HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS

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HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS
Ausgabe 59, Juni 2020

Healthcare
News
            Nachrichten aus dem
            Gesundheitswesen
HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS
Auf ein Wort

                                 Liebe Leserinnen, liebe Leser,

                                 hat die Coronakrise uns jetzt gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen besonders
                                 gut ist, oder hat sie offenbart, dass es gravierende Mängel im bestehenden System
                                 gibt? Es ließe sich wohl problemlos argumentieren, dass Deutschland in Bezug auf die
                                 Bevölkerungs­dichte und Größe des Landes vergleichsweise geringe Infektionsraten und
                                 Todes­fälle aufweist. Die Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegerinnen und Pfleger haben außer­
                                 ordentliche Arbeit geleistet und großen Einsatz gezeigt. Kein einziger Patient musste auf
                                 dem Flur liegen oder gar abgewiesen werden. Andererseits kann ebenfalls argumentiert
                                 werden, dass die Steuerung der Kliniken über bestimmte Kenngrößen dazu führte, dass
                                 über mehrere Wochen die Gefahr bestand, dass nicht genügend Beatmungsgeräte, Schutz­
                                 kleidung oder Intensivpflegekräfte zur Verfügung stehen würden.

                                 Wie immer die Antwort ausfallen mag: Die verantwortlichen Manager, Geschäftsführer und
                                 Vorstände von Kliniken, Pflegeeinrichtungen sowie anderen Institutionen des Gesundheits­
                                 wesens hatten bei ihrem Handeln auch in der Vergangenheit immer vor Augen, wie die
                                 Leistungen ihrer Einrichtungen vergütet wurden.

                                 Wenn wir einen Blick in die 1990er-Jahre zurückwerfen, hatten wir es mit einem Selbst­
                                 kostenerstattungsprinzip zu tun. Danach wurden alle Kosten, die entstanden waren,
                                 von den Kostenträgern ausgeglichen. Es war ein gewisser Horst Seehofer, der dann
                                 beschloss, Tagessätze sowie flexible Budgets einzuführen, denn man stellte fest, dass das
                                 Gesundheits­wesen höchst ineffizient war und auch jede Ineffizienz zu 100 Prozent aus­
                                 geglichen wurde. Durch die Einführung von Tagessätzen handelten die Verantwortlichen
                                 dann ebenfalls entsprechend: Die Verweildauern stiegen an bzw. verblieben auf einem
                                 hohen Niveau, sodass die Einführung der Fallpauschalen der nächste konsequente Schritt
                                 war. Man erreichte mit der Einführung dieser Pauschalen auch das grundsätzliche Ziel, die
                                 Klinik­strukturen effizienter zu gestalten und die Verweildauer zu reduzieren. All dies führte
                                 darüber hinaus auch zu einer Optimierung des Beschaffungswesens, der Personal­einsatz­
                                 strukturen und einer Minimierung von Vorhaltekosten – im Prinzip also zu genau dem, was
                                 politisch gewünscht war. So konnten die Sozialversicherungsbeiträge im gewünschten
                                 Rahmen gehalten werden. Allerdings stellte sich bald heraus, dass auch diese Anreiz­
                                 struktur ihre Nebenwirkungen hatte. So stieg die Anzahl der Fälle und der Schwere­grad der
                                 Behandlung deutlich an. Erneut musste gegengesteuert werden, unter anderem durch Fix­
                                 kosten­degressionsabschläge.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                              Auf ein Wort 2
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Wenn wir in Zeiten nach Corona zu dem Ergebnis kommen, dass wir keine globalen
                                 Beschaffungsketten mehr möchten, deutlich mehr Personal und Betten­kapazitäten vor­
                                 halten und für mögliche weitere Pandemien mit Impfstoffen und Schutz­ausrüstung aus­
                                 gerüstet sein sollten, dann kehren wir zur Zukunftsgestaltung zurück in die Vergangenheit.
                                 Faktisch drängt sich in der Politik derzeit das Selbst­kosten­erstattungs­prinzip wieder auf
                                 und katapultiert uns in ein Anreizsystem der frühen 1990er-Jahre.

                                 Ich bin der Meinung, dies ist die falsche Entwicklung und wir sollten über völlig neue
                                 Finanzierungswege nachdenken. Hier existieren vielfältige Vorschläge, wie zum Beispiel
                                 das Capitation-Modell und Finanzierungsmodelle aus dem Katastrophenschutz. Ich lade
                                 Sie daher ein, gemeinsam den Weg in ein Selbstkostenerstattungsmodell, das mittel- und
                                 langfristig nicht tragbar sein wird, zu vermeiden und in einem sektorübergreifenden Dialog
                                 neue Finanzierungsansätze zu entwickeln, die auch Eingang in die politische Diskussion
                                 finden. Lassen Sie uns gemeinsam neue Wege gehen und nicht ein unwuchtiges Rad neu
                                 erfinden.

                                 Vom Blick in die Zukunft zurück ins Hier und Jetzt: In dieser Ausgabe der Healthcare News
                                 geben wir Ihnen wie immer wertvolles Wissen an die Hand, das Sie auch bei der
                                 Bewältigung der Coronakrise unterstützt. Ganz besonders möchten wir Ihre Auf­merk­
                                 samkeit auf ein Thema lenken, dass häufig angesichts dringender erscheinender An­
                                 gelegenheiten aus dem Fokus gerät: Cybersicherheit. Angriffe auf deutsche Kranken­häuser
                                 in der Vergangenheit sowie der Drohbrief an Gesundheitsminister Jens Spahn mit dem
                                 Betreff „Angriff auf deutsche Krankenhäuser“ zeigen, dass die Gefahr aus dem Netz real
Michael Burkhart                 ist und bleibt. Krankenhäuser, ob als kritische Infrastruktur (KRITIS) klassifiziert oder nicht,
Tel.: +49 69 9585-1268           müssen handeln – und zwar jetzt.
michael.burkhart@
pwc.com                          Es grüßt Sie herzlich
                                 Ihr Michael Burkhart

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                                Auf ein Wort 3
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Inhalt

                                          Aktuelles              5
                                          Ein ethischer Kompass für ein digitales Gesundheitswesen.................................. 6
                                          COVID-19 als Katalysator für die digitale Medizin?............................................... 13
                                          Geschäftliche Flexibilität nutzen, um auf Herausforderungen im
                                          Gesundheitswesen zu reagieren........................................................................... 15
                                          Der digitale Manager für die Rückkehr zum Geschäftsbetrieb............................. 17
                                          Zielgerichtete Kommunikation mit Mitarbeitern per App...................................... 20
                                          Der Umbruch des Gesundheitssektors spiegelt sich in der Dynamik
                                          der Transaktionen.................................................................................................. 23

                                          Schwerpunktthema                             27
                                          Keine Digitalisierung ohne Sicherheit: Wieso Krankenhäuser jetzt in
                                          Cybersicherheit investieren müssen..................................................................... 28

                                          Rechnungslegung                           33
                                          Der Krankenhausfachausschuss zu den Auswirkungen des
                                          Krankenhausschutzschirms auf die Rechnungslegung nach HGB...................... 34

                                          Steuern             38
                                          EuGH: Steuerbefreiung für telefonisch erbrachte Leistungen im Bereich
                                          Humanmedizin....................................................................................................... 39
                                          Umsatzsteuerbefreiung für medizinische Laborleistungen................................... 42

                                          Veranstaltungen..................................................................................................... 45
                                          Über uns................................................................................................................. 46
                                          Unser Service......................................................................................................... 47

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Aktuelles
                              Ein ethischer Kompass für ein digitales Gesundheitswesen                   6
                              COVID-19 als Katalysator für die digitale Medizin?                       13
                              Geschäftliche Flexibilität nutzen, um auf Herausforderungen im
                              Gesundheitswesen zu reagieren                                            15
                              Der digitale Manager für die Rückkehr zum Geschäftsbetrieb               17
                              Zielgerichtete Kommunikation mit Mitarbeitern per App                    20
                              Der Umbruch des Gesundheitssektors spiegelt sich in der Dynamik
                              der Transaktionen                                                        23

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                           Aktuelles 5
HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS
Ein ethischer Kompass für ein
digitales Gesundheitswesen
                                        Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien
                                        (IKT) und Systeme wie Blockchain, cyber-physische
                                        Systeme und künstliche Intelligenz (KI) sind die Schlüssel­
                                        technologien des 21. Jahrhunderts. Ihr Einsatz gewinnt
                                        über alle Branchen hinweg zunehmend an Bedeutung und
                                        bietet Unternehmen vielfältige Chancen, ihr wirtschaftliches
                                        Potenzial auszuschöpfen.

                                        Allein durch Anwendungen von KI wird sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt
                                        nach PwC-Prognosen bis zum Jahr 2030 um mehr als elf Prozent steigern
                                        lassen. Allerdings sind mit der Digitalisierung auch Risiken verbunden. Unter­
                                        nehmerische wie medizinische Entscheidungen müssen ethisch verantwortet
                                        werden, auch wenn sie mithilfe digitaler IKT getroffen werden.

                                        Entscheidungen in der Medizin und im Gesundheitswesen dienen dem
                                        Menschen und sind seinem Wohl verpflichtet. Dieser Grundsatz kommt bereits
                                        im Eid des Hippokrates zum Ausdruck.

                                        Die zunehmende Digitalisierung sowie die Erfassung und Analyse immer
                                        größerer Mengen von Patientendaten ermöglichen eine Vernetzung und Auto­
                                        matisierung von Diagnostik und Behandlungsmethoden und eine effizientere
                                        Gestaltung von Prozessen zur Medikamentenforschung und -herstellung.

                                          Die PwC Studie Digitale Ethik – Orientierung, Werte und Haltung für
                                          eine digitale Welt zeigt, dass vielen Organisationen allerdings derzeit
                                          ein umfassendes Konzept fehlt, um digital ethisch gute und richtige
                                          Entscheidungen zu treffen und dafür Verantwortung zu übernehmen.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                               Aktuelles 6
HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS
Mit einer zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung von Behandlungs­
                                        praktiken sind auch ganz neue Bereiche zu ethisch fundierten Entscheidungen
                                        verpflichtet.

                                        Beispiele dafür sind die Gesundheits-App auf Rezept, die Körperwerte misst
                                        oder an ein Medikament erinnert, die Einkaufsplanung einer Apotheke, die
                                        auf Vorhersagemodellen basiert oder die automatisierte Patientenhotline, die
                                        Service ohne lange Wartezeiten verspricht. Die Digitalisierung durchzieht längst
                                        viele Bereiche des modernen Gesundheitswesens, sie verändert aber auch die
                                        Gesellschaft und Wirtschaft fundamental.

                                        Fallbeispiel : Digitale Verkürzung von Liegedauern
                                        Vor einigen Jahren wollte man in einem Krankenhaus die Liegezeiten von
                                        Patienten optimieren, die wegen einer Lungenentzündung behandelt wurden.
                                        Dazu wurden diverse Daten wie Alter, Geschlecht und verschiedene Krankheits­
                                        parameter in ein Modell eingegeben. Dieses sollte nun ermitteln, welche
                                        Patienten eine gute Genesungschance haben und früher entlassen werden
                                        können. Das paradoxe Ergebnis war, dass für Patienten, die zusätzlich zur
                                        Lungen­entzündung noch Asthma hatten, gute Heilungsaussichten ermittelt
                                        wurden. Worin lag der Fehler? In den Patientendaten hatte man vergessen, die
                                        Art der Behandlung als Variable aufzunehmen. Denn Patienten, die zusätzlich
                                        zur Lungen­entzündung Asthma haben, werden meistens auf der Intensivstation
                                        behandelt. Intensiv­patienten haben aber generell eine bessere Heilungschance.
                                        Der digitale Irrtum wurde in diesem Fall zwar bemerkt, aber er illustriert, dass
                                        digitale Lösungen trans­parent und ethisch verantwortbar sein müssen, da dies
                                        im Zweifels­fall fatale Aus­wirkungen auf alle Beteiligten haben kann.

                                        Digitalethik trägt zum Unternehmenserfolg bei
                                        Die Genfer Deklaration des Weltärztebundes stellt eine moderne und zeit­
                                        gemäße Version des Hippokratischen Eids dar. Hier heißt es: „Ich werde
                                        nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung,
                                        Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer
                                        Zu­gehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher
                                        anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen
                                        Patienten treten.“ Dieses Gelöbnis bildet die Grundlage innerhalb der ärztlichen
                                        Berufs­ordnung und somit im weiteren Sinne auch für unternehmerisches

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                           Aktuelles 7
Handeln im Gesundheits­sektor. Aber wie können Unternehmen ethisch
                                        richtige Entscheidungen treffen, um gutes Handeln ab­zuleiten und folglich
                                        verantwortungs­voll mit Daten umzugehen? Wie schaffen sie ein hohes Maß
                                        an Trans­parenz? Wie bewerten sie den Nutzen digitaler Technologien für
                                        den Menschen? Diesen Fragen widmet sich die digitale Ethik. Digitale Ethik
                                        ist ein Teil­gebiet der Ethik und der praktischen Philo­sophie. Sie untersucht,
                                        wie digitale Medien und Techno­logien von Individuen, Organisationen und in
                                        gesell­schaftlichen Kontexten ein­gesetzt werden und welche Lösungs­ansätze
                                        zur Behebung dabei auf­tretender Probleme und Konflikte verhandelt werden
                                        können.1

                 Digitalethik ist ein fester Bestandteil der integren Unternehmensführung.

                                        Digitale Verantwortung zu übernehmen ist für Unternehmen unverzichtbar.
                                        Organisationen, die werteorientiert mit digitalen Technologien umgehen, bauen
                                        Vertrauen bei Kunden und Stakeholdern auf. In Zeiten, in denen sich die Medizin
                                        und das Gesundheitswesen vermehrt mit Misstrauen konfrontiert sehen, ist es
                                        um­so essenzieller, die dringend notwendige Digitalisierung auf der Basis von
                                        Vertrauen aufzubauen. Nur so kann der digitale Wandel erfolgreich werden. Da­
                                        mit trägt Digitalethik unmittelbar zum Unternehmenserfolg bei. Durch die Ein­
                                        haltung hoher ethischer Standards begegnen die Verantwortlichen im Gesund­
                                        heits­wesen auch regulatorischen Risiken und vermeiden Reputations­schäden.

                                        Herausforderungen der digitalen Ethik
                                        Vertrauen ist der Schlüssel. Kunden, die einem Unternehmen vertrauen, sind
                                        eher dazu bereit, Informationen zu teilen, und verhalten sich insgesamt loyaler.
                                        In der Praxis zeigt sich allerdings, dass vielen Organisationen noch eine um­
                                        fassende Strategie für digitale Ethik fehlt. Wie eine aktuelle PwC-Studie mit
                                        300 Teil­nehmern unterschiedlicher Branchen belegt, verstehen viele Unter­
                                        nehmen darunter technische Aspekte und die Umsetzung der Datenschutz-
                                        Grund­verordnung. Digitale Ethik umfasst aber viel mehr als Datenschutz. Dies
                                        ganz­heitlich zu integrieren fällt vielen Unternehmen schwer. PwC hat fünf
                                        Heraus­forderungen identifiziert, vor denen Unternehmen heute stehen:

                                        1 Vgl. Rafael Capurro, Digitale Ethik, www.capurro.de/DigitaleEthik.html.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                               Aktuelles 8
Überregulierung versus fehlende Regulierung
                                        1   Bisher gibt es für die Digitalisierung noch kein Rahmenwerk, das die ethischen
                                            An­forderungen adressiert. Damit es in Zukunft nicht zu einer Überregulierung
                                            kommt, müssen Unternehmen proaktiv tätig werden und gemeinschaftlich
                                            Standards setzen. Wie sehr soll ein jedes Unternehmen selbst Verantwortung
                                            über­nehmen? Wer ist für Entscheidungen verantwortlich?

                                            Datennutzung versus Schutz der Privatheit
                                        2   Viele technologische Entwicklungen können einen Mehrwert schaffen, sind da­bei
                                            aber Datenschutzbestimmungen ausgesetzt, die gegebenenfalls Innovationen
                                            behindern können. Wie viele Daten ein Unternehmen und eine Techno­logie
                                            nutzen, hängt immer vom Anwendungsfall ab. Dies ist gerade im Gesundheits­
                                            wesen ein besonderer Konflikt, der durch die Art der Daten gesteuert wird.

                                            Legitimiert ein Modell, das Krebs vorhersagen kann, dazu, alle Daten von
                                            Patienten zur Prädiktion zu verwenden, also auch etwa Hautfarbe, Ethnizität,
                                            Glaube, falls sich hier etwa indirekte Korrelationen ergeben?

                                            Automatisierung von Entscheidungsprozessen versus Fairness
                                        3   Gerade in der aktuellen COVID-19-Krise wird häufig diskutiert, wie Betten
                                            auf Intensivstationen im Krisenfall zu vergeben sind. Wäre im Fall einer Triage
                                            auf das Alter oder die Schwere der Erkrankung abzustellen? Dies lässt sich
                                            auch durch Systeme modellieren und entscheiden. Jede Entscheidung muss
                                            begründ­bar sein. Wie kann das Unternehmen in jedem Fall Fairness und Trans­
                                            parenz sicherstellen, um für automatisierte Entscheidungen die Verantwortung
                                            über­nehmen zu können?

                                            Menschlicher Kontakt versus Einsatz von KI
                                        4   Dienstleistungen werden zunehmend mithilfe von Chatbots automatisiert.
                                            Gleich­zeitig wünschen sich Menschen immer mehr einen persönlichen Kontakt.
                                            Wie können Unternehmen bei Wahrung der Transparenz hier Lösungen finden,
                                            die Vertrauen schaffen und gleichzeitig nicht „Mensch spielen“?

                                            Effizienz versus Erklärbarkeit
                                        5   Besonders effiziente Systeme können ihre guten Vorhersagen oft nicht
                                            begründen. Somit ist in jedem Anwendungsfall einzeln abzuschätzen, welchen
                                            Ein­fluss dies auf den Menschen hat. Kann zum Beispiel eine KI, die anhand einer

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                              Aktuelles 9
großen Anzahl von Patientenakten trainiert wurde, einen Arzt ersetzen? Welche
                                        Entscheidung muss und soll individuell medizinisch begründet werden?

                                        Welche digitalethische Strategie die richtige für eine Organisation ist, hängt von
                                        der individuellen Ausrichtung des Unternehmens ab. So stehen Unternehmen
                                        aus der Pharmabranche vor anderen Herausforderungen als Krankenhäuser
                                        oder Arzt­praxen. Dennoch haben sich in der Praxis fünf Grundsätze bei der
                                        Etablierung ethischer Standards bewährt, die unternehmensübergreifend gelten:

                                        1. Sich der eigenen Verantwortung bewusst werden und Standards setzen
                                        Unternehmen können das Potenzial der Digitalisierung nur dann voll aus­
                                        schöpfen, wenn sie ihr Wertesystem mit integritätsfördernden Strukturen
                                        inner­halb des Hauses verknüpfen. Stimmen die Ausrichtung und das unter­
                                        nehmerische Handeln überein, entsteht eine glaubwürdige Strategie digitaler
                                        Unter­nehmens­verantwortung, die auch überzeugend in die Öffentlichkeit
                                        trans­portiert werden kann. Dabei kann neben den im Gesundheitswesen hohen
                                        Standards in der Behandlung ein Digital-Responsibility-Kodex dem Management
                                        zur Orientierung dienen. Welche Werte dabei maßgeblich sind, bestimmt die
                                        Unter­nehmens­leitung. In der Praxis haben sich sieben „Leitplanken“ bewährt,
                                        nämlich: Sicherheit und Qualität (z. B. Datenschutz und -sicherheit), Transparenz
                                        (Nach­voll­ziehbarkeit), Privatheit (Achtung der Privatsphäre), Nutzen und Wohl
                                        (Nach­haltigkeit), Verantwortung und Nachvollziehbarkeit (Erklärbarkeit), Dis­
                                        kriminierungs­freiheit und Recht (Wahrung der Menschenrechte und Gesetze)
                                        und Partizipation (Teilhabe, Empowerment).

                                        2. Parallelstrukturen vermeiden, auf Vorhandenes aufsetzen
                                        Digitalethische Grundsätze können im Unternehmen nur dann erfolgreich
                                        verankert werden, wenn sie an bestehende betriebliche Strukturen und
                                        Prozesse anknüpfen. Damit dies gelingt, sollten digitalethische Werte in
                                        den bestehenden Managementsystemen, wie zum Beispiel im Risiko- und
                                        Compliance-Management und bei der Personalentwicklung, einen festen Platz
                                        bekommen. Das steigert auch die Akzeptanz bei der Belegschaft. Dagegen
                                        sollten Unternehmen es in jedem Fall vermeiden, Parallelstrukturen aufzubauen.
                                        So gewinnen Unternehmen langfristig das Vertrauen ihrer Stakeholder. Um diese
                                        Integration zu unterstützen, hat PwC das Tool Integrity-Driven Performance (IDP)
                                        entwickelt, das sich konsequent am Wert der Integrität orientiert.

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3. Kompetenz aufbauen – bei der Belegschaft wie auf der Leitungsebene
                                        Unternehmen bezeichnen in der PwC-Studie die fehlende Kompetenz und das
                                        mangelnde Bewusstsein innerhalb der Mitarbeiterschaft als die größte Hürde
                                        auf dem Weg zu digitaler Ethik. In der Gesundheitsbranche ist sicherzustellen,
                                        dass die hohen ethischen Standards, die im täglichen Umgang mit den Patienten
                                        gelten, von den Mitarbeitern auch im Umgang mit Technologien angewendet
                                        werden. Daher ist es wichtig, die digitalethische Kompetenz in der Belegschaft
                                        auf­zubauen – auch um Unsicherheiten und Fehlverhalten vorzubeugen. Schon
                                        bei der Einstellung neuer Mitarbeiter sollten Unternehmen darauf achten, dass
                                        diese die Werte der Organisation teilen und zur Unternehmenskultur passen. Die
                                        schnelle technologische Entwicklung erfordert es, dass Mitarbeiter kontinuierlich
                                        weiter­gebildet werden, etwa durch Awareness-Workshops und -Trainings oder
                                        neue Lernformen wie Apps zum Digital Upskilling. Eine wichtige Vorbildfunktion
                                        kommt der Leitungsebene bei der Ausbildung digitalethischer Kompetenz zu.
                                        Führungs­kräfte sind es auch, die dafür Sorge tragen müssen, dass Werte und
                                        Handeln übereinstimmen.

                                        4. Geschäftsprozesse unternehmensübergreifend betrachten
                                        Die Stärkung der Mitarbeiterkompetenz ist zwar ein wichtiger Baustein zur
                                        digital­ethischen Strategie eines Unternehmens. Im Zeitalter der Digitalisierung
                                        mit stark vernetzten Strukturen reicht diese Maßnahme allein aber nicht mehr
                                        aus, da insbesondere bei Plattformökonomien die Grenzen zwischen dem
                                        eigenen Unternehmen, anderen Marktteilnehmern und externen Dienstleistern
                                        verschwimmen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verweist im
                                        Papier zur Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft gleich im ersten Eck­punkt
                                        auf die Relevanz von Plattformökonomien.2 Daher müssen sich hier alle Unter­
                                        nehmen diesen komplexen Wertschöpfungsketten stellen. Allerdings verfügen
                                        nur wenige bislang über Erfahrung in diesem Bereich. Dabei kann ihnen ein
                                        Verhaltens­kodex helfen, der es ermöglicht, die Unternehmensanforderungen
                                        trans­parent an Stakeholder zu kommunizieren.

                                        2 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Digitalisierung der Gesundheits­
                                          wirtschaft, Eckpunktepapier, www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Wirtschaft/
                                          eckpunkte-digitalisierung-gesundheitswirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=16.

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5. Ethische Standards bei der Produktentwicklung berücksichtigen
Weitere Informationen erfragen Sie      Das Tempo der Digitalisierung nimmt zu, Unternehmen versuchen, Produkt­
bitte bei                               entwicklungsprozesse immer agiler zu gestalten. Dadurch steigen die An­
Daniela Hanauer                         forderungen an die digitale Ethik. Umso wichtiger ist es, neben den An­
Tel.: +49 89 5790-5628                  forderungen der Medizinprodukte-Verordnung auch ethische Standards bereits
daniela.hanauer@pwc.com                 bei der Planung und Entwicklung neuer Technologien zu berücksichtigen. Das
                                        erreichen Unternehmen etwa, indem sie klare Verantwortlichkeiten unter den
Dr. Robert Paffen                       Mit­arbeitern festlegen, die den Produktentwicklungsprozess begleiten. Einen
Tel.: +49 211 981-4330                  weiteren Hebel stellen beispielsweise Zertifizierungen dar, durch die Unter­
robert.paffen@pwc.com                   nehmen sich langfristig absichern und vom Wettbewerb abheben können.
                                        So gelingt es Unternehmen, Vertrauen in ihre Dienstleistungen und Produkte
Angelika Pauer                          aufzubauen.
Tel.: +49 221 2084-195
angelika.pauer@pwc.com                  So gilt am Ende in der digitalen wie in der analogen Welt, dass sich jeder seiner
                                        Verantwortung bewusst sein muss und dass man nur mit Transparenz und Nach­
Steffen Esche                           vollziehbarkeit von Entscheidungen Vertrauen schaffen kann.
Tel.: +49 69 9585-6143
steffen.esche@pwc.com

Paul Czech
Tel.: +49 40 6378-2333
paul.czech@pwc.com

Armand Zorn
Tel.: +49 69 9585-3272
armand.zorn@pwc.com

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                         Aktuelles 12
COVID-19 als Katalysator für die
digitale Medizin?
                                        Seit Mitte März, also mit Beginn der Schließungen aufgrund
                                        des Coronavirus, sind in Deutschland die monatlichen
                                        Nutzer­zahlen von Health- und Fitnessanwendungen um
                                        16 Prozent angestiegen. Bringt COVID-19 so eine digitale
                                        Revolution im Gesundheitswesen ins Rollen? Mit dieser
                                        Frage­stellung beschäftigt sich die aktuelle Studie Will
                                        COVID-19 jumpstart the digital healthcare revolution? von
                                        Strategy&, der Strategieberatung von PwC.

                                        Besonders Start-ups sind von der wirtschaftlichen Krise betroffen, die die
Download                                Corona­pandemie ausgelöst hat. Investoren sind bei Kapitalanlagen in junge
Die vollständige Publikation finden     Firmen derzeit eher zurückhaltend, weshalb nur noch eine kleine Auswahl an
Sie auf unserer Website.                Projekten gefördert wird. In Deutschland fürchten daher 80 % der Start-ups
                                        um ihre Zukunft und finanzielle Stabilität, wie eine Studie des Bundesverbands
                                        Deutsche Startups e. V. aus dem März 2020 zeigt.

                                        Und doch erkennen Gründer und Investoren aus dem Bereich Digital Healthcare
                                        Wachstumspotenziale. Sowohl die hohe öffentliche Aufmerksamkeit für
                                        Gesundheits­themen als auch die verstärkte Nutzung digitaler Anwendungen in
                                        Zeiten von Social Distancing könnten die Branche rund um Gesundheits-Apps
                                        und Telemedizin anspornen. Die Studie von Strategy&, bei der mit Unterstützung
                                        des Spitzenverbands Digitale Gesundheitsversorgung e. V. 27 deutsche Digital-
                                        Health-Gründer und -Investoren im April 2020 befragt wurden, zeigt, dass 82 %
                                        der Befragten die Krise auch als Chance sehen. 80 % der Digital-Healthcare-
                                        Start-ups berichten zudem, dass ihre Kunden die Apps immer häufiger nutzen
                                        und 72 % rechnen dementsprechend mit höheren Investments in die Healthcare-
                                        Branche im Vergleich zum Vorjahr.

                                        „COVID-19 beschleunigt die Digitalisierung in der
                                        Medizin in einem enormen Ausmaß. Patienten und

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                         Aktuelles 13
Ärzte nutzen aktuell vermehrt virtuelle Behandlungs­
                                        möglichkeiten und erkennen deren Vorteile. Daher
                                        könnten sich digitale Lösungen auch mittel- und lang­
                                        fristig als Ergänzung traditioneller Methoden etablieren.
                                        Ihre Resilienz haben Digital-Healthcare-Start-ups schon
                                        während der Finanzkrise mit geringen Finanzierungs­
                                        rück­gängen unter Beweis gestellt. Das aktuelle
                                        Stimmungs­bild der deutschen Gründerszene bestätigt
                                        uns in der Prognose, dass die Ausgaben für digitale
                                        Gesundheitslösungen bis 2030 allein in Deutschland
                                        ein Marktvolumen von rund 40 Milliarden US-Dollar
                                        erreichen werden“,
                                        erläutert Dr. Thomas Solbach, Studienautor und Partner bei Strategy&.

                                        Vor allem das krisenbedingt deutlich gestiegene Bewusstsein für digitale
Weitere Informationen erfragen Sie      An­gebote in der Bevölkerung betrachten 88 % der Interviewten als größte
bitte bei                               mittel­fristige Wachstumschance, da solche Angebote einen neuen Zugang
Dr. Thomas Solbach                      zu Gesundheits­lösungen darstellen. Aus diesen ergeben sich für 12 % der
Tel.: +49 69 97167-477                  Befragten neue COVID-19-spezifische Geschäftsfelder.
thomas.solbach@
strategyand.de.pwc.com                  Gleichzeitig blicken deutsche Digital-Healthcare-Startups realistisch auf
                                        die ein­schränkenden Faktoren der Krise, die sie bewältigen müssen, um die
Stephan Danner                          Markt­potenziale voll ausschöpfen zu können. 58% machen sich Sorgen, dass
Tel.: +49 30 88705-868                  Investoren Venture Capital aus Risikoprojekten zurückziehen. Außerdem
stephan.danner@                         befürchtet die Hälfte der Befragten, dass die Kostenträger in der Folge der Krise
strategyand.de.pwc.com                  noch preis­sensibler agieren.

Patrick Grünewald                       Auf Basis der Befragung wurden verschiedene Handlungsfelder, unter anderem
Tel.: +49 69 97167-405                  Liquiditätssicherung und Kundengewinnung und -bindung, identifiziert, die
patrick.gruenewald@                     Digital-Health-Gründer und -Investoren forcieren sollten, um so Wachstums­
strategyand.de.pwc.com                  potenziale optimal zu nutzen – verbunden mit dem Ziel, erfolgreich aus der Krise
                                        hervorzugehen.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                           Aktuelles 14
Geschäftliche Flexibilität nutzen,
um auf Herausforderungen im
Gesundheitswesen zu reagieren
                                         Um rasch auf entstehende Marktveränderungen aufgrund
                                         von COVID-19 reagieren zu können, müssen Unternehmen
                                         im Gesundheitswesen an Flexibilität gewinnen. Die Aus­
                                         wirkungen von COVID-19 verschärfen indes die bereits
                                         zuvor bestehenden Herausforderungen einer zunehmend
                                         komplexen Kundenlandschaft und des wachsenden Wett­
                                         bewerbs. Einige Unternehmen im Gesundheitswesen haben
                                         bereits damit begonnen, agile Prinzipien anzuwenden, um
                                         sich zu flexiblen Marktteilnehmern zu entwickeln und ihren
                                         differenzierenden Wettbewerbsvorteil (Right to Win) zu
                                         behalten.

                                         In einer umfassenden Studie hat Strategy& sechs zentrale Erfolgsfaktoren
Download                                 identifiziert, die für den Aufbau einer „Agile Healthcare Organization 4.0“ maß­
Weitere Informationen zur Studie         geblich sind:
finden Sie unter                         1. durch ergebnisorientierte Arbeitskultur Teams stärken und ihre
https://www.strategyand.pwc.com/ch/         Reaktionsfähigkeit erhöhen
de/studie/2020/agile-healthcare-4.html   2. agile Transformation auf Forschung, Market Access, sowie Marketing
                                            und Sales fokussieren
                                         3. gleichzeitig die Bausteine Kultur, Arbeitsweisen, Organisation und
                                            Infrastruktur transformieren
                                         4. den richtigen Grad von Agilität für das Unternehmen als Ganzes und für
                                            einzelne Teams bestimmen
                                         5. einen Pilotierungsansatz wählen und Mitarbeiter als „Botschafter“ für
                                            Agilität gewinnen
                                         6. Brücken zwischen agilen und traditionellen Organisationsbereichen bauen

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                            Aktuelles 15
Zentrale agile Prinzipien für Gesundheitsunternehmen

      71 %            71 %              71 %

                                                        57 %

                                                                       42 %

                                                                                      28 %

                                                                                                     14 %           14 %

  Stärkung des   Genauigkeit und    Schnelligkeit     Patienten-    Anpassungs-       flache       Zusammen-       Einfachheit
   Teamgeists     Verlässlichkeit                    orientierung     fähigkeit     Hierachien       arbeit

71 Prozent der Befragten sehen die Stärkung des Teamgeists, Genauigkeit und Verlässlichkeit sowie Schnelligkeit als die
maßgeblichen Erfolgsfaktoren an.

                                               COVID-19 stellt insbesondere für diejenigen Unternehmen in der Gesundheits­
Weitere Informationen erfragen Sie             branche eine Bedrohung dar, die es versäumt haben, ihre Fähigkeiten weiter­zu­
bitte bei                                      entwickeln und sie zur Überwindung der Pandemieauswirkungen ein­zusetzen.
Dr. Thomas Solbach                             Doch die aktuelle Krise schafft ebenso Chancen für Unternehmen mit agilen
Tel.: +49 69 97167-477                         Strukturen, um sich in einem global fragmentierten und schnell entwickelnden
thomas.solbach@                                Markt zu behaupten. Beim Aufbau der erforderlichen Fähigkeiten ist das richtige
strategyand.de.pwc.com                         Maß an unternehmerischer Flexibilität in Abstimmung mit der Unternehmens­
                                               strategie entscheidend, um auch in Zukunft erfolgreich agieren zu können.
Dr. Clemens Freytag
Tel.: +41 79 676-9860
clemens.freytag@
strategyand.ch.pwc.com

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                               Aktuelles 16
Der digitale Manager für die Rückkehr
zum Geschäftsbetrieb
                                        Kinder können nach und nach wieder in Schulen und
                                        Kinder­gärten gehen, Geschäfte im Einzelhandel öffnen
                                        wieder und Arbeitnehmer kehren unter Auflagen in den
                                        Betrieb zurück. Die Lockerungen der coronabedingten
                                        Ein­schränkungen führen wieder zu vermehrten Kontakten,
                                        steigern so aber auch das Infektionsrisiko. Um erneute
                                        harte Maß­nahmen wie Standortschließungen zu vermeiden,
                                        müssen Infektionsketten frühzeitig erkannt und unter­
                                        brochen werden. Hierzu braucht es eine digitale Lösung,
                                        die die Kontaktketten mithilfe von Bluetooth-Tracing nach­
                                        vollziehen und potenzielle Risiken melden kann – die Safe
                                        Space App von PwC.

                                        Digitale Applikationen können das Führen manueller Listen überflüssig machen.
                                        Sie ersetzen Papierformate wie Kontaktformulare und Anwesenheitslisten, die
                                        derzeit in vielen Unternehmen ausgefüllt werden müssen. Eine einzige App – wie
                                        die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Anwendung – reicht zum
                                        einen nicht aus, um die Vielzahl an Kontaktketten abzubilden, und kann zum
                                        anderen nicht zeitgerecht hochskaliert werden, um Unternehmen die un­mittel­
                                        bare Rückkehr in die Büros zu ermöglichen. Hier kann die Safe Space App
                                        unter­stützen. Sie „multipliziert“ die Viruseindämmung und schützt durch Risiko­
                                        trans­parenz und präventives Management die Geschäftstätigkeit unternehmens­
                                        spezifisch.

                                        Nicht nur die anonyme und verifizierte Angabe des Gesundheitszustands zählt
                                        zu den umfangreichen Funktionen der App, sondern auch die Kontakt­nach­
                                        verfolgung über Bluetooth-Contact-Tracing. Über eine einheitliche Bluetooth-
                                        Contact-Tracing-Schnittstelle kann die Applikation in ein flächendeckendes,
                                        digitales Management der Coronapandemie integriert werden und so die
                                        Corona-Warn-App der Bundesregierung unterstützen. Zusätzlich können auf

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                         Aktuelles 17
Basis von GPS und Geofences Nachrichten und bestimmte Inhalte wie Corona­
                                        verhaltens­regeln, Warnhinweise und unternehmensrelevante Informationen
                                        stand­ort­spezifisch vermittelt werden. Zudem ist auch eine Anbindung anderer
                                        Geräte an die App geplant. Durch beispielsweise Fiebermess­geräte oder Ab­
                                        stands­messer können exakte Aussagen über den Gesundheits­zustand der
                                        Belegschaft getroffen werden.

                                          Letztlich bietet die App eine umfangreiche Administrations- und Analyse­
                                          platt­form, mit der Auswertungen zur Adoption bzw. Nutzung der App, ein
                                          aggregiertes und anonymes Monitoring der Coronasituation und Crowd-
                                          Management-Analysen erstellt werden können. Die App kann Unternehmen
                                          jetzt schon bei der Nachverfolgung von Infektionsketten Hilfestellung leisten.

                                        Des Weiteren minimiert die Nutzung der Safe Space App das Risiko einer
                                        Standortschließung aufgrund nicht nachvollziehbarer Infektionsketten. Ohne
                                        eine solche Anwendung müssten die Risikokontakte eines positiv getesteten
                                        Mitarbeiters über das Gesundheitsamt manuell nachvollzogen werden. Dies
                                        wäre sowohl zeitaufwendig als auch fehleranfällig. Infolgedessen kann eine nicht
                                        nachvollziehbare Ausbreitung des Virus im schlimmsten Fall zur temporären
                                        Schließung eines gesamten Standorts führen. Mit der Safe Space App werden

Transparente Kommunikation
und klare Optik mit dem Ziel,
eine hohe „Opt-in-Rate“ für die
einzelnen Features zu erreichen

                                           transparente     personalisierte       aktueller     Kontakt-Tracing   Location-based
Quelle: PwC Strategy&                       Einführung    Benachrichtigungen Gesundheitszustand      aktiv        points of interest

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über Bluetooth-Tracing die Kontakte der Mitarbeiter anonymisiert erfasst. Wird
Weitere Informationen erfragen Sie      ein Mitarbeiter positiv auf COVID-19 getestet, ändert er nach Verifizierung durch
bitte bei                               den Betriebsarzt den Gesundheitsstatus in der App zum Schutz seiner Kollegen.
Dr. Rainer Bernnat                      Die rückverfolgten Kontakte des Mitarbeiters erhalten automatisch eine Warnung
Tel.: +49 69 97167-414                  über den Risikokontakt und werden aufgefordert, sich vorsichtshalber für zwei
rainer.bernnat@                         Wochen in Selbstisolation zu begeben – der Betrieb kann dabei aufrechterhalten
strategyand.de.pwc.com                  werden.

Germar Schröder
Tel.: +49 69 97167-426                    Die Safe Space App bietet nicht nur einen dringend benötigten Funktions­
germar.schroeder@                         umfang und eine unternehmens- und zielgruppenspezifische Anpassbarkeit
strategyand.de.pwc.com                    im Rahmen eines White-Label-Modells. Sie kann nun auch das Hochfahren
                                          der Wirtschaft entscheidend unterstützen.
Albert Zimmermann
Tel.: +49 89 54525-657
albert.zimmermann@
strategyand.de.pwc.com

Michael Birlbauer
Tel.: +49 89 5790-6809
michael.birlbauer@pwc.com

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Zielgerichtete Kommunikation mit
Mitarbeitern per App
                                        Eine umfassende und transparente Kommunikation mit
                                        den Mitarbeitern ist essenziell für einen effizienten und
                                        harmonischen Arbeitsablauf. Vor allem in Krisenzeiten wie
                                        während der aktuellen Coronapandemie ist eine schnelle und
                                        klare Betriebs­kommunikation an die richtigen Zielgruppen
                                        bedeutend. Das gilt gerade auch für die Mitarbeiter, die nicht
                                        im Büro elektronisch erreichbar sind, zum Beispiel Pflege­
                                        kräfte. Um hier Abhilfe zu schaffen, kooperiert PwC mit dem
                                        Unter­nehmen Beekeeper und bietet mit diesem gemeinsam
                                        eine Lösung an, mit der sich die betriebliche Kommunikation
                                        schlank, effizient und zielführend gestalten lässt: die
                                        Beekeeper-App.

                                        Ungeachtet der örtlichen Verfügbarkeit können Vorgesetzte über die App jeder­
                                        zeit mit ihren Mitarbeitern in Kontakt bleiben und ihnen wichtige Informationen,
                                        Sicherheitsbestimmungen, Arbeitsanweisungen und Dienstpläne zukommen
                                        lassen – und das schnell und effektiv.

                                        Durch Livefeeds und App-Postings können beispielsweise neue Hygiene­maß­
                                        nahmen und Richtlinien direkt vermittelt werden. In Chats können Mitarbeiter auf
                                        die Kommunikation reagieren und ihre Fragen und Bedenken zu verschiedenen
                                        Themen äußern.

                                        Die Zielgruppen können auch genau abgesteckt werden und nur einzelne Ab­
                                        teilungen oder Personen angesprochen werden. Dabei ist neben Top-down auch
                                        eine Zweiwegekommunikation für Abstimmungen möglich. Diese lässt einen
                                        schnellen Austausch zwischen Mitarbeitern zu und Daten können unkompliziert
                                        geteilt werden.

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Wichtige Dokumente, Arbeits­
anweisungen und Dienstpläne –
alles an einem Ort

Quelle: https://store.pwc.de/de/
beekeeper-app

                                        Auch die Neuaufnahme von Mitarbeitern kann durch die Beekeeper-App
                                        effizienter gestaltet werden. Mithilfe des Beekeeper-Onboarding-Buddys werden
                                        Neueinsteiger automatisch über den Onboardingprozess und weitere wichtige
                                        Informationen auf dem Laufenden gehalten. Durch dieses Tool sowie Chatbots
                                        für häufige Fragen bleibt für die Mitarbeiter im Personalbereich mehr Zeit, sich
                                        auf individuelle Fälle und Anliegen Einzelner zu fokussieren.

                                        Da vor allem im Gesundheitswesen oftmals sehr sensible Daten ausgetauscht
                                        werden, hat auch hier Sicherheit die höchste Priorität. Die Beekeeper-App erfüllt
                                        die Sicherheitsanforderungen einer Unternehmenssoftware und setzt somit auf
                                        höchste Standards in den Bereichen Datenverschlüsselung, DSGVO-Konformität
                                        und Schutz durch eine Firewall.

                                        Durch die Partnerschaft von PwC und Beekeeper wird sichergestellt, dass
                                        das Tool passend zu den Anforderungen und Strukturen der Organisation
                                        ein­geführt wird. Hierbei ist es wichtig, den Mitarbeitern den Mehrwert und

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die Funktionalitäten der Applikation zu vermitteln, um eine hohe Adoption
Weitere Informationen erfragen Sie      von Beekeeper zu gewährleisten. Darüber hinaus unterstützt PwC bei der
bitte bei                               konzeptionellen Change-Management- und Kommunikations-Beratung.
Till Lohmann
Tel.: +49 40 6378-8835
till.r.lohmann@pwc.com
                                        „Auf der Suche nach einem sicheren und
                                        unkomplizierten Tool, mit welchem wir unsere Teams
Matthias Pfeiffer                       koordinieren, sie zeitnah informieren und miteinander
Tel.: +49 89 5790-5216
matthias.pfeiffer@pwc.com               vernetzen können, hat mich Beekeeper überzeugt“,
                                        erklärt der stellvertretende Leiter des Bereichs Marketing und Kommunikation
                                        eines Schweizer Kantonsspitals.

                                        Somit trägt die Beekeeper-App nicht nur dank der hohen sicherheitstechnischen
                                        Standards, sondern auch aufgrund ihrer unkomplizierten Handhabung und den
                                        verschiedenen Anwendungen je nach Kommunikationsbedarf zu schlanken
                                        Arbeits­prozessen sowie einer hohen Mitarbeiterbindung bei.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                         Aktuelles 22
Der Umbruch des Gesundheitssektors
spiegelt sich in der Dynamik der
Transaktionen
                                        Die Konsolidierung des deutschen Gesundheitsmarktes
                                        setzt sich weiter fort: Für das Jahr 2019 verzeichnet die
                                        Branche insgesamt 106 Fusionen und Übernahmen. Im
                                        Vergleich zum Vorjahr, das bereits durch ein dynamisches
                                        Geschehen geprägt war, ist die Zahl der Transaktionen
                                        damit um acht weitere gestiegen.
                                        Knapp die Hälfte der Käufe wurden im Bereich der niedergelassenen Leistungs­
                                        erbringer und Labore getätigt, die sich vor allem für Finanzinvestoren zu
                                        attraktiven Zielen entwickelten. Das sind zentrale Ergebnisse des PwC-Trans­
                                        aktions­monitors Gesundheitswesen vom Frühjahr 2020.

                                        „Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich
                                        in einer Phase des Umbruchs. Stark fragmentierte
                                        Märkte – selbst in Ballungsräumen – bieten ein großes
                                        Kon­solidierungs­potenzial. Für Investoren ist der
                                        Gesundheits­markt so attraktiv, weil er im Vergleich
                                        zu anderen Branchen weit­gehend unabhängig ist
                                        von konjunkturellen Schwankungen. Zudem ist das
                                        deutsche Gesundheits­wesen von steigenden Patienten­
                                        zahlen und einer hohen Bonität geprägt.“
                                        Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei
                                        PwC Deutschland

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Die Coronakrise bremst den Transaktionsmarkt im zweiten Quartal
                                        Kurzfristig dürfte sich der Markt auf kleinere Zukäufe etablierter Unternehmen
                                        beschränken. „Mittelfristig wird sich der Markt jedoch erholen. Diese
                                        Entwicklung könnte sich dadurch beschleunigen, dass die Krise gezeigt hat,
                                        wie enorm wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem ist“, prognostiziert
                                        Michael Burkhart. Die Erholung wird auch deshalb schnell gelingen, weil die
                                        Organisationen im deutschen Gesundheitswesen ein gutes Krisenmanagement
                                        zeigen. „Ich führe das darauf zurück, dass größere Verbünde – etwa im Bereich
                                        der Labore – sich schneller und bundesweit einheitlich an die neuen An­
                                        forderungen anpassen können“, kommentiert der PwC-Gesundheitsexperte.

                                        Auch die Telemedizin dürfte durch die Krise weiter an Bedeutung gewinnen –
                                        schon jetzt verzeichnen die Anbieter eine hohe Nachfrage nach Online­sprech­
                                        stunden, bedingt durch die Auswirkungen der Pandemie.

                                        „Obwohl die Digitalisierung des deutschen
                                        Gesundheits­wesens im Vergleich zu anderen euro­
                                        päischen Ländern noch am Anfang steht, ist davon
                                        aus­zu­gehen, dass sie enorm an Bedeutung gewinnt
                                        und damit auch für eine steigende Zahl an Trans­
                                        aktionen sorgen wird“,
                                        kommentiert Alexander von Friesen, M&A-Experte bei PwC Deutschland.

                                        Niedergelassene Leistungserbringer: Fokus auf Zahnmedizin
                                        Besonders dynamisch entwickelt sich der Markt im Bereich der nieder­
                                        gelassenen Leistungserbringer und Labore mit insgesamt 46 Transaktionen
                                        (2018: 33). Die Hälfte davon wurde mit Beteiligung von Private-Equity-Firmen
                                        geschlossen. Gerade die Zahnmedizin ist von Interesse für Finanzinvestoren,
                                        die ihre Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) weiter ausbauen, darunter
                                        der Verkauf der zahnmedizinischen Kette Zahneins durch Summit Partners
                                        an PAI Partners zum Jahresbeginn 2020. Weitere wichtige Transaktionen im
                                        nieder­gelassenen Sektor waren 2019 die Übernahme des Radioonkologischen
                                        Netz­werks durch Summit Partners, der Erwerb des Zentrum Gesundheit durch
                                        die Nord Holding und der Kauf der Radiologiekette Meine Radiologie Holding
                                        durch Triton Partners. Das neue Terminservice- und Versorgungsgesetz, das mit

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                        Aktuelles 24
Ein­schränkungen für die MVZ verbunden ist, wirkt sich offenbar nicht auf das
                                        Trans­aktions­geschehen aus. Durch die Coronakrise wird es in den kommenden
                                        Monaten voraussichtlich aber zu weniger größeren, fremdfinanzierten Trans­
                                        aktionen kommen.

                                        Krankenhäuser: Wettbewerb treibt Transaktionsgeschehen
                                        Krankenhäuser und Fachkliniken in Deutschland stehen unter einem hohen
                                        Wett­bewerbs- und Kostendruck, etwa durch eine Stagnation der Fallzahlen, den
                                        Fach­kräftemangel im Gesundheitswesen – verschärft noch durch die Einführung
                                        der Pflege­personalgrenze – und den Fixkostendegressionsabschlag. Das
                                        führt zu insolvenzgetriebenen Trägerwechseln und strategischen Zusammen­
                                        schlüssen, insgesamt 26 im Jahr 2019 (2018: 29). Davon sind besonders
                                        Kranken­häuser in freigemeinnütziger und teilweise auch in öffentlicher Träger­
                                        schaft betroffen. Wichtige Transaktionen waren der Erwerb der Rhön Kliniken
                                        durch Asklepios, der Kauf der Caritas Trägergesellschaft West durch die
                                        Josefs-Gesellschaft und den Caritasverband des Bistums Aachen sowie die
                                        Veräußerung der DRK Kliniken in Thüringen und Brandenburg an die KMG
                                        Kliniken im Zuge eines Insolvenzverfahrens.

                                        Durch die Coronakrise navigieren die Krankenhäuser derzeit souverän.

                                        „In der Krise zeigt sich, dass die Häuser durch die
                                        Träger­vielfalt in der Lage sind, entsprechend ihrer
                                        spezifischen Stärken zu reagieren – etwa durch
                                        Kooperationen und effiziente Strukturen. Diese Vielfalt
                                        sollten wir erhalten und nicht zugunsten einer stärkeren
                                        Verstaatlichung aufgeben“,
                                        sagt Michael Burkhart.

                                        Pflege: attraktiver Markt für private und freigemeinnützige Träger
                                        Ebenso viele Transaktionen wie die deutsche Krankenhauslandschaft
                                        verzeichnet das Segment Pflege mit 26 Transaktionen (2018: 30), darunter der
                                        Erwerb von Mediko durch die Schönes Leben Gruppe, der Erwerb von Pro Talis
                                        durch Alloheim und der Verkauf von Charleston an KOS.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                          Aktuelles 25
„Der Markt für Pflege, gerade im ambulanten Bereich,
Weitere Informationen erfragen Sie
bitte bei                               bietet noch ein großes Konsolidierungspotenzial durch
Dr. Alexander von Friesen               seine starke Fragmentierung. Er zieht vor allem private
Tel.: +49 69 9585-5487                  inhabergeführte und freigemeinnützige Betreiber an.“,
alexander.von.friesen@pwc.com
                                        ergänzt Alexander von Friesen.
Matthias Altmann
Tel.: +49 69 9585-1535                  Auch die Intensivpflege gewinnt an Bedeutung, in diesem Bereich gab es zwölf
matthias.altmann@pwc.com                Transaktionen.

                                        Rehabilitation: der ambulante Markt zieht Investoren an
                                        Im Transaktionsmarkt spielt der Bereich Rehabilitation mit sieben Übernahmen
                                        nur eine untergeordnete Rolle (2018: 6). Gerade die ambulante Rehabilitation
                                        hat in den vergangenen Jahren aber durch steigende Fallzahlen an Bedeutung
                                        gewonnen. An diesem Markt zeigen sowohl Finanzinvestoren als auch
                                        strategische Investoren vermehrt Interesse. Im Bereich der stationären Re­
                                        habilitation wird die Konsolidierung voraussichtlich durch das anstehende
                                        Intensiv­pflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz weiter zunehmen.
                                        Wesentliche Transaktionen im Segment Pflege waren der Erwerb der Kliniken
                                        Wied durch die Median Kliniken, der Kauf der Rehaklinik Masserberg durch die
                                        Regiomed-Kliniken und der Erwerb von Rehacon durch Waterland.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                       Aktuelles 26
Schwerpunktthema
                              Keine Digitalisierung ohne Sicherheit: Wieso Krankenhäuser jetzt in
                              Cybersicherheit investieren müssen                                          28

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                      Schwerpunktthema 27
Keine Digitalisierung ohne Sicherheit:
Wieso Krankenhäuser jetzt in
Cybersicherheit investieren müssen
                                        Ideen, wie sich die Behandlung der Patienten durch digitale
                                        Ansätze modernisieren lässt, gibt es viele. Bislang ließen
                                        sich diese häufig nur schwer umsetzen – bis die Corona­
                                        krise gezeigt hat, wie notwendig Digitalisierung ist und
                                        was alles in kurzer Zeit möglich ist. Aber es gibt auch eine
                                        Kehr­seite dieser Medaille: Mit der Digitalisierung wächst
                                        die Verwundbarkeit. Organisationen aller Branchen und
                                        Größen sind mittler­weile stark von verschiedensten IT-
                                        Systemen ab­hängig – mit unangenehmen Nebenwirkungen:
                                        Pragmatische Lösungen, die im Zuge der Vorbereitung auf
                                        die Pandemie eingeführt wurden, können große Risiken in
                                        Bezug auf die Cyber­sicherheit bergen.

                                        Vor diesem Hintergrund lohnt ein kritischer Blick auf den Stand der Cyber­
                                        sicherheit und die Herausforderungen, denen sich Krankenhäuser jetzt
                                        stellen müssen. Seit 2019 sind alle größeren Krankenhäuser nach § 8a des
                                        Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG)
                                        verpflichtet, ein entsprechendes Audit durchzuführen. Dennoch gelingt es immer
                                        professioneller und routinierter agierenden Cyberkriminellen regelmäßig, die
                                        Gesundheits­branche kalt zu erwischen – und deren Systeme anzugreifen.

                Krankenhäuser sind ein leichtes Opfer für Cyberkriminelle – und manch
                erfolgreiche Auditierung hat sich so bereits als Feigenblatt entpuppt.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                               Schwerpunktthema 28
Krankenhäuser sind offensichtlich leichte Opfer für Cyberkriminelle. Die Gründe
                                        dafür sind vielfältig: Investitionsstau, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung
                                        von IT-Personal und historisch gewachsene IT-Architekturen, die komplex und
                                        marode sind, aber zu wichtig, um sie einfach abzuschalten. So braucht es nicht
                                        immer kriminelle Cyberakteure, um Schaden anzurichten. Zu Datenschutz­
                                        pannen, Systemausfällen und Informationssicherheitsvorfällen kann es in diesem
                                        Um­feld auch ganz ohne fremdes Zutun kommen.

                                        Branchenstandard gibt den Stand der Technik vor
                                        Was als Stand der Technik in der Absicherung von Krankenhäusern gilt, hat die
                                        Deutsche Krankenhausgesellschaft in einem branchenspezifischen Sicherheits­
                                        standard (B3S) beschrieben.1 Der Katalog ist sehr umfangreich: Er umfasst mehr
                                        als 168 Anforderungen, die nicht nur technischer Natur sind, sondern vor allem
                                        die Organisation und Prozesse betreffen.

                                        Der B3S führt vor Augen, was der heute aktuelle Stand der Technik ist.
                                        Allerdings müssen nur Häuser, die zur kritischen Infrastruktur (KRITIS) zählen,
                                        nach­weisen, dass sie den Standard einhalten.

                Nichtsdestotrotz: Das im B3S beschriebene Sicherheitsniveau sollte jeder
                medizinische Versorgungsbetrieb heute sicherstellen können.

                                        Umfassendes Risikomanagement rund um die Patientenversorgung
                                        notwendig
                                        In seiner Gefährdungsanalyse fordert der B3S einen sogenannten Allgefahren-
                                        Ansatz. Dieser zielt nicht nur auf spezifische IT-Gefährdungsparameter ab,
                                        sondern umfasst sämtliche Risiken, die sich etwa über Informationssysteme
                                        oder vernetzte Medizingeräte für die Patientenversorgung als kritische Dienst­
                                        leistung eines Krankenhauses ergeben können.

                                        1 Wir berichteten darüber in Ausgabe 55 vom Juni 2019.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                  Schwerpunktthema 29
Unter den Schutzzielen werden explizit auch Auswirkungen auf die
                      Patientensicherheit und Behandlungseffektivität betrachtet.

                                                   Vorgegeben werden 40 verschiedene Bedrohungsszenarien, Schwachstellen
                                                   und Gefährdungen – von Elementarschadensereignissen über Stromausfälle
                                                   bis hin zu Cyberbedrohungen und menschlichen Fehlern. Wer den branchen­
                                                   spezifischen Sicherheitsstandard erfüllen will, muss sich unweigerlich mit
                                                   einem umfassenden Risikomanagement rund um die Patientenversorgung aus­
                                                   einander­setzen.

                                                   Dreiklang aus Strategie, Planung und Finanzierung
                                     Fi            Die angespannte Budgetsituation in deutschen Krankenhäusern macht es
                                       n           schwierig, Geld in die sorgfältige Umsetzung des B3S zu stecken. Eine solche
         ie

                                       an

                                                   Investition kann sich zwar schnell auszahlen, denn künftige Digitalisierungs­
      teg

                                         zie
  Stra

                digitale    Eigenmittel,           projekte werden durch eine sichere, stabile und zeitgemäße Infrastruktur erst
                                            rung

              Investitions- Zuschüsse,             ermöglicht. Doch die anfängliche Hürde ist häufig enorm – und sie erscheint
                strategie   Fördermittel
                                                   umso höher, desto weiter die IT des Hauses hinterherhinkt. Mehrere Hundert­
                                                   tausende bis Millionen Euro können in einem mittleren Krankenhaus notwendig
                       Projekt-                    sein, um die IT und Prozesse dem neuesten Stand der Technik anzupassen.
                      Roadmap
                     Umsetzung
                                                     Das sind Summen, die ein Krankenhaus nur dann realistisch stemmen
                     Pla n u n g                     kann, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens braucht es eine
                                                     solide Investitionsstrategie, zweitens eine praktikable Roadmap für das
                                                     Projekt und nicht zuletzt müssen die Häuser für die Umsetzung erfolgreich
                                                     Zuschüsse und Fördermittel einwerben.

                                                   Der Ausgangspunkt ist immer eine Bewertung des Status quo. Denn nur,
                                                   wer die aktuelle Situation genau durchleuchtet, kann den technischen und
                                                   organisatorischen Stand des Krankenhauses mit den Anforderungen des B3S
                                                   vergleichen. Aus diesem initialen Assessment lässt sich dann im nächsten
                                                   Schritt der Bedarf für Investitionen und Veränderungen ableiten. Diese Erhebung
                                                   bildet gleichzeitig die Grundlage, um die Möglichkeiten der Finanzierung aus
                                                   Eigen­mitteln, Förderungen und Zuschüssen auszuschöpfen.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                           Schwerpunktthema 30
Nachlässigkeiten bei der Digitalisierung können existenzbedrohend
                                        werden
                                        Mit dem B3S ist ein Referenzwerk veröffentlicht, an dem sich jede medizinische
                                        Versorgungsstruktur messen lassen kann. Doch die gesetzgeberische und
                                        regulatorische Entwicklung zur Cybersicherheit ist noch nicht abgeschlossen.
                                        Sie wird sich weiter verschärfen. So wird das geplante IT-Sicherheitsgesetz 2.0
                                        (IT-SiG 2.0) auch für Krankenhäuser eine drastische Erhöhung der Geldbußen
                                        mit sich bringen, die fällig werden, wenn die Vorgaben zur IT-Sicherheit nicht ein­
                                        gehalten werden. Zur Diskussion stehen Strafzahlungen von bis zu 20 Millionen
                                        Euro oder vier Prozent des weltweiten Unternehmensumsatzes – je nachdem,
                                        welcher Betrag höher ist.

                                        Ebenso sieht das neue Verbandssanktionengesetz (VerSanG) eine Verschärfung
                                        der Compliance-Haftung vor.2 Es erhöht den generellen gesetz­geberischen Druck
                                        auf Organe, Aufseher und Verantwortliche, für eine ordentliche Organisation zu
                                        sorgen. Nachlässigkeiten können sich, auch bei der Digitalisierung, existenz­
                                        bedrohend auswirken – und zwar sowohl für die Organisation als auch für die
                                        verantwortlichen Personen.

                                          Was die Verantwortlichen nun tun müssen
                                          Unabhängig davon, ob ein Krankenhaus zur kritischen Infrastruktur gemäß
                                          BSI-KritisV zählt oder nicht – die Verantwortlichen müssen jetzt Antworten
                                          auf drei zentrale Fragen finden:
                                          • Wie steht unsere IT da und wo gibt es Abweichungen zum Stand der
                                            Technik, den der branchenspezifische Sicherheitsstandard beschreibt?
                                          • Wie sehen unsere IT-Strategie, Projekt-Roadmap und
                                            Investitionsplanung entlang der vorhandenen Lücken aus?
                                          • Welche Risiken ergeben sich, wenn wir diese Vorgaben nicht einhalten?
                                            Diese Folgen der Non-Compliance können sowohl wirtschaftliche
                                            Risiken für die Organisation als auch persönliche Haftungsrisiken für die
                                            Verantwortlichen, Vorstände und Aufseher umfassen.

                                        2 Das VerSanG-E liegt derzeit im Regierungsentwurf vom 16. Juni 2020 vor.

Healthcare News Ausgabe 59, Juni 2020                                                                        Schwerpunktthema 31
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