BULLETIN - die Grünen Zug
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ALTERNATIVE - DIE GRÜNEN ZUG BULLETIN NUMMER 4 | DEZEMBER 2020 * 5 Kantonsrat – Kies wird noch wertvoller * * 6 Wirtschaft – Visionen realisieren * * 10 Pflege – Die Lage an der Front * * 14 Wahlanalyse – 10 Prozent geknackt * * 18 Doku-Zug – Blick über den Tellerrand *
Inhaltsverzeichnis 2 2 Inhaltsverzeichnis «Mission statement» Das BULLETIN ist eine unabhängige Kom • Gleichwertigkeit von Geschlecht und 3 Editorial munikationsplattform des alternativen Zug Rasse Die extreme Mitte und wird von folgenden Gruppen getragen: • Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft und Verantwortung der 4 Ortsplanung Alternative – die Grünen Baar Gesellschaft gegenüber dem/der Chance für grüne Themen Alternative – die Grünen Menzingen Einzelnen. 5 Kantonsrat Alternative – die Grünen Unterägeri Kies wird noch wertvoller Alternative – die Grünen Stadt Zug Die Redaktion recherchiert zu politischen Alternative – die Grünen Zug und gesellschaftlichen Themen nach bes 6 Wirtschaft Forum Oberägeri tem Wissen und Gewissen. Sie nimmt Visionen realisieren Grünes Forum Hünenberg aktuelle Themen der alternativen Gruppie Grüne Risch-Rotkreuz rungen aus den einzelnen Zuger Gemein 9 Gesundheit Grüne Steinhausen den auf. Das BULLETIN fördert das poli Innovatives Oberägeri Alternative – die Grünen Cham tische Bewusstsein der Bevölkerung und trägt zur Meinungsbildung bei. Autorinnen 10 Pflege Das BULLETIN setzt sich mittels seiner und Autoren der BULLETIN-Beiträge sind Die Lage an der Front Publikationen ein für die Förderung und frei in ihrer Meinungsäusserung. den Erhalt von Lebensqualität im Sinne von: 11 Nationalrat • Soziale Gerechtigkeit, Schutz von sozial Redaktion und Herausgeberverein Crypto Benachteiligten «Das BULLETIN» • Ökologische Nachhaltigkeit, Schutz 12 Abstimmung von Lebensräumen und der Natur Zweimal JA 14 Wahlanalyse 10 Prozent geknackt 18 Doku-Zug Titelbild Blick über den Tellerrand Politische Überzeugungsarbeit unter erschwerten Bedingungen. 21 Doku-Zug Politisches Armutszeugnis 24 Grünspecht Götterdämmerung 25 Service Gestreift Kino Veranstaltungen Adressen Impressum BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Editorial Die extreme Mitte Josef Lang Während in Unterägeri die CVP abgelenkt wie von 3 endlich ihr hohl gewordenes «C» den grossen Konzer- aufgab, hingen im Kanton Zug nen. Mit der fal- zwei Personenplakate zur Kon- schen Behauptung, zernverantwortungs-Abstim- Tausende von KMU mung. Auf dem Ja-Plakat warben seien betroffen. Die Manuela Weichelt (Alternative), Rechtsbürgerlichen Dick Marty (FDP), Martin Landolt haben damit den (BDP) und Peter Bieri (CVP) für Kleinen und Mittle- die Initiative. Auf dem Nein-Pla- ren Unternehmen kat warnten die FDP-Präsidentin unterstellt, in der Petra Gössi, der SVP-Präsident Dritten Welt eben- Marco Chiesa und der CVP-Präsi- falls Menschenrech- dent Gerhard Pfister vor der te zu verletzen, die «extremen Initiative». Pikant an Umwelt zu zerstö- der Sache war und ist, dass ren und Kriege Pfister damit nicht nur einem alt mitzufinanzieren. Ständerat seiner eigenen Partei Die KMU sind im und vielen weiteren CVP-Mitglie- Inland die Haup- dern den Stempel «extrem» topfer der rechten aufdrückte. Er tat das auch Abstimmungskam- gegenüber dem Präsidenten der pagnen. länder. Enttäuschender waren BDP, mit dem und mit der er die Schliesslich haben 51 Prozent die Resultate im Kanton Zug. Es neue «Mitte»-Partei gründen will. der UrnengängerInnen ein Ja in bestätigt sich, dass das Zuger Entweder erleben wir die Grün- die Urne gelegt. Desavouiert Bürgertum – abgesehen von dung einer «Mitte», an der wurden sie durch ein Stände- mutigen Ausnahmen – noch Kämpfer für «Extremes» beteiligt mehr, das spätestens seit der ziemlich geschlossen hinter den sind. Oder die Unterstellung von Auflösung des politischen Konzernen steht. Bei der Abstim- Gössi, Chiesa sowie Pfister war Katholizismus in Unterägeri mung über die skandalöse extrem. überholt ist. Seine Hauptfunktion Corona-Steuersenkung dürfte es Angesichts einer Nein-Kampagne besteht seit ein paar Jahrzehnten leichter fallen, bürgerliche die auch sonst extrem-groteske darin, die Romandie auszubrem- Stimmen zu gewinnen. Züge aufwies, neige ich zur sen, wenn es ihr gelingt, die Die Alternative – die Grünen zweiten Version. In den letzten Deutschschweiz zu überstimmen. haben für die beiden Initiativen 48 Jahren habe ich nur wenige Das Ständemehr ist kein Schutz, ihr Bestes getan. Sehr wertvoll für Abstimmungskämpfe erlebt, in sondern ein Hindernis für die die kommenden Kampagnen sind denen das Grosskapital und wichtigste Minderheit unseres die Erfahrungen, die die Jungen seine Rechtsbürgerlichen derart Landes. Alternativen sammeln konnten. systematisch von der Problematik Für das zukünftige Engagement Die Aktion auf dem Glencore- abgelenkt und derart massiv gegen verantwortungslose Kon- Gelände für die KOVI war ein- Unwahrheiten verbreitet haben. zerne ist das Volksmehr sehr drücklich. Grossartig war Julia Was ich auch selten erlebt habe, wertvoll. Besonders betroffen ist Küngs Auftritt in der Arena für ist eine derart heftige Kirchen- der Zuger Rohstoffkonzern die KGI. Es braucht starke feindlichkeit. Dabei setzten sich Glencore, gegen den wir seit Aktionen und Personen gegen ein die Religionsgemeinschaften für mehr als 40 Jahren kämpfen. Rechtsbürgertum, das den Selbstverständliches ein wie die Aber auch die 43 Prozent zuguns Konzernen und Banken sehr Einhaltung der Menschenrechte ten der Initiative von Jungen nahesteht. Auch wenn sich ein und die Rücksichtnahme auf die Grünen und GSoA für ein Verbot Teil «Die Mitte» nennt. Umwelt durch Rohstoff- und der Finanzierung von Kriegsma- PS. Jo Langs erste Engagements andere Konzerne. terialproduzenten sind eine gute in Zug 1971 waren in der Arbeits- Ähnliches erlebte die Kriegsge- Ausgangslage – beispielsweise im gruppe 3. Welt und in der Inter- schäftsinitiative. Von den grossen kommenden Kampf gegen Kriegs- nationale der Kriegsgegner Kriegsinvestoren wurde ähnlich materialexporte in Bürgerkriegs- (IdK). ■ BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Ortsplanung Chance für grüne Themen Stéphanie Vuichard, Kantonsrätin ALG Zug 4 Ortsplanungsrevision scheint ein trockenes und theoretisches Thema zu Alle konnten zu verschiedenen The sein. Das dachte ich jedenfalls, als ich mich beruflich im Kanton Aargau men Stellung beziehen. Auch ich gab damit befassen musste. Doch ich lernte schnell, dass eine Ortsplanungs meinen Senf dazu. In der Gemein de Risch wurden 2020 verschiedene revision auch spannend sein kann, denn sie bringt viele Chancen zur Auf- Organisationen eingeladen und ich wertung einer Gemeinde. In meinem Projekt ging es darum, Möglichkeiten durfte als Vertreterin von Pro Na aufzuzeigen, was eine Gemeinde für die Natur machen könnte, wenn sie tura Zug an einem Austausch mit denn will. dem Rischer Gemeinderat teilneh men. Leider werden Umweltorgani So können beispielsweise Inventare und von 22:00 bis 06:00 Uhr ausge sationen nicht überall angeschrie ein wichtiges Instrument für eine schaltet werden. In der Gemeinde ben, und so wird es schwierig, die Gemeinde sein. Erfasst man als Ge Scherz (AG) werden die Leuchten in Übersicht über alle elf Gemeinden zu meinde im Rahmen einer Revision Quartieren über die Nacht gedimmt. haben, um sich im richtigen Moment die wertvollen Naturelemente wie Hecken oder Bäume im und ausser halb des Siedlungsraums und stellt sie unter Schutz, so muss bei der Entfernung eines Inventarobjekts im Minimum ein gleichwertiger Ersatz geschaffen werden, damit die Anzahl nicht sinkt. Ein Drama wie es bei der prächtigen Linde in Unterägeri gab, könnte so verhindert werden. Man könnte auch Fledermausquar tiere oder Niststandorte von gebäude brütenden Vögeln inventarisieren, wo dies noch nicht gemacht wurde. So weiss man bei einem Baugesuch sofort, ob bestimmte Vorsichtsmass nahmen zum Schutz dieser Tiere berücksichtigt werden müssen. Ein In Zug wird rege gebaut – wirken wir genug mit? weiteres Thema sind Grünflächen im Siedlungsraum. Eine Gemeinde Die Möglichkeiten einer Gemeinde einklinken zu können. Aber es gibt könnte verlangen, dass möglichst sind immens. Es gilt sich auf ein zum Glück viele andere Personen, die viele Flächen unversiegelt sind, z.B. paar wenige Punkte zu konzentrie sich für Umweltanliegen in den ak indem vermehrt Parkplätze mit Kies ren, um diese voran zu bringen. tuellen Ortsplanungsrevisionen ein oder Rasengittersteinen statt Asphalt Worauf der Fokus gelegt wird, muss setzen, denen ich herzlich danken erstellt werden. Oder sie bewilligt jede Gemeinde selbst entscheiden. möchte. Kürzlich las ich, dass im nur Plätze, die nicht mit Asphalt Wichtig ist, dass aber wenigstens oben erwähnten öffentlichen Mitwir versiegelt werden, sondern ganz ein paar Ideen eingebracht und um kungsverfahren sich viele eine natur begrünt geplant und nur die Wege gesetzt werden. Und da sind alle nahe, begrünte Stadt Zug wünschen befestigt werden. Zudem müssten angesprochen, Ideen in die Gemeinde oder dass der Fuss- und Veloverkehr in der Planung Freiräume ohne Un einzubringen. künftig eine tragende Rolle spielen terkellerungen für stattliche Bäume soll (ortsplanung-zug.ch). Es freut geschaffen werden. Denn grosse Bäu Jetzt mitwirken mich, dass grüne Anliegen auch von me sind für ein besseres Stadtklima In den Zuger Gemeinden stehen die der breiten Bevölkerung ausgespro enorm wichtig. Ein letztes Beispiel Ortsplanungsrevisionen an. Die mei chen werden. Die Ortsplanungs für ein Handlungsfeld ist die Licht sten Gemeinden haben Gespräche revisionen haben vielerorts schon verschmutzung. Die Gemeinde Lang mit verschiedenen Interessengrup begonnen, doch kann man sich noch nau am Albis bewilligt nur noch pen begonnen oder auch schon die einschalten. Die Stadt Zug beispiels Leuchtreklamen und beleuchtete öffentliche Mitwirkung gestartet. Die weise möchte am 6. März 2021 eine Schaufenster, wenn sie ein zurück Stadt Zug eröffnete im Mai 2020 weitere Mitwirkungsmöglichkeit an haltendes Erscheinungsbild haben einen öffentlichen Online-Dialog. bieten. Bleiben wir dran. ■ BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Kantonsrat Kies wird noch wertvoller Andreas Lustenberger, ALG-Kantonsrat Baar, Hanni Schriber-Neiger, ALG-Kantonsrätin Risch (Kommissionsmitglieder Raum, Umwelt und Verkehr RUV) Mit dem grossen Bauvolumen im Kanton Zug ist das Thema Kiesabbau zustande. Im Kantonsrat setzte sich 5 und Deponievolumen seit Jahrzehnten ein schwieriges Geschäft im dann eine engagierte siebenköpfige Kantonsrat. Für die betroffene Standortgemeinde und Region bedeutet es Kommissionsminderheit, die Andreas Lustenberger vertrat, gegen die Fest einen gewaltigen Eingriff und eine Verschandelung der Landschaft. Dies setzung ein. Dabei ging es schlussend war auch bei der aktuellen Richtplanfestsetzung mit dem erweiterten lich um den einen brisanten Punkt Standort Hatwil/Hubletzen in Cham nicht anders. in der Detailberatung, der matchent scheidend war: Wollen wir das Ge biet Hatwil/Hubletzen heute schon «Nicht mehr weiter wie bisher beim Schlag freigegeben. Ausser die zu in seiner Gesamtheit als Kiesabbau Kiesabbau!» meinte Hanni Schriber- künftigen Generationen werfen alles gebiet und Deponie für Aushub im Neiger als Votantin für die ALG im über den Haufen und tragen die mar Richtplan festsetzen oder belassen Kantonsrat im Oktober 2020. Aus kanten Moränenhügel in Menzingen wir es beim Zwischenergebnis? Die Sicht der ALG kann man schon heute ab. Im nun festgelegten neuen Peri Kommissionsminderheit sprach sich etwas gegen den grossen Kiesver meter werden hochwertige Frucht nicht grundsätzlich gegen den Kiesab brauch und -abbau im Kanton ma folgeflächen, Ried und Wald zerstört. bau oder gegen die Erschliessung von chen. Er muss in Zukunft gedrosselt Auch besteht die grosse Befürchtung, neuen Deponievolumen aus. Sie war werden. Der Einsatz von Recycling dass die Trinkwasserreserven abneh und ist sich auch der wirtschaftlichen Relevanz bewusst. Doch die Logik ist einfach: Wenn alles freigegeben ist, dann ist der Druck für die För derung von Alternativen über Jahre geschwächt. Dass die spezialisierten Unternehmen der Rohstoffgewinnung sich nicht selbst einschränken und nach einer marktwirtschaftlichen und Gewinnsteigerungslogik funktionie ren, sieht man heute beispielhaft bei den Erdöl-Multis. Schlussendlich debattierte der Kan tonsrat mehr als vier Stunden über die Festsetzung und um ein Haar wäre es der Kommissionsminderheit unter Der ganze Wald im Hintergund wird für den Kiesabbau gerodet. der Federführung der ALG gelungen, Bild: Hanni Schriber-Neiger eine zukunftsorientierte Lösung her beizuführen. Schlussendlich setzte material sollte noch weiter erhöht men könnten. Zudem ist das Hatwil/ sich doch das «schnelle Geld» gegen werden. Doch dies reicht nicht aus, Hubletzen heute ein wichtiges und be die «nachhaltige Zukunft» mit 39 zu sondern auch der Einsatz von nach liebtes Naherholungsgebiet der Cha 34 Stimmen durch. Ein solch knappes wachsenden Rohstoffen wie Holz mer Bevölkerung. Diese hatte sich Resultat macht zumindest Hoffnung und Lehm muss in der Baubranche vehement über alle Parteien hinweg für die Zukunft. Anscheinend beginnt viel mehr Bedeutung bekommen. Je gegen diese Richtplanfestsetzung aus auch im Kanton Zug die Betonfront nachdem wie sparsam mit dem Kies gesprochen. langsam zu bröckeln. ■ in Zukunft umgegangen wird, reicht der geplante Abbau Hatwil gut für Die Betonfront bröckelt, aber fällt 40 Jahre. Was danach für Optionen noch nicht Weitere Informationen bestehen, hätten wir gerne im von uns Bereits in der Kommission für Raum, Wollen Sie mehr wissen, wer was im Zuger verlangten Kieskonzept gelesen. Umwelt und Verkehr war die Fest Kantonsrat genau gesagt hat? Dann lesen Mit der Festsetzung der 60 Hektaren setzung höchst umstritten. Nur dank Sie das Kantonsrats-Protokoll vom 29. werden trotz teils fehlerhaften Grund dem Stichentscheid durch den Kom Oktober 2020 nach (vormittags und nach lagen und einem veralteten Kieskon missionspräsidenten Heini Schmid, mittags). zg.ch/behoerden/kr/protokolle zept aus dem Jahre 2008 wohl die notabene ein grosser Immobilienbesit letzten Zuger Kiesreserven auf einen zer im Kanton Zug, kam die Mehrheit BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Wirtschaft Visionen realisieren Dr. Ralf Nacke, Ökonom und Jurist 6 Ethisches und nachhaltiges Wirtschaften ist möglich und lohnt sich. Die statt ein Mittel zu sein für das, was Bewegung «Gemeinwohl-Ökonomie» (GWÖ) bietet hierfür erprobte Ansätze. wirklich zählt: ein gutes Leben für alle.» Mit diesem Leitsatz sieht sich die GWÖ als Veränderungshebel auf Der Glaube an unbeschränkte Res auch unser gesellschaftliches Funda wirtschaftlicher, politischer und ge sourcen und die Notwendigkeit ment ist ernsthaft bedroht. Noch nie sellschaftlicher Ebene. Sie versteht zu immer weiterem Wachstum so zuvor in den letzten 70 Jahren fühlten ihre Konzepte und Tätigkeiten als wie der Neoliberalismus der letzten sich Menschen so überfordert – ob ergebnisoffene, partizipative, lokal Jahrzehnte hat uns trotz aller Errun durch Fake News, Polarisierungen, wachsende Prozesse mit globaler genschaften und dem geschaffenen Konflikte, Informationsüberfütterung – Ausstrahlung. Zu diesem Zweck hat Wohlstand weltweit an den Rand des und die Komplexität sowie die Schnel sie u.a. das Transformationswerkzeug ökologischen und ökonomischen Zu ligkeit der Veränderungen nehmen ra «Gemeinwohl-Bilanz» entwickelt, mit sammenbruchs gebracht. Wir in der pide weiter zu. dem sich Unternehmen, Gemeinden, Schweiz sind davon auch betroffen. Bildungseinrichtungen sowie ande Der Klimawandel mit seinen verhee Erforderlich: Neue Ansätze re Organisationen (NGOs, Kirchen, renden Auswirkungen wird inzwi Wir brauchen faires und ethisches Vereine, ...) auf umfassende Nachhal schen von fast allen wahrgenommen – Wirtschaften, die Beachtung der Men tigkeit und Gemeinwohlengagement aber es gibt viele weitere Themen, schenwürde (auch im Ausland), ge überprüfen und weiterentwickeln die unsere Lebensbedingungen auf lebte Demokratie und die Bewahrung können. der Erde ernsthaft bedrohen: Versau unserer Freiheitsrechte sowie eine Die GWÖ stützt sich in der Schweiz erung und Erwärmung der Meere, überzeugende Vision, wie wir mit den auf die Bundesverfassung, die als chemische Umweltverschmutzungen Möglichkeiten der künstlichen Intelli übergeordneten Zweck in Artikel 2 (inkl. Plastik in den Meeren), Grund genz und mit anderen rasant auf uns die Förderung der gemeinsamen wasserbelastungen durch Düngemit zukommenden technologischen Verän Wohlfahrt, die nachhaltige Entwick tel und Gülle, Süsswasserverknap derungen umgehen wollen. Zu diesem lung und den inneren Zusammenhalt pung, Flächenumwandlung, Verlust Zweck sind integrale Konzeptansätze vorsieht. Zugleich bekennt sich die der Artenvielfalt, Luftverschmutzung, erforderlich, wie z.B. der «Gemein Schweiz in der Präambel zur Verant Rückgang der Ozonschicht, usw. Aber wohl-Ökonomie», der «Blauen Wirt wortung gegenüber zukünftigen Gene schaft», der «Einge rationen und dass deren Lebensgrund betteten Ökonomie» lage zu erhalten ist. Die GWÖ denkt und der «Postwachs deshalb Wirtschaft neu und fordert tums-Ökonomie», die Umsetzung eines breiten Pakets sowie notwendige von Massnahmen. Sie bietet Vision, Korrekturen und Konzeptansätze und Werkzeuge für richt unggebende eine nachhaltige, faire und den Men Leitplanken für ein schen dienende Wirtschaft, welche sinnorientiertes und die Natur achtet und von ihr lernt. ethisches Wirtschaf ten, das den Men Die Gemeinwohl-Bilanz schen dient und die Die Gemeinwohl-Bilanz ist dabei ein Natur achtet. wichtiger Hebel, um das Bewusstsein Dafür setzt sich die und die Fähigkeit für nachhaltiges und internationale Gras gemeinwohlorientiertes Wirtschaften wurzelbewegung in Unternehmen und der Wirtschaft Gemeinwohl-Öko zu verankern. Sie ist ein wirkungs nomie (GWÖ) seit volles, auf Werten basierendes Werk nunmehr 10 Jah zeug, um sich entlang der gesam ren aktiv ein. «Un ten Wertschöpfungskette – inklusive ser jetziges Wirt Kund*innen und Lieferant*innen Nicht nur die Natur, sondern auch unser gesellschaftliches Fun schaftssystem steht – umfassend mit relevanten Nach dament ist ernsthaft bedroht. Grafik aus Kate Raworth, «Donut auf dem Kopf. Das haltigkeits- und Gemeinwohlthemen Ökonomie» (2018), mit den wichtigsten Bedrohungen der öko Geld ist zum Selbst auseinanderzusetzen. Sie stellt hohe logischen Decke und des gesellschaftlichen Fundaments. zweck geworden, Ansprüche an Nachhaltigkeit und BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
«Tomorrow – die Welt ist voller Lö 7 sungen»: Es reicht nicht, nur zu kriti sieren und die gewaltigen Herausfor derungen zu thematisieren, sondern es gilt das «Neue», d.h. die vielen Best-Practice-Beispiele sichtbar zu machen. Als Transformationsinstru ment dienen die vorbeschriebene Gemeinwohl-Bilanz, regionale GWÖ- Treffen, spezielle Unternehmertreffs sowie Konferenzen, z.B. die Zukunfts konferenz «Wirtschaft neu denken» vom 15.–17. April 2021. Weiter koo periert die GWÖ-Bewegung mit wich tigen Volksinitiativen in der Schweiz Die Ansätze der «Blauen Wirtschaft» von Gunter Pauli kommen den Konzeptansät und sucht den Kontakt zu den politi zen der GWÖ nahe. Die «Blaue Wirtschaft» lernt von den Naturgesetzen und löst die schen Parteien. «Blase des industriellen Zeitalters» auf. (Quelle: Sustainable Companies, E. Oberleiter, Covid-19 hat uns auch in der Schweiz G. Reifer, H.-U. Streit) als Gesellschaft, aber auch die Wirt schaft aus der «Komfortzone» katapul Gemeinwohlorientierung – deutlich zubieten. Die GWÖ hat auch für tiert. Die Gesundheit der Menschen höher als das, was Gesetze heute Gemeinden und Regionen Ansätze hat plötzlich eine sehr hohe Beach vorschreiben. Die Gemeinwohl-Bilanz entwickelt, um Nachhaltigkeit, Regio tung bekommen und wir sind bereit, hat einen hohen Nutzen. Sie ist leicht nalität, Bürger*innenengagement und gewisse Einschränkungen zu akzep handhabbar und baut auf messbare ein deutliches Mehr an Solidarität und tieren. Kundenerwartungen verändern Kriterien auf. Sie ist für Unterneh Kooperation zu stärken. Stichworte sich, die Wirtschaft reagiert darauf men aller Art geeignet, vom Kleinst dazu sind neben der Gemeinwohl-Bi und sie wird erhebliche Anpassungen unternehmen bis zu Konzernen. Sie lanz der Zufriedenheits- bzw. Glücks vornehmen müssen. Unternehmen erlaubt, Ziele zu setzen und ihre Errei indikator und die Gemeinwohlregion. sind plötzlich deutlich mehr bereit, chung durch systematische Überprü die Nachhaltigkeitsanforderungen an fung des Ist-Zustands alle 2–3 Jahre Verantwortung übernehmen zugehen und in ihren Geschäftskon zu prüfen, inklusive Verfassung und Die GWÖ setzt auf eine Reihe in zepten entsprechend zu verankern. Veröffentlichung von entsprechenden tegraler Lösungsansätze (s. Kasten). Die Gemeinwohl-Bilanz kann sie da Berichten. Auch für kleine und mittle Man denke dabei an den Kinofilm bei unterstützen. Und es geht um die re Organisationen (KMU) ist sie sinn voll – z.B. angeleitet durch erfahrene Gemeinwohlberater*innen in einer regionalen Peergruppe zusammen mit 4–6 weiteren Unternehmen. Die Gemeinwohl-Bilanz ist ein er probtes Werkzeug, um Zukunftsfähig keit, Nachhaltigkeit, Agilität und Resi lienz im Unternehmen zu verankern. Indem sie Motivation, Identifikation und emotionale Bindung der Mitarbei tenden mit den Unternehmen und de ren Produkten enorm steigert, macht sie die Unternehmen als Arbeitgeber sehr attraktiv. Sie erlaubt, Trends und Marktveränderungen – insbesondere zu mehr Nachhaltigkeit – frühzeitig zu erkennen und somit entsprechende Die Gemeinwohl-Bilanz für Unternehmen und andere Organisationen (NGOs, Produkte sowie Dienstleistungen an Bildungseinrichtungen, Kirchen). BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Wirtschaft 8 Übernahme von Verantwortung und darum, diese zu praktizieren – nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei den Konsumierenden. Im Thema Klimawandel wissen wir alle, dass wir die CO2-Emissionen zeitnah drastisch reduzieren müssen (in der Schweiz von aktuell 14,7 Tonnen auf unter 4 Tonnen CO2 pro Kopf). Die wichtigsten Hebel sind der Ersatz von fossilen Brennstoffen durch erneuerbare Ener gien und eine drastische Reduktion der Viehhaltung. Die Gemeinwohl- Bilanz hilft Unternehmen, Reduk tionspotentiale zu erkennen und die entsprechenden Massnahmen einzu leiten. Klimaneutralität bis 2030 (und nicht eine Halbierung des CO2-Fussab Die vier wichtigsten Hebel und Bereiche zur Senkung des ökologischen Fussab drucks) ist ein Gebot der Stunde. drucks im privaten Bereich. Stellen Konsument*innen ihr Verhalten in Richtung Jeder Bürger/Konsument kann dazu mehr ökologisches Bewusstsein um, wird die Wirtschaft darauf sofort reagieren. seinen Beitrag leisten – ob durch eine Veränderung des Mobilitäts- und nehmen und Gemeinden bekannt wird beginnen, die Hebel zum Klimaschutz Reiseverhaltens, eine gesunde Ernäh und zum Einsatz kommt. Die GWÖ für einen deutlich gesenkten CO2-Fuss rung mit deutlich weniger Fleisch und unterstützt Veranstaltungen mit Vorträ abdruck zu verstehen, bei sich selbst reduziertem Foodwaste, Umstellung gen und erprobten Workshops, so dass anfangen und damit mit gutem Beispiel auf erneuerbare Energien beim Woh Bürger*innen und Konsument*innen vorangehen. ■■ nen (Strom und Heizung) sowie einem bewussteren Konsumverhalten (weni ger ist mehr). Die integralen Lösungsansätze der Gemeinwohl-Ökonomie: 1. Werte- und Sinnorientierung: Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Gemeinsam vorgehen Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung in Wirtschaft und Gesellschaft, Die GWÖ-Bewegung leistet einen wich 2. Enkeltauglichkeit, Zukunftsfähigkeit, Ressourcenschonung, Beachten der planetaren tigen Beitrag für ein Umdenken und Grenzen, Lernen von der Natur und Schutz unseres gesellschaftlichen Fundaments, eine Verhaltensänderung in Wirtschaft 3. ein erfülltes Leben und das Gelingen menschlicher Beziehungen, und Gesellschaft. Sie sucht die Vernet 4. die Umkehr der Prioritäten zwischen Geld als Mittel zur Transaktionsunterstützung vs. zung mit Gleichgesinnten und ist der Geld als Zweck des Wirtschaftens, Überzeugung, dass ihre Transformati 5. Verhinderung von Machtmissbrauch und -konzentration (Grosskonzerne, Übernahmen, onsinstrumente wirksam sind. Dazu Korruption, …), ist sie im Gespräch mit den politi 6. eine (wieder) funktionierende soziale Marktwirtschaft ohne neoliberalistische Ausrichtung. schen Parteien in den einzelnen Nach barländern, der EU und auch in der Weitere Informationen zur Gemeinwohl-Ökonomie: Schweiz. In Baden-Württemberg z.B. • Schweiz: gwoe.ch wurde die Gemeinwohl-Bilanz im Par • International / Dachverband: ecogood.org teiprogramm der Grünen sowie im Re • Auf Youtube: «gwö erklärt» gierungsprogramm der grün-schwarzen • Zur Gemeinwohl-Bilanz: ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz Koalition aufgenommen. Sie kommt bereits zur Anwendung bei Unter nehmen, kommunalen Betrieben und Städten/Gemeinden. Die GWÖ sucht Ein Beitrag von Dr. Ralf Nacke, Hünenberg See, Ökonom und Jurist (LMU München), in der Schweiz und auch in Zug ehren Mitglied im Vorstand der Gemeinwohl-Ökonomie Schweiz (gwoe.ch) und Unternehmens amtliche Aktivist*innen, die helfen, berater für umfassende Nachhaltigkeit und Organisationsentwicklung (cmpartners.ch). dass z.B. die Gemeinwohl-Bilanz als Kontakt: ralf.nacke@gwoe.ch Transformationsinstrument in Unter BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Gesundheit Innovatives Oberägeri Paul Iten, Gemeinderat, Oberägeri Die Inhaber der beiden Hausarztpraxen in Oberägeri, Dr. Joachim Hengge- • Sicherstellung der hausärztlichen 9 ler und Dr. Emil Schalch, haben während vieler Jahre die ärztliche Grund- Grundversorgung durch den versorgung in der Gemeinde sichergestellt. Da die Nachfolge für die beiden Aufbau einer neuen Gruppen praxis Ärzte und ihre Praxen bisher nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte, • Zusätzliche Schaffung oder bestand die Gefahr, dass die ärztliche Grundversorgung in Oberägeri dem- Sicherung eines Dienstleistungs nächst nicht mehr gewährleistet werden konnte. Aus diesem Grund hat der angebotes in den Bereichen Gemeinderat, welcher für die Sicherstellung der ärztlichen Grundversor- Geriatrie, Pädiatrie (Kinder- und gung verantwortlich ist, zu Beginn des Jahres 2019 mit den beiden Ärzten Jugendmedizin) und Kardiologie Kontakt aufgenommen, um gemeinsam eine neue Lösung zu finden. • Sicherung der heimärztlichen Versorgung der Pflegeheime im Tal durch die Ansiedlung von In der Folge arbeiteten das Sozial dreijährige Projektphase vorgesehen, Geriatrie-Know-how amt Oberägeri und die beiden Ärzte welche am 1. Oktober 2020 beginnt • Sicherung der schulärztlichen an einer Projektidee mit dem Titel und bis zum 30. September 2023 Versorgung «Gesundheitspunkt Oberägeri». Der dauert. Zur Absicherung des finan • Niederschwellige Beratung in der Gesundheitspunkt soll neben der hau ziellen Risikos aufgrund der nicht Praxis oder vor Ort für Patien särztlichen Grundversorgung auch ein verrechenbaren Leistungen während tinnen und Patienten und deren breites und niederschwelliges sozial der Projektphase beantragte die Ge Angehörige in Fragen zu den medizinisches Dienstleistungsange meinde der Gemeindeversammlung Bereichen Gesundheit, Pflege und bot im Sinne einer integrierten Versor im September 2020 eine Defizitga Soziales gung vorsehen. Der Wegzug der Filiale der Raiffeisenbank Ägerital-Sattel aus Oberägeri per Mitte 2020 bietet dem Projekt die nötigen Räumlichkeiten. Das inzwischen ausgearbeitete Projekt «Gesundheitspunkt Oberägeri» sieht den Aufbau einer modernen Gesund heitsversorgung für die Gemeinde vor, welche unter Integration der vor handenen Gesundheitsressourcen der Gemeinde sowie unter Wahrung der Kosteneffizienz möglichst an einem Standort eine bedarfs- und bedürfnis gerechte Gesundheitsversorgung für die Menschen in der Gemeinde an bietet. Nebst dem Angebot von sozial- Helle Praxisräume für das neue «Gesundheitspunkt Oberägeri» medizinischen Versorgungsdiensten soll auch der Einbezug der gemeind rantie von 300 000 Franken für die • Ausbildung der Freiwilligenorga lichen Ressourcen (Freiwilligenorga Phase Oktober 2020 bis September nisationen des gemeindlichen nisationen) des Gesundheitswesens 2023. Dieser Antrag wurde dann vom Gesundheitswesens (Pro Senec verbessert werden. Souverän grossmehrheitlich (2 Gegen tute, Pro Infirmis, Hospiz, Nach Verschiedene der vorgesehenen Dienst stimmen) angenommen. barschaftshilfe, Wegbegleitung, leistungen werden gemäss «Tarmed» Samariterverein, frohes Alter, (ärztliche Leistungsabrechnung) nicht Nutzen für die Bevölkerung und die Altersrat, etc.) und Koordination oder nur teilweise von den Versiche Gemeinde Oberägeri derselben im Gesundheitsbereich rern übernommen. Bestrebungen, die Der Gemeinderat ist überzeugt, dass • Erweiterte, kundenbedürfnis Verrechenbarkeit von Leistungen an das Konzept des Gesundheitspunktes orientierte Praxisöffnungszeiten die Erfordernisse einer zukunftsge Oberägeri einen hohen gemeinwirt • Schaffung von 10 bis 20 zum Teil richteten integrierten Versorgung an schaftlichen Wert für die Bevölke hochqualifizierten Arbeitsplätzen zupassen, sind noch im Gange. rung und die Gemeinde darstellt. in Oberägeri Für die Umsetzung des Projekts «Ge Die wichtigsten Punkte lassen sich • Stärkung der Standortattraktivität sundheitspunkt Oberägeri» ist eine wie folgt zusammenfassen: der Gemeinde ■ BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Pflege Die Lage an der Front Anika Brunner, Pflegefachfrau 10 Relativ schnell wurde hierzulande sowie im Ausland mit Schrecken fühlt wie eine Kuh in der Milchindu festgestellt: Auch in der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie droht ein strie, dann läuft etwas falsch. Gewal Pflegenotstand. Genauer: Es ist ein Kernproblem in der Pandemiekrise. Es tig falsch. fehlen nicht primär belegbare Betten, sondern Pflegefachleute, welche die Der Pflegenotstand verschärft sich PatientInnen in diesen Betten überhaupt betreuen könnten. Kommentar auf der Website von SRF zu einem Artikel betreffend die Situa Bereits seit Jahren zeigt sich, dass der dass viele aus dem Beruf aussteigen. tion von Pflegenden auf der Covid-Sta Bedarf an Pflegefachpersonal wächst, Das wiederum verschärft den Perso tion: «Es ist total frustrierend. Und die während gleichzeitig die Hälfte der nalmangel und die Belastung für die einzige Lösung ist, sich von der Pflege Berufsleute ihren Job an den Na verbleibenden Berufsleute. am Bett zu lösen und zum Eigenschutz gel hängt. Der aktuelle Notstand an Diese Entwicklung führt zwingend zu etwas anderes zu suchen. Leider.» Pflegefachleuten kommt also nicht einer verminderten Qualität der Pfle Wenn wir die Pandemie hinter uns überraschend, denn der Beruf kämpft ge. Das ist aus einer kürzlich publi haben werden, werden wir möglicher seit Jahren mit denselben Problemen. zierten Studie der Universitäten Basel weise einen noch gravierenderen Diese Pandemie führt zu einer zu und Bern zu entnehmen, in welcher Pflegenotstand haben als davor, be fürchten ExpertInnen. Es muss klar sein: Ein weiteres Mal klatschen ist nett, aber es müssen nun endlich Taten auf politischer Ebene folgen, sonst wird es fatale Folgen geben. Nicht nur für den Personalbe stand in der Pflege, sondern für die ganze Bevölkerung. Seit Jahren mel den sich Pflegende zu Wort, um auf die schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Die Reaktio nen der Politik: nichts tun, schönre den oder gar bagatellisieren. Alle EntscheidungsträgerInnen sollten einen Tag lang mich und meine Kolle Arbeiten bis zur Erschöpfung: im Pflegebereich eine hochgefährliche Angelegenheit. gInnen in der Pflege begleiten. Ihnen Bild: Freestock würde es schnell klar, dass die Patien tensicherheit und die Qualität der Ar sätzlichen Belastung des Pflegeper Daten aus über 135 Schweizer Spitä beitsbedingungen in der Pflege zwei sonals. Doch das Wichtigste ist da lern ausgewertet wurden. Je geringer Seiten derselben Medaille sind. Hier bei einzusehen: Die Probleme waren der Anteil qualifizierter Pflegefach geht es nicht um Partikularinteressen schon vorher da. Die Pandemie wirkt personen in einem Pflegeteam, desto einer Berufsgruppe, sondern um das lediglich wie ein beschleunigender mehr Komplikationen gibt es in der Interesse der Allgemeinheit. Es geht Katalysator. Patientenbetreuung und desto höher letztendlich darum, wie wir mit Men ist die Sterblichkeit. schen umgehen, die aus gesundheit Pflege ist gefährlich Die Grundanforderungen im Pflege lichen Gründen auf die Unterstützung Die Pflege heute ist häufig gefährlich. beruf sind hoch und wir sind oft mit anderer angewiesen sind. ■ Das war bereits vor Corona so. Wir komplexen und schwierigen Situa sind schlichtweg zu oft zu wenig Per tionen konfrontiert. Es gibt wohl we sonal oder zu wenig gut qualifiziertes nige Berufe, bei welchen man so nahe Autorin Personal. Und das in beinahe allen am Leben ist, wie als Pflegefachper Anika Brunner hat Pflegewissenschaften Institutionen. Im konkreten Alltag son. Wir sind ausgebildet, um mit den studiert. Sie arbeitet zurzeit als diplo bedeutet das, die Verantwortung für damit einhergehenden Belastungen mierte Pflegefachfrau auf der Covid- deutlich mehr PatientInnen tragen zu umgehen zu können. Wenn jedoch 19-Station in einem Zürcher Spital und müssen. Diese hohe Verantwortung die Arbeitsbedingungen einem nicht ist Vorstandsmitglied der Grünen Zürich. und die manchmal kaum zu bewälti ermöglichen, seinen Job richtig zu genden Arbeitspensen führen dazu, machen, und man sich manchmal BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Nationalrat Crypto Manuela Weichelt-Picard, Nationalrätin Die Alternativen – die Grünen wiesen während Jahrzehnten auf die Eigentumsverhältnisse der Firma von 11 Machenschaften der Steinhauser Firma Crypto hin. Immer wieder äus- Nutzen sein. Die GPDel fand keine serten sie Vermutungen zur ausländischen Besitzerschaft. Ein Bericht Akten zu diesem Gespräch. Kaspar Villiger selbst geht davon aus, dass der Geschäftsprüfungsdelegation der Bundesversammlung bestätigt das ein Gespräch stattfand, mag sich aber nun offiziell. nicht erinnern, ob die Eigentums verhältnisse der Crypto ein Thema Als ich mich anfangs der 90er Jahre diensten. Auch zeigt der Bericht auf, waren. in Steinhausen niederliess, hörte ich wie die zuständigen Bundesräte ihre Im neusten Buch von Res Streh Gerüchte um die Besitzverhältnisse Führungsgespräche protokollierten: le «Operation Crypto» ist zu lesen: der Crypto AG. Die Alternativen – die nämlich in der Regel gar nicht. «Beim Mittagessen drohten die bei Grünen organisierten bereits 1994 ein den Verwaltungsräte (Anm. Weichelt: erstes Podium zu diesem Thema. Als einer war Stucky) unverzüglich zu Mitglied der Geschäftsprüfungskom rückzutreten, wenn ihnen Gruppe mission des Nationalrates habe ich nicht sagte, wem die Firma gehörte. im November die Veröffentlichung Mit dem Rücken zur Wand sagte des Berichts der Geschäftsprüfungs Gruppe, dass die Amerikaner hinter delegation (GPDel) zum Fall Crypto der Firma stünden und dass das Pro mitentschieden. gramm der westlichen Aufklärung diente. Weit davon entfernt, erzürnt Missbrauch der Schweizer Neu zu sein, akzeptierten die beiden diese tralität Enthüllung ruhig. Einige Tage spä Die GPDel stellt fest, dass die Schwei ter traf Stucky den Verteidigungs zer Behörden eine Mitverantwortung minister Kaspar Villiger zum Thema für die Aktivitäten der Crypto AG tra Crypto. Im Lauf des Meetings sagte gen. Während die Crypto vom Image Villiger: «Ah, du bist also der Guy, der Schweiz als neutrales Land profi der im Verwaltungsrat dieser CIA- tierte, wurde sie vom amerikanischen Firma sitzt ...» Geheimdienst im Einvernehmen mit dem strategischen Nachrichtendienst Volle Transparenz fehlt des Bundes (SND) kontrolliert. Die Mein Antrag, der Geschäftsprüfungs gemeinsame Nutzung einer Schwei Sitzung in der Wandelhalle. kommission auch den Bericht des zer Firma durch den SND und einen Untersuchungsbeauftragten vorzu ausländischen Dienst war zwar legal. Wer wusste was? legen, welcher den GPDel-Bericht Allerdings ist es laut GPDel inakzep Bereits in den 70er Jahren wandte massgeblich ergänzt, wurde abge tabel, dass die Vorstehenden des VBS sich ein ehemaliger Mitarbeiter der lehnt. Leider ist man bis heute nicht nichts von dieser Operation erfuhren. Crypto an die Bundespolizei mit dem bereit, volle Transparenz in dieses Wussten die Verteidigungsminister Hinweis, die Firma würde deutschen dunkle Kapitel zu bringen. Die Grü tatsächlich nichts? und amerikanischen Geheimdiensten nen und die SP fordern eine PUK. ■ gehören, und dass man Schwachstel Spuren vernichten len in die Geräte einbaue, um chif Was muss man machen, damit man frierte Meldungen zu entschlüsseln. nachträglich nichts mehr beweisen Auch der lange in Iran inhaftierte kann? Spuren vernichten. Der Bun Crypto-Exportmitarbeiter Hans Büh desrat liess das zu, indem er über ler soll sich laut seiner Tochter wie Details Jahrzehnte den Nachrichtendiens derholt an Bundespolizei, EDA und Der Bericht der Geschäftsprüfungsdele ten erlaubte, im grossen Stil und Nachrichtendienst gewendet haben. gation des Parlaments ist unter vorschriftswidrig wichtige Akten Bundesrat Koller liess Bundesrat Vil parlament.ch/press-releases/Pages/mm- der Archivierung zu entziehen. So liger 1995 einen Bericht zur Cryp gpdel-2020-11-10.aspx abrufbar. vernichtete der Nachrichtendienst to zukommen. In einem Schreiben Oder in Google «geschäftsprüfungsdele des Bundes (NDB) noch zwischen teilte er mit, dieser Bericht dürfte bei gation crypto» eingeben. 2011 und 2014 Unterlagen aus dem einem Gespräch von Bundesrat Vil Verkehr mit ausländischen Partner liger mit Nationalrat Stucky über die BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Abstimmung Zweimal JA Natalie Chiodi, Redaktion BULLETIN 12 Im Juni 2021 kommen zwei Initiativen zur Abstimmung, die sich mit folgreich – die AP22+ auf die läng der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik der Schweiz beschäftigen. ste Bank zu schieben. Der SBV soll Die heutige Landwirtschaft belastet Böden, Luft und Gewässer bis hin sogar die Nein-Parole zur Konzern verantwortungsinitiative vor allem zum Trinkwasser massiv. Die «Trinkwasserinitiative» und die Initiative deshalb beschlossen haben, damit «Schweiz ohne synthetische Pestizide» schaffen die Rahmenbedingungen, die Wirtschaft ihn ihrerseits gegen um diese Umweltschäden endlich einzudämmen. Darum hat die Grüne die AP22+ unterstütze. Partei der Schweiz an der Delegiertenversammlung ein zweifaches JA beschlossen. Die Initiativen im Überblick Die Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» ver Die Landwirtschaft hat keines ih Gewässer – jedes Jahr. Das reduziert langt den Verzicht auf synthetische rer selbst gesetzten Umweltziele die Artenvielfalt in rapidem Tempo. Pestizide in der landwirtschaft erreicht. Jährlich bringt sie 2000 Das wollen die UnterstützerInnen lichen Produktion, in der Verar Tonnen Pestizide in die Umwelt der beiden Initiativen nicht länger beitung landwirtschaftlicher Er aus. Das belastet unsere Lebens hinnehmen. zeugnisse und in der Boden- und grundlage, bis hin zu Giftstoffen im Die neue Agrarpolitik ab 2022 Landschaftspflege. Die Übergangs Trinkwasser. Zu grosse Tierbestände (AP22+) wollte die Missstände zu frist beträgt zehn Jahre. Auch die setzen riesige Mengen Klimagase mindest in Ansätzen korrigieren. Einfuhr von Lebensmitteln, die syn frei. Über 100 000 Tonnen Stick Doch sogar dagegen stemmt sich thetische Pestizide enthalten oder stoff gehen nicht in die Pflanzen, der Schweizer Bauernverband (SBV) mithilfe solcher hergestellt worden sondern überdüngen Wälder und und versucht – voraussichtlich er sind, soll verboten werden, um die inländische Landwirtschaft nicht zu benachteiligen. Das Volksbegehren «Für sauberes Trinkwasser und ge sunde Nahrung (Trinkwasserinitia tive)» will, dass die landwirtschaft lichen Direktzahlungen nur noch LandwirtInnen zugutekommen, die ohne Pestizide und ohne prophy laktischen Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung auskommen. Und die einen der Produktionsfläche ange passten Tierbestand halten. (Weitere Informationen siehe Kasten.) Kritik Man möchte meinen, die Initiativen sollten von Seiten Biolandbau die volle Unterstützung geniessen. Bei der «Sans Pest» ist das so. Die Trink wasserinitiative hingegen ist um stritten. KritikerInnen monieren, sie würde die Importe nicht gleichbe handeln und dadurch einheimische Lebensmittel mit strengeren Aufla gen benachteiligen. Das tut der Ini tiative unrecht. Man darf davon aus gehen, dass der neue Artikel 104a in der Bundesverfassung umgesetzt ist, wenn sie in Kraft tritt. Dieser Umweltschäden eindämmen und Biodiversität fördern – das wollen beide Initiativen. Artikel zur Ernährungssicherheit, Geben wir ihnen eine Chance mit zweimal JA! den das Volk im September 2017 BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
mit grossem Mehr angenommen hat, 13 verlangt unter anderem «grenzüber Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide schreitende Handelsbeziehungen, Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» wurde von einer Gruppe die zur nachhaltigen Entwicklung engagierter Bürgerinnen und Bürger, darunter Winzer, Ärztinnen und Wissenschaft der Land- und Ernährungswirtschaft lerInnen, ins Leben gerufen. Sie fordert den Verzicht auf synthetische Pestizide in der beitragen» (Art. 104a Bst. d BV). Die Nahrungsmittelproduktion, bei öffentlichen Plätzen und Privatpersonen mit einer Über Importfrage sollte also schon auf die gangsfrist von zehn Jahren und schützt die inländische Landwirtschaft durch gleiche sem Weg geklärt sein. Ferner kann Regeln für Importe. Mehr Informationen unter lebenstattgift.ch und future3.ch. eine Initiative nicht alles leisten, sie muss die Einheit der Materie wahren Initiative für sauberes Trinkwasser und weil es bei der Trinkwasserini tiative um Direktzahlungen geht, «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- kann sie den Konsum nicht inte und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» heisst die Initiative in voller Länge und grieren. stellt unser wichtigstes Lebensmittel – das Trinkwasser – ins Zentrum. Es entsteht zum Die Delegierten von Bio-Suisse ha grossen Teil durch die Versickerung des Regens dort, wo auch unsere Nahrung wächst, ben kürzlich die Parolenfassung zur auf landwirtschaftlich genutzten Böden. Diese Böden sind der beste Trinkwasserfilter Trinkwasserinitiative auf April 2021 und ein grosser Wasserspeicher. Unsere heutige intensive Landwirtschaft setzt riesige verschoben. Der Vorstand hatte ih Mengen an Pestiziden, Antibiotika, Importfutter und Düngemittel ein. Das bedroht die nen die Nein-Parole empfohlen, doch Qualität unseres Trinkwassers, unserer Nahrung, die Biodiversität, das Klima und die sie folgten ihm nicht. Die Klein Luft. Die Initiative fordert, dass die Subventionen an die Landwirtschaft nur für Bewirt bauernvereinigung hat Stimmfrei schaftungsweisen ausgerichtet werden, welche die Gesundheit und die Umwelt nicht gabe zu dieser Initiative beschlossen. gefährden und das Trinkwasser nicht verschmutzen. initiative-sauberes-trinkwasser.ch Und jetzt? Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) Die Grüne Partei der Schweiz ist der Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) entstanden aus der Sorge um eine Meinung, dass eine Trendwende in zunehmend kranke Umwelt, die unsere Gesundheit bedroht und das Leben künftiger der Agrarpolitik der Schweiz über Generationen in Frage stellt. Die Mitglieder sind überwiegend HumanmedizinerInnen, fällig sei. Die Schweiz ist bei der aber auch Zahn- und TierärztInnen, sowie Studierende dieser Berufe. Angehörige an Reduktion des Pestizideinsatzes im derer Berufe unterstützen die Vereinsziele als GönnerInnen. Der Verein wurde 1987 ge internationalen Vergleich bestenfalls gründet. aefu.ch noch Mittelklasse. Nur ein doppelten JA zu beiden Initiativen setze in der blockierten Agrarpolitik ein klares Zeichen und mache die Landwirt schaft für alle gesünder und umwelt freundlicher. Die Ärztinnen und Ärzte für Um weltschutz (AefU) bauen derzeit ein unabhängiges, parteiübergreifen des Komitee 2xJA zur Unterstüt zung der beiden Initiativen auf. Sie sind überzeugt, damit eine Mehrheit der Bevölkerung anzusprechen. Die AefU zeigen sich sehr besorgt über den massiven Pestizideinsatz in der Landwirtschaft und seine Auswir kungen auf die Gesundheit von Men schen und die Umwelt. Sie wollen nicht zulassen, dass die Initiativen gegeneinander ausgespielt werden, worauf die Gegner einer klima- und zukunftstauglichen Lebensmittelpro duktion nur warten würden. ■ BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
Wahlanalyse 10 Prozent geknackt Konradin Franzini, Vorstand Junge Alternative Zug 14 Viele von euch mögen sich an den Wahlsonntag im Oktober 2019 erinnern. SP Schweiz Die Grünen Schweiz erzielten mit einem Gewinn von 6,18 Prozent und 17 Die SP ist mit einem Verlust von zwei zusätzlichen Sitzen im Nationalrat einen historischen Erfolg. Gut neun Prozentpunkten (neu 16,8 Prozent) nach der SVP die zweitgrösste Ver Monate später ist die Selects (Swiss Election Study) erschienen, welche liererin der Wahlen 2019 und musste die Wahlergebnisse genauer unter die Lupe nimmt. damit das schlechteste Ergebnis seit mehr als 100 Jahren (seit der Einfüh Als angehender Politikwissenschaftler jüngeren Wähler*innenschaft haben rung der Proporzwahl) hinnehmen. und interessierter Leser dieser Wahl die Grünen schon immer überdurch Grundsätzlich konnte die SP ihre Par studie möchte ich euch die wichtig schnittlich stark abgeschnitten. Im teibasis gut zur Urne mobilisieren, sten Erkenntnisse in gekürzter Form Vergleich zu 2015 war der Zuwachs in verlor aber fast einen Viertel ihrer vorstellen. Mir ist an dieser Stelle dieser Altersgruppe dennoch enorm: ehemaligen Wähler*innenschaft an wichtig zu betonen, dass ich nicht alle Der Wähler*innenanteil der Grünen die Grünen. Aspekte dieser 100-seitigen Studie stieg bei den 18- bis 34-Jährigen von wiedergeben kann. Aspekte wie die acht auf 19 Prozent. Unter den 35- bis Wähler*innenvolatilität, die Verän 54-Jährigen wurde eine Verdoppelung derung der politischen Wertehaltung, des Grünen-Wähler*innenanteils re die Parteienpolarisierung sowie auch gistriert und bei den über 54-Jährigen die Rolle der Medien und der Sozia beinahe ebenso. len Medien werden nicht beleuchtet. Diese Aspekte können gerne in weite ren Artikeln aufgegriffen werden. Die Wahlstudie kann selbst heruntergela den und analysiert werden (s. Kasten). Im Folgenden das Wichtigste in Kürze. Grüne Schweiz Den Grünen gelang es zum ersten Mal in ihrer Parteigeschichte, die symbolträchtige Zehn-Prozent-Hürde zu nehmen. Damit löst sie erstmalig mit einem Wähler*innenanteil von 13,2 Prozent (+6,18 Prozentpunkte) die CVP als viertstärkste Kraft ab. Ausschlaggebend für diesen Erfolg war die gute Themenlage (Klima- und Die typische Wähler*innenschaft der Frauen*wahl), welche zur Mobili SP Schweiz ist weiblich, konfessionslos sierung neuer Wähler*innengruppen sowie unter 45 Jahre oder über 54 Jahre führte. Überraschenderweise nahmen alt. Überdurchschnittlich oft wählen aber 44 Prozent jener, die 2015 grün verwitwete Personen die SP Schweiz. gewählt hatten, 2019 nicht mehr an Unter denjenigen Wählenden, die die ob den Wahlen teil. Von den restlichen Die typische Wähler*innenschaft der ligatorische Schule oder eine Anlehre als 56 Prozent wählten jedoch vier von Grünen Schweiz ist jung, weiblich, höchsten Bildungsabschluss angaben, ist fünf Wähler*innen erneut die Grüne ledig und konfessionslos. Auch wäh die SP übervertreten. Einen ebenfalls ho Partei. Rund ein Drittel der 2019 Grün len überdurchschnittlich oft Personen hen Wähler*innenanteil weist die SP bei Wählenden hatten 2015 ihre Stimme mit einer Tertiärbildung sowie einem Personen mit einer Tertiärbildung auf. noch der SP gegeben. Damit stellt die Migrationshintergrund die Grüne Partei. Bei der Einkommensklasse ist keine ein ehemalige SP-Wähler*innenschaft Wer die Grünen Schweiz wählt, arbeitet deutige Tendenz sichtbar. SP-wählende knapp den grössten Teil des jetzigen oft im öffentlichen Sektor, bei einer Non- Personen arbeiten zudem meistens im Grünen-Elektorats dar. Der Wahler Profit-Organisation oder befindet sich öffentlichen Sektor, bei einer Non-Profit- folg der Grünen ist also nicht auf noch im Studium. Bei der Einkommens Organisation oder in gemischtwirtschaft eine gute Mobilisierung der eige klasse sind keine eindeutigen Tendenzen lichen Unternehmen wie beispielsweise nen Basis zurückzuführen. Bei der sichtbar. der Swisscom. BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
GLP Schweiz CVP Schweiz FDP Schweiz 15 Von der Klimawahl konnte die GLP Für eine weitere Überraschung Mit einem Verlust von 1,3 Prozent ebenfalls profitieren: Die Partei ver sorgte die CVP, welche die über punkten (neu 15,1 Prozent) hat die fügt zwar nach wie vor über kei Jahre anhaltenden Verluste stoppen FDP ihr Wahlziel, die SP zu über ne Stammwähler*innenschaft. So konnte. Mit einem Verlust von 0,2 holen, deutlich verfehlt. Der Partei konnte sie nur etwa 64 Prozent der Prozentpunkten (neu 11,4 Prozent) blieben grössere Verluste aufgrund Wähler*innenschaft von 2015 hal und drei Mandaten weniger konnte einer relativ treuen und stabilen ten. Zudem wählten weniger als die die CVP ihre Position knapp über Wähler*innenbasis erspart. Abwande Hälfte jener, die im Frühsommer eine der Zehnprozentmarke stabilisie rungen der FDP-Wähler*innenschaft GLP-Wahl beabsichtigten, tatsächlich ren. Grund dafür ist die sehr loyale, zur SVP und GLP konnten beobachtet GLP. Profitieren konnte die GLP je aber auch alte Stammwähler*innen werden. Die FDP ihrerseits konnten doch von ehemaligen SP- sowie FDP- schaft, welche die Partei gut mobili jedoch auch ehemalige SVP-Wäh Wählenden. 16 Prozent ihrer aktuellen sieren konnte. Es zeigt sich, dass die lende dazugewinnen, welche nun Wähler*innenschaft besteht aus ehe Partei wenig attraktiv für Erst- und mehr neun Prozent ihres Elektorats maligen SP-Wählenden und zwölf Pro Wechselwähler*innen ist. ausmachen. Einzig bei der weiblichen zent aus ehemaligen FDP-Wählenden. Wähler*innenschaft zeigten die Frei Beliebt ist die GLP ebenfalls bei der sinnigen Probleme in der Mobili- jungen, urbanen Wähler*innenschaft. sierung. Nur durchschnittlich schnitt Die GLP ist ähnlich wie die Grünen im die FDP unter Erstwählenden und gar jungen Elektorat ausserordentlich gut unterdurchschnittlich unter Neumo verankert. Gegenüber 2015 erzielte sie bilisierten (jenen Wählenden, welche bei 18- bis 34-Jährigen eine Verdoppe 2015 noch nicht gewählt hatten) ab. lung ihres Wähler*innenanteils. Die typische Wähler*innenschaft der FDP ist tendenziell männlich, alt, verheiratet Die typische GLP-Wähler*innenschaft ist Die typische CVP-Wähler*innenschaft und protestantisch. FDP-Wählende wei eher jung (unter 35 Jahre alt), ledig und ist eher alt (über 35 Jahre), verheiratet sen oftmals ein höheres Bildungsniveau konfessionslos. Bei den Geschlechtern ist und katholisch. Bei den Geschlechtern als die Durchschnittsbürger*in aus und keine Tendenz sichtbar. Der höchste Bil wie auch der Einkommensklasse ist kei arbeiten in der Privatwirtschaft. Zudem dungsabschluss ist bei GLP-Wähler*innen ne Tendenz zu erkennen. Unter denjeni sind Wählende der FDP eher in den obe oftmals eine Tertiärbildung. Interessant gen Wählenden, die die obligatorische ren Einkommensschichten anzusiedeln. ist, dass Wähler*innen der höchsten Schule oder eine Anlehre als höchsten So belegen sie in der obersten Einkom Einkommensklasse (über 12000 Franken) Bildungsabschluss angaben, ist die CVP mensschicht (über 12000 Franken) den überdurchschnittlich oft GLP wählen. sehr stark übervertreten. ersten Platz. BULLETIN | NUMMER 4 | DEZEMBER 2020
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