Hephata Magazin Recht - Das BTHG - ein neues System? Günther van de Loo
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§ www.hephatamagazin.de | Das Magazin der Evangelischen Stiftung Hephata | Ausgabe 48 - August 2018 Recht Das BTHG - ein neues System? Günther van de Loo Vom Heimbewohner zum Mieter Klaus-Dieter Tichy Freiheit entziehen – was für ein Gedanke! Alwin Braunsmann HephataMagazin || Nr.48 August / 18 EINBLICKE - ANSICHTEN - AUSBLICKE
Inhalt Editorial HephataMagazin Ausgabe 48 | August 2018 Editorial 01 FREIHEIT ENTZIEHEN - was für ein Gedanke! 14 02 eine Betrachtung von Alwin Braunsmann Das BTHG - ein neues System? von Günther van de Loo 02 Freiheit Text und Bild aus dem 16 Liebe Leserin, lieber Leser, Atelier Strichstärke Für mehr Teilhabe Über den Stand der 06 in dieser Ausgabe geht es ganz gewiss mit rechten Dingen zu. Auch, wenn das Mühe macht: wir sollten diesen Übergang zur Mit dem Bundesteilhabegesetz kommt auf alle Beteiligten nicht Normalität begrüßen. Inklusion hat auch eine anstrengende Seite. Ausführungsbestimmungen weniger zu als die seit Jahrzehnten bedeutendste und tiefgrei- Es wäre nicht richtig, darüber nun zu klagen. Geklagt werden für NRW von Peter Preuß Freiheit ist das einzige was zählt 17 fendste Änderung der rechtlichen Grundlagen. Und „auf alle Betei- müsste in Zukunft nur, wenn einem Menschen mit Behinderung FREIHEIT ENTZIEHEN ein geistliches Wort von ligten“, das heißt nach neuer Rechtslage zu allererst: auf Men- schen mit Behinderung und den Bedarf an Assistenz. sein verbrieftes Recht auf auskömmliche Assistenz und selbstbe- stimmte Lebensgestaltung vorenthalten wird. Geklagt werden - was für ein Gedanke! Betreuungsrecht Pfarrer Dr. Harald Ulland müsste dann aber richtig. Was heißt: bis zur letzten Instanz. im Kontext des BTHG eine Analyse von Sarah Steinfeld 08 Dies war für uns Anlass genug, unser Magazin diesmal dem Thema „Recht“ zu widmen. Es kann bei alledem nur um eine Es grüßt Sie „recht“ freundlich, FAQ zum Thema „Freiheitsentziehende 18 erste Orientierung gehen. Dabei wird schon jetzt klar: selbst Ihr Vorstand der Evangelischen Stiftung Hephata wenn wirklich manches besser wird – es wird auf jeden Fall auch Maßnahmen“ alles komplizierter. Das muss wohl so sein. Denn Recht ist immer evangelische stiftung 14 Die Auswirkungen des 10 von Alwin Braunsmann auch eine Frage der Einzelfallgerechtigkeit. Und je weniger wir HEPHATA Bundesteilhabegesetzes auf die mit unseren ureigensten Problemen als Bittsteller vor einer Behör- HEPHATA. unternehmen mensch. Angebotssituation zur Teilhabe de stehen möchten, die alles nach ihrem Ermessen entscheidet, am Arbeitsleben von Dr. Martin Kaufmann Namen und Neuigkeiten 20 desto mehr muss uns daran gelegen sein, dass sich auch unsere Probleme in einem nachvollziehbaren Rechtsanspruch spiegeln. Dipl.-Kaufmann Klaus-Dieter Tichy Pfarrer Christian Dopheide Es kommt also viel Arbeit auf uns zu. Vor allem werden diejeni- gen, die die Aufgabe der rechtlichen Betreuung eines Menschen Vom Heimbewohner zum Mieter über die Auswirkungen des BTHG 12 Aktuelle Termine 24 mit Behinderung übernommen haben, öfter als bisher die Initiative auf das Wohnen - von Klaus-Dieter Tichy ergreifen müssen, um die Rechte ihrer Klienten anzumelden und durchzusetzen. Denn einer helfenden Institution wie Hephata werden zukünftig die Hände mehr gebunden sein als früher. Sie nimmt nicht mehr, wie vielleicht in alter Zeit, Menschen in ihre Obhut. Sie leistet stattdessen Assistenz für Menschen, die, mitunt- Titelillustration: Marco Houben er vertreten durch ihre rechtlichen Betreuer, selbst entscheiden Atelier Strichstärke, Hephata Wohnen gGmbH können, wie sie leben möchten. Die aber auch selbst eintreten müssen für ihre Rechte. HephataMagazin 48 l August 2018 01
Das BTHG © rainbow33 - fotolia Natürlich steht das Leben nicht still und so Rehabilitationsträger, kommunalen Spitzen- Die bisherige Institutionszentrierung wird wurde die Eingliederungshilfe in den letz- verbände, Arbeitgeber, Gewerkschaften also beendet und der Fokus auf die leis- ten 40 Jahren weiterentwickelt – allerdings u.a.m. an der Vorbereitung der Reform ein- tungsberechtigte Person und ihre Wünsche – ein neues System? immer in der gleichen Systematik. geladen hatte, begann das parlamentarische und Bedarfe gelegt. Es folgt der Erkenntnis: Rolf Schmachtenberg verweist aber zu Verfahren. Im Dezember 2016 wurde das „Behindert ist man nicht, behindert wird Recht auf die Vorarbeiten zu dem System- „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und man.“ Dahinter steht die Erkenntnis, dass Von Günther van de Loo wechsel, den das BTHG nun vollzieht: Selbstbestimmung von Menschen mit sich meine Beeinträchtigung erst in der In- Die Änderung des Artikel 3 Grundgesetz Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – teraktion mit meiner Umwelt, die voller Bar- im Juni 1994 („Niemand darf wegen seiner BTHG)“ vom Deutschen Bundestag verab- rieren ist, zur Behinderung entwickelt. Behinderung benachteiligt werden“), „die schiedet und sukzessive zwischen dem Tag So werden alle Fachleistungen zukünftig un- Einführung des Behindertengleichstellungs- der Verkündigung und dem 01.01.2023 in abhängig von einer Wohnform gedacht: gesetzes und des 9. Buches Sozialgesetz- Kraft gesetzt. Ein Mensch mit Behinderungen ist nicht so buch (SGB IX) 2001, zuletzt dann die behindert, dass er ins Heim muss, sondern Formulierung der UN-Behindertenrechts- Haben wir es denn nun mit einem hat das Recht, überall dort zu wohnen, wo konvention in 2006 und ihre Ratifizierung Systemwechsel zu tun? Schon hier er will, so wie jeder andere Mensch auch. für Deutschland, durch die sie mit Zustim- diene das klare „Jein!“ als Orientierung. mung auch des Bundesrates 2009 den Die bisherige umfassende stationäre Leis- Rang eines Bundesgesetzes erhielt.“ Was gilt also nun tungserbringung wird damit beendet, auch und was ist so anders? wenn die bestehenden Wohnformen zu- Diese Schritte bereiteten im Grunde die künftig als „gemeinschaftliche Wohnform“ Abkehr von der Förderung der Institutionen Das BTHG weitergeführt werden können. Bedeutsam und die Ausrichtung auf die einzelne Person ÎÎ reformiert den 1.Teil des SGB IX hin- für alle Akteure ist hier, dass eine Trennung vor. Schmachtenberg verweist darauf, dass sichtlich des Behinderungsbegriffs, der der Leistungen erfolgt: Die Eingliederungs- diese Debatte bei der Einordnung des Zuständigkeit, dem Verfahren zur Be- hilfe umfasst die fachliche Unterstützung BSHG in das SGB XII zwischen 2003 und darfsfeststellung und bei allgemeinen (Fachleistungen) nach dem SGB IX; alle Fotos: Udo Leist, fotolia 2005 geführt, aber die Entscheidung noch Regelungen Leistungen zur Existenzsicherung bleiben vertagt wurde. Die Arbeits- und Sozial- ÎÎ löst die Eingliederungshilfe als Fürsor- Bestandteil der Sozialhilfe (SGB XII). Dies ist „Was lange währt, wird endlich gut“, weiß der Volksmund zu erzählen. Lange ministerkonferenz (ASMK) verfolgte das gerecht aus dem Sozialhilferecht (SGB rechtlich zwar logisch (wenn ich krank bin, hat es gedauert von der Entstehung eines fürsorglichen, auf Institutionen Thema aber weiter und führte 2012 zu XII) und integriert es als neuen 2. Teil leistet die Krankenkasse, wenn ich materi- gerichtetes System bis zu einer Reform, die nun den teilhabenden Menschen in einem „Grundlagenpapier“ einer Bund- ins SGB IX als Leistungsrecht ell bedürftig bin, das Sozialamt), wird von den Mittelpunkt stellt. Im Dschungel, der sich Leben nennt, kann man den Länder-Arbeitsgruppe, welches die Konzep- ÎÎ trennt die Leistungen zur Teilhabe als den Leistungsberechtigten aber sicherlich Atem des Tigers förmlich spüren, der da zum Sprung ansetzen wird. tion einer neuen Eingliederungshilfe ent- so genannte Fachleistungen von den als bürokratisch erlebt werden und dies aus Doch der Reihe nach: warf. existenzsichernden Leistungen; diese mehreren Gründen: Trotzdem war es für die Praxis eine Über- bleiben Bestandteil der Grundsicherung Zum einen muss ich jetzt (vermutlich alle raschung, als der Koalitionsvertrag der gro- nach SGB II (im Volksmund „Hartz IV“) zwei Jahre) einen Antrag auf Fachleistungen ENTSTEHUNG ßen Koalition für die 18. Legislaturperiode und der Sozialhilfe (SGB XII) stellen und das so genannte Gesamtplan- Bis zum BTHG war das Eingliederungs- Neben dem Gedanken der Fürsorge ist vor des einzelnen Hilfesuchenden. Damit war (2013 bis 2017) dann tatsächlich eine echte ÎÎ regelt alle bisherigen Leistungen (damit verfahren durchlaufen. Hier werden alle hilferecht auf die Schaffung von Einrich- allem der Gedanke an die gesellschaftliche die Bundesregierung gefordert, ein eigen- Reform der Eingliederungshilfe ankündigte. geht nichts gegenüber der alten Rechts- meine Unterstützungsbedarfe erhoben, be- tungen (stationär) und Diensten (ambulant) Ordnung und innere Sicherheit erkennbar. ständiges Gesetz zu schaffen. Der Auftrag Die Behindertenrechtskonvention der Ver- lage verloren) und bestimmt das Zu- wertet und schließlich Leistungen bewilligt. fokussiert (Institutionszentrierung). Den Ur- dazu ging (in alter Tradition) an das Bundes- einten Nationen (UN-BRK) solle umgesetzt, gangsverfahren zu den Leistungen (also Wenn ich darüber hinaus auch noch Leis- sprung hatte dies 1919 in dem „Gesetz, die Die Fürsorge sollte dem Betteln, Hausieren ministerium des Innern (Ordnung, Sicher- der inklusive Arbeitsmarkt gestärkt und die Antrag, Bedarfsermittlung, Bescheid tungen zu meiner Existenzsicherung benö- öffentliche Krüppelfürsorge betreffend“ als und Stehlen vorbeugen und die öffentliche heit!), das dann 1955 einen Entwurf vor- Eingliederungshilfe aus dem System der Für- usw.) tige, so muss ich diese beim örtlichen Amt Folge des 1. Weltkriegs, welches auf die Ordnung wahren. legte, der als Bundesozialhilfegesetz (BSHG) sorge herausgeführt und zu einem moder- ÎÎ greift in das öffentliche Vertragsrecht für Grundsicherung (Sozialamt) beantragen. Schaffung und den Betrieb von Einrichtun- Die Bundesrepublik führte diese Grundsätze vom Bundestag aber erst am 04.05.1961 nen Teilhaberecht entwickelt werden. ein, was insbesondere die Verträge zur Dies hat zu prüfen, ob die Warmmiete (so gen für den Personenkreis zentriert war. weiter, bis das Bundesverwaltungsgericht verabschiedet wurde und am 01.06.1962 Leistungserbringung betrifft genannte Kosten der Unterkunft zzgl. Hei- Diese wurden durch die Reichsgrundsät- 1954 in einem Verfahren feststellte, dass in Kraft trat. Das Thema „Behinderung“ Nach einem intensiven Beratungsprozess, zu und schließlich zung) angemessen ist und bewilligt darü- ze über Voraussetzung, Art und Maß der sie nicht mit dem Grundgesetz der Bundes- findet man jedoch auch dann nicht. Dies dem das federführende Bundesministerium ÎÎ ändert grundsätzlich den Einsatz von ber hinaus den Regelsatz der Sozialhilfe. öffentlichen Fürsorge (RGr) und die Verord- republik Deutschland vereinbar seien. Es änderte sich erst mit der Novelle von 1974, für Arbeit und Soziales (BMAS) alle Ver- Einkommen und Vermögen für Einglie- Aus diesem muss ich meinen täglichen nung über die Fürsorgepflicht (RFV) aus erkannte aufgrund höherrangiger Verfas- als die Eingliederungshilfe für Behinderte bände der Betroffenen, der Freien Wohl- derungshilfeleistungen. Bedarf an Essen, Trinken, Kleidung usw. be- dem Jahre 1924 weiterentwickelt. sungsnormen einen einklagbaren Anspruch hinzugefügt wurde. fahrtspflege, die Sozialversicherungs- und streiten. 02 HephataMagazin 48 l August 2018 HephataMagazin 48 l August 2018 03
Mit diesem Geld miete ich mich also zu- weiteren Sozialleistungen feststellen und Ebenso bleibt der Zugang des bisherigen künftig in der gewählten Betreuungsein- darüber einen Bescheid erlassen, gegen den Personenkreises zu den Leistungen erhalten. richtung ein und bezahle aus meinem Widerspruch eingelegt und Klage einge- Die im Gesetzentwurf vorgesehene Rege- Regelsatz den täglichen Bedarf selber an reicht werden kann (Verwaltungsakt). lung wurde bis zum 01.01.2023 zurück- den Betreiber der Wohngruppe. Für das Verfahren sind Kriterien vorgege- gestellt. Sie wird zunächst wissenschaftlich ben wie z.B. Transparenz oder Sozialraum- untersucht, so dass der Bundestag sie an- Für eine klare Besserstellung hat das orientierung, die den Nachteil haben, dass hand der gewonnenen Erkenntnisse anpas- BTHG hinsichtlich der Frage nach Ein- sie juristisch alle als „unbestimmt“ gelten, sen wird. © jozsitoeroe - fotolia kommen und Vermögen hergestellt: d.h., sie zukünftig nur über die Recht- Zukünftig muss ein Mensch mit Behinde- sprechung bestimmt werden (was wieder- Das Bundesteilhabegesetz ist zwar ein Bun- rungen erst ab einem jährlichen Brutto- um voraussetzt, das entsprechend durch desgesetz; es muss aber dem föderalen einkommen von derzeit rund 30.000,-- € Leistungsberechtigte geklagt wird!). Prinzip entsprechend, durch Landesgesetz- überhaupt bei Fachleistungen hinzuzahlen. gebung umgesetzt werden. D.h., dass die Damit dürfte für viele Menschen die Zuzah- Da der Leistungsberechtigte zukünftig ge- Länder ihrerseits Ausführungsgesetze (AG- lung völlig hinfällig werden. Beim Vermögen genüber dem Leistungserbringer auch über BTHG) erlassen müssen, die definieren, wer Zum Ende der Übersicht (denn mehr Es wird also der Geduld, aber auch der Be- Günther van de Loo hat die Stabstelle wurde bereits die allgemeine Schongrenze die konkrete Gestaltung der Leistungen hin- der Träger der Eingliederungshilfe und wie kann es an dieser Stelle nicht sein) noch harrlichkeit bedürfen, immer wieder klar zu für Strategische Entwicklung der von 2.600,-- € auf 5.000,-- € angehoben. sichtlich Ablauf, Ort und Zeitpunkt der In- das so genannte materielle Recht des Bundes ein Wermutstropfen: machen, dass ein neues System entwickelt Evangelischen Stiftung Hephata inne, Bezieher von Leistungen der Eingliede- anspruchnahme entscheidet, wird so man- umgesetzt wird. In NRW hat der Landtag Leider hat der Gesetzgeber neben dem Ziel, werden muss. Entwicklungen durch eine ist kooptiertes Vorstandsmitglied rungshilfe oder der Hilfe zur Pflege dürfen cher bisher mit organisatorischen Sachzwän- ein solches AG-BTHG im Juni verabschiedet, die Teilhaberechte von Menschen mit Behin- Kostenbremse schon am Anfang zu behin- des Fachverbands Behindertenhilfe darüber hinaus weitere 25.000,-- € besit- gen (z.B. Dienstplan) begründete Ablauf das rückwirkend zum 01.01.2018 in Kraft derungen zu stärken, noch ein weiteres Ziel dern, widerspricht dem Geist des Gesetzes. und Sozialpsychatrie der Diakonie zen, ab 01.01.2020 insgesamt 50.000,-- €. überdacht und verändert werden müssen. getreten ist. Erfreulich ist, dass die Land- mit auf den Weg gegeben: Brechen der Der Tiger darf nicht im Sprung zum Bett- Rheinland Westfalen Lippe. Zu beachten ist natürlich, dass Vermögen schaftsverbände als Träger der Eingliede- Ausgabendynamik. vorleger werden! Er leitet die dortige Arbeitsgruppe nicht mit Geld gleichzusetzen ist, sondern Positiv zu bewerten ist, dass die Eingliede- rungshilfe bestimmt wurden. BTHG und ist Mitglied der alles, was Vermögen ist, wie z.B. ein Auto rungshilfe auch die Hilfe zur Pflege umfasst. Dies führt zunächst dazu, dass es unterm Arbeitsgruppe BTHG des Bundes- oder anderes. Ursprünglich war eine Vorrangigkeit der Unklar für die Praxis bleibt, welche Ausbil- Strich keine Ausweitungen der Leistungen verbands evangelische Behindertenhilfe Pflege vorgesehen; es wurde dann aber den dung vonnöten sein wird, um die die Bedarfe geben wird. Die schließlich doch zugestan- sowie Stiftungsrat des Evangelischen Das oben bereits angesprochene Ge- Befürchtungen Rechnung getragen, dass eines Menschen nach der ICF (Internatio- dene Kostenerhöhung um gut 740 Mio. Johannesstifts Berlin und Aufsichtsrat samtplanverfahren ist, das sei gleich ein solches Vorrang-Nachrangverhältnis zu nale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Euro bedeutet auf 29 Mio. Menschen mit der Paul-Gerhardt-Diakonie gAG, Berlin. gesagt, aufwändig. Dies ist aber kaum Lücken in der Bedarfsdeckung führen könnte. Behinderung und Gesundheit) einzuschät- Beeinträchtigungen, die theoretisch Ansprü- zu vermeiden: Das Leitziel „Hilfen wie aus einer Hand“ zen. Ärzte werden es nicht sein, denn diese che ans BTHG haben können, umgerech- Es muss die Wünsche des Leistungsberech- könne besser befolgt werden, wenn die Ein- „sprechen“ ICD (Internationale statistische net eine Busfahrkarte pro Monat. tigten erheben und den gesamten Bedarf gliederungshilfe die Hilfe zur Pflege umfasse. Klassifikation der Krankheiten und verwand- an Eingliederungshilfe, Pflege und ggfs. ter Gesundheitsprobleme) und nicht ICF. 04 HephataMagazin 48 l August 2018 HephataMagazin 48 l August 2018 05
Für mehr Teilhabe - Stand der Ausführungsbestimmungen für NRW Von Peter Preuß Fotos: Udo Leist Das im Dezember 2016 beschlossene Bun- Mit den im Gesetzentwurf formulierten desteilhabegesetz (Gesetz zur Stärkung der rechtlichen Regelungen soll das Bundes- Teilhabe und Selbstbestimmung von Men- teilhabegesetz auf die Situation in Nord- schen mit Behinderungen), kurz BTHG ge- rhein-Westfalen mit den beiden Landschafts- nannt, löst die Eingliederungshilfe aus der verbänden Rheinland (LVR) und Westfalen- Sozialhilfe heraus. Sein Ziel ist es, die Teil- Lippe (LWL) übertragen werden. Das Ziel habe von Menschen mit Behinderungen in sind einheitliche Lebensverhältnisse in den verschiedenen gesellschaftlichen Berei- gleich hoher Qualität für alle Menschen mit chen zu verbessern und ihren Anspruch auf Behinderungen und damit eine deutliche ein selbstbestimmtes Leben mit der not- Verbesserung der Lebenssituation unab- wendigen Unterstützung zu erfüllen. hängig von Alter oder Wohnort. Die klaren Regelungen der Zuständigkeiten Das Bundesteilhabegesetz der Leistungsträger sind notwendig, um tritt in vier Stufen Verzögerungen bei der Gewährung von von 2017 bis 2023 in Kraft. Hilfe für Menschen mit Behinderungen als Leistungsberechtigte zu vermeiden. Die Bundesländer sind verpflichtet, das Konkret sollen vor allem folgende Ziele mit Gesetz in landesrechtlichen Regelungen der landesrechtlichen Umsetzung des Bun- Landesweit sollen ein einheitlicher Zugang umzusetzen. desteilhabegesetzes realisiert werden: und eine einheitliche Finanzierung der Die Fachleistungen für erwachsene Men- Eingliederungshilfe sichergestellt werden. In Nordrhein-Westfalen hat die Landesre- schen mit Behinderungen sollen künftig bei Hierbei wird auf bereits vorhandene Zu- gierung im Dezember 2017 den Entwurf den überörtlichen Trägern, den Landschafts- ständigkeiten und die in Nordrhein-West- eines Ausführungsgesetzes zur Umsetzung verbänden, gebündelt werden. falen gut ausgebauten Strukturen und An- des Bundesteilhabegesetzes in den Landtag Die existenzsichernden Leistungen sol- gebote für Menschen mit Behinderungen eingebracht, der sich derzeit im parlamen- len grundsätzlich auf der örtlichen Ebene gesetzt, die hinsichtlich inklusiver Lebens- tarischen Beratungsprozess befindet. Im verbleiben, unabhängig vom Alter und von verhältnisse und inklusiver Sozialräume März führte der Ausschuss für Arbeit, Ge- der Wohnform. weiterentwickelt werden sollen. Die finan- sundheit und Soziales eine Anhörung mit Für den Bereich der Teilhabe an Arbeit ziellen Mittel sollen nicht in neue Strukturen Sachverständigen zu dem Gesetzentwurf („Budget für Arbeit“, „andere Leistungs- oder Verwaltungen fließen, sondern den durch. Eingeladen waren unter anderem anbieter“) wird die Zuständigkeit bei den Menschen zugutekommen. Expertinnen und Experten der Verbände der Landschaftsverbänden gesehen. Im Sinne des Bundesteilhabegesetzes trennt Menschen mit Behinderungen, der Land- Die neuen Instrumente „Andere Leis- der Gesetzentwurf die Zuständigkeit für die schaftsverbände, der kommunalen Spitzen- tungsanbieter“ und „Budget für Arbeit“ Unterstützung, nämlich in die Fachleistungen verbände, der Freien Wohlfahrtspflege NRW stellen Alternativen zur Beschäftigung in und die existenzsichernden Leistungen. Die und der Sozialverbände. einer Werkstatt für Menschen mit Behinde- Existenzsicherung soll bei den Kommunen rung dar. verbleiben. Die Interessenvertretungen der Men- Über die Frage der Zuständigkeit für die Früh- als Träger der Eingliederungshilfe oder ergän- Peter Preuß MdL ist Sprecher für Arbeit, schen mit Behinderungen sollen enger in die förderung von Kindern mit Behinderung im zend als Träger der Sozialhilfe immer dann Gesundheit und Soziales verschiedenen Prozesse wie zum Beispiel Vorschulalter, die eine Kindertagesstätte oder auch Leistungen der Hilfe zur Pflege – unab- der CDU-Landtagsfraktion. die Verhandlung der Rahmenverträge ein- eine Kindertagespflege besuchen, ist noch hängig vom Alter und der Wohnform – gebunden werden. zu entscheiden. In der Anhörung im Landtag erbringen, wenn Menschen mit Behinderung NRW und den vielfältigen Diskussionen mit gleichzeitig Eingliederungshilfe erhalten. Im Kern geht es darum, dass Menschen mit den Sozialverbänden und Betroffenen zeig- © Bernd Schälte / Landtag NRW Behinderungen in Nordrhein-Westfalen ab- ten sich gewichtige Gründe für die Übertra- Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass hängig von ihrer Lebensphase einen einheit- Die Fachleistungen für erwachsene Men- gung der Zuständigkeit auf die Landschafts- mit dem geplanten Ausführungsgesetz zum lichen Träger für alle Aufgaben der Einglie- schen mit Behinderungen sollen zukünftig verbände, um gleichwertige Qualitätsstan- BTHG für Nordrhein-Westfalen klare Zustän- derungshilfe erhalten. durch die beiden Landschaftsverbände dards gewährleisten zu können. digkeiten und ein vereinfachter Zugang zu Rheinland und Westfalen-Lippe als die zu- den Leistungen der Eingliederungshilfe ge- Die Leistungen der Eingliederungshilfe ständigen Träger der Eingliederungshilfe er- Zur Vermeidung von Problemen an der schaffen werden sollen, um die gesell- Wie es im Entwurf des Ausführungsgeset- sollen aus einer Hand erfolgen und Men- folgen. Bei den Kreisen und den kreisfreien Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe schaftliche Teilhabe und die Selbstbestim- zes für Nordrhein-Westfalen heißt, entwi- schen mit Behinderungen zum Beispiel die Städten verbleibt die Zuständigkeit für Kin- und Hilfe zur Pflege, die durch den neuen mung von Menschen mit Behinderungen ckelt das Bundesteilhabegesetz „die Ein- Teilhabe am Arbeitsleben erleichtern, eine der und Jugendliche mit Behinderungen bis Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem Teilha- zu stärken. gliederungshilfe für Menschen mit Behin- angemessene Schul- und Berufsausbildung zum Abschluss einer ersten allgemeinen becharakter der Pflege größer geworden Es ist noch vor der Sommerpause mit einer derungen zu einer modernen, personen- ermöglichen oder das Leben außerhalb sta- Schulausbildung, um keine neue Schnitt- sind, sollen die Landschaftsverbände und Entscheidung über den Gesetzentwurf zu zentrierten Teilhabeleistung außerhalb des tionärer Einrichtungen fördern. stelle zur örtlichen Jugendhilfe zu schaffen. die Kreise und kreisfreien Städte entweder rechnen. Fürsorgesystems Sozialhilfe fort“. 06 HephataMagazin 48 l August 2018 HephataMagazin 48 l August 2018 07
§ BETREUUNGSRECHT im kontext des BTHG Von Sarah Steinfeld » Welche Veränderungen bringt das BTHG für die Praxis, d.h. für das Leben eines Menschen mit Behinderung wirklich mit sich? Wird ab 2020 alles anders? Und worauf muss ich als gesetzlicher Betreuer achten? Habe ich neue Aufgaben? « Die Antwort lautet JA UND NEIN. JA - denn das BTHG führt insbesondere für ermitteln hat. Hierfür hat der EGH-Träger ein Widerspruch beim EGH-Träger eingelegt und das Leben in stationären Wohnformen zu Instrument entwickelt, das BEI_NRW. Sind auf eine neue Gesamtplanung gedrängt Veränderungen, an deren Umsetzung auch Bedarfe ersichtlich, für die andere Rehaträger werden. Verbleibt der Widerspruch erfolg- ein gesetzlicher Betreuer mitwirken muss. (z.B. Krankenkassen, gesetzliche Rentenkas- los, ist zu überlegen, den Rechtsweg zu be- Aber auch für Menschen in ambulanter sen, Bundesagentur für Arbeit, Jugendamt) schreiten. Betreuung ändert sich das Verfahren und zuständig sind, so sind diese an dem Ver- die Leistungen, die ein Mensch mit Behin- fahren zu beteiligen. Sie haben ihre Stel- Die zukünftigen Fachleistungen der EGH derung erhält, haben eine neue Rechts- lungnahme über den Umfang ihrer Leistung teilen sich in vier Kategorien auf. Im Rahmen grundlage und teilweise auch neue Bezeich- in die Bedarfsermittlung einzubringen. der Leistungen zur sozialen Teilhabe finden nungen. Somit sind neue Anträge zu stellen. sich die wesentlichen Leistungsansprüche, Die Pflegekasse und das Sozialamt sind die den Bereich Wohnen und Betreuung NEIN - denn das tatsächliche Leben ändert keine Rehaträger. Sie sind aber ebenfalls zu umfassen. Die bisherigen Leistungen wer- sich nicht. Der Mensch mit Behinderung beteiligen, falls Leistungen der Pflegever- den hier neu beschrieben, wobei der Begriff wohnt in seiner Wohnform, geht einer sicherung und/oder existenzsichernde Leis- der Assistenzleistung in das Gesetz aufge- Beschäftigung nach und erhält die glei- tungen erforderlich scheinen. Einer Beteili- nommen wurde. Dieser umfasst insbesonde- chen Leistungen, die er vorher auch erhal- gung dieser Träger muss der Leistungsbe- re Leistungen für die allgemeine Erledigung ten hat. rechtigte aber vorab zustimmen. des Alltags wie Haushaltsführung, Gestal- tung sozialer Beziehungen und Lebenspla- Zukünftig sollen die Leistungen der Einglie- Da die Ermittlung des Bedarfs ein sehr nung und Freizeitgestaltung. Die Leistungen derungshilfe (EGH) personenzentriert ermit- wichtiger Baustein für die daran anschlie- können individuell oder nach Zustimmung telt und erbracht werden. Das heißt, nicht ßende Leistungsfeststellung ist, sollte der des Leistungsberechtigten auch an mehrere der Ort der Leistungen ist maßgebend, son- gesetzliche Betreuer nach Möglichkeit an gemeinsam erbracht werden. dern der Mensch mit Behinderung als Leis- der Bedarfsermittlung teilnehmen um © udo leist tungsberechtigter steht im Mittelpunkt der sicherzustellen, dass nicht von Anfang an In diesem Zusammenhang sollte der ge- Leistungen. Abhängig von seinem Wunsch Leistungslücken angelegt sind und der setzliche Betreuer darauf achten, dass die und Willen und den örtlichen und sozialen Wunsch und Wille des Leistungsberechtig- individuelle Lebensplanung des Leistungs- Voraussetzungen, bekommt er sein Leis- ten vollumfänglich zur Geltung kommt. berechtigten ermöglicht wird. Denn der tungspaket so zusammengestellt, wie es Leistungsberechtigte entscheidet auf der für ihn gut und richtig ist. Nach Feststellung der Leistungen erlässt der Grundlage des Gesamtplans über die kon- Sozialhilfeträger zuständig. Bewohner von bisherigen Regelungen bei dem Bezug von Sarah Steinfeld ist Rechtsanwältin und EGH-Träger einen Gesamtplan. Er ist dem krete Gestaltung der Leistung hinsichtlich Gemeinschaftswohnformen erhalten zum Sozialhilfe weiter, so dass von diesen Ver- Referentin für Sozialrecht beim Die rechtliche Grundlage für die EGH ist ab Leistungsberechtigen zur Verfügung zu stel- Ablauf, Ort und Zeitpunkt der Inanspruch- einen Leistungen zum Lebensunterhalt in besserungen leider viele Leistungsberech- Diakonischen Werk Rheinland- 2020 das Sozialgesetzbuch IX. Hierzu wird len. Auf der Grundlage des Gesamtplans nahme der Leistung. Höhe der Regelbedarfsstufe 2, zum anderen tigte nicht profitieren. Westfalen-Lippe e.V. Sie begleitet den das Recht der Eingliederungshilfe aus dem wird die konkrete Leistung per Bescheid be- die angemessenen Kosten der Unterkunft. Umsetzungsprozess des BTHG in NRW Sozialgesetzbuch XII herausgenommen und willigt. Von der Antragstellung bis zur be- Wie bisher schon in einer eigenen Wohnung, Hierzu wird der Leistungserbringer einen Für einen gesetzlichen Betreuer stellen für die Diakonie und ist Mitglied des als eigenständiges Leistungsrecht im Sozial- willigten Leistung dürfen höchstens zwei erhält der Leistungsberechtigte ab 2020 neuen Wohn- und Betreuungsvertrag vor- sich folglich neue Anforderungen und Rechtsausschusses der Landesarbeitsge- gesetzbuch IX neu geregelt. Monate vergehen. auch in gemeinschaftlichen Wohnformen legen. Auf dieser Grundlage müssen die Handlungsbedarfe, die insbesondere ab meinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Ab 2020 muss ein Leistungsberechtigter (bisher stationäre Einrichtung) von dem Leistungen bei der Kommune beantragt Mitte 2019 zu beachten sind. einen Antrag auf Leistungen der Eingliede- Sowohl der Leistungsbescheid als auch der EGH-Träger nur die Fachleistungen der EGH. werden. Diese sind aber nicht alleine zu bewälti- rungshilfe stellen. Auf diesen Antrag hin Gesamtplan sollten von dem gesetzlichen Die Herauslösung der EGH aus der Sozial- gen. Der EGH-Träger hat eine umfassen- muss der EGH-Träger in einem sog. Gesamt- Betreuer aufmerksam durchgelesen und Leistungen zum Lebensunterhalt und Woh- hilfe führt auch zu verbesserten Einkom- de Beratungspflicht, Beratungsstellen planverfahren die Bedarfe des Menschen geprüft werden dahingehend, ob die Leis- nen werden zwar nach wie vor nach vertrag- mens- und Vermögensanrechnungen. Der werden ausgebaut und auch die Mitar- mit Behinderung als Leistungsberechtigten tungen fristgerecht und vor allem bedarfs- licher Regelung vom Leistungserbringer Leistungsberechtigte hat nur in engen Gren- beiter der Dienste und Einrichtungen ermitteln. Neu an dem Verfahren ist, dass gerecht und umfassend festgestellt wor- (Träger der Einrichtung) erbracht, für die zen einen Beitrag zu erbringen und kann stehen mit Rat und Tat zur Seite. der EGH-Träger den Bedarf umfassend zu den sind. Sind Mängel ersichtlich, sollte Finanzierung ist bei Bedürftigkeit aber der Vermögen ansparen. Allerdings gelten die 08 HephataMagazin 48 l August 2018 HephataMagazin 48 l August 2018 09
Fotos: Udo Leist Wird das Bundesteilhabegesetz zu einem verstärkten „Wettbewerb“ – oder konkre- ter benannt: zu einer Differenzierung und Erweiterung des Angebotes an Teil- habeleistungen für Menschen mit Behinderungen – führen? Diese Frage bewegt Von Dr. Martin Kaufmann sicherlich nicht nur Menschen mit Behinderungen sondern auch Werkstatträger. Dabei ist diese Frage in der Theorie schwerlich zu beantworten. Dennoch lohnt – mangels bisheriger praktischer Befunde – ein genauer Blick in die Entstehung und den Inhalt des Gesetzes sowie in die bisherige Anbieter- und Marktstruktur. Die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes WAS BISHER GESCHAH: Schaut man auf die Ausgangsüberlegungen und insbesondere die auf die Angebotssituation zur Teilhabe am Arbeitsleben Motivationen zur Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes, so war theoretischer Perspektive mit einem klaren Ja beantwortet werden. Rolle spielen. Denn natürlich wurde das Bundesteilhabegesetz als (Ein nicht abschließendes und vorübergehendes) FAZIT: eine der wesentlichen Triebfedern die Erweiterung der Auswahl- Denn theoretisch ist davon auszugehen, dass die neuen Rahmen- ein Bundesgesetz gestaltet und verabschiedet, die wesentlichen Werkstätten werden auch in der Zukunft eine wesentliche Säule in möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen. Und damit etwas bedingungen durchaus gute Möglichkeiten zur Etablierung von Umsetzungsschwerpunkte liegen jedoch bei den Ländern und der Angebotsstruktur der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auswählbar ist, braucht es naturgemäß eine Angebotssituation, die neuen Angeboten bieten und somit potentielle andere Anbieter den Leistungsträgern. sein. Denn auch in Zukunft wird der Rechtsanspruch zur Teilhabe die Zahl Eins überschreitet. Daher war aus Sicht des Gesetzgebers den Markt „betreten“ werden. Auch die Ausnahmeregelungen sind am Arbeitsleben (im Sinne einer Aufnahmeverpflichtung) nur bei schnell klar, dass insbesondere die Angebotssituation erweitert auf den ersten Blick sicher reizvoll, ermöglichen Sie doch auch klei- Bei der Betrachtung einer sich möglicherweise verändernden Ange- Werkstätten verwirklicht werden können. Dennoch wird sich einiges werden muss, indem Alternativen zu bestehenden Angeboten ent- neren und spezialisierten Anbietern die Schaffung von Angeboten. bots- und Wettbewerbssituation sollte vor allem auch der Perspektive verändern. Dies wird sich sowohl auf Seiten der Nachfrager (also der stehen. Im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben gelangten somit die der Leistungsberechtigten – also der Menschen mit Behinderungen Menschen mit Behinderungen) als auch der Anbieter (also der Leis- Werkstätten für behinderte Menschen in den Fokus. Dabei wurde WAS PASSIERT IN DER PRAXIS? – ein erheblicher Einfluss zugesprochen werden. Denn diese ent- tungserbringer) bemerkbar machen. Für die Werkstätten bedeutet hinsichtlich der Werkstätten einerseits kritisch, andererseits aner- Die reine Theorie kann jedoch auch oft müßig sein und zu Schluss- scheiden im Rahmen einer tatsächlichen Inanspruchnahme darüber, dies, sowohl das eigene Angebot stetig weiterzuentwickeln als auch kennend festgestellt, dass diese zwar in der Regel in einer Art folgerungen führen, die in der wirklichen Welt nicht eintreten. Erst ob weitere Angebote von anderen Leistungsanbietern erforderlich – sofern sinnvoll – Kooperationen mit anderen Akteuren einzugehen. Monopolsituation Leistungen erbringen, andererseits jedoch auch wenn Theorie auf Praxis trifft, wird es spannend. Leider fehlen je- bzw. für sie sinnvoll sind.2 Auch hier wird sich erst mittelfristig zei- Nicht zu vernachlässigen bei dem Ausblick auf die Zukunft ist die ein fester und notwendiger Eckpfeiler der bundesweiten Struktur- doch zu einem umfassenden Blick in die praktische Situation vor Ort gen, ob die in der Szene befürchtete Etablierung von „Werkstatt- besondere Rolle der Leistungsträger. Da diese im Sinne einer umfas- verantwortung sind. Die Vorgaben bei der Schaffung des Bundes- – seit erstem Januar 2018 besteht ja die Möglichkeit zur Gründung light-Angeboten“ tatsächlich eintrifft, ob es zu einer sinnvollen senden Strukturverantwortlichkeit (die Quantität und Qualität bein- teilhabegesetzes lagen daher darin, das bisherige System nicht anderer Leistungsanbieter – schlichtweg empirische Daten. Schenkt Erweiterung des Teilhabeangebotes insgesamt kommt oder ein Mix haltet) ein Interesse an einer flächendeckenden und hochwertigen komplett zu verändern, sondern an geeigneten Stellen mehr Alter- man den vereinzelnden Rückmeldungen aus Ministerien, von Leis- aus Beidem die Realität widerspiegeln wird. Dabei muss jedoch allen Leistung haben, sind auch diese als Marktakteure zu verstehen. nativen und damit Wettbewerb zu fördern. tungsträgern und Leistungserbringern zum Thema jedoch Glauben, Akteuren klar sein, dass mit der Etablierung neuer Anbieter und Inwiefern sie die dabei zur Verfügung stehenden Möglichkeiten – so scheint sich die Anzahl der neu gegründeten anderen Leistungs- Ergebnis dieses Prozesses ist der bereits in Fach- und Praktikerkreisen anbieter zumindest vorerst im Rahmen zu halten (wobei es hier oft genannte § 60 SGB IX, der neben den Werkstätten für behin- wohl deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern derte Menschen nun auch die Alternative der anderen Leistungs- gibt). Auch eine Aussage, welche Art des Teilhabeangebotes (Leis- anbieter in das SGB IX einführt. Im Vorfeld war hierbei intensiv tungen zum Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich; zum darüber diskutiert wurden, wer denn nun diese anderen Leistungs- Arbeitsbereich; beides; Einzelleistungen) im Fokus neuer Anbieter anbieter sein sollen und welche Voraussetzungen und Rahmen- steht, ist noch nicht zu treffen. Dennoch sollte man dadurch nicht zu bedingungen sie zu erfüllen haben. Letztendlich ist dabei etwas der Schlussfolgerung gelangen, es bliebe alles wie bisher. Viele entstanden, dass eine hohe Deckungsgleichheit mit den Werk- Veränderungen in Markt- und Angebotsgeschehen sind nicht stätten beinhaltet, an entscheidenden Stellen jedoch bestimmte sofort sichtbar, vielmehr zeigen sich diese meist erst retrospektiv Ausnahmen ermöglicht (u.a. bedarf es keiner förmlichen Anerken- im Rahmen von Gesamtbetrachtungen. neuer Angebote nicht nur die schiere Auswahlmöglichkeit an sowohl im rechtlichen wie auch im finanziellen Sinne – entspre- nung, es gibt keine Mindestplatzzahl und es besteht keine Aufnah- Optionen verbessert werden sollte. Vielmehr hat das Thema chend nutzen, wird sich zeigen. Zu wünschen wäre allen Beteiligten, mepflicht). Es liegt in der Natur der Sache, dass einige Betrachter EINE NEUE DYNAMIK ZUM WOHLE ALLER? Auswahl und Wettbewerb neben einer quantitativen (der Anzahl dass eine Veränderung des Angebotes zu einem Wettbewerb führt, die Fülle der Ausnahmen monieren, während andere sich eine viel Klar ist, dass der Gesetzgeber einiges in Bewegung gesetzt hat, um der Leistungserbringer) auch eine qualitative Komponente. der sich über Aspekte der Relevanz, Qualität und Transparenz defi- weitreichendere „Entschlackung“ der Regularien erhofft haben. die Angebots- bzw. Wettbewerbssituation möglichst positiv zu niert und weniger über absolute Kostenpositionen. Fakt ist, dass der neu geschaffene § 60 SGB IX eine Rechtsgrundlage stimulieren. Inwiefern dies nun in der Praxis Früchte trägt, hängt Inwiefern es in der Zukunft einerseits Gesetzgeber und Kostenträger bietet, die zumindest theoretisch den Rahmen der Leistungser- nicht nur von der Motivation anderer Anbieter ab, sondern auch sowie Leistungserbringer gelingen wird, entsprechende Qualitäten Dr. Martin Kaufmann ist Leiter des Berliner Büros der bringung durch andere Anbieter vorgibt sowie eine mögliche von der Perspektive der Leistungsträger (die ja den leistungsrecht- sicherzustellen bzw. zu beurteilen als auch so transparent darzu- Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Vorausschau auf die sich verändernde Angebots- bzw. Wettbe- lichen Rahmen mit den neuen Anbietern erarbeiten und vereinba- stellen, dass Menschen mit Behinderungen das für sie passende Menschen und Referent für Arbeitswelt. Daher beschäftigt er werbssituation1 ermöglicht. ren müssen) als auch von den Leistungsberechtigten (die das neue Angebot auswählen können, bleibt abzuwarten. sich intensiv mit der Begleitung und Umsetzung des Die eigentliche Ausgangsfrage – nach einer umfassenden Dynami- Angebot auswählen müssen). Dabei werden auch wieder unter- Bundesteilhabegesetzes und dessen Auswirkungen auf die sierung der Angebots- und Wettbewerbssituation - kann somit aus schiedliche Einstellungen in den Bundesländern und Regionen eine Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen. 1 Auf die Frage, inwiefern der Begriff Wettbewerb tatsächlich im klassischen Sinne auf die Situation der Eingliederungshilfe 2 An dieser Stelle muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass sich eine Vielzahl aus Vertretern von Menschen mit Behinderungen als auch den Leistungserbringern ent- und hier konkret den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben übertragbar ist, kann aufgrund der Knappheit des Artikels täuscht darüber gezeigt hat, dass einige Teilhabebereiche, in denen aufgrund fehlender rechtlicher Arrangements erhebliche Angebotslücken bzw. Unsicherheiten bestehen – u. nicht eingegangen werden. Aus Vereinfachungsgründen werden daher beide Bezeichnungen (Angebots- und a. Angebote im Hinzuverdienst – nicht von den neuen Regelungen zu anderen Leistungsanbietern profitieren werden. Eine Begründung hierfür ist in der analog zur klassischen Wettbewerbssituation) zusammen benutzt, gleichwohl diese in der volkswirtschaftlichen Theorie Unterschiede aufweisen Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen geltenden Mindestbeschäftigungszeit zu finden, die auch im Rahmen von anderen Leistungsanbietern gelten soll. 10 HephataMagazin 48 l August 2018 und in ihrer Deutung abhängig vom Betrachter (Kunde/Nutzer, Anbieter, Dritte) und des Zeitablaufs sind.
n Balko er 7 Zimm m² Vom Heimbewohner zum Mieter 14.00 Auswirkungen des BTHG 1 Bad m² 8.25 er 6 Flur Zimm m² 23.81 m ² 15.91 Von Klaus-Dieter Tichy 2 Bad m² 7.36 Wohnfläche Mischfläche Fachleistungsfläche us enha Trepp .67 m² er 5 11 Zimm m² 16.07 nt 3 rteme Appa m² nt 1 Bad ² 19.28 rteme Appa 20.73 m² 6.32 m Aufz ug m² Bad Flur 3.24 ² 6.75 m m² 39.12 © Bau und Liegenschaften Hephata Flur m² 14.73 Flur ² ittel 5.25 m Putzm ² ebad Fotos: © udo leist m 8.33 Pfleg m² nt 4 21.05 rteme Appa Bad 6 m² m² 1 8 .3 5.33 Bad nt 2 us m² rteme enha² 5.42 Appa 21.71 m² Trepp m 10.47 Das Bundesteilhabegesetz führt die Einglie- WAS ÄNDERT SICH KONKRET? Dazu sind alle Gebäude zu analysieren Die Grundsicherungsbehörde wird prüfen, Zu guter Letzt soll noch der Fall beleuchtet Allein in NRW werden für 2020 zehntausen- derungshilfe aus der Sozialhilfe heraus, was Stationäre Einrichtungen der Pflege und der und aufzuteilen in: ob die in Rechnung gestellte Warmmiete werden, dass die Miete oberhalb von 125 % de Menschen erstmals Anträge auf Grund- ausdrücklich zu begrüßen ist. Es tritt in meh- Eingliederungshilfe heißen in NRW EULA – angemessen ist. Maßstab hierfür sind die der Basismiete liegt. Der Fall ist durchaus sicherung und Fachleistungen stellen. reren Schritten in Kraft. Einige Änderungen Einrichtungen mit umfassendem Leistungs- •• Flächen des persönlichen Wohnbedarfes, von der Grundsicherungsbehörde gezahl- denkbar, da die als stationäre Einrichtungen Rechtzeitiges Handeln ist also mehr als gelten bereits seit Ende 2016, andere seit angebot. Und dies wird ordnungsrechtlich evtl. inklusive anteiliger Gemeinschafts- ten durchschnittlichen Aufwendungen für gebauten Häuser beachtliche behördliche geboten. dem 01.01.2018. Die größten Veränderun- auch so bleiben. Die zuständigen Behörden flächen, Warmmiete in Einpersonenhaushalten, um- Auflagen zu erfüllen hatten. Es seien an die- Klaus-Dieter Tichy ist gen ergeben sich aber ab dem 01.01.2020. werden auch in Zukunft ihre Aufsicht in ge- •• Fachleistungsflächen, wie zum Beispiel gangssprachlich auch „Sozialmiete“ ge- ser Stelle nur die Stichworte Brandmel- kaufmännischer Vorstand der wohnter Weise wahrnehmen. Nur kennt das Therapieräume oder Pflegebäder, nannt, z.B. 320,00 €. Der Betrag ist von deanlagen, zweiter Rettungsweg und elek- Evangelischen Stiftung Hephata. Dann kommt es zur Trennung der Leistungen. neue SGB IX gar keine stationären Einrich- •• Mischflächen, wie beispielsweise Trep- Kommune zu Kommune unterschiedlich trische Türantriebe genannt. Auf der einen Seite stehen die Fachleistun- tungen mehr. Die Fachleistungen der Ein- penhäuser, Eingangsbereiche oder Tech- und ist vor Ort zu recherchieren. Übersteigt gen der Eingliederungshilfe, die nach dem gliederungshilfe werden unabhängig von nikräume, die prozentual den anderen die Warmmiete laut Vertrag diesen Schwel- Aufwendungen in diesen Bereichen sind neuen SGB IX als eigenem Leistungsrecht der Wohnform erbracht und umfassen die Bereichen zuzuschlagen sind. lenwert nicht, wird sie als angemessen bei der Ermittlung der örtlich angemesse- außerhalb der Sozialhilfe erbracht werden, Kosten der Unterkunft und der Lebenshal- angesehen und als Grundsicherungsleis- nen Basismiete sicherlich kaum enthalten. und auf der anderen Seite die Hilfen zum tung nicht mehr. Die Refinanzierung dieser Wichtig ist, dass den Bewohnern nur die tung refinanziert. Für unsere Betrachtung soll eine Warm- Lebensunterhalt und die Kosten der Unter- Kosten fällt dann in die Zuständigkeit der Flächen des persönlichen Wohnbedarfs ver- Es gibt aber Konstellationen, bei denen miete von 500,00 € in Rechnung gestellt kunft. Grundsicherungsbehörden. mietet werden. Die Kosten für die Fachleis- höhere Grundsicherungsleistungen gewährt werden. Wie vorstehend beschrieben, kön- In den heutigen stationären Einrichtungen tungsflächen müssen direkt vom Eingliede- werden. Umfasst der Mietvertrag auch den nen bei Vorliegen eines entsprechenden werden all diese Leistungen aus einer Hand Das bedeutet, dass rechtzeitig vor dem rungshilfeträger refinanziert werden. Haushaltsstrom oder z.B. die Kosten für Mietvertrages 400,00 € als Grundsicherungs- erbracht und auch einheitlich finanziert. In 01.01.2020 Anträge auf Grundsicherung Möblierung, die Instandhaltung des persön- leistung gewährt werden. Der die 125 % NRW üblicherweise durch die überörtlichen zu stellen sind und zwar sowohl für den Hat der heutige Bewohner und zukünftige lichen Inventars oder Telefonnutzung, hat der Basismiete übersteigende Betrag, in un- Träger der Sozialhilfe. Es ist davon auszuge- Lebensunterhalt als auch die Kosten der Mieter seinen Vertrag in Händen, aus dem er der Gesetzgeber einen 25-prozentigen Auf- serem Beispiel 100,00 €, ist auf Antrag durch hen, dass eben diese zu den Eingliederungs- Unterkunft. Dieser Beitrag befasst sich im die Höhe der Warmmiete erkennen kann, schlag auf die Basismiete vorgesehen. Aus den Eingliederungshilfe als Fachleistung zu © pinkomelet - fotolia hilfeträgern nach dem BTHG bestimmt wer- Folgenden nur mit den Kosten der Unter- muss er Grundsicherungsleistungen für die den 320,00 € werden dann 400,00 €. gewähren. Auch hier sind die entsprechen- den. Sie sind aber in Zukunft nur noch für kunft. Kosten der Unterkunft beim zuständigen Bei den heutigen stationären Einrichtungen den Anträge rechtzeitig im Vorhinein zu die Finanzierung der Fachleistungen der Ein- Grundsicherungsamt beantragen. Es sei da- dürfte es die Regel sein, dass die Mietver- stellen. gliederungshilfe zuständig und nicht mehr Die Betreiber der heutigen stationären Ein- rauf hingewiesen, dass bei der Gewährung träge die entsprechenden Leistungen umfas- für die Kosten der Lebenshaltung und Unter- richtungen werden zum 01.01.2020 mit von Grundsicherungsleistungen eigenes Ein- sen und der Zuschlag zum Tragen kommt. kunft. Dafür sind dann die kommunalen den Bewohnern bzw. deren gesetzlichen kommen Berücksichtigung findet. Im Folg- Grundsicherungsbehörden zuständig, deren Vertretern oder Betreuern Mietverträge ab- enden wird aber von dem Fall ausgegan- Aufwendungen für Menschen mit Behinde- schließen. Der Wechsel vom Heimbewohner gen, dass kein eigenes Einkommen vorhan- rung in diesem Falle der Bund refinanziert. zum Mieter findet dann tatsächlich statt. den ist, um den Sachverhalt nicht zu ver- Dies führt zu einer Entlastung für die kom- komplizieren. munale Familie, was mit dem BTHG auch intendiert war. © nmann77 - fotolia 12 HephataMagazin 48 l August 2018 HephataMagazin 48 l Juli 2018 15
FREIHEIT ENTZIEHEN – was für ein Gedanke! Von Alwin Braunsmann Foto: Volker Sander Ich möchte meine Freiheit in vollen Zügen genießen! Und dabei Aber bitte: Schickt mich dann nicht einfach wieder ins Bett, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hoffentlich kalkulierte Risiken •• Wer weiß vielleicht noch zusätzliche Ideen, die wir noch möchte ich auch unvernünftig sein dürfen! Ja, unvernünftig sein, Nachtruhe ist. Ich bin heute schon fest davon überzeugt, so etwas ein. So nennt man so etwas. Das muss doch möglich sein … nicht ausprobiert haben? sogar wenn ich mir selber damit schaden könnte! möchte ich in solchen Situationen nicht hören. Das würde mir nicht •• Wie groß ist das Risiko wirklich? gefallen. Vielleicht würde ich dann sogar „renitent“, so nennt man Sicherlich wird es dann auch Kontrollen und Dokumentationen •• Was ist mit Haftungsfragen? Ich möchte rauchen, obwohl ich davon Lungenkrebs bekommen das in der Fachsprache. Nicht schön! geben, ob alles so gemacht wurde, wie es abgesprochen wurde. •• Wer kann uns berechtigte Sorgen nehmen? könnte oder Sahnetorte essen, obwohl ich bereits Diabetes habe. Dokumentationen, in denen transparent und für Außenstehende •• Und diese von Unberechtigten trennen? Und ich möchte mich frei bewegen, auch wenn ich dabei fallen Oder mich beschäftigen Gedanken, die in meinem Kopf ihr Unwe- nachvollziehbar zu lesen sein wird, ob und wie meine Rechte be- •• Wie bekommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder sonst wie zu Schaden kommen könnte! sen treiben, und ich weiß mir gar nicht anders zu helfen, als davor rücksichtigt wurden. Und regelmäßige Besprechungen, wie ich Handlungssicherheit (zurück)? weglaufen zu wollen. Oder, oder, oder … mich zwischenzeitlich entwickelt habe, ob sich vielleicht Verände- •• Wer kümmert sich um was? Ich habe ein Recht darauf! Dieses Recht beschreibt unser Grund- rungen ergeben haben, dass bestimmte Maßnahmen, meine •• Haben wir überhaupt richtig verstanden, was den gesetz für alle Menschen in seinen ersten beiden Paragrafen. Das Apropos Laufen. Haben Sie’s gewusst? Viele Menschen laufen gar Freiheiten ggf. einzuschränken, evtl. nicht mehr notwendig sein Menschen, um den es uns geht, im Herzen bewegt? gilt jedenfalls solange ich die Rechte anderer nicht einschränke, nicht weg! Sie laufen hin! Hin zur Arbeit, die sie früher einmal müssen. Oder zwischenzeitlich kreative Köpfe neue Ideen hatten bzw. Gesetze etwas anderes sagen. Und solange ich über mich hatten, oder hin zur ehemaligen Partnerin, zum ehemaligen Partner. und evtl. Alternativen entwickelt wurden. Auf derlei Fragen suchen wir gemeinsam Antworten. selber bestimmen kann. Und suchen den Weg, um dort hin zu kommen. Vielleicht zum Fried- hof, für Außenstehende wirkt das allerdings irgendwie „falsch“. Und wenn alles nichts hilft? Wenn ich über Tische und Bänke Und falls gar nichts funktioniert, ja, dann müssen letzten Endes Gott-sei-Dank kann ich auch vernünftig sein. Doch was ist, wenn gehen sollte? Wenn alles nichts nützt? Ja, dann wird wohl am auch Freiheitsentziehende Maßnahmen beschlossen und umge- ich mich wie von Sinnen verhalte oder mir ein ärztliches Gutachten Wir müssen den Sinn Ende nichts anderes übrig bleiben, als mich in meiner Freiheit zu setzt werden. So leid es uns tut. Manchmal kommen wir mit unse- bescheinigt, dass ich nicht (mehr) sogenannt einsichtsfähig bin? in derartigen Verhaltensweisen suchen und finden, beschränken. Aber hoffentlich wird es dann nur wirklich so lange ren Mitteln eben auch an ein Ende … dann finden wir auch individuelle Lösungen, dauern, wie es unbedingt notwendig sein muss, und hoffentlich Dann werden hoffentlich eine ganze Reihe Menschen um mich um Freiheitsentziehende Maßnahmen auch nur die Maßnahme, die meine Freiheit am wenigsten ein- Und Gott-sei-Dank hat sich die Evangelische Stiftung Hephata gera- versammelt sein, die ihre jeweilige Rolle in meinem Sinne ausfüllen. zu vermeiden. schränkt. Wirklich nur als „Ultima Ratio“, wie die Fachleute das de auch in solchen extremen Situationen des Lebens einen Kompass Denn dann möchte ich nicht allein sein. Da bin ich mir sicher. In nennen. Als letztmögliches Mittel. Ich bin auch jetzt schon davon gegeben, der uns lenken kann. Der Kernwert „Freiheit“ unseres solchen Situationen alleine zu sein, ist bestimmt schwierig. Ich möch- In solchen Lebenslagen bräuchte ich sicherlich ebenfalls einen überzeugt, dass ich nicht eingeschlossen oder fixiert werden muss, Leitbildes gibt vor christlichem Hintergrund die Richtung vor, in te, dass dann Menschen da sind, die sich um mich kümmern. Die gesetzlich bestellten Betreuer, der statt meiner – aber bitteschön dass es auch für mich – sollte es irgendwann mal soweit kommen die wir uns zu bewegen haben. Diese Kernwerte sind für uns verstehen, was ich eigentlich will. Die sich kreativ Lösungen über- in meinem Sinne – die Dinge regelt und meine Rechte gegenüber – andere Lösungen gibt. Verpflichtung und Motivation zugleich. legen für das, was bei mir los ist. Das wird bestimmt nicht einfach anderen durchsetzt. So beschreibt es auch der § 1904 BGB. werden. Gott-sei-Dank arbeite ich in der Evangelischen Stiftung Hephata Ich gebe zu, bei allen Freiheitsgedanken wünsche ich mir, meine Hoffentlich sind dann dort, wo ich wahrscheinlich leben werde, Wohnen gGmbH. Warum? Weil wir uns für derartige Situationen Vernunft zu behalten. Denn wie sagte schon Friedrich Engels: Vielleicht will ich nachts nicht im Bett bleiben müssen, weil ich genügend Mitarbeitende, denn die brauche ich sicherlich in sol- des Lebens ein verbindliches Verfahren gegeben haben. Wir orien- Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit. mein Leben lang im Nachtdienst gearbeitet habe und es nicht anders chen Lebenslagen. Und hoffentlich denken die nicht nur an tieren uns dabei am sogenannten „Werdenfelser Weg“. gewohnt bin. Mein Tag-Nacht-Rhythmus könnte „gestört“ sein, berechtigte Haftungsfragen, falls sie etwas falsch machen. Und In kritischen Situationen werden alle Beteiligten an einen Tisch jedenfalls für Außenstehende. Aber für mich wäre dieser Rhythmus hoffentlich wollen die mich nicht nur gegen alle möglichen und geholt und dann wird gemeinsam überlegt. Alwin Braunsmann ist Diplom-Psychologe, Psychologischer vielleicht völlig in Ordnung. Wer weiß? Muss ich mich dann anpas- unmöglichen Schäden schützen. Hoffentlich haben diese Personen Psychotherapeut und Supervisor (BDP). Er arbeitet in der sen müssen? An Andere? An Strukturen und Abläufe im Haus? – gemeinsam mit allen Beteiligten – den Mut, Risiken in meinem •• Was wäre sinnvoll? Mobilen Beratung der Hephata Wohnen gGmbH und hat Oder werde ich so leben können wie ich bin? Vielleicht würde mir Sinne einzugehen. In meinem mutmaßlichen Sinne handeln, wenn •• Was können wir tun? unter anderem am Konzept zum Umgang mit aggressivem in solchen Situationen ein „Nacht-Café“ helfen, in das ich gehen nicht mehr deutlich wird, was mein freier Wille sein könnte. •• Haben wir genügend Alternativen zur Bewältigung der bzw. selbstschädigendem Verhalten und könnte. Oder vielleicht liest mir eine Mitarbeiterin oder ein Mitar- Solche juristischen Begrifflichkeiten bekommen eine neue Krisen ausprobiert? Freiheitsentziehenden Maßnahmen beiter im Nachtdienst aus der Tageszeitung vor, damit ich auf andere Bedeutung, wenn ich diese auf mich selbst projiziere. Und wenn •• Gibt es technische Hilfsmittel, die sinnvollerweise eingesetzt in der Hephata Wohnen gGmbH mitgewirkt. Gedanken komme. bei solchen Aktionen etwas passieren sollte? Dann gehen „meine“ werden können? 14 HephataMagazin 48 l August 2018 HephataMagazin 48 l August 2018 15
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