PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV

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PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
PORTUGAL Report
                 JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                 Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   0 81
                 freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             1.12.2020

                           ARIS TIDES DE SOUSA MENDES

»Es gibt Augenblicke des inneren Aufruhrs, wo einem das Herz sagt,
welches der einzig richtige Weg ist.« Aristides de Sousa Mendes
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
+++ SPENDENAKTION +++ SPENDENAKTION +++ SPENDENAKTION +++ SPENDENAKTION +++

10.000 € FÜR DIE DPG!
BIS ZUM 31.12.2020 +++ BIS ZUM 31.12.2020 +++ BIS ZUM 31.12.2020 +++ BIS ZUM 31.12.2020

1. QR-CODE                                       2. SPENDEN-BUTTON WEBSITE                      3. ÜBERWEISUNG
Der schnellste Weg: Einfach den QR-Code          Auf der Website der DPG unter www.dpg.         Sie können auch − wie bisher − von Ihrem
mit einem Smartphone einscannen, den             berlin/spenden auf den Spenden-Button          Bankkonto Geld auf das Konto der DPG
Betrag auswählen oder eintippen und              klicken, Betrag auswählen oder eigenen         bei der Berliner Sparkasse überweisen:
per PayPal oder Kreditkarte an die DPG           Betrag eintippen und an die DPG spen-          DPG Berlin
spenden. Probieren Sie es aus!                   den. Vielen Dank schon mal!                    IBAN: DE61 1005 0000 0190 9031 04

                                                                                                SEIEN SIE BITTE GROSSZÜGIG: Die DPG
                                                                                                braucht Geld, um in den nächsten Monaten
                                                                                                und Jahren den PORTUGAL REPORT und alle
                                                                                                anderen Aufgaben zu finanzieren.
                                                                                                Geld ist ja wie wir Menschen: Es braucht
                                                                                                Bewegung, liebt Abwechslung, möchte sinn-
                                                                                                voll eingesetzt werden und nicht nutzlos
                                                                                                ­irgendwo rumliegen!
                                                                                                 Die DPG freut sich über jede Spende und
                                                                                                 sagt »Herzlichen Dank« im Voraus.
                                                                                                 Laden Sie den QR-Code auch gerne von der
                                                                                                 Website runter und senden Sie ihn anderen
                                                                                                 möglichen SpenderInnen!

SCHNELL SEIN LOHNT SICH!                         Die ersten 10 Menschen, die bis zum
                                                 31.12.2020 mindestens 100 Euro an die DPG
                                                 spenden, bekommen den Kunstkalender
                                                 2021 im DIN-A4-Format im Wert von
                                                 19,50 € gratis zugesendet.
                                                    Und die ersten 5 Menschen, die mindes-
                                                 tens 500 Euro spenden, bekommen den
                                                 Kunstkalender im A2-Format im Wert
                                                 von 39,50 € kostenlos zugesendet (Aus-
                                                 land: plus Porto).
                                                    Natürlich sind auch alle anderen Zah-
                                                 lungen in beliebiger Höhe herzlich will-
                                                 kommen − je höher desto besser für die
                                                 DPG!

Diesen KUNSTKALENDER für 2021 hat Andreas Lahn in seiner Firma           REPORT zeichnet. Sie haben auf der Website www.portandi.de oder auf
PORTANDI e. K. zusammen mit der Künstlerin Tamara Budnikova              AMAZON die Möglichkeit, den Kalender in den Formaten A2 (39,50 €)
­produziert, die seit einigen Ausgaben Illustrationen für den PORTUGAL   und A4 (19,50 €) auch separat zu erwerben.

2   PORTUGAL REPORT NR. 81
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Herzlich willkommen! Inhalt
Liebe LeserInnen des Portugal Reports,                         und besonders mit der Frage, ob das in
 die erste Jahrestagung zu Corona-Zei-                         Deutschland entwickelte künstliche
 ten hat die DPG trotz einiger Schwierig-                      Lithium (Lítio artificial puro) den öko-
keiten gut überstanden. In einer Mi-                           logisch desaströsen Abbau in Portugal
 schung aus Präsenz-Veranstaltung in                           überflüssig machen kann. Lesen Sie Be-

                                                                                                                                                     4
Berlin und Online-Übertragung zum                              richt und ihre Einschätzung auf Seite         Mein Fenster zur Straße –
Rest der Welt beschreitet die DPG neue                         12−13. Die deutsche Übersetzung finden        Bekenntnis
Wege und nutzt moderne Technik, um                             Sie wie immer auf der Website der DPG
 die Jahrestagung durchzuführen. Lesen                         (www.dpg.berlin).
 Sie den ausführlichen Bericht von Ga­                           Andreas Lausen hat in den vergange-
briele Baumgarten-Heinke auf den Sei-                          nen Wochen scheinbar viel Musik ge-
 ten 14 bis 16. Und sparen Sie bitte nicht                     hört. Er ist bereits in Weihnachtsstim-
mit Lob für dieses Mammut-Werk!                                mung und geht in seinem Artikel auf
    Catrin George-Ponciano berichtet in
 dieser Ausgabe über das derzeitige Le-
ben im portugiesischen Algarve und
                                                               Seite 17 der Frage nach, ob das Weih-
                                                               nachtslied Adeste Fideles in Portugal
                                                               entstanden ist.
                                                                                                             Zwei Tourguides über Lissabon
                                                                                                             im Herbst 2020                          6
ihre Gefühlslage zu all ihren Projekten,                         Wer schon mal in Mértola (Alentejo)
 die von Covid-19 und den Maßnahmen                            war, wird sich an ein auffälliges Bau-
 der portugiesischen Regierung beein-                          werk besonders erinnern: die Mesquita.
 flusst werden. (Seite 4–5)                                    Dr. Ingolf Wernicke schreibt auf Seite

                                                                                                                                                     8
    Wann sind Sie das letzte Mal in Lissa-                     18 über die Entwicklung dieses archi-         Zur Geschichte der Associação
bon gewesen? Bei mir ist es schon eine                         tektonischen Meisterwerks im Zuge der         Portugal–RDA
Weile her. Deshalb habe ich mich über                          Jahrhunderte und auch über die Bräu-
 den Bericht der beiden Tourguides Ari-                        che, die damit verbunden sind.
 ane Reipke und Claudia Rutschmann                               Portugal ist bekanntlich das Gastland
 über das veränderte Leben in Lissabon                         auf der Leipziger Buchmesse 2021, die
 im Herbst 2020 gefreut (Seite 6–7).                           vom 27. bis zum 30. Mai stattfinden soll.
    Besonders freue ich mich über den                          Tamara Budnikova hat sich dieses The-
Beitrag von Rainer Bettermann. Vielen
Dank für den ausführlichen Text über
 die Geschichte der Associação Portu-
                                                               mas angenommen und die Illustration
                                                               auf der Rückseite des Heftes gezeich-
                                                               net. Gefällt sie Ihnen? Ich hoffe, dass
                                                                                                             Zum Roman von Dagmar Fohl
                                                                                                             über Aristides de Sousa Mendes       11
gal-RDA, der die Jahre rund um die por-                        der eine oder andere Artikel eine nach-
 tugiesische Nelkenrevolution lebendig                         haltige Wirkung auf Sie hat, wünsche
werden lässt. Teil 1 finden Sie in diesem                      Ihnen viel Freude beim Lesen dieses
Heft auf den Seiten 8−10 und Teil 2                            Portugal Reports, eine angenehme

                                                                                                                                                 12
­hoffentlich in Portugal Report 82, der                        Weihnachtszeit und einen guten Rutsch         Lítio artificial puro a solução
Anfang März 2021 erscheint.                                    in ein hoffentlich wundervolles neues         para salvar o ambiente
   Aristides de Sousa Mendes ist ja den                        Jahr 2021.
 meisten LeserInnen bekannt. Der por-
 tugiesische Generalkonsul in Bordeaux
                                                               Herzliche Grüße                               Corona-Virus: Zur aktuellen
                                                                                                             Situation in Porto                  13
                                                                                                                                                 14
 hat 1940 ca. 30.000 Transit-Visa ausge-                                                                     DPG: Jahrestagung der DPG
 stellt und so etlichen Menschen das Le-                           Andreas Lahn                              in Berlin und Online
ben gerettet. Dagmar Fohl erzählt in
 ihrem Roman »Wer ein einziges Leben
 rettet, rettet die ganze Welt« aus seinem
Leben und darüber, welchen Preis er
                                                                                   Wenn Sie noch ein
                                                                                   bisschen mehr von
                                                                                                             Adeste Fideles – ein Weih-
                                                                                                             nachtslied aus Portugal?            17
                                             Foto: © Lea Henning

 und seine Familie dafür bezahlen muss-                                            mir und über mich
 ten. Bei Interesse lesen Sie gerne meine                                          lesen wollen, schau-
Bemerkungen zum Buch auf Seite 11.                                                 en Sie sich gern auf
   Ana Carla Gomes Fedtke und Eber-                                                meiner Website um:

                                                                                                                                                 18
 hard Fedtke beschäftigen sich in ihrem                                            www.portandi.de
                                                                                                             Die Mesquita in Mértola: Symbol
Artikel auf portugiesisch mit den Pro­                         Titelfoto: © Comité de Sousa Mendes/Familie   für friedliche Koexistenz
blemen rund um den Lithium-Abbau                               de Sousa Mendes · Montage: Andreas Lahn
                                                                                                             Impressum
                                                                                                                                                 19
Frohes Fest! · Feliz Natal!                                                                                  Spendenaufruf
                                                                                                             Illustration: Portugal auf der
                                                                                                             Leipziger Buchmesse 2021            20
                                                                                                                                       1. DEZEMBER 2020   3
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Fotos (2): © Catrin George Ponciano
MEIN FENSTER ZUR STRASSE
BEKENNTNIS VON CATRIN GEORGE PONCIANO
S
         onntag, 15.11.2020, zehn Uhr. Son-    Veranstaltungen abgesagt worden sind.           Erfüllt von der Vielfalt geteilter Gedan-
         nenschein hat den morgendlichen           Das für Februar geplante Schwestern-     ken nahmen wir am Flughafen in Lissa-
         Himmel erobert. Die Wärme des          treffen zwecks literarischer Fährtenlese    bon glücklich Abschied voneinander und
 Lichts tut wohl. Meine Katze sitzt auf         fand trotzdem statt. In Lissabon. Ausge-    mit dem Versprechen, uns bald wieder-
  ­einer Stufe und blinzelt, ihre Schnurr-      lassen eroberten meine Schwester und         zusehen.
 barthaare sondieren die Wetterlage. Ich        ich die Kapitale Portugals, speisten           Drei Wochen später warfen meine
  tue es meiner Katze gleich und strecke       ­Entenreis in Fernando Pessoas Lieblings­    Orchideen ihre Blüten ab. Und der Minis-
  mein Gesicht den wärmenden Strahlen           restaurant Martinhos da Arcada, bestaun-    terpräsident Portugals rief den Ausnah-
   entgegen, atme tief durch die Nase. Ein      ten José Saramagos Ebenbildskulptur in      mezustand aus. Die Grenze zu Spanien
 rundum friedlicher Moment, einen, den          seinem Museumshaus mit einem Spreng­        wurde abgeriegelt. Touristen ausgeflo-
  man gerne einfrieren möchte um ihn in         stoffgürtel aus Büchern umgebunden,         gen. Hotels geschlossen. Restaurants,
  unangenehmen Situationen bei Bedarf           diskutierten über seine Nobelpreis Uto-     ­Cafés, das gesamte Land machten die
 hervorholen und daran lutschen können          pie Die Stadt der Blinden, spönnen eigene   Schotten dicht. Portugal im Lockdown.
 wie an einem süßen Eis.                       Utopien, und ahnten nicht einmal aus­        Europa im kollektiven Schreck. Die Welt
     In meinem Patio schaukeln Orchideen-       gedacht, wie rasch das Unmögliche            stand plötzlich still. Nichts war mehr so
 blüten in sanfter Brise. Sie kündigen die     Wirklichkeit wurde.                          wie gestern. Die Utopie hat uns eingeholt.
 Einkehr des Winters an. Pünktlich an              Auf unserer Fährte nach Inspiration         Der Schock glich einem globalen Erd-
­Allerheiligen − und werfen die Blüten ab       fuhren wir nach Coimbra, wo wir die hei-    beben. Nur fand das Beben im Inneren
   zum Frühlingsbeginn am 21. März.             ligen Hallen des Wissens erlebten. Das       statt. Im Unsichtbaren − dort − was wir
     An den letzten Einzug von Prima-           Gewicht beschriebenen Papiers, das in       Seele nennen.
 vera mag sich in diesem Jahr niemand           der weltberühmten Joanina-Bibliothek
  gerne erinnern. Die bis dato seit Beginn     Jahrhunderte alte Geschichten und Er-          Ich halte inne, habe diesen Text Andreas
   des Jahres lediglich aufgeregt verspreng-    kenntnisse hütete, sank ein in uns wie      noch heute versprochen. Mein Blick wan-
  ten, teilweise vage und kryptisch formu-      der Stein der Weisen, und wir weinten       dert zum Fenster. Eben geht meine Nach-
 lierten Nachrichten über eine Virus-           still in Ehrfurcht vor dem Vermächtnis      barin Valentina davor vorbei. Ihr Mund-
 krankheit, die sich global ausbreitet,         für die Menschheit. Der mit geschriebe-     schutz baumelt an ihrem Handgelenk. Rat-
 ­hatte eben Italien und den Karneval von       nen Worten gefüllte Kelch benetzte un-      los steht sie vor der verschlossen Tür des
 Venedig erreicht und kurz darauf die ITB       seren Geist mit Ideen und Figuren, bis      Minimercados nebenan, sehe ich. Sonntags
  in Berlin, und dazu geführt, dass beide       sich die Muse sattgetrunken hatte.          ist der Laden geschlossen, steht auf dem

4   PORTUGAL REPORT NR. 81
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Porzellan. Die einen erledigen Einkäufe,
                                                                                                                              diszipliniert, geordnet in Reih und Glied
                                                                                                                              warten sie bis sie dran sind, immer nur
                                                                                                                              zwei Personen auf einmal dürfen ins Ge-
                                                                                                                              schäft. Andere gesellen sich dazu − zufäl-
                                                                                                                              lig − behaupten sie. Ist die Straße vor
                                                                                                                              dem Supermarkt der einzige Ort im Dorf,
                                                                                                                              wo die Einsamkeit Luft holen kann und
                                                                                                                              für kostbar zwischenmenschliche Mo-
                                                                                                                              mente die Verunsicherung besänftigt.
                                                                                                                                 Mein Fenster zur Straße gleicht einer
                                                                                                                              Reality-Show, beschert mir der Ausblick
                                                                                                                              einerseits abstrakt Abstand zur Außen-
                                                                                                                              welt, andererseits auch surreale Nähe.
                                                                                                                              Mein heimliches voyeuristisches Dabei-
                                                                                                                              sein macht das verwirrende Zeitalter der

                                                                                        Fotos (3): © Catrin George Ponciano
                                                                                                                              Pandemie für Sekunden erträglich, und
                                                                                                                              gleichzeitig so unerträglich, dass ich in
                                                                                                                              den Hof flüchte, hinter die Mauer, die mir
                                                                                                                              den Ausblick auf die Straße verwehrt,
                                                                                                                              wo ich im Schatten kauere, Bücher wie
                                                                                                                              einen Schutzwall um mich herum aufge-
                                                                                                                              baut, als könnten die Worte der toten
                                                                                                                              Dichter mich beschützen. Vielleicht kön-
                                                                                                                              nen Bücher das tatsächlich. Vielleicht
                                                                                                                              können Bücher sogar die Menschheit ret-
                                                                                                                              ten. Uns Mut, Ablenkung, Hoffnung, Träu-
Schild. Valentinas Blick wandert zu ihrer       Nachbarn und ihre Gesichter schraffiert,                                      me schenken.
Armbanduhr, sie schüttelt den Kopf, ver-        getrennt durch die Glasscheibe wahr. Ein                                         Ich schließe das Fenster. Leise. Mit Be-
steht nicht, warum um elf Uhr der Laden         Bullauge, mein Heim ein sicheres Schiff.                                      dacht, und denke an Fernando Pessoas
nicht offen ist. Lesen kann Valentina nicht,    Ich blieb unsichtbar. Anwesend und den-                                       bedrückende Worte über das Fenster-
die meisten ihrer Generation können es          noch abwesend.                                                                glas in seiner Wohnung: Eine durchsich-
nicht, kannten die Mädchen, die heute             Beim geöffneten Fenster erreichte                                           tige, dennoch undurchdringliche Wand,
Großmütter sind in Portugal eine Schule         mich zusätzlich die Melodie ihrer Worte,                                      die mich von den Gedanken und Gefüh-
bloß von außen. War das wirklich erst 46        das Moll ihrer Sorgen im Stakkato ihrer                                       len der anderen trennt, und die nie mei-
Jahre vorbei?                                  Angst, hier und da übertönt von hysteri-                                       ne sein werden.
                                                schen Trillern.                                                                  Ich setze mich wieder, schreibe den
  Mein Fenster zur Straße in meinem               Die sich sonst herzen und busseln, ste-                                     Text zu Ende, und begreife, mein Fenster
Büro ist intim ein Ausguck nach draußen.        hen mit dem Rücken zur Wand am Haus                                           ist mein Ausguck, damit ich auch künftig
Während des 63 Tage, von Mitte März bis         gegenüber, halten Abstand zueinander,                                         zu träumen wage − und eines Tages, gar
Mitte Mai, andauernden Lockdowns                beäugen Fremde. Mit Misstrauen. Ihre                                          nächstes Jahr, befreit vom Gewicht der
nahm ich am Leben außerhalb der eige-           Mienen, sonst unschuldig weltoffen,                                           trostlosen Gedanken, ausgelassen den
nen Wände bloß passiv teil, und meine          ­wirken nun zerbrechlich, brüchig wie                                          Wellen entgegen rennen kann.

                                                                                                                                                                   Anzeige

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PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Lissabon im Herbst 2020
Zwei Tourguides berichten  von Ariane Reipke und Claudia Rutschmann

L
         issabon, die Prinzessin des Tejo,                                                                                                  Wohnraum. Viele der alteingesessen
         die Stadt des Lichts und der sie-                                                                                                  BewohnerInnen können sich die Innen-
         ben Hügel. Die westlichste Haupt-                                                                                                    stadt nicht mehr leisten. Gentrifizie-
   stadt Europas mit ihren drei tausend                                                                                                     rung und Überfremdung sind auch in
Jahren Stadtgeschichte. Lissabon, eine                                                                                                      Lissabon zum Problem geworden. Die
  Stadt der Gegensätze, eine Stadt im                                                                                                        Stadt hat in den letzten Jahren deutlich
Umbruch.                                                                                                                                      an EinwohnerInnen verloren. Kleine
     In diese Stadt haben wir uns vor gut                                                                                                   Familienbetriebe, Geschäfte und tradi-
   zwei Jahrzehnten verliebt und be-                                                                                                         tionelle Restaurants mussten − gerade
   schlossen, uns hier eine neue Existenz                                                                                                     in der Innenstadt − großen Marken und
   aufzubauen.                                                                                                                              Restaurant-Ketten Platz machen. Öffent-
     Mich, Ariane, faszinierte die Leichtig-                                                                                                liche Verkehrsmittel, darunter auch die
                                               Tourguide in Lissabon: Ariane Reipke
 keit des portugiesischen Lebensstils in                                                                                                    historische Straßenbahnlinie 28, konn-
   einem Land, dessen Geschichte so tief-                                                                                                    ten von den LissabonnerInnen kaum
  gründig ist wie der Atlantik, sowie die                                                                                                     mehr zum Transport genutzt werden.
  Spiritualität, die Ästhetik, der Witz und                                                                                                 Lange Warteschlangen, überfüllte Stra-
   die Lebenskunst der PortugiesInnen.                                                                                                       ßen, Cafés und Restaurants gehörten
   Gleich im ersten Jahr ergab sich die                                                                                                       zur Tagesordnung.
   Chance, im Tourismus zu arbeiten und                                                                                                         Dennoch sind BesucherInnen weiter-
   die habe ich sofort ergriffen.                                                                                                           hin herzlich willkommen, und es tut
     Der ruhige Lebensstil, das ganz be-                                                                                                      der Gastfreundschaft keinen Abbruch,
   sondere Licht und der so ganz eigene                                                                                                      profitieren doch viele LissabonnerIn-
   Charme der Stadt und seiner Bewohner                                                                                                       nen vom Tourismus. Die Branche war
 haben auch mich, Claudia, in ihren                                                                                                           eine der wichtigsten Arbeitgeber und
Bann gezogen. Seit gut 15 Jahren arbei-                                                                                                       für fast neun Prozent des Brutto-
                                               Tourguide in Lissabon: Claudia Rutschmann
  te ich als freiberufliche Stadtführerin                                                                                                   Inlands­produkts verantwortlich. Umso
  und bringe Lissabons Gästen die Eigen-                                                                                                    härter trifft die Pandemie und der seit
 heiten und versteckten Winkel näher.                                                                                                         März 2020 zu verzeichnende Zusammen-
     Wir beide lieben unsere Arbeit und                                                                                                     bruch der Tourismusbranche Portugal.
   die Stadt, in der wir leben. Und tatsäch-                                                                                                 Seit dem sind die Tourismuseinnahmen
 lich hat Lissabon viel zu bieten: das                                                                                                       um 55 Prozent, die BesucherInnen­
 ­riesige Mündungsbecken des Tejo, die                                                                                                        zahlen um 60 Prozent zurückgegangen:
   charmanten Altstadtviertel mit ver-                                                                                                        Geschlossene Hotels und Restaurants,
wunschenen Gassen und Aussichts-                                                                                                            leerstehende Ladenlokale und verwaiste
  punkten, die UNESCO-Weltkulturerbe                                                                                                        Plätze zeugen davon. Steigende Arbeits-
  in Belém, sowie postmoderne Architek-                                                                                                     losenzahlen und immer mehr Obdach-
  tur auf dem ehemaligen Expo-Gelände.                                                                                                      lose auf den Straßen lassen Erinnerun­
Hotels und Restaurants gibt es für                                                                                                            gen an die erst kürzlich überwundene
  ­jeden Geschmack und Geldbeutel. Viele                                                                                                    Wirtschaftskrise wach werden. Doch
   der touristischen Highlights lassen sich                                                                                                   jetzt − wo kaum noch TouristInnen zu
   fußläufig erkunden. Auch können sich                                                                                                       sehen sind − erkennen viele Lissabon-
Besucher Tag und Nacht frei bewegen,                                                                                                          nerInnen ihre Stadt kaum wieder.
   zählt Lissabon doch zu den sichersten                                                                                                        Bis zum Ende des Sommers ist Portu-
                                               Eine fast gespenstische Ruhe in Intendente
                                                                                            Fotos (4): © Ariane Reipke/Claudia Rutschmann

Hauptstädten Europas. Mit fast acht                                                                                                           gal, anders als das Nachbarland Spani-
   Millio­nen ausländischen Gästen wurde                                                                                                      en, relativ gut durch die Pandemie
  2019 ein neuer Besucherrekord aufge-                                                                                                       ­gekommen und verzeichnete relativ
   stellt. Im gleichen Jahr wurde Lissabon                                                                                                    geringe Infektionszahlen. Die Regie-
   zu Europas Top-Destination für City                                                                                                      rung hatte das Land frühzeitig in einen
Breaks gewählt und gewann den World                                                                                                         Lockdown geschickt; angesichts der
Travel Award.                                                                                                                               ­beschränkten Kapazitäten des öffentli-
     Doch die steigenden Besucherzahlen                                                                                                       chen Gesundheitssystems eine weise
  haben die Stadt verändert. Gerade in                                                                                                       Entscheidung, so die Meinung vieler
   den Altstadtvierteln wurden unzählige                                                                                                    PortugiesInnen. Mitte September wurde
   Mietwohnungen zu Ferien-Apartements                                                                                                        dann, aufgrund steigender Infek­tionen,
  umgewandelt und die gleichzeitige                                                                                                           die Region Lissabon vom Robert Koch-­
­Immobilienspekulation verteuerte den          Geschlossener Kiosk am Príncipe Real                                                         Institut als Risikogebiet eingestuft, und

6   PORTUGAL REPORT NR. 81
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
am besten in kleinen Gruppen und zu
                                                                                                 Fuß erkunden.
                                                                                                    An unseren Arbeitsbedingungen hat
                                                                                                  sich also nicht viel verändert, außer
                                                                                                 vielleicht, dass Wartezeiten für Muse-
                                                                                                 ums-, Palast- und Kirchenbesuche sich
                                                                                                 verringert haben, freie Sitzplätze in der
                                                                                                 28er Straßenbahn zur Verfügung ste-
                                                                                                 hen und Warteschlangen für einen
                                                                                                 ­freien Tisch in den Pasteis de Belém oder
                                                                                                  an der Kasse beim Pena-Palast in Sintra
                                                                                                 überschaubar sind.
                                                                                                    Und natürlich steht Sicherheit an
                                                                                                  erster Stelle. Hierzu hat der portugie-
                                                                                                  sische Tourismusverband klare Richt-
                                                                                                 linien durch das Gütesiegel clean and
                                                                                                 safe eingeführt. Daran halten sich pro-
                                                                                                  fessionelle Tourguides wie wir. Zusätz-
                                                                                                 lich stellt das Auswärtige Amt Empfeh-
Lisboetas fahren wieder ohne lange Wartezeiten mit sonst überfüllten Straßenbahnen (Elétricos)
                                                                                                 lungen und Reisetipps zur Verfügung.
                                                                                                    Der nächste Frühling kommt be-
  das Auswärtige Amt rief eine Reisewar-          in Portugal so geschätzt wird. Sein Ver-        stimmt und auch der Neubeginn der
 nung aus. Betroffen war jedoch weni-             zehr steht in Verbindung mit den Erobe-        Reisesaison. Und weiterhin werden
ger die Stadt Lissabon selbst, als die            rungen aus dem 15. und 16. Jahrhundert.        António Nobres Worte gelten: «Quem
 angrenzenden Städte im Speckgürtel.              Aber auch religiöse Gründe spielen              não viu Lisboa, não viu coisa boa» − »Wer
    Ähnlich wie in Deutschland, wurden            eine Rolle. Das Steckenpferd von mir,          Lissabon nicht gesehen hat, der hat nichts
  die Öffnungszeiten des Einzelhandels            Claudia, sind unter anderem die Azule-         Schönes gesehen.« Bis dahin scouten wir
  stark reduziert. Anfang November wur-           jos, die wunderschönen Kacheln, die so         weiterhin die Stadt, damit die Tage ohne
  de der Ausnahmezustand ausgerufen.              manche Fassade schmücken. Auch in              TouristInnen nicht zu lang werden.
Restaurants schließen um spätestens               Palästen und Kirchen sind sie zu finden.
22.30 Uhr. Auch auf den Straßen, wenn             Sie erzählen Geschichte und Geschich-
kein Mindestabstand eingehalten wer-              ten. Die interessantesten Informationen
  den kann, herrscht Maskenpflicht. Tem-          werden dann zu einer für die kommen-
peraturmessungen, sei es z. B. am Ar-             de Saison neu geschneiderten Tour ver-
beitsplatz oder in Geschäften, sind               arbeitet.
 ­zulässig, ein Covid-19-Test kann einge-            Beide leben wir im Zentrum der Stadt,
 fordert werden. Wie im restlichen Eu-            in unmittelbarer Nähe des zentralen
ropa auch, bleibt es also abzuwarten,             Platzes Rossio. Was für die einen ein
wie heftig die zweite Welle im Winter             Urlaubsort ist, ist für uns Arbeitsplatz,
verlaufen wird.                                   Wohn- und Lebensraum. Eingekauft               Ein fast menschenleerer Praça Luís de Camões
    Doch ein Neuanfang wird kommen,               wird in den kleinen Läden der Unter-
− ob direkt im kommenden Frühjahr,                stadt, der beliebte Kaffee, der bica,
wird sich zeigen.                                 wird im Café um die Ecke getrunken,
    Wie könnte es weitergehen? Der Tou-           und Abends trifft man sich mit Freun-
rismus in Lissabon soll nachhaltiger              den in den umliegenden Tascas. Man
werden: kleinere Reisegruppen, hin                kennt sein Viertel und seine Nachbar-
  zum Individualtourismus und weg vom             schaft, aber auch die InhaberInnen und
                                                                                                                                                Fotos (3): © Ariane Reipke/Claudia Rutschmann

 Massentourismus. Da sind sich die Spe-           MitarbeiterInnen der Geschäfte und
  zialistInnen der Branche einig. Und             Restaurants. Gerade diese kleinen, fa-
­genau das lässt auch uns trotz allem             milienbetriebenen Betriebe kämpfen
 guter Dinge bleiben. Wir bieten schon            im Moment um die bloße Existenz. Uns
  seit langem maßgeschneiderte Spa-               ist es ein Anliegen, auch in schlechten
  ziergänge für kleine Gruppen und auch           Zeiten diejenigen zu unterstützen, die
Einzelpersonen an. Der Zugang zur                 den besonderen Flair Lissabons aus­
Stadt ist persönlich und individuell.             machen.
Und in Lissabon lassen sich immer wie-               Gerade die Vielseitigkeit der Stadt
  der neue und auch alte Dinge entde-             gibt Kulturinteressierten wie uns im-
  cken. So wird jetzt die freie Zeit genutzt,     mer wieder neue Anregungen für un-
um Ideen zu sammeln, weitere Bücher               sere Touren, sei es für die klassische
                                                                                                 Wo ist die Schlange am Elevador de Santa Justa?
  zu lesen und neue Touren zu entwi-              Variante durch das historische Zentrum
  ckeln. So beschäftige ich, Ariane, mich         oder maßgeschneidert und Themen be-
                                                                                                  WEITERE INFOS auf www.gotolisboa.de
beispielsweise im Moment eingehend                zogen für private Touren. Und in einem
                                                                                                  und www.lissabonentdecken.com
 mit Bacalhau, dem Stockfisch, der hier           sind wir uns einig: Lissabon lässt sich

                                                                                                                           1. DEZEMBER 2020     7
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Zur Geschichte
    der Associação
    Portugal-RDA
    Teil 1: Em cada esquina um amigo (1974/75)
            von Dr. Rainer Bettermann

I
    m Sommer des Jahres 1976 gingen            Was aber war zuvor in Portugal ge-           trockenen Lektüre sein eigenes Bild ma-
    zwei Bomben in die Luft. Die erste war   schehen? Wie war es zur Gründung der            chen können.
    eher bildlich-redensartlicher Art: In    Associação gekommen? Um diese Zeit ei-            Am 4. Dezember 1974 wurde im Teatro
einem Büro des ehemaligen Ministeri-         nigermaßen darstellen zu können, muss-         Municipal São Luiz in Lissabon die Grün-
ums für Hoch -und Fachschulwesen der         te ich auf Dokumente und Erinnerungen           dung der Associação Portugal−RDA fei-
ehemaligen DDR im ehemaligen Gebäu-          zurückgreifen, die beide nicht absolut          erlich verkündet. Die Statuten und die
de des ehemaligen Außenministeriums          zuverlässig sind, wie auch meine Refle-        gewählten Gremien wurden bestätigt:
am damaligen Marx-Engels-Platz in Ber-       xionen es nicht sein können. So sollte        Präsident der Generalversammlung war
lin wurde mir eröffnet, dass ich dem-        sich jeder bei der hoffentlich nicht zu         der als Komponist und Dirigent bekann-
nächst eine Tätigkeit an der Associação                                                     te Fernando Lopes Graça. João de Freitas
Portugal−RDA als Deutschlektor begin-                                                      Branco, ein geachteter Musikwissen-
nen könne. Diese Nachricht schlug wie                                                        schaftler, war zum Präsidenten des
eine Bombe bei mir, in der Familie, im                                                     Vorstands gewählt worden und das
                                                                                           ­
Freundeskreis, im Kollegium in Jena und                                                    ­Sekretariat des Vorstands wurde vom
meiner Theatergruppe ein. Heraus aus                                                       Schriftsteller und Theatermann Alexan­
dem kleinen abgeschotteten Land in eine                                                      dre Babo als Generalsekretär angeführt.
nahe und doch ferne Welt: Portugal!                                                         (Das war der graumelierte Herr vom
   Die zweite Bombe war tatsächlich am                                                     Flughafen.) Aus dem »sozialistischen
23. Juli explodiert, und zwar am Sitz der                                                  Deutschland«, wie es in der Zeitschrift
Associação Portugal−RDA an der Praça                                                         der «Associação Novos Caminhos» hieß,
José Fontana, Nr. 17-4°. Im erwähnten                                                      war eine Delegation der Liga für Völker-
Büro wurde mir ein Foto von der verwüs-      Wimpel der Associação Portugal RDA             freundschaft unter der Leitung ihres
teten Bibliothek vorgelegt. Sollte es mich                                                ­Vizepräsidenten Werner Manneberg an-
abschrecken, sollte es meinen revolutio-                                                    gereist. Zur Abordnung aus der DDR ge-
nären Zorn wecken, sollte es mich vor-                                                     hörte auch die Gruppe des politischen
sichtig machen? Also auf nach Lissabon,                                                    Liedes »Jahrgang 49«.
wie die Comedian Harmonists einst san-                                                         Es mag überraschen, dass selbst der
gen! In das Land von José Afonso, dessen                                                     damalige Direktor des Goethe-Instituts
«Grândola, Vila Morena» wir vom Festival                                                    in Lissabon, Curt Meyer Clason, der Bil-
des politischen Liedes kannten.                                                              dung einer Freundschaftsgesellschaft
   Zuvor aber gab es einiges zu bedenken                                                    mit der DDR wohlwollend gegenüber-
und zu regeln, bis ich eine wahre Rarität                                                    stand: »Erste Festdarbietung der DDR im
in der Hand hielt, nämlich einen blauen                                                    Teatro São Luiz; Alexandre Babo hat uns
Reisepass zur mehrmaligen Ausreise aus                                                     Karten geschickt. Im ersten Rang, neben
der DDR mit einem von der Portugiesi-                                                       dem Botschafter: die Ehrengäste aus
schen Botschaft ausgestellten Visum.                                                        Ostberlin und Lissabon. Die Bühne ist
                                                                                            ­
Wahrscheinlich war es die rumänische                                                        ­geschmückt; mehrere Ansprachen in Por-
Fluglinie TAROM, die mich am 19. Novem-                                                      tugiesisch und Deutsch, vorzüglich gedol-
ber 1976 nach Lissabon brachte. Da stand                                                     metscht. Dann singt Sonja Kehler, vorzüg-
ich nun vor den zerzausten Palmen am                                                        lich begleitet am Flügel; es singt ein
Ausgang des Flughafens, unter denen ein                                                    Pop-Ensemble Ostberliner Prägung in Jeans,
graumelierter Herr und eine junge Frau                                                       kaum zu unterscheiden von westlichen
standen und mich anlächelten.                Bombenanschlag auf das Büro der Associação     Gruppen, Lieder des Widerstandes aus

8   PORTUGAL REPORT NR. 81
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Frankreich, Chile, Deutschland mit Musik               die erste hochrangige Delegation aus der      gesellschaft mit der DDR abzusprechen.
   von Eisler, Weill, Dessau. In der Pause um-         DDR in Lissabon. Zwei Mitglieder der            Bis zur Festveranstaltung vom 4. De-
    armt mich Alexandre Babo, überglücklich…           Delegation, der Journalist Ernst-Otto
                                                       ­                                             zember 1974 kam es schon zu ersten
  Großartig, denke ich. Alexandre Babos Be-            Schwabe und der spätere Presseattaché        ­Aktivitäten der in Gründung befindli-
   geisterung steckt mich an. Es müsste doch           der DDR-Botschaft in Lissabon, Manfred        chen Associação, zur Einrichtung eines
   gelingen, die Mauer im Ausland zu über-             Bleskin, hatten sich am Rande mit Ale­        ersten Sitzes in der Lissaboner Rua Gar-
  winden! Ich habe bereits de Freitas Branco           xandre Babo getroffen, um über das            ret Nr. 80 und zur Einschreibung von Mit-
   gesagt, ich sei zu manchen ersten Schritten        ­Thema Freundschaftsgesellschaften zu          gliedern an verschiedenen Orten des
    bereit; an mir solle es nicht liegen. Stolz ist    reden.                                        Landes. Anlässlich einer Reise in die DDR
    taubes Holz.« (Curt Meyer-Clason: Portu-             Bald darauf erfolgte die Gründung der       wurden in Gesprächen zwischen Vertre-
  giesische Tagebücher. München: A1 Ver-               »Liga für kulturelle, soziale und wissen-     tern der Liga für Völkerfreundschaft und
  lag 1997, S. 256)                                    schaftliche Zusammenarbeit mit den so-        dem Vorbereitungskomitee der «Associ-
       Mit der Veranstaltung im Theater São            zialistischen Völkern« mit vorläufigem        ação Portugal-RDA» die Grundlinien der
  Luiz war der Auftakt zu einer fünfzehn               Sitz beim 1973 gegründeten Portugiesi-        Zusammenarbeit festgelegt.
 Jahre währenden Tätigkeit der «Associ-                schen Schriftstellerverband. Nachdem            Dass die Associaçâo einiges organisa-
   ação Portugal−RDA» vollzogen worden,                die Freundschaftsgesellschaften mit der       torisches Potenzial besaß, bewies sie ein-
  in deren Mittelpunkt die Verbreitung von             UdSSR und mit Kuba aus der Taufe ge­          drucksvoll als Initiator der Ausstellung
 Kenntnissen über ein den meisten Portu-               hoben waren, sollte nun auch eine             Portugal − um Ano de Revolução, die am
  giesen unbekanntes Land stand. »Die                  Freundschaftsgesellschaft mit der DDR         26. April 1975 in der Galerie der moder-
DDR«, so schreibt die damals siebzehn-
  jährige Ana Paula, »war eines dieser
­Länder, von dem ich glaubte, dass sich ein
 Kennenlernen lohnen würde… Wenn das
    faschistische Regime dessen Existenz
    ­
  ­verheimlichte, müsste es sicherlich dem
Regime völlig entgegengesetzte Eigen-
 schaften besitzen… Ich glaubte also daran,
   dass die DDR ein Modell dafür sein könnte,
   wie ich mir mein Land wünschte.« (Ana
 Paula Lopes, 2019)
       Wenige Monate vor der Gründungsver-            W. Karwarth, J. de Freitas Branco, A. Babo    Rainer Bettermann und Alexandre Babo
   anstaltung der Associação war mit dem
  Sturz des Caetano-Regimes durch die
 ­Bewegung der Streitkräfte (MFA) am

                                                                                                                                                   Fotos (4): FotografIn unbekannt
  25. April 1974 eine Demokratisierung Por-
  tugals eingeleitet worden, die es über-
  haupt erst möglich gemacht hatte, freie
Vereinigungen zu bilden und mit allen
 Ländern Beziehungen auf der Basis von
 Freundschaft und Zusammenarbeit her-
    zustellen. (Programm des MFA)
       Das Wort Freiheit war in den Tagen
  und Wochen nach dem 25. April allge-                Shô Lapa, die »gute Seele« der Associação     Pinnwand im Büro der Associação Portugal/RDA
  genwärtig und der Begriff Sozialismus
    schien ein einigender Faktor für fast alle         gegründet werden. Portugal stand da­         nen Kunst von Lissabon eröffnet und
    demokratischen Kräfte zu sein. Die Vor-            mals weit oben in der Rangliste der          ­danach in der DDR und mehreren west-
    stellungen darüber, was Sozialismus sei,          ­Außenpolitik der DDR. Am 20. Juni 1974       europäischen Ländern gezeigt wurde.
  gingen allerdings weit auseinander und               hatte der Ministerrat der DDR die Auf-       Hierbei kamen ihr die sehr guten Kon-
  reichten von einem Sozialismus nach                  nahme diplomatischer Beziehungen mit         takte zu verschiedenen gesellschaftli-
    ­sowjetischem Vorbild bis zu einem de-             Portugal beschlossen, und im August 1974     chen Bereichen und zur Provisorischen
  mokratischen oder liberalen Sozialismus              nahm der erste Botschafter der DDR in        Regierung unter General Vasco Goncal-
  und einer Art sozialer Marktwirtschaft.              Portugal, Erich Butzke, seine Tätigkeit in   ves zugute, zu der bis März 1975 auch João
       Wenige Tage nach dem 25. April schlug           Lissabon auf.                                 de Freitas Branco und der Ingenieur Luís
    der Schriftsteller Fernando Namora                    Da es sich bei der «Associação Portu-     Casanovas von der Associação als Staats-
   ­einem Kreis von progressiven Intellektu-           gal-RDA» um eine nationale Vereinigung        sekretäre gehört hatten. Ein weiterer
    ellen (Alexandre Babo, Henrique de Bar-            handelte, die ausdrücklich keinen Par-       wichtiger Partner war die links orientier-
  ros, João de Freitas Branco, Jacinto Prado           teicharakter trug, kam nur die formell       te 5. Division des Generalstabs der Streit-
    Coelho und Carlos Aboim Inglês) vor, eine          nichtstaatliche Liga für Völkerfreund-       kräfte, der auch Kapitänleutnant Manuel
  portugiesische Liga von Freundschafts-               schaft als Partner in Frage. Im August       Begonha, zeitweise Vorstandsmitglied
  gesellschaften mit den sozialistischen               1974 traf eine erste offizielle Delegation    der Associação, angehörte.
 Ländern zu bilden. Etwa zur gleichen Zeit             der Liga in Lissabon ein, um die Moda­          Angesichts der großen Bedeutung, die
  befand sich auf Vermittlung der Portu-               litäten der Gründung und Aktivitäten         man an der Liga für Völkerfreundschaft
  giesischen Kommunistischen Partei (PCP)              einer portugiesischen Freundschafts­
                                                       ­                                            der Kooperation mit der Associação als

                                                                                                                            1. DEZEMBER 2020   9
PORTUGAL Report - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Foto: FotografIn unbekannt
                                                                                                 Foto: © ADN-foto central
Unterzeichnung der ersten Kooperationsvereinbarung zwischen der Associação Portugal-RDA                                     Katalog der Ausstellung Tipografia
(Alexandre Babo, li.) und dem Komitee DDR-Portugal (Erich Markowitsch, re.) am 30.7.1975 in Berlin                          Lugo-Damaia

Multiplikator von außenpolitischen Inte-           lierten diversen, vor allem kulturellen                                     portugiesischen Sängern José Barata
ressen der DDR beimaß, ging man schon              Aktivitäten zur Popularisierung der DDR.                                    Moura, José Jorge Letria u. a.
seit November 1974 davon aus, dass die             Regale, Schränke und Nischen am neuen                                     27. Juni: Bildung des Komitees DDR−
Beziehungen zur Associação von einer               Sitz der Associação an der Praça José                                       Portugal an der Liga für Völker-
ihr ähnlichen Vereinigung getragen wer-            Fontana 17 in Lissabon füllten sich mit                                     freundschaft
den müssten. Am 27. Juni 1975 wurde zu             Büchern, Magazinen, Zeitschriften und                                     30. Juli: Abschluss der ersten Verein-
diesem Zweck im Beisein von Alexandre              weiteren Materialien zur Verbreitung                                        barung zwischen der Associação Por-
Babo und Hauptmann Morais da Silva                 ­eines attraktiven Bildes von der DDR.                                      tugal−RDA und dem Komitee DDR−
(MFA) die Gründung des Komitees                    Durch die in den Vereinbarungen mit                                         Portugal in Ost-Berlin
DDR-Portugal vollzogen, das aus einem               dem Komitee DDR-Portugal zugesicherte                                    20.−26. September: Bertolt-Brecht-­
nominierten Vorstand und 29 berufenen              ideelle und materielle Unterstützung                                        Woche in Portugal unter Beteiligung
Mitgliedern bestand. Die Tätigkeit des             war die Associação nunmehr in der Lage,                                     der Stiftung Calouste Gulbenkian, der
Komitees wurde von einem hauptamt­                 ihre aufwändigen Aktivitäten zur Popu-                                      Stadtverwaltung von Lissabon und
lichen Mitarbeiter der Liga begleitet, der         larisierung der sozialistischen Errungen-                                   der Botschaft der DDR in Lissabon.
ab Mitte der 1980er Jahre in der Zeit-             schaften in der DDR kontinuierlich vor-                                     Veranstaltungsorte: Lissabon, Èvora,
schrift «Novos Caminhos» auch als »Se-              zubereiten und umzusetzen:                                                 Setúbal und Almada
kretär der Gesellschaft DDR-Portugal«                                                                                        Oktober: Erstmalige Teilnahme von
bezeichnet wurde. Die wichtigste Funk-             Aktivitäten im Jahr 1975 (Auswahl)                                          17 portugiesischen Landarbeitern und
tion des Komitees bestand neben der                 29. Januar: Alexandre Babo nimmt am                                       Kleinbauern an einem einmonatigen
Wahrnehmung repräsentativer Auf­                      Kongress der Generalsekretäre der                                        Landwirtschaftskurs in Halle/Saale
gaben in der Kontaktpflege und im peri-               Freundschaftsgesellschaften mit der                                    Gegen Ende des Jahres 1975 zählte die
odischen Abschluss von Arbeitsverein­                 DDR in Frankfurt/Oder teil.                                              Associação ca. 1000 Mitglieder und
barungen mit der Associação.                        17. März: Eine Delegation der Associa­                                    hatte sich landesweit in 13 Zweigstel-
   Einen Monat später, am 28. Juli, reiste            ção mit Vertretern verschiedener kul-                                    len (núcleos) etabliert. Im Verlauf des
eine gemischte Delegation des MFA und                 tureller Gremien und des MFA besucht                                     heißen politischen Sommers 1975 und
der Associação in die DDR. Zu den Höhe-               die DDR.                                                                 im sich anschließenden abkühlenden
punkten ihres Aufenthalts gehörten die              20. März: João de Freitas Branco nimmt                                    Herbst hatten militärische und zivile
Eröffnung der Ausstellung Portugal - ein              am Kongress der Präsidenten der                                          gesellschaftliche Kräfte in Portugal
Jahr der Revolution sowie die medien-                 Freundschaftsgesellschaften mit der                                      die Überhand gewonnen, welche den
wirksame Unterzeichnung der ersten Ar-                DDR in Ost-Berlin teil.                                                  Weg zu einer antikapitalistischen so-
beitsvereinbarung zwischen dem Komi-                26. April: Eröffnung der Ausstellung                                      zialistischen Gesellschaft ablehnten
tee und der Associação mit dem Ziel, »das             Portugal − um Ano de Revolução in Lis-                                   und einen gemäßigten Weg in die
gegenseitige und freundschaftliche Verste-            sabon.                                                                   westliche Demokratie favorisierten.
hen im Dienste der Beziehungen zwischen             7. Mai: Eine Delegation der Liga für                                   Es musste sich nun erweisen, ob die As-
dem portugiesischen Volk und dem Volk der             Völkerfreundschaft der DDR besucht                                    sociação Portugal−RDA auch unter den
DDR zu entwickeln …«.                                 Portugal.                                                             geänderten Bedingungen sinnvoll und
   Das Komitee verpflichtete sich zur ide-          8. Mai: Veranstaltung des politischen                                  erfolgreich tätig sein konnte.
ellen und materiellen Unterstützung der               Liedes im Teatro S. Luiz mit der Grup-                                  «Eles não sabem que o sonho é uma
in den Statuten der Associação formu-                 pe Spartakus aus Potsdam, mit den                                     constante da vida».

10 PORTUGAL REPORT NR. 81
Was ist der einzig »richtige« Weg?
Zum Roman von Dagmar Fohl über Aristides de Sousa Mendes  von Andreas Lahn

Ü
        ber das Leben von Aristides de                                                                                      sulat zu führen, aberkannt wird. Er wird
        Sousa Mendes ist schon viel ge-                                                                                     für ein Jahr vom Dienst suspendiert und
        schrieben worden. Deshalb bin                                                                                       in den vorzeitigen Ruhestand versetzt:
ich skeptisch, was ein Roman über ihn                                                                                       »Ich war gefangen in meinem eigenen
Neues sagen kann. Die reißerische (über-                                                                                    Schicksal und ein Gefangener im eigenen

                                                                                                Foto: © W. Heinrich
flüssige) Beschreibung »Der portugiesi-                                                                                     Land.« (S. 148)
sche Oskar Schindler« lässt meine Skepsis                                                                                      Trotzdem hat er seine Entscheidung
eher wachsen. Doch was die in Hamburg                                                                                       nie in Frage gestellt. Das ist bei allen Ent-
lebende Autorin Dagmar Fohl auf 220                                                                                         scheidungen so, die wirklich vom Herzen
Seiten schreibt, begeistert mich allein       Dagmar Fohl, Roman-Autorin aus Hamburg                                        kommen. Natürlich nimmt er das Urteil
deshalb, weil sie es schafft, das Jahr 1940                                                                                 nicht hin und kämpft einen aussichtslo-
lebendig werden zu lassen. Ich bin ein                                                                                      sen juristischen Kampf gegen das, was
ganzes Wochenende gefangen in dieser                                                                                        für ihn Unrecht ist. Doch Salazars Ge-
für Millionen Menschen schwierigen Zeit                                                                                     folgsleute kennen kein Erbarmen. Men-
und kann − ansatzweise − mitempfinden,                                                                                      des verliert sein Einkommen, sein Haus,
welches Leid der Nazi-Terror verursacht.                                                                                    und seine Kinder dürfen nicht an der
   Und den Roman von Aristides de Sousa                                                                                     Universität studieren. »Ich blieb als ge-
Mendes selbst erzählen zu lassen, ist                                                                                       krümmter morscher Eukalyptusbaum in ei-
schlicht eine wundervolle Idee. Schade                                                                                      nem verwüsteten Wald zurück.« (S. 198)
nur, dass die Geschichte nicht im Präsens                                                                                      Nach dem Tod seiner langjährigen
erzählt wird, dann wären die LeserInnen                                                                                     Ehefrau Angelina kümmert er sich um
noch intensiver Teil der Ereignisse.                                                            Foto: © Wikimedia Commons   seine Geliebte Andrée, mit der er ein vie-
   Mendes dient unter der portugiesi-                                                                                       le Jahre verheimlichtes Kind gezeugt hat,
schen Salazar-Regierung als General-                                                                                        und heiratet sie 1948. Doch für sein Leben
konsul in Bordeaux. Als immer mehr                                                                                          gilt: »Ich sitze in einem Boot, das mich Ru-
Menschen vor der Verfolgung durch die                                                                                       derschlag für Ruderschlag von der Welt
Faschisten fliehen, verweigert Salazar ih-                                                                                  entfernt.« (S. 209) Er stirbt verarmt am
nen die benötigten Transit-Visa für eine                                                                                    3.4.1954 im Armenspital des Franziskaner­
Weiterfahrt von Portugal nach Übersee.        Transit-Visum vom 19.6.1940 aus Bordeaux
                                                                                                                            ordens Ordem Terceira. Auf seinem Grab-
Die Menschen stranden vor dem Konsu-                                                                                        stein steht: »Wer ein Leben rettet, rettet die
lat in Bordeaux. Dagmar Pohl schildert                                                                                      Welt.« Leider gehören die Rettenden
akribisch die persönliche Situation von                                                                                     manchmal nicht mehr zur Welt dazu …
Sousa Mendes, wie er schwankt zwischen                                                                                         Dagmar Fohl schreibt »Romane über
dem Gehorsam zu Salazar und der Ret-                                                                                        Menschen in Grenzsituationen«. Das ist ihr
tung der Verfolgten in so eindrucksvoller                                                                                   mit diesem grandiosen Buch auf gerade-
Art und Weise, dass man selbst in den                                                                                       zu wunderbare Art und Weise gelungen.
»Gewissenskonflikt« hineingezogen wird.                                                                                     Vielleicht trägt es eines Tages dazu bei,
Spätestens als Rabbi Chaim Krüger das                                                                                       Menschen in ähnlich dramatischen Ent-
angebotene Visum mit der Begründung                                                                                         scheidungssituationen den Weg des Her-
verweigert, er nehme es nur, wenn alle                                                                                      zens gehen zu lassen. Je öfter das näm-
anderen Flüchtlinge auch ein Visum                                                                                          lich der Fall wäre, desto angenehmer
kriegen, beschließt Sousa Mendes, sich                                                                                      würde es sein, in dieser Welt zu leben.
Salazars Befehlen zu widersetzen und                                                                                           1986 wird in der Jerusalemer Gedenk-
sagt: »Es gibt Augenblicke des inneren Auf-                                                                                 stätte Yad Vashem in der »Allee der Ge-
ruhrs, wo einem das Herz sagt, welches der                                                                                  rechten« ein Baum für Mendes gepflanzt.
einzig richtige Weg ist.« (S. 123) .                                                                                        Merkwürdig spät − nämlich erst 1988 −
   Mit diesem Gefühl im Herzen arbeiten                                                                                     wird er in Portugal rehabilitiert und
                                                                                                Foto: © Gmeiner Verlag

er und seine Mitarbeiter rund um die                                                                                        posthum wieder ins diplomatische Corps
Uhr und stellen im Juni 1940 mehr als                                                                                       aufgenommen. Er erhält den höchsten
30.000 Transit-Visa für Portugal aus, eine                                                                                  Orden Portugals. Und 1995 erklärt Mario
Aktion, die unzähligen Menschen das Le-                                                                                     Soares ihn zum »größten Helden des
ben rettet und ihnen einen Neuanfang in                                                                                     20. Jahrhunderts«.
anderen Teilen der Welt ermöglicht.                                                                                            Weitere Informationen über das Leben
                                              DAGMAR FOHL – WER EIN EINZIGES LEBEN RETTET, RETTET
   Sousa Mendes wird nach Portugal zu-                                                                                      von Aristides de Sousa Mendes finden Sie
                                              DIE GANZE WELT, Roman, Gmeiner Verlag, 220 Seiten,
rückbeordert, wo Salazars Gerichte dafür      Hardcover mit Schutzumschlag, 20 €, E-Book                                    unter www.sousamendesfoundation.org
sorgen, dass ihm die Fähigkeit, ein Kon-      14,99 € , ISBN 978-3-8392-2771-8                                              und centerofportugal.com.

                                                                                                                                                     1. DEZEMBER 2020   11
Foto: © jan_S · stock.adobe.com
A
       «eletromobilidade» faz parte ínte-                                ção técnica, o dinheiro, a força da indús-
       gra da nossa vida contemporânea,                                tria e os interesses políticos têm priori-
       cada vez mais. No top ilustre desta                               dade, a raça humana fica atrás com os
nova estrutura social figura o automóvel                                 seus dignos sonhos e valores.

                                                                                                                    Foto: © donikz · stock.adobe.com
elétrico. Governos pagam subsídios ao                                      Portugal ocupa o quinto lugar mundial
público para mudar os carros a gasóleo                                   obtendo a maior riqueza deste metal
ou a gasolina contra um novo modelo                                   ­ligeiro de lítio. A instalação de uma fá-
elétrico, pelo menos nas suas caracterís-                              brica de baterias em Aveiro e o novo
ticas essenciais. Todos os produtores de                               ­projeto de exploração de lítio em Monta-
automóveis no mundo precisam, para a                                   legre alimentaram um debate científico
respetiva fabricação, de baterias em                                     e económico sobre a proteção do povo
imensas quantidades. Estas baterias con-                                português, pelo menos nestas regiões,
têm substâncias como o lítio, cobalto e                                 ­incluindo a análise dos prejuízos inevitá-
magnésio. Cada dia toneladas destas ma-                               veis e prováveis no impacto social e am-
térias-primas são necessárias para as                                  biental. No caso de Montalegre a via mala
produções.                                                               dos cidadãos que agem contra os perigo-
   É sabido que a exploração destes ele-                                 sos efeitos duma exploração deste mine-

                                             Lítio artificial
mentos minerais não é favorável para o                                 ral entre portas é bem conhecida: foi cria-
ambiente. Regiões de produção de lítio                                   da uma Associação Montalegre Com Vida.
em países como p. e. a Argentina, a Aus-                              A Instituição de defesa ambiental lutou
trália, a Bolívia, o Chile e a China vivem
às custas da segregação de muitas vidas
                                             puro: a solução             contra a decisão do estado de dar licença
                                                                        na exploração de lítio, interpondo uma
humanas, cortando as condições da vida
assim como a destruição da natureza. A       para salvar o               ação administrativa. Em causa estava a
                                                                         exploração de depósitos minerais de lítio

                                             ambiente
imprensa internacional fala com rigor                                    e minerais associados no concelho de
de «um outro lado seguríssimo» nesta re-                                 Montalegre, concretamente distrito de
volução moderna de energia necessária                                 Vila Real. A Associação considerava um
à existência em constante mutação, no
quotidiano. No entanto, quase sempre no
                                             de Eberhard Fedtke e        absurdo, protegido por vários pareceres,
                                                                         a legalidade dum contrato com um ex-
que respeita a diversos aspetos de inova-    Ana Carla Gomes Fedtke     plorador privado, porque colocava em

12 PORTUGAL REPORT NR. 81
perigo gravemente a vida das popula-           uma firma alemã tinha conseguido en-
   ções e dos seus direitos fundamentais,        contrar e elaborar um sistema de produ-
   sublinhando também a perda para sem-          ção de lítio artificial, aliás em qualidade
 pre dum ambiente saudável. Aconteceu            idêntica dum «lítio limpo sem produzir o
   que o povo e a vida pública perderam          perigoso elemento acessório CO2»: por-
   esta emocionante e desigual luta para         quanto − o grande efeito ambiental,
  um Portugal sempre bonito. O Ministério       ­moral e ético − produzir sem qualquer
   contestou esta ação e a decisão judicial      efeito ambiental negativo; em palavras

                                                                                                                                                                                   Foto: © Andreas Lahn
   foi desfavorável à Associação e por essa      científicas digamos «produzir lítio em va-
razão viu-se o governo obrigado por uma          lor ambiental-neutro». O segredo técnico
   decisão no sentido de dar uma concessão       é, em palavras sóbrias, uma filtração e
   da exploração à firma em causa, julgan-       extração do lítio em águas de grande
   do que esta obedecia aos normativos da       profundidade na terra, comparável em
 lei contratual atual. O bel-prazer estatal     geral com o sistema de exploração de
versus razão e juízo. Apesar da óbvia
  ­negligência profunda dos preceitos cons-
                                                petróleo e de gás com um hydraulic frac-
                                                 king. A comercialização do lítio puro está
                                                                                                                                   Corona in Porto
 titucionais − e a que cada juiz está ad­       prevista para o ano 2022. A grande van-                                            Nach einer Corona-Phase mit sehr wenigen
   strito − deve observar-se, em primeira       tagem de exploração, dizem os invento-                                             Ansteckungen ist ja bekanntermaßen die
   instância, a proteção das populações em      res, mostra o facto espetacular, de que as                                         Anzahl der Infektionen im Großraum Lissa-
vez dos interesses económicos privados,          ditas águas profundas filtráveis de pro-                                           bon bereits im zurückliegenden Sommer
   nomeadamente se estes causarem pre-           dução de lítio se encontram em quase                                              2020 immer weiter angestiegen, so dass das
   juízos públicos irreparáveis. Neste senti-   todos os locais do mundo, evitando no                                              Auswärtige Amt diese Region schon vor Wo-
   do elementar assiste ao juiz o poder de       futuro excessivos custos de transporte,                                            chen als Risikogebiet einordnete.
   anular contratos assinados e em vigor. A      desde os países de produção até aos paí-                                              Nicht so Porto, denn dort blieben die
 ­polémica bem justificada do povo de            ses de consumo destes minerais para a                                             Zahlen niedrig, und man hätte meinen kön-
   Montalegre «fugiu frente aos olhos do tri-    eletromobilidade moderna, a situação                                               nen, die Entscheidung, die Jahrestagung
   bunal como o vento».                          que se vive hoje.                                                                  der DPG dieses Jahr nicht in Porto abzuhal-
     Ficou apenas a esperança de um mila-           Então, Associação Com Vida, uma novi-                                          ten, sei voreilig gewesen.
  gre técnico. É previsível que as quantias      dade suficiente para intentar uma nova                                                Leider ist dem nicht so. Seit der ersten
  necessárias de lítio para a eletromobilida-    ação judicial, a fim de convencer o estado                                         Oktoberwoche verzeichnet der Norden Por-
   de mundial, continuamente em crescendo,       a atualizar a sua opinião. E para o caso                                          tugals und auch die «Região Norte» einen
   não possam ser servidas por riquezas          de um tribunal nacional não ter a cora-                                            geradezu dramatischen Anstieg der Anzahl
­limitadas ao solo e fontes naturais exis-      gem de julgar a favor do seu próprio                                                neuer Corona-­Infektionen.
 tentes no mundo.                               povo por um ambiente sacro santo, o tri-                                               Uns allen sind ja die sogenannten Inzi-
     Este milagre acontece: conforme uma        bunal europeu dos direitos humanos em                                               denz-Zahlen inzwischen ein Begriff, weil in
   detalhada publicação no jornal alemão        Estrasburgo terá talvez as portas abertas                                          Deutschland ab 35 Fällen je 100.000 Ein-
Welt am Sonntag, uma edição semanal,             e a competência bem clara para tais e                                              wohnern bereits erste Maßnahmen greifen,
   comparável em conteúdo, temas e repre-        delicados assuntos da nossa existência                                             und ab 50 wird’s dann ernst. Und so hat sich
   sentação ao Expresso em Portugal, sub­        comum.                                                                             die Anzahl der Fälle in den jeweils letzten
   scrito, na edição de 14 de junho de 2020,        A proteção séria e eficaz da natureza é                                         sieben Tagen in Porto entwickelt – bezogen
 página 27, a sensacional notícia de que        uma tarefa de todos nós.                                                            auf 100.000 Einwohner:
                                                                                                                                       5. Oktober: 53
                                                                                                                                       12. Oktober: 126
                                                                                                                                       19. Oktober: 196
                                                                                                                                       26. Oktober: 217
                                                                                                                                   Diese Zahlen basieren auf der Einwohner-
                                                                                                                                   zahl von Porto (Wikipedia 287.591) ­und
                                                                                                                                   ­https://covid19.min-saude.pt/relatorio-­
                                                                                                                                    de-situacao/
                                                                                                                                                                                   Illsustration Hintergrund: © logicbomb · stock.adobe.com

                                                                                                                                       Schlussfolgerung, auch wenn man sich
                                                                                                                                    das anders gewünscht hätte: Die Entschei-
                                                                                                                                    dung, dieses Jahr vom Tagungsort Porto
                                                                                                                                    abzusehen, war goldrichtig!
                                                                                           Foto: © BERLINSTOCK · stock.adobe.com

                                                                                                                                       Was uns selbst betrifft, so hatten wir
                                                                                                                                    vorgehabt, um die Jahrestagung herum
                                                                                                                                    drei Wochen in Porto zu verbringen. Das
                                                                                                                                   haben wir nun bedauerlicherweise Mitte
                                                                                                                                    Oktober definitiv absagen müssen. «Fica
                                                                                                                                    para outra vez» oder »Das bleibt für ein an-
                                                                                                                                    deres Mal«, so sagen die Portugiesen. Wir
                                                                                                                                    nehmen im kommenden Jahr einen neuen
                                                                                                                                   Anlauf.               Gunthard Lichtenberg

                                                                                                                                                           1. DEZEMBER 2020   13
Fotos (3): © Herbert Schlemmer
Michael W. Wirges begrüßt die Mitglieder        Gabriele Baumgarten-Heinke hat die Zahlen     Gert Peuckert spricht zur Geschichte der DPG

DPG: Die etwas andere Jahrestagung
Ausführlicher Bericht zur ungewöhnlichen Mitgliederversammlung am 31.10.2020 im
Berliner NH Hotel Friedrichstraße und Online  von Gabriele Baumgarten-Heinke

L
        iebe Mitglieder, »eigentlich wollten    der angemeldet, doch je näher der Ter-        sonders gut. Das werden wir verbessern!
        wir uns ja heute im wunderschönen       min rückte und je mehr Städte zu Risiko-      Für die DPG war es ein erster Schritt in
        Porto treffen, bei schönem Wetter,      gebieten erklärt wurden, stornierten vie-     Richtung Digitalisierung. Nach der Ab-
 motiviert und gut gelaunt…                     le Mitglieder ihre geplante Reise nach        stimmung über die üblichen Formalien
    Daraus ist nun leider nichts geworden!      Berlin. Auch wenn wir und das Hotel im-       mit den Präsenzmitgliedern, begann um
Wir sitzen hier, reduziert auf eine kleine      mer wieder versicherten, alle Maßnah-         14 Uhr die digitale Übertragung.
Anzahl von Mitgliedern die man an vier          men der Hygiene einzuhalten, blieb na-           Der Präsident Michael W. Wirges be-
Händen abzählen kann, nicht kuschelig           türlich für viele das Risiko der Anreise.     grüßte alle Mitglieder und verlas die
 zusammen wie gewohnt, sondern weit             Und so mussten wir ganz schnell reagie-       Grußworte von Dra. Ana Patrícia Severi-
 auseinander, ohne Kulturprogramm und           ren und haben uns, nach Rücksprache           no, Kulturrätin der portugiesischen Bot-
 abhängig von digitaler Übertragungs-           mit dem DPG Präsidium, für eine ver-          schaft in Berlin. Darin fühlte sie sich ver-
 technik. Und das alles wegen einem Vi-         kürzte Tagung und einer virtuellen Über-      pflichtet, denjenigen herzlich zu danken,
rus, den man Covid-19 benannte, den             tragung der Mitgliederversammlung für         die seit 1964, danach 1975 und schließlich
 man noch nicht einmal sehen oder be-           drei Stunden, entschieden. Letztlich nah-     durch die Wiedervereinigung der beiden
 greifen kann, der vor elf Monaten in Chi-      men vom Landesverband Berlin – Bran-          Vereine Ost und West, eine hervorragen-
 na seinen unheilvollen Weg antrat, sich        denburg 17 Mitglieder und vom Landes-         de Arbeit zugunsten der Beziehung Por-
rasant über die ganze Welt verbreitete          verband NRW nahm Herr Kriegel an der          tugal−Deutschland geleistet haben. Sie
 und überall tausendfach Chaos, Schre-          Präsenztagung teil. Wir möchten uns bei       äußert ihr Bedauern zu den pandemi-
 cken und Tod mit sich brachte.«                den Mitgliedern auf diesem Weg noch           schen Umständen, lud aber alle Interes-
    Das, liebe Mitglieder, ist ein Auszug der   einmal für ihre persönliche Teilnahme         sierten zur Buchmesse 2021 nach Leipzig
Begrüßungsrede des Präsidenten Mi­              bedanken, denn dadurch kam so ein             ein, wo ihrer Meinung nach, die portu-
 chael W. Wirges zur DPG-Mitgliederver-         ganz klein bisschen das Gefühl einer nor-     giesische Literatur gefeiert werden wird
 sammlung im NH Hotel Berlin Friedrich-         malen Tagung auf.                             und die DPG die Möglichkeit haben
 straße. Noch im Sommer, nachdem wir               Der positive Effekt aller dieser Maßnah-   könnte, die Geschichte der Gesellschaft
 die DPG Reise nach Porto um ein Jahr           men war letztlich für uns als DPG die Pre-    zu präsentieren. Sie wünschte der DPG
verschoben hatten, glaubten wir optimis-        miere, allen Mitgliedern in Deutschland       Glück und äußerte die Hoffnung, sich
 tisch an eine ganz normale Tagung in           und in Portugal die digitale Teilnahme        bald persönlich vorstellen zu können.
Berlin und freuten uns auf die Vorberei-        an der Mitgliederversammlung zu er-              In seinem weiteren Bericht verwies Mi-
 tung. Es sollte eine feierliche Tagung         möglichen. Die Firma KFP Five Star Con-       chael W. Wirges auf Termine, die noch
werden im 30. Jahr der Wiedervereini-           ference Service GmbH stellte uns die Tech-    vor der Corona-Pandemie stattfanden, so
 gung Deutschlands und dem 30. Jahres-          nik bereit und beriet uns bei der Umset-      unter anderem seine Vorstellung der
 tag der Fusion der DPG der BRD und der         zung der Übertragung. Ricardo Schäfer-        DPG am 10. März bei dem neuen Botschaf-
DPG der DDR. Fotos aus dem Vereins­             meier managte die Übertragung über            ter Portugals, S.E. Francisco Ribeiro de
leben der DPG und ein Bericht über den          seinen ZOOM-Account und unsere Kame-          Menezes.
Stand der Dokumentation der DPG-Ge-             rafrau war Martina Sophie Pankow, bei-           Liebe Mitglieder, lassen Sie mich ein
 schichte, waren in Vorbereitung. Auch          de vom Landesverband Berlin–Branden-          paar Themen aufgreifen, die mir auf die-
 der Botschafter Portugals in Berlin,           burg. Noch war sicher nicht alles ganz        ser Mitgliederversammlung besonders
­S. E. Francisco Ribeiro de Menezes, hatte      perfekt, einige Mitglieder hatten Schwie-     am Herzen lagen. Als Leitung der Ge-
 seine Teilnahme bestätigt.                     rigkeiten, sich einzuwählen und bei eini-     schäftsstelle habe ich im Tagesord-
    Bis September hatten sich 40 Mitglie-       gen war die Tonübertragung nicht be-          nungspunkt 6 einen Bericht über die Sta-

14 PORTUGAL REPORT NR. 81
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