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Pressefoto 2017: Doktor der Herzen Medientage: Mentee auf der Bühne DJV-Verbandstag: Charmeoffensive FREItag: Tipps für den Berufsalltag Ausgabe 6/2017 www.bjv.de / www.djv.de Hinschauen, mitreden, zuhören Einblicke ins Betriebsratsbüro
Pressestellen A bis Z im BJVreport Ab Seite 22 finden Sie die Einträge von Pressestellen aus den Bereichen Bildung/Wissenschaft (BW), Messen/Ausstellungen (MA), Finanzen (F), Versicherungen (V), Energie (E), Verkehr (VK), Unternehmen (U), Kammern (K), Verbände (VB), Soziales/Kirche (SK): A F swa Stadtwerke Augsburg AFAG Messen und Flughafen München (VK) Holding (E) Ausstellungen (MA) AOK Bayern (V) G/H T/U AUDI (U) GVB Genossenschaftsverband Thüga (E) Bayern (F) TÜV Rheinland (U) B/C Hanns-Seidel-Stiftung (BW) TUM Technische Universität Bauindustrie Bayern/ München (BW) Bayerischer I/J/K Bauindustrieverband (VB) V Interhyp Gruppe (F) Bayerische VAG Verkehrs- Landesärztekammer (K) Aktiengesellschaft (VK) L/M Bayerische VdK Bayern Sozialverband (SK) LEONI (U) Landeszahnärztekammer (K) Versicherungskammer Bayern (V) LEW Lechwerke (E) Bayerischer Gemeindetag (VB) VGN Verkehrsverbund LMU Ludwig-Maximilians- Bayerischer Jagdverband (VB) Universität München (BW) Großraum Nürnberg (VK) Bayerngas (E) Bayernhafen Gruppe (VK) N W Bayernwerk (E) N-ERGIE (E) wbg Nürnberg Immobilien (U) BayWa (U) NÜRNBERGER bbw Bildungswerk der Bayerischen Versicherungsgruppe (V) Wirtschaft (BW) NürnbergMesse (MA) Bischöfliche Aktion Adveniat (SK) BMW Group (U) O/P/R OMV Deutschland (U) D DIEHL Diehl Stiftung (U) S Dank auch den Sonderinserenten: DRÄXLMAIER Group (U) Sparkassenverband Bayern (F) • AOK StWN Städtische Werke E Nürnberg (U) • Akademie der Bayerischen Erdgas Schwaben (E) Süddeutscher Verband Presse E-T-A Elektrotechnische reisender Schausteller und • Presse-Versorgung Apparate (U) Handelsleute (VB) (Versorgungswerk der Presse) Kontaktbörse „Pressestellen“ Die Rubrik „Pressestellen“ im BJVreport ist ein gern genutzter „Treffpunkt“ für Kammern, Verbände, Organisationen, Dienstleister und Unternehmen aus vielen Bereichen, die regelmäßige und fundierte Pressearbeit betreiben. Nutzen Sie diese Kontaktbörse, alle zwei Monate, ein ganzes Jahr lang für nur 1350,– EUR inkl. Gestaltung und zzgl. MwSt. Das Medienmagazin BJVreport erscheint 6 x jährlich, jeweils zur Monatsmitte im Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember • Anzeigenschluss vier Wochen vorher • Mediadaten unter www.bjv.de • Planung/Abwicklung: Mediasüd, Robert Macher, Telefon 0 91 81 / 29 99-477, Fax 0 91 81 / 29 99-479, robert.macher@mediasued.de
Inhalt Wichtiger denn je Kaleidoskop 4 Medienköpfe „Mehr Demokratie wagen“: Als Willi Brandt 5 Social Media auf Papier 1969 Bundeskanzler wird, gilt dieses Moto für ihn auch in der Wirtschaft. 1976 ist das „Ge- Verband setz über die Mitbestimmung der Arbeitneh- 6 „Fotografie ist ein Moment“ mer“ auf den Weg gebracht. Gut vier Jahr- Ein Gespräch mit Fotograf Wolf Heider-Sawall zehnte danach gibt es in rund 26.000 deut- 7 Pressefoto Bayern und Unterfranken 2017 schen Unternehmen Betriebsräte mit 180.000 gewählten Vertretern. Deren Arbeit ist jedoch 15 Standpunkt: Wütende Klicks und keine Diskussion oft alles andere als leicht. Gleichzeitig sind Be- Titel Michaela Schneider triebsräte in einer immer komplexer werden- Leitende Redakteurin den Arbeitswelt wichtiger denn je. In unserer 16 „Oft Kampf gegen Windmühlen“ Foto: Günter Schneider Herausforderungen für Betriebsräte heute Titelstrecke schauen wir auf neue Herausfor- 19 Supergremium ohne Superkräfte derungen – zum Beispiel auch im Konzernbetriebsrat. Ein Betriebsseel- Konzernbetriebsräte und die Alternativen sorger gibt Tipps zum Umgang mit Konflikten und Stress. Wir blicken 20 Betriebsratswahlen – so geht’s auf die Betriebsratswahlen 2018. Kandidaten erwünscht! Ab Seite 16 21 „Bleib gut drauf!“ Wie die Betriebsseelsorge Betriebsräte unterstützt „Ein Großer Teil der Fotografie ist Psychologie“, sagt Wolf Heider-Sa- wall, Gewinner des Wettbewerbs Pressefoto Bayern 2017. Im Interview 22 Pressestellen spricht er über politische Fotografie und seinen Berufsalltag. Seite 6 Medienszene Das Ausbildungsradio musste zum 1. September die UKW-Frequenz 28 M94.5: Digital geht’s weiter an Rockantenne abgeben, seither sendet afk M94.5 nur noch im Kabel 29 Antrag Presseausweis 2018 und Web – mit Ausnahme einer zweistündigen Sendung auf Rock- antenne via UKW. Auch am Ausbildungskonzept ändert sich einiges, Verband wie der neue Programmleiter Klaus Kranewitter erzählt. Ab Seite 28 31 Solidarität ist kein Witz Auf ein Wort mit Michael Busch Aileen Gonda will erreichen, dass der BJV in Zukunft verstärkt bei 32 Aus dem Verbandsleben jungen Leuten und in den Studiengängen wahrgenommen wird. Und 34 Fit gemacht für die Zukunft das ist nur eines der Ziele der Vorsitzenden der BJV-Fachgruppe jun- Notizen vom FREItag der Fachgruppe freie Journalisten ge Journalistinnen und Journalisten. Seite 42 36 Bayerische Charmeoffensive DJV-Verbandstag im unterfränkischen Würzburg Unser Titelbild 38 „Ich will kein Oberlehrer sein“ Ein Mentor und sein Mentee inspirieren sich gegenseitig Sie halten sich Augen, Ohren und Mund zu – 39 Die Gallier schließen Frieden die berühmten drei Affen aus Fernost. Wäh- 40 „Und dann kam Trump“ Der BJV bei den Münchner Medientagen rend sie dort sinnbildlich über das Schlechte 42 „Langweilige Vorträge gibt es im Studium genug“ weise hinwegsehen, wurde das Bild im Westen Serie Innenleben: die Fachgruppe Junge und ihre Ideen negativ umgedeutet und steht für mangelnde Zivilcourage, Passivität und Meinungslosig- Service keit. Warum aber immer alles gleich ins Nega- 44 Recht Matthias Becker tive deuten? Unser Fotograf Matthias Becker Selfie: Matthias Becker Neue Urteile zur Tätigkeit von Betriebsräten ist bei der Gestaltung des BJVreport-Covers 45 Rezensionen den umgekehrten Weg gegangen: Er lässt drei Kollegen lieber ganz ge- 46 Technik nau hinschauen, hinhören und lautstark mitreden im Unternehmen. Datensicherheit: Wie sich Basisschutz erreichen lässt Trotzdem machen wir – natürlich – kein Geheimnis daraus: Ein Be- 50 Termine triebsrätealltag kann hart und aufreibend sein, wie das Auftaktbild zur Titelstrecke auf Seite 16 veranschaulicht. Matthias Becker schloss zu- Zur Person nächst in Freiburg im Breisgau ein Studium der Forstwirtschaft ab, 51 Jubilare arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter und absolvierte dann ein 52 Nachrufe, Impressum Bildvolontariat bei der Allgäuer Zeitung. Seither arbeitet er dort als Fo- tograf, zurzeit in der Bildredaktion im Haupthaus in Kempten. An der Sagen Sie mal … Pressefotografie fasziniert ihn, sich innerhalb kürzester Zeit auf neue 53 „Beständigkeit kann nicht schaden“ Menschen, Umstände und Gegebenheiten einzustellen. Hansi Fischer muss Platz beim „Mittagsmagazin“ räumen BJVreport 6/2017 3
M e dien -Szene Ferdos Foruda- der Sport-Kommunikation zu stan (@ Sky und verantwortete von 2015 ff10623) wird an den Umbau des Pay-Senders von Januar zum frei empfangbaren Sportka- 2018 an die In- nal. Seine Aufgaben übernehmen nenpolitik der vorläufig Michael Pichler sowie Süddeutschen Sport-Chefredakteur Burkhard Zeitung leiten. Sie folgt auf Heri- Weber. bert Prantl, der beim Münchner Blatt ein neues Meinungsressort Maximilian aufbauen soll. Bis März war Fo- Sippenauer hat rudastan Sprecherin von Bundes- Während im Sommer 2016 fast alle Augen auf Donald Trump gerich- den „C. Bernd präsident Joachim Gauck. Die tet waren, schaute Mareike Kürschner (@KuerschnerM) nach Fernost. Sucher Preis studierte Politologin und Juristin, Die Nachwuchsreporterin, damals noch in der Ausbildung an der für Nach- 1960 als Tochter einer Deutschen Axel Springer Akademie, nutzte einen Asien-Urlaub für Recherchen wuchskritiker“ und eines Iraners in Freiburg im über den philippinischen Präsidenten Duterte, der gnadenlos Krieg erhalten, der Breisgau geboren, arbeitete jour- gegen die Drogenbanden in seiner Inselrepublik führt. Kürschners im November in München zum nalistisch für verschiedene Medi- Reportagedebüt („Einer von 7600“, bjvlink.de/kürschner), veröffent- ersten Mal verliehen wurde. Der en (unter anderem taz, WDR) licht in der Welt am Sonntag, beeindruckte auch die Jury des Hel- Preis ist nach dem früheren The- und ist Theodor-Wolff-Preisträ- mut-Stegmann-Preises. Markus Hack, Schatzmeister des BJV, der das aterkritiker der Süddeutschen gerin. Preisgeld stiftet, überreichte der Gewinnerin beim Festakt in Mün- Zeitung benannt und mit 3000 chen symbolisch den Scheck. Foto: Ulf Froitzheim Euro dotiert. Sippenauer, 1987 in Ulla Drewitz, 51, erst seit Januar Roth geboren, studiert Theater-, Redaktionsleiterin der Bravo, wird Vize-Vorstandschef und soll Ehren ihres verstorbenen Film- Film- und Fernsehkritik an der wechselt, auf „persönlichen die Kontinuität im Konzern nach kritikers Michael Althen. Bayerischen Theaterakademie Wunsch“ zu Bauers Frauenmaga- Ebelings Abgang sichern. August Everding und schreibt frei zin Joy. Dort wird sie Vize von Rudolf Thie- für unter anderem Spex und SZ. Nadine Nordmann, die wiederum Timo Lokoschat (@Lokoschat) ist mann, Verleger bis Ende 2016 Bravo-Chefin war. nach anderthalb Jahren beim der katholi- Sibylle Haas ist seit November Drewitz’ Posten beim Jugendma- Spiegel wieder auf dem Sprung. schen Libori- neue Teamleiterin der Landkreis- gazin übernimmt ihre bisherige Der leitende Redakteur von us-Gruppe redaktion Bad Tölz-Wolfratshau- Stellvertreterin Yvonne Hucken- Spiegel Daily hat gekündigt, um ( B ay e r i s c h e s sen der Süddeutschen Zeitung. holz, 37. Neue Bravo-Vize-Chefin von Januar 2018 an in Berlin Sonntagsblatt) Die 56-Jährige kam 1999 zur SZ wird Claudia Lück, 53, bisher Edi- eine „neue Aufgabe“ zu über- in vierter Generation, wurde ein- und arbeitete viele Jahre als Re- tor-at-Large. nehmen. Laut Meedia könnte er stimmig ins Amt des VDZ- dakteurin in der Wirtschaftsre- das Team von Julian Reichelt bei Präsidenten gewählt. Die Wahl daktion. Nach einem dreijähri- Thomas Ebe- Bild verstärken. Erst im August war notwendig, weil Vorgänger gen Ausflug als freigestellte ling, 58, und 2016 hatte Lokoschat die Chef- Stephan Holthoff-Pförtner in die Betriebsrätin, davon zeitweise als Fotos: Paulus Ponizak, Vargas, Matthias Garvelmann, Boris Trenkel, Dirk Bruniecki ProSiebenSat.1 position bei der Münchner NRW-Politik ging. Thiemann, Vorsitzende, kehrte sie im Mai werden von Abendzeitung aufgegeben, um in 1955 in Hamm geboren, ist pro- 2017 in die Redaktion zurück. Februar 2018 Hamburg die digitale Tageszei- movierter Jurist und VDZ-Vize an vorzeitig tung des Spiegel aus der Taufe zu seit 1997. Ebenfalls neu im Präsi- Nina Ruge (@ getrennte heben. dium der zuletzt im Streit ge- NinaRugeLive) Wege gehen. Der Vorstandsvor- schrumpften Zeitschriftenverle- rollt den Roten sitzende des Medienkonzerns, Lara Fritzsche (@larafritzsche) ist gerlobby: Burda-Vorstand Teppich für seit 2009 im Amt, hatte noch ei- für ihr Porträt der Autorin und Philipp Welte und Konradin-Ver- Prominente nen Vertrag bis Mitte 2019, geriet Filmemacherin Helene Hege- legerin Katja Kohlhammer. jetzt im Auf- aber zuletzt massiv in die Kritik mann mit dem „Michael-Althen- trag des wegen schlecht laufender Ge- Preis für Kritik“ ausgezeichnet Dirk Grosse (@mfg1111) hat Sky Münchner People-Magazins Bun- schäfte und fragwürdiger Äuße- worden. Die gebürtige Kölnerin, Sport News HD mit unbekanntem te aus. Seit November führt die rungen über das eigene TV-Pub- Jahrgang 1984, arbeitet als Re- Ziel verlassen. „Mr. Doppelpass“, frühere ZDF-Journalistin („leute likum („ein bisschen fettleibig dakteurin beim SZ Magazin, in wie der 49-Jährige wegen seiner heute“) „Das Bunte-Gespräch“, und ein bisschen arm“). Conrad dem der prämierte Text erschie- langjährigen Tätigkeit als Redak- das wöchentlich als Podcast beim Albert (@conrad_albert), bisher nen ist. FAZ und FAS vergaben tionsleiter beim Sport1-Talk auch Amazon-Unternehmen Audible Vorstand für External Affairs, den Preis zum sechsten Mal zu genannt wird, kam 2011 als Chef angeboten wird. Senta Krasser 4 BJVreport 6/2017
Net z-Szene Grusel und Lob dasaltpapier.de, am besten als Newsletter abonnieren, Twitter: Manchmal gruselt es einen regel- @altpapier. recht, wenn man sieht, was Me- dien online so raushauen. Ja, ich Die besten Online- verwende diesen jargonhaften Stories und mehr Begriff hier bewusst. Gruselig Trotz qualitativ sehr guter Ange- war am 9. November eine Über- bote für Journalisten (zu nennen schrift bei Focus Online: „No- wären hier noch einige, etwa Die werktägliche Medienkolumne Das Altpapier ist zum MDR vemberpogrom sehr gut besucht“ umgezogen. Turi2, DWDL, Übermedien) und schrieben die Münchner Kolle- Screenshot: Thomas Mrazek, Bildrechte: COLLAGE MEDIEN360G/panthermedia/dpa/wdr einiger digitaler Werkzeuge ist es gen da. Stopp, genaugenommen mitunter schwierig, alles Rele- waren es gar keine Journalisten, auf Teufel komm raus, alles ande- Anbieter der werktäglichen Medi- vante auf dem Schirm zu haben, die das schrieben, denn es han- re ist offenbar zweitrangig. Dass enkolumne, das Gemeinschafts- wir wollen uns ja nicht zu Tode delte sich um eine Mitteilung ei- das Burda-Angebot immer wie- werk der Evangelischen Publizis- informieren, wie Postman schon ner norddeutschen Stadt. Seit der für negative Schlagzeilen tik (GEP), teilte den Machern mit, 1992 mahnte. Da trifft es sich August können bei Focus Online sorgt, wenn es um journalistische dass es diese professionelle Me- gut, wenn man auf ausgeruhtere, Local von jedermann Nachrich- Fehlleistungen geht, oder „Dau- dienschau fortan nicht mehr un- monatliche Formate zurückgrei- ten veröffentlicht werden. erkunde“ beim Deutschen Pres- ter dem Dach der GEP geben fen kann. Zum Beispiel auf den „Über 1100 Städte und Kommu- serat ist, scheint bei Burda nie- werde. Die Kollegen fanden bin- seit August angebotenen News- nen publizieren ihre Nachrichten manden zu stören. nen weniger Wochen eine neue letter der Kollegin Sonja Kaute, sowie ihre Amtsblattmitteilungen Heimat auf der Website des Mit- @sonjakaute. Die in der Online- bereits über Focus Online Local Bedenkenträger in teldeutschen Rundfunks (MDR). Redaktion der Oberpfalz Medien (…). Das sind im Monat mehr Redaktion unerwünscht Das Altpapier begleitet den Autor in Weiden tätige Diplom-Journa- als 22.000 Meldungen“, erklärte Auch im BJVreport berichteten seit seinem Start im Jahr 2000 listin berichtet über die vielfälti- die stellvertretende Chefredak- wir mehrfach über diese Miss- durch gute wie auch schlechte gen Entwicklungen des Digital- teurin Linda Hinz gegenüber stände (bjvlink.de/fol), unter an- (Medien-)Zeiten. Da ich nicht in journalismus. Die ersten drei dem Medienmagazin Meedia. derem im Beitrag „‚Bullshit im den Ruch eines Fanboys oder Ausgaben mit den „besten On- Und eine dieser Meldungen sei Sekundentakt’ gefällt bestens“. Im Lobhudlers verfallen möchte, sei line-Storys, Tool- und Lesetipps mit einer „missverständlichen Herbst 2014 erklärte hier Chefre- Wikipedia zitiert: „Das Altpapier zum Medienwandel“ haben mich Überschrift“ veröffentlicht wor- dakteur Daniel Steil, dass ihm gibt einen kommentierenden überzeugt: Gefällt mir! Abo un- den. Missverständlich für einige egal sei, was Medienjournalisten und weiterführenden, oft iro- ter: bjvlink.de/sonjakaute. Menschen war indes wenige Tage schreiben und dass er keine „Be- nisch verspielten Überblick über zuvor auch die Schlagzeile „DFB denkenträger“ in der Redaktion die Themen des Medienjourna- sollte Kapitel Jones beenden – brauche. Wichtig sei es nur, dass lismus.“ (bjvlink.de/altpapier). aber nicht, weil sie schwarz und man den Content mache, den die Kurzum: Das Altpapier ist ein Gezwitschert lesbisch ist“, moniert Meedia und User lieben, begründete Steil sei- sehr empfehlenswertes Angebot, Die Klammern hinter einigen erwähnt, dass es „erst einen Shit- ne Mission. Eine publizistische um sich gut aber auch unterhal- Namen sind die Twit- storm (benötigte), bevor die Re- Haltung, die sich zumindest auf tend, zuweilen mit Augen- ter-Adressen der Kol- daktion ihren Artikel abänderte dem Markt der Abrufzahlen be- zwinkern über die Medienent- legen beziehungswei- und sich schließlich entschuldigt währt hat – da spielt Focus On- wicklungen zu informieren. Und se Medien. Bereits über 4700 hat“ (bjvlink.de/focus17). line immer ganz oben mit. Leid keine Angst, die Kollegen berich- Nutzer folgen übrigens dem BJV Das Magazin sucht übrigens tun dabei die Kollegen, die unter ten auch unter der Obhut des bei Twitter: @bjvde. noch Mitstreiter, die Registrie- diesem Quotendiktat trotzdem MDR weiterhin kritisch über rung sei in wenigen Minuten er- noch versuchen, sauberen Jour- den öffentlich-rechtlichen Rund- Der BJV ist zudem täglich ledigt: „Sie wollten schon immer nalismus zu produzieren. Eini- funk. Dass man sich hier keine für Sie im Netz: bjv.de, mal Local-Reporter werden? Auf gen Ex-Mitarbeitern ist es übri- Blöße gibt, ist überlebenswichtig. facebook.com/bjvde und Focus Online Local haben Sie die gens peinlich, dass sie jemals für Hier geht es zu Das Altpapier: am Freitag bjv.de/newsletter. Möglichkeit dazu.“ Von welt- dieses Burda-Angebot gearbeitet fremden Dingen wie Qualifikati- haben. Der Autor onen oder gar Bezahlung ist frei- Ins Lamento des Untergangs des Thomas Mrazek (@tmrazek) arbeitet als freier Jour- lich nicht die Rede (bjvlink.de/ „Qualitätsjournalismus“ verfielen nalist und Dozent in München, er betreut die focus-local). Bei Focus Online im Sommer auch nicht die Hand- Netzaktivitäten des BJV; thomas-mrazek.de. setzt man seit Jahren konsequent voll Autoren des Angebots Das Foto: Günter Distler auf Reichweite und gute Quoten Altpapier. Denn die bisherigen BJVreport 6/2017 5
Verband „Fotografie ist ein Moment“ Ein Gespräch mit Wolf Heider-Sawall, Gewinner des Wettbewerbs Pressefoto Bayern 2017 Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r Karl-Theodor zu Guttenberg kehrt am 30. Schwer zu sagen. Manchmal meint man vorsichtiger. Prominente wissen, wie gefähr- August 2017 in Kulmbach auf die politische als Fotograf, man hat ein tolles Foto gemacht, lich Bilder für sie werden können. Einen Text Bühne zurück. Es ist der erste von mehreren und bekommt dann kaum Resonanz. Ein an- vergisst man schneller, die Erinnerung an ein Auftritten für die CSU im Bundestagswahl- deres Mal ist man selbst nicht recht zufrieden Foto bleibt. kampf. Über 1000 Menschen befinden sich in und bekommt jede Menge positive Rückmel- der überhitzten Stadthalle, darunter auch der dung. Zum Wettbewerb hatte ich eine Serie Unter den fast 1000 eingereichten Bildern be- freie Münchner Fotograf Wolf Heider-Sawall. mit fünf Bildern eingereicht und sehe das fand sich beim Wettbewerb Pressefoto Bayern Er fotografiert im Auftrag von Bunte. Eines Foto eher im Kontext. Auf einem Bild jubeln kein einziges Foto von Kanzlerkandidat Mar- der Bilder, das dort entsteht, kürte die Jury die Leute und Guttenberg beschwichtigt. Auf tin Schulz. Woran liegt das Ihrer Meinung des Wettbewerbs Pressefoto Bayern nun zum einem anderen Bild faltet er die Hände, hält nach? Pressefoto des Jahres 2017. Ein Gespräch mit die Augen geschlossen und wirkt, als wolle er Allein von politischer Fotografie kann ein dem 61-Jährigen über seine Arbeit und über um Verzeihung bitten. Auf Bild drei hält er freier Fotograf heute nicht mehr leben. Re- politische Fotografie. seine Rede, Bild vier ist das Gewinnerfoto daktionen schicken manchmal noch eigene und auf Bild fünf verlässt Guttenberg mit ei- Fotografen zu politischen Ereignissen, meist Herzlichen Glückwunsch, Herr Heider-Sawall, nem Bier in der Hand die Bühne. Das Gewin- veröffentlichen sie Bilder von Agenturen. An zum Pressefoto Bayern 2017! Sie erzählen, nerbild bietet viel Raum für Interpretation: wen wollen Sie da Fotos von einer Veranstal- Fotografieren war in Kulmbach gar nicht so Guttenberg hat es – oder auch ist – geschafft tung wie dem Guttenberg-Auftritt noch ver- einfach. Warum? im positiven wie negativen Sinne. kaufen? Dadurch ist die politische Fotografie Wolf Heider-Sawall: Danke! Das Medien- eintönig geworden. Früher versuchten Me- interesse war riesig, die Halle besetzt bis auf Sie haben sich viele Jahre mit der politischen dien, ihre eigenen Motive zu finden, heute den letzten Platz – und es gab keine speziellen Fotografie auseinandergesetzt. Welche Aufträ- werden überall die gleichen Bilder gedruckt. Plätze für Fotografen. Ich sollte für die Bunte ge sind Ihnen in besonderer Erinnerung geblie- Bilder von Guttenberg, seiner Frau, seinem ben? Sie haben sich unter anderem auf Reportagen Vater machen. Man kam kaum durch, musste Natürlich mein erster politischer Termin. und die Porträtfotografie spezialisiert. Hier sich durch die Menschenmenge zwängen. Diesen machte ich für eine Agentur im Jahr fotografieren Sie auch viele Prominente. Bei 1988. Franz Josef Strauß lag bereits in der manchem Termin haben Sie nicht länger als Aber das Pressefoto des Jahres ist doch erst spä- Klinik in Regensburg, seine Kinder trafen zehn Minuten Zeit. Wie kann in so kurzer Zeit ter entstanden und zeigt Guttenberg auf der ein, kurz bevor er starb. Was früher wohl an- ein gutes Bild gelingen? Bühne? ders war als heute: Man war an Politikern viel Ein großer Teil der Fotografie ist Psycho- Als ich die Bilder für Bunte gemacht hatte, näher dran. Edmund Stoiber zum Beispiel logie. Manche Menschen sind expressiv, an- bekam ich einen recht guten Platz relativ weit habe ich zwölf Jahre lang fotografiert und fast dere zurückhaltend. Darauf muss man einge- vorn und verfolgte das Treiben auf der jede Reise mitgemacht. Aus meiner Sicht hat- hen. Es geht nicht um den Menschen hinter Bühne. Ich hatte Guttenberg schon zigmal te ich damals übrigens einen entscheidenden der Kamera, sondern um den davor. Man fotografiert. Diesmal machte ich 560 Bilder. Knackpunkt erreicht, als er mich nicht mehr muss vorbereitet sein und klarmachen, was Guttenberg ist ein Zauberer auf der Bühne, beobachtete. Dann erst kann man als Foto- man möchte. Locations schaue ich mir vor- nimmt die Menschen mit. Ich blieb – anders graf richtig arbeiten – wenn der Fotografierte her an und mache Vorschläge. Ich habe zum als viele andere Fotografen – bis zum Ende weiß, dass man ihn nicht lächerlich machen Beispiel Edmund Stoiber einst auf eine Trep- der Veranstaltung. Das war möglich, weil ich oder in die Pfanne hauen möchte. pe der Staatskanzlei gesetzt. Das war eigent- mit dem Redakteur vor Ort war, aber wahr- lich ein No-Go, ein Ministerpräsident sitzt scheinlich wäre ich auch alleine geblieben. Das heißt: Politiker begegnen Fotografen bei nicht auf der Treppe. Das Bild war toll. Man weiß ja nie, was noch passiert. Foto- uns mit Skepsis? grafie ist ein Moment. Und davon gibt es tau- Ich habe viele Amerikaner fotografiert, sende in zwei Stunden. diese sind viel lockerer und gehen an Journa- lismus und Pressefotografie unter dem Blick- Bericht zur Preisverleihung im Landtag mit Ausstellungseröffnung unter www.bjv.de/pressefoto. Was denken Sie: Warum hat die Jury das Bild winkel „besser schlechte als keine Nachrich- Zudem auf der Website des BJV: der komplette „Doktor der Herzen“ ausgezeichnet? ten“ heran. Da ist man bei uns tatsächlich viel Ausstellungskatalog. 6 BJVreport 6/2017
2017 Wolf Heider-Sawall holt den Gesamtsieg beim Wettbewerb Pressefoto Bayern 2017. Foto: Julie Sawall Pressefoto des Jahres 2017 Wolf Heider-Sawall: Doktor der Herzen – Wahlkämpfer auf Zeit. Darauf haben seine Anhänger lange gewartet: Karl-Theodor zu Guttenberg, der Kulmbach einst als „Mitte seines Herzens“ bezeichnet hat, kehrt am 30. August 2017 in der dortigen Stadthalle auf die politische Bühne zurück. Es ist der erste von mehreren Auftritten für die CSU im Bundestagswahlkampf. Über 1000 Menschen kamen in die überhitzte Halle, um den „Doktor der Herzen“ zu sehen. Alle Texte von Maria Goblirsch. BJVreport 6/2017 7
B a y e r i s c h e r J o u r n a l i s t e n -Ve r b a n d e .V. Sieger Kategorie Bayern Land & Leute Sonderpreis Bayernwerk AG Günter Distler: Der Bierholer Zwei mehr gehen nimmer: Michael Sturm, Kellner aus Mühl- hausen, will am 20. August 2017 beim Jura-Volksfest in Neumarkt/ Oberpfalz den Weltrekord im Maßkrug-Tragen einstellen, der bei 26 vollen Krügen liegt. Sturm startet unter der Anfeuerung seiner Fans mit 28 Maß, bringt aber zwei davon nur leer ins Ziel. Sieger Kategorie Sport Sonderpreis Isarfoto Bothe Karl-Josef Hildenbrand: Abgehoben Der deutsche Skispringer Markus Eisenbichler bereitet sich unter der Großschanze auf den Wettbe- werb vor. Der Athlet beim Auf- wärmtraining mit seinem Betreuer am 1. März 2017 bei der Nordi- schen Ski-Weltmeisterschaft im finnischen Lahti. 8 BJVreport 6/2017
Sieger Kategorie Kultur Sonderpreis DJV-Bildportal Sven Hoppe: Alice im Wunderland Nationaltheater München: Ksenia Ryzhkova tanzt und singt die Rolle der „Alice im Wunderland“. Auf- genommen am 31. März 2017 während einer Fotoprobe für das Ballett zur Musik von Joby Talbot unter der einfallsreichen Regie von Bob Crowley. Sieger Kategorie Tagesaktualität Sebastian Widmann: Erschöpfung Die Vorsitzende der CDU, Angela Merkel, und der Vorsitzende der CSU, Horst Seehofer, stellen sich am 6. Februar 2017 in der CSU- Landesleitung München nach der gemeinsamen Präsidiumssitzung den Fragen der Presse. BJVreport 6/2017 9
B a y e r i s c h e r J o u r n a l i s t e n -Ve r b a n d e .V. Sieger Kategorie Serie Sonderpreis Leica Camera AG Florian Bachmeier: Hope Interrupted II Die Menschen in den Lagerhallen auf dem Areal hinter dem Belgra- der Hauptbahnhof sind ohne Hoffnung. Zeitweise leben dort 3000 gestrandete Flüchtlinge aus Pakistan und Afghanistan, wo sie von Hilfsorganisationen betreut werden. Aufgenommen im Februar und März 2017. 10 BJVreport 6/2017
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B a y e r i s c h e r J o u r n a l i s t e n -Ve r b a n d e .V. Sieger Kategorie Umwelt & Energie Sonderpreis Bayernwerk AG Georg Barth: Stierjagd Ausgebrochene Stiere verstecken sich am 24. Mai 2017 bei Reit- hofen (Landkreis Erding) in einem Rapsfeld. Auch Reiter nehmen die Verfolgung auf. Schließlich ge- lingt es, eines der Tiere mit einer Schlinge wieder einzufangen. Die Gewinner des Wettbewerbs „Pressefoto Bayern 2017“ Vordere Reihe von links die Preisträger Karl-Josef Hildenbrand (Sport), Corinna Guthknecht (Newcomer Award), Günter Distler (Bayern Land & Leute) und Sebastian Widmann (Tagesaktualität); hintere Reihe Florian Bachmeier (Serie), Georg Barth (Umwelt & Energie), Jury-Vorsitzender Hans-Eberhard Hess, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Wolf Heider-Sawall (Pressefoto Bayern 2017), Sven Hoppe (Kultur) und BJV-Vorsitzender Michael Busch. Foto: Rolf Poss/Bildarchiv Bayerischer Landtag 12 BJVreport 6/2017
Ausstellungstermine 2018 Die Ausstellung Pressefoto Bayern 2017 wird wieder durch den Freistaat touren, die ersten Termine stehen bereits fest: 15. bis 27. Januar: Brücken- Center Ansbach 20. bis 23. Februar: Stadtsparkasse Augsburg 8. Mai bis 3. Juni: Museum Industriekultur Nürnberg 21. September bis 18. Oktober: Kurhaus Bad Füssing Auch am Flughafen München und in Aschaffenburg wird die Ausstellung wieder Station machen, genauere Informationen folgen unter www.bjv.de. Newcomer Award Sonderpreis Rotary International Corinna Guthknecht: I like to dance „Ndithanda ukudanisa – I like to dance“, antworten die Kinder aus einem südafrikanischen Township, wenn man sie fragt, warum sie zum Ballettunterricht gehen. Sie stammen meist aus ärmlichen Verhältnis- sen und finden in der Zama Dance School in Gugulethu einen Raum, um ihre Freude, Trauer und Wut im Tanz auszudrücken. Aufgenommen im März, April und Mai 2017 in Kapstadt/Südafrika. BJVreport 6/2017 13
B a y e r i s c h e r J o u r n a l i s t e n -Ve r b a n d e .V. Pressefoto Unterfranken Pressefoto des Jahres 2017 Thomas Obermeier: Hooligan-Einsatz Einsatzkräfte der Polizei simulieren am Würzburger Hauptbahnhof die Ankunft randalierender Fußballfans und trainieren, wie sie eine Eskala- tion der Situation vermeiden. Aufgenommen am 26. Oktober 2016. „Unglaubliche Macht der Bilder“ Thomas Obermeier gewinnt mit „Hooligan-Einsatz“ unterfränkischen Wettbewerb Vo n M a r i a G o b l i r s c h Eigentlich war alles nur eine ken. 19 Fotografen hatten heuer Übung. Doch das Foto zeige eine fast 200 Bilder eingereicht. Preise Brisanz, wie sie nicht nur bei gab es in sieben weiteren Spar- Sportveranstaltungen auftreten ten. Zum ersten Mal wurde in könne, befand die Jury und wähl- diesem Jahr die Kategorie „Uni- te Thomas Obermeiers Aufnah- versität und Wissenschaft“ ausge- Die Sieger des Wettbewerbs „Pressefoto Unterfranken 2017“ (von me „Hooligan-Einsatz“ zum schrieben. links): Anand Anders (Kategorien Sport sowie Umwelt & Energie), Josef „Pressefoto Unterfranken des Lamber (Unterfranken – Land & Leute), Thomas Obermeier (Pressefoto des Jahres sowie Kategorien Beste Serie und Preis der Stadt Würzburg), Jahres 2017“. Organisiert wird Benedikt Borst (Kategorie Universität und Wissenschaft) und Patty Mehr zur Preisverleihung in der Wettbewerb seit 1992 vom Unterfranken unter Varasano (Kategorie Kultur). Der Nachwuchspreis wurde 2017 nicht BJV-Bezirksverband Mainfran- bjvlink.de/unterfranken 2017. vergeben. Foto: Maria Goblirsch 14 BJVreport 6/2017
Dr. Georg Schreiber Medien- Wütende Klicks – Standpunkt 2017 preis und keine Diskussion Die Gesundheitsreform sieht vor, dass künftig alle gesetzlichen Kran- kenkassen insolvenzfä- hig sind. Auch für die landesunmittelbaren Krankenkassen, die ser derzeit noch als insol- venz unfähig gelten, soll die Insolvenzfähig- keit hergestellt werden. Gleichzeitiges werden die noch bestehenden Bundesverbänden als solidarische Haftungs- verbünde der jeweiligen Kassenart aufgelöst. Die Haftungsgebäude der Landes- und Spit- zenverbänden passen nicht mehr in die von der Politik gewünsch- te neue Struktur mit einem GKV-Dachver- band. Die Haftungsauf- gaben gehen allerdings nicht auf den Spitzen- verband über. Den Krankenkassen droht damit im Falle einer dauerhaften Leistungs- unfähigkeit die Eröff- nung eines Insolvenz- verfahrensvor der Zah- lungsunfähigkeit schüt das Gesundheitssystem Krankenkassen droht Krankenkassen, die Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r Als „lawinenartiges Auftreten negativer Kritik in sozialen Medien“ wird er beschrieben: der berühmt-berüchtigte Shitstorm. Dass das Cover des BJVreport 05/2017 einen solchen bei Twitter und Face- book auslösen würde – nein, damit hatte das Redaktionsteam nicht gerechnet. Sicher spielte der Zeitpunkt eine Rolle: Kurz nach Andruck löste der Skandal um Filmproduzent Harvey Weinstein in zahlreichen Ländern eine überfällige Debatte über Sexismus, sexuelle Belästigung und Nötigung aus. Als der BJVreport er- schien, war sie in vollem Gange. Dass wütende Menschen mehr Wettbewerb für Printmedien, klicken, ist kein Geheimnis: Ein erster Leser postete das Cover Hörfunk, Fernsehen und Internet! und hielt der Redaktion Sexismus vor – die Lawine war ausgelöst. Ausdrücken wollten wir mit der Gestaltung das Gegenteil. Ja, Zugelassen sind Beiträge junger Journalis- wir hatten bewusst zwei extreme Klischees in Bild und Wort auf- tinnen und Journalisten bis einschließlich getan, Macho und Mieze. Dabei handelte es sich – natürlich – um 35 Jahre zu den Themen Gesundheit und absolute Schwarz-Weiß-Malerei, wie sie sich auch in der Farbge- Soziales, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2017 in einer in Bayern staltung widerspiegelt. Die Journalistin schaut in den Spiegel und erscheinenden Zeitung oder Zeitschrift ver- sieht nicht sich selbst. Sie steht zwischen zwei Extremen, die so öffentlicht oder von einem Rundfunksender nicht der Realität entsprechen. Die leitende Redakteurin, die Fo- mit redaktionellem Sitz bzw. einem Landes- studio in Bayern ausgestrahlt worden sind. tografin und das Redaktionsteam hatten sich bei der Gestaltung Zugelassen sind auch speziell für das Inter- viele Gedanken gemacht, die – wie wir rasch erfuhren – mancher net produzierte Beiträge mit thematischem Nutzer sozialer Medien aber wohl nicht nachvollziehen konnte. Bezug zum Freistaat. Hinzu kommt: Das Cover ist – so das Konzept des BJVreports – Teil einer Geschichte, diese wird auf einem zweiten Bild als Auf- Im Printbereich wird zudem ein bundeswei- takt zur Titelstrecke weitererzählt. Heißt: Wer bei Facebook oder ter Sonderpreis ohne Altersbeschränkung vergeben. Twitter nur das Cover sieht, kennt nur die halbe Geschichte. Auf dem zweiten Bild sieht die Journalistin im Spiegel – jenseits aller Klischees – sich selbst. Der Medienpreis ist mit insgesamt Die Gestaltung des Covers ist provokativ, natürlich. Aber viel- 30.500 Euro dotiert. leicht kann man auf bestimmte Themen nur durch Provokation breit aufmerksam machen. Der BJV hatte vor den Medientagen Informationen und Anmeldung: zur Podiumsdiskussion „Frauen bewegen Medien“ geladen. Es ka- Internet: www.aok-medienpreis.de e-mail: medienpreis@by.aok.de men sehr viele Frauen und nur vier Männer, zwei waren offizielle Telefon: 089 62730-184 BJV-Vertreter. Besser schlechte als keine Presse? Vielleicht. Über AOK Bayern, Zentrale unser Cover empörten sich in sozialen Medien Männer wie Frau- z. Hd. Frau Andrea Winkler-Mayerhöfer Carl-Wery-Str. 28, 81739 München en. Das ließ hoffen, dass auf die erste Aufregung eine sachliche Diskussion folgen werde über eines der Kernprobleme, das wir in der Titelstrecke des BJVreports transportierten: Frauen bekleiden Ausgeschrieben von der AOK Bayern in Zusammenarbeit mit den Nachwuchsjour- in der Branche nach wie vor viel zu selten Führungspositionen. nalisten in Bayern e.V. (NJB) - unterstützt Allerdings – und das ist das Traurige – blieb nach anfänglicher von der Deutschen Journalistenschule Aufregung die Diskussion darüber bei Facebook und Twitter München e.V. (DJS). komplett aus. Wut kann viel bewirken, wenn sie sich in positive Energie verwandelt. Was wünschenswert wäre: Dass nach der Em- pörung über unsere Covergestaltung und die wütenden Klicks in den sozialen Medien nun ebenso intensiv über die Ursachen von Chancenungleichheit diskutiert würde und wir gemeinsam Ideen zur Problemlösung entwickelten. Nicht nur in Frauennetzwerken. BJVreport 6/2017 AZ_BJV_92x260.indd 1 15 10.03.2017 10:53:38
„Oft Kampf gegen Windmühlen“ Titel Die Geschäftsführung hält Informationen zurück. Selbst manche Kollegen begegnen Betriebsräten mit Vorbehalten. Das macht deren Arbeit heute alles andere als leicht – und nötiger denn je. Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r 16 BJVreport 6/2017
Titel S ie gilt in Bayerns Verlagen als Paradebeispiel triebsrätin und Redakteurin Irmtraud Fenn-Nebel spricht dessen, was ein Betriebsrat erreichen kann: die von einem „zähen Ringen“. Erst vor der Einigungsstelle Einführung der Arbeitszeiterfassung in den wurde ein Ergebnis erzielt. Inzwischen ist die Arbeitszeit- Redaktionen der Main Post in Würzburg. Eine erfassung zwar durch und damit ein Teilerfolg erreicht. dreijährige Vorbereitungszeit inklusive Um- Allerdings krankt es nun an der Umsetzung: Die Ge- frage in der Belegschaft ging voraus, ehe die neue Rege- schäftsführung steht laut Fenn-Nebel nicht dahinter und lung im Haus 2015 durchgesetzt und eingeführt war. achtet nicht darauf, dass Stunden geschrieben werden. Zielsetzung des Betriebsrates war laut dessen Vorsitzen- Infolge verzichten darauf zwischen 30 und 40 Prozent der dem Josef Schäfer, zudem Vorsitzender der Fachgruppe Kollegen – weil sie’s nicht wollen oder sich nicht trauen. Betriebsräte im BJV, vor allem ein Rechtsanspruch da- „Einige wurden für die Dokumentation von Überstunden rauf, dass künftig jede Mehr- regelrecht gegängelt“, sagt die arbeit ausgeglichen wird. Auch „Die Bedeutung von Betriebsrätin. mancher Redakteur musste Und auch an anderer Stelle allerdings erst einmal von den Betriebsräten wächst, weil macht es die Geschäftsführung Vorteilen einer Arbeitszeit- Problemlagen immer dem Betriebsrat schwer. Ei- erfassung überzeugt werden. komplexer werden.“ gentlich steht der Arbeitgeber Inzwischen hat sich diese als Silke Röbenack, Soziologin an der Friedrich- laut Betriebsverfassungsgesetz Erfolgsmodell erwiesen, er- Alexander-Universität Erlangen in der Pflicht, ihn von sich aus leichtert im Haus etwa auch „rechtzeitig und umfassend“ Teilzeitarbeit und wird von den Redakteuren breit mitge- über Veränderungen im Unternehmen zu informieren. tragen. Warum? Laut Schäfer spielte eine ganz zentrale „Das geschieht bei uns jedoch sehr zurückhaltend, der Rolle, dass der Arbeitgeber zum Verhandeln bereit war Betriebsrat muss in der Regel nachbohren“, sagt Fenn- und das Ergebnis von Beginn an mittrug. Nebel. Betriebsrätin ist sie mittlerweile in zweiter Periode und will sich auch 2018 wieder zur Wahl stellen. Oft sei Auswirkungen auf Betriebskultur Betriebsratsarbeit ein „Kampf gegen Windmühlen“, sagt Belegen lässt sich dies auch wissenschaftlich. „Hat ein sie. Wünschen würde sie sich manchmal mehr Teamgeist Betriebsrat kaum eine Chance, in Verhandlungen einzu- und mehr Solidarität unter Kollegen. Gut die Hälfte der treten, kann er meist wenig erreichen“, sagt die Soziolo- Belegschaft finde es gut, dass es einen Betriebsrat gibt – gin Silke Röbenack. An der Friedrich-Alexander-Univer- der Rest stehe seiner Arbeit eher gleichgültig, manchmal sität Erlangen hatte sie zwischen 2012 und 2015, sogar ablehnend gegenüber. „Hat jemand tatsächlich Pro- finanziert von der Hans-Böckler-Stiftung, am For- bleme und wir können helfen, dreht sich der Wind aber schungsprojekt „Betriebsratsgründungen“ mitgearbeitet. in der Regel rasch“, so die Erfahrung der Oberfränkin. Die Wissenschaftler hatten in 54 Betrieben aus elf Bran- chen, in denen sich im Laufe der letzten zehn Jahre Belegschaft driftet auseinander Betriebsräte gegründet hatten, 76 Interviews geführt. Dass sich die Betriebsräte schwertun, dürfte auch da- Herausfinden wollten sie unter anderem, wie sich die mit zu tun haben, dass unter dem Dach der Mediengrup- Existenz eines Betriebsrates auf die Betriebskultur aus- pe Oberfranken durch das Ausgliedern verschiedener wirkt. Tochtergesellschaften schon lange nicht mehr mit ge- Mit der Gründung eines Betriebsrates verändere sich schlossener Stimme gesprochen wird. Das führte auch das Machtgefüge im Betrieb, das Entscheidungsrecht beim Betriebsrat zu Veränderungen: Auf einen ursprüng- liege nicht länger allein beim Management, sagt Röbe- lich für alle Arbeitneh- nack. In vereinzelten Unternehmen sähen es Geschäfts- mer zuständigen Ge- „Ich wollte nie führungen durchaus positiv, wenn die Interessen der meinschaftsbetriebsrat vom Indianer Beschäftigten gebündelt würden und sie nur noch mit ei- folgten mehrere Monate nem Verhandlungspartner sprechen müssten. Werde der Vakanz, dann gab es in zum Häuptling Betriebsrat indes nicht als „zentraler Player“ anerkannt, der Sparte Redaktion aufsteigen.“ könne er nur wenig erreichen. In Konsequenz fehle nicht gleich zwei Betriebs- Wolfgang Grebenhof, selten der geschlossene Rückhalt in der Belegschaft, das räte – in der Mantelre- Betriebsratsvorsitzender Betriebsklima leide. daktion und den Lokal- Fränkische Landeszeitung redaktionen. Die Firma „Zähes Ringen“ bis zum Ergebnis Mantelredaktion ist inzwischen wieder aufgelöst, ein ge- Foto: Matthias Becker Das spüren etwa auch die Kollegen in Bamberg beim meinsamer Betriebsrat musste sich erst einmal wieder Fränkischen Tag. Auch die dortigen Betriebsräte wollten finden und spricht nun für alle Mitglieder der Redaktion. die Arbeitszeiterfassung durchsetzen. Der Arbeitgeber Ständige Veränderungen erschweren Betriebsrats- war jedoch zu keinen echten Verhandlungen bereit, Be- arbeit heute in vielen Verlagen (siehe dazu auch BJVreport BJVreport 6/2017 17
Titel 04/217 „Unrentables Zeitungsgeschäft? Verlagslandschaft als Betriebsrat, seit dem Jahr 2002 ist er Betriebsratsvor- im Wandel“). Josef Schäfer spricht als Vorsitzender der sitzender und auch im Vorstand der Fachgruppe Be- Fachgruppe Betriebsräte im BJV von einem „Trend in vie- triebsräte im BJV seit Jahren aktiv. „Mir war von Anfang len Häusern“, zum Beispiel auch bei der Passauer Neuen an bewusst, dass ich dann in dem Haus nichts werde. Presse oder der Main Post. Mitarbeiter würden in ver- Aber ich wollte nie vom Indianer zum Häuptling aufstei- schiedene Gesellschaften aufgeteilt, Tochterunternehmen gen“, sagt der 49-Jährige. Daraus, dass das Engagement ausgelagert. Häufige Folgen: ein Auseinanderdriften, In- im Betriebsrat ein Karrierekiller sein kann, dürfe man formationen aus eigenen Abteilungen fehlen, eine Ent- kein Geheimnis machen. solidarisierung setzt ein. Und trotzdem mangelte es übrigens zumindest bei der Fränkischen Landeszeitung bei der Betriebsratswahl 2014 Problemlagen immer komplexer nicht an Kandidaten: 21 stellten sich für sieben Posten Gleichzeitig wächst aber – einhergehend mit diesen zur Wahl. Wie man das erreicht? „Man muss die Leute Veränderungen – gerade die Bedeutung der Betriebsrats- wissen lassen, dass der Betriebsrat etwas tut, man muss arbeit, weil Problemlagen immer komplexer werden, sagt ständige Präsenz zeigen und ein Standing im Betrieb Soziologin Röbenack. Sie verweist auf ständige Umstruk- haben“, sagt Grebenhof. Sicher kommt hinzu, dass dies turierungen, Ausgliederungen und Verkäufe sowie prekä- einem Gremium im kleinen Familienbetrieb leichter fällt re Beschäftigungsverhältnisse. „Belegschaftsinteressen als im großen, zersplitterten Verlag. Noch eine gute geraten mehr und mehr in Nachricht in Sachen den Hintergrund“, so die Wahl: Quer durch alle Erlangerin. Dann brauche „Wie es dem Kollegen am Branchen scheinen sich es erst recht ein kollekti- Nachbartisch geht, wirkt sich auch Arbeitnehmer der Bedeu- ves Organ, das Interessen auf meine eigene Arbeit aus.“ tung der Betriebsrats- rechtlich vertreten kann. Josef Schäfer, Main Post, auf die Frage, warum er sich arbeit bewusst. Wahlmü- Aber was kennzeichnet als Betriebsratsvorsitzender engagiert digkeit war zumindest eine gute Betriebsratsar- 2014 nicht zu spüren, wie beit? „Die große Kunst eines guten Gremiums ist es, The- eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Die durch- men zu finden, die alle Arbeitnehmer angehen, und die schnittliche betriebliche Wahlbeteiligung lag bei der letz- Ergebnisse sichtbar zu machen“, sagt Röbenack. ten Wahl bei insgesamt 79 Prozent. So zumindest die Theorie. Im Alltag der meisten Be- Gewählt wird wieder von März bis Mai 2018. „Wir kön- triebsräte sind es eher die „kleinen Themen“, nämlich nen nur gemeinsam etwas erreichen“, motiviert Josef Schä- Fragen, Sorgen und Nöte einzelner Kollegen, die es zu be- fer Kollegen, über eine Kandidatur nachzudenken. Kleine antworten, auf die es einzugehen gilt, Josef Schäfer spricht Erfolge geben Antrieb weiterzumachen. Und gleichzeitig von „Momentaufnahmen des Berufsalltags“. Da wird zum habe man die Chance, große Räder in Gang zu setzen. Beispiel durchgesetzt, dass der Arbeitnehmer mit Band- Anfang Dezember startete nun der Deutsche Journa- scheibenvorfall einen höhenverstellbaren Tisch bekommt. listen-Verband unter dem Motto „Weil es jetzt auf dich Die schwangere Kollegin will wissen, was sie nun alles be- ankommt“ eine Kampagne zur Betriebsratswahl 2018. achten muss. Was ist zu tun nach einem Fahrradunfall auf „Selbstbewusstsein ist eine Grundvoraussetzung für die dem Weg zur Arbeit? Es geht um rechtliche Fragen zur Berufsausübung als Journalistin oder Journalist“, sagt Fahrtkostenerstattung. Und beim Fränkischen Tag gelang DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. „Selbstbewusst es dem Betriebsrat etwa, dass Wasserspender im Haupt- müssen wir auch in eigener Sache auftreten, für uns und haus aufgestellt wurden, in den Außenredaktionen konn- die Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen.“ Des- te man kleine bauliche Veränderungen mit einer Beschat- halb seien starke Betriebsräte unverzichtbar. Jede Menge tung für den Sommer durchsetzen. Informationsmaterial gibt es unter www.djv.de/brwahl18. „Wir hätten da Ideen“ Wolfgang Grebenhof, Redakteur bei der Fränkischen Was Betriebsräte für die Landeszeitung, schildert ganz praktisch: Jeder Arbeitneh- Gesundheit der Kollegen tun können mer hat die Option, seine Arbeitszeit zu verkürzen, wenn Beim Herbstseminar des Bildungs- und Sozialwerks auch mit dem Manko eines fehlenden Rückkehrrechts. des BJV in Kainsbach beschäftigten sich die Be- Trotzdem braucht es bei Teilzeitregelungen nicht selten triebsräte heuer mit Fragen rund um Mitarbeiter- gesundheit, Arbeitsplatzgestaltung in Redaktionen das Zusammenspiel von Arbeitgeber und Betriebsrat: sowie Fragen zu Arbeitsschutz und Arbeitssicher- „Da ist es dann unser Job zu sagen: Auch wenn ihr als heit. Geschäftsführung nicht so viel Fantasie aufbringt – wir Mehr dazu auf der Website des BJV unter hätten da Ideen.“ Grebenhof weiß, wovon er spricht, en- bjvlink.de/gesundheit. gagiert er sich doch seit fast zwei Jahrzehnten im Verlag 18 BJVreport 6/2017
Titel Supergremium ohne Superkräfte In Verlagskonglomeraten kann ein Konzernbetriebsrat sinnvoll sein – oder die Augsburger Alternative, das Betriebsratsforum D Vo n A l o i s K n o l l e r ie Pressekonzentration nimmt immer zern gibt, erklärt Bettina Kühnast. Davon ist nach dem mehr zu, aus einem Zeitungshaus wird Betriebsverfassungsgesetz (§ 54 ff.) und dem Aktiengesetz eine Verlagsgruppe mit mehreren Titeln. (§ 18) auszugehen, wenn in den Betrieben des Konzerns Oder aber ein Betrieb wird in mehrere eine einheitliche Leitung vorliegt. Eine reine Kapital-Hol- kleine Unternehmen aufgespalten. Wie ding mit selbstständig geführten Betrieben ist zu wenig. soll da Mitbestimmung funktionieren? Der Gesetzgeber Errichtet wird der KBR durch Beschlüsse der einzelnen sieht dafür den Konzernbetriebsrat vor. Er ist eine Art Betriebsräte beziehungsweise Gesamtbetriebsräte. Kosten Supergremium, allerdings ohne Superkräfte. Im Gegen- hat der Konzern zu tragen. Von unten nach oben entsen- teil. „Seine Zuständigkeit ist eher die Ausnahme“, stellt den diese Gremien ihre Vertreter ins nächsthöhere Gre- BJV-Justiziarin Bettina Kühnast nüchtern fest. Eine klas- mium und ernennen Ersatzleute. Das Stimmgewicht der sische Aufgabe liegt etwa in der Regelung einer gemein- einzelnen Vertreter orientiert sich dann an der Stimmen- samen betrieblichen Altersversorgung. Trotzdem kann zahl des entsendenden unteren Gremiums. die Errichtung eines Konzernbetriebsrats sinnvoll sein, Eine Alternative zum KBR haben die Arbeitnehmer- allein um in einem Konglomerat von Verlagsunterneh- vertreter der Mediengruppe Pressedruck Augsburg ent- men wie im Süddeutschen Verlag und in der darüber ge- wickelt. Sie heißt „Betriebsratsforum“ und ist abgesichert setzten Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) die durch eine schriftliche Vereinbarung der Betriebsräte von Abstimmung der einzelnen Betriebsräte sicherzustellen. Augsburger Allgemeine, Allgäuer Zeitung, Würzburger Main Post und Konstanzer Südkurier mit allen sechs Ge- Wichtige Prüfungsfunktionen schäftsführern. Zweimal im Jahr haben die Betriebsräte Vier Mal im Jahr trifft sich dort der konzernüber- in den Häusern die Möglichkeit, je einen Vertreter zu greifende SWMH-KBR, der sich aus den beiden KBR- dem zweitägigen Treffen zu entsenden. Die Kosten trägt Gremien der Medienholding Süd und des SV zusammen- der Arbeitgeber. Rund 15 bis 20 Teilnehmer zählt das Be- setzt. Zwischen den Sitzungen sind Ausschüsse tätig. Mit triebsratsforum, berichtet Josef Karg, der Betriebsratsvor- am wichtigsten ist dort der Ausschuss für Informations- sitzende der Pressedruck Augsburg. „Wir haben hier die technologie. Denn jedes neue Programm, das die Hol- Gelegenheit, standortübergreifende Themen zu bespre- ding einsetzt, kann die Rechte der Mitarbeiter tangie- chen, unser Vorgehen abzustimmen und uns über die ren – und ist damit mitbestimmungspflichtig. Es betrifft unterschiedliche Situation in den einzelnen Verlagen aus- ja oft mittelbar oder unmittelbar das individuelle Arbeits- zutauschen“, sagt er. umfeld, nicht selten geht es um Fragen der Leistungs- überwachung und -kontrolle. Hier hat der KBR in „Etwas stumpfes Schwert“ Zusammenarbeit mit dem betrieblichen Datenschutz- Ein formales Beschlussrecht hat das Betriebsratsforum beauftragten wichtige Prüfungsfunktionen. Aber auch die nicht, es spricht Empfehlungen an die Arbeitgeberseite allgemeine Firmenpolitik bedarf der gemeinsamen Bera- aus. „Das mag ein etwas stumpfes Schwert sein, aber es hat tung. Immerhin gehören inzwischen auch der Nordbaye- sich gut eingeführt“, sagt Karg. In Sachen Obermain Tag- rische Kurier in Bayreuth zur SWMH und die Neue Presse blatt konnte das Betriebsratsforum immerhin erreichen, in Coburg; beide liegen weit weg vom Fokus der Münch- dass nach seinem Statement für die streikenden „Wert- ner Konzernbestandteile. schätzer“ das Schreibverbot gegen zwei Lokalredakteure Die zwei Sitzungstage verfliegen stets im Nu, heißt es. aufgehoben wurde. Warum war überhaupt das Betriebs- „Es ist aufwendig, aber es bringt auch etwas“, sagt ein ratsforum anstelle eines Konzernbetriebsrates nötig? Die KBR-Mitglied. Breiten Raum nähmen die Berichte aus Struktur im Konzern sei ganz unterschiedlich, erklärt den Unternehmen ein. Und es zeigen sich mitunter deut- Karg. Denn die beherrschende Mediengruppe Augsburg liche Unterschiede in Führung und Management. Oder wünsche sich starke, eigenständige Töchter. Nur die die einzelnen Betriebsräte befinden sich auf einem sehr Standorte Augsburg und Konstanz erfüllten die Voraus- unterschiedlichen Informationsstand. „Es hilft schon, ein setzungen für einen Konzernbetriebsrat; am Allgäuer Zei- solches Gremium zu haben, dadurch fühlt man sich stär- tungsverlag indes ist ein zweiter Kapitaleigner beteiligt ker und weniger allein“, so das KBR-Mitglied. und in der Mediengruppe Main Post ist weniger als die Voraussetzung für einen KBR ist, dass es einen Kon- Hälfte der Beschäftigten durch einen Betriebsrat vertreten. BJVreport 6/2017 19
Titel Betriebsratswahlen – so geht’s Vom 1. März bis 31. Mai wählen Arbeitnehmer wieder ihre Interessensvertreter Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r S ie brauchen eine gründliche Vorbereitung: Be- Wer ist wählbar? triebsratswahlen. Diese finden seit 1990 alle vier Wählbar sind alle wahlberechtigten Arbeitnehmer, die Jahre im Frühjahr statt, so auch 2018 wieder am letzten Wahltag mindestens sechs Monate im Betrieb zwischen dem 1. März und dem 31. Mai. Kandi- sind. Nicht wählbar sind Altersteilzeitler in der Freistel- daten müssen mobilisiert werden, Listen sind zu lungsphase und Leiharbeitnehmer. Wurde ein Arbeitneh- erstellen, ein Wahlvorstand ist zu bestellen – und auch bei mer gekündigt, er hat Klage erhoben und es liegt noch der Wahl selbst bis hin zur konstituierenden Sitzung ist so kein rechtskräftiges Gerichtsurteil vor, ist er wählbar. manches zu beachten. Beim Betriebsräteseminar in Kainsbach gab Bettina Kühnast, Justiziarin und stellver- Was macht der Wahlvorstand? tretende Geschäftsführerin des BJV, einen Überblick. Der Betriebsrat muss spätestens zehn Wochen vor Ab- lauf seiner Amtszeit einen Wahlvorstand bestellen, dieser Was ist ein Betrieb? besteht aus mindestens drei wahlberechtigten Arbeitneh- Laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wird ein Be- mern. Seine Amtszeit dauert bis zur konstituierenden Sit- trieb als organisatorische Einheit definiert – und die wie- zung des neuen Betriebsrates. Im betriebsratsfähigen Be- derum setzt einen einheitlichen Leitungsapparat voraus. trieb, der zum ersten Mal einen Betriebsrat wählt, Das bedeutet zum Beispiel auch: Der Bauer-Konzern hat geschieht die Bestellung des Wahlvorstands in einer Be- über acht Firmen hinweg einen einheitlichen Betriebsrat, triebsversammlung durch den Gesamt- oder Konzernbe- weil Geschäftsführer und Gesellschafter ein und die- triebsrat. Der Wahlvorstand muss eine alphabetische selben Personen sind. Wehrt sich der Arbeitgeber gegen Wählerliste aufstellen mit sämtlichen wahlberechtigten ein großes Gremium, muss er beweisen, dass kein ein- Arbeitnehmern, getrennt nach Frauen und Männern. Die- heitlicher Leitungsapparat besteht. se wie auch die Wahlordnung müssen sechs Wochen vor Und noch etwas ist zu beachten, etwa mit Blick auf der Betriebsratswahl an geeigneter Stelle ausgehängt wer- Außen- und Bezirksredaktionen oder Korrespondenz- den. Einspruchsberechtigt ist jeder Arbeitnehmer, der Ar- büros: Befinden sich diese räumlich weit entfernt vom beitgeber indes nicht. Mit dem Erlass des Wahlausschrei- Hauptbetrieb, erfüllen die Mindestzahl wahlberechtigter bens leitet der Wahlvorstand spätestens sechs Wochen vor und wählbarer Arbeitnehmer und arbeiten in Aufgaben- dem ersten Tag der Stimmabgabe die Betriebsratswahl ein. bereich und Organisation eigenständig, sind aber in den Hauptbetrieb eingegliedert, kann ein eigener Betriebsrat Wie sehen Wahlvorschläge aus? gewählt werden. Es besteht dazu jedoch kein Zwang. Wahlvorschläge können Arbeitnehmer beim Wahl- vorstand einreichen. Unterzeichnet sein muss ein Wahl- Wer ist wahlberechtigt? vorschlag von 1/20 der Wahlberechtigten, jedoch min- Wahlberechtigt sind sämtliche Arbeitnehmer, Ange- destens von drei Wahlberechtigten bei mehr als 20 stellten und Arbeiter eines Betriebs, die am letzten Tag wahlberechtigten Arbeitnehmern. Bei kleineren Betrie- der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dazu zäh- ben genügen zwei Unterschriften. Auch Kandidaten müs- len auch Auszubildende, Volontäre, Teilzeitbeschäftigte sen per Unterschrift bestätigen, dass sie kandidieren. und Leiharbeitnehmer, ebenso etwa Zivildienstleistende, Frauen im Mutterschutz, Arbeitnehmer in der Elternzeit- Wie läuft die Wahl ab? phase und Arbeitnehmer in Altersteilzeit, die sich noch Gewählt wird persönlich per Stimmabgabe im Wahl- in der aktiven Phase befinden. raum. Eine schriftliche Stimmabgabe ist möglich, etwa Freie Journalisten sind zwar nicht wahlberechtigt, wenn der Wähler am Wahltag verhindert ist oder der häufig werden Mitarbeiter aber fälschlicherweise als sol- Wahlvorstand eine schriftliche Wahl beschlossen hat. che bezeichnet. Nämlich dann, wenn sie etwa in die be- triebliche Organisation eingegliedert sind, eine Urlaubs- Und danach? liste führen oder an Redaktionskonferenzen teilnehmen. Mit Wahlende muss der Wahlvorstand die Stimmen Kühnast spricht als entscheidendes Merkmal von einer unverzüglich öffentlich auszählen, das Wahlergebnis be- „weisungsgebundenen Tätigkeit über Ort, Zeit und Orga- kannt geben und vor Ablauf einer Woche zur konstituie- nisation der Arbeit“. renden Sitzung des Betriebsrates einladen. 20 BJVreport 6/2017
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