GEOMAR NEWS - Helmholtz-Zentrum für ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
GEOMAR NEWS Magazin des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel 03 | 2018 ANTON auf Jungfernfahrt Neues AUV erfolgreich in der Nordsee erprobt Die Baumeister Dem Ozean geht der Ozeane die Luft aus Die Kieler Meeresforschung enträtselt SFB 754 stellt Ergebnisse zu Geheimnisse von Korallen Sauerstoffminimumzonen vor GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
Foto: Fred Dott Foto: Jan Steffen / GEOMAR Directors’ Corner Liebe Leserinnen und Leser, Liebe Leserinnen und Leser, heute richte ich mein Vorwort zunächst an Michael nach sechs Jahren am GEOMAR gehe ich zum Wagner, der uns zum Ende des Monats September ver- 30.09. in den Ruhestand. Ich möchte mich lässt. Herr Wagner hat die Verwaltung unseres Hauses im an dieser Stelle bei allen Mitarbeiterinnen Jahre 2012 in schwierigen Zeiten übernommen und mit und Mitarbeitern für Ihre Unterstützung ganz viel Erfahrung und Routine durch die Aufbauphase des herzlich bedanken. Es waren interessante und GEOMAR in der Helmholtz-Gemeinschaft geführt. Hierbei herausfordernde Jahre am GEOMAR. Wir haben sind uns insbesondere seine Erfahrungen und Kontakte vieles gemeinsam auf den Weg gebracht und aus seiner Zeit im Kieler Wissenschaftsministerium, ich werde sicher auch weiter aus der Entfernung aber auch seine Tätigkeit als Mitglied der Bund-Länder- beobachten, wie die Entwicklung dieses einzig- Kommission zu Gute gekommen. Herr Wagner hat in artigen Forschungszentrums voranschreitet. Ich Titel: Riesige Gorgonie im Komodo seiner Zeit am GEOMAR unsere Verwaltung konsequent bin davon überzeugt, dass die Kieler Meeres- National Park, Indonesien, Flores weiterentwickelt und entsprechende Strukturen geschaf- forschung insbesondere durch die räumliche See. Foto: Anna Roik / GEOMAR fen. Hierfür gilt Herrn Wagner mein ausdrücklicher Dank Zusammenlegung am Kieler Osterufer noch und meine Anerkennung. Danken möchte ich aber auch weiter an Dynamik gewinnen wird. für die stets persönlich sehr angenehme und kollegiale Impressum Zusammenarbeit auf den verschiedensten Ebenen. Ich Bei der Bewältigung der zukünftigen Heraus forderungen wünsche ich Ihnen allen viel Kraft wünsche Herrn Wagner für seinen neuen Lebensabschnitt GEOMAR News ist das Magazin alles Gute, Wohlergehen und beste Gesundheit. und viel Erfolg. des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel Bezüglich der Nachfolge von Herrn Wagner sind wir sehr Verantwortlich für den Inhalt: zuversichtlich, dass wir die Vakanz möglicherweise noch Dr. Andreas Villwock, GEOMAR dieses Jahr, ansonsten aber zu Beginn des nächsten Wischhofstr. 1-3, 24148 Kiel Jahres füllen werden. Tel +49 431 600-2802 Michael Wagner, Verwaltungsdirektor avillwock@geomar.de Ein weiteres Thema, das mich über die Sommermonate beschäftigt hat, ist die Deutsche Allianz Meeresforschung Text: Andreas Villwock, Jan Steffen, Lisa Wolf, Avan Antia (DAM). Diese Initiative, die zu Beginn letzten Jahres auf einem Treffen der norddeutschen Ministerpräsidenten Layout: Christoph Kersten auf der ALKOR angestoßen wurde, nimmt nun sehr rasch Auflage: 1.200 Exemplare, Fahrt auf. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kolle- klimaneutral gedruckt auf umwelt- gen der anderen beteiligten Meeresforschungseinrichtun- freundlichem Recyclingpapier gen schaffen wir derzeit die rechtlichen und administra- tiven Voraussetzungen, damit die Allianz von 2019 an die klimaneutral inhaltliche Arbeit aufnehmen kann. natureOffice.com | DE-220-063431 gedruckt Herzliche Grüße Prof. Dr. Peter Herzig, Direktor GEOMAR News 03 | 2018
Foto: Jan Michels / Future Ocean Von Bakterien und Mikroalgen gebildeter Biofilm GEOMAR News 03 | 2018 Foto: JAGO-Team / GEOMAR 04 12 FO RS C HU N G INTER N 04 Dem Müll im Meer auf der Spur: Neue Erkenntnisse 16 Einmal GEOMAR und zurück: zu Mikroplastik GEOMAR Mobilitätsumfrage 2018 05 Kurz berichtet, Neue Quallenart im Nord-Ostsee-Kanal 17 Leben auf dem Vulkan: Zweiwöchige HOSST-TOSST Cabo Verde Sommerschule 2018 06-09 Die Baumeister der Ozeane: Die Kieler Meeresforschung enträtselt Geheimnisse von Korallen 17 We did it! Kreative Wissenschaftskommunikation beim ISOS Retreat 18 Franz-Josef Pape: Kurzer Draht und langer Atem EX P E D ITIO N 18 Daniela Schmitt: Alles gut verzollt?! 10 Forschung im Nordischen Sommer 19 Jens Klimmeck: Drohnendompteur und Codec-Master 10 Langer Atem bei der Ozeanbeobachtung 19 Kurz berichtet 11 Auf der Suche nach heißen Quellen 19 Willkommen am GEOMAR und einem verschwundenen Roboter 11 Die Geschichte des Pazifiks 12 ANTON auf Jungfernfahrt: Neues AUV erfolgreich in der Nordsee erprobt E N TD E C KE N Foto: Kreative Küste 13 Kreatives mit Müll aus dem Meer 13 13 Meereswissenschaft hautnah erleben 13 Ausstellung: „Europa und das Meer“ E VE N TS 14 Dem Ozean geht die Luft aus: Sonderforschungsbereich 754 stellt Ergebnisse zu Sauerstoffminimumzonen vor 15 Innovative Meeresforschung weiter stärken: Bundes forschungsministerin Karliczek zu Besuch im GEOMAR 15 Osteolabs GmbH ausgegründet GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
4 FORSCHUNG Dem Müll im Meer auf der Spur In unserer letzten Ausgabe stellten sich verschiedene Arbeitsgruppen des 300300 GEOMAR und des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ vor, die rund um Mikroplastik forschen. Inzwischen gibt es 200200 in mehreren Projekten neue Ergebnisse. Ob im Pazifik, der Kieler Förde oder im 100100 Labor: Die Forschung am GEOMAR bleibt den winzigen Plastikteilchen im Ozean auch weiterhin auf der Spur. 0 0 Mikroplastik (Partikel pro Kubikmeter) entlang der Rennstrecke des Volvo Ocean Race. Graphik: Sören Gutekunst / Ozean der Zukunft Wie hoch ist die Plastik-Belastung weltweit? Das vorläufige Ergebnis einer einzigartigen Kooperation von Unter- von Land entfernten Punkt, konnte das Team noch 26 Partikel pro nehmen, Extremsport und Wissenschaft: die Mikroplastikkarte auf Kubikmeter messen“, sagt Dr. Sören Gutekunst, Projektmitarbeiter. Basis des „Volvo Ocean Race“. Initiiert wurde das Projekt von Dr. Toste Nur drei von 75 untersuchten Orten waren plastikfrei, der Höchstwert Tanhua (GEOMAR). Zwei Teams des härtesten Segelrennens der Welt lag bei 349 Mikroplastikpartikeln pro Kubikmeter (Südchinesische sammelten auf ihrer Fahrt Proben und erfassten die Mikroplastik- See). Derzeit wertet das Team weitere ozeanographische Daten aus, Konzentration im Wasser. „Selbst am Point Nemo, dem am weitesten die während der Regatta erhoben wurden. www.geomar.de/n5977 Plastik-Teilchen aus dem Magen eines Weih- Müllsammeln mit dem Schiermoker des ABK. Fotos von aus Plastikkügelchen und biogenen Partikeln nachts-Sturmtauchers (Puffinus nativitatis). Foto: Jan Steffen, GEOMAR bestehenden Aggregaten, die bei den Laborexperimenten Foto: Matías Portflitt Toro entstanden sind. Foto: Jan Michels / Ozean der Zukunft … im Südostpazifik? ... in Kiel? Wie kommt Plastik in die Tiefsee? Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Vor und während der Kieler Woche sam- Viele Plastikarten müssten dank ihrer geringen chilenischen Forschers Dr. Martin Thiel melten die Abfallwirtschaftsbetriebe Kiel Dichte eigentlich in der Oberflächenschicht im in Zusammenarbeit mit Dr. Nicholas Ory (ABK), die Kanu-Vereinigung Kiel und das Wasser treiben, finden sich aber auch in der Tief- zeigt den Einfluss von Mikroplastik auf GEOMAR gemeinsam Müll in der Kieler see. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von For- marine Organismen. „Wir haben knapp Förde. Das Ergebnis: Der Abfalleintrag war schenden des GEOMAR, des „Ozean der Zukunft“, 100 verschiedene Arten aus dem Bereich während des Festes rund 20 Mal höher der Universität Kiel und des Helmholtz-Zentrums des Südostpazifiks untersucht. Darunter als vorher. „Dass die Müllmenge während Geesthacht um Dr. Jan Michels und Prof. Dr. Anja 20 Fischarten, mehr als 50 Seevögel und dieser Zeit stark ansteigt, hat niemanden Engel, zeigt: Mikroplastik aggregiert mit biogenen knapp 20 Meeressäuger“, erklärt Ory, „In wirklich verwundert“, sagt der Projektko- Partikeln im Wasser. Die Aggregate haben eine den Mägen finden sich alle möglichen ordinator Dr. Nicolas Ory vom Exzellenz- höhere Dichte und können dadurch absinken. Eine Plastikfragmente, zum Teil in erschre- cluster „Ozean der Zukunft“. Interessant: wichtige Rolle spielt dabei ein Biofilm aus Mikro- ckend hoher Konzentration.“ Wasserpro- Rund drei Viertel des Materials war organismen, der auf der Oberfläche des Plastiks ben bestätigen die teils hohe Plastik- Plastik, obwohl die Mehrwegregelung der entsteht und dieses „klebrig“ macht. „Es spricht konzentration zwischen der Osterinsel Kieler Woche Plastikmüll durch Stände vieles dafür, dass diese Prozesse, die wir in unse- und dem südamerikanischen Festland reduziert. Der Großteil stammt offenbar ren Experimenten beobachtet haben, auch in den – mit dramatischen Folgen: Das Plastik direkt von den Gästen, zum Beispiel in Ozeanen stattfinden und dort großen Einfluss auf schwächt die Tiere und könnte langfristig Form von mitgebrachtem Einweggeschirr. den Transport und die Verteilung von Mikroplastik zu einer erhöhten Sterberate führen. 2019 soll die Aktion wiederholt werden. nehmen“, erklärt Dr. Michels. www.geomar.de/n6035 www.geomar.de/n6016 www.geomar.de/n6051 GEOMAR News 03 | 2018
FORSCHUNG 5 Grafik: Mark Hopwood / GEOMAR Planktonzone Nährstoffarmes Wasser Neue Mitnahme von Quallenart im Nord- nährstoffreichem Wasser Grönland: Tiefe des Schmelzwassereintrags Ostsee-Kanal beeinflusst Planktonblüte Vor Grönland kommt es immer wieder zu ungewöhnlichen, som- Blackfordia virginica Die ursprünglich aus dem Schwarzen Meer stammende merlichen Planktonblüten. Nährstoffe, die mit Schmelzwasser von Qualle fühlt sich im Brackwasser des Nord-Ostsee-Kanals Gletschern ins Meer kommen, galten bisher als Ursache. wohl und vermehrt sich dort bereits seit 2016. Eine internationale Forschungsgruppe unter Leitung des GEOMAR Foto: Cornelia Jaspers / GEOMAR, DTU Aqua (CC BY 4.0) konnte jetzt nachweisen, dass der Zusammenhang komplexer ist. Der Effekt des Schmelzwassers hängt demnach vor allem davon ab, in welcher Wassertiefe ein Gletscher vor der Küste endet. Global wandern immer mehr Arten in fremde Ökosysteme ein. Schmelzwasser, das unterhalb der Gletscher ins Meer fließt, Bei der Auswertung von regelmäßigen Monitoringfahrten im strömt aufgrund seiner geringeren Dichte Richtung Oberfläche. Nord-Ostsee-Kanal und in der Ostsee entdeckten Forschende Dabei nimmt es nitratreiches Tiefenwasser mit, das für Plankton- des GEOMAR, der Technischen Universität Dänemark und der wachstum sorgt. Damit dieser Effekt auftritt, müssen die Glet- Universität Kiel nun eine neue Qualle: Blackfordia virginica. scher in 500 bis 700 Meter Tiefe liegen. „Die Studie zeigt, dass „Wir haben es mit einer Art zu tun, die auf der Effekt bei weiterem Abschmelzen endet“, sagt Mark Hopwood (GEOMAR). www.geomar.de/n6038 eine lange Erfolgsgeschichte als Eroberer zurückblickt“ Cornelia Jaspers Ursprünglich stammt die Qualle vermutlich aus dem Schwar- zen Meer. „Mittlerweile findet sie sich aber auch in Indien, Foto: Christian Pansch / GEOMAR (CC BY 4.0) Südamerika und Südafrika. Seit den 1970er Jahren kommt sie in Brackwassergebieten Nord-Frankreichs und seit den 1980er Jahren auch in Portugal vor“, erklärt Dr. Cornelia Jaspers, Biologische Ozeanographin am GEOMAR und am Nationalen Institut für Aquatische Ressourcen der DTU in Lyngby. „Wir haben es also mit einer Art zu tun, die auf eine lange Erfolgsgeschichte als Eroberer zurückblickt und große Populationsdichten in neuen Ökosystemen erreichen kann.“ Da der Kanal die am stärksten befahrene künstliche Wasser- straße der Welt ist, haben höchstwahrscheinlich Schiffe sie dort eingeschleppt. Ballastwasser darf im Kanal aber nicht abgepumpt werden. Daher sind die Quallen vermutlich über Hitzewellen können Küstenökosysteme verändern Quallenpolypen an Schiffsrümpfen hier angekommen. Bisher Extremereignisse wie Hitzewellen werden laut Modellrechnungen gibt es zwar keine Belege, dass sich die Art außerhalb des durch den Klimawandel zunehmen. Bereits Ereignisse von weni- Kanals in der Ostsee vermehrt. „Im Rahmen unserer Studie gen Tagen oder Wochen Länge können dabei Küstenökosysteme haben wir jedoch gezeigt, dass die Ostsee als Brackwasser- langfristig verändern. Das hat ein Team von Wissenschaftlerinnen gebiet einen geradezu idealen Lebensraum für Blackfordia und Wissenschaftlern des GEOMAR in einem Langzeit-Experiment virginica darstellt. Wir erwarten deshalb eine weitere Aus- in der Kieler Benthokosmen-Versuchsanlage nachgewiesen. In breitung“, sagt Dr. Jaspers. Welche Folgen das haben könn- ihr wurden typische Arten der Flachwasserbereiche der Ostsee te, ist noch unklar. Aus anderen Regionen ist bekannt, dass normalen Temperaturen und einer oder mehreren Hitzewellen die Qualle eine erhebliche Konkurrenz zu anderen Plankton- ausgesetzt. Einige der Arten reagierten kaum, bei anderen addier- fressern darstellt und den Nachwuchs von Fischarten beein- ten sich negative Effekte auf, während manche sogar profitierten. trächtigen kann, da sie deren Larven frisst. „Relativ kurzfristige Ereignisse haben so das Potenzial, das be- stehende Gleichgewicht zwischen den Arten eines Lebensraums www.geomar.de/n6042 zu verschieben“, sagt Dr. Christian Pansch (GEOMAR), Erstautor der Studie. www.geomar.de/n5991 GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
6 FORSCHUNG Die Baumeister der Ozeane Nicht nur im Jahr der Riffe: setzen ihnen zu. Hinzu kommt, dass die Weltmeere große Mengen Kohlendioxid speichern. So bremsen sie ein Stück weit Die Kieler Meeresforschung ent- die globale Erwärmung. Allerdings verursacht das zusätzliche rätselt Geheimnisse von Korallen Kohlendioxid eine Kette von Reaktionen im Wasser, die die Ozeane saurer werden lassen. Für Korallen wird es so schwie- Sie sind ein Symbol für die Schönheit und Vielfalt der Unter- riger, ihre Kalkskelette zu bilden. Vor dem Hintergrund dieser wasserwelt: Korallenriffe. Vor allem die bunt gefärbten Warm- Entwicklung hat die International Coral Reef Initiative (ICRI) 2018 wasserkorallen in tropischen Gewässern ziehen Tauchfans und zum Internationalen Jahr des Riffs ausgerufen, um Menschen Forschende gleichermaßen an. Doch auch in tieferen, kälteren weltweit für Korallenriffe und deren Schutz zu begeistern. und dunkleren Regionen der Ozeane bilden sogenannte Kalt Die Kieler Meeresforschung beschäftigt sich schon seit vielen wasserkorallen riesige und nicht minder schöne Riffe. Sie alle Jahren mit unterschiedlichen Aspekten von Korallenriffen, sind Heimat für eine Vielzahl unterschiedlicher Tierarten und von grundlegenden Fragen der Korallenphysiologie über ihre bilden faszinierende Ökosysteme. Fähigkeiten, auf Umweltveränderungen zu reagieren bis hin zu Gleichzeitig zeigt sich an den empfindlichen Riff-Konstruktionen Möglichkeiten, aus den Korallen vergangene Klima- und Umwelt- und ihren Baumeistern, den Korallen, exemplarisch die Bedro- bedingungen abzulesen. Heute sind verschiedene Disziplinen hung der Meere. Steigende Wassertemperaturen, verschmutzte und Arbeitsgruppen am GEOMAR und im Exzellenzcluster „Ozean Meere, intensive Nutzung der Küstengewässer und Fischerei der Zukunft“ an dieser Forschung beteiligt. Kohlendioxid im Meer HCO3- H+ + CO32- HCO3- schadet Korallen auf zwei Arten: Gleichzeitig verbinden sich Wasserstoff-Ionen mit Karbonat- Ionen (CO32-) und bilden weiteres Hydrogenkarbonat. Dies Die Kohlensäure spaltet sich weiter auf führt zu einer Verringerung von Karbonat-Ionen im Meer. CO2 + H2O H2CO3 zu Hydrogenkarbonat (HCO3-) und positiv Korallen benötigen jedoch die Karbonat-Ionen, um damit geladenen Wasserstoff-Ionen (H+). ihr Kalkskelett aufzubauen. Bei einer abnehmenden Kon Kohlendioxid (CO2) und zentration fällt ihnen dies zunehmend schwerer. Wasser (H2O) reagieren zu Kohlensäure (H2CO3) H+ Mehr Wasserstoff-Ionen führen zur Verringerung des pH-Wertes. Dies bedeutet eine zunehmende Versauerung des Ozeans, bei der die Kalkskelette der Foto: Anna Roik / GEOMAR Korallen Schaden nehmen können. Was sind Korallen? Korallen gehören zu den Nesseltieren und sind höhere Tiere mit ausdifferenziertem Gewebe und einem radialsymmetrischen Körper. Nes- seltiere treten in zwei Erscheinungsformen, als Polyp und als Meduse, auf. Medusen – besser bekannt unter dem Begriff Quallen – kennen wir von unseren heimischen Stränden. Korallen sind Polypen, die sich mit einer Art Bodenplatte zeitlebens an Substraten verankern, wo sie oft Kolonien bilden. GEOMAR News 03 | 2018
FORSCHUNG 7 Stumme Zeugen: Unberührtes fossiles Riff in Fran- zösisch-Polynesien, so wie es einst aus dem Meer aufgrund des fallenden Meeresspiegels im Pazifik aufgestiegen ist. Quelle: Anton Eisenhauer / GEOMAR Jahrmillionen entschied das Auf und Ab dieser Wohlfühlzone darüber, ob die Korallen wachsen konnten oder nicht. „Da Wassertemperaturen eine Rolle für die Dichte spielen, könnte eine Erwärmung des Meerwassers das Korallenwachstum Korallen erzählen Umweltgeschichte in Zukunft also deutlich beeinflussen“, ergänzt Flögel. Da die Kaltwasserkorallen Um Umweltveränderungen, unter denen möglicherweise auch Korallen leiden, besser abschät- viel schwieriger zu erreichen sind als zen zu können, hilft ein Blick in die Vergangenheit. Wie haben sich Temperatur und Säuregrad die tropischen Korallen, führte dieser des Meerwassers entwickelt, wie hat der Meeresspiegel geschwankt? Was waren die Folgen? Forschungszweig auch zu einem erheb- Schon in den 1990er Jahren wandten sich saisonaler Auflösung, die bis in Zeiten vor Kieler Forscherinnen und Forscher der Frage der industriellen Entwicklung des 19. Jahr- zu, ob Korallen selbst als Archiv dienen hunderts zurückreichen“, erklärt Professor können, um frühere Umweltbedingungen Dullo. Selbst einzelne Naturereignisse wie zu rekonstruieren. Erste Untersuchungen Hurrikane oder Extremniederschläge lassen fanden an Riffen im Golf von Akaba statt, sich im Korallenarchiv ablesen. „Wir konnten später im westlichen Indischen Ozean. „Zu- beispielsweise mit Hilfe von Korallenriffen nächst ging es um die simple Frage, wie viel bei Madagaskar nachweisen, dass der Karbonat Korallen überhaupt produzieren. Agulhas-Strom an der Südspitze Afrikas in Darauf aufbauend konnten wir Schritt für den vergangenen 300 Jahren nie so warm Schritt immer mehr Umweltsignale aus den war wie heute“, sagt Dullo. Korallen herauslesen“, berichtet der Paläo- Parallel zu den Untersuchungen an tropi- Kaltwasserkorallen im norwegischen Trondheim- ozeanograph Prof. Dr. Wolf Christian Dullo. schen Korallen begannen sich Forscherinnen Fjord. Foto: JAGO-Team / GEOMAR Er war 1999 bis 2004 Direktor des Kieler und Forscher in Kiel Mitte der 1990er Jahre Forschungszentrums für Marine Geowissen- lichen Schub bei der Entwicklung von auch für Kaltwasserkorallen zu interessie- schaften, eine der Vorgängereinrichtungen Unterwassertechnologien. „Ein großer ren. Da die Riffe in deutlich größerer Tiefe des heutigen GEOMAR. Teil unserer Tiefsee-Infrastruktur geht existieren, waren sie lange nur Fischern ursprünglich auf den Wunsch der Wissen- bekannt, die hin und wieder abgerissene schaft zurück, die Umweltbedingungen Korallenstöcke in ihren Netzen hatten. Hier rund um Korallenriffe detaillierter nach- galt es also Entdeckerarbeit zu leisten: Wo vollziehen zu können“, erklärt Dr. Flögel, kommen Kaltwasserkorallenriffe über- der selbst mittlerweile schwerpunktmä- haupt vor? Heute sind Riffe von der Küste ßig die Entwicklung des Tiefsee-Crawler- Mauretaniens entlang der europäischen System MANSIO/VIATOR vorantreibt. Schelfkante bis hin nach Nordnorwegen, aber auch im Golf von Mexiko bekannt. An Auch die Analysemethoden, mit deren den Schelfkanten bilden sie teilweise gewal- Hilfe die in Korallen gespeicherten Infor- tige Strukturen. In der Porcupine Seabight, mationen gelesen werden können, wer- einer untermeerischen Bucht westlich von den immer ausgefeilter. Dr. Ed Hathorne Irland, erreichen von Kaltwasserkorallen aus der Forschungseinheit „Paläo- Beprobung einer massiv wachsenden Korallenkolonie, Archipel Los Roques, Venezuela. Foto: GEOMAR gebildete Karbonathügel an ihrer Basis Ozeanographie“ entwickelt beispielsweise einen Durchmesser von 100 bis 1.800 aktuell neue Methoden, um historische Mittlerweile helfen Korallen, viele Fragen zur Metern und eine Höhe von bis zu 350 Metern Landnutzungsarten und Erosion anhand Klima- und Umweltgeschichte zu beant- über dem Meeresboden. Das Røst-Riff vor von Spuren in den Korallen nachzuweisen. worten. Ihr Vorteil: Sie bieten eine sehr feine Norwegen bedeckt gar eine Fläche von „Dazu wollen wir im Labor einige tropi- zeitliche Auflösung, die mit anderen Klima- 130 Quadratkilometern. „Lange war völlig sche Korallen verschiedenen Spuren- archiven, zum Beispiel Sedimentkernen, unklar, warum die Kaltwasserkorallen nur elementen aussetzen und anschließend kaum zu erreichen ist. „Korallen erreichen an bestimmten Stellen und in bestimmten genau prüfen, ob und wie sie sich im oft ein Alter von mehreren hundert Jahren. Tiefen wachsen. Mittlerweile wissen wir, Korallenwachstum niederschlagen. Wenn Ihr jährliches Wachstum wird ähnlich wie dass sie an einer speziellen Dichteschicht wir die Reaktion der Korallen kennen, bei Bäumen in Dichtebändern dokumen- des Wassers siedeln, auf der ihnen genug wissen wir auch, nach welchen Signalen tiert und ermöglicht so die Untersuchung Nährstoffe zugeführt werden“, erklärt der wir in abgestorbenen, fossilen Korallen geochemischer Parameter in jährlicher, teils Paläoozeanograph Dr. Sascha Flögel. Über suchen müssen“, erklärt er. GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
8 FORSCHUNG Tropische Korallen leben in Symbiose mit einzelligen Algen, den sogenannten Steinkoralle der Gattung Acopora. Mit steigender Wassertemperatur stoßen tropische Zooxanthellen, die über Photosynthese die Koralle ernähren. Die Farbe einer Korallen ihre Zooxanthellen ab und entfärben sich dabei. Im schlimmsten Fall führt Koralle wird durch diese Algen bestimmt. Foto: Anna Roik / GEOMAR diese Korallenbleiche zum Tod ganzer Riffe. Foto: Anna Roik / GEOMAR Was macht tropische Korallen widerstandsfähig? Korallen sind aber nicht nur Archive für Umweltinformationen. Sie sind auch in der Gegenwart wertvolle Ökosysteme und natürliche Küstenschutzanlagen. Doch ihre Zukunft ist ungewiss. Sie wird unter anderem von steigenden Wassertemperaturen bedroht, die immer wieder ausgedehnte Korallenbleichen hervorrufen. Eines dieser Ereignisse hat 2010 beispielsweise die Hälfte aller Korallenriffe in Thailand geschädigt. In den Arbeitsgruppen Benthosökologieund Marine Mikrobiologie des GEOMAR beschäf- Ein tropisches Riff an der Kieler Förde tigen sich Dr. Marlene Wall und Dr. Anna Roik mit der Frage, wie Die Arbeitsgruppe um den Geochemiker Prof. Dr. Anton Eisenhauer tropische Korallen auf solche Ereignisse reagieren und ob sie hat in den Räumen des GEOMAR ein künstliches Korallenriff etab- sich regenerieren und anpassen können. „Wir haben rund um die liert. „Die Artenzusammensetzung, die Lichtverhältnisse, die Tem- Inselgruppe der Andamen im Indischen Ozean festgestellt, dass peraturen, der Säuregrad, Calcium- und Carbonatgehalt, und die Korallen, die regelmäßig von kaltem Wasser aus der Tiefe über- im Wasser gelösten Nährstoffe und Spurenelemente sind streng vorgegeben und entsprechen den Verhältnissen im Golf von Akaba“, spült werden, widerstandsfähiger sind, als solche, die in konstan- erklärt Professor Eisenhauer. Fast ein Jahr lang hat das Team Ein- ten Wassertemperaturen leben“, erklärt Dr. Wall. stellungen und Techniken ausprobiert, bis es den Korallen sichtlich Parallel verfolgt Anna Roik mit Unterstützung des Exzellenzclusters gut ging und sie sich vermehrten. Krebse, Schnecken, Garnelen und Fische, die das Riff sauber und unerwünschte Bewohner im Zaum „Ozean der Zukunft“ einen weiteren Ansatz: Welche Rolle spielt das halten, vervollständigen das kleine Ökosystem. Mikrobiom, also die Gesamtheit der an und auf den Korallen leben- Ursprüngliches Ziel des Miniriffs war es, den Geheimnissen der den Mikroorganismen, für die Widerstandsfähigkeit und Fitness Biomineralisation, Photosynthese und des Stofftransportes der der Korallen? „Es ist ja fast schon zum Allgemeinwissen geworden, Korallen auf die Spur zu kommen. „Dafür setzen wir einige Polypen dass die Zusammensetzung der Mikroorganismen-Gemeinschaft der Korallen auf eigens entwickelte Probenplatten, und lassen dort im Darm des Menschen eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit neues Gewebe wachsen. Anschließend können wir die Stoffflüsse spielt. Auch in der Meeresbiologie wird das Thema immer wichti- durch die natürlichen Membranen genau messen und den Einfluss von Prozessen wie Photosynthese oder Kalzifizierung auf die ger“, sagt Dr. Roik. Da die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ute Hentschel Ionenflüsse untersuchen“, erklärt Professor Eisenhauer. Diese Humeida am GEOMAR die gleichen Fragestellungen bei marinen Erkenntnisse helfen, Gesundheit und Entwicklung von frei lebenden Schwämmen verfolgt und die Deutsche Forschungsgemeinschaft Korallen besser zu verstehen. Zusammen mit Partnern am Inter- seit 2016 an der Universität Kiel den Sonderforschungsbereich University Institute for Marine Sciences im israelischen Eilat testet 1182 „Metaorganism“ fördert, biete Kiel gute Möglichkeiten für die Arbeitsgruppe von Professor Eisenhauer beispielsweise aktuell derartige Untersuchungen. „Durch Beprobung der Korallen vor im echten Golf von Akaba, ob anhand der Isotopenverhältnisse von Thailand und mit Hilfe von DNA-Analysen möchten wir mehr über Kohlenstoff und Sauerstoff die Riff-Gesundheit überwacht werden kann. „Wenn wir entsprechende Sensoren in Riffen installieren die Mikroorganismen-Gemeinschaften der Korallen lernen“, be- und sie mit der Küste verkabeln, könnte man Riffe einfach online richtet Roik, „Letztendlich könnte das Wissen über das Mikrobiom überwachen“, erklärt Professor Eisenhauer. dahin führen, dass wir neuartige Strategien entwickeln können, die Das Biomineralisations-Labor: www.geomar.de/3047-e (englisch) es ermöglichen Korallenpopulationen zu schützen oder sogar fitter für die Zukunft machen.“ GEOMAR News 03 | 2018
9 Mit dem Greifarm des Tauchboots JAGO wird vorsichtig ein Stock der Nach einem Tauchgang mit JAGO begutachtet Janina Büscher unterschied- orangefarbenen Variante der Kaltwasserkoralle Lophelia pertusa für liche Farbvarianten von Lophelia pertusa, die für Reproduktions-, Lipid-, weitere Untersuchungen geborgen. Foto:JAGO-Team / GEOMAR sowie genetische Analysen genutzt werden. Foto: JAGO-Team / GEOMAR Schaffen Kaltwasserkorallen dene Parameter mit den Erkenntnissen aus dem Labor in Kiel. Einige Korallen kamen auch wieder mit ans GEOMAR. Hier sollen die Anpassung? weitere Eigenschaften wie Reproduktion, Genetik oder Isoto- pie untersucht werden. „Insgesamt deuten unsere bisherigen Kaltwasserkorallen sind Ergebnisse darauf hin, dass die Kaltwasserkorallen besser mit dem zwar von Korallenbleichen Klimawandel zurechtkommen könnten als erwartet“, fasst Büscher nicht betroffen. Aber auch zusammen. Das gilt allerdings nur für lebende Korallen. Die unteren ihre Umwelt verändert Schichten der Riffe bestehen natürlicherweise aus den Skeletten sich. Janina Büscher aus abgestorbener Korallen. Diese können sich nicht mehr anpassen, der Arbeitsgruppe von ihr Kalkskelett löst sich bei zunehmender Versauerung auf. „Dann Professor Ulf Riebesell in könnte im schlimmsten Fall das ganze Riff zusammenbrechen“, der Forschungseinheit „Bio- erklärt Büscher. Und auch die lebenden Korallen kostet die An- logische Ozeanographie“ passung viel Kraft, die dann möglicherweise für andere Aufgaben beschäftigt sich seit zehn wie Fortpflanzung fehlt. Auch bei Kaltwasserkorallen gilt daher: Jahren mit Kaltwasserko- Entwarnung ist nicht in Sicht. rallen. Mehrmals hat sie dafür zusammen mit ihrem Kollegen Dr. Armin Form Tropische Korallen und Kaltwasserkorallen – Korallen nach Kiel geholt, Was sind die Unterschiede? Nach der Ankunft in Kiel überprüft Janina wo seitdem in einer dunklen Büscher, ob es den gesammelten Korallen Tropische Korallen Kaltwasserkorallen Kulturkammer bei sieben in der neuen Umgebung gut geht. Grad Celsius ein kleines Temperatur 20 – 29 °C 4 – 13 °C Foto: Jan Steffen / GEOMAR Kaltwasserkorallen-Habitat Tiefenbereich 0 – 100 Meter 40 – 3.400 Meter existiert. „Daran haben wir experimentell getestet, wie die Korallen Verbreitung Subtropen, Tropen weltweit auf steigende Temperaturen und einen höheren Kohlendioxid-Gehalt Plankton und Photo- reagieren“, sagt Büscher. „Wir haben dafür unter Laborbedingungen Ernährung Plankton synthese (indirekt) ein Jahr lang die Temperatur und den Kohlendioxid-Gehalt in Aqua- Symbiontische Algen ja nein rien alle sechs Wochen in kleinen Schritten erhöht“, erklärt sie. Im Wachstum bis zu 150 mm/Jahr 4 – 25 mm/Jahr Fokus stand dabei die Art Lophelia pertusa, die weltweit verbreitet ist und riesige Riffe bilden kann. „Die Korallen kamen bis circa 15 Grad Riffbildende Arten ungefähr 800 Arten 18, 6 Hauptarten Wassertemperatur einigermaßen gut zurecht“, sagt Büscher. Eine Größter Großes Barriereriff, Røst-Riff, Australien Norwegen beachtliche Leistung – normalerweise leben sie am norwegischen Riffkomplex ca. 30.000 km2 ca. 130 km2 * Kontinentalschelf bei etwa 6 bis 8 Grad Wassertemperatur. * Das Große Barriereriff vor Australien ist zwar bedeutend größer als das Zusätzlich untersucht sie Korallen regelmäßig in ihrer natürlichen Røst-Riff, allerdings werden ständig neue Kaltwasserriffe entdeckt und ihre Umgebung. Erst im Juli stattete sie den Riffen Sula, Nord-Leksa, Hola weltweite Verbreitung lässt heute vermuten, dass die Gesamtfläche aller Kaltwasserkorallenriffe jene der tropischen Riffe bei Weitem übertrifft. und Steinavaer in Norwegen mit dem Forschungsschiff POSEIDON und dem Tauchboot JAGO Besuche ab. Dort prüfte sie den Zustand Mehr Informationen zum Internationalen Jahr des Riffes 2018: iyor2018.de der Korallen, maß ihren Sauerstoffverbrauch und verglich verschie- GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
10 EXPEDITION Forschung im Schematische Darstellung des OSNAP Beobachtungsprogramms Nordischen Sommer Neufundland Labradorsee Irmingersee Island Schottland Während die Daheimgebliebenen den Auftakt zum Rekordsommer 2018 erlebten, ging ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus fünf Ländern unter der Leitung von Dr. Johannes Karstensen Grönland vom GEOMAR in St. Johns, Neufundland, Kanada, an Bord der MARIA S. MERIAN, um für knapp vier Wochen Beobachtungsdaten in der Labradorsee zu sammeln. 1.000 m 2.000 m Auf der Expedition MSM74 legte die MARIA S. MERIAN 3.000 m Insgesamt 6.500 Kilometer zurück. Dabei wurde konti- 4.000 m nuierlich oberflächennah Temperatur- und Salzgehalt und die Strömungsgeschwindigkeiten in den oberen 1.500 Metern gemessen. An 115 Stationen wurden um- Reyjkanes Rücken Rockall Trog fangreiche Messdaten aus der Wasssersäule gewonnen. Der Schwerpunkt der Reise lag auf Langzeitbeobach- tungsstationen. Sogenannte Verankerungs-Arrays, die Das OSNAP-Array wurde im teilweise schon seit 20 Jahren den Ozean beproben, wie Sommer 2014 zur Messung der Umwälzzirkulation zwischen das 53N-Array des GEOMAR am Ausgang der Labrador- Kanada und Schottland ausge- See, wurden eingeholt und wieder ausgelegt. Nach 18 legt. Warme Strömungen (rot) Jahren wurde die CIS-Verankerung, die in der zentralen werden in der Region in kalte Irmingersee ausgelegt war, nun zum 14. und letzten Strömungen (blau) überführt. Felder mit Strömungsmessern Mal geborgen. Ihre Aufgabe war es, das Absinken von befinden sich in den Randströ- Oberflächenwasser in die Tiefsee zu beobachten. Der men der Labrador-, Irminger- und Prozess wird durch starke Winde angetrieben, was mit Islandsee sowie im Rockall Trog. Hilfe der CIS-Messdaten auch bestätigt werden konnte. Felder mit Tiefseeinstrumenten wurden zu beiden Seiten des Die amerikanischen Kollegen führen die Messreihe nun Reyjkanes Rückens ausgesetzt. mit insgesamt vier sehr aufwändigen Verankerungen Quelle: OSNAP, Grafik: Penny fort. Diese Daten stehen auch den Forschenden des Holiday, NERC GEOMAR für weitere Analysen zur Verfügung. Das 53N-Array Das CIS-Array Mehr: www.o-snap.org www.geomar.de/e347715 http://oceanobservatories.org/array/global-irminger-sea Übersicht über die im OceanSITES-Konsortium vertretenen Ozean-Observatorien (grün: aktiv, orange: geplant, rot: entfernt) Karte: OceanSITES (siehe oben) und mit dem Cape Verde Ocean Observatory (CVOO) wichtige Beiträge zu OceanSITES. „Der Ozean ist zum Glück ein recht träges System, das derzeit noch viele von Menschen verursachte Veränderungen abpuffert. Doch wir müssen ihn noch viel besser kennenlernen. Nur mit Hilfe solcher Langzeitbeobachtungen können wir die na- türlichen Schwankungen, wie auch die Verän- Langer Atem bei der Ozeanbeobachtung derungen durch den Klimawandel erkennen und verstehen“, sagt Johannes Karstensen. Kurz nach der Rückkehr von der Expedition Das Konsortium betreibt weltweit mehr als „Diese globale Aufgabe kann nur in interna- MSM74 war Johannes Karstensen als Vor 300 Langzeitbeobachtungsstationen, die tionaler Zusammenarbeit gelöst werden und sitzender des OceanSITES Konsortiums Gast- Daten von der Meeresoberfläche bis in Was- OceanSITES stellt diese Zusammenarbeit auf geber für 50 Forschende aus 15 Ländern, die sertiefen von über 5.000 Metern erheben. solide Beine“, so Karstensen weiter. am GEOMAR ihr 12. Treffen abhielten. Das GEOMAR leistet unter anderem mit dem www.geomar.de/n5987 53N-Array am Ausgang der Labrador-See www.oceansites.org GEOMAR News 03 | 2018
EXPEDITION 11 Auf der Suche nach heißen Quellen und einem verschwundenen Roboter Nach zehn Jahren und mehr als 300 erfolgreichen Tauchgängen ist unseren Forschenden das autonome Unterwasserfahrzeug ABYSS, das von ihnen liebevoll nur Tiffy genannt wird, sehr ans Herz ge- wachsen. „Tiffy ist ein echtes GEOMAR-Familienmitglied“, sagt der Fahrtleiter der Expedition MSM75, Prof. Dr. Colin Devey. Doch um ein Haar wäre Tiffy auf dieser Ausfahrt verlorengegangen. Es begann alles völlig normal: Auslaufen Ende Juni von Reykjavik mit dem Forschungsschiff MARIA S. MERIAN in den rauen Nordatlantik. Tiffy wartet, liebevoll dekoriert, in ihrem Aussetzrahmen auf ihren 300. Tauchgang. Ziel war der Mittelatlantische Rücken. Dort wollten die Wissenschaft- Seit 2008 hat das AUV 3.500 Stunden unter Wasser verbracht und eine Gesamt strecke von über 18.000 km am Meeresboden zurückgelegt. Damit ist es eines der lerinnen und Wissenschaftler neue Erkenntnisse über die Struktur erfolgreichsten Fahrzeuge seiner Art und für Untersuchungen, wie sie auf der Expedi- dieses riesigen Unterwassergebirges und der darin verborgenen tion MSM75 durchgeführt wurden, unverzichtbar. Foto: Emanuel Wenzlaff / GEOMAR heißen Quellen, der schwarzen Raucher gewinnen. Dafür hatten sie sich entsprechend gerüstet: Mit an Bord waren neben dem AUV die Crew die Hoffnung schon fast aufgegeben, da sendete Tiffy plötzlich ABYSS auch der ferngesteuerte Unterwasserroboter ROV PHOCA. Es wieder Nachrichten - das Gerät musste also an der Meeresoberfläche sollte zunächst die Struktur des Meeresbodens mit dem AUV genau sein. Leider waren die Positionsangaben nicht brauchbar, trotzdem untersucht und hochauflösend kartiert werden, danach dann die wendete die MERIAN sofort und fuhr zurück in das Gebiet, wo Tiffy als besonders interessant identifizierten Stellen mit dem ROV in verschwunden war. Die Crew schob Nachtschichten, denn in der Dun- Augenschein genommen und Proben gewonnen werden. Dies klingt kelheit, so versprach man sich, könnte man die vom AUV ausgesandten einfach, ist aber in dem Seegebiet, das auch in den Sommermonaten Lichtblitze besser erkennen. Und dann kam vom isländischen Studen- oft von Stürmen heimgesucht wird, keine leichte Aufgabe. Trotzdem ten Daniel Thorhallsson plötzlich die erlösende Nachricht: „Ich sehe begann die Expedition sehr erfolgreich, auch wenn die erhofften sie!“ Binnen fünf Minuten hatten alle auf der Brücke die Lichtblitze zwi- Schwarzen Raucher zunächst nicht gefunden wurden. schen den Wellenkämmen gesehen und das Schiff nahm Kurs Richtung Unnötig spannend wurde es dann in der zweiten Hälfte der Reise, Tiffy. So nahm die Fahrt doch noch ein gutes Ende. Und zu guter Letzt einige Tage nachdem man am Freitag, den 13. (!) den 300. Tauch- wurde auch noch ein Hydrothermalfeld gefunden und beprobt. Ende gut gang von Tiffy standesgemäß gefeiert hatte. Das AUV war wie vom – alles gut. Meeresforschung ist eben auch heute noch ein Abenteuer. Meeresboden verschluckt. Nach fünf langen Tagen der Suche hatte www.geomar.de/e347922 Die vom BMBF geförderte Expedition startete in Suva (Fidschi) und endete in Yokohama (Japan). Mit 54 Tagen war sie die bislang längste Fahrt der SONNE und somit eine besondere Herausforderung, vor allem durch die zwei Wochen lange Anreise zum Arbeitsgebiet. Karte: GEOMAR, Hintergrund: GEBCO Mithilfe verschiedener Probennahmegeräte wurden Sedimentproben aus Wassertiefen von 2.000 bis 5.000 Metern gewonnen. Mit den so gewonnenen Proben und Daten soll die natürliche Variabilität dieses Ozeansystems rekonstruiert werden, um sie zu den Reaktionen des Ozeans auf den jetzigen Klimawandel in Beziehung zu setzen. „Wir versuchen herauszufinden, wann und wie schnell sich der Ozean, dessen Strömungssysteme und die Reaktionen des Klimas verän- derten“, sagt Dirk Nürnberg, „um daraus dann auch Aussagen für die Zukunft ableiten zu können.“ Die Tiefseeablagerungen sind wichtige Klimaarchive, deren Untersuchungen exakte Aussagen über Verän- derungen der ozeanischen Temperaturen, zur Wassermassenschich- tung und Belüftung des tiefen Ozeans in der Vergangenheit zulassen. Die Geschichte des Pazifiks Außerdem untersuchte das Team über den gesamten Nordpazifik die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Wassers bis Die Expedition SO264 Emperor mit dem deutschen Forschungs- in Tiefen von 5.000 Metern. Zusätzlich sammelten die Forschenden schiff SONNE hatte das Ziel, die klimatischen und ozeanogra- Plankton aus unterschiedlichen Tiefen. Erkenntnisse über dessen phischen Verhältnisse des Nordpazifiks in der Vergangenheit zu Ökologie sind wichtig, da Plankton ebenfalls wichtige Informationen rekonstruieren. Dafür sammelte das Team mit 38 Forschenden aus liefern kann, die bei der Rekonstruktion des Ozeans helfen. elf Nationen unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Nürnberg aus der Über ihre Arbeit an Bord berichtete das Team regelmäßig mit Fotos, Texten und Forschungseinheit Paläo-Ozeanographie des GEOMAR erstmals Videos im Blogportal Oceanblogs und auf Youtube: durchgängig Sedimentproben in weitgehend unerforschten küsten- www.oceanblogs.org/so264 fernen Regionen entlang der Linie der Emperor-Vulkankette. www.youtube.com/playlist?list=PLc0gncV1Wc8xTRYCj6_n0D_4VIhT266I_ GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
12 EXPEDITION ANTON auf Im Tisler Riff wurden mit AUV ANTON in einem engen Canyon mit starken Strömungen umfangreiche Kalt- wasserkorallenriffe entdeckt. Vor Temperaturschwan- Jungfernfahrt kungen durch eine stabile Schichtung geschützt und von der Strömung optimal mit Nährstoffen versorgt, gedeihen die Korallen hier offensichtlich besonders gut. Foto: JAGO-Team / GEOMAR Zuwachs bei den Roboter systemen am GEOMAR: Riff an der norwegisch-schwedischen Grenze Neues AUV erfolgreich in am Ostrand des Skagerraks zum Ziel. Durch der Nordsee erprobt die steile Topographie des Riffs stellte dies eine besondere Herausforderung für AUV ANTON dar. Sein letzter Tauchgang brachte ihn auf 400 Meter Wassertiefe. Hier machte sich kurzeitig Nervosität breit, als das AUV von der Unterwassernavigation verschwand und erst 30 Minuten später, etwas verdriftet, wiedergefunden wurde. Aktuelle detailreiche Tiefenkarte des Tisler Riffs, Das im Rahmen des Forschungsprogramm aufgenommen mit dem Fächerecholot der POSEIDON. Die vereinzelten Riffkörper befinden sich jeweils auf MOSES angeschaffte AUV GIRONA 500 der den ostwärts gerichteten Hängen. Firma IQUA Robotics kam Im Juli erstmalig zum Einsatz am GEOMAR. Das ANTON ge- „ANTON besticht durch seine einfache Ein- taufte Gerät kann 500 Meter tief tauchen, setzbarkeit, als robotisches System macht was im Vergleich zu anderen AUVs wenig es einen sehr guten Eindruck, die Bediensoft- erscheint. Trotzdem ist AUV ANTON für ware ist sehr funktionell. Was er jetzt noch Untersuchungen in vielen Meeresgebieten lernen muss ist, mit dem großen weiten überaus nützlich, da es klein und handlich Ozean zurecht zu kommen, aber das können ist und so auch von vielen kleineren Schif- Eine BubbleBox dient zum Vermessen von Blasen- wir ihm am GEOMAR schon beibringen“, so fen aus eingesetzt werden kann. Seinen größen und -flüssen. Foto: JAGO-Team / GEOMAR Jens Greinert. ersten Einsatz hatte AUV ANTON auf der POSEIDON Expedition POS526, die von Ende Im ersten Teil der Reise, an der auch Kollegen Alles in allem kehrten die Forschenden sehr Juli bis Mitte August zu Arbeitsgebieten in vom U.S. Geological Survey (USGS) teilnah- zufrieden von den beiden Fahrtabschnitten der zentralen Nordsee und vor der Küste men, ging es um die Quantifizierung von zurück. Zehn erfolgreiche Tauchgänge mit Norwegens führte. Mit dabei war auch das Methanquellen in der Nordsee in nieder ANTON, elf mit JAGO, dazu umfangreiche bemannte Forschungstauchboot JAGO, ländischen Gewässern südlich der Dogger- Datensätze der Meeresbodenbathymetrie, unter anderem auch, um ANTON bei seinen bank. Zum einen wollten die Wissenschaft- Wasser- und Gasproben, Strömungs- und ersten Tauchversuchen zu beobachten. lerinnen und Wissenschaftler um Fahrtleiter CTD-Daten sowie extrem umfangreiches Prof. Dr. Jens Greinert wissen, wieviel Gas Bildmaterial werden sowohl für die weitere aus den dort üppig sprudelnden Gasquellen Technologieentwicklung wie auch für wissen- entweicht, aber auch, wie sich das Methan in schaftliche Studien sehr hilfreich sein. AUV der Wassersäule verteilt und wie viel davon ANTON wird bereits im Oktober wieder von letztendlich in die Atmosphäre gelangt. POSEIDON aus eingesetzt, um munitions belastete Gebiete entlang der gesamten „ ANTON besticht durch seine ein- deutschen Ostsee zu untersuchen. Im Januar fache Einsetzbarkeit, als robo- soll dann ein zweites AUV GIRONA 500 mit tisches System macht es einen dem Namen LUISE geliefert werden. sehr guten Eindruck.“ Jens Greinert www.geomar.de/e346925 Ein GasQuant-Lander ist ein Geräteträger mit Der zweite Fahrtabschnitt, der gemeinsam einem Fächerecholot und dient zur Überwachung der Blasenfreisetzung einer Methanquelle. Foto: mit einem Kollegen vom Alfred-Wegener- JAGO-Team / GEOMAR Institut durchgeführt wurde, hatte das Tisler GEOMAR News 03 | 2018
ENTDECKEN 13 Kreatives mit Müll aus dem Meer Sechs Studierende der Uni Kiel und vom GEOMAR hatten eine Idee: das Thema „Müll im Meer“ jungen Menschen näherbringen und dabei etwas erzeugen, dass sich viele Menschen gerne anschauen. Sie gründeten das Projekt „Kreative Küste“ und bastelten gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern der 4. Klassen der Goethe-Grundschule aus Kiel in mehreren Unterrichtsstunden Skulpturen, darunter ganz unterschiedliche Meereslebewesen wie zum Beispiel Wale, Schildkröten, Walrosse oder einen Riesenkalmar. Dafür verwendeten sie Müll aus der Ostsee, der unter anderem vom Projekt „Fishing for Litter“ und aus der Strandguterhebung des GEOMAR zur Verfügung gestellt wurde. „Die Arbeit mit den Kindern hat sehr viel Spaß gemacht und die Exponate sind superschön geworden“, so Kevin Schröder vom Projekt- team. Die Ausstellung wurde erstmals vom 16. bis zum 24. Juni im Ostsee Info- Center Eckernförde gezeigt. Bestimmt nicht zum letzten Mal: während der Nacht der Wissenschaft 2018 am 28. September in Kiel sind die Exponate dann auch erstmalig am GEOMAR zu bewundern. Foto: Kreative Küste http://kreative-kueste.de/ausstellung | www.facebook.com/kreativekueste Meereswissenschaft hautnah erleben Gibt es Korallenriffe in der Ostsee? Was lebt da im Meer? Wie untersucht man mit Segelyachten die Verbreitung von Mikroplastik? Bei der Kieler Woche und der dritten Sommeraktion am Schönberger Strand beantworteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR diese und viele weitere Fragen. Mit Vorträgen, Modellen und Experimenten gaben sie den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in die Kieler Meereswissenschaften. Highlight während der Kieler Woche: eine Live-Schalte vor die Küste Neuseelands, wo Forschende einen aktiven Unterwasservulkan untersuchen. Die Aktion „Was lebt denn da im Meer?!“ präsentierte bei der Kieler Woche und am Schönberger Strand Organismen der Nordsee wie Fische, Seesterne oder Plankton. „Wer die faszinierende Unterwasserwelt mit eigenen Sinnen entdeckt und begreift, versteht auch besser, warum sie schützenswert ist“, sagt Heidi Gonschior, die mit ihrem Team die Aktion betreute. www.geomar.de/n5955 | www.geomar.de/n5993 Fotos: Andreas Villwock / GEOMAR Europa und das Meer Europa ist ein maritimer Kontinent. Kein anderer hat im Vergleich zur Landfläche eine so lange Küste. Die Geschichte Europas ist – mit allen Schatten- und Glanzseiten – ohne die Meere nicht denkbar. Das Deutsche Historische Museum in Berlin nimmt sich mit einer großen Sonderausstellung diesem Aspekt europäischer Vergangenheit und Gegenwart an. „Europa und das Meer“ führt Besucherinnen und Besucher, angefangen bei der antiken See- fahrt, durch die Jahrhunderte und thematisiert dabei Handel, Schiffbau, Tourismus genauso wie Sklaverei, Migration und Flucht bis in die Gegenwart. Auch der modernen Meeresforschung widmet die Ausstellung eine Themeninsel. Hier erhalten die Gäste Informationen über Fischerei, Rohstoffe aus den Meeren, den Ozean im Klimawandel, die immer noch weitge- hend unbekannten Ökosysteme der Tiefsee und wie sie heutzutage untersucht werden. Die Ausstellung ist mit Unterstützung des GEOMAR entstanden, zahlreiche Exponate aus den Beständen des GEOMAR veranschaulichen vor allem den Bereich Meeres forschung. „Europa und das Meer“ ist noch bis 6. Januar im DHM zu sehen. Ein ausführlicher Katalog ist im Hirmer-Verlag erschienen. www.dhm.de/ausstellungen/europa-und-das-meer.html GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
14 EVENTS Teilnehmerinnen und Teilnehmer der internationalen Konferenz haben die „Kieler Erklärung“ gemeinsam erarbeitet. Foto: Wladimir Haase / GEOMAR Dem Ozean geht die Luft aus Dringender Appell für mehr Meeres- und Klimaschutz Ocean Deoxygenation: Drivers and Consequences · Past · Present · Future · INTERNATIONAL CONFERENCE KIEL GERMANY Der Sonderforschungsbereich 754 hat seine Ergebnisse zu Sauerstoffminimumzonen der Ozeane in 3 – 7 September 2018 Kiel Declaration on Ocean Deoxygenation Participants of the international conference der großen internationalen Konferenz „Ocean Deoxygenation“ im Kieler Audimax präsentiert. Mehr als “Ocean Deoxygenation: Drivers and Consequences – Past – Present – Future”, 300 Expertinnen und Experten aus 33 Ländern diskutierten vom 3. bis 7. September die Ergebnisse von 3 – 7 September 2018 in Kiel, Germany organized by: Kiel Collaborative Research Center SFB 754 and Global Ocean Oxygen Network (GO2NE – IOC-UNESCO) The ocean is losing its breath Oxygen in the ocean supports the largest ecosystems on the planet. It is alarming that the ocean is losing oxygen, termed ocean deoxygenation, primarily due to global warming by greenhouse gas emissions, and Conference Chair, Executive Board & Conveners Prof. Andreas Oschlies, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany Prof. Eric Achterberg, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany mehr als zehn Jahren Forschung des GEOMAR und der Universität Kiel. Zum Abschluss der Konferenz pollution by nutrients and organic wastes particularly in coastal waters. veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen eindringlichen Appell, die „Kieler We call on all nations, societal actors, scientists and the United Nations to: Dr. Patricia Ayon, Marine Institute of Peru, Lima, Peru Prof. Hermann Bange, GEOMAR, Kiel, Germany (a) Raise global awareness about ocean deoxygenation through local, regional and global efforts, including interdisciplinary research, Dr. Denise Breitburg, Smithsonian Environmental Research Centre, innovative outreach, and ocean education. Edgewater, MD USA Dr. Laura Bristow, University of Southern Denmark, Odense, Denmark (b) Take immediate and decisive action to limit pollution and in particular excessive nutrient input to the ocean. Dr. Xavier Capet, CNRS, Paris France Erklärung“, in dem sie zu mehr Meeres- und Klimaschutz aufrufen. Prof. Minhan Dai, Xiamen University, Xiamen, China (c) Limit global warming by decisive climate change mitigation Prof. Anja Engel, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany actions. Prof. Katja Fennel, Dalhousie University, Halifax, Canada Both the Paris Agreement addressing Climate Change and the United Prof. Martin Frank, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany Nations’ 2030 Agenda for Sustainable Development demand conservation and sustainable use of the ocean, seas and marine resources in order to Dr. Veronique Garcon, LEGOS, CNRS, Toulouse, France safeguard ocean ecosystems and their current and future societal benefits. Prof. Marilaure Grégoire, University of Liège, Liège, Belgium These are severely threatened by ocean deoxygenation. Dr. Helena Hauss, GEOMAR, Kiel, Germany Dr. Babette Hoogakker, Heriot-Watt University, Edinburgh, UK Scientists assembled at the conference and Dr. Kirsten Isensee, IOC-UNESCO, Paris, France from around the world agree that: Prof. Samuel Jaccard, University of Bern, Bern, Switzerland 1. During the past 50 years oxygen-depleted waters have expanded four- Prof. Klaus Jürgens, Leibniz Institute for Baltic Sea Research Warnemünde, fold. Some areas of the ocean have lost up to 40% of their oxygen. Die Wassermenge im Ozean, der jeglicher Sau- Rostock, Germany 2. The ongoing loss of oxygen from the ocean is a rapidly increasing Dr. Rainer Kiko, GEOMAR, Kiel, Germany threat to marine life, the ocean’s ecosystems and coastal communities. Prof. Arne Körtzinger, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany 3. Global warming impacts ocean oxygen in two ways: the capacity to Prof. Mojib Latif, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany hold oxygen decreases in warming waters, whilst warming reduces Prof. Lisa Levin, Scripps Institution of Oceanography, University of ocean mixing and circulation limiting the supply of oxygen from California, San Diego, CA USA erstoff fehlt, ist in den vergangenen 50 Jahren the atmosphere. Pollution by nutrients and organic waste enhances Prof. Karin Limburg, SUNY, College of Environmental Science & Forestry, oxygen demand by increasing biological production and oxygen Syracuse, NY USA consumption during decomposition. Dr. S. Wajih A. Naqvi, Kuwait Institute for Scientific Research, Salmiya, 4. Deoxygenation disrupts marine ecosystems, affects fish stocks and Kuwait aquaculture and leads to loss of habitat and biodiversity. It can, in Dr. Oscar Pizarro, University of Concepción, Chile extreme cases, lead to the production of toxic gases when all oxygen Prof. Martin Quaas, Kiel University, Kiel, Germany um das Vierfache gewachsen. Global haben die in the water has been lost. Dr. Renato Quinones, University of Concepción, Concepción, Chile 5. Deoxygenation can accelerate global warming via enhanced marine Prof. Birgit Schneider, Kiel University, Kiel, Germany production of greenhouse gases under low oxygen conditions. Prof. Caroline Slomp, Utrecht University, Utrecht, The Netherlands 6. The problem of deoxygenation is predicted to worsen in the coming Dr. Lothar Stramma, GEOMAR, Kiel, Germany years under continued global warming and increasing nutrient input Dr. Sören Thomsen, LOCEAN-IPSL, Sorbonne University, Paris, France to coastal regions as human populations and economies grow. Weltmeere zwei Prozent Sauerstoff verloren. Prof. Tina Treude, University of California, Los Angeles, CA USA 7. Expanded observation is immediately required for accurate Prof. Osvaldo Ulloa, University of Concepción, Concepción, Chile documentation and prediction of ocean oxygen changes, and for improved understanding of its causes and consequences. Prof. Martin Visbeck, GEOMAR & Kiel University, Kiel, Germany 8. Strategies to slow and eventually reverse deoxygenation and its ecological impacts need to be co-developed between science and Langfristig können diese Veränderungen weitrei- societal actors. This will contribute to the UN Decade of Ocean Science for Sustainable Development. @DeoxyOcean United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Intergovernmental Oceanographic Commission chende Konsequenzen für marine Ökosysteme und das Klima haben. „Der Ozean steckt in einer Website der “Kiel Declaration” (engl.) mit Möglichkeit zur Unterschrift: globalen Krise. Gerade für die sehr produktiven www.ocean-oxygen.org/declaration Gebiete an der Meeresoberfläche vor Peru und vor Westafrika ist der Nachschub von Nährstof- fen und Sauerstoff von essentieller Bedeutung“, sagt Prof. Dr. Andreas Oschlies, Sprecher des Bei der Konferenz-Eröffnung: Ministerin für Bildung und For- schung, Karin Prien, mit GEOMAR-Direktor Prof. Dr. Peter Herzig, SFB754 „Klima-Biogeochemische Wechselwir- SFB-Sprecher Prof. Dr. Andreas Oschlies und SFB-Koordinatorin kungen im Tropischen Ozean“. Als wesentliche Dr. Christiane Schelten (v.l.). Foto: Jan Steffen, GEOMAR. Gründe gelten die zunehmende Erwärmung und die Überdüngung der Meere. schiedeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Dazu zeigt der Vergleich von Messdaten und Konferenz und des Global Ocean Oxygen Network Ergebnissen komplexer numerischer Modelle, (GO2NE) daher einen eindringlichen Appell für mehr dass auch die besten Modelle die bisher beob- Meeres- und Klimaschutz. Hierauf wurde übrigens achteten Veränderungen deutlich unterschät- auch während der Konferenz geachtet: Die gesamte zen. „Die Natur verändert sich schneller, als wir Veranstaltung sowie die An- und Abreise aller Teil- bisher angenommen haben“, sagt Oschlies. In nehmer wurde klimaneutral ausgerichtet. einer gemeinsamen „Kieler Erklärung“ verab- www.geomar.de/n6073 GEOMAR News 03 | 2018
Sie können auch lesen