    Inken Möller. Lebens- und Sozialberate-
                                                                                       Veronika Simor. Komponistin,
                                          rin, Physiotherapeutin
Kurt Kampichler. Alleinunterhalter                                                     Musikpädagogin, Mentaltrainerin
                                          Liliane Neschi. Bewusstseinscoach,
                                                                                       Frederik Spanel. Fredi`s Bar, Fredi`s
Susanne Kindler. Gesundheitstrainerin,    Energetikerin
                                                                                       Cafe
TCM-Ernährungsberaterin, Instruktorin
                                          Sabrina Nüssle. Physiotherapeutin
für Bogenschießen                                                                      Martina Tannous. Energetikerin
                                          Stefan Nüssle. Physiotherapeut,
Georg Kindler. Instruktor für                                                          Claudia Umschaden. Familientrainerin
                                          Osteopath
Bogenschießen
                                                                                       Renate Visotschnig. Kinesiologin
                                          Romana Orbesz. Ernährungsberaterin
Kultur im Wohnzimmer. Lesungen
                                                                                       Barbara Weigl. Biologin, Köchin,
                                          Martina Pousek. Selbstständiges
Kubicek Immobilien.                                                                    Ayurveda Wohlfühlpraktikerin
                                          Herbalife Nutrition Mitglied
Sandra Kuzma. Fredi`s Cafe                                                             Karin Winkler. Astrologin, Energetikerin
                                          Brigitta Rumer. Friseur Brigitta
Petra Leitgeb. Ernährungsberaterin                                                     Ingrid Weinmann. Schmuckdesignerin
                                          Gabriele Schäfer.
Julia Lodner. Physiotherapeutin,          Hebamme, Craniosacralpraxis                  Wanda Wolf-Dorffner.
Osteopathin                                                                            Physiotherapeutin
                                          Manfred Schmid. Fotograf
Michaela Mainer. Yogalehrerin, Nuad-                                                   Angelika Zaufl. Köchin
                                          Renate Schmied. Autorin,
praktikerin, Soziologin                                                                Sabrina Zisch-Ortner. Fotografin
                                          Hobbysängerin

                                                                             TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE            15
gesundes essling!
                                    Ein Netzwerk entsteht.
                                    Michaela Mainer
                                    Soziologin, Yogalehrerin, Nuadpraktikerin

Kurz nach unserem 5. Netzwerktreffen im November          Unternehmerinnen kennenzulernen, an Kurzvorträ-
2019 poste ich ein Gruppenfoto der Teilnehmerinnen        gen und Bewegungsworkshops teilzunehmen oder
auf Facebook. In einem Kommentar fragt jemand:            Schnupperanwendungen zu genießen. Der gesundes
„Wie kann man an einem Arbeitstag Vormittag die           essling-Tag bot mit seinem bunten Rahmenprogramm
Zeit zum Vergnügen haben?“. Ich schmunzle bei
dem Gedanken, dass unser Netzwerktreffen wohl             Arbeitsschwerpunkte und Spezialgebiete der Kollegin-
mit einem gemütlichen Kaffeekränzchen verwechselt         nen aus dem Stadtteil besser kennenzulernen.
wird. Zugegeben: die Treffen, die seit Anfang 2019        Was ich besonders schätze: Das Miteinander im Netz-
auf Initiative von Treffpunkt Essling in regelmäßigen     werk ist geprägt von gegenseitiger Wertschätzung
                                                          und der Bereitschaft, nicht nur Wissen und Fähigkei-
die Stimmung unter den Teilnehmenden positiv und          ten miteinander zu teilen, sondern auch gegenseitige
humorvoll ist. Sie sind aber gewiss kein Freizeitver-     Empfehlungen auszusprechen. Der Grundsatz „Mit-
gnügen für unterbeschäftigte UnternehmerInnen aus         einander statt gegeneinander“, der auch in der Charta
dem Gesundheitsbereich, sondern bieten kooperati-         festgehalten wurde, wird hier tatsächlich gelebt!
onsbereiten Menschen die Möglichkeit, sich unterei-       Über das Netzwerk habe ich selbst bereits in vielen
nander kennenzulernen, gemeinsame Kooperationen           Lebenssituationen kompetente Ansprechpartnerin-
zu entwickeln und umzusetzen, in der Öffentlichkeit       nen für mich und meine Familie in Essling gefunden:
gemeinsam aufzutreten und damit die Gesundheit im         Susanne Kindler hat mich und meinen Sohn bei der
Stadtteil zu fördern.                                     Ernährungsumstellung begleitet hat. Isabella Hecht
Bereits zu Beginn der Initiative Treffpunkt Essling       ist zur Kinesiologin meines Vertrauens geworden. Bei
waren EinzelunternehmerInnen, die im Gesundheits-         Barbara Grütze hat meine Tochter mehrere Theater-
bereich tätig sind, besonders stark im Verein vertre-     kurse besucht hat, bei Veronika Simor war ich mit mei-
ten. Im Laufe des Projektes wurde immer deutlicher,       nem Sohn beim Musikgarten. Mit der Naturkosmetik
dass es in Essling eine Vielzahl an ExpertInnen mit       von Maria Hösch konnte ich Plastik mehr und mehr
unterschiedlichen Ansätzen für eine gesunde Lebens-       aus meinem Badezimmer verbannen – um nur einige
weise gibt: fernöstliche Ansätze wie die Traditionel-     Beispiele zu nennen. All diese engagierten und wun-
le Chinesische Medizin, Yoga oder Ayurveda sind           derbaren Menschen (und noch viele mehr!) leben und
ebenso vertreten wie energetische und spirituelle         arbeiten in Essling, quasi „um’s Eck“ – ich brauche
Herangehensweisen. Ernährungswissenschaftliches           den Stadtteil nun nicht mehr zu verlassen, es ist alles
Wissen sowie Beratungskompetenz mit Spezialisie-          da! Zusätzlich kann ich durch die eigene Inanspruch-
rung auf verschiedenste Lebensphasen und -themen          nahme der Angebote der NetzwerkpartnerInnen diese
                                                          nun viel authentischer in meinem Freundes- und Kun-
Trainingsangebote oder therapeutische Ansätze wie         dInnenkreis weiterempfehlen. Umgekehrt habe auch
Physiotherapie oder Osteopathie. Trotz der Vielzahl       ich bereits wertvolle Weiterempfehlungen und Neu-
und Vielschichtigkeit des Angebotes sind die meis-        kundinnen für meine Nuadpraxis und meine Yoga-
ten der (vorwiegend Einzel-) UnternehmerInnen im          stunden über das Netzwerk erhalten - eine win-win-Si-
Stadtteil wenig bekannt. Mit dem übergeordneten           tuation für alle Seiten!
Ziel, Netzwerke in Essling zu stärken, war es daher       Eines ist sicher: Die Menschen im Netzwerk gesundes
naheliegend, diese Menschen an einen Tisch zu holen.      essling werden mit ihrem Engagement Essling auch
Innerhalb kürzester Zeit entwickelten wir gemeinsam       in Zukunft aktiv mitgestalten. Unser Netzwerk wächst
die „Charta gesundes essling“ und setzen im Mai 2019      stetig und wir freuen uns über neue Gesichter beim
eine gemeinsame Gesundheitsmesse im TRESOR um,            nächsten Treffen!
bei der die EsslingerInnen die Möglichkeit hatten, die

16   AKTEURE STELLEN SICH VOR
Mit dem Rad zur Lesung
Just in dem Herbst, als mein erster Roman Malika          ihre Lyrik vortragen und traf sie später ebendort bei
erschien, wurde in Essling der Tresor eröffnet. Es        Michael Menzels Sporttraining wieder. Fluktuationen
war also September 2017 und im voran gegangenen           entstanden: Chadidja Timmler und Gaby Mühlbauer
Sommer bin ich durch die Aktion                           schieden auf ihren Wunsch aus Kultur im Wohnzim-
bereits auf „inspirin“ gestoßen. In unseren Garten        mer aus und – nun schließt sich der Kreis – Sylvia
kam Michaela Mainer – wegen der Holunderbeeren            Hek, Evi Flehschurz und ich wurden gefragt, ob wir
und wegen einer Lesung im Rahmen von Treffpunkt           stattdessen dem Verein beitreten wollen. Wir sagten
Essling. Angekündigt wurde die Lesung dann als eine       zu. Sylvia organisierte noch im gleichen Sommer eine
Veranstaltung in Kooperation mit Kultur im Wohn-          Lyriklesung in ihrem Garten. Es zeigte sich, dass nicht
zimmer. So lernte ich Eva Greis kennen. Wir waren         nur sie, sondern wir alle – Chadidja, Evi, Gaby, Mira
                                                          und ich – Lyrik im Köcher hatten. Von Gesprächen,
eine von ihrem neu gegründeten Verein organisierte        Texten und Veranstaltungen hatte ich geglaubt, diese
Veranstaltung sein sollte. Ein kleiner, verständlicher,   Frauen bereits etwas besser zu kennen – und dann:
vor allem aber überaus produktiver Irrtum von Sabine      diese Erkenntnis. Sie kam von einer so banalen wie
Gstöttner. Sie hatte vorweg genommen, was durch           berührenden Wahrheit: Lass dir von jemanden ein
den Treffpunkt Essling passieren sollte: eine Vernet-     eigenes Gedicht vorlesen und möglicherweise erhascht
zung unterschiedlicher Menschen und Kooperationen         du einen Blick auf seine Seele. So ging es mir und,
Gleichgesinnter. Bald lernte ich Gaby Mühlbauer und       ich glaube, so ging es uns allen. Großen Dank an Eva,
Renate Schmied kennen. Und, noch bevor ich ihre           Sylvia und allen, die lasen! Damit komme ich zu einer
Namen wusste, waren mir die Gesichter von Christi-        letzten, hier erwähnten Veranstaltung von Kultur im
ne Hulatsch, Mira Vychlodil, Chadidja Timmler und         Wohnzimmer. Bei dieser war ich maßgeblich beteiligt.
Luisa Bracher von den Netzwerktreffen im Tresor           Es war meine nunmehr tatsächlich im Rahmen von
bekannt. Durch Gespräche und die Treffpunkt-Ess-
ling-Homepage bekam ich allmählich einen Überblick,       Eva stellte einen Raum des ausgebauten Dachgescho-
wer sich für welche Bereiche interessierte und enga-      ßes ihres Hauses zur Verfügung und lud zu Literatur
gierte. Für die eben Genannten war es: Literatur und      am Dachboden. Dort durfte ich mit Reinhard Malicek,
Kultur. Sie waren Mitglieder im Verein Kultur im          der seit mittlerweile einem Jahr meine Lesungen mit
Wohnzimmer. Ich verfolgte die Aktivitäten des Ver-        selbst komponierten Liedern auf der Gitarre berei-
eins mit Interesse, aber mehr noch verfolge ich zu die-   chert, auftreten. Stimmungsvoll – immer wieder dieses
ser Zeit meine eigene, gerade erst in Fahrt kommende,     Wort – aber es passte und passt. Eva hatte den Raum
literarische Laufbahn. Neben Lesungen querfeldein         liebevoll hergerichtet: Sesselreihen, Leselampe, Buffet.
in Wien, bot ich im Esslinger Tresor einen Literatur-     Alle fühlten sich wohl. Ich war so entspannt, dass
workshop an. Auch einen Wunsch für meinen Sohn            ich sogar vergessen hatte, einige Exemplare meines
erfüllte ich mir: ein Theaterworkshop für Kinder! Zur     Buchs zur Ansicht mitzunehmen. Und hier kommt der
Not würde ich ihn selbst anbieten. Doch gleich war        Vorteil, wenn eine Esslingerin in Essling lesen kann,
auch eine Theaterpädagogin, die nach Essling zog,         ins Spiel: Fünfzehn Minuten bevor die Lesung begann,
zur Hand: Barbara Grütze. Wir gestalteten und hielten     entschuldigte ich mich, schwang mich draußen aufs
den Workshop gemeinsam. Aus meinem anderen                Rad und fuhr schnell heim, um noch ein paar Exemp-
Workshop für Literatur entwickelte sich ein regelmä-      lare zu holen. Die Lesung begann pünktlich. In diesem
ßiger Schreibtreff unter meiner Leitung. Mit von der      Sinn hoffe ich, dass sowohl Kultur im Wohnzimmer,
Partie war Eva Greis. Sie lud mich ein, bei der Kultur    als auch Treffpunkt Essling es in Zukunft ermögli-
im Wohnzimmer-Lesung zum Frauentag 2018 einen             chen werden, dass noch viele kulturelle Veranstaltun-
Auszug aus meinem Roman beizusteuern. Wieder er-          gen hier am nordöstlichen Wiener Stadtrand entste-
gänzten sich die künstlerischen Engagements. Es kam       hen.
zu kreativen Personalunionen. Renate Schmied kannte
ich bald auch über ihre Singgruppe besser, Sylvia Hek     Barbara Deissenberger
hörte ich bei der Frauentagslesung 2018 im Tresor         Schriftstellerin

                                                                           AKTEURE STELLEN SICH VOR             17
ZUTAT Nr.2: Raum
Raum ist eine wesentliche Zutat in der Stadtteilarbeit.   Für die Dauer von 2 Jahren wurde eine ehemali-
Raum wird benötigt als Arbeitsraum für Workshops,
Sitzungen, Vereinstreffen. Raum wird benötigt für die     geschaffen, der für die Initiative stand und intensiv
Umsetzung der vielen Ideen, die aus der Bevölkerung       genutzt werden konnte. Mit der Zwischennutzung
kommen. UnternehmerInnen, die neue Geschäfts-             konnte der Bedarf an Raum gedeckt und das soziale
modelle ausprobieren wollen, benötigen (leistbaren)       Potenzial gebündelt werden.
Raum. Raum ist wesentlich als Treffpunkt und Ort          Zusätzlich wurden im Projekt sogenannte Möglich-
des Austausches für alle Bevölkerungsgruppen. Für         keitszonen als Instrument der Stadtteilarbeit
                                                          entwickelt, die für Aktionen im öffentlichen Raum
kann auch Platz schaffen für ganz etwas Neues, nicht      genutzt werden konnten und von den
Planbares kann entstehen.                                 EsslingerInnen gut angenommen wurden.

Die Initiative Treffpunkt Essling hatte das Glück, über
ausreichend Raum verfügen zu können:

                                                                                      Der TRESOR wurde rasch
                                                                                      zum Herzstück der
                                                                                      Initiative und zwei Jahre
                                                                                      lang zum beliebten
                                                                                      Treffpunkt für Jung und Alt.

                                                                                      Fotos: Manfred Schmid
                                                                                      Photography and Film
Mit Freude präsentierten wir das Anerkennungsschreiben
der Bank Austria, in dem uns der Vorstandsvorsitzende
Robert Zadrazil zur erfolgreichen Bespielung des TRESORs
gratuliert.

                                                           TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE   19
„Im Tresor wird das kreative,
       soziale Kapital Esslings gebündelt
       und sichtbar.“

                                    TRESOR
                                   Wesentliches Element unserer Initiative war die Bespie-
                                   lung eines der leerstehenden Lokale an der Esslinger
                                   Hauptstraße. Die Räume einer ehemaligen Bankfiliale wur-
                                   den der Initiative Treffpunkt Essling von der Wohnungs-
                                   und Siedlungsgenossenschaft Siedlungsunion für eine
                                   zweijährige Zwischennutzung - von 2017 bis 2019 - zur
                                   Verfügung gestellt. Ausgegangen sind wir von einer Nut-
                                   zung von Räumlichkeiten mit etwa 70 m², die leerstehende
                                   Bankfiliale umfasste 400 m². Bei einem Treffen mit allen
                                   Aktiven und den Mitgliedern des Vereins Treffpunkt Ess-
                                   ling „im noch rohen Tresor“ wurde gemeinsam beschlossen,
                                   das Geschäftslokal trotz seiner Größe zu mieten und unter
                                   Beteiligung der EsslingerInnen zu betreiben. Danach wurde
                                   geputzt, renoviert, 30 Schlüssel hergestellt und in Umlauf
                                   gebracht, ein vielfältiges Programm mit Kursen für ver-
                                   schiedene Zielgruppen zusammengestellt, Konzerte, Le-
                                   sungen, eine Hausmusikgruppe und Feste organisiert, eine
                                   Pop-Up-Weinbar und eine Pop-Up-Bäckerei eingemietet
                                   und ein Name gefunden.

                                   Der Name war rasch Programm: TRESOR steht für Treff-
                                   punkt Essling Offener Raum. Der TRESOR wurde in kurzer
                                   Zeit zum Herzstück der Initiative und zwei Jahre lang zum
                                   beliebten Treffpunkt für Jung und Alt. Mit seiner zentralen
                                   Lage mitten in Essling wirkt das Erdgeschoßlokal in den
                                   öffentlichen Raum. Damit konnte das Zentrum belebt und
                                   durch mehr Frequenz an FußgeherInnen und RadfahrerIn-
                                   nen das Grundrauschen im Ortzentrum von Essling er-
                                   zeugt werden, das für lebendige Ortskerne wichtig ist.
                                   Das Lokal bestand aus den drei Bereichen plaudern im
                                   TRESOR, dem Cafehausbereich, mittendrin im TRESOR,
                                   dem Kursbereich und werkln im TRESOR, dem Arbeitsbe-
                                   reich. Die spannende Mischung aus vielfältigen kommer-
                                   ziellen und kostenfreien Nutzungsmöglichkeiten - zum
                                   Kaffeetrinken und Spielen, als Arbeitsplatz, Atelier und
                                   Proberaum, für Workshops, Kurse und Veranstaltungen
                                   oder um frisches Brot und Gebäck zu kaufen - machten
                                   das Zentrum zu einem lebendigen Ort.

                                   So hat sich die ehemalige Bankfiliale, zu der viele Ess-
Tools für einen                    lingerInnen einen persönlichen Bezug hatten, rasch ge-
lebendigen Stadtteil               mausert zum Veranstaltungszentrum, Kursraum, Atelier

  20    TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE
„Unser Ziel ist, die Energie, die durch
                           den TRESOR entstanden ist, dauerhaft
                           nutzbar zu machen.“

und Geschäftslokal. Und das alles unter größtmöglicher
Selbstorganisation der BewohnerInnen, die Verantwortung
für ihren TRESOR gespürt und übernommen haben.

Verantwortung schaffen und leben
Uns geht es darum, Impulse zu setzen und die Menschen
zu motivieren, Verantwortung für ihr Wohnumfeld zu über-
nehmen. Dazu gehört beispielsweise auch beim ortsansäs-
sigen Bäcker einzukaufen, anstatt im Gewerbepark.

Von Anfang an wurde Verantwortung übernommen und
gelebt. Der TRESOR erwies sich als sehr wichtiges und
starkes verbindendes Element der Initiative und als Treff-
punkt für all jene, die mit ihren Ideen aktiv werden wol-
len. Der TRESOR stand jedem offen und konnte genutzt
werden für Projektideen, die der Gemeinnützigkeit dienen.
Zusätzlich bot er die Möglichkeit sich für die Nachbar-
schaft in Essling zu engagieren (Treffen für bestimmte
Zielgruppen organisieren, Kurse und Workshops anbieten,
Kinderbetreuung, Diskussionsveranstaltungen organisie-
ren, Sauber machen, Speisen für Veranstaltungen zuberei-
ten, Einrichten, Schmücken für Weihnachten …) oder sich
auszutauschen. Der Betrieb des TRESORS war auf das
ehrenamtliche Engagement der EsslingerInnen und die
Selbstorganisation angewiesen. Die niederschwellige Mög-
lichkeit, sich zu engagieren (eine Vereinsmitgliedschaft
war nicht erforderlich) war Einladung für alle, dabei zu sein
und sich einzubringen.
Das soziale und kreative Potenzial Esslings konnte im
TRESOR gebündelt werden und viel positive Energie er-
zeugt werden.

Nach Ablauf der Zwischennutzung konnten die Angebote,
die im und durch den TRESOR entstanden sind in anderen
Räumlichkeiten im Stadtteil untergebracht und etabliert
werden.

                                                         TREFFPUNKT ESSLING DIE INITIATIVE   21
Zwischennutzung =
Netzwerkarbeit
Bernhard Wolf
Siedlungsunion

Wir hatten ab Oktober 2017 ein leerstehendes Gebäude     Zusammenleben innerhalb unserer Wohnhausanlagen
                                                         zu implementieren, zu fördern und zu verbessern. Es
Austria in der Esslinger Hauptstraße 66, welches kei-    ist relativ einfach die Hardware zu produzieren, denn
ner sofortigen Nutzung zugeführt werden konnte. Da       wie qualitativ hochwertige Häuser gebaut werden,
Planung, Einreichung, Förderansuchen mittlerweile        zeigen wir seit über 90 Jahren, aber wie die Software,
sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, kalkulierten wir      das harmonische Miteinander der BewohnerInnen,
dafür einem Zeitraum von ca. 2 Jahren ein.               gleichsam das intakte Ökosystem Wohnhausanlage
                                                         herzustellen ist, da sind wir immer interessiert zu opti-
Zwischenzeitlich wurden wir durch den Gemeinderat        mieren und zu lernen.
Mag. Josef Taucher kontaktiert, der sich im Rahmen
der Lokalen Agenda 21 schon geraume Zeit mit dem         Deshalb war es für uns auch relativ schnell klar, bei
Thema Netzwerke, lebendige Stadt und Grätzlinitia-       diesem Projekt unterstützend mitzuwirken, indem wir
tiven beschäftigt. Er hat schließlich den Kontakt mit    die Räume für eine Zwischennutzung zur Verfügung
Sabine Gstöttner, der Obfrau des Vereins Treffpunkt      gestellt haben, mit dem Ziel eines innovativen Bauträ-
Essling hergestellt und die Initialzündung des Projek-   gers einerseits zu lernen, aber anderseits auch seinen
tes TRESOR gelegt.                                       Genossenschaftern, welche in der Umgebung wohnen,
                                                         einen Mehrwert des Grätzls zur Verfügung zu stellen.
Die Siedlungsunion selbst versteht sich als innova-
tives Unternehmen und bewies in den letzten Jahren       Resümierend können wir uns nur recht herzlich bei
immer wieder, neuen Entwicklungen aufgeschlossen         den Initiatorinnen dieses Projekts bedanken, die uns
gegenüber zu stehen. So gewannen wir mit einem bei-      einen Einblick gegeben haben, welchen Mehrwert
spielgebenden Bauprojekt zum Thema Regenwasser-          Netzwerkarbeit im Sinne des Gemeinwohls erzeugen
management – Bekämpfung von städtischen Hitzein-         kann. Als lernende Organisation haben wir uns das
seln - den Umweltpreis der Stadt Wien, wir haben als     Eine oder Andere abgeschaut und werden versuchen,
erster Bauträger innerhalb einer geänderten Bauord-      Anleihen für unsere tägliche Arbeit zu nehmen.
nung „temporäres Wohnen“ in Wien realisiert und
sind darüber hinaus, mit etlichen Auszeichnungen für     Sollten wir gefragt werden, ob wir so eine Initiative
unsere Projekte belohnt worden. Unser essentieller Fo-   wieder unterstützen würden, so ist dies klar mit eine
cus im Unternehmen ist, getreu der Unternehmensphi-      großen JA zu beantworten.
losophie „Freunde fürs Leben“, das funktionierende

                                                                          werkln TRESOR
                                                                                     im

                   TRESOR
                                                                          mittendrin TRESOR
                                                                                               im

                                                                          plaudern TRESOR
                                                                                          im

22   EXPERTISE STADTTEILARBEIT
Sie können auch lesen