HERBSTLICHE AROMEN EINHEIMISCH GENIESSEN - FREIZEIT UND ...
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EINHEIMISCH GENIESSEN EINE BEILAGE VON SCHWEIZER BAUER UND TERRE&NATURE HERBSTLICHE AROMEN Von wiederentdeckten Bibern bis hin zu Weinen und Käsesorten – entdecken Sie mit uns handwerkliche Spezialitäten aus den vier Ecken des Landes. FOKUS Bio Suisse wird 40 Jahre alt: ein Rückblick auf die Anfänge der Vereinigung DOSSIER Ausflug ins Bio-Tal Puschlav REPORTAGE Die Magier des Reifungsprozesses öffnen ihren Käsekeller für uns SEPTEMBER 2021 – FR. 8.–
Seit 5 Jahren partner- schaftlich für die Umwelt unterwegs: Denner und IP-SUISSE. Doch damit nicht genug!
EDITORIAL SB IMPRESSUM Beilage zu DIE VIELFALT UNSERES Schweizer Bauer Nr. 72 / 11.9.2021 LANDES ENTDECKEN D Terre et Nature Nr. 39 / 30.9.2021 ie Schweiz. Eine Willensnation auf der Basis grösserer VERLAG Freiheiten als in den Nachbarländern, in der sich Betriebsgesellschaft seinerzeit Nachfahren der deutschsprachigen «Schweizer Bauer» Alemannen, der französischsprachigen Burgunder Dammweg 9, Postfach und der italienischsprachigen Langobarden CH-3001 Bern zusammengefunden haben. Diese Kulturräume Telefon: +41 (0)31 330 95 00 gliedern sich wiederum in zahlreiche Talschaften und verlag@schweizerbauer.ch Bezirke. Nicht nur, aber gerade bei den Traditionen rund um unser www.schweizerbauer.ch Essen ist diese Vielfalt auf engem Raum ein grosser Schatz. PUBLIZISTISCHE LEITUNG Und dabei können wir Menschen aus der Deutschschweiz von der Daniel Salzmann Romandie lernen. Denn dort ist der Stolz und die Freude an den Alexander Zelenka Spezialitäten der einheimischen Land- und Ernährungswirtschaft REDAKTION vermutlich noch grösser. Darum sind Beiträge über das Eric Bernier Unterwallis, wo die Bewegung des Slow Food Touren lanciert hat, Lila Erard und über die Region Locarno/Ascona, wo seit kurzem Biere aus Clément Grandjean lokalem Reis und Hopfen angeboten werden, ein wichtiger Blaise Guignard Claire Müller Bestandteil dieser Beilage, die der «Schweizer Bauer» zusammen Céline Prior mit dem Westschweizer Magazin «Terre et Nature» realisiert hat. Véronique Zbinden Alexander Zelenka Eine Reportage führt ins italienischsprachige Puschlav. LAYOUT Dort hat in den letzten Jahren das Label «100 % Val Poschiavo» Lionel Dominé eine eindrückliche Dynamik in Gang gesetzt. Mittlerweile ÜBERSETZUNG werden im Bergtal Tomaten angebaut, weil die Pizzerien eine Monika Carruzzo 100 %-Val-Poschiavo-Pizza anbieten wollen. Und unverkrampft Maya Merkle wird das Ziel, in wenigen Jahren ein Bio-Tal zu sein, verfolgt. Beat Niederhauser Daran freut sich Bio Suisse, der Verband der Biolandwirtinnen Jakob Sarbach und Biolandwirte, der heuer sein 40-Jahr-Jubiläum feiern kann. KORREKTUR Johannes Schwab Manchmal sehen Aussenstehende die Chancen traditioneller WERBEMARKT Produkte fast besser als die Menschen, die mittendrin sind. Mike Fries Das zeigt sich etwa an den Brüdern Silvan und Claudio Leibacher, Irene Heynen die der Ostschweizer Tradition des Bibers oder der Biberli neuen, DRUCK handwerklichen Schwung verleihen. Und an Curdin Janett und Druckzentrum Bern AG Auflage 51 000 Ex Michael Fankhauser, die sich der Vermarktung von Rohmilchkäse verschrieben haben. Lassen Sie sich inspirieren, geniessen Sie, © Couverture: DR entdecken Sie – ich wünsche Ihnen viel Freude dabei! Daniel Salzmann, Chefredaktor n 3
SB INHALT IN KÜRZE Die neusten Regionalprodukte S. 6 FOKUS Bio Suisse feiert ihr 40-Jahr-Jubiläum. Ein Blick auf die Geschichte des erfolgreichen Labels S. 9 REPORTAGE Zwei Brüder erfinden das traditionelle Appenzeller Biberli neu S. 14 DOSSIER Auf Entdeckungsreise im Bioland Puschlav S. 17 REPORTAGE Fromage Mauerhofer erhebt die Käseaffinage zur Kunst S. 24 AUSFLUGSZIELE Slow Food Travel im Wallis S. 29 EINE REISE WERT Schätze des Tessins S. 35 GENIESSEN Tour de Suisse mit Bioweinen S. 43 ADRESSEN Unser Produzentenverzeichnis S. 48 © FOTOS DR 4
KW 39/21 Bauer Oppikofer begutachtet seine Naturaplan-Äpfel Natürlich. Richtig. Gut. Weil es natürlich ist, der Weil es richtig ist, respektvoll und Weil es gut ist, sich selbst etwas Umwelt und ihren Ressourcen achtsam mit der Natur Gutes zu tun und das Beste Sorge zu tragen. Hier und ihren Produkten umzugehen der Natur mit gutem Gewissen und überall auf der Welt. und nachhaltig zu handeln. zu geniessen.
SB KURZNACHRICHTEN GOÛTS ET TERROIRS SIND WIEDER GEGENSTAND EINER AUSSTELLUNG Nach mehr als einem Jahr reihenweiser Absagen werden sich Aussteller und Besucher diesen Herbst wieder im Espace Gruyère in Bulle treffen können, um den Köstlich- keiten, die der Boden hervorbringt, Ehre zu erweisen. Unter Einhaltung der geltenden Covid-Massnahmen – nur Ge- impfte, Getestete und Genesene werden zur Veranstaltung zugelassen – wird die 21. Aufla e des Salon Suisse des Goûts et Terroirs stattfinden Dem Grundsatz folgend «so vollständig wie möglich, aber so vernünftig wie nötig» mussten die Organisatoren jedoch auf gewisse Animatio- nen verzichten wie etwa «L’Arène Gourmande» oder «L’Amuse-Bouche». Als Ehrengast hat Spanien seine Teil- nahme im Jahre 2022 angekündigt. Aber die beiden natio- nalen Wettbewerbe «Swiss Bakery Trophy» und «Quali- tätswettbewerb der besten Schweizer Fleischerzeugnisse» werden ein reiches Vorführprogramm unter Einbezug des Publikums bieten. Vom 28. Oktober bis 1. November 2021 – vorausgesetzt, dass die Covid-Lage es erlaubt. www.gouts-et-terroirs.ch KNACKIGE ÄPFEL Anders als andere Kulturen haben die Äpfel dem schlechten Wetter des Jahresbeginns getrotzt. Der Schweizer Obstverband erwartet eine Ernte von nahezu 120 000 Tonnen, vergleichbar mit der Ernte von 2020. Indes sind Unterschiede zwischen den Sorten und den Regionen auszumachen: Bei Gala, Golden Delicious und Braeburn sind höhere Erträge zu erwarten, bei Boskoop, Idared, Milwa, Elstar und Gravensteiner niedrigere. Stark heimgesucht durch Frost und Hagel, erwarten die Zentralschweiz und der Kanton Bern eine sehr magere Ernte beim Kernobst. DIE WAADTLÄNDER BÄUERINNEN KREIEREN REZEPTE Aus Anlass zu ihrem 90. Geburtstag hat der Verband der Waadtländer Bäuerinnen kürzlich eine Sammlung seiner besten Rezepte publiziert. Ihre Vorgängerwerke aus den Jahren 1991 und 2006 sind vergriffen. Dieses neue Werk mit einer Auflage von 5000 Exemplaren hat zum Ziel, die aadtlän- der Landwirtschaft zu fördern, indem es die Esskultur mittels 240 Rezepte näherbringt, von denen nahezu ein Viertel von den 73 Gruppen stammen, welche den Verband bilden. Ebenso einfache wie originelle Vorschläge aus lokalen Erzeugnissen: so die Devise dieser Sammlung, die süsse und gesalzene Speisen berücksichtigt. Und nun, sind Sie bereit, ein Tiramisu aus Äpfeln im Glas, eine Sellerie-Piccata, einen Flan aus wilden Kräutern oder eine Kastaniensuppe zuzubereiten? www.paysannesvaudoises.ch 6
EINE KAMPAGNE, DIE FRÜCHTE TRAGEN SOLLTE Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat das Jahr 2021 zum internationalen Jahr der Früchte und Gemüse erklärt. Als wesentliche Bestandteile einer gesunden und nachhaltigen Ernährung wird diesen auch in unserem Land hohe Bedeutung beigemessen, hat die Schweiz doch entschieden, an dieser Initiative teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Landwirtschaft führen der Verband Schweizer Gemüseprodu- zenten und der Schweizer Obstverband sowie das Bundesamt für Lebensmit- telsicherheit und Veterinärwesen eine Kampagne, die zum Ziel hat, die Bevölkerung zu erhöhtem Früchte- und Gemüsekonsum anzuhalten. Um die breite Öffentlichkeit für diese Thematik zu sensibilisieren, wurde eine Internetseite mit den wichtigsten Informationen zu diesem Thema eingerichtet: Tägliche Mengen, Nährwert, Wichtigkeit der Variation bezüglich Geschmack HONIG AUS und Farbe, aber auch Vorzug lokaler und saisonaler Produkte. Dies alles, um sich im Alltag gesünder zu ernähren. DER PIPETTE www.fruechteundgemuesejahr.ch Zuerst zu trocken, dann zu nass und zu kalt: Das Frühlings- und das Sommerwetter dieses Jahres waren zweifellos ungünstig für die Honigproduk- tion. «Zusätzlich zu einer immer kleineren Biodiversität und zum Fehlen von Blumen im Kulturland haben diese klimatischen Ereignisse lediglich eine Ernte von einigen wenigen Kilogramm Honig pro Bienenstock erlaubt», klagt Francis Saucy, Präsident des Westschweizer Bienenzuchtverbandes. In unserem Land scheinen das Tessin sowie einige Bergregionen von etwas mehr Sonnenschein verwöhnt worden zu sein. MOLKEREI PRÄSENTIERT SICH IN NEUEM GEWAND Das Val de Bagnes (VS) hat sich jüngst ein neues Schmuckstück zugelegt, um seine Spezialitäten ins richtige Licht zu rücken. Die Molkerei von Liddes verfügt neu über einen Anbau, der die gesamte Ka- pazität des Veredelungskellers auf heute 4000 Laibe erhöht. Ebenfalls wurde eine Verkaufsstelle einge- richtet, die nicht nur den Raclettekäse «Bagnes 4» zur Geltung bringt, sondern auch andere Käsesorten der Region sowie eine reichhaltige Auswahl an regio- nalen Erzeugnissen. Die Arbeiten, die eine Million gekostet haben, wurden zu gut einem Drittel durch öffentliche Gelder finanziert die im Rahmen des Re- gionalentwicklungsprojektes Grand Entremont be- © FOTOS APAGE/DR willigt worden waren, und zum Rest durch die Milchgenossenschaft. Wenn auch verspätet wegen der Corona-Krise, hat die Einweihung des neuen Anbaus kürzlich stattgefunden. 7
DIE K ILBI: DIE TRADITION DER FEINSCHMECKER Jetzt! danielquaiser.ch, Bilder: AT Mitglied werden bei Agrotourismus Schweiz Wir bieten Buchungsplattform und Präsenz auf myfarm.ch und DIE KILBI KURZ GEFASST : Schweiz Tourismus und freuen Die Kilbi oder „La Bénichon“ ist ein traditionelles Freiburger Fest, uns auf Ihre Kontaktaufnahme! Lewelches Sapalet im Sàrl Herbst stattfindet. Man feiert sie mit einem026 924 54 60 speziellen Route du Revers Menü, das seit19Jahrhunderten so serviert wird. Neu! info@sapalet.ch Bestellen 1658 Rossinière Agrotourismus Schweiz, Brunnmattstr. 21, CH-3007 Bern Sie Ihr Bénichon-Menu zu Hause (Lieferung per Post) ! Tel. +41 (0)31 359 50 30, info@myfarm.ch Rezepte, Veranstaltungen, Artisan duRestaurants www.benichon.org lait de : brebis un troupeau, une famille, une passion myfarm.ch Der Lebensmittelladen mit gutem Geschmack in Etoy VD ! Le Sapalet Sàrl 026 924 54 60 Route du Revers 19 info@sapalet.ch 1658 Rossinière Spezialitäten aus Schafmilch. Dienstag bis Sonntag geöffnet www.elimenterre.ch eine Herde – eine Familie – eine Leidenschaft Vielfalt Nähe Fair 2 0 2 1 8 .10.
SB EINE KNOSPE, DIE SEIT 40 JAHREN SPRIESST 1981 schlossen sich die Biobetriebe zu einem nationalen Verband zusammen, um ihre Vision einer umweltfreundlichen Landwirtschaft zu entwickeln und zu verteidigen. Bio Suisse war geboren, und mit ihr ein Label, das aus den Regalen der Lebensmittelgeschäfte nicht mehr wegzudenken ist. 9
E ier, Obst und Gemüse, Fleisch, regionalen oder sektorialen Strukturen or- Landbau ... 18 Jahre später. In der Zwischen- Milchprodukte, Teigwaren, Wein, ganisiert, um ihren Marktzugang zu ver- zeit wurde ein Etikett registriert. Das Logo, verarbeitete Produkte ... Alles, bessern und ihre Produkte zu schützen. In die berühmte Knospe, war der Ausgangs- was in der Schweiz wächst, ge- den 1970er-Jahren beantragten diese Orga- punkt für das, was Bio Suisse werden sollte. erntet und verarbeitet wird, gibt nisationen – darunter FiBL, Biofarm, De- «Das waren Idealisten, die sich sehr für es heutzutage in einer von Bio meter und Progana – beim Bundesamt für eine nachhaltigere Landwirtschaft einsetz- Suisse gelabelten Version, er- Gesundheit, den Schutz vor Missbrauch, ten», sagt David Herrmann, Medienbeauf- kennbar an einem Logo, das den Konsu- indem sie ihre Produktion als biologische tragter der Organisation. Bio Suisse agierte mentinnen und Konsumenten inzwischen Lebensmittel deklarieren durften. fast wie eine NGO. Jeder Hof «stellte» etwa vertraut ist: der berühmten Knospe. Vor «Eine hochrangige Kommission prüfte den vierzig Jahren war es jedoch alles andere als Antrag und kam zu dem Schluss, dass der einfach, seinen Einkaufskorb mit Produk- Begriff Bio im Zusammenhang mit Lebens- ten zu füllen, die die Erde und die Natur mitteln verboten werden sollte. Das machte «Bio Suisse wird immer schonen. Es ist der Entschlossenheit eini- uns allen Angst», erinnert sich Werner mehr zu einer Gewerkschaft, ger Pionierproduzenten zu verdanken, dass Scheidegger, ein Berner Pionier der Bewe- sich das Gesicht der Schweizer Landwirt- gung. Es war ein Schock, der die Biobauern die gute Arbeitsbedingungen schaft und die Konsumgewohnheiten so dazu veranlasste, eine stärkere, formellere für ihre Mitglieder tiefgreifend verändert haben. Gruppe zu bilden und vor allem Richtlinien garantieren will.» für ihr Produktionsmodell zu erarbeiten. Im VON DEN WURZELN ZUR KNOSPE Jahr 1980 wurde dem Bund ein Pflich enheft David Herrmann, Natürlich gab es auch schon vor 1981 Bio- vorgelegt. Dies führte zur Verabschiedung Medienbeauftragter Bio Suisse bauern. Viele von ihnen hatten sich in der Verordnung über den ökologischen 10
FOKUS SB REGINA FUHRER SEIT 1994 MITGLIED DES VORSTANDS VON BIO SUISSE UND VON 2001 BIS 2011 PRÄSIDENTIN DES VERBANDS Wie wurden die Biobauern wahrgenommen, als Sie im Amt waren, und was denken Sie, wie sie heute wahrgenommen werden? Lange Zeit wurden die Biobauern noch als Exoten bezeichnet. Heute werden wir glücklicherweise als vollwertige Landwirte angesehen. Als Bio Suisse gegründet wurde, galt sie als eine Organisation, die sich für eine nachhaltige Landwirtschaft einsetzt. Heute ist sie eher eine gewerkschaftliche Organisation. Was halten Sie von dieser Entwicklung? Um bei den Konsumenten glaubwürdig zu bleiben, muss Bio Suisse zeigen, dass ihre Ideale im Mittelpunkt stehen. Die Stärke der Knospe ist, dass der Inhalt des ökologischen Landbaus in demokratischen Diskussionen definiert wird. Bio Suisse muss aber auch die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem Handel und den © FOTOS DR Verarbeitern vertreten. Die Abstimmungen über Pestizide haben gezeigt, dass die Bioproduzenten gespalten sind: Einige waren aus kommerziellen Gründen gegen die Initiativen, die an die Urne kamen. Gibt es jetzt eine Kluft zwischen den Label- Landwirten? Auch unter dem Knospe-Label gibt es Landwirte, die weiter gehen wollen, und andere, die lieber bei der jetzigen Situation bleiben wollen... Eines ist jedoch klar: Der ökologische Landbau muss sich weiterentwickeln und neue Ideen wie z. B. die Agroforstwirtschaft oder die regenerative Landwirtschaft übernehmen. 50 Familien «um», die ihre Lebensmittel in Verarbeitungspartner», fasst David Herr- Marktanteil des ökologischen Landbaus kleinen Geschäften oder direkt auf dem mann zusammen. Die eingenommenen Li- auch traditionellere Betriebe, den Schritt Hof kauften. zenzgebühren werden zur Förderung und zu wagen. Im Jahr 1996 stellten nicht weni- Entwicklung der biologischen Landwirt- ger als 1500 landwirtschaftliche Betriebe DIE GROSSVERTEILER VERFÜHRT schaft in der Schweiz verwendet. Die Ein- auf die Knospe um (siehe Kasten auf Seite Indem sie einen festen Platz in der schwei- führung einer Knospe-Lizenz für Verarbei- 13). Damals gab es mehr als 3600 solcher zerischen Agrarlandschaft einnahmen, ter und vor allem der Markteintritt der Betriebe, während es bei der Gründung der sorgten diese Pioniere dafür, dass jene sich großen Einzelhändler waren wichtige Mei- Bio Suisse weniger als 300 waren. weiterentwickelte und ihre traditionellen lensteine in dieser Entwicklung. 1993 lan- Praktiken in Frage stellte, oft ohne eine an- cierte Coop ihre eigene Marke «Naturaplan» EIN VERBAND DER IDEALISTEN dere Richtschnur als die Erfahrung ihrer – basierend auf dem Pflich enheft der Knos- «Dieser Zuwachs trägt auch dazu bei, dass Mitglieder – zum Preis von Versuch und pe – und 1995 folgte die Migros mit ihren die Organisation ihre Rolle als Anwältin Irrtum und einer Innovationsfähigkeit, die eigenen Standards. «Der Ausbau des ihrer Mitglieder festigen kann», sagt David auch heute noch eine der Stärken der Bio- Bio-Sortiments ist diesen beiden Giganten Herrmann: «Heute arbeiten rund 7500 produzenten ist. zu verdanken», sagt Pascal Olivier, Leiter der Landwirte nach den Vorgaben der Bio Von Anfang an hatte der junge Verband auch französischsprachigen Niederlassung von Suisse. Für sie hat die Rolle des Vertriebs die Aufgabe, die Vermarktung der ökologi- Bio Suisse. «Und die zunehmende Verfüg- und der Verarbeitung stark an Bedeutung schen Produktion zu unterstützen. «Als barkeit von Bioprodukten im Supermarktbe- gewonnen. Bio Suisse wird damit immer NGO garantiert sie die Produktion und reich setzt sich bei den Hard-Discountern mehr zu einer Gewerkschaft, die gute Ar- Verarbeitung gesunder Lebensmittel auf fort, die in diesem Bereich seit einiger Zeit beitsbedingungen für ihre Mitglieder ga- nachhaltige Weise, als Unternehmen ver- ein starkes Wachstum verzeichnen.» rantieren will.» Der Bio-Markt ist zwangs- kauft sie Markenrechte an Vertriebs- und Logischerweise ermutigte der wachsende läufig komplexer geworden, da er für 11
KULINARISCHE SCHATZSUCHE IN DEN SCHWEIZER PÄRKEN Fotos © Biosfera Val Müstair, Tony Oertli und Gaudenz Danuser Wandere in der Natur Löse spannende Rätsel Triff engagierte Produzent:innen Geniesse köstliche Spezialitäten www.savurando.ch Ein Angebot der Unterstützt von
FOKUS SB die wichtigsten Akteure der Lebens- mittelkette zu einem wirtschaftlich inter- EIN PAAR MEILENSTEINE AUF EINER essanten Segment geworden ist. Die Frage 40-JÄHRIGEN REISE der Margen von Händlern und Verarbeitern ist für Bio Suisse nach wie vor unange- nehm, denn sie betrifft ihre wichtigsten 1981 Gründung des Verbands Schweizerischer Absatzkanäle. «Ich denke, das ist ein limi- tierender Faktor bei der Erreichung unseres Bio-Landbau-Organisationen (VSBLO), Ziels, bis 2025 einen Marktanteil von 25 % Eintragung der Marke Knospe. Verabschiedung der ersten Richtlinien. 1983 zu erreichen», sagt ein Mitarbeiter des Ver- Der Verband hat 259 Mitglieder. bandes, der anonym bleiben möchte. GEWERKSCHAFT VON IDEALISTEN Die Bio Suisse, die sich in eine NGO, eine Gewerkschaft und ein kommerzielles Un- ternehmen verwandelt hat, hat ihre idealis- tische und visionäre DNA nicht verloren. Im Jahr 2008 hat sich der Verband ein neues Leitbild mit dem Namen «Bioland Schweiz» gegeben, das darauf abzielt, die gesamte 1992 Der Bund erkennt den ökologischen Schweizer Landwirtschaft nachhaltig und Landbau als eine zu fördernde Produktions- umweltverträglich zu gestalten. In dem Einführung von Direktzahlungen für 1993 form an. Erste Verarbeitungsstandards. Masse, wie das ökologische Modell stärker ökologische Betriebe. Coop steigt mit seiner und sichtbarer geworden ist und seine Posi- Marke Naturaplan in den Biosektor ein. 1995 Auch die Migros beginnt mit Bioprodukten tion in der Agrarlandschaft (insbesondere zu arbeiten, mit eigenen Standards. durch die Einführung von Direktzahlungen an zertifizier e Betriebe im Jahr 1993) und in VSBLO wird zu Bio Suisse. 1997 den Verkaufsregalen verbessern konnte, hat es zwangsläufig immer mehr Berufsleute 1998 Die Schweizerische Verordnung über angezogen, die eher pragmatisch als idealis- den biologischen Landbau tritt in Kraft. tisch sind. Das hat manchmal zu Spannun- Die unabhängige Zertifizierungsstelle Bio gen zwischen diesen beiden Polen geführt, Inspecta wird gegründet. «was wir bei der Abstimmung im Juni 2021 Regina Fuhrer wird die erste Präsidentin 2001 (über die Pestizidinitiative und die Trink- eines Schweizer Landwirtschaftsverbandes. 2002 Der Umsatz mit Knospe-Produkten erreicht wasser-Initiative) gesehen haben», sagt Balz 5576 Betriebe sind mit dem Knospe-Label 1 Milliarde CHF. Strasser, der heutige Geschäftsführer von ausgezeichnet. Bio Suisse. «Aber wir haben immer gesagt, dass Bio Vielfalt bedeutet, auch Meinungs- vielfalt. Unser Verband hat immer wieder Diskussionen über seine Ausrichtung ge- führt, und das müssen wir akzeptieren.» Dennoch ist der Pionierverein in den vierzig Jahren seines Bestehens fast unfreiwillig zum Vorbild für alle geworden, die grund- © FOTOS DR legende Veränderungen in unserer Bezie- hung zur Erde anstreben. «Für viele Men- Der Umsatz mit Knospe-Produkten 2013 schen verkörpert Bio Suisse all ihre erreicht 2 Milliarden CHF und 7,1 % des Hoffnun en und Sehnsüchte für eine besse- Lebensmittelmarktes. re Welt», sagt David Herrmann. «Umwelt- 2015 6031 Betriebe sind mit dem Knospe- ziele können jedoch nicht allein erreicht Label ausgezeichnet. werden. Und Landwirte allein können das Die Knospe erreicht einen Umsatz 2017 Lebensmittelsystem nicht verändern. Auch von 2,7 Milliarden CHF und einen die Gesellschaft, der Vertrieb, die Verarbei- 2018 Beträgt der Anteil des Schweizer Marktanteil von 9 %. tung und die Gastronomie müssen ihren Biolandbaus an der landwirtschaftlichen Teil dazu beitragen und Verantwortung Nutzfläche 1 %. übernehmen. Und der Staat selbst kann Bio-Boom: 11 % des Marktes. 2020 diesen Wandel fördern, indem er Nachhal- 2021 7450 Betriebe haben das Knospe-Label. tigkeitsanforderungen definiert. Blaise Guignard n 13
Zwei passionierte Handwerker geben dem traditionellen Biber seine Einzigartigkeit zurück Die Appenzeller Lebkuchenspezialität Biber hätte mehr verdient als ihre industrielle Version. In den Händen der zwei Brüder Silvan und Claudio Leibacher ist das Schweizer Madeleine zu einer richtigen Erfolgsgeschichte geworden. E in am Eingang der alten Dorfpost betrifft behält Claudio lieber für sich: betrifft, aufgehängtes Plakat verkündet «Wir sind deren drei, die das Rezept ken- den neuen Ruf des Ortes: «Bi- nen.» Die Zutaten sind möglichst Bio und ber-Manufaktur». Aus dem un- aus der Region: Dinkelmehl und Honig scheinbaren Postbüro des Dorfes aus dem Gebiet um Zürich, Milch aus der Illnau vor den Toren Zürichs Nachbarschaft, Zucker aus der Schweiz dringt mittlerweile frischer Ge- etc. Der Teig muss zwei Tage ruhen und bäckgeruch. Silvan und Claudio Leibacher unterdessen bereitet man die Füllung zu: entdeckten diese Örtlichkeiten, als ihnen «Wir schälen höchstpersönlich unsere fri- das der Familie gehörende Haus in Wer- schen Mandeln, und genau dies macht das matswil eng zu werden begann. gewisse Etwas aus!» Die Füllung ist ein Die beiden Dreissigjährigen befinden sich gezuckerter Mandelteig, aufgefrischt und am Anfang einer bemerkenswerten Renais- ergänzt durch Bio-Zitronenschale und sance: Das Biberli, gewürztes Süssgebäck Kirsch. der Festtage, Proviant auf jeder Schulreise, Der Teig wird im Walzwerk gepresst, in urschweizerischer Obstkuchen, gab es die Form gelegt und dann mit der Füllung praktisch nur noch in der industriellen versehen. «Das Basisrezept mit Honig Version. wurde durch mehrere Varianten ergänzt: Weisse Gewürzbrötchen mit Anis oder mit GEHEIMES REZEPT Nüssen gefüllte Leckerli, Pralinenhäpp- Wenig jedoch ausser ihrer appenzellischen chen, vegane Biberli, wobei der Honig Herkunft prädestinierte die beiden Brüder durch Agavensirup und Reis ersetzt dazu, diesen runden Kuchen mit Kind- aufl ben zu lassen… «Fast heitsgeruch neu aufleben jede Bäckerei der Region hatte ihr Rezept», sagt Claudio, «aber wir haben vieles aus- probiert, um dasjenige, das am besten zu unserer Produktion passte, auf den Punkt zu bringen.» Historiker von Beruf, wurde Claudio von der Leidenschaft für diesen kleinen Fladen aus Mandelteig und seine einmodellierten Formen ergriffen und ar- beitete fortan daran, dessen Geheimnisse zu lüften. «Alles beginnt in einem grossen Misch- tank mit Honigsirup, wobei man aufpas- sen muss, dass man diesen nicht zu stark erwärmt», erklärt Claudio. «Dann schüt- tet man alle Zutaten in eine riesige Knet- maschine: Dinkelmehl mit einem streng geheim gehaltenen Gewürzgemisch – ja, es enthält Zimt und Nelken», meint er mit einem Augenzwinkern. Es folgen Zucker, Milch und ein wenig Bikarbonat. Was Details und genaue Mischverhältnisse 14
REPORTAGE SB DIE HANDWERKER Claudio Leibacher, 38 (l.), und sein Bruder Silvan, 33, landeten nach einigen Umwegen bei der Patisserie. Ersterer ist ursprünglich ein Abenteurer. Fasziniert von den traditionellen Formen, nimmt er nach seinen Studien in Geschichte des Mittelalters in Zürich und Paris die Herausforderung einer neuen Ausbildung zum Bäcker und Holzschnitzer an. Sein Bruder Silvan stösst nach einem Lehrgang in Ökonomie und Marketing im Jahre 2011 zu ihm, zusammen erwecken sie die Biber-Manufaktur zum Leben. Ihre ersten Gewürzbrötchen werden im Kellergeschoss des Familienhauses von Wermatswil ZH gebacken. Das KMU zieht 2017 nach Illnau um und bleibt dabei ein Handwerksbetrieb. Claudio © REGINA JÄGER kreiert die Formen und wacht über die Herstellung der Kuchen, während Silvan sich um den Verkauf und das Marketing kümmert. Seit 2019 arbeitet auch ihre Schwester Petra, 36, im Betrieb. 15
SB REPORTAGE Légende © FOTOS REGINA JÄGER wird. Wir haben die Herstellung der Demnächst dürfte die Manufaktur auch Familienwappenmotiven, die von Claudio Spezialitäten ohne Gluten in unserer an- weiche Amaretti lancieren. Diese kleinen immer sorgfältig geschnitzt wurden, auch deren Produktionsstätte in Wermatswil Wunderwerke kann man online bestellen – in Anspielung auf die Aktualität – Mo- behalten, um jegliche Verunreinigung zu oder in Spezialitätengeschäften – vor al- tive in Form eines Wunsches mit der ma- vermeiden», präzisiert der Handwerker. lem im Raum Zürich – erwerben. gischen Dialektformel Bliibxund … Nun bleibt nur noch das Backen: «Etwa 12 Man findet ab sofort unter zahlreichen Véronique Zbinden n Minuten bei ca. 230 Grad, je nach Form Formen mit Blumen-, Tier- oder MEHR INFOS www.biber-manufaktur.ch und Grösse», sagt Claudio. Der handwerklich hergestellte Biber ist ein voller Erfolg; das KMU zählt etwa zehn MITTELALTERLICHE WURZELN Mitarbeitende bei einer Fabrikation, die Biber, Biberli, Biberfladen: Drei Namen, die aus der Ostschweiz, aus den beiden Appenzell und St. Galle wirklich handwerklich bleibt: Claudio stammen und verwandte Spezialitäten bezeichnen. Die Nuancen betreffen die Grösse, die Form (rund, schnitzt seine Model aus Birnbaumholz. quadratisch oder rechteckig, in Modeln gebildet), aber auch den Umstand, ob eine Füllung vorhanden ist oder nicht. Und nun stellt sich die Frage: St. Gallen oder Appenzell? Ein heikles Thema in den Augen der ZUSAMMENARBEIT UND VARIATIONEN Leute, die aus den beiden Regionen stammen. Gemäss gewissen Experten jedoch kommt die Version mit Letztes Jahr wurden 20 Tonnen hergestellt Füllung vermutlich aus St. Gallen, während die Gewürzbrötchen ohne Füllung den mittelalterlichen Klöstern und zwar mit saisonalen Variationen. Im der Region entstammen dürften. Die Bezeichnung kommt vermutlich vom lateinischen piper – gemäss dem Sommer wird der Rhythmus langsamer, Inventar des kulinarischen Erbes der Schweiz – und bedeutet Pfeffer, aber auch die Gesamtheit der die Produktionsspitze liegt vor den Fest- Gewürze, welche damals Mode waren. Der Kuchen verdankt diesen – wie auch dem Honig – seine dunkle tagen, wenn die Lust auf Süsses und Ge- Farbe: Der Teig muss ruhen, damit die Parfums ihre Wirkung entfalten, präzisiert das nationale Inventar schenke erwacht. Obgleich diesen Winter wegen der Pandemie alles komplizierter der kulinarischen Traditionen. Bei den anderen Zutaten kann es sich um Weizen- oder Dinkelmehl handeln, war, hat die Belegschaft in Zusammenar- mit oder ohne Eier, Milch, Zucker, Hefe. Die Füllung kann geschälte Mandeln enthalten, bittere inbegriffen, beit mit dem bekannten Zürcher Schoko- Zucker, Wasser, Zesten von Zitrusfrüchten, ja sogar Kirsch. Andernorts bekannt unter der industriell ladehersteller La Flor einen Adventskalen- hergestellten Form, bleibt der Biber von November bis Januar das Aushängeschild der Bäckereien in der für Feinschmecker hervorgebracht. Appenzell. 16
SB BIOLAND PUSCHLAV Das kleine italienischsprachige Tal in Graubünden bereitet gerade eine Premiere in unserem Land vor: Bald werden 100 % seiner Landwirtschaftsbetriebe mit dem Label Bio Suisse zertifizie t sein. Durch die Schaffung von kurzen Produktionsketten wird die gesamte regionale Agrarproduktion schon jetzt aufgewertet. 17
© CLAIRE MÜLLER/DR 18
DOSSIER SB D ie Valposchiavo oder das bis in die 1960er-Jahre», berichtet die aus Puschlav ist sozusagen eine dem Jura stammende junge Agronomin. Schweiz im Kleinformat, denn «Um den Ackerbau wiederauferstehen zu von einem mittelmeerähnli- lassen, brauchten wir nur wieder Landma- chen Klima gelangt man in schinen anzuschaffen, denn das Know-how nur wenigen Kilometern zu und das Interesse waren bei allen Landwir- einem rauen Alpenklima. Von ten des Tals immer noch gegenwärtig.» den Oliventerrassen bis zu den Alpen an steil abfallenden, von ewigem Schnee be- GETREIDEANBAU KEHRT ZURÜCK deckten Hängen ist es nicht weit, nicht mal 2017 konnte Rosalie Aebi rund zehn Land- 20 Minuten Fahrtzeit, die man entlang des wirte des Tals überzeugen, zur Inwertset- sprudelnden Flusses Poschiavino, umgeben zung der lokalen Ernte eine Genossenschaft von den beiden steilen, das Tal begrenzen- zu gründen. Seitdem werden ungefähr 15 den Berghängen zurücklegt. Hektaren Roggen, Gerste, Brotweizen und Nicht weit entfernt vom Gebirgsbach, im Buchweizen, alle Bio-zertifiziert angebaut, kleinen Weiler Le Prese, begutachtet Rosa- geerntet und in der Umgebung von Po- lie Aebi ihre in diesem Monat allmählich schiavo weiterverarbeitet. «Weizen und gelb werdenden Dinkelähren. Eine von elf Dinkel werden an die Bäcker geliefert, die Hektaren ihres auf 1000 Metern Höhe ge- verschiedene Brotsorten und das Brascia- legenen Bio-Hofs bewirtschaftet sie mit dela, das traditionelle Roggenringbrot, her- Getreide – Roggen, Dinkel, Weizen – und stellen», führt Rosalie Aebi aus. Die Roll- Buchweizen. Für diese Region, die sich gerste ist für Suppen bestimmt und der durch karge Böden auszeichnet, wo die Buchweizen für die Pizzoccheri, beides tra- Winter sehr hart sein können und die Nie- ditionelle Spezialitäten aus dem Puschlav derschläge nicht mehr als 600 mm im Jahr und aus Graubünden, die auf den Speise- erreichen, ist dies eine echte agronomische karten der Restaurants stehen oder in den Herausforderung. «Im Puschlav hat es Bäckereien des Tals angeboten werden. schon immer Ackerkulturen gegeben, sogar «Die biologische Landwirtschaft passt Bernina Hospizhotel Berninapass Lago Bianco 2328 m I TALIE N Poschiavo Le Prese Lago di Poschiavo Brusio Campascio Dank Rosalie Aebi, Biobäuerin und Leiterin Campocologno einer Produktionsgenos- © PASCAL ERARD senschaft, wächst im Puschlav Puschlav wieder Getreide – zur Freude der Bäcker Tirano und Gastronomen im Tal. I TALIEN 19
EIN URALTES REZEPT: GLUTEN UND LAKTOSEFREI. VISIONÄR. Jetzt profitieren und Mitglied bei Agrotourismus Schweiz werden Anmeldung · Ferien auf dem Bauernhof Alphütten ∙ Ferienwohnungen ∙ Vorname: Gruppenunterkünfte ∙ schlafen im Name: Stroh ∙ Gästezimmer ∙ Tipi ∙ Camping... · Gastronomie auf dem Hofname: Bauernhof Adresse: Hofbeizli ∙ Catering ∙ Bankette ∙ Veranstaltungen... PLZ, Ort: · Erlebnis auf dem Bauernhof Tel. : Kinderferien ∙ Ausflüge ∙ Gruppen- anlässe ∙ Reitferien ∙ Mithilfe auf dem Mail : Bauernhof ∙ Wellness... · Hofläden Anmeldung Agrotourismus Schweiz: WIR ❍ Ja, ich möchte Mitglied werden bei BIETEN Agrotourismus Schweiz und bitte um Zustellung der Anmeldeunterlagen tform Buchungsplat per E-Mail ebseite ❍ äs en z au f W und Pr d ❍ per Briefpost myf ar m .ch un ismus! Schweiz Tour Adresse: Agrotourismus Schweiz Brunnmattstr. 21 3007 Bern info@myfarm.ch www.myfarm.ch
DOSSIER SB In San Carlo verarbeitet Toni Giacomelli eine Million Liter Milch pro Jahr zu verschiedenen Speziali- täten. Seine Käserei, die die Milch von rund 15 Bioproduzenten bezieht, war in den 1980er die erste, die in der Schweiz biologisch zertifiziert wurde. © CLAIRE MÜLLER/DR hervorragend zu unserem Klima und werden. An diesem Morgen sind Elmo Za- muss, mit Chemikalien zu behandeln.» unserer Bodenbeschaffenheit und ent- netti und Alice Raselli, die den Landwirt- Die sehr sonnige und regenarme Region ist spricht unserer relativ extensiven Bewirt- schaftsbetrieb Al Canton gemeinsam hervorragend für den Anbau von Heil- schaftungsmethode: Hier leben wir mit der bewirtschaften, mit der Ernte der Gold- pflanzen geeignet. «Auf 1000 Metern Natur und nehmen uns nur, was sie her- melisse beschäftigt. «Die Zeit wird knapp, Höhe sind die Wachstumszeiten länger als gibt», fasst die junge Verantwortliche der am Ende des Vormittags sind Gewitter im Tal, daher entwickeln die Kräuter viel- Genossenschaft zusammen, die mittelfris- vorhergesagt, und Feuchtigkeit wirkt sich seitigere und intensivere Aromen.» Von tig die Errichtung einer Sortierstelle und negativ auf die Qualität der für die Her- Mai bis Oktober ernten Elmo, Alice und einer Trocknungsanlage plant, um die Qua- stellung von Kräutertees bestimmten ihr Team Minze, Thymian, Eisenkraut, lität der ausgelieferten Ware zu verbessern. Blumen aus», vertraut uns Elmo an, der Lavendel, Kornblumen, Ringelblumen «In einem weiteren Schritt möchte ich seine fünf Hektaren aromatischer Kräuter etc. von Hand und trocknen mithilfe von meinen Betrieb in Richtung Gemüseanbau seit über dreissig Jahren nach den Grund- mit Sonnenenergie erhitzter Luft Dutzen- weiterentwickeln», fährt Rosalie begeistert sätzen der biologischen Landwirtschaft de Säcke mit Blumen und Blättern, die fort und zeigt auf einige etwas weiter weg anbaut. «Agronomisch gesehen ist es im Winter sortiert und in Beutel gefüllt liegende Reihen von grünem Spargel. nicht akzeptabel, aromatische Pflanzen werden. die man aufgiessen und ziehen lassen PARADIES DER HEILPFLANZEN DAS TAL SPIELT MIT Auf der Weiterfahrt in Richtung Lago di Die von Elmo vor mehr als zwanzig Jahren Poschiavo kann man denn auch Gemüse- gegründete Marke Al Canton findet man parzellen sehen, deren Produktion durch nicht nur in den Regalen von Supermärkten «Hier leben wir mit die Nachfrage aus dem Hotelgewerbe und der Ostschweiz, 10 % der produzierten der Gastronomie in den letzten Jahren ge- der Natur und nehmen uns Menge werden auch direkt in der Region steigert wurde. Aber ins Auge fallen eher nur, was sie hergibt» konsumiert. «Die 4500 Einwohner des farbenfrohe Ringelblumen-, Lavendel- Rosalie Aebi, Landwirtin Puschlav unterstützen die lokalen Produk- und Kornblumenfelder, bei deren Anblick te», was Elmo sehr zu schätzen weiss, der die Velotouristen regelmässig langsamer einen Teil seiner Produktion auch an 21
SB DOSSIER die Tausenden von Touristen, die je- Speisekarte mindestens drei Gerichte, die des Jahr das Tal durchqueren oder besu- aus lokalen Rohstoffen hergestellt werden, chen, verkauft. «Dank ihrer Hotels, Cam- «Die Hotels der Region anzubieten», erklärt Francesco Vassella. pingplätze, Gästezimmer und Ferienhäuser Der 40-Jährige koordiniert das Projekt zur verzeichnet die Region 100 000 Übernach- bieten lokale Fruchtsäfte regionalen Entwicklung (PRE) «100 % tungen pro Jahr», erklärt Kaspar Howald, zum Frühstück an. (bio) Valposchiavo», von dem die Region Geschäftsführer der Touristeninformation Dies ist für meinen Betrieb seit 2020 profitiert Das gemeinsam vom des Puschlavs. Für dieses Tal ist die Vielfalt eine echte Chance.» Bundesamt für Landwirtschaft und dem der lokalen Produktion – Pflanzen Getrei- Kanton Graubünden finanzier e Projekt de, Milchprodukte, Fleischerzeugnisse, Nicolò Paganini, Landwirt bündelt die Kräfte der Bauernverbände Obst und Früchte – ein Glücksfall. Ange- von Brusio und von Poschiavo, der Bran- regt von den Akteuren aus der Tourismus- chenverbände der Valposchiavo und des und Gastronomiebranche wurde denn auch Partnern Davide und Sandro entwickelt regionalen Tourismusbüros. «Unser Ziel vor fünf Jahren eine eigene Marke, « 100 % hat, werden nur Zutaten aus der Umgebung für 2026 ist klar: 100 % der landwirt- Valposchiavo », gegründet, die nunmehr verwendet. «Der Ravioli-Verkauf macht schaftlichen Flächen sollen bis dahin den 150 Produkte aus lokalen und vor Ort ver- nunmehr 20% meines Umsatzes aus», teilt Leitlinien von Bio Suisse entsprechen», arbeiteten Bio-Rohstoffen zählt. uns die Konditorin mit, die Restaurants erklärt Francesco Vassella. Ein durchaus Dazu gehören auch die Teigwaren und Kek- und Geschäfte nicht nur im Tal, sondern realistisches Vorhaben, denn seit den se von Giovanna Tosio, Konditorin in Po- auch im Engadin beliefert. 2000er-Jahren beträgt deren Anteil schon schiavo, die seit kurzem ein Ravioli-Sorti- deutlich über 90 %. «In der Gegend gibt es ment « 100 % Valposchiavo » anbietet. Ob UNTERSTÜTZUNG WILLKOMMEN seit über 30 Jahren eine echte Biokultur», Fleisch, Mehl, Eier, Kräuter, Käse, Gemüse «Seit 2015 konnten wir ein Dutzend erwähnt Kaspar Howald. Diese in der oder Marroni und Kartoffeln, für die etwa Restaurants der Region überzeugen, eine Schweiz einzigartige Situation geht vor al- zwölf Rezepte, die sie gemeinsam mit ihren Charta zu unterschreiben und auf ihrer lem auf einen Käsehersteller zurück, der in 22
Von Mai bis Oktober erntet Elmo Zanetti seine aromatischen Pflanzen und vertreibt seine Al Canton Teebeutel in der ganzen Schweiz. Das Projekt «100 % Bio» umfasst auch Verarbeiter. Die Konditorin Giovanna Tosio hat beispielsweise damit begonnen, Ravioli aus Rohstoffen aus dem Tal herzustellen. © CLAIRE MÜLLER/DR den 1980er-Jahren der Erste im Land war, besser, indem wir Tunnel zum Schutz vor Mittel in ihren Gärten zu verzichten. Als der auf Bio umstieg, wodurch alle Milch- Pilzbefall errichten und alternative Metho- erste hundertprozentige Bio-Region des produzenten des Tals angeregt wurden, den zur Unkrautbekämpfung anwenden.» Landes würde das Puschlav seinen Pionier- mitzumachen. «Die Umstellung war für status bestätigen: «Die Puschlaver hängen die Landwirte kein Problem, da in unserer VOM FRÜHSTÜCK BIS ZUR PIZZA nicht nur sehr an ihrer Landschaft und ih- Bergregion praktisch keine Kunstdünger Nicolò Paganini gibt gerne zu, dass die Ent- ren Feldern, sie sind auch sehr offen und eingesetzt werden». wicklung des Agrotourismus und des PRE dynamisch», sagt Kaspar Howald. «Die Nicolò Paganini war einer der letzten Land- stark zu seiner Motivation beitragen. «Die Umstellung auf 100 % Bio wird nicht nur wirte, der diese Anbaumethode übernahm. Hotels der Region bieten seither anstelle zu einer besseren Lebensqualität beitragen, In Campascio, dem auf 600 Metern Höhe von Orangensaft lokale Fruchtsäfte zum sondern uns auch ermöglichen, Arbeits- liegenden letzten Dorf vor dem italieni- Frühstück an. Dies ist für meinen Betrieb plätze zu schaffen und die Attraktivität schen Veltlin, wachsen Kiwipflanzen eine echte Chance», erklärt er. Gut ein unserer Region für die Touristen aufrecht- Kaki-, Marroni- und Olivenbäume. «Ich Drittel seiner jährlichen Früchteproduktion zuerhalten.» habe wegen des Klimas begonnen, Beeren- verarbeitet er selbst. «Übrigens kultivieren Und wer weiss, vielleicht wird das kleine früchte anzubauen», erzählt er. So kulti- wir seitdem auch Tomaten, damit wir die Tal in Graubünden zu einem Vorbild für die viert er auf ungefähr 10 Hektaren Himbee- Nachfrage der Pizzerien bedienen können, Schweiz. «Mit dieser Initiative zeigt das ren, Brombeeren und Blaubeeren, angelegt die 100 %-Valposchiavo-Pizzas anbieten Puschlav, dass es möglich ist, das Ziel in rund 70 kleinen Terrassenparzellen. wollen und dafür lokal hergestellte Toma- «100 % biologisch» zu erreichen, bemerkt «Unsere steinigen Böden, die Ausrichtung tensauce benötigen!» Lukas Inderfurth, Leiter Kommunikation bei unserer Terrassen und der ständige Berg- In diesem kleinen Tal, das Grosses vorhat, Bio Suisse. Zuerst ein ganzes Tal, dann ein und Talwind sind ideale Voraussetzungen sind noch weitere Projekte in Vorbereitung, ganzer Kanton (in Graubünden werden schon für Beerenkulturen.» Aber der Bioanbau so die Errichtung eines Schlachthofs und 60 % der Betriebe biologisch bewirtschaftet). stellt auch eine Herausforderung dar. einer Metzgerei oder Anreize für Privatper- Warum nicht in der ganzen Schweiz?» «Nach und nach gelingt es uns immer sonen, auf die Verwendung synthetischer Claire Müller n 23
SB REPORTAGE Bei Mauerhofer entstehen exklus 2017 haben Michael Fankhauser und Curdin Janett eines der traditionsreichsten Käsehandelshäuser der Schweiz in Burgdorf BE wieder zum Leben erweckt. Im Angebot stehen erlesene Kreationen von Schweizer Käsermeistern. Traditionellerweise reift der Käse im eigenen Keller heran, bevor er in der ganzen Schweiz vertrieben wird A ls Werbeprofis im Raum erzählt Curdin Janett. Käser wanderten aus, Michael Fankhauser und Genf-Zürich haben Micha- weil sie anderswo grössere Chancen sehen. Curdin Janett (v.l.) pflegen el Fankhauser und Curdin In den 1990er-Jahren stoppt die Schweize- ihre edlen Käselaibe, die Janett einen ganz anderen rische Käseunion die Subventionierung des zur Reife ein bis drei Jahre Weg eingeschlagen als ihre Handwerks, was dazu führt, dass grosse Fa- im eigenen Sandsteinkeller Grossväter, die ihrerseits milienunternehmen – wie Mauerhofer in Burgdorf BE lagern. Milchproduzenten im Em- 1992 – von der Bildfläche erschwinden. mental und im Graubünden waren. 2017 Was aber treibt die zwei Unternehmer an, kehrten die Fünfziger zu ihrer ersten Liebe die Firma über zwanzig Jahren nach ihrem zurück, als sie das Unternehmen Mauer- Verschwinden wiederzubeleben? «Die Lie- hofer wiederbelebten. Sie bieten erlesene be zum Qualitätskäse und zum regionalen Schweizer Spezialitäten an, die nach vor- Handwerk», lautet die spontane Antwort bildlichen Vorgaben ausgewählt und mit von Michael Fankhauser. Durch seine Ar- grösstem Respekt vor dem Traditions- beit jenseits des Atlantiks wird der ehema- handwerk zu Ehren der jahrhundertealten lige Marketingchef einer Uhrenmarke auf Geschichte des Berner Unternehmens ver- die schwache Präsenz des Produkts im edelt werden. DAS GOLDENE KÄSEZEITALTER Alles beginnt 1770 im Emmental. Familie Mauerhofer ist bereits im Leinen- und «Ich hatte die Befürchtung, Tuchhandel tätig, als sie sich an der Ver- dass die Industrialisierung marktung von regionalem Käse versucht. Der Erfolg lässt nicht auf sich warten und zum Aussterben der wird bis Anfang des 20. Jahrhunderts fort- kleinen Handwerksbetriebe gesetzt. «Zu dieser Zeit hat das Land vom führen wird. Mithilfe des Ausland her den Klee entdeckt und den Marketings wollte ich etwas Futterbau entwickelt. Dadurch wurde die Milchproduktion nicht mehr auf die Som- dagegen tun.» mermonate auf der Alp beschränkt, son- dern war das ganze Jahr über auch im Flachland möglich. Die Erträge konnten da- mit deutlich gesteigert werden», erzählt Ausland aufmerksam. «Die Schweiz ist viel der geschichtsbegeisterte Michael Fank- weniger für ihren Käse bekannt als für ihre hauser. Während des Ersten Weltkriegs Uhren und die Schokolade. Emmentaler werden die Produzenten vom Staat fina - findet man zwar in vielen Ländern, aller- ziell unterstützt, um die Preisstabilität des dings wird er dort hauptsächlich industriell weissen Goldes und die Versorgung der Be- hergestellt und hat mit dem Original aus völkerung zu garantieren. Als Folge findet unseren Bergen rein gar nichts zu tun. Das grössten Werbeagentur der Schweiz, spielte ein regelrechter Exportboom von Greyerzer finden wir schade.» Natürlich treibt ihn schon länger mit demselben Gedanken. und Emmentaler statt, wodurch die Schweiz auch der Wunsch an, die Käsereien aus sei- «Die massive Industrialisierung dieses mit ihren Spezialitäten auch über die Gren- nem Heimattal zu erhalten. «Im Laufe der Marktzweigs und der starke Preisdruck be- zen hinaus in aller Munde ist. Im Emmental Jahre habe ich viele Käsekeller und Han- schäftigen mich schon, seit ich denken kommen viele Grossfamilien – später als delshäuser verschwinden sehen, die wäh- kann. Ich hatte die Befürchtung, dass die- Käsebarone bekannt – zu Reichtum und in rend der Blütezeit erbaut wurden. Daraus ses Phänomen zum Aussterben der kleinen den Dörfern entstehen viele kleine Kä- wurden dann Zahnarztpraxen oder Restau- Handwerksbetriebe führen wird. Mithilfe sereibetriebe. «Für mehr als ein Jahrhun- rants. Ich wollte etwas dagegen tun und die des Marketings wollte ich etwas dagegen dert war dieses Gewerbe eine Goldmine. Tradition der Region in ein neues Licht rü- tun.» Geleitet von derselben Idee haben die Dieser Erfolg hat leider nicht angedauert», cken.» Curdin Janett, einst CEO der beiden Männer, die sich zuvor nicht 24
ive Käsespezialitäten © JEAN-PAUL GUINNARD/DR kannten, die Köpfe zusammengesteckt und Diese müssen sich an strenge, aber ent- ökologisch verantwortungsbewusstes Bau- das Projekt in die Tat umgesetzt. scheidende Kriterien halten: Artgerechte ern sowie die Erhaltung und Nutzung alter Tierhaltung mit regelmässigem Auslauf, Schweizer Rinderrassen wie des Rätischen STRENGE AUFLAGEN 100% Gras- und Heufütterung, nur frische Grauviehs. Unser Credo lässt sich in einem Heute verkaufen Michael Fankhauser und Rohmilch aus maximal 10 Kilometern Um- Satz zusammenfassen: Wir wollen, dass Curdin Janett eine ganze Palette an Käse kreis, pure Natürlichkeit ohne Zusatzstoffe, unser Käse so hergestellt wird wie vor 100 aus dem ganzen Land, darunter auch spe- traditionelles Handwerk, faire Entlohnung Jahren», meinen die beiden. ziell für ihr Sortiment entwickelte Spezia- der Milchbauern und Qualitätsprüfung litäten, die eigens veredelt werden. Dafür durch Experten. ERHALT DES LOKALEN HANDWERKS ist das Duo durch die ganze Schweiz ge- «Wir unterstützen ebenso die Milchverar- Ganz neue Spezialitäten zu entwickeln und reist, um sich mit Käsermeistern zu treffen. beitung vor Ort, die faire Entschädigung für auf den Markt zu bringen, war keine 25
SB REPORTAGE einfache Angelegenheit. «Die Produ- etwa mit einer Salzlake auf Weinbasis – zenten mussten überzeugt und viele Versu- abgerieben und regelmässig von Hand ge- che unternommen werden, bevor in einem wendet, damit sich die Rinde bilden kann. grösseren Massstab produzieren werden Auf diese Weise erreichen sie ihre optimale konnte. Die Arbeit ist intensiv, aber zu- Reife und entwickeln ihren subtilen, voll- gleich unglaublich fesselnd», gestehen die mundigen Geschmack. «Bei uns dauert der beiden Käseliebhaber. Sie schätzen den Reifeprozess zwischen einem und drei Jah- Kontakt mit den Landwirten auf ihren Hö- ren. In der Schweiz, wo der Käse oft nur fen. Aktuell versammelt das Haus Mauer- wenige Monate ruhen kann, ist dies aus hofer Produkte von einem Dutzend Käse- Personal- und Platzgründen selten der Fall. reien aus dem Bernischen, dem Tessin, dem Dadurch heben wir uns ab», sagt das Duo, Graubünden, dem Toggenburg (SG) und das seinen Angestellten auch gerne unter den Kantonen Waadt und Freiburg. In we- die Arme greift. «Jeden Tag entdeckt man nigen Jahren wurden mehr als 30 Speziali- neue Dinge. Man fühlt sich wie ein Lehrling täten entwickelt. Darunter befinden sich in seinem eigenen Unternehmen!» die Kreationen Gran Ticino, Original Sim- mentaler, Fleur de Montagne, Chamembre- IM REGAL ODER AUF BESTELLUNG bis oder Zigerklee (siehe Seite 27). «Im 20. Das Sortiment ist in allen Globus-Ver- Jahrhundert wurde der Sektor vereinheit- kaufsstellen der Schweiz erhältlich, ebenso licht, denn Gruyère und Emmentaler lies- wie im Online-Shop von Mauerhofer. Be- sen sich gut exportieren und nahmen nahe- sonders während der Pandemie wurde dort zu den gesamten Markt ein. Heute fördern ein grosser Erfolg verzeichnet. Es ist auch ORIGINAL wir die Kreativität der Käser, um auch an- dere Regionen der Schweiz zu beleuchten.» möglich, ein Käseabo abzuschliessen. Für 40 Franken im Monat erhalten Sie ein Sor- SIMMENTALER Mit der Absicht, die landwirtschaftlichen timent von vier oder fünf Stück à 200 g Dieser Hartkäse wird auf dem Berufe aufzuwerten, zahlen sie für den Liter Kuh-, Ziegen-, Schaf- oder Büffelkäse di- Familienbetrieb Le Sapalet in Milch einen Franken, gut ein Drittel mehr rekt zu sich nach Hause. Die Verpackung ist Rossinière im waadtländischen als der Industriepreis. «Für die Produzen- versehen mit dem Markennamen, dem Na- Bezirk Pays d’Enhaut von der ten ist dies ein grosser Vorteil. Inzwischen men des Käsermeisters sowie dem Herstel- Familie Henchoz hergestellt. Die kommen sie auf uns zu, um mit uns zu ar- lungsdatum des Produkts. Direkt daneben Milch stammt von einer kleinen beiten. Wir sind stets auf der Suche nach ist das Logo des Unternehmens – ein Pfer- Kuhherde aus Simmentalern. Die innovativen Handwerkern, um neue Wege dekarren – abgebildet. «Dank dieses Zucht dieser uralten Hornkühe wird der Zusammenarbeit zu schaffen.» Transportmittels konnten die Käselaibe im von der schweizerischen Stiftung zur 19. Jahrhundert auf dem Weg ins Ausland Erhaltung und Förderung der OPTIMALE REIFUNG von den Kellern zu den Bahnhöfen ge- genetischen Vielfalt in Fauna und Wenn sie sich nicht direkt von den Produ- schafft werden. Eine schöne Hommage, wie zenten beliefern lassen, machen sich Mi- wir finden. Flora Pro Specie Rara unterstützt. chael Fankhauser und Janett Curdin auf die Michael Fankhauser und Curdin Janett ha- Der Original Simmentaler wird bis Suche nach hochwertigem Käse für die La- ben auch insbesondere den ausländischen zu zwei Jahre im Mauerhofer- gerung in Burgdorf BE, wo sich auch der Hotellerie- und Gastronomiesektor im Vi- Sandsteinkeller gereift. Sitz des Unternehmens befindet «Das sier. «Uns ist sehr wohl bewusst, dass die- kann wöchentlich, monatlich oder einmal ser Markt eine Nische ist und auch bleibt.» im Jahr sein, je nach Sorte.» Im Sandstein- Nächstes Jahr verlegen sie ihre Schätze in keller des Gebäudes reifen Dutzende Käse- einen grösseren, traditionellen Keller in laibe. Weitere Hunderte lagern ein paar Ki- Sumiswald BE, wo auch eine Verkostungs- lometer entfernt. Nun folgt eine der ecke geplant ist, um Abnehmer zu empfan- wichtigsten Phasen: die sogenannte Affi - gen und die Schweizer Käsekultur zu teilen. ge. Sie steht für den Ruf des Unterneh- «Wir sehen uns nicht nur als Händler, son- mens. Mehrmals die Woche widmen sich dern auch als Mitgestalter», halten sie fest. zwei erfahrene Käsermeister der Pfl ge der Lila Erard n Laibe. Dabei werden diese – einige Sorten MEHR INFOS www.fromagemauerhofer.ch 26
FLEUR DE MONTAGNE Dieser cremige Bio-Weichkäse wurde im Emmental auf einer Höhe von 730 Metern vom Käser Martin Götschi entwickelt. Die angebauten, gepflückten und getrockneten Kräuter – darunter Kornblume, Ringelblume, Ysop und Liebstöckel – verleihen dem Käse nebst seiner ungewöhnlichen Farbenpracht auch die blumig aromatische Rinde, die ebenfalls zum Verzehr geeignet ist. ZIGERKLEE Dieses exklusive Mauerhofer-Produkt ist nach dem Zigerklee benannt. Dieses Bergkraut wird auch zum Würzen des berühmten Schabziger verwendet. Es wird hergestellt im Toggenburg (SG) von Willi Schmid, und dann sechs Monate bis zwei Jahre lang gereift. GRAN TICINO Seinen Geschmack und seine Textur verdankt der Gran Ticino dem Tessiner Klima und seiner Flora. Zusammen mit seiner für die Region charakteristi- schen gräulichen Rinde bildet er einen klaren Kontrast zum Käse nördlich der Alpen. Der Gran Ticino wird von Giorgio Dazio aus Rohmilch von Hand gefertigt. Wenn die zwanzig Brown-Swiss-Kühe von Bauer Michele im Herbst von der Alp abziehen, werden unten im Maggiatal exklusiv für Mauerhofer einige Laibe hergestellt. © FOTOS DR 27
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SB ENTSCHLEUNIGEN, UM DAS WALLIS BESSER ZU ENTDECKEN Die Slow-Food-Travel-Destinationen haben sowohl gastronomisch wie landschaftlich sehr viel zu bieten. Der Kanton Wallis ist diesbezüglich der Pionier in der Westschweiz. Eine Übersicht voller Genüsse und Farben. 29
© DR Slow Food Travel, eine neue Art, mit den Sinnen zu reisen Auf Erlebnisse setzen statt auf simplen Konsum: ein neues touristisches Angebot von Slow Food taucht jetzt auch in der Schweiz auf. Es schlägt Touren zur Entdeckung der Schätze des Terroirs vor und verspricht Erinnerungen an unvergessliche Ferien. S eit 35 Jahren engagiert sich die heutigen Generation entspricht, die reist, Labels «Hausgemacht» und der Saisonali- Slow-Food-Bewegung, die der um zu erleben, um tief einzutauchen, in- tät vor und betont die Kommunikation mit italienische Journalist und So- dem sie alle ihre Sinne einsetzt. den Kunden. ziologe Carlo Petrini gegründet Auf regionaler Ebene verpflich en sich die hat, für den einfacheren Zugang verschiedenen Tourismusakteure, die sich SANFTERER TOURISMUS zu Lebensmitteln, die sowohl dem Angebot von Slow Food Travel an- Über die Einhaltung dieser Vorgaben hin- bezüglich Geschmack wie auch schliessen wollen, in einer Charta zu einer ausgehend, ermutigt Slow Food Travel jede Gesundheit einwandfrei sind. Durch die In- Reihe von strengen Richtlinien. Sie ver- Region, sich das Konzept zu eigen zu ma- wertsetzung fairer und umweltfreundlicher pflich et die Produzenten zur Sicherung chen und Touren zu kreieren, die ihrer ei- Produktionsweisen rückt diese Bewegung des Tierwohls, verbietet die Verwendung genen Identität entsprechen: Es geht nicht historische Spezialitäten, die den Reichtum von Pflanzenschu zmitteln, gentechnisch darum, in jeder Ecke der Schweiz das glei- des kulinarischen Erbes der Welt verkör- veränderten Organismen, Zusatzstoffen che Erlebnis anzubieten, im Gegenteil. Die pern, wieder in den Vordergrund. oder synthetischen Farbstoffen und zielt Besucher aufzuklären und zu sensibilisie- darauf ab, Abfälle zu reduzieren. Im Bereich ren für die Erhaltung der biologischen Viel- EIN ANGEBOT, DAS ZUR ZEIT PASST der Gastronomie sieht die Charta die För- falt und des kulturellen Erbes, der Identi- Aber die Tradition zu achten, heisst nicht, derung der gastronomischen Kultur der täten und der lokalen Gastronomie bei stillzustehen: Ohne die vielfältigen Unter- Region und der lokalen Produkte, ein- gleichzeitiger Entwicklung von Verbindun- stützungsaktionen für die traditionellen schließlich der Getränke, die Achtung des gen zwischen beispielhaften Unternehmen Produkte in 160 Ländern zu vernachlässi- in verschiedenen Gebieten, das ist das Ziel gen, hat sich die Bewegung um eine Dimen- dieses «langsamen» Tourismusansatzes, sion erweitert, die ein neues touristisches der auch darauf abzielt, ein nachhaltigeres Angebot fördern will: Slow Food Travel. Tourismusmodell zum Blühen zu bringen. Dieses Angebot zielt darauf Hinter diesem Titel verbirgt sich ein inter- Denn das Abenteuer ist zum Greifen nah: nationales Projekt, das die Inwertsetzung ab, das landwirtschaftliche In der Westschweiz spielen mehrere Walli- von Regionen rund um ihr landwirtschaft- und gastronomische Erbe der ser Regionen bereits mit. Gehen wir also liches und gastronomisches Erbe entwi- Regionen hervorzuheben. los und entdecken diese Genüsse? ckeln will. Und das einen aktiven Zugang Clément Grandjean n anbieten will, der den Erwartungen der MEHR INFOS www.slowfood.ch 30
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