Herzpatient Katze Die Hypertrophe Kardiomyopathie - Aktuelles zur häufigsten Herzerkrankung der Katze Von Dr. Ralf Tobias

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Herzpatient Katze Die Hypertrophe Kardiomyopathie - Aktuelles zur häufigsten Herzerkrankung der Katze Von Dr. Ralf Tobias
Herzpatient Katze
Die Hypertrophe Kardiomyopathie –
Aktuelles zur häufigsten Herzerkrankung der Katze

Von Dr. Ralf Tobias                                 Kardiomyopathien der Katze
                                                    1 Primäre
                                                      a Hypertrophe Kardiomyopathie
Herzerkrankungen bei der Katze spielen im             b Dilatative Kardiomyopathie
tierärztlichen Alltag eine zunehmende Rolle.          c Restriktive Kardiomyopathie
                                                      d	Arrhythmogene rechts­ventrikuläre
In Deutschland leben ca. 7,5 Mio. Katzen.                Kardiomyopathie
                                                      e	Persistierende Moderatorband
Damit ist sie das beliebteste Haustier und macht         Kardiomyopathie
16,7 % Anteil an den in Menschenobhut gehaltenen      f	Nicht klassifizierbare
                                                         Kardiomyopathie
Tieren aus. Dicht gefolgt auf Platz 2: der Hund,    2 Sekundäre
                                                      a	Nutritiv (z. B. Taurinmangel)
mit 16,6 % (www.rankaholics.de). Zum Vergleich:       b	Metabolisch (Hyperthyreose,
In den USA leben ca. 90 Mio. Hauskatzen.                 Akromegalie)
                                                      c	Infiltrativ (neoplastisch)
                                                      d	Inflammatorisch
                                                         (Toxine, infektiöses Agens)
Abb. 1 Röntgenbild einer Europäischen Kurz-           e	Toxisch (z.B. Arzneimittel­
haarkatze, 3 J., w., latero-lateraler Strahlen-          intoxikation: Doxorubicin)
gang: Kardiomegalie mit Vergrößerung der
Atrien und leichter Kongestion.
Sonographischer Nachweis hypertrophierter
Ventrikelmuskeln und AV-Klappeninsuffizienz.

                                                                 hundkatzepferd 06|08
Herzpatient Katze Die Hypertrophe Kardiomyopathie - Aktuelles zur häufigsten Herzerkrankung der Katze Von Dr. Ralf Tobias
kardiologie
                                                                                                            Portrait einer herzgesunden
                                                                                                            Maine-Coon-Katze nach der
                                                                                                                         routinemäßigen
                                                                                                           Zuchtuntersuchung auf HKM.

Pontius et al. (2007) [1] identifizieren das Katzengenom auf 20.285    der Scheidewand im Ausflusstrakt der linken Herzkammer führen
Gene. Katzen können von 250 verschiedenen Erbkrankheiten be­           zu einer obstruktiven hypertrophischen Kardiomyopathie (oHKM),
troffen sein, eine davon ist die primäre Hypertrophe Kardiomyo­        die mit einem Anstieg der Blutfließgeschwindigkeit in der Aorta
pathie (HKM). Dass Herzerkrankungen der Katze im tierärztlichen        einhergeht. Diese macht durch ein an die Aortenstenose erin­
Alltag eine zunehmende Bedeutung haben, dokumentieren Zah­             nerndes crescendo-decrescendo-Geräusch aufmerksam. Zu einem
len aus wissenschaftlichen Arbeiten, die in den letzten Jahren pu­     holosystolischen Herzgeräusch kommt es auch, wenn die
bliziert wurden. Sowohl Fox und Bond (1984) [2] haben in 12 %          Mitralklappen­segel durch eine systolische Vorwärtsbewegung des
der Fälle obduzierter Katzen eine HKM nachweisen können, als           septalen Segels Raum für einen Refluxjet in das linke Atrium frei­
auch klinische Beobachtungen von Cotê et al. (2004) [3] verzeich­      geben. Dies wird u. a. ermöglicht durch eine nachlassende Papil­
nen steigende Zahlen von Katzen mit Herzgeräuschen und/oder            larmuskelspannung auf die Chordae tendineae und einen Venturi-
bildgebend nachgewiesenen krankhaften Herzveränderungen.               Effekt [4].
Anlass genug, die Erkrankung und ihre Diagnosemöglichkeiten
vorzustellen.                                                          Die Katze ist kein
                                                                       „einfacher“ Herzpatient
Was ist HKM?
                                                                       Die Dispositionsliste für HKM wird angeführt von der Europä­
Die Hypertrophe Kardiomyopathie (HKM, engl.: hypertrophic car­         ischen Kurzhaarkatze (Hauskatze), Maine Coon, British Shorthair,
diomyopathy/hcm) ist gekennzeichnet durch eine Muskelverdi­            Ragdolls, Waldkatzen, aber auch Perser, Rex und Burma sind be­
ckung, insbesondere des linken Ventrikels ohne Anzeichen einer         troffen. Kater scheinen häufiger betroffen zu sein als Katzen. Die
Dilatation mit eingeschränkter Füllung. Häufig ist das linke Atrium    extreme Varianz des Auftretens über die gesamte Lebensspanne
im vorangeschrittenen Stadium dilatiert.                               lässt schwer einschätzen, in welchem Alter mit dem Auftreten ty­
    Man unterscheidet eine primäre von ­einer sekundären Form.         pischerweise zu rechnen ist. Ein weiterer schwieriger Aspekt feli­
Letztere hat i.d.R. humorale/metabolische Ursachen (Hyperthyre­        ner Kardiopathien ist die Erkennung früher – auf die Krankheit
ose) oder ist Folge einer anderen Grunderkrankung (Niereninsuf­        hinweisender – Symptome. Der spontane Herztod zählt zu den am
fizienz, ­feline Hypertonie).                                          häufigsten berichteten Sensationen. ­Atmung mit geöffneter Mund­
    Die primäre Form kann genetische Ursachen bzw. Rassedispo­         höhle nach und bei Belastung sowie Lethargie, Inappetenz und
sitionen zur Ursache haben. Katzenrassen, die besonders häufig         Gewichtsverlust sind unspezifische Hinweise auf das mögliche
mit HKM auffallen, sind europäisch Kurzhaarkatzen (Hauskatzen),        Vorliegen einer HKM. Für die Patientenbesitzer sichtbare abdomi­
Maine Coon, Ragdolls, Waldkatzen, British Shorthair, Perserkatzen,     nale Dyspnoe tritt erst im Terminalstadium der Erkrankung auf. In
seltener wird sie bei Orien­talisch Shorthair, Siamkatzen oder Abes­   dieser Situation finden sich neben Lungenkongestion auch Pleura­
siniern diagnostiziert. Letztlich nimmt aber auch die Verbreitung      erguss und Liquidothorax. Neben Stauungstranssudat wird auch
bzw. Beliebtheit einer Rasse die Häufigkeit des Auftretens und         häufig ein Chylothorax gefunden. Husten zählt – anders als bei
Verteilungsmuster einer Erkrankung mit.                                Mensch und Hund – nicht zu den sicheren Symptomen einer de­
    Die Myokardverdickung kann fokal an der Herzspitze begin­          kompensierten Herzinsuffizienz der Katze! Besonders auffällig
nen und sich über die Papillarmuskeln über Hinterwand und Sep­         sind die klinischen Folgen einer Thrombembolie: Hier kann es zu
tum vollständig ausbreiten. Der Zeitraum kann sich über Jahre          einer Paraplegie kommen, sofern die Aufzweigung der Aorta die
hinziehen, aber auch innerhalb weniger Monate sich zu einem            Lokalisation des abgespülten Blutgerinnsels ist. Der perakute Ver­
klinisch eindrucksvollen Bild entwickeln. Fokale Verdickungen          lust der Kontrolle über die minderdurchbluteten Hintergliedmaßen

hundkatzepferd 06|08                                                                                                                     
Herzpatient Katze Die Hypertrophe Kardiomyopathie - Aktuelles zur häufigsten Herzerkrankung der Katze Von Dr. Ralf Tobias
Abb. 2      Zweidimensionales Echokardiogramm einer British              Abb.3      Farbkodiertes Dopplersonogramm (links) und konventio-
           Shorthair Katze, 3 J., w.                                                neller Doppler (Continous-Wave-Dopppler) über der
Hypertrophie des linken und rechten Ventrikelmyokardiums.                           Mitralklappe einer Europäischen Kurzhaarkatze, 5 J., m.
LV = linker Ventrikel, RV = rechter Ventrikel, IVS = interventrikuläres   systolischer Regurgitationsjet bis zum Vorhofdach mit 5 m/sec
Septum, LVPW = linksventrikuläre posteriore Wand, MV = Valva mitralis,    Fließgeschwindigkeit.
LA = linkes Atrium, Ao = Aorta, RA = rechtes Atrium

wird häufig auch von einer anfänglichen lauten Schmerzäußerung            denerhöhungen, ST-Senkungen und Frequenzerhöhungen (Cave
durch die Katze begleitet. Nach dem ersten Schock sind die Tiere          Tachykardien > 200/min) erste sensible Hinweise auf eine Kardio­
nur auffällig durch den Verlust der Kontrolle über ihre Nach­             pathie geben. Schweregradabhängig ist die Dokumentation von
hand.                                                                     Herzrhythmusstörungen. Supra- und ventrikuläre Arrhythmien so­
   Der möglichst frühzeitigen diagnostischen Entdeckung des po­           wie Tachykardien werden genauso beobachtet wie Schenkelblock­
tenziellen Herzpatienten kommt gerade bei den Katzen eine be­             bilder. Die Aussagekraft des Röntgenbildes ist ebenfalls stark
sondere Bedeutung zu!                                                     schweregradabhängig. Erst in fortgeschrittenen Stadien lassen sich
                                                                          Veränderungen der Herzsilhouette feststellen, z.B. atriale Vergrö­
Was läuft schief bei der HKM?                                             ßerung (Abb. 1), die typische „Herzform“ in der dorso-ventralen
                                                                          Projektion, eine Verschattung des Thorax durch Flüssigkeitsan­
Die HKM ist eine diastolische Dysfunktion des Herzens mit zuneh­          sammlungen.
mendem Verlust adäquater Ventrikelrelaxation. Es kann zu reflek­
torischen Tachykardien kommen. Durch den erhöhten enddiasto­              Mittel der Wahl zur Diagnose ­einer
lischen Druck erhöht sich folglich auch der atriale und                   Kardiomyopathie ist die Echokardiographie
pulmonalvenöse. Die Folgen sind Stauungserscheinungen im klei­
nen und später auch großen Kreislauf. Thrombembolie infolge               Standard ist die transthorakale Anschallung des Patienten von der
Blutstase in dilatierten Vorhöfen und der spontane Herztod sind           rechten und linken Thoraxwand aus. Im zweidimensionalen Bild
die „worst-case“ Entwicklungen der Erkrankung.                            lassen sich fokale oder globale Hypertrophien des Myokardiums,
                                                                          meist des linken Herzens feststellen (Abb. 2). Isolierte Hypertro­
Was ist diagnostisch zu tun?                                              phien betreffen häufig die Herzspitze, die Papillarmuskeln und das
                                                                          proximale Septum mit folglicher Verengung des linksventrikulären
Aufgrund der schwierigen Erkennbarkeit durch den Tierbesitzer,            Ausflusstraktes. In diesem Fall kann auch ein SAM-Phänomen be­
ob ein Tier erkrankt ist oder nicht, kommt weiterführenden                obachtet werden, bei dem es sich um eine systolische Vorwärtsbe­
­Untersuchungstechniken eine große Bedeutung zu. Betroffene               wegung des Mitralklappenrings handelt, was zur Freigabe eines
 Katzen können in der Routineuntersuchung als augenscheinlich             Vitiums und einer Regurgitation in das linke Atrium führt (Abb. 3).
 gesund vorgestellt werden und bei der Auskultation unauffällig           In fortgeschrittenen Fällen können Blutgerinsel im Bereich der
 sein. Bei ursächlich unklaren Todesfällen im verwandtschaftlichen        Atrien und Herzohren (Abb. 4), als auch Ergüsse in den Herzbeu­
 Umfeld der Tiere und bei disponierten Rassekatzen, die zur Zucht         tel (Abb.4) oder den Pleuralraum angetroffen werden.
 eingesetzt werden sollen, empfiehlt sich eine echokardiogra­                 In der Time-Motion-Mode-Messung werden standardisiert die
 phische Vorsorgeuntersuchung. Fällt das klinisch asymptomatische         Durchmesser der Scheidewand und Hinterwand sowie die Kam­
 Tier in der Auskultation mit einem Herzgeräusch oder Arrhyth­            mergröße diastolisch und systolisch ermittelt. Derzeit gelten dias­
 mien und Galopprhythmus auf, ist in jedem Fall eine klärende             tolische Myokardwandstärken ab 6 mm als hypertrophiert. Darü­
 Echokardiographie anzuraten.                                             ber hinaus werden die Atrien vermessen und deren Durchmesser
    Während das EKG eine auswertbare Dokumentation der Herz­              in Relation zum Aortendurchmesser gesetzt.
 frequenz und des Herzrhythmus ermöglicht, können Amplitu­

                                                                                                                     hundkatzepferd 06|08
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kardiologie

Abb. 4      Zweidimensionales Echokardiogramm einer                     Abb. 5      Zweidimensionales Echokardiogramm im
            Europäischen Kurzhaarkatze, 6 J., w.                                      Gewebedopplermodus eines Maine Coon-Katers, 2 J.
Hypertrophie der Muskulatur des linken Ventrikels (LV). Im linken Bild-   Hypertrophie des linken Ventrikelmyokardiums und Vergrößerung
rand ist ein anechogener Saum eines Perikardergusses zu erkennen.         des linken Atriums. LV = linker Ventrikel, LVPW = linksventrikuläre
Im vergrößerten linken Atrium (LA) befindet sich entlang der posteri-     posteriore Wand, MV = Valva mitralis, LA = linkes Atrium,
oren atrialen Wand ein Thrombus, von den Mitralklappensegeln bis zum      RA = rechtes Atrium
Vorhofdach ziehend.

    Für die Größenermittlung der Papillarmuskeln gibt es kein             Wert der Genteste und definiert die Echokardiographie als Gold­
standardisiertes Verfahren. Sie unterliegt, wie die Erkennung der         standard in der Untersuchung auf HKM.
fokalen Hypertrophien, der Erfahrung des Untersuchers.                          Zurzeit werden Erfahrungen mit kardialen Biomarkern, allen
    Die Dopplersonographie (konventionell, farbkodiert, ggf. auch           voran ANP- und BNP-Derivate, gesammelt [6, 7]. Die Natriupeptide
Gewebedopplerverfahren Abb. 3, 5), klären das Vorhandensein                 werden aus der Vorhof- und Ventrikelwand freigesetzt, sobald ein
von Klappenvitien und helfen bei der Druckgradientenermittlung            erhöhter Wandstress vorliegt. Das Verfahren ist der Humanmedizin
zwischen den Kompartimenten. Hieraus ergeben sich i.d.R. thera­           entlehnt: Notfallpatienten mit akuter Dyspnoe werden im Kran­
pierelevante Entscheidungsgrundlagen.                                       kenhaus in der Notaufnahme auf ihren BNP-Spiegel untersucht um
    Der Blutdruckmessung kommt eine nicht zu unterschätzende              eine rasche Differenzierung kardialer oder respiratorisch bedingter
Bedeutung in der Differentialdiagnose primärer und sekundärer Hy­         Dyspnoe treffen zu können und weitere Diagnostik/Therapie ziel­
pertrophie zu. Dies betrifft auch labor­diagnostische Untersuchungen.     gerichtet und rasch einzuleiten. Da der Test in der Tiermedizin
Zum einen lässt sich serologisch zuverlässig eine ­ Hyperthyreose         nicht als Schnelltest zur Verfügung steht, ist diese klassische Indi­
abgrenzen, zum anderen gibt es ein Gentestverfahren, das hinsicht­        kation verwehrt. Erste Erfahrungen beim Hund zeigen gewisse
lich seiner Aussagekraft nicht unumstritten ist.                          Korrelationen zwischen NTpro-BNP-Serumspiegeln und kardial
    Für Maine-Coon-Katzen ist ein autosomal dominanter Erbgang            ­bedingter Dekompensation. Faktoren, die den Natriupeptidspiegel
und variierende Penetranz einer Mutation im kardialen Myosin-              falsch positiv beeinflussen können, sind – neben erhöhten Harn­
binding – Protein C3-Gen (MYBPC3) nachgewiesen. Der analogen               stoff/Kreatininspiegeln – auch Stress und einige Kardiotherapeuti­
HKM-Erkrankung des Menschen liegen bis zu 100 Mutationen zu­                ka, wie Herzglykoside und ß-Blocker. Erhöhte Natriupeptidspiegel
grunde, was Anlass zu Spekulationen bietet, wie umfassend die              sollten daher kritisch bezüglich dieser Einflussfaktoren hinterfragt
Erkrankung bei den Katzen genetisch verankert ist. Die Aussage             werden. Schlussfolgernd sollte bei einem erhöhten Spiegel als
des Testes ist: negativ, positiv heterozygot oder positiv homozygot.       „Dominostein-Effekt“ immer eine Sonographie des Herzens
Der Praxisalltag zeigt, dass sonographische und Gentestuntersu­            ­folgen!
chungen in ihrem Ergebnis unterschiedlich ausfallen können. Es                  Weitere Forschung und Prüfung wird zeigen, ob ANP-/BNP-
stellt sich die Frage: Ab wann wird ein Gentest-positives Tier auch         Derivate sinnvoll sind als mögliche Frühindikatoren für das Vorlie­
phänotypisch positiv? Und: Ist ein sonographisch positives Tier im          gen einer felinen hypertrophischen Kardiomyopathie – gerade bei
Gentest negativ, haben die testbaren Gene jene Expressionspower,            asymptomatischen Tieren!
die man ihnen unterstellt oder liegen sekundäre Ursachen für die
morphologischen Veränderungen zugrunde? Eine Frage, die durch             Wie verläuft eine
die Arbeitsgruppe Kardiologie der Fachgruppe Kleintierkrank­              hypertrophische Kardiomyopathie?
heiten der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e.V. bei
der Auswertung von Datenmaterial bei 150 Maine-Coon-Katzen                Der Krankheitsverlauf ist individuell sehr unterschiedlich und
diskutiert wurde.                                                         schweregradabhängig. Ein stabiler und langsam progredienter Ver­
    Eine im Februar dieses Jahres vorgestellte Untersuchung der           lauf über einige Jahre ist möglich, insbesondere sofern eine opti­
LMU München (Schinner et al.2008) [5] bestreitet den prädiktiven          male therapeutische Einstellung erfolgt ist. Dennoch muss mit
                                                                          einem spontanen Herztod bei dieser Erkrankung immer gerechnet

hundkatzepferd 06|08                                                                                                                           
Herzpatient Katze Die Hypertrophe Kardiomyopathie - Aktuelles zur häufigsten Herzerkrankung der Katze Von Dr. Ralf Tobias
kardiologie
                                                                                 eingabe durch Pilleneingeber, schmackhafte Trägerstoffe wie
                                                                                 Fisch- und Käse- oder Vitaminpasten.
                                                                             Aufgrund der überwiegenden diastolischen Dysfunktion ist die In­
                                                                             dikation für positiv inotrope Kardiotherapeutika über die längste
                                                                             Phase der HKM-Erkrankung nicht gegeben. Der günstige Einfluss
                                                                             der ß-Blocker auf die Verlängerung der Diastole und der Beein­
                                                                             flussung des Druckgradienten zwischen Aorta und linken Ventrikel
                                                                             macht sie zu einem verbreiteten Therapeutikum bei HKM. Die Vor-
                                                                             und Nachlastsenkung mit ACE-Hemmern ist ebenfalls ein etablier­
Dr. Ralf Tobias mit dem Cavalier-King-Charles-Spaniel Dandy und de-          tes Therapiekonzept bei HKM. Insbesondere in der Kombination
ren Besitzerinnen während der kardiologischen Sprechstunde.                  mit Diuretika sind sie bei Stauungspatienten anderen Therapeutika
Ralf Tobias studierte Veterinärmedizin an der Tierärztlichen Hoch-           überlegen hinsichtlich Lebensqualität und -zeit [8]. Bedacht wer­
schule Hannover mit folgender Promotion und Assistenzzeit an der hie-        den muss ihre Kontraindikation bei obstruktiven hypertrophischen
sigen Kleintierklinik unter Prof. Dr. Ingo Nolte. Dort war er schwerpunkt-   Kardiomyopathien. Aufgrund der bis zu dreimal täglichen Gabe
mäßig in der Poliklinik/Kardiologie tätig und etablierte die                 und der schweren Dosierbarkeit deutscher Tablettenformulie­
Echokardiographie. Seit über 10 Jahren betreibt er Deutschlands erste        rungen sind Kalziumkanalblocker in ihrem Einsatz weniger gewor­
Überweisungspraxis für Veterinärkardiologie in Hannover. Darüber hin-
aus ist er international aktiv in der Lehre/Fort- und Weiterbildung zum
                                                                             den. Bei dem Einsatz von Diuretika (in der Regel kommen Schlei­
Thema Kardiologie, Vorsitzender der AG Kardiologie der DGKT-DVG und          fendiuretika zum Einsatz) sollte - insbesondere bei längerfristiger
Mitglied des Collegium Cardiologicum e.V. sowie internationaler Organi-      Gabe - auch der Elektrolythaushalt des Patienten kontrolliert wer­
sationen. Darunter auch Förderung von Schutzprojekten bedrohter Tier-        den.
arten, insbesondere Geparden. Dr. Tobias hat zahlreiche Publikationen            Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer fin­
zum Thema Kleintierkardiologie und -sonographie veröffentlicht, zuletzt
                                                                             den ihre Indikation bei positivem Thrombusbefund. Die Effektivi­
mit den Kollegen Marianne Skrodzki und Matthias Schneider das erste
komplexe Fachbuch zum Thema Kleintierkardiologie in Deutschland ver-         tät dieser Therapien bei Thrombuspatienten fällt allerdings indivi­
öffentlicht. In Vorbereitung befindet sich ein Beitrag für das Standard-     duell unterschiedlich aus.
werk der Tierphysiologie gemeinsam mit Prof. Harmeyer zum Thema              > www.kardio-vet.de
Herz.

werden. Zeigen die Katzen Stauungssymptome, die neben dem
Lungenödem meist auch einen Erguss in die Brusthöhle bedeutet,
                                                                                                         take home
so verschlechtert sich die Prognose deutlich. Wird eine atriale Ver­            Die Hypertrophe Kardiomyopathie ist die häufigste Herzer-
größerung bei den Patienten festgestellt, empfiehlt sich eine regel­            krankung der Katze. Sie kann u. a. auf einem Gendefekt be-
mäßige sonographische Kontrolle, ob sich im Vorhof oder den                     ruhen, aber auch Folge anderer Grunderkrankungen sein (z.
Herzohren ein Thrombus entwickelt. In fortgeschrittenen Stadien                 B. Hyperthyreose). Die Erkrankung kann über das gesamte
endet die HKM nicht selten mit einer Thrombembolie, bei der                     Katzenleben zur Expression kommen. Klinische Symptome
häufig eine Okklusion der Aortenaufzweigung stattfindet mit ent­                werden meist erst in einem späten Stadium der Erkrankung
weder einseitiger Paralyse oder Parese der Hintergliedmaßen.                    sicher interpretiert. Bereits im Verdachtsfall ­sollte eine Katze
                                                                                weiterführender Diagnostik unterzogen werden. Der Gold-
Welche therapeutischen ­Optionen gibt es?                                       standard der Diagnostik ist die Echokardio­graphie.

                                                                             Literatur
Im Vorfeld der Therapieentscheidung einer Katze mit HKM sind
                                                                             [1] Joan Pontius (National Cancer Institute, Frederick) et al. (2007): Genome Research, Band
durch den Tierarzt mit den Patientenbesitzern einige katzenty­                   17, Seite 1675
pische Eigenheiten abzuklären:                                               [2] Bond B.R. und Fox P.R. (1984): Advances in Feline Cardiomyopathy . J VetClin North Am,
1.)	Ist das Tier ein Freigänger oder wird die Katze nur im Haus                  14:1, 023-1 038

    gehalten? Trifft Ersteres zu, muss kalkuliert werden, ob die The­        [3] Coté E. et al. (2004): Assessment of the prevalence of heart murmurs in overtly healthy cats,
                                                                                  JAmVetMedAssoc, 225, 384-388
    rapie regelmäßig effektiv durchgeführt werden kann. Es sollte
                                                                             [4] Skrodzki, M. und R.Tobias (2008): Hypertrophe Kardiomyopathie (HKM) und obstruktive
    ein Arzneimittel gewählt werden, dass 24 Stunden wirksam und                  Hypertrophe Kardiomyopathie (oHKM). In: Tobias, R., Skrodzki, M. und Schneider, M.:
    somit nur einmal täglich zu geben ist.                                        Kleintierkardiologie Kompakt. Schlütersche Verlagsbuchhandlung, Hannover. 214-217
                                                                             [5] C. Schinner, K. Weber, K. Hartmann, G. Wess (2008): GENETISCHE ASSOZIATION DER
2.)	Kann man der Katze Tabletten sicher eingeben oder könnte
                                                                                  A31P- UND A74T-POLYMORPHISMEN MIT DER FELINEN HYPERTROPHEN KARDIOMYO-
    eine flüssige Arzneimittelform Vorteile haben?                                PATHIE BEI DER MAINE COON, 16. Jahrestagung der FG Innere Medizin und klinische La-
3.)	Wird das Herzmedikament über das Futter gegeben (ggf. muss                   bordiagnostik der DVG , InnLab 02. Februar 2008
                                                                             [6] D.J. Connolly, R.J. Soares Magalhaes, H.M. Syme, A. Boswood, V. Luis Fuentes, L. Chu, and
    eine Resorptionsbeeinträchtigung oder -unbedenklichkeit je
                                                                                  M. Metcalf (2008): Circulating Natriuretic Peptides in Cats with Heart Disease, J Vet Intern
    nach Wirkstoff überprüft werden): Wieviel andere Katzen sind                  Med ;22:96–105
    noch im Haushalt und könnten unbeabsichtigt den Wirkstoff zu             [7] Y. Hori, S. Yamano, K. Iwanaga, T. Kano, M. Tanabe, M. Uechi, K. Kanai, R. Nakao, F. Ho-
                                                                                  shi, and S. Higuchi (2008): Evaluation of Plasma C-Terminal Atrial Natriuretic Peptide in
    sich nehmen?                                                                  Healthy Cats and Cats with Heart Disease,
4.)	Compliance-stärkende Maßnahmen sollten bereits im Vorfeld                    J Vet Intern Med ;22:135–139
    der Therapieverordnung diskutiert werden: Deutlichmachung,               [8] Fox PR, for the Multicenter Feline Chronic Heart Failure Study Group (2003): Prospective,
                                                                                 double-blinded, multicenter evaluation of chronic therapies for feline diastolic heart failu-
    dass es sich um eine Dauertherapie handelt, die einer Kontrol­               re: Interim analysis. J Vet Int Med 17:398
    le unterliegen muss; Erleichterungsmöglichkeiten der Wirkstoff­

10                                                                                                                                          hundkatzepferd 06|08
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