Frühlingsausgabe - Gesellschaft für Archäologie in Oberösterreich
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Sonius.at | Welterbe Die jungsteinzeitlichen Pfahlbauten in Kärnten | Forschung Kurzbericht: Römischer Gutshof von St. Georgen Museum Römer, überall Römer! | Nachruf Hubert Preßlinger | Museum Ausstellung in Aschach an der Donau | Buchtipps! Archäologische Botschaften aus Oberösterreich Frühlingsausgabe 28
02 S U I NO S Editorial Willkommen! Sonius n°28 Christian Hemmers A uch wenn wir alle schon auf eine harte Probe gestellt worden sind und uns auch weiterhin noch viel wenigstens ein biss- chen zu kompensieren, haben wir uns bemüht, Auch die inkludierten Buch- tipps (S. 13 und 21) können dem einen oder der anderen Interes- Geduld abverlangt wird, sehe ich für wieder einen etwas um- sierten die Wartezeit verkürzen. die zweite Jahreshälfte bessere Aus- fangreicheren Sonius heraus- sichten als im letzten Jahr. zubringen. Während wir dabei mit den Wir hoffen, dass Ihnen unser aktueller Römern in Oberösterreich bleiben, Sonius Vergnügen bereitet. Halten Sie Im September wollen wir daher wieder gewährt uns das Welterbe der Pfahl- durch und bleiben Sie gesund. In ein mit unserem Vortragsreigen beginnen. bauten einen Blick über den ober- paar Monaten geht’s weiter! Um die Zeit bis dahin zu verkürzen österreichischen Tellerrand in unser und die vielen abgesagten Vorträge südlichstes Bundesland. Herzliche Grüße Welterbe Museum Inhalt 03 Pfahlbauten in Kärnten Cyril Dworsky, Lieselore Meyer 22 „Archäologie” Gernot Krondorfer Forschung Nachruf 09 Römischer Gutshof von St. Georgen Astrid Stollnberger et al. 23 Hubert Preßlinger Erwin M. Ruprechtsberger Museum Mitglied werden! 14 Römer, überall Römer! Stefan Traxler 24 GesArchOÖ – Ein Verein für alle Archäologieinteressierten Impressum: Sonius. Archäologische Botschaften aus Oberösterreich, Ausgabe 28, März 2021 (Preis: € 3,–) Medieninhaber & Herausgeber: Gesellschaft für Archäologie in Oberösterreich, Welser Straße 20, 4060 Leonding Redaktion: Christian Hemmers, Jutta Leskovar, Christina Schmid, Stefan Traxler; info@sonius.at Gestaltung und Produktion: Werner Schmolmüller, Linz; kultur @ farbgerecht.com Druck: oha druck Gmbh, Traun Die Verantwortung für den Inhalt der Beiträge liegt bei den AutorInnen. Wenn nicht anders angegeben, liegen die Bildrechte bei den AutorInnen.
S ON I US 03 Welterbe Die jungsteinzeitlichen Pfahlbauten in Kärnten -N ACHRICHTEN E 10 Jahre UNESCO-Welterbe RB WELTE Cyril Dworsky, Lieselore Meyer WEN Abb. 1 Das UNESCO-Welterbe Am 27. Juni 2021 feiern wir das Ländern, die gemeinsam ein der Welterbeliste liegt südlich der 10 Jahre-Jubiläum der Eintragung Bild der Urgeschichte zeichnen Alpen in Kärnten. der „Prähistorischen Pfahlbauten (Abb. 3). um die Alpen“ auf die UNESCO- Welterbeliste. In ihrer Gesamtheit stellen sie die Außergewöhnlichkeit dieser D as kommende Jubiläum ist eine gute Gelegenheit, einen Blick in den Süden und über den Dieses Welterbe ist kein einzelner archäologischen Fundstätten oberösterreichischen Tellerrand Ort wie beispielsweise das Schloss und ihren Wert für das Erbe der zu werfen und die älteste derzeit Schönbrunn in Wien. Es besteht Menschheit dar. Eine der fünf in Österreich bekannte Pfahlbau- aus 111 Pfahlbaustätten in sechs österreichischen Siedlungen auf siedlung aus Kärnten vorzustellen.
04 S U I NO S Abbildungen 1: Ein Zander über freigelegter Kulturschicht. Foto: Kuratorium Pfahlbauten 2: Ein Blick unter Wasser auf die Reste des Pfahlbaus im Keutschacher See. Foto: Kuratorium Pfahlbauten 3: Karte der 111 Fundstellen des Pfahlbau-Welterbes um die Alpen. Entwurf: International & Swiss Coor- dination Group UNESCO Palafittes 4: Blick auf das Ostufer des Keutscha- cher Sees mit der Untiefe im See. Foto: Kuratorium Pfahlbauten / Vera Polaschegg Abb. 2 5: Der zentrale Bereich der Anlage aus der Luft betrachtet. Foto: Kura- torium Pfahlbauten / Crazy Eye D er Begriff „Pfahlbauten“ hat sich für archäologische Fundstellen rund um die Alpen etabliert, die verschiedene Kri- befinden, wie es auf die im Folgenden beschriebenen Siedlungen von Kärnten zutrifft. In der Forschung werden die 6: Reste der Siedlung liegen stellenweise offen am Seegrund. Foto: Kuratorium Pfahlbauten terien erfüllen, ist aber im Grunde nicht Pfahlbauten deshalb gerne neutraler als 7: Furchenstichkeramik aus ganz eindeutig abgegrenzt. Ausgehend Seeufersiedlungen bezeichnet. Oft sind Keutschach. Fotos: Universität Wien, von den Berichten der frühen Entdeckun- jedoch die aus dem Seeboden heraus- Institut für Urgeschichte und gen in der Mitte des 19. Jahrhunderts be- ragenden Pfahlreste als Bauruinen der historische Archäologie zeichnet man damit im archäologischen Dörfer die am eindrücklichsten sichtbar Kontext die Reste von urgeschichtlichen erhaltenen Reste (Abb. 2). Deshalb wird 8: Befestigung der Schutzmatten unter Wasser. Dörfern, die sich am Rande von Seen und auch weiterhin der Begriff Pfahlbauten Foto: Kuratorium Pfahlbauten Flüssen befanden. In seltenen Fällen kön- verwendet und wurde auch für das nen sich diese auch in der Mitte von Seen UNESCO-Welterbe gewählt. WEN Abb. 3
S ON I US 05 Abb. 4 Nach mehr als 150 Jahren Forschung an WEN Leben auf der Insel den Seen und Mooren rund um die Alpen sind mittlerweile mehr als 1000 Pfahl- Im Jahr 1864 wurde der Forscher bausiedlungen bekannt. Die Auswahl der Ferdinand von Hochstetter als einer der 111 Bestandteile des UNESCO-Welterbes ersten von der kaiserlichen Akademie erfolgte anhand von verschiedenen Krite- der Wissenschaften auf die Suche nach rien, die sicherstellen, dass ein möglichst Pfahlbauten auf dem Staatsgebiet von komplettes Bild von unterschiedlichen Österreich ausgeschickt. Er hatte sich vor archäologischen Kulturen über den größt- allem durch seine geologischen For- möglichen Zeitraum, und alle Regionen schungen, insbesondere seine Teilnah- einschließend, im Welterbe dargestellt me an der Novara-Expedition und sein und gesichert werden kann. daraus resultierendes Werk zur Geologie Neuseelands, einen guten Ruf erarbeitet. I m „Welterbe-Ensemble“ der wich- tigsten Fundorte repräsentieren vier Pfahlbausiedlungen in Oberösterreich die Bereits kurze Zeit nach seiner Beauf- tragung, ausgerüstet mit einer Bagger- schaufel, einem Schleppnetz und einer bedeutende jungsteinzeitliche Mondsee- Leine für die Tiefenmessungen, wurde gruppe am Attersee und Mondsee (die von ihm die erste Pfahlbausiedlung in Welterbestätten Litzlberg Süd, Abtsdorf Österreich am 29. August 1864 entdeckt. III, und See am Mondsee) und auch die Hochstetter war an diesem Tag mit dem seltenen Spuren der Bronzezeit in unse- Klagenfurter Mediziner Alois Hussa ren Gewässern (Abtsdorf I). Abb. 5 unterwegs, so wie er überhaupt bei seinen Untersuchungen auf die Hilfe von Die erste Entdeckung einer Pfahlbauan- Kärntner Forschern zählen konnte. lage in Österreich und die kulturellen Zu- sammenhänge des beginnenden 4. Jahr- tausends v. Chr. in Nachbarschaft zu den Die Siedlung von Keutschach Pfahlbauregionen von Slowenien und Italien wird jedoch durch die Fundstätte Der Keutschacher See ist mit einer Keutschach am See in Kärnten markiert. Fläche von 1,3 km2 und einer maximalen Sie ist derzeit die einzige UNESCO-Welt- Tiefe von 15,6 m der sechstgrößte See erbestätte in Kärnten. Kärntens.
06 S U I NO S Er liegt gemeinsam mit drei weiteren unterwasserarchäologischen Untersu- Spuren des Bewohnens mehr, und die Seen am Rand des Sattnitz-Gebirgs- chungen des Pfahlbaus nachweisen und zum Seegrund abfallenden Seiten dieses zuges im Karawankenvorland. Der bestätigen damit diese Beobachtung. „Hügels im See“ scheinen eine größere Bergrücken des Pyramidenkogels be- Ausdehnung auch unmöglich zu machen grenzt den See in Richtung Wörthersee im Norden, die Dobeiner Wand bzw. die Sabala Höhe im Süden. A uch schon vor ca. 6000 Jahren scheint eine Insel sichtbar gewesen zu sein und lockte offenbar die ersten (Abb. 5). Über das genaue Aussehen der Siedlung kupferzeitlichen Siedler*innen in der ist nicht allzu viel bekannt. Deutlich ist Eine Besonderheit der Pfahlbauten im Nähe an. Wie die Datierungen der Pfähle ein großes Vorkommen von Hüttenlehm. Keutschacher See ist ihre Lage in der und liegenden Hölzer aus der Fundstelle Schon von Josef Ullepitsch, der kurz nach Mitte des Sees (Abb. 4). Hier befindet belegen, befand sich zu diesem Zeitraum Hochstetter noch im Jahr 1864 die Unter- sich eine Untiefe, die in früheren Zeiten mitten im See eine Gruppe von Gebäu- suchungen im See fortführte, wurden wohl immer wieder auch als Insel über den. Die 14C- und dendrochronologischen die „dreiseitige[n] Prismen, die von zwei den Wasserspiegel des Sees heraus- Analysen ergaben, dass mindestens Seiten den Abdruck von Rundhölzern, geschaut hatte, oder wenigstens von ein Gebäude irgendwann im Zeitraum auf der dritten Seite aber eine Glättung Wasserpflanzen beheimatet wurde. zwischen 3947 und 3871 v. Chr. errichtet deutlich zeigen“ richtig als Reste des Obwohl Hochstetter für den Zeitpunkt wurde. Die Anlage insgesamt war wohl Lehmverputzes von Wandkonstruktionen seiner Entdeckung mit mehr als 2,5 m eher überschaubar, denn auch bei der interpretiert (Ullepitsch 1864, 131). Eine einen recht hohen Wasserstand über Vorstellung einer deutlichen Absenkung derartige Konzentration von Hüttenlehm der Untiefe angibt, war die Stelle im See des Seespiegels um ein bis drei Meter ist bislang von den Fundorten im Salz- für ihn deutlich sichtbar. Nach seinem bleibt nicht viel Fläche, um hier zu bau- kammergut nicht bekannt und verweist Bericht war sie mit Binsengras bewach- en. Jenseits der bisher bekannten auf ein durchaus vielfältiges Er- sen. Die Spuren von Wurzeln im Bereich Fläche von ca. 65 × 30 m finden scheinungsbild der Gebäude im der Untiefe ließen sich auch bei den sich keine Pfähle oder andere 4. Jahrtausend v. Chr. (Abb. 6). WEN Abb. 6
S ON I US 07 D ass die genaueste Datierung eines Pfahlbaus in Österreich aus Keut- schach stammt und hier auch umfang- angebrannte Reste von bearbeiteten Hölzern und auch Brandspuren an Hüt- tenlehm und Gefäßen lassen aber darauf erhaltenen Kulturschichten freiwedelt und dadurch die Pfähle in den Gruben regelrecht abträgt (Abb. 1). Dazu kom- reich vermessen und kartiert wurde, schließen, dass mindestens einmal ein men die Aktivitäten der Freizeitangler, ist den Untersuchungen Otto Cichockis großes Brandereignis stattgefunden die mit ihren Angelhaken und Ankern von der Universität Wien zu verdanken. haben muss. Ob dies mit der endgültigen die Fundstätte ebenfalls gefährden. Zum Insgesamt wurden dabei 1684 Pfähle Aufgabe der Pfahlbauten im Zusammen- Schutz des Unterwasserdenkmals hat und größere liegende Hölzer erfasst hang steht, ist aber noch nicht geklärt. sich das Kuratorium Pfahlbauten 2019 und die Holzarten bestimmt: Verwen- entschieden, vorerst einmal kleinräumig det wurden für die Pfähle vor allem und ohne die herausragenden Pfähle Laubhölzer wie Eiche, Schwarz- zu beschädigen, die Fundstelle mit erle, Rotbuche, Birke, Linde und Erosionsschutzmatten aus Natur- Esche (Gleirscher 2014, materialien abzudecken. Um 41 f.). Anhand der pflanzli- die Wirkung der Maßnahme chen und tierischen Reste und etwaige Veränderungen kann man generell sagen, messen zu können, wurde dass die Bewohner*innen das Areal von Forschungs- der Siedlung offenbar noch taucher*innen vorab genau stark in der Wildbeuterei dokumentiert und danach und nur wenig in der Land- die Matten unter Wasser wirtschaft verhaftet waren verlegt und mit kleinen (Abb. 7). Fast drei Viertel Holzhaften fixiert (Abb. 8). der gefundenen Knochen Überdeckt wurde derzeit stammen von Wildtieren. eine kleine Fläche Gejagt wurden von 40 m2. Im Rothirsch, Herbst 2020 Reh, Gams, erfolgte die Elch, Bär, Begutach- Wild- tung dieser schwein, Maßnahme Biber, und die Abb. 7 Luchs, ersten Wildkatze Ergeb- und Fischot- nisse sind ter. Ein geringer vielverspre- Prozentsatz der chend. Es ist tierischen Speiseab- geplant, die fälle sind Rinderkno- Schutzmaßnah- chen (ca. 13 %), daneben men (die Überde- fanden sich noch geringe ckungen) in den nächs- Mengen von Schafs-, ten Jahren weiter auszubauen. Ziegen-, Schweins- und Hundekno- chen. Die Fischerei ist am Keutschacher See ebenfalls durch Funde belegt, so Hoffnungsgebiet Kärnten wurde z. B. ein hölzerner Angelhaken gefunden. Intensiv gesammelt wurden Aufgaben Pfahlbausiedlungen in Insellage wie Wildfrüchte, Beeren, Nüsse, Wurzeln für den am Keutschacher See sind selten. und Pilze. Im Pfahlbau von Keutschach Denkmalschutz Die meisten Fundstellen wurden an wurden auch sehr viele Haselnussscha- Seeufern gefunden. Jedoch gibt es in len und die heute nicht mehr heimischen Im Rahmen des jährlichen Monitorings der Gemeinde Keutschach am See gleich Wassernüsse (trapa natans) gefunden. an der UNESCO-Welterbestätte im noch eine urgeschichtliche Pfahlbau- Keutschacher See stellte sich heraus, siedlung mit dieser besonderen Lage. O hne weitere Untersuchungen lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wann genau und warum die Anlage im dass auf der Kuppe der Untiefe der ehemaligen Insel kontinuierlich Erosion stattfindet. Ein Hauptgefährdungsfaktor Der Pfahlbau im westlich gelegenen Haf- nersee wurde 1974 entdeckt und stammt ebenfalls aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Keutschacher See verlassen wurde. ist dabei der Zander, ein Fisch der durch Der Hafnersee ist ein beliebter Badesee Das häufige Vorkommen von Holzkohle, seine zahlreichen Laichgruben die noch mit naturbelassenen Ufern.
08 S U I NO S Charakteristisch für den Hafnersee ist Art behördlich verboten. Ausgenom- sein braunes Wasser, das durch einen men sind Tauchgänge zum Schutz des Literatur erhöhten Anteil an Huminsäuren verur- Lebens und der Gesundheit und im sacht wird. Die Fundstelle im Hafnersee Interesse des Denkmalschutzes oder O. Cichocki, C. Dworsky, Unterwasser- ist jedoch wesentlich kleiner als im Keut- der Denkmalpflege von hierfür vom archäologie in Kärntner Seen. schacher See und kaum bekannt. Ein- Bundesdenkmalamt ermächtigten In: Alexandra Krenn-Leeb, Karina gemessen werden konnten im Hafnersee Personen. 2005 wurden im Rahmen Grömer und Peter Stadler (Hrsg.), ca. 660 Pfähle. Ähnlich wie im Keutscha- des Projektes „From Underwater to Ein Lächeln für die Jungsteinzeit. cher See liegen auf der Oberfläche der Public Attention“ großflächige Prospek- Festschrift für Elisabeth Ruttkay. Ausgewählte Beiträge zum Neolithikum Kuppe viele Steine, ihre Größe reicht von tionstauchgänge in den Kärntner Seen Österreichs, Archäologie Österreichs 10 cm bis zu größeren Platten mit 60 cm. durchgeführt. Dabei konnten jedoch kei- 17/2, Wien 2006, 90–95. Eine Kulturschicht konnte bisher nicht ne weiteren neolithischen Pfahlbausied- gefunden werden. Wieso die Erosion im lungen nachgewiesen werden (Cichocki/ P. Gleirscher, Keutschach und die Hafnersee viel stärker gewirkt hat als im Dworsky 2014, 94). Wie bereits zur Zeit Pfahlbauten in Slowenien und Friaul. UNESCO-Welterbstätten, 2014. benachbarten Keutschacher See kann der ersten Pfahlbauentdeckungen durch derzeit nicht erklärt werden. Ferdinand Hochstetter bemerkt, gibt es F. v. Hochstetter, Bericht über Nach- jedoch einige Hinweise auf kupferzeitli- forschungen nach Pfahlbauten in den U m die neolithischen Pfahlbauten im che Siedlungen im Bereich des Wörther- Seen von Kärnthen und Krain. Sitzungs- Keutschacher See und im Hafner- sees, des Faaker Sees und des Ossia- ber. Kaiserl. Akad. Wiss., mathemat.- naturwiss. Kl. 51, 1865, 261–282. see vor Zerstörung, Veränderung oder cher Sees (Gleirscher 2014, 32). Auch Diebstahl zu schützen, ist seit den die vor kurzem wieder ins Licht der J. Ullepitsch, Die Pfahlbauten im 1980er Jahren das Tauchen Aufmerksamkeit geratenen „Stein- Keutschacher See. Car. 54/10, 1864, im gesamten Seegebiet haufen“ im Wörthersee wurden 453–456, auch in: Archiv für vaterländ. unter Zuhilfenahme von bereits von Hochstetter und Gesch. u. Topographie 9, 1864, 129–132. Tauchgeräten jeglicher Ullepitsch beschrieben. WEN Im Jänner 2021 ist die neue Broschüre zur UNESCO-Welterbestätte im Keutschacher See erschienen. Die Broschüre „Keutschach am See“ ist beim Kuratorium Pfahlbauten in einer deutschen und einer slowenischen Version erhältlich und als PDF unter www.pfahlbauten.at/thema/fundstätten zu finden. Abb. 8
S ON I US 09 Forschung Der römische Gutshof von St. Georgen Königswiesen Kurzbericht zur Ausgrabung 2020 Astrid Stollnberger, Felix Lang, Stefan Traxler, Franz Hauser Abb. 1 V om 29. Juni bis 23. Juli 2020 wurde der römische Gutshof im Rahmen einer Lehrgrabung der Universität Salz- Diese wurden nach den Ergebnissen der 2015 bis 2017 von ZAMG/ArcheoProspec- tions im Auftrag des Heimatvereins Atter- die in einer Urkunde des Jahres 1603 genannt ist. In Schnitt B lag ein kleines Wirtschaftsgebäude, das vollständig burg (Felix Lang, Astrid Stollnberger), an gau durchgeführten geophysikalischen ausgegraben wurde. der 12 Studierende teilnahmen, in Koope- Prospektionen festgelegt (Abb. 2). Schnitt ration mit der OÖ Landes-Kultur GmbH A diente der Untersuchung eines Teiles Ein Ziel der Ausgrabung war die Über- (Stefan Traxler) und dem Heimatverein des Hauptgebäudes und des außerhalb prüfung des Erhaltungszustandes des Attergau (Franz Hauser) untersucht. Das davon gelegenen Bereiches. In dieser Bodendenkmales. Dabei hat sich ge- Grabungsareal umfasste ca. 700 m² und Untersuchungsfläche befand sich auch zeigt, dass durch die jahrhundertelange war auf zwei Flächen aufgeteilt (Abb. 1). ein Teilabschnitt einer Wasserleitung, Beackerung nur mehr der unterste
10 S U I NO S Fundamentbereich der römischen Ge- von drei weiteren erhalten. Die Pfeiler bäude erhalten ist. Generell ließ sich eine waren auf einen Estrichboden aus Abbildungen gute Übereinstimmung der Ergebnisse Kalkmörtel mit einer Steinrollierung von Geophysik und Grabung feststellen, als Unterbau gesetzt. Zudem konnte das 1: Das Grabungsareal aus der Vogel- wobei durch die Freilegung einige prob- westlich an der Außenmauer gelegene perspektive; im linken Schnitt (A) lematische Bereiche geklärt und weitere Praefurnium (Heizstelle) lokalisiert sind Fundamente des Hauptge- Erdbefunde in Form von Gruben und werden, dessen Boden aus Sandstein- bäudes deutlich erkennbar. Gräben angetroffen wurden (Abb. 3). platten bestand, die Spuren starker 2: Gesamtplan der geophysikalischen Hitzeeinwirkung aufwiesen. Mörtelreste Untersuchungen mit der Lage der V on den fünf zumindest partiell aus- gegrabenen Räumen des Hauptge- bäudes war der südlichste, der Innen- an dieser Stelle legen nahe, dass die Praefurniumsöffnung im Fundament vermörtelt war. In einem weiteren Raum Schnitte A und B. 3: Befunde der archäologischen Grabung, im Hintergrund die maße von 5,4 × 4,7 m aufwies, mit einer lagen unmittelbar an den Mauern drei Ergebnisse der geophysikalischen Hypocaustheizung ausgestattet. Von Pfostengruben. Die nicht erhaltenen Untersuchung. dieser Fußbodenheizung waren die Res- Holzpfosten dienten vielleicht als Stüt- 4: Die Holzrohre der 1603 erwähnten te von zwei Pfeilern sowie die Abdrücke zen einer Dach-/Deckenkonstruktion. Wasserleitung sind nicht erhalten, ihr Verlauf ist aber über Eisenmuffen nachweisbar. 5: Das Grabungsteam am „Tag der offenen Grabung“. Foto: Michael Maritsch Abb. 1 – Abb. 4: OÖLKG/Universität Salzburg A ußerhalb des Gebäudes wurden mehrere Gruben und Gräben ange- troffen. Einer der im Norden der Gra- bungsfläche gelegenen Gräben konnte als die Künette der Wasserleitung des frühen 17. Jahrhunderts identifiziert wer- den. Die Holzrohre haben sich nicht er- halten, aber es wurden die Eisenmuffen angetroffen, die in einem Abstand von ca. 3 m lagen (Abb. 4). Bereits am ersten Tag wurden beim Abtrag des Humus mit dem Bagger zwei davon mit der Metallsonde Abb. 2 lokalisiert und geborgen. Gegen Ende der Grabung wurde in Verlängerung des Wasserleitungsgrabens der Grabungs- schnitt im Norden noch einmal erweitert und eine weitere Muffe in situ dokumen- tiert. Die Leitung befindet sich nur 25 cm unter der heutigen Geländeoberkante. Sie muss daher ständig fließendes Was- ser geführt haben, damit eine Vereisung verhindert werden konnte. Schmale Gräben sowie Pfostengruben westlich des Hauptgebäudes könnten auf Holzbauten verweisen. Größere Gruben dürften der Abfallentsorgung oder auch zur Entnahme des natürlich anstehenden Lehms gedient haben. Die geophysikalischen Prospektionen erbrachten den Hinweis auf mehrere
S ON I US 11 Funktion bzw. den Funktionen können nicht getroffen werden. In diesem Gra- bungsschnitt wurden außerdem mehr- ere Gräben festgestellt, von denen eine Gruppe annähernd Nord-Süd, die andere Nordwest-Südost orientiert war. Es ist nicht auszuschließen, dass manche der Abb. 3 Gräben jüngeren Datums sind, allerdings werden zwei von ihnen vom Wirtschafts- gebäude überlagert. Somit gehören sie in eine ältere Phase des Gutshofes oder sogar in vorrömische Zeit. Die schma- len Gräben dürften als Balkengräben von Holzzäunen gedient haben, die das gesamte Hofareal oder Teile davon eingrenzten. Die Funktion der breiten Gräben ist unklar. Vielleicht dienten sie als Zu-/Abwassergräben oder als Pflanz- gräben für Hecken. D urch die relativ große Menge an Kleinfunden, die im Zuge der Grabung geborgen wurden, kann die Bestandsdauer des Gutshofes gut nach- vollzogen werden. Dabei sind vor allem Brennöfen, die für die Herstellung von darstellt, sollen weitere Untersuchun- die insgesamt 16 Münzen zu nennen. Ziegeln verwendet worden sein könnten. gen im Sommer 2021 klären. Die älteste Münze ist ein im Jahr 70 n. Im Südwesteck von Schnitt A wurde Chr. geprägter Denar von Kaiser Vespa- der Randbereich einer großen Grube Das Wirtschaftsgebäude in Schnitt B hat- sian, die jüngste ein Follis von Constans freigelegt, in der sich eine beträchtliche te eine Länge von 6,5 m und eine Breite oder Constantius II. aus 347/348 n. Chr. Menge an Hüttenlehm fand. Zudem von 5 m. Es wies Fundamente im Osten, Auch die anderen Funde fügen sich gut wurden größere Mengen an Eisenschla- Süden und Westen auf. Im Norden konnte in diesen zeitlichen Rahmen. So könnten cke in sowie im Nahbereich der Grube kein Fundament festgestellt werden, Fragmente von sogenannten Auerberg- gefunden. Dies legt nahe, dass es sich vielleicht war der Bau an dieser Seite töpfen dem (späten) 1. Jahrhundert zu- hier um einen Platz zur Eisenverarbei- lediglich durch ein Holztor geschlos- gewiesen werden, während ein glasier- tung handelte. Ob dieser zur Verhüttung sen. Es könnte sich um einen einfachen tes Reibschalenfragment dem 4. Jahr- gedient hat oder einen Schmiedeplatz Schuppen handeln. Nähere Aussagen zur hundert zuzuordnen ist. HAUS DER KULTUR Im Haus der Kultur in St. Georgen im Attergau sind eine Kopie der Urkun- de von 1603 und ein Modell des römi- schen Gutshofes von Königswiesen (S. 20 Abb. 12) ausgestellt. Haus der Kultur, Attergaustraße 31, 4880 St. Georgen im Attergau www.attergau-zeitreise.at Besichtigung nach Voranmeldung unter Abb. 4 Tel.: 0680/155 64 65 (Franz Hauser)
12 S U I NO S Abb. 5 Somit kann nachvollzogen werden, dass lässt sich noch nicht sagen. Diese mittag drehte ein Fernsehteam eines der Gutshof zumindest vom späten 1. könnte sich auch im näheren Umfeld oberösterreichischen Lokalsenders bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts in der Fundstelle befunden haben. einen Bericht über die Forschungen. Betrieb war. Fibeln, Öllämpchen, Eisen- Im Laufe des Tages besuchten insge- schlüssel, Glasgefäße, Messer, Koch- und Vorratsgeschirr sowie importierte Ess- und Trinkgefäße der sogenannten D ass die Fundstelle nicht nur für die Expertinnen und Experten von gro- ßem Interesse ist, zeigte auch der hohe samt ca. 350 Interessierte die Ausgra- bung und nutzten die Gelegenheit, sich mit den Archäologinnen und Archäolo- Terra Sigillata geben zudem einen Ein- Besucheransturm beim „Tag der offenen gen zu unterhalten und bei zwei offiziel- blick in die Alltagskultur der auf dem Grabung“ am 21. Juli 2020. Bereits am len Führungen über den römischen Guts- Gutshof lebenden Menschen. Vormittag nutzten an die 30 Kinder die hof in Königswiesen zu informieren. Im Möglichkeit, sich über das Leben in der Laufe der vier Wochen kamen etwa 500 Es kamen aber nicht nur Funde römi- römischen Antike zu informieren und Leute auf der Grabung vorbei, um die scher Zeit zu Tage. Zwei Spinnwirtel die Grabung zu besuchen. Am Nach- Arbeiten und Fortschritte zu besichtigen. waren aus Scherben von latènezeitli- chen Gefäßen hergestellt worden. Die für Juli 2021 geplante zweite Literatur Grabungskampagne wird sich einer- Auch andere Fragmente sind in prä- seits abermals dem Hauptgebäude historische Zeit zu datieren. In einem sowie dem möglichen Verhüttungs-/ Stefan Traxler, Ralf Totschnig, Klaus Fall dürfte es sich sogar um bronze- Schmiedeplatz widmen. Andererseits Löcker, Ein neu entdeckter römischer zeitliche Keramik handeln. Dies zeigt, Gutshof bei St. Georgen im Attergau. sollen Schnitte bei weiteren Neben- dass sich auf der Fundstelle bereits in In: Franz Hauser, Stefan Traxler (Hrsg.), gebäuden neue Erkenntnisse zum Guts- vorrömischer Zeit menschliche Aktivi- Die Römer im Attergau. Kleine Schriften hof liefern. Und selbstverständlich wird täten nachweisen lassen. Ob sich eine zur Kulturgeschichte von Oberöster- es auch wieder einen „Tag der offenen prähistorische Siedlung auf dem Ge- reich 1, 2018, 99–128. Grabung“ für alle Archäologieinteres- lände des späteren Gutshofes befand, sierten geben.
S ON I US 13 S ON I U S Gedenkschrift für Buch-TIPP Wolfgang Wohlmayr ArchaeoPlus 13 renommierten Philipp v. Za- betreffende Interpretation, gegenüber gestellt werden bern-Verlag 2011 erschie- in der sogar die Meteorologie (S. 327–333). Aus demselben nene Monographie „Die bemüht wird – einmal etwas Werkstoff bestehen desglei- römische Kunst. Ein Handbuch“ völlig Neues, das nicht in den chen Fragmente von militä- besonders hervorzuheben ist. Boden, sondern in die Luft rischen Rüstungsteilen – sie Zum umfangreichen Arbeits- (ent)führt (S. 357–367). laufen unter der Bezeichnung bereich zählten eine rege Militaria – aus dem Boden von Lehrtätigkeit, die gewissen- Beschränken wir uns in Lauriacum (S. 439–443). Ein hafte und verständnisvolle den folgenden Zeilen auf weiterer Beitrag widmet sich Betreuung des studentischen einige Beiträge, die für die Münzen aus einer früheren Nachwuchses und, seit Leserschaft des SONIUS von Grabung in Salzburg/Iuvavum 2014, auch die Leitung der Interesse sein könnten. Da (S. 277-289). Ausgrabungen auf Alt-Ägina ist zunächst der Gutshof von (Griechenland) sowie die Neumarkt/Pfongau zu nen- Das zeitliche Limit der Provin- Erstellung von Projekten, die nen, wo Wolfgang zusammen zialforschung überschreiten Ü ber 50 Beiträge enthält die Gedenkschrift für den viel zu früh und völlig der Provinzialarchäologie galten. In diese hatte er sich im Laufe seiner Universitäts- mit der Salzburger Landes- archäologie ein Lehrgra- bungs- und Forschungspro- die in der Klosterkirche von Osterhofen in Bayern 1552 vorgenommenen „Exhumie- unerwartet von uns gegan- laufbahn vertieft und darüber jekt initiiert hatte (S. 257–261). rungen“, deren Beschrei- genen Archäologen Wolfgang publiziert. Die unlängst untersuchte Villa bung Spannung erzeugt Wohlmayr, einem gebürtigen von Weyregg am Attersee mit (S. 239–247), und weit über Oberösterreicher aus Gries- Wolfgang Wohlmayrs breit- einem teilweise gut erhalte- Gebühr überzogen hat das für kirchen. An der Universität gefächertes Wirken spiegelt nen Mosaikboden (S. 471–483) Festschrift- oder Gedenk- Salzburg hatte er studiert und sich gewissermaßen in der und Gutshöfe in Westpanno- schriftbeiträge übliche Limit 1984 promoviert. Der Tätig- Gedenkschrift wider, die nien setzen die angesproche- ein Beitrag am Buchende keit als Assistent am Institut dank des großen Engage- ne Thematik aufschlussreich (S. 493–528), der einer Kür- für Klassische Archäologie ments der Herausgeber in fort (S. 291–297). Der Frühzeit zung und Straffung bedurft folgte 1998 die Habilitation. der Schriftenreihe Archaeo- Norikums gelten die Erläute- hätte – schon aus Loyalität zu Von da an wirkte er bis zu Plus als Band 13 erscheinen rungen zur Wandmalerei am den anderen Autoren, die sich seinem plötzlichen Tod als konnte – ein mit seinen über Magdalensberg (S. 153–167). im Wesentlichen an die Richt- Professor im Fachbereich 550 Seiten alle Achtung ab- Die Grabplastik wird durch linien des Herausgeberteams Altertumswissenschaften. verlangendes Werk. trauernde Eroten (S. 335–341) gehalten haben. Den Werdegang und die und durch einen Neufund aus umgängliche und zuvor- Der thematische und zeitliche dem Süden der Provinz re- Alles in allem: ein inhalts- kommende Art Wohlmayrs Bogen wird von der Mykeno- präsentiert (S. 409–417): Der reicher Band, welcher die beschreibt Professor F. Fel- logie über die griechische darauf dargestellte Amor und Erinnerung an Wolfgang ten in der Gedenkschrift Insel Ägina, den Grabungsort ein Seeungeheuer (Ketos) er- Wohlmayr würdig wachhält. mit einfühlsamen Worten der Salzburger Universität, fahren eine unterschiedliche (S. 11–12). Dass Wolfgang, von die klassische Zeit Griechen- Interpretation (S. 419–421), Erwin M. Ruprechtsberger der antiken Kunst abgesehen, lands, die hellenistisch-römi- die Spannung erzeugt. Dem auch die der nachfolgenden sche Epoche bis zur Spät- Leser steht offen, welcher L. Berger, F. Lang, C. Rein- Epochen interessierte, vor antike gespannt und bezieht Deutung er den Vorzug ein- holdt, B. Tober, J. Weilhart- allem die Barockzeit, lässt außerdem noch philologische räumt. Bronzestatuetten, eine ner (Hrsg.), Gedenkschrift sich auf seine Ausbildung an und kunstgeschichtliche Ab- des Iuppiter aus dem Heilig- für Wolfgang Wohlmayr. der Salzburger Universität handlungen mit ein, die das tum bei Lienz (185–191), die ArchaeoPlus – Schriften zur zurückführen. Sein wissen- Spektrum der Gedenkschrift andere des Merkur aus Neu- Archäologie und Archäo- schaftliches Œuvre umfasst bereichern. Auf all das ein- markt/Pfongau (siehe oben metrie der Paris Lodron eine stattliche Anzahl an Pu- zugehen, ist an dieser Stelle S. 257–261) sind als Beispiele Universität Salzburg 13, blikationen (siehe das Schrif- unmöglich, auch nicht auf der Kleinkunst anzuführen, Salzburg 2020. tenverzeichnis S. 13–17), von eine beinahe witzig wirken- der Großbronzefragmente ISBN 978-3-9504667-3-7. denen die repräsentative, im de, die Artemis von Ephesos aus der benachbarten Raetia Selbstkostenpreis: € 30,–.
14 S U I NO S Museum Römer, überall Römer! Grabungsstätten und Museen in Oberösterreich Stefan Traxler Abb. 1 I m Sonius 23 (2018, S. 06–09) wurde das museale Gesamtkonzept „Römisches Erbe in Oberösterreich“ vorgestellt. Der die Planungen für weitere Untersuchun- gen, sodass auch dieser Überblick sicher eine Fortsetzung finden wird. wird ein beinahe vollständig erhaltener Kalkbrennofen präsentiert, der von Spezialisten der in Lauriacum/Enns folgende Überblick ist als Ergänzung und stationierten legio II Italica errichtet und Fortsetzung dieses Beitrages gedacht betrieben worden ist. Eine multimediale und weckt im Idealfall die Lust auf die Be- CALCARIA – Präsentation vermittelt einen Eindruck sichtigung von weiteren Grabungsstätten, Römische Kalkbrennöfen von den Ausgrabungen und der Technik Ausstellungen und Museen. Bei vielen in Lauriacum des Kalkbrennens. Den Höhepunkt bildet der genannten Beispiele haben die hier die Visualisierung der Kalkbrennöfen in aller Kürze angeführten Forschungen Im Mai 2020 wurde in Enns der dritte von Lauriacum (Abb. 1). In der ergän- der letzten Jahre neue Erkenntnisse zur Donaulimes-Schutzbau über einem zenden Sonderausstellung „Hercules Römerzeit in unserem Bundesland ge- ganz besonderen römischen Bodendenk- im Kalkbrennofen – Massenproduktion bracht. Bei anderen Fundstellen laufen mal eröffnet. Im Schutzbau CALCARIA und Müllentsorgung in Lauriacum“ sind
S ON I US 15 die wichtigsten der zahllosen Funde zu Weitere Grabungsstätten sehen, die bei der Ausgrabung von Ofen Abbildungen IX geborgen werden konnten (Abb. 3). Es ist kaum zu glauben, dass es vor den Der zweite Teil der Ausstellung, die bis oben genannten Projekten noch keine 1: Schutzbau CALCARIA – Römische 20. Februar 2022 im Museum Lauriacum Schutzbauten über römischen Ruinen Kalkbrennöfen in Lauriacum/Enns, gezeigt wird, ist dem Thema „Wunder- in Oberösterreich gegeben hat. Die be- Innenansicht. Foto: Michael Maritsch mittel Kalk“ gewidmet. eindruckende und in dieser Form heute 2: Zeichnung des sog. Pfauenmosaiks wohl kaum noch umzusetzende Präsen- von Weyregg am Attersee. OÖLKG, D ie Errichtung der Schutzbauten BURGUS Oberranna, BALNEUM Schlögen und CALCARIA Enns wurde tation der Vorgängerbauten der Basilika St. Laurenz in Enns muss in diesem Kontext erwähnt werden, ist aber natür- Sammlung Römerzeit 3: Sonderausstellung „Hercules im Kalkbrennofen“ im Museum durch die OÖ. Landesausstellung 2018 lich kein klassischer Schutzbau. Lauriacum. Foto: Michael Maritsch 4: Image-based Modelling der Ausgrabung Römergasse 7 in Weyregg, 2020 III: Wandelgang mit hervorragend erhaltenem Mosaikboden A: apodyterium – Umkleideraum F: frigidarium – Kaltbaderaum T1: tepidarium 1 – Laubaderaum 1 T2: tepidarium 2 – Laubaderaum 2 C: caldarium – Warmbaderaum mit sehr gut erhaltener Warmwasserkanne IBM: Mario Wallner 5: Gebäude des römischen Gutshofes von Bad Wimsbach-Neydharting Bachloh. Foto: OÖLKG 6: Präsentation Römerzeit im Tempus. Museum für Archäologie in Bad Wimsbach-Neydharting. Foto: Verbund OÖ Museen 7: Blick in die Ausstellung „Die Römer im Vöcklatal“ im Uhrmacherhand- werkmuseum Vöcklamarkt. Foto: Verbund OÖ Museen 8: Die im 19. Jahrhundert errichtete Pausinger Villa beherbergt das Heimatmuseum Schwanenstadt. Foto: Heimatmuseum Schwanenstadt Abb. 2 9: Welterbemuseum Hallstatt. Foto: Welterbemuseum Hallstatt 10: Max Dümler, Ausgrabungen ermöglicht. Das erklärte Ziel war eine Gleiches gilt für die im Stadtmuseum von Windischgarsten, 1883. nachhaltige und zeitgemäße Präsenta- Wels – Minoriten integrierten Baureste. Heimathaus Windischgarsten tion von zukünftigen Welterbestätten. Überaus positive Rückmeldungen und Bei der Recherche zu den frühen For- 11: Turm 9 – Stadtmuseum Leonding. Anfragen zu diesen Projekten aus dem schungen im Bereich der römischen Foto: Lukas Riegel Photography, lukasriegel.com In- und Ausland bestätigen den Erfolg Luxusvilla von Weyregg am Attersee der Bemühungen aller Beteiligten. Die sind Dokumente wieder aufgetaucht, die 12: Das Hauptgebäude und die für Sommer 2020 erhoffte Ernennung höchst aufschlussreiche Informationen Ofenbatterie des römischen des Donaulimes (Abschnitt West: zu einer der ersten in situ-Präsentatio- Gutshofes von Königswiesen. Bayern, Österreich, Slowakei, Ungarn) nen in Oberösterreich geben. In den Modell von Wolfgang Wurm im Haus der Kultur in St. Georgen zum UNESCO Welterbe hat sich auf Ortsakten des Bundesdenkmalamtes im Attergau. Foto: Wolfgang Wurm Grund der Corona-Pandemie leider befindet sich ein Brief von Joseph Stra- abermals verschoben. berger (1836–1905), der nicht nur eine
16 S U I NO S Zum anderen wurde nach den Ausgra- bungen 1949–1951 ein Gebäude des Gutshofes von Bachloh in der Gemeinde Bad Wimsbach-Neydharting konserviert. Dieses ist nach wie vor zu besichtigen (Abb. 5). Durch geophysikalische Unter- suchungen im Jahr 2018 konnte zweifels- frei nachgewiesen werden, dass noch mehrere Gebäude und weitere archäolo- gische Strukturen im Boden schlummern. Museen und Ausstellungen Im Tempus. Museum für Archäologie wird die archäologisch besonders ergie- bige Landschaft in und um Bad Wims- bach-Neydharting präsentiert (Abb. 6). Abb. 3 Neben dem oben genannten römischen Gutshof werden auch Ausgrabungen der prägenden Gestalten bei der werden, und sein Verbleib ist bis heute Aufstellung des 1895 neueröffneten genauso ein Rätsel, wie die genaue Literatur Museums Francisco-Carolinum in der Lage. Die Ausgrabungen der Universität Museumstraße in Linz war, sondern seit Salzburg und der OÖ Landes-Kultur 1887 der für Oberösterreich zuständige GmbH im Jahr 2020 haben gezeigt, dass F. Hauser, St. Traxler (Hrsg.), Konservator für Altertum der Vorgän- in Weyregg nach wie vor Mosaiköden Die Römer im Attergau. Kleine Schriften zur Kulturgeschichte gerinstitution des Bundesdenkmal- weitgehend unbeschadet die letzten von Oberösterreich 1, 2018. amtes. In dem in „Linz am 22. Oktober 1800 Jahre überdauert haben (Abb. 4). 1888“ unterzeichneten Brief findet sich Durch das wohlwollende Entgegenkom- R. Kastler, F. Lang, St. Traxler folgende Passage: „Der zu Tage liegende men des Grundeigentümers konnten (mit Beiträgen von N. Buthmann, Mosaikboden, von welchem ich hier eine sowohl das Mosaik im Wandelgang III W. Klimesch, K. Löcker, S. Pfnorr, M. Reitberger-Klimesch, R. Totschnig, Zeichnung ... beilege, befindet sich heute als auch die Wanne des Warmbaderau- B. Zickgraf), Villa und/oder Straßen- noch gut erhalten an Ort und Stelle. Gegen mes C bewahrt werden. Für die Öffent- station. Neumarkt Pfongau II (Salzburg) schädigenden Einfluß der Witterung ist lichkeit sichtbar ist allerdings wieder und Schlatt Breitenschützing (Ober- derselbe durch einen guten Bretterver- nichts und so bleibt zu hoffen, dass es österreich) – zwei Fallbeispiele an schlag mit sperrbarer Thüre vollkommen einmal ein Projekt in Weyregg geben der Straßentrasse von Iuvavum nach geschützt. Der Grundeigenthümer sorgt wird, bei dem auch die anschließende Ovilavis. ArchaeoPlus 12, 2020, 53–98. für die Erhaltung desselben schon seines Präsentation mitberücksichtigt werden K. Löcker, KG Walchen, OG Vöcklamarkt. eigenen Vortheiles wegen, da er sich kann. Bis dahin vermittelt zumindest Fundberichte aus Österreich 58, 2019 für die Besichtigung desselben von den die 2018 eröffnete Römerausstellung im (im Druck). Sommergästen gut zahlen läßt und es ist Gemeindeamt Weyregg einen gewis- H. Schiel, R. Totschnig, KG Bachloh, daher auch kaum daran zu denken, dieses sen Eindruck über die herausragende OG Bad Wimsbach-Neydharting. schöne und für das hies. Museum wün- Luxusvilla mit Seeblick. Fundberichte aus Österreich 58, 2019 schenswerthe Stück um einen annehmba- (im Druck). ren Preis zu erhalten.“ In den Ortsakten der Sammlung Römerzeit des OÖ. Lan- desmuseums ist erst kürzlich die kleine K onkrete Bestrebungen, ausgegra- bene römische Baureste zu konser- vieren und einer breiten Öffentlichkeit St. Traxler, A. Stollnberger, F. Lang, Die römische Luxusvilla von Weyregg am Attersee. Ausgrabungen der Uni- aber feine Zeichnung des 1883 entdeck- zugänglich zu machen, sind in Ober- versität Salzburg und des OÖ. Landes- ten Mosaiks wiederentdeckt worden österreich erst nach dem Zweiten Welt- museums 2020. ArchaeoPlus 13, (Abb. 2). Das sog. Pfauenmosaik – es ist krieg fassbar. Zum einen ist hier das 471–483. der einzige bekannte Mosaikboden der Westtor des römischen Kleinkastells St. Traxler, F. Lang, B. Schlag (red.), Villa von Weyregg mit einer figuralen von Schlögen zu nennen. Der Erhaltungs- Die Rückkehr der Legion. Römisches Darstellung – wurde also gegen eine zustand war bei den Ausgrabungen im Erbe in Oberösterreich. Begleitband Gebühr den interessierten Sommer- Jahr 1957 allerdings sehr desolat, so- zur Oberösterreichischen Landesaus- frischlern gezeigt. Der Boden konnte dass man sich im Anschluss für einen stellung 2018. Linz 2018. leider tatsächlich nicht erworben teilweisen Wiederaufbau entschied.
S ON I US 17 Abb. 4 der Bronzezeit, der Hallstattzeit und ein in der Provinz Noricum in dieser Form aus verschiedenen Epochen und der des Frühen Mittelalters thematisiert. singuläres Bauwerk im Gemeindegebiet „Hügelgräberausstellung“ (zwei Gräber Es empfiehlt sich eine Kombination von von Vöcklamarkt. Der 1865 ebenfalls in vom Dienstberg, um 600 v. Chr.; ein Museumsbesuch und Spaziergang zum Mösendorf gefundene Meilenstein aus Grab vom Baumer Holz, um 450 v. Chr.) konservierten römischen Gebäude. dem Jahr 201 n. Chr., der die Entfernung entwickelt sich hier gerade ein weiterer von Iuvavum mit 31 Meilen angibt, steht Schwerpunkt zum römischen Erbe im E ine in der Römerzeit höchst inter- essante Region ist die Gegend um Vöcklamarkt, ehemals an der römischen unweit vom Museum vor der Pfarrkirche. Das Heimathaus-Stadtmuseum Vöckla- Gemeindegebiet. Im Zentrum werden die Forschungen zum römischen Gutshof von Königswiesen stehen (Beitrag S. 09–12). Reichsstraße zwischen Iuvavum/Salzburg bruck zeigt neben Funden aus Pfahlbau- Ein absolutes Highlight ist jetzt schon das und Ovilavis/Wels gelegen. Im Uhrmacher- siedlungen im Attersee auch Mosaik- Modell, in dem es viele nette Details zu handwerkmuseum Vöcklamarkt wird u.a. fragmente und die ersten Modelle der entdecken gibt (Abb. 12). Nur 100 Meter die Ausstellung „Die Römer im Vöcklatal“ bereits thematisierten Villa von Weyregg, entfernt liegt das Pfarrmuseum von gezeigt (Abb. 7). Neben dem altbekann- außerdem Objekte aus dem römischen St. Georgen, in dem ein ganz spezieller ten römischen Gutshof vom Haushamer- Schatzfund von Seewalchen. Römerstein besichtigt werden kann. feld in Pfaffing konnte 2019 wiederum durch geophysikalische Prospektionen ein weiteres Gehöft in Walchen bestätigt werden. Außerdem liegt mit dem spät- Des Weiteren widmet sich das Haus der Kultur in St. Georgen im Attergau dem reichen archäologischen Erbe der D as Heimatmuseum Schwanenstadt in der sog. Pausinger Villa (Abb. 8) steht selbst auf archäologischem Terrain. antiken Straßenburgus von Mösendorf Region. Neben diversen Einzelfunden Etwa 80 frühmittelalterliche Gräber sind hier dokumentiert worden und bilden mit den Funden aus dem nur 3 km ent- fernten ebenfalls frühmittelalterlichen Gräberfeld von Schlatt Breitenschützing den Kern der archäologischen Schau- sammlung. Das Gräberfeld von Schlatt Breitenschützing wurde in den und rund um die Ruinen eines römischen Gebäu- dekomplexes angelegt. Auf Basis von Feldforschungen in den Jahren 2014 und 2015 konnte erstmals ein Gesamtplan zu dieser aus etlichen Gebäuden bestehen- den Anlage erstellt werden. Schlatt Breitenschützing kann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit als das in der Tabula Peutingeriana genannte Tergolape identi- fiziert werden. Dem Aussehen nach war die Anlage ein typischer römischer Streu- bauhof und wurde neben der Funktion als Abb. 5 Zugtierwechsel und Herberge wohl auch als Gutshof betrieben.
18 S U I NO S Abb. 6 D as Heimatmuseum Windischgarsten widmet sich der großen Straßen- station Gabromagus (Abb. 10). Die seit mittelalterlichen und neuzeitlichen Geschichte von Hallstatt wird hier der römische vicus thematisiert, der eben- der leider noch nicht publizierten Aus- grabung im Jahr 2015 konnte außerdem ein kleines „Sichtfenster in die Römerzeit“ längerem geplanten geophysikalischen falls mit der Salzgewinnung in Verbin- in der Talstation der Salzwelten Hallstatt Prospektionen, die den letzten freien dung gesehen werden muss. Im Zuge implementiert werden. Flächen ihre Geheimnisse entlocken und wiederum als Basis für einen Ge- samtplan dienen sollen, sind bislang gescheitert. Es ist zu hoffen, dass das im Zuge des neu gestarteten Projektes „Archäologie im Kremstal“ nachgeholt werden kann. Bei diesem Projekt werden noch 2021 unter der Federführung der GesArchOÖ geophysikalische Messungen bei einer vielversprechenden Fundstelle in Kematen an der Krems durchgeführt. Zudem ist eine Kooperation zwischen der OÖ. Landes-Kultur GmbH und der Univer- sität Innsbruck geplant, bei der der Raum Micheldorf im Fokus stehen wird. Natürlich darf auch das Welterbe- museum Hallstatt nicht uner- Abb. 7 wähnt bleiben (Abb. 9). Neben dem prähistorischen Salzbergbau und der
S ON I US 19 Abb. 8 Abb. 9 Z um Abschluss dieser kleinen Rund- reise kehren wir wieder an den Donaulimes zurück. Im Turm 9 der und einer der ältesten Bestattungen Oberösterreichs auch mehrere römi- sche sowie frühmittelalterliche Gräber Im Gegensatz zu den vielen wunder- baren Projekten im gesamten Bundesland herrscht in Linz, was Maximilianischen Befestigungsanlage zutage förderte, wird beispielsweise archäologische Präsentationen um Linz ist das Stadtmuseum Leonding auch der Kürnberg als einzigartiges betrifft, derzeit Flaute. Nach Ab- untergebracht (Abb. 11). Ein wesent- archäologisches Reservoir thematisiert. schaffung der Stadtarchäologie sind licher Bereich im Untergeschoß dieses Im Vergleich zu anderen archäologi- im Nordico in den nächsten Jahren großartigen Bauwerks ist der Archäo- schen Strukturen wirkt der römische wohl kaum Ausstellungen zur älteren logie gewidmet. Neben der Ausgrabung Wachturm beim Hirschleitengraben in Geschichte der Landeshauptstadt beim Polizeigebäude Leonding 1994, die dieser unglaublichen Fundlandschaft zu erwarten. Und im November neben neolithischen Siedlungsresten geradezu vernachlässigbar. 2020 musste die Dauerausstellung Abb. 10
20 S U I NO S Abb. 11 Archäologie im Linzer Schlossmuse- um abgebaut werden. Ein Termin für Oberösterreichische Museen mit sonius.at/archaeologie/museen die geplante Neuaufstellung ist noch archäologischen Sammlungen: nicht bekannt. Danksagung Der Stellenwert und die mediale Präsenz der Archäologie sind in den vergangenen Jahren in Oberösterreich deutlich gestiegen. Die vor 15 Jahren gegründete GesArchOÖ und unser „Sonius“ haben einen wesentlichen Bei- trag dazu geleistet. Aber was wäre ein Verein ohne Mitglieder, denen hiermit ein aufrichtiger Dank ausgesprochen sei. Außerdem ist das unglaubliche Engagement, das lokale und regionale Initiativen sowohl bei der Anbahnung und Unterstützung von Forschungspro- jekten sowie bei der Präsentation der Ergebnisse an den Tag legen, vorbild- haft. All diesen ehrenamtlich tätigen Freundinnen und Freunden der Archäo- Abb. 12 logie sei ebenfalls ein ganz herzliches Dankeschön ausgesprochen!
S ON I US 21 S ON I U S Ergrabene Kontexte. Buch-TIPP Interpretationen archäologischer Fundzusammenhänge auf Burgen. Formate – Forschungen zur Materiellen Kultur 2 sogenannten „Sammlung Gut ausgearbeitete Quellen- behandelt, welche zum Teil in Höllhuber“, die zumeist ohne angaben und Literaturzitate der Literatur – nicht zuletzt Befundkontext von Alfred zeugen von äußerst umfang- aufgrund fallweise fehlender Höllhuber auf den genannten reicher Recherchearbeit. Befundzusammenhänge – Burgen aufgesammelt wurden. regelrecht stiefmütterlich Trotz fehlender archäolo- Dem Textteil folgt der Katalog- behandelt werden. Oft werden gischer Stratifikation wagt teil, in dem jedes Objekt mit z.B. Objekte aufgrund starker sich Schmid gekonnt über dessen Sigle, einer Kurzbe- Korrosion, fragmentierter Zu- Interpretationen, welche den schreibung, einem Abbil- stände, oder mangels formaler Bezug der Objekte zu ihrem dungsverweis, sowie seiner signifikanter Merkmale nicht Raumgefüge schlüssig er- Inventarnummer, unter der als ihr eigentlicher Objekttyp läutern. Anhand zahlreicher es im oberösterreichischen erkannt. Die Autorin tritt dem Vergleichsbeispiele mit besser Landesmuseum katalogisiert mutig entgegen und beschäf- überlieferten Raum- oder wurde, aufgelistet wird. Auf tigt sich eingehend mit dem Verwendungskontexten ana- den darauf folgenden mehr noch so kleinsten Objekt, sei S tolze 2,539 Kilogramm wiegt das epochale Werk „Ergrabene Kontexte“. Es han- lysiert sie die Raumaufteilun- gen auf Burgen, deren Bezüge zueinander und die Raum- als hundert Tafelseiten finden sich an die tausend Abbildun- gen der Fundgegenstände, es ein scheinbar unbedeutender Nagel, ein einfacher Beschlag oder ein Drahtgeflecht. delt sich dabei um die an der funktionen an sich. Mit Hilfe welche sorgfältig mit Tusche Universität Wien eingereichte, der vorliegenden Funde, die illustriert wurden. Im Zuge wissenschaftlichen für den Druck überarbeitete sie unterschiedlichen Über- Arbeitens in der Archäologie Dissertation von Christina lieferungsmustern zuordnet, „Ergrabene Kontexte“ ist ein stützt man sich oftmals auf Schmid. Die Arbeit war Teil beleuchtet sie diese als Be- Werk, das in der Mittelalter- Vergleichsbeispiele und greift des von der Österreichischen lege für diverse Lebens- und und Neuzeitarchäologie auf Publikationen zurück, die Akademie der Wissenschaften Tätigkeitsbereiche. im österreichischen Raum Datierungen und Bestimmun- finanzierten DOC-Team- seinesgleichen sucht und gen zu einzelnen Objekttypen Projekts „Raum-Ordnungen – Den größten Teil des Buches stellt einen enorm wichtigen beinhalten. Besonders im Hin- Raumfunktionen und Ausstat- bildet dabei die Betrachtung Beitrag im großen Puzzle der blick darauf füllt dieses Werk tungsmuster auf Adelssitzen der einzelnen Funde, ge- Archäologie und in der Erfor- eine Lücke in der Mittelalter- im 14. bis 16. Jahrhundert“, gliedert nach verschiedenen schung unserer Vergangenheit und Neuzeitarchäologie, und durchgeführt am Institut für Sparten, wie z. B. „Küche und dar. So bietet es zum einen wird dort zweifelsfrei seinen Realienkunde des Mittelalters Tafel“, „Viehhaltung, Vieh- zahlreiche gut durchdachte Platz in der essenziellen und der frühen Neuzeit in zucht, Fischfang“, „Wohnen“, Interpretationsmöglichkeiten Standardliteratur finden. Krems an der Donau unter der „Beleuchtung“ oder „Kleidung zur Wohnkultur auf Adels- Leitung von Thomas Kühtrei- und Schmuck“. Innerhalb der sitzen. Auf der anderen Seite Gudrun Bajc ber. Im Zuge dessen wurde Bereiche wurden die Objekte hat die Autorin hiermit ein mittels unterschiedlicher in Unterpunkten nach ihrer gewaltiges Konvolut an unter- Christina Schmid, Ergrabene Quellen die adlige Wohn- Ansprache gegliedert zu- schiedlichen archäologischen Kontexte. Interpretationen kultur des Spätmittelalters sammengefasst. Die einzel- Objekten publiziert, die von archäologischer Fundzu- und der frühen Neuzeit im nen Kapitel enthalten dabei der Applikation bis zum Zirkel sammenhänge auf Burgen. süddeutsch-österreichischen Exkurse, die den jeweiligen reichen und gut ausgearbeitet Institut für Realienkunde des Raum näher beleuchtet. Bereichen gewidmet sind, kontextualisiert und vorgelegt Mittelalters und der frühen Erläuterungen zu den Objekt- werden. Nachdem die mittel- Neuzeit (Hrsg.), Formate – Die Autorin stützt sich dabei typen, sowie eine detaillierte alterliche und neuzeitliche Forschungen zur Materiellen auf archäologische Quellen. Beschreibung jedes einzelnen Keramik Oberösterreichs Kultur, Band 2, Wien 2020. Als Materialgrundlage diente Fundes. Mittels zahlreicher bereits von Alice Kaltenberger 688 Seiten, 103 Tafeln, ein Konvolut an archäo- Vergleichsbeispiele werden in einem zweibändigen Werk 1159 Farb- und S/W- logischen Funden zweier diese sorgfältig bestimmt und veröffentlicht wurde, bildet Abbildungen, oberösterreichischer Burgen: datiert oder zumindest mit das hier vorliegende Buch eine Preis: € 85,– (Gebundenes Reichenstein und Prandegg. Datierungsvorschlägen auf- optimale Ergänzung, da dieses Buch) / € 69,99 (E-Book), Die Funde stammen aus der grund von Indizien versehen. vor allem Metallgegenstände ISBN: 978-3-205-20979-9.
22 S U I NO S Museum „Archäologie“ Ausstellung in Aschach an der Donau Gernot Krondorfer Archäologische g Ende der letzten Eiszeit vor Dauerausstellun etwa 11600 Jahren begann. Ein As ch ac h archäologisches Forschungs- im Gemeindeamt zu gä ng lic h projekt der „Landschafts- an der Donau, de r Am ts zeite n. schule Donauschlinge“ und während der Friedrich-Alexander-Uni- Kuratiert von versität Erlangen-Nürnberg r Gernot Krondorfe in befasst sich aktuell mit dem m Ve re und organisiert vo . s As ch ac h“ für Österreich und darüber „Lebenswer te hinaus bedeutenden Fundort. Aus der darauffolgenden Jungsteinzeit gilt als Glanzstück der Ausstellung ein etwa fünftausend Jahre altes Steinbeil aus seidig schimmern- dem Sillimanitgestein. Das Mittelalter Abb. 1 ist präsent mit Kinderspielzeug aus Keramik und kleinen Modepüppchen, welche auch als „Mittelalterliche Bar- V ier Schauvitrinen im Aschacher Gemeindeamt zeigen seit Herbst 2019 ausgewählte archäologische Fun- So konnten in den letzten Jahren durch gezielte archäologische Maßnahmen zahlreiche Funde unterschiedlicher biepuppen“ bekannt sind. Aus der Zeit der Franzosenkriege fanden sich viele Feuerschlagsteine zum Feuermachen de der Steinzeit, des Mittelalters und Epochen zurückdatierend bis in die und Zünden von Schießpulver, darunter der Neuzeit. Als bleibende Ausstellung Altsteinzeit geborgen werden. Durch- ein in Österreich einzigartiger Zünd- konzipiert werden anhand von zahlrei- geführte Materialanalysen der ver- stein aus feinst geschliffenem Jaspis. chen Originalfunden die Forschungser- wendeten Rohstoffe belegen rege Fern- Ziel der Ausstellung ist es, gerade im gebnisse der letzten Jahre anschaulich beziehungen der damaligen Menschen. Gemeindeamt als dem Zentrum des präsentiert. Gerade Aschach mit seiner Besonders die wenige Zentimeter Gemeindelebens, einen leicht verfüg- einzigartigen geografischen Lage vom messenden Steinwerkzeuge aus Horn- baren und ungezwungenen Zugang Übergang des Donautals in die Ebene stein, wegen ihrer geringen Größe auch zum Wissen um die Vergangenheit der hatte in der Geschichte schon immer Mikrolithen genannt, erweckten sehr Region anzubieten und im Besonderen eine besondere Anziehungskraft als schnell Aufmerksamkeit. Sie datieren einen geschichtlichen Bezug anzuregen Verbindung von Kulturräumen. in die Mittelsteinzeit, welche mit dem und zu ermöglichen. Abbildungen Abb. 2 1: Schauvitrinen im Foyer des Gemeindeamtes von Aschach. 2: Auswahl von Steingeräten – Mesolithikum Aschach (Stück rechts: 11×7 mm). Alle Fotos: Gernot Krondorfer
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