Mehr Realität wagen - IHK Schleswig-Holstein
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06/2020 · Juni Ausgabe Kiel LAUFEN ZUR CO D NEWS ZWISCHEN NORD- UND OSTSEE RONAK www.i RISE hk-sh.d INFOPA KET e UNTER FÜR NEHME N Mehr Realität wagen � Titelthema: Bremsfaktor Bürokratie � Corona Spezial: Unternehmen und Märkte � Wirtschaft im Gespräch: Moreen Heine, Uni Lübeck
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Mein Standpunkt �� Politik sollte den Unternehmen vertrauen I ch wünsche mir sehr, dass die aktuellen und die kommen- den Maßnahmen zur Lockerung während der Corona-Zeit den Lebenswelten der Menschen in unserem Land besser angepasst werden. Der Schutz der Menschen steht unbedingt an erster Stelle, ja. Aber wäre es nicht wesentlich einfacher, gerechter und demokratischer, wenn der Staat auch in dieser besonderen Lage nur die Richtlinien festlegen würde und wir, die mündigen Bürger und Unternehmer, dann innerhalb des vorgegebenen Rahmens frei entscheiden dürften? Mit den Lockerungen von Mitte Mai ist ein größerer Teil der Verantwortung auf die Unternehmen übergegangen. Das ist gut so, denn Verantwortungsbewusstsein und unternehmerische Freiheit sind kein Gegensatz. Dadurch tragen auch wir Verantwortung und können selbst (mit-)entscheiden, ob und wie wir in unserem eigenen Unternehmen die Maßnahmen zum Schutz unserer Mitarbeiter und Kunden umsetzen. Ich denke, dass die meisten Unternehmer – ich spreche hier für die kleinen Unternehmen und Mittelständler – den eigenen Betrieb besser kennen als jeder „Experte“. Entsprechend können sie am besten beurteilen, ob und wie wichtige Maßnahmen praktisch umzusetzen sind. Unsere Politiker sollten uns dieses Vertrauen aussprechen. Denn es gibt auch keinen Anlass, dies nicht zu tun. Wir alle wissen, dass die Menschen sich sehr gut an Regeln halten und zumeist respektvoll miteinander umgehen, indem sie Abstand und sich an die Kontakteinschränkungen halten. Also warum durften Gastronomiebetriebe, Hotels und unser Hochseilgarten mit besten Voraussetzungen und weitläufigen Außenanlagen nicht schon früher öffnen, das Schuhgeschäft mit engen Regalreihen aber schon? Welcher Experte hat diese Einteilung vorgeschlagen und auf welcher Grundlage? Foto: privat Klar, auch wenn wir die Entscheidungen zur Umsetzung von Maßnahmen selbst treffen, wird nicht alles perfekt sein und es wird nachjustiert werden müssen. Aber nein, die Henning Rohweder, Inhaber des Hochseilgartens in Altenhof Behörden müssen nicht die Kapazitäten aufbringen, jedes (Kreis Rendsburg-Eckernförde) einzelne Unternehmen zu prüfen. Kein Gastronom, kein Ladengeschäft und auch kein Betreiber von Hochseilgärten kann es sich leisten, die Vorgaben zu ignorieren. Dafür ist die soziale Kontrolle durch die Besucher mit den Instrumenten Ich möchte derzeit nicht in der Haut eines Politikers stecken der „Likes“ und Bewertungen viel zu groß. und habe höchsten Respekt vor der zu tragenden Verantwor- Wir sollten diese Krise unbedingt als Chance sehen, um beim tung. Daher möchte ich diese Worte auch nicht als Kritik, son- nächsten Mal besser vorbereitet zu sein. Jedes Unternehmen dern als Anregung für jetzt und für die Zukunft verstanden muss einen Notfallplan für Gefahrensituationen erstellen, wissen. Und bitte holen Sie sich die Meinungen, Ideen und und das hat durchaus seine Berechtigung. Und auch die Anregungen bei echten Experten in diesem Land ab – bei den Landesregierung sollte einen Notfallplan für unterschiedliche Bürgern und den Unternehmern. �� Krisen in diesem Land in der Schublade haben. Aber bitte auf Grundlage von Teilhabe und Mitbestimmung – das muss Was ist Ihre Meinung? oberste Priorität haben. Dann wären vielleicht auch nicht die Schreiben Sie der Redaktion: immensen Summen an Unterstützung nötig gewesen, deren redaktion@ihk-sh.de Folgen uns sicherlich noch lange begleiten werden. 06/20 1
�� Wirtschaft im Bild In den Startlöchern Zum Urlaub an der Ostsee ge- hört er einfach dazu: der Strandkorb. In Grömitz im Kreis Ostholstein vermietet Bernhard Glaser seine 500 Körbe an Besucher. Zu finden sind er, seine Frau Martina und ihre zwei Mitarbeiter in der Urlaubssai- son dann an der Kurpromenade auf Höhe der kleinen Seebrücke. Doch dieses Jahr ist alles etwas anders. Durch die Corona-Pandemie hat sich der Saison- beginn verschoben. In den Startlöchern stand Gla- ser trotzdem rechtzeitig und hat seine blau-weißen Strandsessel Ende April aufgebaut – und freut sich jetzt, seine Gäste seit dem 18. Mai wieder begrüßen zu dürfen. �� Foto: 54°/Felix König 2 06/20
Themen der Wirtschaft �� ZWISCHEN NORD- UND OSTSEE Mein Standpunkt 1 Bremsfaktor Bürokratie Wirtschaft im Bild 2 Neues im Norden Titelthema Gesetz- Foto: iStock.com/MATJAZ SLANIC Zitat des Monats 4 liche Rahmenbedin- Köpfe der Wirtschaft 5 gungen und Vor- schriften sorgen für Titelthema – Bremsfaktor Bürokratie Verlässlichkeit und Unternehmen und Verwaltung: mehr Realität wagen! 6 Fairness. Kosten sie Logistikbranche: Bürokratiefalle bei Schwertransporten? 8 Interview: Stefan Meyer über Robotic Process Automation 9 Interview: Rolf Brouwer zum LNG-Terminal Brunsbüttel 10 aber Zeit und Nerven, behindern sie das Ge- schäft. Auch wenn in �6 Dokumentationspflichten: Zu viel Bürokratie ist ungesund 12 der Coronakrise eini- Regulatory Affairs: Lotsen im Zulassungsdschungel 14 ges funktioniert hat – zäher Bürokratismus ist nicht überwunden. Lesen Sie im Titelthema zudem unter anderem, unter welchen Hemmnissen Wirtschaft im Gespräch der Schwerlastverkehr leidet, wie künstliche Intelligenz Abläufe verbes- Moreen Heine, Professorin für E-Government sert und was die Gesundheitsbranche belastet. und Open Data Ecosystems 16 Corona Spezial: Unternehmen und Märkte 18 Moreen Heine, Aus dem IHK-Bezirk Regionalteile Flensburg, Kiel und Lübeck 22 E-Government-Expertin IHK Schleswig-Holstein Wirtschaft im Gespräch Niemand hat Fachkräfte nach der Krise: Lust auf Papierkram und Ämtermara- gerade jetzt an Ausbildung festhalten! 37 thon – nicht mal die Ämter selbst. Um die Bürokratie zu verschlanken, sind �� Standort Schleswig-Holstein gute E-Government-Lösungen gefragt. IHK-Konjunkturumfrage: Professorin Dr. Moreen Heine forscht Corona trifft Wirtschaft mit voller Wucht 38 dazu an der Uni Lübeck. Die Wirtschaft � 16 IHK-Nord-Positionspapier: sprach mit ihr über Fehlentwicklungen, Foto: privat die Krise langfristig überwinden 40 Fortschritte und Corona als Beschleuni- �� Impulse und Finanzen gungsmittel. Lockerungen im Tourismus: Neustart mit Verantwortung 42 IHK aktiv: Serviceangebote in der Coronakrise 43 Corona Spezial �� Zukunft mit Bildung � 18 Foto: stock.adobe.com/Ekaterina Petrukhan IHK-Prüfungen: Berufsstart für Fachkräfte ermöglichen 44 Unternehmen und Märkte Die Corona- Covestro Industriepark Brunsbüttel: lernen und Gutes tun 45 Pandemie stellt die Wirtschaft auf den �� Technik und Trends Kopf. Doch Not macht erfinderisch: Arbeitsschutz: sicher durch die Pandemie 46 Ganz viele Betriebe stellen in Windes- eile Geschäftsideen, Initiativen und Lö- �� Globale Märkte sungen auf die Beine. Wir setzen unse- Situation in Österreich: Tipps für deutsche Firmen 48 ren Streifzug durch Schleswig-Holsteins Wirtschaft fort und zeigen, wie kreativ �� Recht und Steuern und mutig Unternehmen die Herausfor- Präqualifizierung: Überholspur zum Auftrag 49 derung annehmen. Veranstaltungen 52 Die IHK gratuliert 53 Treffpunkt Wirtschaft IHK-Corona-Hotlines – rufen Sie uns an! mit Rätsel der Wirtschaft 54 Die Expertinnen und Experten der IHKs in Schleswig-Holstein unterstüt- zen mit ganzer Kraft ihre Mitgliedsunternehmen. Rufen Sie uns an! Wir Hart am Wind lotsen Sie durch die Krise. �� Buchhandel Petersen, Kolumne 56 IHK Flensburg: (0461) 806-806 Verlagsspecials: IHK zu Kiel: (0431) 5194-455 Logistik & Lagerung, Fuhrpark & E-Mobilität 30, 50 IHK zu Lübeck: (0451) 6006-250 Titelbild: stock.adobe.com/BillionPhotos.com 06/20 3
Dafür haben die Organisatoren den Parkplatz des NordseeCongressCentrums am Messeplatz umgestaltet: Eine 30 Quadratmeter große, tages- lichttaugliche LED-Leinwand bietet ein besonderes Filmerlebnis für Gäste in bis zu 80 Autos. Der Au- dioempfang erfolgt über eine UKW-Frequenz direkt in die Pkw oder auf mitgebrachte UKW-Empfangs- geräte. Messechef Klaus Liermann sagt: „Wir haben eine waschechte Husumer Kooperation auf die Beine gestellt. Das Kinocenter und uns verbindet die Lei- denschaft, Menschen zu unterhalten, deshalb freue ich mich sehr, dass wir das Autokino jetzt umsetzen können.“ Unterstützung gab es unter anderem von Von links: Messechef Klaus Liermann Husum Tourismus, der VR Bank und den Stadtwer- mit den Kinobetreibern Sylvia ken Husum durch Sponsorenzusagen. Marksteiner-Hartung und Stephan Hartung Aufgrund der aktuellen Corona-Lage gibt es vie- le Vorschriften und Regeln: So sind etwa mehr als zwei Erwachsene pro Auto nicht erlaubt, Hilfestel- Autokino an der Westküste lung beim Einstellen der UKW-Frequenz im eigenen Pkw ist vor Ort nicht möglich und Toiletten dürfen nicht angeboten werden. Eine waschechte Auch für Getränke und Popcorn müssen die Gäste selbst sorgen. „Wir sind trotz der Einschränkungen sehr froh, mit unseren Kino- Husumer Kooperation vorstellungen endlich wieder für Emotionen sorgen zu können“, so Sylvia Marksteiner-Hartung, die gemeinsam mit ihrem Mann Foto: Messe Husum & Congress Licht aus, Film ab: Kinobesuche sind seit Mitte März auch in Stephan Hartung das Kinocenter Husum betreibt. red �� Schleswig-Holstein verboten. Eine andere Lösung musste her – und verschaffte einem altbewährten Konzept ein Revival: Das Ki- Mehr unter nocenter Husum und die Messe Husum & Congress haben das ers- www.messehusum.de te Autokino Schleswig-Holsteins an der Westküste gestartet. Am www.kino-center-husum.de 8. Mai machte der Film „Das perfekte Geheimnis“ den Auftakt. Digital Challenge 2020 schäftsmodell der teilnehmenden Un- ternehmen heraus. Acht bis zehn Stu- Stresstest für Ihr Geschäftsmodell dierende arbeiten an einem zukünftigen Geschäftsmodell des Betriebs. D er Verein The Bay Areas e. V. in mehrdimensionale digitale Entwicklung Jetzt bewerben Noch bis 15. Juni 2020 Kiel ruft Unternehmen auf, im von Geschäftsmodellen unter gleich- können sich Unternehmen für 2020 be- November an der Digital Chal- wertiger Berücksichtigung von Mensch, werben. Vergeben werden zwei Teilnah- lenge 2020 teilzunehmen. Das Schwer- Umwelt und Wirtschaft. Bei dem kre- meplätze je Standort (Kiel, Lübeck, Flens- punktthema in diesem Jahr ist „Sus- ativen Ideenwettbewerb fordern zwei burg, Husum). Aus der Bewerbung muss tainable Disruption“ – es geht um die Teams aus Masterstudierenden das Ge- hervorgehen, dass das Unternehmen be- reit ist, sich herausfordern zu lassen, in- wiefern es die Notwendigkeit sieht, sich herausfordern zu lassen, und dass es in Zitat des Monats der Lage ist, die Voraussetzungen für bei- de Studierenden-Teams und die für die Teilnahme am Projekt im Allgemeinen „Morgens eine Stunde durch dichten Verkehr zur Arbeit, von 9 bis zu erfüllen. Die Teilnahmegebühr beträgt 17 Uhr am Schreibtisch, dann wieder nach Hause: Hat die Coronakrise 2.000 Euro. Über alle weiteren Modalitä- dieses jahrzehntealte und energiefressende Konzept, den ewigen ten informiert The Bay Areas e. V. red �� Puls des Büroorganismus mit seinen ‚Mahlzeit‘-Ritualen und dem Mehr Infos und Bewerbung Pläuschchen in der Kaffeeküche überflüssig gemacht?“ Jannis Grube Journalist Michael Fabricius am 23. April Koordinator Digital Challenge in der Tageszeitung „Die Welt“ über Heim- und Büroarbeit you@the-bay-areas.de 4 06/20
Neues im Norden �� Köpfe der Wirtschaft Dr. Alexander Paar ist im April von Wissen- Am 1. April hat Dr. Marouane Sayih die Leitung schaftsministerin Karin Prien zum Professor an der des Geesthachter Innovations- und Technologie- Dualen Hochschule Schleswig-Holstein (DHSH) zentrums (GITZ) übernommen. Er folgt damit auf ernannt worden. Seit September 2019 lehrt der Dr. Rainer Döhl-Oelze, der sich anderen Aufga- gebürtige Hesse unter anderem Datenmanage- ben zuwendet. Sayih war zwischen 2017 und ment und künstliche Intelligenz im Fachbereich 2019 als Leiter des Bereichs Initiativen für die Wirtschaftsinformatik an der DHSH in Kiel. Zudem Gründungsförderung im Zentrum Digitalisierung ist er als Vizepräsident Teil des Präsidiums der Hochschule. Bayern zuständig. Zuvor verantwortete er knapp sechs Jahre als Geschäftsführer eines der größten Graduiertenzentren der Tech- Fotos: DHSH, HypoVereinsbank, hfr, Carsten Milbret Die HypoVereinsbank hat Jörg Kube zum Leiter nischen Universität München. des Firmenkundengeschäfts in der Region Nord ernannt. In dieser Funktion verantwortet er von Swen Rathjens ist seit April weiterer ge- Hamburg aus die Beratung von Unternehmen in schäftsführender Teilhaber der Jens Märkte Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schles- Jens GmbH & Co. KG in Burg auf Fehmarn. Seit wig-Holstein. Er verfügt über fast 25 Jahre Erfah- 2007 arbeitet der gebürtige Brunsbütteler bereits rung im Firmenkundengeschäft. Seit 2011 ist er bei in dem Unternehmen. Er hat sich dort im Juni- der HypoVereinsbank tätig und leitete zuletzt rund fünf Jahre das oren-Aufstiegsprogramm von Edeka qualifiziert Firmenkundengeschäft der Bank in Westfalen. Davor war er mehr und sich zur Führungskraft Handel weitergebil- als vier Jahre lang als Key-Account-Manager mit der Beratung von det. Seit 2016 ist Swen Rathjens als Vertriebsleiter für das gesamte Großkunden der HypoVereinsbank in Nordrhein-Westfalen betraut. Unternehmen tätig. �� Virenschutzlack für effiziente Print | kompetent und effizient Keimreduzierung um 99,5 % Mehr als geprüft vom Fraunhofer Institut IVV in München getestet gemäß DIN ISO22196 eine Druckerei seit 1920 Antibakterielle Wirkung für Flyer, Broschüren und Visitenkarten Lise-Meitner-Allee 5 | 25436 Tornesch | Tel.: 04120 70686-60 | Kontakt@RieckDruck.de | www.RieckDruck.de 06/20 5
Mehr Realität wagen! Unternehmen und Verwaltung Ein Unternehmen zu führen bedeutet auch, sich an bestimmte Regeln zu halten. Gesetzliche Rahmenbedingungen und Vorschriften sorgen für Verlässlichkeit und Fairness auf einem komplexen Markt. Kosten sie aber wertvolle Zeit und Nerven, behindern sie das Geschäft. Auch wenn in der Coronakrise das ein oder andere schnell und effektiv funktioniert hat – zäher Bürokratismus ist längst nicht überwunden. S eit mehr als 100 Jahren versorgt die BWB Nommensen Zutrittskontrollanlagen, Flucht- und Rettungswegtechnik GmbH aus Kiel ihre Kunden mit Baubeschlag- und sowie Feststellanlagen für Brandschutztüren und sorgen für Sicherheitstechnik. „Wir konfigurieren unter anderem die Lieferung, Inbetriebnahme und Abnahme“, sagt Klaus Edier, geschäftsführender Gesellschafter. Bürokratie hat für den Unternehmer seine Berechtigung. „Regeln geben uns Sicherheit in unseren Entscheidungen und Planungen.“ Lei- sten könnten sie dies jedoch nur, wenn sie über ausreichend „Europäische Unternehmen Flexibilität verfügten, so Edier. „Vorschriften müssen in ge- stehen hier im Wettbewerb wissen Abständen auf ihre Zweckmäßigkeit geprüft werden. mit Unternehmen in Sonst werden sie zur Belastung.“ Lange Entscheidungspro- zesse etwa führen zu hohen Kosten und unnötigem Zeitauf- Ländern, in denen die wand: „Unnütz vergeudete Energie kostet Kraft, die im Be- Anforderungen deutlich trieb benötigt wird, um effektiv arbeiten zu können.“ unkomplizierter sind.“ Vorschriften könnten schnell eine Eigendynamik ent wickeln. „Eine Regel zieht oft eine andere nach sich“, so Christoph Brellinger, Edier. So könne es passieren, dass Verwaltungen einen Re- take-e-way gulierungswahn entwickelten, der an den Bedürfnissen und 6 06/20
Titelthema Bremsfaktor Bürokratie �� damit der Realität der Unternehmen vorbeigehe. Ein Beispiel sen, als dann nach 14 Tagen bereits das Geld auf dem Konto sei die Datenschutzgrundverordnung. „Hier wollte man die eingegangen sei, sagt Teichmann. „Auch das Beantragen des ganz Großen zur Ordnung rufen und hat die kleinen und Kurzarbeitergeldes lief bei mir reibungslos. Die Arbeitsagen- mittleren Betriebe unnötig belastet.“ Eine neue Verwaltungs- tur hat mir hier super weitergeholfen und nach drei Wochen kultur müsse angemessene Entscheidungsspielräume gewäh- war die Sache durch.“ ren. Dafür brauche man auch die richtigen Personen an den Im Unternehmensalltag ärgere man richtigen Stellen, erklärt Edier. „Ein Schornsteinfeger kann sich schon das eine oder andere Mal „Die Arbeitsagentur kaum einem Bäcker vorschreiben, wie er sein Brot zu backen über bürokratische Hürden. Die Kurta- hat mir super hat.“ xe sei ein Thema, das einen Mehrauf- weitergeholfen.“ wand bedeute, den man auch anders Unternehmen entlasten Die take-e-way GmbH aus Ham- hätte lösen können. „Ich muss jeden burg ist ein Unternehmen der Buhck Gruppe mit Sitz in Gast auseinanderrechnen, das erfor- Wentorf. Die Firma hat den professionellen Umgang mit dert eine zusätzliche Abrechnungsstel- Bürokratie zu ihrem Geschäftsmodell gemacht und betreut le. Dieser Aufwand wird mir nicht be- 5.500 Unternehmen aus 37 Nationen mit Lösungen für zahlt.“ Bürokratischer Aufwand müsse Produktverantwortung und Compliance. Die behördlichen so schlank wie möglich gehalten wer- Anforderungen seien kaum noch zu durchschauen, sagt den. „Bei der Organisation der Hilfen Christoph Brellinger, Kommunikationsleiter bei take-e-way. ist das in vielen Bereichen gelungen“, „Spätestens bei der Einhaltung der verschiedenen Meldeter- so Teichmann. Was die Zukunft anbe- mine, der Registrierung in einer Masse von Behördenporta- langt, bleibt der Unternehmer optimi- len, der Nachhaltung der Gesetze hinsichtlich Änderungen stisch: „Ich denke, wenn die Auflagen und der Identifizierung neuer, individuell zutreffender Ge- es wieder zulassen, wird es wenig Zu- Bo Teichmann, setze sind menschliche Kapazitätsgrenzen schnell erreicht.“ rückhaltung bei den Touristen geben.“ Schlei Hotel Hier müssten Unternehmen zunehmend auf spezialisierte Ein gewisses Maß an Bürokratie ist Dienstleister zurückgreifen. unumgänglich für eine funktionierende Wirtschaft, darin sind Ein Beispiel findet sich im Online-Handel mit Elektroge- sich die drei Unternehmer einig. Die Realität erfordert ausrei- räten. Da komme schnell das Elektrogesetz ins Spiel, erklärt chend Flexibilität bei Regulierungen und eine kontinuierliche Brellinger. Es regelt das fachgerechte Recycling des Geräts Überprüfung bestehender Vorschriften. Bürokratismus lähmt auf Kosten des Inverkehrbringers. „Enthält das Gerät einen Unternehmen und nimmt ihnen die Zeit für das eigentliche Akku, ist das Batteriegesetz schnell Thema. Wird es verpackt, Geschäft. Die Ausnahmesituation hat gezeigt: Es geht auch an- muss der Unternehmer sich auch mit dem Verpackungsge- ders. �� setz beschäftigen. Kann das Gerät Musikstücke abspielen, bewegt man sich schnell im Bereich des Urheberrechts.“ Er Autor: René Koch könne die Liste beliebig weiterführen, sagt Brellinger. „Bü- IHK-Redaktion Schleswig-Holstein rokratie wird allein durch ihre Masse schnell zum Problem.“ rene.koch@flensburg.ihk.de Im Online-Handel bewege man sich zudem auf interna- tionalem Parkett. „Europäische Unternehmen stehen hier im Mehr unter Wettbewerb mit Unternehmen in Ländern, in denen die An- www.bwb-kiel.de forderungen deutlich unkomplizierter sind.“ Was eigentlich www.take-e-way.de Sicherheit bieten solle, werde so schnell zum Wettbewerbs- www.schleihotel.de nachteil, sagt Brellinger. Die take-e-way GmbH bietet ihren Kunden die Möglichkeit, diese Prozesse auszulagern. „So können unsere Kunden sich weiterhin auf ihr Kerngeschäft Fotos: iStock.com/TarikVision, Thomsen’s Motel/Maren Höft, Mareike Suhn konzentrieren und laufen nicht Gefahr, über rechtliche Fall- stricke zu stolpern.“ Hotel- und Gastronomieimmobilien Schnelle Hilfe Für viele Unternehmen ist Bürokratie eine ernst zu nehmende Belastung. Die Coronakrise zeigt jedoch CORDES und RIEGER an manchen Stellen, dass es auch mal ohne geht: Bo Teich- Kompetenz für Tourismus, Hotellerie, Gastronomie mann, Geschäftsführer des Schlei Hotel in Kappeln an der Schlei, musste – wie viele andere Betriebe – Mitte März sei- Ein Auszug aus unseren Immobilienangeboten: nen Betrieb schließen. „Ich übernahm das Hotel im vergan- genen Juni. Wir haben gerade den ersten Winter hinter uns ▪ Nordsee pur: TOP eingeführtes Friesenhaus 1,99 Mio Euro und voll auf die kommende Saison gesetzt.“ Die Finanzdecke ▪ Investoren und Hoteliers: exklusives Hotelanwesen 5,0 Mio Euro sei dementsprechend dünn gewesen. „Wir mussten von heute ▪ Außergewöhnliches Resort Metropolregion Hannover 2,6 Mio Euro auf morgen zumachen. Damit fehlen natürlich wichtige Ein- nahmen“, so Teichmann. Die Informationen zu Hilfen hät- ▪ Glamping or Camping? Seltenes Kaufangebot 1,5 Mio Euro ten sich in dieser Zeit überschlagen. „Jeden Tag hörte man ▪ Gediegenes, beliebtes Stadthotel Raum Kiel auf Anfrage irgendetwas anderes. Ich habe mich da am IHK-Newsletter Schillerstr. 11 ▪ 24116 Kiel ▪ T+0431 533233-16 ▪ www.cordes-rieger.de orientiert und über die zur Verfügung gestellten Anträge So- forthilfe beantragt.“ Ein wenig erstaunt sei er schon gewe- 06/20 7
�� Titelthema Bremsfaktor Bürokratie Bürokratiefalle bei Schwertransporten? Logistikbranche Das Online-Portal Vemags soll Großraum- und Schwerlasttransporteuren eigentlich helfen, leichter Anträge zu stellen. Mit einem geplanten neuen Release des Instruments droht jedoch ein Rückschritt. U nternehmen, die Großraum- und Frankfurt am Main, so greifen alle be- ximalmaß ist weiterhin zwingend erfor- Schwertransporte (GST) durch- teiligten Landes- und Kommunalbehör- derlich“, so Schmidt. führen, haben es schwer, ihre den über das Portal auf den Antrag zu. Ein wichtiger Punkt, der von der Aufträge schnell abzuarbeiten. Grund Henning Schmidt hat dabei bisher einen IHK Nord ebenfalls gefordert wird, sei sind immer noch die langen Wartezeiten Überblick über den Antragsstatus. Doch eine Festlegung von großräumigen Kor- für die Fahrtengenehmigungen. „Wir diese Transparenz droht jetzt wegzu- ridoren, die für GST ausgebaut und in- warten im Schnitt zwei bis drei Wochen“, fallen. „Das wäre für uns ein Desaster. stand gehalten werden. Zudem geht es sagt Henning Schmidt, Geschäftsführer Denn aktuell können wir jederzeit aktiv Schmidt darum, innerhalb dieser Korri- der gleichnamigen Spedition in Heide. werden und bei den einzelnen Behörden dore allgemeine Verfügungen über alle Lediglich Schles- anrufen und fragen, warum es dort nicht relevanten Maße für Transitverkehre zu wig-Holstein blei- weitergeht. Das scheinen die Ämter schaffen, die direkt von der zuständigen be mit drei bis fünf nicht zu wollen“, glaubt Schmidt. Behörde genehmigt werden können. Tagen im Rahmen. Wünschenswert sei auch, die strenge Re- Auch die IHK Nord Realistische Regeln Das Gleiche gilt gel der Baugleichheit der Fahrzeuge auf- forderte bereits vor für eine geplante Änderung der Straßen- zuheben und wieder zur alten Regelung zwei Jahren, die verkehrsordnung (StVO), nach der die der Bauart zurückzukehren. Auch damit Bearbeitungszeiten Ausnahmegenehmigungen von der StVO ließe sich nach Meinung von Schmidt auf maximal fünf nur noch Behörden ausstellen können, in das Verfahren vereinfachen. Tage zu verkürzen. deren Bezirk der Transport beginnt oder Bei all der geforderten Toleranz ist Helfen soll endet. Das führt laut Schmidt automa- dem Geschäftsführer klar, dass es Spiel- Henning Schmidt, dabei ein zentra- tisch zu einer Verschiebung, die viele Be- regeln geben muss. Es gehe lediglich Spediteur les Online-Portal hörden nicht bewältigen könnten, wäh- darum, diese für alle realistischer zu mit dem Namen rend andere mit viel Schwerlast-Know- gestalten. Zudem wünscht sich Schmidt Vemags (Verfah- how deutlich weniger zu tun hätten. mehr Respekt und Wertschätzung für rensmanagement für Großraum- und Eine Gefahr sieht der Spediteur auch die Logistikbranche – besonders jetzt Schwertransporte). Das System bil- darin, gewisse Toleranzen mit dem neu- im Kampf gegen das Coronavirus. �� det von der Antragstellung bis zur Be- en Release aufzuheben. So ist geplant, scheidzustellung alle Schritte ab. Zwar künftig bei allen Abweichungen der Autor: Ralf Johanning ist Vemags seit mehr als zehn Jahren im beantragten Maße eine neue Genehmi- Freier Journalist Einsatz, an der langen Bearbeitungszeit gung beantragen zu müssen. Das gilt redaktion@ihk-sh.de hat sich jedoch nicht viel geändert – und auch, wenn die Ladung beispielsweise ein neues Release bedeutet womöglich nicht wie angegeben 3,2 Meter, son- IHK-Nord-Positionspapier weitere Probleme. dern nur 3,1 Meter breit ist. „Wir sollten www.ihk-nord.de Beantragt Spedition Schmidt etwa weiterhin an der sogenannten Bis-zu- (Dokument-Nr. 4067912) einen Transport von Flensburg nach Genehmigung festhalten. Denn ein Ma- Fotos: privat, H. & H. Schmidt GmbH & Co. KG Tieflader der Spedition Schmidt mit bis zu 75 Tonnen Nutzlast 8 06/20
Titelthema Bremsfaktor Bürokratie �� „Wie ein virtueller Mitarbeiter“ Fotos: iStock.com/Andrey Suslov, privat Robotic Process Automation Sie kann in Unternehmen helfen, Prozesse zu automatisieren, ohne aufwendige Schnittstellen zu programmieren: Robotic Process Automation (RPA). Stefan Meyer, Bereichsleiter Finanzen der Stadtwerke Kiel AG, erklärt im Interview die Vorteile und Einsatzgebiete von RPA. Wirtschaft: Einfach erklärt: Was ver- Wirtschaft: Wie wenden die Stadt- Stunden auf 30 Minuten reduzieren. birgt sich hinter „Robotic Process Auto- werke Kiel RPA an? Wir haben bei der Umsetzung von RPA mation“? Meyer: Im Bereich Finanzen setzen gleichzeitig Know-how im Unterneh- Stefan Meyer: Mit RPA können wir RPA zur Unterstützung in der tägli- men aufgebaut. RPA-Anwendungen nicht nur systeminterne, sondern auch chen Zahlungseingangsverarbeitung ein. können daher ohne externe Unterstüt- systemübergreifende Prozesse automati- In unserer Netzgesellschaft werden zur zung komplett umgesetzt werden. Kos- siert werden. Das RPA-System ist dabei Abrechnung mehrere Systeme eingesetzt. ten durch Schnittstellenprogrammie- wie ein virtueller Mitarbeiter. Es navi- Dies führt dazu, dass wir in der Zahlungs- rungen vermeiden wir somit. giert sich durch die einzelnen Systeme, eingangsverarbeitung drei Optionen ana- Wirtschaft: Für welche Anwendun- wie es auch bei der Bearbeitung durch lysiert haben: 1. komplett manuelle Be- gen ist RPA geeignet? einen Menschen der Fall wäre. arbeitung (Status quo vor Umsetzung), Meyer: RPA ist zum Beispiel bei sich Wirtschaft: Was unterscheidet RPA 2. Programmierung einer Schnittstelle ständig wiederholenden Tätigkeiten von herkömmlicher Prozessautomati- zwischen den Systemen, 3. RPA-Einsatz. oder klar definierbaren Aufgaben mit sierung? Wir haben uns für die RPA-Umsetzung wenig Ausnahmen, die festen Regeln Meyer: Prozessautomatisierungen entschieden. Seit mehr als einem Jahr ha- unterliegen, von Vorteil. Auch wenn die sind in der Regel immer dann relativ ein- ben wir diese Lösung im Einsatz und die Aufgaben strukturiert und möglichst fach umzusetzen, wenn sie lediglich in ei- Zahlungen werden seitdem zu 97 Prozent bereits digital vorliegen, kann man RPA nem System erfolgen. Sobald ein Prozess automatisch zugeordnet. Mittlerweile einsetzen. Nicht geeignet sind Prozes- durch mehrere Systeme bedient wird, sind viele Prozesse hinzugekommen, die se, die von diesen Kriterien abweichen. müssen Schnittstellen gerade analysiert werden Allerdings muss es kein Ausschlusskri- programmiert werden. „Wir vermeiden Kosten oder sich bereits in der terium sein. Jede RPA-Umsetzung ist Bei der Umsetzung von durch Schnittstellen- Umsetzung befinden. auch eine Einzelfallentscheidung. Wir RPA-Lösungen wer- programmierungen.“ Wir werden RPA auch haben ein Konzept für mögliche RPA- den solche program- in weiteren Unterneh- Umsetzungen entwickelt. Nach einem mierten Schnittstellen mensbereichen einset- Erstgespräch zwischen Fachbereich und gar nicht benötigt. zen, etwa in der Perso- RPA-Koordinator werden Aufwand und Zunächst sollte aber nalabteilung, im Ver- Nutzen gegenübergestellt. So kann man generell ein Blick auf trieb, im Controlling und schnell erkennen, ob eine Umsetzung eine mögliche Prozess im Rechnungswesen. zweckmäßig ist. �� optimierung geworfen Wirtschaft: Welche werden. Oft liegt hier Vorteile erschließen Interview: Nathalie Klüver der Schlüssel zum Er- sich dadurch? Freie Journalistin folg. Anschließend Meyer: Die Abarbei- redaktion@ihk-sh.de kann der RPA-Einsatz tungsgeschwindigkeit bei systemübergreifen- steigert sich: Wir konn- Mehr unter den Prozessen sinnvoll Stefan Meyer, ten die tägliche Bearbei- www.stadtwerke-kiel.de sein. Stadtwerke Kiel AG tungszeit von mehreren 06/20 9
�� Titelthema Bremsfaktor Bürokratie „Wir erfahren große Unterstützung“ LNG-Terminal Die German LNG Terminal GmbH plant den Bau und den Betrieb des ersten multifunktionalen Import- und Distributionsterminals für Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) in Deutschland. Die Wirtschaft sprach mit Managing Director Rolf Brouwer über den Stand des Projekts, Genehmigungsverfahren und Perspektiven. Wirtschaft: Was genau ist in Brunsbüttel geplant? Rolf Brouwer: Wir planen den Bau und Betrieb eines Terminals für verflüssigtes Erdgas. Es wird eine Reihe von Dienstleistungen bereitstellen: das Be- und Entladen von LNG-Carriern, die temporäre LNG-Speicherung, die Regasi- fizierung, das Einspeisen ins Erdgasnetz und die Distributi- on durch Tankkraftwagen, Schiffe und Kesselwagen. Gegen- wärtig gibt es europaweit bereits 36 vergleichbare Terminals. zum anderen die immissionsschutzrechtliche Zulassung des Deutschland verfügt über kein eigenes LNG-Terminal, muss LNG-Terminals einschließlich der entsprechenden Einrich- also auf Terminals wie in Rotterdam oder Zeebrugge zurück- tungen (LNG-Lagerung an Land). Dabei ist beabsichtigt, das greifen – und das, obwohl Deutschland der größte Erdgas- immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zeitlich markt Europas ist. nach dem Planfeststellungsverfahren einzuleiten. Wir verfü- Wirtschaft: Sie stehen mitten im Genehmigungsverfahren. gen über ein hoch motiviertes Team von internationalen Spe- Brouwer: Bereits 2019 haben wir die Scoping-Phase ab- zialisten. geschlossen, in der Inhalt und Umfang der Umweltverträg- Wirtschaft: Was spricht für Brunsbüttel? lichkeitsprüfung festgelegt wurden. Wir sind jetzt dabei, den Brouwer: Brunsbüttel liegt geografisch ideal: Der Hafen ist Genehmigungsantrag zur Planfeststellung der Hafeninfra- für die QMax Carrier, die das LNG bringen, gut erreichbar. struktur einschließlich der wasserseitigen Anlagen zu kom- Von dort sind es nur circa drei Stunden per Schiff in den Ham- plettieren. Dies erfolgt beim Amt für Planfeststellung Verkehr burger Hafen, wo das LNG als Kraftstoff für die Schifffahrt be- in Kiel. Aus genehmigungsrechtlicher Sicht sind zwei Vorgän- nötigt wird. Das Terminal liegt zudem am Eingang des Nord- ge zu unterscheiden: zum einen die Planfeststellung der Ha- Ostsee-Kanals, des Zugangs zu den baltischen und skandina- feninfrastruktur einschließlich der wasserseitigen Anlagen, vischen Märkten. In direkter Nachbarschaft liegt das größte Für die Wirtschaft vor Ort: Gemeinsam anpacken! Jetzt in der Facebook-Gruppe mitmischen: facebook.com/groups/GemeinsamAnpacken Eine Initiative der 10 06/20
Titelthema Bremsfaktor Bürokratie �� Digitale Vorreiter Von anderen Ländern lernen Bürokratie gibt es nicht nur in Deutschland. Aber Beispiele aus Finnland und Estland zeigen, wie der Staat der Wirtschaft das Leben leichter machen kann. Ob E-Government, Unternehmensgründung online oder digitale Unterschrift – viele Prozesse für Unternehmen laufen dort schneller und unkomplizierter ab. Besonders weit beim Thema Digitalisierung ist Estland. In „E-Estonia“ können rund 98 Prozent aller geschäftlichen Transakti- onen online erledigt werden. Hierzu hat Estland X-Road entwickelt. Das auf Blockchain-Technologie basierende System bietet mehr als 3.000 Services an und wickelt jeden Monat 180 Millionen Transaktio- nen vom Online-Banking bis zur Steuererklärung für Unternehmen ab. Das spart viel Geld und Zeit: Tõnis Pilvisto, Geschäftsführer des En- doskopieherstellers und Medizinausrüsters Karl Storz in Estland, Foto: iStock.com/tcly schätzt, dass er allein die digitale Unterschrift zehn bis 20 Mal pro Tag nutzt. Hiermit funktioniere eigentlich alles. Aus einer Hand Auch die Gründung von neuen Unternehmen geht in Estland schnell. „Fünf bis 15 Minuten“, meint Pilvisto. Schätzungen Tankschiff für Flüssigerdgas gehen davon aus, dass so jährlich etwa zwei Prozent des estnischen Bruttoinlandsprodukts eingespart werden – wichtige Ressourcen, die zusammenhängende Industriegebiet Schleswig-Holsteins, der in das Kerngeschäft gesteckt werden können: Beim Familienunterneh- ChemcoastPark, in dem viele energieintensive Betriebe sitzen. men Karl Storz, das seinen Hauptsitz im bayerischen Tuttlingen hat, Sie werden LNG von unserem Terminal beziehen und uns ihre arbeiten in Estland nur vier von 250 Mitarbeitern in der Verwaltung. Prozesswärme liefern. Wir wollen uns intensiv mit der regio- Und auch in Finnland lässt sich vieles digital aus einer Hand er- nalen Wirtschaft vernetzen und Synergien nutzen. ledigen. Das Portal suomi.fi bündelt den Zugang zu zahlreichen Be- Wirtschaft: Wie wirken sich Proteste in Brunsbüttel auf das hörden – für Unternehmen und Privatpersonen. „Das beschleunigt Verfahren aus? die Kommunikation ungemein“, sagt Mika Joachim Pöpken, der seit Brouwer: Auch wenn es bereits fast 40 bestehende Termi- 16 Jahren in Finnland als Anwalt arbeitet. Allerdings sei auch die Ein- nals in Europa gibt, ist der Betrieb für Brunsbüttel natürlich stellung zu Bürokratie anders. Die Skandinavier hätten mehr Vertrauen neu. Da gibt es ein berechtigtes Interesse, das Projekt kennen- in den Staat, der Umgang mit Daten sei – vielleicht auch deshalb – zulernen. Jenseits der Bürgerbeteiligung, die das Genehmi- transparenter. red �� gungsverfahren vorschreibt, wollen wir daher den Dialog mit Anwohnern und Umweltschützern intensiv fortsetzen. Bereits Mehr unter vor mehr als einem Jahr haben wir zu zwei Diskussionsver- www.e-estonia.com anstaltungen eingeladen – bewusst gemeinsam mit Kritikern. www.suomi.fi Vernetzung und gute Nachbarschaft heißt, auf alle Beteiligten zuzugehen. Das wird honoriert, wir erfahren vor Ort große Unterstützung. Wirtschaft: Welche Bedeutung hat ein LNG-Terminal in Krisenzeiten? Wert- und Feuerschutzschränke Brouwer: Wir haben deutlich vor der Krise begonnen, sorgfältig zu planen, unser Engagement ist sehr langfristig an- gelegt. Corona führt uns neben den schrecklichen gesundheit- Geprüfter Schutz vor Einbruch und Feuer lichen Folgen auch vor Augen, wie wichtig es aus wirtschaft- Wert- und Feuerschutzschränke licher Sicht ist, Risiken zu minimieren, sich breit aufzustellen. Schlüsseltresore Hierzu kann das Terminal einen Beitrag leisten – ein LNG- Waffenschränke Terminal sorgt dafür, dass die Erdgaslieferländer für Deutsch- land diversifiziert werden. �� Lieferung, Aufstellung u. Montage Service und Notöffnungen Interview: Dr. Sabine Schulz auch für Fremdfabrikate IHK zu Kiel, Standortpolitik sschulz@kiel.ihk.de Mehr unter Besuchen Sie unsere große Ausstellung mit Neu- u. Gebrauchtmodellen. Eiderhöhe 5 24582 Bordesholm Tel. 04322 / 58 38 www.tresor-baumann.de www.germanlng.com 06/20 11
Foto: stock.adobe.com/Blue Planet Studio Zu viel Bürokratie ist ungesund Dokumentationspflichten Sie ist der größte Arbeitgeber Schleswig-Holsteins: die Gesundheitswirtschaft. Mit einem Wertschöpfungsanteil von 15 Prozent an der Gesamtwirtschaft ist sie im bundesweiten Vergleich auf Platz eins. Überraschend wenig Gehör findet ihr Hilferuf zur überbordenden Bürokratie. K aum eine Branche ist so stark reguliert wie das Gesund- vorgegebenen Sortierung ab, lehnen Krankenkassen die Zah- heitswesen. Ob Kliniken, Apotheken, Sanitätshäuser, lung ab. Obwohl den Krankenkassen durch den elektronischen Pflegeeinrichtungen, Physiopraxen, Pharma- oder Me- Kostenvoranschlag abrechnungsrelevante Daten der Sanitäts- dizinproduktehersteller – sie alle kämpfen gegen eine über- häuser digital vorliegen, sind für die Leistungsabrechnung alle bordende Bürokratie an. So müssen Ärzte und Pflegekräfte in Unterlagen in Papierform einzureichen, was auf beiden Seiten Akutkliniken seit Einführung der Fallpauschalen jede einzel- einen immensen Aufwand bedeutet. ne Tätigkeit für die Krankenkassen dokumentieren. Dies führt Unabhängig vom Versorgungsbereich binden Dokumen- im Durchschnitt zu einer täglichen Dokumentationslast von tationen die teils ohnehin knappen personellen Kapazitäten, bis zu vier Stunden im ärztlichen Dienst und knapp drei Stun- kosten wertvolle Zeit und führen zu Effizienzverlusten sowie den in der Pflege. Planungsunsicherheiten. Dokumentationen sind zwar uner- Juristische Unsicher- Besonders juristische Unsicherheiten lässlich für Transparenz, Qualitätskontrolle und den effizien- heiten führen zu einer führen zu einer Mehrdokumentation, ten Umgang mit Krankenkassengeldern. Bedenklich wird es Mehrdokumentation, um auf alle Rechtsstreitigkeiten vor- jedoch, wenn die administrativen Aufgaben den Blick auf das bereitet zu sein. Angesichts der zuneh- Wesentliche verstellen: die Betreuung und Versorgung der Pati- um auf alle Rechts- menden Multimorbidität und des Fach- enten. Weniger Bürokratie bringt aber nicht nur Unternehmen streitigkeiten kräftemangels in der Pflege sind derart Zeit- und Kostenersparnisse, sondern auch den Verwaltungen. vorbereitet zu sein. zeitintensive Dokumentationsverpflich- Als Vermittler zwischen Wirtschaft und Politik sucht die tungen eine besorgniserregende Ent- IHK im Dialog mit der Politik schlanke und praktikable Lö- wicklung. Nicht minder hoch ist die bürokratische Belastung sungen, um sinnlose bürokratische Hürden abzubauen. Haben an der Nahtstelle zwischen dem ambulanten und dem statio- Sie konkrete Beispiele für bürokratische Belastungen? Melden nären Versorgungsbereich. Sie sich bei uns. �� Unterlagen in Papierform Die Dokumentationspflicht Autor und Kontakt: Thomas Jansen wächst auch in Sanitätshäusern. Ihre Kompetenzen in den Be- IHK zu Kiel, Geschäftsstelle Elmshorn reichen Hilfsmittelversorgung, Reha- und Orthopädietechnik Telefon: (04121) 4877-34 sind insbesondere bei Senioren, chronisch Erkrankten und jansen@kiel.ihk.de Reha-Patienten gefragt. Für das Abrechnen von Hilfsmitteln fordern die Krankenkassen allerdings zahlreiche Zusatzdoku- IHK-Website – Jobmotor Gesundheitsbranche mente. Einheitliche Dokumentationsstandards fehlen. Weicht www.ihk-sh.de (Dokument-Nr. 103003) die Reihenfolge der eingereichten Dokumente etwa von der 12 06/20
Titelthema Bremsfaktor Bürokratie �� Medizinprodukterecht EU-Parlament verlängert Frist Im Mai hätte die neue EU-Medizin- men zu müssen, sodass in der produkteverordnung (MDR 2017/745) Patientenversorgung Engpässe in Kraft treten sollen. Ihr Ziel sind neben drohen. einer EU-weiten Harmonisierung der Rechtsvorschriften für das Inverkehrbrin- Versorgungsengpässe Mit gen und die Inbetriebnahme von Medizin- der Covid-19-Pandemie hat produkten hohe Standards für die Qualität sich die Lage für Medizinpro- und Sicherheit. Jetzt hat das EU-Parlament duktehersteller weiter ver- den Geltungsbeginn verschoben. schärft: Zulieferer brechen Seit Monaten bereiten sich Unterneh- weg, Produktionsstätten arbeiten nur ein- tionsfähigkeit des MDR-Systems weiterhin men mit allen Kräften auf die MDR-An- geschränkt, Auditoren unterliegen Reiseres nicht gesichert, sodass Versorgungsengpäs- forderungen und -Formalitäten vor. Er- triktionen. Daher hat das EU-Parlament se auch in den Folgejahren wahrscheinlich schwerend kommt hinzu, dass die wenigen Mitte April den Geltungsbeginn der MDR bleiben. �� Auditier- und Zertifizierstellen, bei denen auf den 26. Mai 2021 verschoben, womit Medizinproduktehersteller ihre neuen wie eine zentrale Forderung der IHK-Organisa- Autor und Kontakt: Thomas Jansen Foto: iStock.com/Georgiy Datsenko auch ihre bestehenden Produkte zertifizie- tion aufgegriffen wurde. IHK zu Kiel, Geschäftsstelle Elmshorn ren beziehungsweise rezertifizieren lassen Auch wenn Hersteller nun eine Fristver- Telefon: (04121) 4877-34 müssen, überlastet sind. Eine CE-Zerti- längerung erhalten haben – obgleich ein jansen@kiel.ihk.de fizierung ist für eine Marktzulassung je- Ende der Coronakrise nicht in Sicht ist –, doch unabdingbar: Hersteller laufen sonst bleiben der Mangel an Zertifizierstellen TÜV Süd – Infos zur MDR Gefahr, etwa bewährte Implantate oder und Guidelines sowie die Angleichung wei- www.bit.ly/tuev-mdr Chirurgieinstrumente vom Markt neh- terer Fristen ungelöst. Somit ist die Funk- Förderungs- und Beratungsgesellschaft für mittelständische Unternehmen mbH Wir beraten kostenlos Unternehmen, die durch die Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind. Wir begleiten Sie mit unserem Exper- tenteam durch die Krise, analysieren gegebene und zweckmäßige Fördermaßnahmen, die seitens der öffentlichen Hand bereit ge- stellt wurden und werden, und bereiten Sie auf Bankgespräche vor (wie ist die aktuelle Entwicklung etc.). Dazu zählen u. A.: 1. Planungsrechnungen für die Jahre 2020 und 2021 2. Überprüfung der Konzeption (z. B. Sortiment, Dienstleistungsangebot, Werbung) Wir planen, entwickeln und bauen mit den Werkstoffen Beton 3. Neustart nach Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit, und Stahl – aber am liebsten mit Holz – für die Zukunft! zum Beispiel Industrie- und Gewerbebau | Logistikimmobilien a) Wir sind zurück: Wiedereröffnungswerbung, Räumungsverkäufe Bürogebäude | Bau- und Verbrauchermärkte für Saisonware etc. gewerblicher Wohnungsbau b) Aktualisierung der Homepage und anderer Werbeträger Von der ersten Idee bis zur schlüsselfertigen Übergabe bieten wir Ihnen als Generalunternehmer qualitativ hochwertige, Die gesamten Kosten durch unser Unternehmen, das als Beratungs- wirtschaftliche Komplettlösungen für Ihr Bauprojekt. firma bei dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft anerkannt bzw. registriert ist, werden komplett vom Bundesamt (BAFA) im Rahmen Kontaktieren Sie uns - wir beraten Sie gerne! der Corona-Hilfe übernommen. Wir helfen: Besser bauen. Mit Holz. E-Mail: FMUmbh@t-online.de Tel.: 0171 77 97 367 Zum Wasserwerk 2 0170 54 04 563 24229 Dänischenhagen Fax: 04349 91 92 37 Gebr. Schütt KG | Tel.: 04858 1800-0 | www.schuett-holzbau.de 06/20 13
�� Titelthema Bremsfaktor Bürokratie Lotsen im Zulassungsdschungel Regulatory Affairs Für die Hersteller von medizinischen Produkten wird die Zulassung ihrer Erzeugnisse künftig schwieriger. Ein neuer Studiengang in Lübeck bildet Experten aus, die sie durch die bürokratischen Prozesse begleiten. gang ist berufsbegleitend und flexibel, denn er findet online statt. „Das Thema Regulatory Affairs ist bei Studierenden und auch Arbeitgebern sehr gefragt“, erzählt Dr. Folker Spitzenberger, Di- plom-Chemiker und Professor an der THL, der den Studiengang gemeinsam mit Kollegen und regionalen Vertretern aus Industrie und Behörden ins Leben gerufen hat. Seine Studierenden, etwa 15 sind es in jeder Kohorte, kämen aus den Bereichen Medizintechnik, Natur- wissenschaften, Pharmazie oder IT, für einen kleineren Teil von ihnen ist das Masterstudium ein Quereinstieg in die Branche. Die Absolventen hätten „be- ste Chancen auf dem Arbeitsmarkt, vor allem nach Einführung der neuen EU- Regularien“. In seiner Forschung beschäftigt sich Folker Spitzenberger damit, wo und wie Bürokratie sinnvoll eingesetzt werden kann. So erarbeitet er beispielsweise re- Foto: iStock.com/nicolas_ gulatorische Konzepte für Medizinpro- dukte, die in bisher weniger regulierten Märkten wie etwa Nepal zugelassen wer- den sollen. „Hier geht es auch darum, Fälschungen vorzubeugen. Außerdem können wir Strategien entwickeln, auf welche Weise regulatorische Anforde- U nter Herstellern von Medizin- SARS-CoV-2. Die Herstellung werde rungen möglichst effizient umgesetzt produkten gibt es in den vergan- teurer, und „die Prozesse ändern sich werden können, um einerseits Patienten genen Jahren ein großes Thema: in den Unternehmen, dafür müssten sie zu schützen und andererseits Hersteller, Wie schaffen wir es, künftig eine Zerti- zusätzliche Fachkräfte einstellen. Diese aber auch Behörden nicht durch Regu- fizierung für unsere neuen Produkte zu sind kaum zu finden.“ larien zu überlasten. Dazu wurde bei- bekommen? Nach der EU-Medizinpro- spielsweise ein WHO-Leitfaden entwic- dukteverordnung (MDR), die nun 2021 Bürokratie als Studiengang Wenigs kelt, der aktuell vor der Veröffentlichung in Kraft tritt, und der für Mai 2022 an- tens dem Fachkräftemangel kann ein steht.“ gesetzten EU-Verordnung für In-vitro- neuer Studiengang entgegenwirken: Seit Ein solches Projekt könnte dazu bei- Diagnostika (IVDR) müssen deutlich 2018 können sich an der Technischen tragen, dass bürokratische Prozesse mit- mehr Produkte als bisher von einer an- Hochschule Lübeck (THL) jährlich bis telfristig harmonisiert werden, sodass erkannten Prüfstelle, einer sogenannten zu 25 Studierende zu Experten für Re- der Aufwand für die Hersteller von Pro- Benannten Stelle, zertifiziert werden. gulatory Affairs ausbilden lassen. Sie dukten vielleicht sogar sinkt. �� „Einige Produkte wird es dann nicht bereiten die Produkte auf Zulassungen mehr geben“, glaubt Sascha Wettmars- vor und begleiten die Prozesse. In vier Autorin: Friederike Grabitz hausen, Leiter des Bereichs Regulatory Semestern erlernen die Studierenden Freie Journalistin Affairs im Branchenverband VDGH. unter anderem Qualitätsmanagement redaktion@ihk-sh.de Dieser vertritt Hersteller von In-vitro- und rechtliche Grundlagen und werden Diagnostika wie Blutzuckermessge- so zu Spezialisten für Zertifizierungs- Mehr unter räten für Diabetiker oder Labortests und Zulassungsprozesse auf Medizin- www.bit.ly/thl-regulatory etwa zum Nachweis des Coronavirus produktemärkten. Der Masterstudien- 14 06/20
Seit über 20 Jahren ein zuverlässiger und kompetenter Partner im schlüsselfertigen Gewerbebau. Foto: iStock.com/Smederevac Sonderabfall digital verwalten E-Government Smarte Datenverwaltung hat Prüfverfahren und die statistische Erfassung von Sonderabfällen revolutioniert. Heute steht die GOES Gesellschaft für die Organisation der Entsorgung von Sonderabfällen mbH in Neumünster für gelungenes E-Government. W enn ein Unternehmen gefähr- die neuen Systeme schnell und effektiv liche Abfälle zu entsorgen hat, einführen. Dabei agiert sie in zwei Funk- In Zusammenarbeit mit dem Bauherrn muss es diese prüfen lassen. tionen: „Bei der Prüfung und Geneh- entwickelt die Gewerbebau NORD GmbH Früher erzeugte das viel Papier: Beschei- migung in Schleswig-Holstein sind wir mit eigenen Architekten und Ingenieuren nigungen, Genehmigungen, Durchschlä- Behörde, bei unserer Beratungstätigkeit passgenaue Lösungen. Unter Verwen- ge. Allein in Schleswig-Holstein werden in Gadsys Dienstleister“, sagt GOES-Ge- dung von z. B. Photovoltaik, Luft/Wasser jedes Jahr 113.000 solcher Begleitscheine schäftsführer Gerret Gottschalk. und Sole/Wasser Wärmepumpen oder erstellt. Seit rund 20 Jahren sind diese Beide Bereiche seien ein Beispiel für Speicherbatterien wird hier auch im Ge- Formulare papierlos – was nicht nur öko- gelungenes E-Government: „Die Län- werbebau großer Wert auf Energieeffizienz logische Vorteile hat, sondern auch das der haben sich zusammengeschlossen, und Nachhaltigkeit gelegt. Die Gebäude Genehmigungsverfahren unkomplizier- damit wir nicht 16-mal das Gleiche ter macht. haben.“ Auch das elektronische Prüf- werden zukunftsorientiert geplant, so dass Da der Abfall elektronisch erfasst und Genehmigungsverfahren hat vieles diese später schnell in ein intelligentes wird, können Land und Bund auf diese leichter gemacht, etwa für Unterneh- Netz integriert werden können und das Daten zugreifen. Das System dahinter ist men: „Das System ist schnell und nut- natürlich kosteneffektiv und nachhaltig. komplex: Alle Regularien von EU-Vor- zerfreundlich, dadurch gibt es eine hohe gaben bis in die Kommunen müssen für Wahrscheinlichkeit, dass die Unterneh- alle Bundesländer einheitlich abgebildet men es auch nutzen“, sagt Kathrin Os- werden. Zuständig für die Datenvernet- tertag, Geschäftsbereichsleiterin Inno- zung und die informationstechnische vation und Umwelt der IHK zu Lübeck. Betreuung der Abfallbehörden ist die In einem Bereich, in dem Deregulierung Länderarbeitsgruppe Gadsys. Beide Be- keine Option ist, ist gut organisiertes E- reiche, das Genehmigungsmanagement Government eine smarte Lösung für für Schleswig-Holstein und die Vernet- die Verwaltung großer Datenmengen. zung der Bundesländer in Gadsys, ko- So arbeitet die GOES auch an Modellen ordiniert die GOES in Neumünster. Zu mit, wie diese Anwendung in größerem 51 Prozent gehört sie der öffentlichen Kontext, etwa europaweit, realisiert wer- Hand, die andere Hälfte teilen sich Ab- den kann. �� fallerzeuger und -entsorger. Autorin: Friederike Grabitz Nutzerfreundlich Die GOES entstand Freie Journalistin 1994 kurz nach der Verabschiedung redaktion@ihk-sh.de des neuen Kreislaufwirtschaftsgeset- zes. Weil sie nicht direkt in die Verwal- Mehr unter tungsprozesse eingebunden und mit 15 www.goes-sh.de Mitarbeitern relativ klein ist, konnte sie Husum an der Nordsee Rotenburg an der Wümme Robert-Koch-Str. 19 Karl-Göx-Str. 15-17 Bild: Fotolia Tel. 0 48 06/20 41 - 96 88 0 Tel. 0 42 61 - 85 10 015 www.gewerbebaunord.de
Moreen Heine: Zum Glück gibt es inzwischen gute Angebote wie das Geschäftskundenportal des Zolls. Dort können Unterneh- men Stammdaten hinterlegen und verbindliche Zolltarifauskünfte beantragen. Besonders hervorzu- heben ist, dass Rückfragen und die Zustellung ebenfalls online erfolgen. Wichtig ist grundsätz- lich die Anbindung an das Back office. Es geht nicht nur um schi- ckes Schaufenster-E-Government mit bunten Portalen. Die verwal- tungsinternen Prozesse müssen auch eingebunden und verbessert werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die positive Erfahrung kurz nach Antragstellung schon vorbei ist. Ziel ist, den Gesamtprozess zu reorganisieren, um deutliche Ver- besserungen mit Blick auf Kosten, Zeit und Qualität zu erreichen. Wirtschaft: Das Onlinezu- gangsgesetz (OZG) verlangt, dass Behörden bis Ende 2022 ihre Ver- waltungsleistungen auch digital anbieten. Wie ist der Stand? Heine: Die Leistungen wurden in Themenfelder gruppiert, eines davon befasst sich mit Leistungen zur Unternehmensführung und -entwicklung. Weitere unterneh- mensspezifische Leistungen sind auch in den 13 anderen Themen- „Corona feldern enthalten. Im Themenfeld Unternehmensführung und -entwicklung sind seit Mai im Informationsportal zur OZG- Umsetzung 77 Leistungen aufgeführt, von denen nur eine – Unternehmensanmeldung und -genehmigung – grün mar- zeigt, wo wir kiert ist. Dort ist die Konzeption weitgehend abgeschlossen und es wurde mit der Referenzimplementierung begonnen. Der Fokus liegt allerdings auf der Gewerbeanmeldung. Wei- tere Anzeigeverfahren, die bei einer Unternehmensgründung hinterherhinken“ notwendig sein können, werden nur exemplarisch betrachtet. Grundsätzlich entstehen in diesen Projekten zur OZG-Um- setzung erst mal nur Hilfestellungen wie Steckbriefe, Umset- zungsvarianten und Prototypen. Bis die Ergebnisse tatsächlich in der Breite zur Verfügung stehen, kann es noch dauern. An- E-Government Niemand hat Lust auf Papierkram und dererseits gibt es auch Verwaltungen, die unabhängig von den Ämtermarathon – nicht mal die Ämter selbst. Um die gemeinsamen Bemühungen bereits Online-Dienstleistungen Bürokratie zu verschlanken, sind gute E-Government- anbieten. Wirtschaft: Was raten Sie Verwaltungen, um Leistungen Lösungen gefragt. Professorin Dr. Moreen Heine forscht zügig und nachhaltig zu digitalisieren? dazu an der Universität zu Lübeck. Die Wirtschaft sprach Heine: Bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes liegt mit ihr über Fehlentwicklungen, Fortschritte und Corona ein Schwerpunkt auf nutzerorientierten Lösungen, die in so- als Beschleunigungsmittel. genannten Digitalisierungslaboren entwickelt werden. Vorher wurde die Nutzerperspektive im Entwicklungsprozess meist vernachlässigt. Die Herausforderung ist, die Nutzerorientie- Wirtschaft: Frau Heine, können Sie E-Government-An- rung, die notwendige Reorganisation von Strukturen und Pro- wendungen für Unternehmen nennen, die Vorbildcharakter zessen und die rechtlichen Bedingungen zu berücksichtigen haben? und zu gestalten. Die Vernachlässigung von Sicherheitsan- 16 06/20
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