Dienstag, 19. April 2011 - Nachmittag - Kanton Graubünden
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746 19. April 2011 Dienstag, 19. April 2011 Nachmittag Vorsitz: Standespräsidentin Christina Bucher-Brini Protokollführer: Domenic Gross Präsenz: anwesend 120 Mitglieder entschuldigt: − Sitzungsbeginn: 14.00 Uhr Standespräsidentin Bucher-Brini: Darf ich Sie bitten, möglichkeiten, die langen Distanzen in die Zentren wie Platz zu nehmen. Wir fahren fort mit der Fraktionsanfra- Zürich oder St. Gallen, das fehlende Kulturangebot, die ge der BDP betreffend Hausärztemangel in Graubünden. fehlende Bereitschaft der Lebenspartnerin beziehungs- Der Zweitunterzeichner, Grossrat Aebli, hat das Wort für weise des Lebenspartners, in den Bergen zu wohnen, und eine kurze Stellungnahme. Nein, Grossrat Niggli hat den hohen Übernahmepreis der bestehenden Arztpraxen anscheinend das Wort für eine kurze Stellungnahme. an. 3. Die Regierung sieht insbesondere in der verstärkten Zusammenarbeit zwischen den in der Grundversorgung tätigen Ärzten und den Regionalspitälern eine Möglich- Fraktionsanfrage BDP betreffend Hausärztemangel keit, die Versorgungssicherheit zu erhöhen. In vielen in Graubünden (Erstunterzeichner Hardegger) abgelegenen Spitalregionen ist dies heute schon der Fall. (Wortlaut Dezemberprotokoll 2010, S. 328) In den Spitalregionen Val Müstair, Poschiavo, Bergell und Oberhalbstein wird die Grund- wie auch die Notfall- Antwort der Regierung versorgung heute weitestgehend durch die am Spital tätigen Ärzte sichergestellt. Für die Tatsache, dass immer weniger Ärztinnen und 4. Die Übertragung weiterer Aufgaben an Hausärzte Ärzte als Grundversorger tätig sind, gibt es mehrere trägt nicht dazu bei, dem Hausärztemangel entgegenzu- Gründe. So absolvieren in der Schweiz aufgrund der wirken und den Beruf attraktiver zu machen, da dadurch Einführung des Numerus clausus im Jahre 1998 weniger die in Ziffer 2 aufgelisteten Gründe gegen die Übernah- Personen ein Medizinstudium. Auch verbleiben Ärztin- me einer Arztpraxis nicht behoben würden. nen und Ärzte immer häufiger über die vorgeschriebene 5. Die Anpassung des Tarmed in anvisiertem Sinne ist in Weiterbildungstätigkeit hinaus in den Spitälern. Der den dafür zuständigen Gremien seit längerem ein Thema. Facharzttitel "Allgemeinmedizin" wird immer weniger Allerdings weigern sich die Fachspezialisten, ihren An- erworben. Die Ärztinnen und Ärzte ziehen es vor, einen teil am Kuchen zu Gunsten der Grundversorgung zu spezialisierten Facharzttitel zu erwerben. Schliesslich verkleinern. Leider haben die Kantone auf diesen Pro- übernehmen vor allem Frauen häufig lediglich ein Teil- zess keinerlei Einfluss. zeitpensum. 6. Ärztinnen und Ärzte erhalten von den Krankenversi- Beantwortung der Fragen cherern bei Hausbesuchen neben der Konsultationstaxe 1. Der Stellenwert der Hausärzte im Hinblick auf die eine Besuchsinkonvenienzpauschale. Mit den aktuell zur Kostenentwicklung hängt zum grossen Teil davon ab, Anwendung gelangten Abgeltungen werden Hausbesu- welche Rolle die eidgenössische Politik den Hausärzten che finanziell der Konsultation in der Praxis gleichge- zukommen lässt. Je nachdem wie die geplante Managed stellt. Zur Förderung der Hausbesuche wäre nach An- Care Vorlage ausgestaltet wird, können die Hausärzte sicht der Regierung statt der Einführung einer zusätzli- eine wichtige Rolle bei der Kostenentwicklung spielen. chen Pauschale eine Erhöhung der Besuchsinkonve- 2. Aktuell ist die Versorgung durch die Hausärzte si- nienzpauschale im Tarmed anzustreben. chergestellt. In den bevölkerungsreichen Regionen des 7. Managed Care Modelle haben im Wesentlichen zum Kantons ist die ärztliche Grundversorgung wie auch der Ziel, dank verbesserter Organisation sowie optimierter ärztliche Notfalldienst auch längerfristig sichergestellt. Strukturen und Prozesse die Kostenentwicklung im Anders sieht die Situation längerfristig in den Randregi- Gesundheitswesen positiv zu beeinflussen und die Quali- onen aus, insbesondere in Regionen, in denen nur ein tät der medizinischen Versorgung zu verbessern. Die Arzt die Versorgung der ganzen Talschaft wahrnimmt. mögliche Wirkung der anstehenden Managed Care Vor- Interessenten geben für den Verzicht auf die Übernahme lage wird sich auf die bevölkerungsreichen Regionen des einer Talarztpraxis insbesondere die hohe Präsenzzeit in Kantons beschränken, weil nur in diesen Regionen das der Praxis, die Pikettverpflichtung, den "geringen" Ver- Angebot an Gesundheitsversorgungsleistungen so gross dienst, die fehlenden Aufstiegs- und Weiterbildungs-
19. April 2011 747 ist, dass eine Koordination einen spürbaren Effekt auf Die Anfrage der BDP wirft richtige und wichtige Fragen die Kosten hat. auf, die von den Grundversorgern schon lange auf die Traktandenliste gesetzt wurden. Die Antworten der Niggli-Mathis (Grüsch): Ich möchte Sie bitten, eine Regierung tragen leider angesichts der Dramatik der Diskussion darüber abhalten zu dürfen. Situation wenig zu einer Lösung bei. Zur Dramatik, ich wiederhole nochmals was soeben gesagt wurde, wenn Antrag Niggli-Mathis der gegenwertige Trend anhält, werden in fünf Jahren die Diskussion Hälfte der heute in der Schweiz praktizierenden Hausärz- tinnen und Hausärzte in Pension gehen, ohne dass sie Standespräsidentin Bucher-Brini: Ich bitte um Ruhe. Es eine Nachfolge gefunden haben. Ich hoffe für mich ist Diskussion beantragt. Wer dieser zustimmen möchte, persönlich, mich nicht zu diesen zählen zu müssen. Bis möge sich bitte erheben. Das ist die Mehrheit. Danke. in zehn Jahren, werden gar nur noch ein Viertel der Sie erhalten das Wort. Hausärzte arbeiten, konkret bedeutet dies, dass bis 2016 rund 3‘200 und bis 2021 rund 1‘700 neue Hausärztinnen Abstimmung benötigt werden, die das gleiche Pensum leisten wie die Diskussion wird mit offensichtlichem Mehr beschlossen. abtretenden es heute leisten. Dies nur um den Status quo der jetzigen Grundversorgungen aufrecht zu erhalten. Die Hausärzte haben am 1. April 2010 eine eidgenössi- Niggli-Mathis (Grüsch): In der Antwort der Regierung sche Initiative "Ja zur Hausarztmedizin" mit über sind keine weiterreichenden Massnahmen vorgesehen. 200‘000 Unterschriften eingereicht. Leider hat der Bun- Wie z.B. ein Runder Tisch für das Pflegepersonal statt- desrat dazu letzthin einen schwammigen, unverbindli- gefunden hat, soll der Kanton für die Hausärzte die Initi- chen Gegenvorschlag ausgearbeitet, der dem Volk ative ergreifen und mit den zuständigen Kreisen an einen höchstens etwas Sand in die Augen streuen kann, aber Tisch sitzen. Es kann nicht sein, dass der Patient zwi- nichts zur Entschärfung der Dramatik beiträgt. Machen schen den Interessengruppen, wie z.B. Apotheker und Sie sich auch keine Illusionen über die geplante Mana- Hausärzten, aufgerieben wird. Ich persönlich habe lieber ged-Care-Vorlage, wie auch immer sie dann von Natio- einen Hausarzt im Dorf als eine Apotheke. Umdenken ist nal- und Ständerat verabschiedet werden wird. Sie wird hier aber auch bei den anderen Parteien gefordert, wurde weder auf die Kosten noch auf den Mangel an Hausärz- doch eine Vernehmlassung zur Aufhebung des Medika- ten einen grossen Einfluss haben. mentenabgabeverbotes für die Hausärzte von den meis- Die Antwort der Regierung, auch wenn ihr Einfluss ten Parteien schon im Ansatz im letzten Winter beerdigt zugegebenermassen nicht sehr gross ist, ist mir zu ab- und wurde gar nicht im positiven Sinne aufgenommen, wartend und zu passiv. Die Regierung könnte zum Bei- schon gar nicht behandelt. spiel aktiv sich für die eidgenössische Initiative für die Der auf uns zukommende, grosse Mangel an Hausärzten Hausarztmedizin einsetzen, zum Beispiel in der Gesund- ist mehr als nur ausgewiesen. Bis 2016, meine Damen heitsdirektorenkonferenz. Bei uns könnte die Regierung und Herren, und das ist in fünf Jahren, werden 50 Pro- sich dafür einsetzen, dass im Kantonsspital Graubünden zent der heutigen Ärzte in Pension gehen und bis 2021, ein Rotationausbildungssystem für angehende Hausärzte das ist in zehn Jahren, werden 75 Prozent in Pension eingerichtet wird, damit diese einfacher zu ihren not- gehen. Das ist für mich persönlich eine erschreckend wendigen Kenntnissen in den Spezialdisziplinen wie hohe Zahl. Für die tiefst möglichen Kosten im Gesund- ORL, Urologie, Gynäkologie und anderen gelangen heitswesen sind genügend Hausärzte sehr wichtig. Nach können. Dies nur zwei Anregungen, die, so hoffe ich, auf den Unterlagen, die ich zusammengetragen habe, werden offene Ohren stossen. 90 Prozent der Fälle von den Hausärzten abgehandelt und je nach Quelle liegen die Kosten dafür zwischen sieben und 20 Prozent der gesamten Kosten des Gesund- Standespräsidentin Bucher-Brini: Es ist relativ warm in heitswesens. Also 90 Prozent der Fälle werden für sieben unserem Saloon, diejenigen die sich tenuemässig etwas bis 20 Prozent abgehandelt, das ist ein Verhältnis, das erleichten möchten, dürfen das auf alle Fälle tun. wir unbedingt erhalten müssen, es gibt noch genügend teure Fälle, die von den Hausärzten nicht behandelt Lorez-Meuli: Die Regierung weist in ihrer Antwort werden können und deshalb müssen wir zu den Hausärz- darauf hin, dass vor allem in Randregionen in Zukunft ten mehr als nur Sorge tragen. Die Situation wird natür- mit einem akuten Ärztemangel zu rechnen ist. Etliche lich, und das ist für mich ganz klar, vor allem in den aufgeführten Standortnachteile, die Weiterbildungsmög- Randregionen prekär. lichkeiten und kulturellen Angebote können praktisch Zum Schluss möchte ich Ihnen noch ein Zitat aus meinen politisch nicht beeinflusst werden. Gerade in der Peri- Ausführungen, die ich gelesen habe, möchte ich Ihnen pherie übernehmen die Hausärzte einen wesentlichen nicht vorenthalten und ich zitiere: "Das Gesundheitswe- Anteil der medizinischen Grundversorgung. Gerne sen ist eine grosse Baustelle, der zwar die Arbeiten nicht möchte ich der Regierung in diesem Zusammenhang ausgehen werden, wohl aber die Arbeiter." eine Frage stellen: Hält die Regierung die Ausrichtung eines kantonalen Sockelbeitrages an Hausärzte, welche Trepp: Die Politik betont verbal auf allen Ebenen immer die medizinische Grund- und Notfallversorgung gewähr- wieder die Wichtigkeit von uns Grundversorgern. In der leisten, für überprüfenswert? Realität, wie heute wieder einmal bestätigt, geschieht in der Praxis mit wenigen Ausnahmen genau das Gegenteil.
748 19. April 2011 Buchli-Mannhart: In der Schweiz beginnen jährlich rund auch in der Hausarztmedizin, anstellen müssen, obwohl 700 Studentinnen und Studenten mit dem Medizinstudi- wir selbst genügend Nachwuchs haben. Nachwuchs, um. Ein Mehrfaches möchte mit dem Medizinstudium welcher wirklich will und sich dafür auch einsetzt. Ich beginnen, fällt aber dem numerus clausus zum Opfer. bin der Meinung, dass hier eine Lösung auf Bundesebene Damit unser Gesundheitssystem überhaupt noch funktio- gesucht werden muss und ich erwarte vom Kanton, dass niert, sind wir auf die Zuwanderung von Ärzten aus dem er an entsprechenden Stellen Einfluss nehmen wird. Ausland angewiesen. Würde eine Lockerung des nume- rus clausus die Situation beim Hausärztemangel auf dem Tscholl: Aus meiner Sicht ist mit ein Grund, dass die Lande verbessern? Wenn ja, welche Handlungsmöglich- Hausärzte, etwas überspitzt formuliert, zu einer ausster- keiten hat der Kanton Graubünden als nicht Hochschul- benden Spezies gehören, die Verdienstmöglichkeit. kanton in diesem Bereich? Grossrätin Furrer hat schon darauf hingewiesen. Ich zitiere aus der Statistik gewerblicher Buchhaltungser- Kunz (Chur): Ich teile die Bedenken von meinem Vor- gebnisse schweizweit, wonach ein Arzt ohne redner, auch was Mathis Trepp gesagt hat. Wir müssen Selbstdispensation mit einem Umsatz von 200'000 bis uns diesen Tag merken. Ich stimme Ihnen zu 100 Pro- 500‘000 Franken gerade mal 139‘000 Franken verdient zent zu, was ja bis anhin relativ selten der Fall war, aber oder Ärzte mit Selbstdispensation rund 141‘000. Dies zu auch die Bedenken von Grossrat Buchli möchte ich bedenken, wann ein Arzt überhaupt etwas verdienen nochmal unterstreichen. Wir leben in der Tat in einer kann. planwirtschaftlichen Welt, die absurd ist. Wir beschrän- ken intern den Zugang zu den Universitäten durch einen Augustin: Danke, für den Ball den Sie mir zuspielen. sehr hohen numerus clausus, beschränken das Angebot Leider komme ich mit den Gratulationswünschen natür- an Ärzten, haben Ärzte Knappheit und müssen Ärzte aus lich zu spät, aber ich feiere mit Ihnen, dass wir ein Jahr dem Ausland importieren. Das kann es doch nicht sein, älter geworden sind, alle dieses Jahr. Ich erneure die dass derjenige Nachwuchs, der diesen Beruf erlernen Aussage, die ich schon früher hier gemacht habe und zu will, Medizin studieren will, nicht kann und dann wir zu der stehe ich jederzeit. Hausarztmedizin ist die günstig- wenige Ärzte auf dem Platz haben. Aber das betrifft vor ste Medizin die wir anbieten können. Tatsache aber ist allem den Bund und wenn da die Regierung intervenie- ebenso, dass die Hausärzte als Grundversorger in Kon- ren kann, dann bin ich sicher froh. Was aber meines kurrenz stehen, in nachhaltiger Konkurrenz zu den Erachtens auch noch einmal der Analyse bedarf, ist Grundversorgungsleistungen der Spitäler. Diese haben in unsere Ausbildung in Graubünden und zwar würde ich den letzten 20 Jahren, von praktisch null Umsatz in den mir wünschen, dass man den Zusammenhang einer ho- Spitalambulatorien auf rund 60 Millionen das Ganze hen Maturitätsquote mit den Abschlüssen bei den Uni- ausgeweitet. Das ist zu Lasten im Wesentlichen, auch zu versitäten vergleicht. Weil es nützt uns nichts, eine hohe Lasten der Grundversorger, der selbstständig tätigen Maturitätsquote zu erzielen, die dann aber nicht zu Stu- Ärzte gegangen. Zum Teil ist eine Leistungsausweitung dienabgängen oder nicht zu Studienabschlüssen an den daraus entstanden, aber die stehen in Konkurrenz. Und Universitäten führen. Bilden wir richtig aus? Haben wenn wir die Grundversorger als selbstständige Ärzte unsere Maturandinnen und Maturanden das Rüstzeug, fördern wollen, dann müssen wir wahrscheinlich gleich- um nachher effektiv auch abzuschliessen? Es nützt uns zeitig auch die Hebel dort ansetzen bei den Konkurren- nichts, eine hohe Maturitätsquote zu haben die nachher ten, bei den Spitalambulatorien. Wenn man das aber in im Markt nicht durchkommen. Diskussionen in entsprechenden Kreisen versucht anzu- stossen, dann erreicht man gar nichts, weil da wird abge- Furrer-Cabalzar: Wir haben es gehört. Wir streben blockt. Ich hätte vielleicht gerne hier einmal ein State- einem Hausarztmangel entgegen und dies schleckt keine ment statt eines Vertreters der Krankenversicherer eines Geiss weg. Gründe mögen sein: Einkommen gegenüber Spitalverantwortlichen, aber ein Verwaltungsrat bei- Fachärzten, Präsenzzeit, das allgemeine Image, aber spielsweise ist jetzt hier nicht anwesend, aber ein Mit- eventuell auch manchmal eine zu hohe Kostenübernah- glied der Geschäftsleitung des Kantonsspitals ist auf der me für eine Praxis. Nun ich wage zu behaupten, dass die anderen Seite, die sich bekennen würden in dieser Kon- Hausarztmedizin die günstigste Medizin ist und dass Sie kurrenzsituation, Spitalambulatorien und frei praktizie- mir gestern zu meinem Geburtstag gratuliert haben, und rende Ärzte, für die Ärzte. Davon höre ich dann nichts. dafür möchte ich mich nochmals ganz herzlich bedan- Zweite Bemerkung: Leider ist der Kollege Portner nicht ken, habe ich jetzt einen nachträglichen Wunsch an mehr hier, mit ihm habe ich das auch schon diskutiert, Grossrat Agustin, in dem er mir die Aussage bestätigt, als Vertreter des Ärztevereins. Halbwegs laut gedacht, dass die Hausarztmedizin die günstigste Medizin sei. haben wir von den Krankenversicherern den Ärzten auch Nun erlauben Sie mir, einen weiteren Aspekt aufzuzei- schon angeboten, eine Taxwertpunkt-Differenzierung gen, er wurde bereits auch erwähnt. Im Juni dieses Jahres vorzunehmen zu Gunsten der Grundversorger. Das heisst werden 4‘200, sie hören es richtig, 4‘200 Kandidatinnen also, den Grundversorgern einen anderen Taxpunktwert, und Kandidaten den numerus clausus, also die Aufnah- einen höheren, besser wäre ihnen den gleichen und den meprüfung für ihr Medizinstudium, absolvieren. Wir Spezialisten einen tieferen, aber weil dann das wahr- haben in der Schweiz gut 1‘000 bis 1‘200 Studienplätze. scheinlich dann wieder nicht geht, mindestens den Dies kann es nicht sein und Grossrat Kunz hat es vorher Grundversorgern einen höheren anzubieten, als den bereits erwähnt. Es kann doch nicht sein, dass wir je Spezialisten. Da stösst man dann bei Ärzteschaft und bei länger je mehr ausländische Ärzte, sei es im Spital, aber ihrer Vertretung auf Schweigen, das ist für die Ärzte-
19. April 2011 749 schaft tabu. Und solange wir preislich, Kollege Tscholl, befürchten haben. Im Moment können wir sagen, dass halt die Leistungen der Ärzte nicht unterscheiden können die Versorgung durch die Hausärzte im Kanton aktuell und solange die Ärzteschaft sich national strikte dagegen sichergestellt ist. Also jetzt haben wir kein akutes Prob- wehrt, gegen jede Änderung des Tarifssystems als sol- lem, aber wir wissen auf Grund der Demographie der ches, welches Unschärfen enthält zugunsten der Spezia- Hausärzte, also wir wissen auf Grund des Alters der listen und zulasten der Grundversorger, solange aber mit Hausärzte, dass wir bald in ein Problem laufen. Und wir der Ärzteschaft hier überhaupt kein Jota diskutiert und wissen, dass dieses Problem vor allem in den bevölke- ein Fortschritt erzielt werden kann, solange kommen wir rungsärmeren Regionen sich akzentuiert zeigen wird, schweizweit nicht weiter und solange kommen wir auch weniger natürlich hier im Zentrum in Chur, sondern hier in Graubünden nicht weiter. wirklich draussen in den Regionen. Und darum haben wir bereits in enger Zusammenarbeit mit dem Bündner Trepp: Ich kenne keine Tabus, Grossrat Augustin. Ein Ärzteverein nach Lösungen gesucht und auch versucht, differenzierter Taxwertpunkt ist für mich absolut kein diese Problematik aufzugreifen. Tabu und ich weiss, dass es auch für viele Grundversor- Wir haben ein Projekt gestartet, ich habe, so meine ich, ger kein Tabu ist, auch wenn das das Problem nicht bereits hier im Rat auch darüber berichtet, das Projekt grundlegend so wesentlich ändern wird. Ich kann hier Capricorn, das läuft. Es ist ein Projekt, wo vier Plätze frei sprechen, weil ich von einem differenzierten Tax- oder zwei Stellen à sechsmonatigen Praktikumsplätzen punktwert nicht mehr profitieren werde. Bis das durch bereitgestellt werden. Wir bezahlen den Spitälern zwei alle Mühlen durch ist, das werde ich kaum mehr erleben. volle Stellen. Da werden junge Ärzte durch die Spitäler Aber ich meine, es ist ein durchaus diskussionswerter angestellt und können dann aber während dieser Zeit in Ansatz. Aber da bestehen sehr viele Hürden. Ich meine, Arztpraxen Praktiken machen. Und dieses Programm die Spitalambulatorien, nur schon diese haben einen läuft, 2010 waren diese Stellen besetzt. Das Gleiche gilt höheren Taxpunktwert, das muss man auch sagen. Mit auch für 2011. Für 2012 haben wir auch schon Bewerbe- ihrem immensen Wachstum, das sie in den letzten Jahren rinnen und Bewerber und diese jungen Ärzte, die sollen mit einem höheren Taxpunktwert verursacht haben, das animiert werden, wenn sie in solchen Arztpraxen sind, in ist schon auch eine Diskussion. Wir wehren uns sicher diesen Praxen dann auch zu bleiben. Nun, ob uns dies nicht gegen einen höheren Taxpunktwert, aber ob dann gelingt, können wir nicht sagen. Wir sehen einfach, dass die Politik da mitmacht, da habe ich schon einige Zwei- das Interesse vorhanden ist. Ob diese jungen Ärzte dann fel, weil bisher, was von der Politik gekommen ist, ist auch wirklich irgendwann eine Praxis in Graubünden eigentlich nicht vielmehr als heisse Luft. eröffnen oder übernehmen, dafür ist es jetzt noch etwas früh das zu beurteilen. Aber das ist ein Programm, das Augustin: Ich repliziere noch zu dem differenzierten wir in Zusammenarbeit mit dem Bündner Ärzteverein Taxpunktwert zu den Spitälern und frei praktizierenden aufgegleist haben. Das läuft und wir hoffen, dass wir Ärzten. Das ist richtig, bei den Spitälern gilt zurzeit 85 Erfolg haben. Rappen, bei den Ärzten 82 Rappen. Bei den Ärzten ist Wir haben beim Bund interveniert, als der Bund die das ein Taxpunktwert der gesamtostschweizerisch gilt. Labortarife gesenkt hat. Das hat zu starken Einkom- Wir stehen in einem Tariffestsetzungsverfahren mit den menseinbussen geführt bei den Hausärzten. Dort sind wir Spitälern, in welchem die Krankenversicherer eine Sen- vorstellig geworden beim Bund, leider erfolglos. Wir kung des Taxpunktwertes für die Spitalambulatorien von haben bei der Neuorganisation des ärztlichen Notfall- 85 Rappen auf 82 Rappen beantragt haben. Die Regie- dienstes mitgewirkt und aktive Mithilfe betrieben. Das rung hat es in der Hand, mit den Versicherern dies so zu heisst, wir haben daraufhin gewirkt, dass pro Arzt weni- entscheiden und damit auch ein Signal an die freiprakti- ger Dienst geleistet werden muss und dass die Regionen, zierende Ärzteschaft auszusenden. dass die Dienstregionen grösser ausgestaltet werden. Ich habe einen Versuch unternommen, die Selbstdispensati- Standespräsidentin Bucher-Brini: Ich frage Sie, ist die on für alle Ärzte im Kanton zu ermöglichen. Das ist bei Diskussion noch gewünscht? Das scheint nicht mehr der den meisten Parteien hier drin nicht wirklich auf Gegen- Fall zu sein für den Moment. Frau Regierungsrätin. liebe gestossen. Auf Grund des Vernehmlassungsergeb- nisses musste ich von diesem Vorhaben ablassen und Regierungsrätin Janom Steiner: Grossrat Niggli regt an, dieses Vorhaben abbrechen. Leider, sage ich, denn das dass man einen Runden Tisch auch zu diesem Thema hätte ganz sicher zu einer Attraktivitätssteigerung im eröffnen könnte und dass die Regierung in der Antwort Vergleich zu den anderen Kantonen geführt. Und wenn keine weiterreichenden Massnahmen auflistet. Ich bin Sie jetzt sehen, wie die Entwicklung war, es gibt jetzt gerne bereit, auch zu diesem Thema einen Runden Tisch Kantone, die die Selbstdispensation wieder geöffnet zu eröffnen, so wie wir das im Bereich des Pflegeperso- haben, also wir stehen im Vergleich zu den anderen nalmangels oder eines möglichen Mangels initiiert ha- Kantonen einfach nicht so attraktiv da. Und wenn junge ben. Aber ich möchte doch immerhin darauf hinweisen, Ärzte aus der Ausbildung kommen ab Universität, dann dass wir bereits seit längerer Zeit dieses Thema sehr überlegen sie sich, ob sie in einen Kanton gehen wollen, intensiv und auch mit Sorge verfolgen. Die Zahlen, die in welchem die Selbstdispensation beschränkt ist. Nun, bekannt gegeben wurden, sind korrekt. Der Bündner wir haben gesagt, wir sistieren dieses Projekt auf Grund Ärzteverein hat diese Erhebungen für unseren Kanton der Rückmeldungen grosser Fraktionen hier drinnen. Wir gemacht und es ist erschreckend zu sehen, wie sich die werden aber diese Entwicklung weiterverfolgen und Entwicklung in diesen Arztpraxen zeigt und was wir zu sehen, was der Bundesrat diesbezüglich macht. Wir
750 19. April 2011 haben in der neuen Spitalfinanzierung, Sie werden das wie Kantone und Bund hier gemeinsam einen Weg be- dann, wenn Sie die Botschaft lesen und studieren für die schreiten können, um die Hausarztmedizin zu stützen. Junisession, haben wir eine Bestimmung, eine Rechts- Es wurde darauf hingewiesen, dass die Managed-Care- grundlage aufgenommen für die Abgeltung der Dienst- Vorlage möglicherweise nicht das Gelbe vom Ei ist. Wir ärzte, welche in den Rettungsdienst der Spitäler einge- haben versucht, in der Antwort zu Ziffer sieben darauf bunden sind. Das soll auch dazu beitragen, dass die hinzuweisen. Das mag in Zentren, vielleicht hier in Chur, Dienstzeit und auch die Entschädigung besser sein sol- mag das ein gangbarer Weg sein, aber wie man Mana- len, auch in den Regionen. Wir haben ideelle und politi- ged-Care in der Region verwirklichen will, das dürfte sche Unterstützung geboten bei der Angleichung des etwas schwieriger sein. Darum glaube ich auch nicht, TARMED-Taxpunktwertes an den Ostschweizerwert. dass dies nun wirklich für uns die alles bringende Lö- Sie wissen, der Kanton Graubünden war bis vor kurzem sung sein wird. der schlechteste Kanton bezüglich Taxpunktwert in der Grossrätin Lorez fragt an, ob allenfalls ein kantonaler Ostschweiz. Jetzt, Herr Augustin nickt, danke, jetzt Sockelbeitrag prüfenswert sei. Nun, Frau Grossrätin, haben wir zumindest auch in Graubünden den gleichen prüfenswert ist immer alles. Und ich sage Ihnen nicht, ob Taxpunktwert wie in der Ostschweiz. Dann hat sich die wir je einen Sockelbeitrag einführen. Heute wäre das Bündner Regierung auch weiter engagiert auf Bundes- noch nicht der Zeitpunkt. Aber wenn wir keine anderen ebene im Rahmen der Gesundheitsdirektorenkonferenz Lösungen finden, um unsere Hausarztmedizin in den in einer Arbeitsgruppe, die ist initiiert worden unter dem Regionen erhalten zu können, dann werden wir sicher Titel „Ärztliche Grundversorgung in Randgebieten“. auch einen Sockelbeitrag prüfen. Die Frage ist, wer dann Dort fanden bereits Konferenzen statt, die letzte am 15. diesen Sockelbeitrag bezahlt, ob es ein kantonaler oder Februar. Da sind vor allem auch Kantone oder Bergkan- allenfalls ein regionaler, kommunaler Sockelbeitrag ist, tone, die genau die gleichen Probleme haben werden wie darüber dürfen wir uns dann sicher noch unterhalten. wir. Dort engagieren wir uns auch im Sinne für eine Von Grossrat Buchli und auch von Grossrat Kunz wurde Stützung der Hausärzte. der numerus clausus angesprochen und die Ausbildungs- Noch ein Hinweis: Bereits seit dem Jahr 2000, als einer situation. Das ist wirklich ein riesen Problem. Das wurde der ganz wenigen Kantone, unterstützen wir den ärztli- erkannt, das wurde bereits von den Gesundheitsdirekto- chen Notfalldienst durch frei praktizierende Ärzte, durch ren in der Konferenz mehrmals zum Thema gemacht und Gewährung von Beiträgen an die Ausbildung in der es wurde auch moniert. Aber auch hier bewegen wir uns Höhe von 2'000 Franken pro Grundkurs und 500 Fran- in einem Gebiet oder in einem Bereich, der unserer Zu- ken pro Refresherkurs. Zudem leisten wir eine Entschä- ständigkeit entzogen ist. Wir können Anliegen deponie- digung für die Dienstarztausrüstung in der Höhe von ren und ich möchte Ihnen die Zahlen nicht vorenthalten: jährlich 2'000 Franken pro Arzt. Das mag wenig sein, Für den Studienbeginn 2010/2011 haben die Universitä- aber wir versuchen im Rahmen unserer Möglichkeiten ten Bern, Zürich, Basel und Freiburg 2'651 Personen dies zu unterstützen. gemeldet für ein Medizinstudium, aber es stehen nur 653 Letztlich möchte ich darauf hinweisen, dass wir einen Studienplätze zur Verfügung. Das hat die Gesundheitsdi- sehr guten Kontakt mit dem Bündner Ärzteverein pfle- rektoren beunruhigt. Wir haben dieser Besorgnis auch gen und das Thema Hausarztproblematik oder Hausärz- Ausdruck gegeben, auch der Spitalverband h+, der Ver- temangel ist regelmässig bei uns auf der Traktandenliste. band der Hausärzte, warnen davor, weil man sagt, in der Nun unsere Möglichkeiten, das wurde von Grossrat Schweiz braucht man mindestens doppelt so viele Medi- Trepp angesprochen, auf kantonaler Ebene tätig zu wer- ziner, als derzeit ausgebildet werden. Wir sehen auch, den, sind doch etwas beschränkt. Denn die Politik läuft dass rund 1'300 ausländische Ärzte jedes Jahr in die auf Bundesebene. Auf Bundesebene wurden Entscheide Schweiz einwandern, Tendenz steigend. Nun, da kann gefällt, die alles andere als im Sinne einer Stützung der man sich zu Recht fragen: Sollten wir nicht diesen nume- Hausarztmedizin sind. Ich erinnere an die Labortarife, rus clausus aufheben oder aufweichen oder die Studien- um nur eins vorweg zu nehmen. Aber immerhin viel- plätze erhöhen? Immerhin, gestern wurde von der Regie- leicht ein Hoffnungsschimmer, Grossrat Trepp ist nicht rung Zürich vermeldet, dass man an der Uni Zürich nun so überzeugt, aber die Initiative „Ja zur Hausarztmedi- doch 20 Plätze mehr schaffe für das Medizinstudium pro zin“ wurde eingereicht. Der Bundesrat hat einen Gegen- Jahr. Nun, 20 Plätze, Sie sehen, das ist ein Tropfen auf vorschlag in die Vernehmlassung gegeben. Und wenn den heissen Stein. Wir gehen davon aus, dass aber die Sie sagen, wir haben uns noch nicht verlauten lassen zu anderen Universitäten, Bern und Basel, ihre Studienplät- diesem Gegenvorschlag oder zur Initiative, dann möchte ze moderat erhöhen. Aber das steht natürlich immer noch ich Sie darauf hinweisen, dass die Vernehmlassungsfrist in keinem Verhältnis zu den politischen Forderungen, erst am 6. Juli dieses Jahres abläuft. Wir werden also die von rund 400 zusätzlichen Plätzen für das Medizin- sicher auch noch zu Initiative und Entwurf Stellung studium sprechen. Also hier ist Handlungsbedarf. Wir nehmen. Immerhin, ich sage, immerhin kann man fest- sind bereits vorstellig geworden, Grossrat Kunz und stellen, dass der zuständige Bundesrat doch ein Sensori- Grossrätin Furrer. Wir versuchen im Rahmen unserer um entwickelt hat und realisiert hat, dass wir in diesem Möglichkeiten darauf einzuwirken. Es kann nicht sein, Bereich in der Grundversorgung, und das nicht nur in dass wir einen numerus clausus haben, obwohl wir inte- Graubünden, sondern vor allem überall in der Schweiz in ressierte Schweizerinnen und Schweizer hätten für ein ländlichen Regionen, dass wir hier ein Problem haben. Medizinstudium und dem gegenüber dann auf derart viel Und wir hoffen nun dennoch, dass entweder die Initiati- ausländische Kräfte aus diesem Sektor zurückgreifen. ve oder der Gegenentwurf hier allfällige Wege aufzeigt, Ich glaube, da ist wirklich Handlungsbedarf gegeben, nur
19. April 2011 751 leider haben wir nicht die Möglichkeit, darauf hinzuwir- grundlage für die "zwangsweise Erhältlichmachung" von ken. Ankerrechten. Dann noch die Anregung von Grossrat Kunz, dass man Aufgrund einer Analyse des einschlägigen Rechts (ZGB; diese Analyse noch vornehmen solle, wie die Maturitäts- EGzZGB; KRG) sowie der Rechtsprechung ist davon quote zu den Studienabschlüssen aussieht. Ich weiss, der auszugehen, dass eine solche Rechtsgrundlage derzeit Vorgänger von Martin Jäger, Claudio Lardi, hat einmal weder im öffentlichen Baurecht noch im privaten Nach- eine solche Liste erstellt. Ich habe die Zahlen leider nicht barrecht besteht. Zwar hat der Bündner Gesetzgeber im mehr präsent. Man hat bereits solche Fragen gestellt: Rahmen der Ausschöpfung der aus Art. 695 ZGB flies- Bilden wir im Kanton Graubünden richtig aus? Aber ich senden Gesetzgebungskompetenz in Art. 103 EGzZGB werde sicher diese Frage auch noch an den zuständigen bestimmt, dass der Nachbar dem Bauwilligen "das Betre- Departementsvorsteher weiterleiten. Es ist richtig, wir ten oder die vorübergehende Benützung seines Grund- müssen natürlich auf die Grundlagen setzen, damit dann stückes" zu gestatten hat, wenn dies für den Bauwilligen unsere Maturaabgänger auch wirklich zu einem Studium z.B. für die Errichtung oder Sanierung eines Gebäudes zugelassen werden und dieses auch abschliessen. unumgänglich ist (sog. "Hammerschlags-" oder "Leiter- Grossrat Augustin hat zu Recht darauf hingewiesen, die recht"). Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit Hausarztmedizin, die dürfte wirklich die günstigste einer analogen Norm eines anderen Kantons jedoch Medizin sein in unserem Kanton. Es stimmt auch, dass entschieden, dass die Einlassung von Erdankern nicht diese in Konkurrenz steht zu den Ambulatorien in den mehr unter dieses Hammerschlags- resp. Leiterrecht Spitälern. Nun, wie wir hier einen Weg finden, das dürf- subsumiert werden könne (BGE 5A_176/2009, E.5.4, te nicht ganz so einfach sein, weil, da haben Sie zu Recht vom 5. Juni 2009). Dieses berechtige den Bauwilligen darauf hingewiesen, da müssten sich auch die Spitäler lediglich dazu, das Nachbargrundstück etwa zur vorü- gewisse Überlegungen machen. Ich bin gerne bereit, bergehenden Lagerung von Baumaterialien und Bauma- über andere Lösungsansätze zu diskutieren, allfällige schinen oder zur Errichtung eines Gerüstes zu benützen, Taxwertpunktdifferenzierungen, sofern sie uns dann nicht jedoch auch zur Einlassung von Erdankern, selbst vorliegen und wir sie genehmigen dürfen, dann werden wenn diese nach Beendigung der Bauarbeiten wieder wir das gerne auch prüfen. Ich kann Ihnen nur versi- entspannt und entfernt würden. chern, wir haben das Problem erkannt. Wir sind seit Zu Punkt 2: längerem tätig in unserem Einflussbereich, aber es ist vor In einem zweiten Punkt, welcher ebenfalls eine Anfrage allem auch die nationale Politik, die in diesem Bereich darstellt, erkundigen sich die Auftraggeber danach, ob es aktiv werden muss. denn zulässig wäre, eine Rechtsgrundlage für Ankerrech- te neu zu schaffen. Standespräsidentin Bucher-Brini: Wird das Wort weiter- Erste Abklärungen haben ergeben, dass dies nicht ausge- hin noch gewünscht? Grossrat Niggli. schlossen ist. Zwar ist davon auszugehen, dass die Kan- tone die aus Art. 695 ZGB sich ergebenden Duldungs- Niggli-Mathis (Grüsch): Ich möchte mich ganz kurz pflichten des Nachbarn nur verdeutlichen, nicht aber fassen. Ich bin formell nicht sehr sattelfest im Umgang ausdehnen dürfen. Das ZGB kennt indessen noch weitere mit Anfragen. Ich habe es versäumt, die Anfrage zu Vorbehalte zugunsten des kantonalen Privatrechts (z.B. beurteilen. Ich bin zufrieden mit der Antwort. Ich möch- in Art. 686 Abs. 2 ZGB). Abgesehen davon kommt den te das zuhanden des Protokolls kurz sagen. Ich möchte Kantonen und Gemeinden eine allgemeine verfassungs- der Regierung ausdrücklich danken für Ihre Arbeit. mässige Kompetenz zum Erlass öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur Beschränkung des Grundeigentums zu. Standespräsidentin Bucher-Brini: Wird das Wort weiter- Zu Punkt 3: hin noch gewünscht? Nein. Dann kommen wir zum Der dritte Punkt des Vorstosses enthält den Auftrag, Auftrag Bondolfi betreffend Ankerrechte. Die Regierung eine Rechtsgrundlage für Ankerrechte zu schaffen, so- ist bereit, im Sinne der Ausführungen den Auftrag ent- fern dies rechtlich zulässig ist. gegenzunehmen. Sind Sie einverstanden Herr Bondolfi? Mit der Einführung des Instruments des Ankerrechts im Sinne des vorliegenden Vorstosses würde dem Nachbarn eine zusätzliche Duldungspflicht auferlegt, welche die Ausübung seiner eigenen Eigentumsrechte unter Um- ständen empfindlich einschränken könnte. Aus diesem Auftrag Bondolfi betreffend Ankerrechte (Wortlaut Grunde rechtfertigt sich die Schaffung einer Rechts- Oktoberprotokoll 2010, S. 207) grundlage für ein gesetzliches Ankerrecht nur, wenn dafür ein hinreichend gewichtiges öffentliches Interesse Antwort der Regierung geltend gemacht werden kann. Generell besteht ein öf- fentliches Interesse daran, dass eingezontes Bauland Der Auftrag thematisiert die Problematik der Baugru- auch effektiv überbaut wird resp. werden kann (Bau- bensicherung unter Verwendung von Erdankern. Soweit landverfügbarkeit, vgl. Art. 19 Abs. 2 KRG). Wenn man solche Anker in das Terrain von Nachbargrundstücken davon ausgeht, dass die Verweigerung von Ankerrechten hineinragen, bedarf die Bauherrschaft sog. Ankerrechte. im schlimmsten Fall zur Unüberbaubarkeit einer Bau- landparzelle führen kann, könnte die Einführung eines Zu Punkt 1: gesetzlichen Ankerrechts somit durchaus im öffentlichen In einem ersten Punkt erkundigen sich die Auftraggeber Interesse liegen. Wegen der gebotenen Zurückhaltung im Sinne einer Anfrage nach dem Bestand einer Rechts-
752 19. April 2011 beim Erlass neuer Reglementierungen rechtfertigen sich braucht, um auch den Teil, den er jetzt behandelt, abzu- indessen nur dann konkrete gesetzgeberische Aktivitä- schliessen. ten, wenn es gesamtkantonal häufig vorkommen sollte, dass Bauparzellen wegen verweigerten (oder zu teuren) Bondolfi: Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Regie- Ankerrechten unüberbaut bleiben resp. bleiben müssen. rungsrat, Sie können mir nicht genau sagen, wann diese Dies dürfte aber wohl eher selten sein, jedenfalls vergli- Vorschläge unterbreitet werden? chen mit den Fällen, in denen Baugrundstücke aus ande- ren Gründen, z.B. wegen Hortung, unüberbaut bleiben. Regierungsrat Trachsel: Ja, ich kann Ihnen nicht sagen, Gleichwohl will die Regierung das Bedürfnis näher dieses Jahr oder nächstes Jahr, weil der Bund ist jetzt an abklären und dem Grossen Rat gegebenenfalls entspre- der Gesetzesänderung und ich glaube, Sie sind mit mir chende Vorschläge unterbreiten, sei es im Rahmen der einverstanden, dass wir nicht nur wegen diesem Teil eine nächsten KRG-Revision, sei es im Rahmen einer Teilre- Revision des Raumplanungsrechtes machen, sondern vision des EGzZGB. dass wir das eben dann behandeln. Ich gehe davon aus, In diesem Sinne ist die Regierung bereit, den Auftrag der Bund wird innerhalb der nächsten zwölf Monate entgegenzunehmen. seine Gesetzgebung abgeschlossen haben und dann können wir starten. Bondolfi: Es kommt darauf an. Ich beantrage Diskussion. Bondolfi: Dann halte ich an dem ursprünglichen Text Antrag Bondolfi fest und beantrage, dass die Version, so wie ich sie vor- Diskussion geschlagen habe, überwiesen wird, dass der Auftrag nach meiner Version überwiesen wird. Standespräsidentin Bucher-Brini: Es wird Diskussion beantragt. Wer dieser zustimmen möchte, möge sich Antrag Bondolfi bitte erheben. Offensichtliche Mehrheit. Danke. Sie Der Auftrag sei im Sinne der Auftraggeber zu überwei- haben das Wort, Herr Bondolfi. sen. Abstimmung Standespräsidentin Bucher-Brini: Wird das Wort weiter- Diskussion wird mit offensichtlichem Mehr beschlossen. hin gewünscht? Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann stimmen wir ab. Der Erstunterzeichner möchte den Vor- Bondolfi: Die Regierung ist bereit, den Auftrag zu über- stoss, wie er ihn eingereicht hat, nach dem ursprüngli- weisen, was ja gut ist. In der Sache erlaube ich mir, chen Rahmen überweisen. Die Regierung, nach ihrem lediglich eine kurze, aber nicht unbeachtliche Präzisie- Sinne. Wer also dem ursprünglichen Vorschlag von rung. Mein Auftrag betrifft nur, aber immerhin, die Bondolfi zustimmen möchte, möge sich bitte erheben. sogenannten temporären Anker. Diese werden nach Gegenmehr im Sinne der Regierung? Sie haben den Baubeendigung wieder gelöst. Nicht betroffen sind hin- Auftrag Bondolfi nach Fassung von Grossrat Bondolfi gegen die dauernden Anker. Diese bedürfen des Ab- mit 55 zu 17 Stimmen überwiesen. schlusses eines Dienstbarkeitsvertrages und somit der ausdrücklichen Zustimmung des Nachbarn. Einen ge- Abstimmung setzlich durchsetzbaren Anspruch, auch für diese Art von Der Grosse Rat überweist den Auftrag in der ursprüngli- Ankern, begründen zu wollen, würde zweifelsfrei zu chen Fassung mit 55 zu 17 Stimmen. weit gehen und würde einen unverhältnismässig weiten Eingriff in die Eigentumsgarantie darstellen. Die Regie- Standespräsidentin Bucher-Brini: Wir kommen zum rung weist in ihrer Antwort darauf hin, sie werde im nächsten Vorstoss. Das ist ein Auftrag von Grossrätin Rahmen der nächsten Revision zum KRG oder zum EG Casanova betreffend Anerkennung des Bedarfs an fami- zum ZGB Vorschläge unterbreiten. Ich möchte gerne lienergänzenden Kinderbetreuungsangeboten durch die wissen, wann dies geschehen wird. Gemeinden. Die Regierung beantragt Ihnen, den Auftrag nicht zu überweisen. Es erfolgt Diskussion. Standespräsidentin Bucher-Brini: Weitere Wortmeldun- gen? Nicht gewünscht. Herr Regierungsrat. Regierungsrat Trachsel: Ich bin natürlich mit Grossrat Auftrag Casanova-Maron betreffend Anerkennung Bondolfi einverstanden. Es geht hier nur um temporäre des Bedarfs an familienergänzenden Kinderbetreu- Anker. Definitive Anker, hat er zu Recht gesagt, das ungsangeboten durch die Gemeinden (Wortlaut Okto- wird nicht möglich sein. Bei der Raumplanungsgesetzes- berprotokoll 2010, S. 206) revision hängt es jetzt davon ab, wie schnell der Bund seine Revision macht. Es ist klar, sobald die Raumpla- Antwort der Regierung nungsrevision im Bundesrecht abgeschlossen ist, müssen wir unser kantonales Recht entsprechend anpassen und Das Gesetz zur Förderung der familienergänzenden in diesem Zuge werden wir es machen. Ich kann Ihnen Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (Gesetz; BR aber noch nicht sagen, wie lange der Bund, der ja doch 548.300) regelt die Mitfinanzierung von Angeboten für schon einige Zeit am Raumplanungsrecht dran ist, noch Kinder im Vorschulalter und für schulpflichtige Kinder
19. April 2011 753 ausserhalb der obligatorischen Unterrichtszeit durch die schafts- und Sozialpolitik unter Berücksichtigung der Gemeinden und den Kanton. Für die Förderung der wirtschaftlichen und arbeitsmarktlichen Erfordernisse. familienergänzenden Betreuung im Sinne einer moder- Aus Sicht der Regierung ist eine Revision des Gesetzes nen Familien-, Gesellschafts- und Sozialpolitik unter zur Mitfinanzierung der Angebote zur Verbesserung der Berücksichtigung der wirtschaftlichen und arbeitsmarkt- Planungssicherheit nicht zielführend. Aus den dargeleg- lichen Erfordernisse (Familienpolitik) sprechen primär ten Gründen ist die Regierung gegen eine Revision des folgende Gründe: Gesetzes über die Förderung der familienergänzenden 1. Die Anzahl der Kinder, die sich selber überlassen Kinderbetreuung im Kanton Graubünden und beantragt bleiben und somit in ihren Entwicklungsmöglichkeiten dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag nicht zu gefährdet sind, wird verringert und für Kinder, die in überweisen. schwierigen Verhältnissen leben, sind zusätzliche soziale Kontakte besonders wichtig. Casanova-Maron: Ich danke der Regierung für Ihre 2. Bessere Existenzsicherung für Familien und weniger Antwort. Obschon die Regierung eine Revision des öffentliche Unterstützung. Gesetzes über die Förderung der familienergänzenden 3. Der Arbeitsmarkt in der Schweiz ist in zunehmen- Kinderbetreuung ablehnt, könnte die vorliegende Ant- dem Masse auf das Know-How und das berufliche En- wort doch bereits etwas Klärung in Bezug auf die ge- gagement der Frauen angewiesen. stellten Fragen bringen. Ziel und Zweck der familiener- Im Familienbericht Graubünden (Botschaft der Regie- gänzenden Kinderbetreuung sind für mich ebenso un- rung an den Grossen Rat, Heft Nr. 15/2002-2003) wurde bestritten wie die beabsichtigte Wirkung. Es geht darum, das Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsfä- den Handlungsspielraum der Gemeinden in Bezug auf higkeit sei zu verbessern, erneut bestätigt. die Anerkennung des Bedarfs zu klären. Es kann nicht Laut Art. 4 des Gesetzes legen die Gemeinden den Be- sein, dass Eltern, Anbieter oder Gemeinden die Klärung darf an familienergänzenden Kinderbetreuungsangeboten dieser politischen Frage letztlich durch das Verwal- in Zusammenarbeit mit den anerkannten Anbietern fest. tungsgericht vornehmen lassen müssen. Bis am 31. Mai des Vorjahres reichen die Gemeinden die Die Konzeption der Finanzierung der familienergänzen- Ergebnisse der Bedarfsplanung für das folgende Jahr den Kinderbetreuung beruht, kurz zusammengefasst, auf dem kantonalen Sozialamt ein (Ausführungsbestimmun- folgenden Grundsätzen: Die Gemeinden sind nicht für gen Art. 3). Damit kann die Mitfinanzierung ordentlich das Angebot zuständig. Angebote sollen aufgrund priva- budgetiert werden, aber nachträgliche Bedarfsmeldungen ter Initiative zustande kommen. Die Gemeinden legen erschweren die Planung der Mitfinanzierung. zusammen mit den Anbietern den Bedarf fest. Dabei ist Grundsätzlich ist mittelfristig mit weiterem Wachstum der gemeldete Bedarf massgeblich, welchen die Ge- des Bedarfs zu rechnen. Die Altersstruktur der betreuten meinden anerkennen, und das, geschätzte Damen und Kinder lässt noch keine Austritte erwarten und die An- Herren, ist der Knackpunkt der Auslegung dieses Geset- schubfinanzierung des Bundes ist bis Ende 2015 verlän- zes. Nämlich dieser Art. 4, der, man höre und staune, in gert worden. Nachträgliche Meldungen entstehen haupt- der damaligen Diskussion bei der Verabschiedung des sächlich durch eine gemeindeüberschreitende berufliche Gesetzes durch den Grossen Rat nicht diskutiert wurde Mobilität junger Familien, Umzügen zwischen Gemein- und demzufolge das Protokoll keinen Aufschluss darüber den im Kanton, Zuzügen aus anderen Kantonen und die gibt, welche Meinung denn der Grosse Rat zu diesem in der Privatsphäre erfolgende Familienplanung. Die Punkt genau hatte. Die weiteren Grundsätze sind: Die Festlegung des Bedarfs aufgrund dieser Meldungen hat Regierung legt die Anzahl der beitragsberechtigten im Sinne der vom Grossen Rat beschlossenen modernen Betreuungsplätze aufgrund des von den Gemeinden Familienpolitik zu erfolgen. anerkannten Bedarfs fest und Einkommen und Vermö- Der Grosse Rat hat sich bei der Ausgestaltung der Finan- gen der Eltern sind zwar massgebend für den zu bezah- zierung für einen Sockelbeitrag von Kanton und Ge- lenden Tarif, nicht aber für die Anerkennung des Be- meinden entschieden, ungeachtet der wirtschaftlichen darfs. Ebenso nicht von Belang für die Anerkennung des Leistungsfähigkeit der Eltern. Demzufolge dürfen Ent- Bedarfs ist der Umfang der Erwerbstätigkeit der Eltern. scheide betreffend Festlegung des Bedarfs nicht auf die Deshalb kommt der Datenschutzbeauftragte des Kan- Erwerbstätigkeit, das Einkommen oder das Vermögen tons, wie die Regierung in ihrer Antwort ebenfalls fest- der Erziehungsberechtigten abgestützt werden. Nach hält, zur Auffassung, den Gemeinden und dem Kanton Angaben des kantonalen Datenschutzbeauftragten ist das stünden subjektiv orientierte Informationen wie Ein- Einholen von subjektorientierten Angaben wie Einkom- kommen, Vermögen oder Beschäftigungsumfang nicht men, Vermögen sowie Beschäftigungsgrad der Erzie- zu und auf diese dürfte bei der Festlegung des Bedarfs hungsberechtigten durch den Kanton und die Gemeinden nicht abgestellt werden. In der Antwort der Regierung nicht zulässig. Will eine Gemeinde die Festlegung des auf Seite 2, letzter Satz des mittleren Abschnittes, wird Bedarfs abgesehen von der ausgewiesenen Nachfrage nun Folgendes ausgeführt, ich zitiere: „Will eine Ge- steuern, ist es ihre Sache, geeignete Kriterien zu definie- meinde die Festlegung des Bedarfs, abgesehen von der ren oder Anträge für zusätzliche Plätze zu verweigern. ausgewiesenen Nachfrage, steuern, ist es ihre Sache, Die Regierung anerkennt die für die Gemeinden und den geeignete Kriterien zu definieren oder Anträge für zu- Kanton derzeit bestehenden Herausforderungen für die sätzliche Plätze zu verweigern.“ Seit der Publikation der Planung der Beiträge für die Mitfinanzierung der Ange- Antwort der Regierung ist grosse Verunsicherung bei bote. Sie verfolgt weiterhin die Zielsetzungen der vom den Kinderkrippen, aber auch bei den Gemeinden aufge- Grossen Rat beschlossenen modernen Familien-, Gesell- treten. Aus diesem Grund möchte ich diese Aussage
754 19. April 2011 interpretieren und dann den Herrn Regierungsrat bitten, gierung nimmt im Sinne der Ausführungen den Antrag eine Protokollerklärung dazu abzugeben. Ich interpretie- entgegen. Ich frage Grossrat Koch an: Sind Sie damit re diese Aussage folgendermassen: Die geplanten Stun- zufrieden? den für bestehende Betreuungsverhältnisse sind von den Gemeinden uneingeschränkt zu akzeptieren. Über allfäl- lige zusätzliche Betreuungsstunden als Planungsspiel- raum und über den nachträglich gemeldeten Bedarf an Fraktionsauftrag FF betreffend Bewerbung für familienergänzender Kinderbetreuung entscheiden die Olympische Winterspiele (Erstunterzeichner Koch Gemeinden individuell, jedoch unter Beachtung der [Landquart]) (Wortlaut Oktoberprotokoll 2010, S. 205) generellen gesetzlichen Zielsetzung. Darf ich Herrn Regierungsrat Trachsel bitten, zuhanden des Protokolls Antwort der Regierung zu erklären, ob diese Auslegung der Antwort der Regie- rung entspricht? Die Schweiz konnte 1928 und 1948 in St. Moritz Olym- pische Winterspiele durchführen. Seither wurden ver- Standespräsidentin Bucher-Brini: Weitere Wortmeldun- schiedene Anstrengungen für Kandidaturen in der gen? Ist nicht gewünscht. Herr Regierungsrat. Schweiz unternommen, die alle bei den Entscheidungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) oder Regierungsrat Trachsel: Ich glaube, Sie können zuerst in vorherigen Volksabstimmungen scheiterten. Die letz- einmal feststellen, das Modell für familienergänzende ten Kandidaturen wurden 2001 bei Swiss Olympic von Kinderbetreuung im Kanton Graubünden ist ein Er- den Städten Davos und Bern eingereicht. An der Kandi- folgsmodell. Das ist insofern nicht selbstverständlich, datur Davos 2010 waren die Orte beziehungsweise Regi- weil die Verhältnisse ja in unserem Kanton sehr unter- onen Bülach, Chur, Davos, Einsiedeln, Flims/Laax, schiedlich sind: Hier im Bündner Rheintal, urbaner Kloten, Lenzerheide, St. Moritz und Zürich beteiligt. Als Raum mit städtischen Verhältnissen, bis in die Seitentä- Host City bewarb sich Davos. Am 5. September 2001 ler, wo Sie ganz andere Verhältnisse vorfinden. Und entschieden sich die Delegierten von Swiss Olympic - wenn ich mich so herumhöre, ist man eigentlich mit dem entgegen dem Antrag des Exekutivrates - der Kandidatur heutigen Angebot zufrieden. Wir sehen auch, dass die Bern den Vorzug zu geben. In einer Volksabstimmung Plätze jährlich wachsen. Es ist so, dass damals im Gesetz hat die Bevölkerung des Kantons Bern die Unterstützung klar festgelegt wurde im Art. 4, Frau Grossrätin Casano- dieser Kandidatur abgelehnt. va hat ihn zitiert, dass die Gemeinden den Bedarf festle- In den letzten vier Jahren haben diverse Regionen unse- gen in Zusammenarbeit mit den anderen. Das war der res Landes bei Swiss Olympic das grundsätzliche Inte- Gedanke, dass die Gemeinden, die ja letztlich neben dem resse an einer zukünftigen Kandidatur für Olympische Kanton bezahlen, ihr Recht haben, hier mitzusprechen Winterspiele in der Schweiz angemeldet. Swiss Olympic und dass sie nicht einfach Angebote bezahlen müssen, hat eine Task Force beauftragt, entsprechende Vorabklä- die Dritte festlegen. Das war der Grundgedanke. Frau rungen zu treffen, und entschieden, die Idee einer Kan- Casanova hat das aber richtig gesagt, in den Protokollen didatur weiterzuverfolgen. Sie hat verschiedene Regio- findet man keine Auslegung zu diesem Artikel und dar- nen schriftlich eingeladen, bis Mitte November 2010 um kam Ihre Frage. Und ich kann Ihnen bestätigen: Wir Swiss Olympic mitzuteilen, ob bei ihnen das Interesse an sind auch Ihrer Meinung, dass es so ist, wie Sie gesagt einer Kandidatur vorhanden sei. haben, dass die geplanten Stunden für bestehende Die Regierung des Kantons Graubünden hat an ihrer Betreuungsverhältnisse von den Gemeinden zu akzeptie- Sitzung vom 31. August 2010 diese Anfrage positiv zur ren sind, die sind bekannt. Man kann nicht plötzlich Kenntnis genommen und das Departement für Volks- einer Familie sagen: Sie können nächstes Jahr aus Spar- wirtschaft und Soziales beauftragt, mit den Bündner gründen Ihr Kind nicht mehr in eine Krippe bringen. Gemeinden der Kandidatur Davos 2010 abzuklären, ob Dass aber zusätzliche Betreuungsstunden, die nicht sie grundsätzlich bereit sind, an einer neuen Kandidatur budgetiert sind, auch nachträglich gemeldet werden, dass für Olympische Winterspiele mitzuarbeiten. die Gemeinde hier individuell entscheiden kann unter Die fünf angefragten Bündner Gemeinden haben ihr Beachtung der gesetzlichen Zielsetzung. Wir sind mit grundsätzliches Interesse an einer Kandidatur bzw. ihre dieser Interpretation einverstanden. Bereitschaft bekundet, sie zu prüfen. Die Regierung hat von diesen positiven Antworten Kenntnis genommen Casanova-Maron: Ich möchte aufgrund dieser Proto- und mit Regierungsbeschluss vom 2. November 2010 kollerklärung in Absprache mit den Mitunterzeichnerin- Swiss Olympic das Interesse des Kantons Graubünden nen und Mitunterzeichnern den Auftrag zurückziehen. an einer Kandidatur für Olympische Spiele mitgeteilt. Ich bin für einmal zufrieden mit dem Spatz in der Hand Parallel dazu hat der Bundesrat am 1. September 2010 in und lasse die Taube auf dem Dach. der Antwort auf die Anfragen von Nationalrat Tarzisius Caviezel zu Olympischen Winterspielen in der Schweiz Casanova-Maron zieht den Auftrag zurück geantwortet, dass die Schweiz je nach Rahmenbedingun- gen in der Lage sei, Olympische Winterspiele zu organi- Standespräsidentin Bucher-Brini: Somit lassen wir die sieren; dass eine Kandidatur von Swiss Olympic, der Taube auf dem Dach und der Vorstoss ist zurückgezo- Wirtschaft, von Bund, Kantonen und Gemeinden von gen. Wir kommen zum Fraktionsauftrag der FF betref- Anfang an gemeinsam getragen werden müsse; dass fend Bewerbung für Olympische Winterspiele. Die Re- sportliche Grossanlässe das Image eines Staates positiv
19. April 2011 755 beeinflussen würden; dass für Stimmbürgerinnen und sich nebst dem positiven Image ergeben, liegen auf der Stimmbürger ein plausibles Kosten-Nutzen-Verhältnis Hand. Wichtige Investitionen in Infrastrukturprojekte aufgezeichnet werden müsse, bestehende Infrastrukturen wie Verkehr oder auch IT-Infrastruktur, mit der Er- zu nutzen und Investitionen unter der Optik der Nachhal- schliessung z.B. von Glasfaser, wie wir das heute Mor- tigkeit zu tätigen seien. gen diskutiert haben, werden forciert. Von diesen Inves- Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nach Rücksprache mit dem titionen profitiert unser Kanton auch noch lange nach Präsidenten von Swiss Olympic, Jürg Schild, nicht erfor- allfälligen Winterspielen. derlich, ein Dossier zu erarbeiten oder mit weiteren Ich teile die Meinung, dass die Sportler wieder in den Kantonen und Gemeinden ausserhalb von Graubünden Vordergrund gerückt werden sollten. Die Olympischen Kontakt aufzunehmen und Zusammenarbeitsabsichten zu Spiele sollten wieder zu ihrem Ursprung zurückfinden. vereinbaren. Es besteht somit noch kein Dossier, welches Aber die Diskussion haben nicht wir, sondern andere dem Grossen Rat offen gelegt werden könnte. Sollte es Gremien zu führen. Wir durften den Medien erfreuli- zu einer Schweizer Kandidatur mit massgeblicher Betei- cherweise entnehmen, dass diese Diskussion geführt ligung Graubündens kommen, wird der Grosse Rat mit wird. einer Botschaft über die Teilnahme zu entscheiden ha- Was mir in der Antwort der Regierung fehlt, ist ihre ben. aktive Rolle in den ganzen Vorbereitungen und Diskus- Die Regierung ist bereit, im Sinne dieser Ausführungen sionen. Auf diese Rolle wurde in der Antwort der Regie- den Antrag entgegenzunehmen. rung nicht oder nur marginal eingegangen. Dass die Regierung hier nicht aktiver informiert und z.B. über das Koch (Igis): Da ich über mindestens einen Antrag aus Grobkonzept oder den Besuch Ende Januar in Bern der Ratsmitte informiert bin, wünsche ich Diskussion. informiert hat, lässt auch Zweifel an der Informationspo- litik aufkommen, zumal gerade dies mit dem Auftrag Antrag Koch gefordert wurde. Erlauben Sie mir hier eine Frage: Ist die Diskussion Regierung bereit, zukünftig aktiver zu diesem Thema zu informieren? Die Zeit hat hier jedoch auch einiges zu Standespräsidentin Bucher-Brini: Es wird Diskussion Tage gebracht. Wir begrüssen die aktuelle Entwicklung beantragt. Wer dieser zustimmen möchte, möge sich und sind in Anbetracht der Tatsache, dass eine Arbeits- bitte erheben. Eine Mehrheit. Danke. Herr Koch. gruppe, die vom Dachverband im Januar gestellten Fra- gen fristgerecht beantwortet hat, bereit, den Auftrag im Abstimmung Sinne der Regierung zu überweisen und möchten uns für Diskussion wird mit offensichtlichem Mehr beschlossen. die nun aktive Rolle der Regierung bedanken und hoffen zukünftig auf eine wohlwollende Informationspolitik. Koch (Igis): Ich danke der Regierung für Ihre Antwort und die Aufarbeitung der Geschichte auf den in der Hartmann (Champfèr): Als Olympiakind der Olympiade Oktobersession 2010 eingereichten Auftrag der Freien 1948 in St. Moritz kann ich das Vorgehen der Regierung Fraktion. Wir sind grundsätzlich mit der Antwort der voll unterstützen und bin auch der Meinung, dass Grau- Regierung zufrieden. Mit dem Auftrag ging es der Freien bünden solang als möglich am Ball bleiben muss, nach- Fraktion vor allem darum, Licht ins Dunkle zu bringen dem der Sportminister, Herr Bundesrat Ueli Maurer, und und den Anschluss gegenüber anderen Kantonen oder Swiss Olympic eingesehen haben, dass für eine Kandida- Regionen nicht zu verpassen sowie die Diskussion um tur nur eine Schweizer Kandidatur erfolgreich sein kann. Olympische Spiele zu forcieren. Unserer Meinung nach Auch die Rahmenbedingungen müssen von Anfang an ist dies gelungen und kann als durchaus positiv bewertet klar sein, wie sie vom Sportminister und Swiss Olympic werden. Es ist klar, ein solches Projekt findet immer gestellt sind, nämlich weisse Spiele, einfache Spiele, Gegner. Hier jedoch, wie schon einmal, eine grundsätzli- zurück in Wintersportorte, kurze Wege, Entwicklungs- che Volksabstimmung zu fordern, ohne jegliche Ideen, perspektiven, Sicherheit, ökologisch finanzielle Folgen, Konzepte, Pläne oder gar Kosten vorlegen zu können, ist Nachhaltigkeit und Kostentransparenz. meiner Ansicht nach gar weit hergeholt. Ein solches Und nun die Stimme aus St. Moritz: Der St. Moritzer Anliegen hat dieser Rat zum Glück in einem weisen Gemeindevorstand ist bereit, unter diesen Voraussetzun- Entscheid bereits schon einmal abgelehnt. Denn wie soll gen mitzumachen. Ebenfalls wurde der St. Moritzer ohne eine fundierte Basis ein Abstimmungskampf ge- Gemeinderat darüber informiert sowie die Gemeindeprä- führt werden, meine Damen und Herren? sidenten des Oberengadins. Am 1. April hat Swiss-Ski Es gibt nur sehr wenige Länder weltweit, welche in einen Projektleiter eingestellt. Am 3. November wird das einem solchen Ausmass mit Wintersport in Verbindung Sportparlament den Entscheid fällen: Kandidatur ja/nein gebracht werden wie die Schweiz. Die vergangenen und in welchem Ort. Anschliessend finden Gemeindeab- Olympischen Winterspiele in der Schweiz haben dazu stimmungen in St. Moritz/Davos statt. Sicher wird es sicherlich einen enormen Beitrag geleistet, führt man auch zu einer kantonalen Abstimmung in Graubünden sich als Beispiel nur die Entwicklung von St. Moritz kommen. Ich teile das Vorgehen der Arbeitsgruppe vom innerhalb der vergangenen 100 Jahre vor Augen. Ich bin Initianten Nationalrat Tarzisius Caviezel, Regierungsrat überzeugt davon, dass dies zu unserem Status als Top- Hansjörg Trachsel, Gemeindepräsident St. Moritz Sigi Urlaubsdestination beigetragen hat. Jetzt einfach so Asprion, Landamman Hans Peter Michael, Davos, Gau- salopp alles zu verwerfen oder eine Chance zu verpas- denz F. Domenig, Projektleiter Graubünden, und Hugo sen, wäre gar etwas kurzsichtig. Die Vorteile, welche Wetzel, Präsident Tourismusorganisation Engadin St.
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