TELEMATIK - GESTERN - HEUTE - MORGEN - Schwerpunkt - Technik in Bayern
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B 2883 Nachrichten aus Technik, Naturwissenschaft und Wirtschaft 01/2017 JANUAR/FEBRUAR www.technik-in-bayer n.de Das Regionalmagazin für VDI und VDE Schwerpunkt TELEMATIK – GESTERN - HEUTE - MORGEN Veranstaltungskalender Januar/Februar 2017 Aktuelles aus VDI und VDE 20 Jahre Technik in Bayern Campus Burghausen
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GRUSSWORTE Herzlichen Glückwunsch TiB dem Titel verbannen wollte. Wäre da nicht die näckiges Redaktionsteam führte das Ruder. In unerschütterliche Begeisterung von Jochen den Gründerjahren durfte ich miterleben, wie Lösch gewesen, dem Ingenieurgeist ein markan- die von mir hochgeschätzten Dres. Hofmeister, tes Gesicht zu geben, und hätten die regionalen Lange und Steinkamp dieses Team getragen Foto: Silvia Stettmayer Einheiten von VDI und VDE sich nicht an neu- und die TiB unverwechselbar geprägt haben. tralem Ort zusammenargumentiert, dann wäre Dass TiB von Anfang an auch online erreicht der Neustart wohl schon nach einigen Monaten werden konnte, zeugte von großer Weitsicht. verpufft. Es mangelte auch nicht an Gegenwind. Und dennoch blieben kleine Wünsche offen, Wozu brauchte es denn ein regionales Technikor- wie z.B. die damals angestrebte Einbeziehung Dipl.-Ing. Eckart Naumann gan, wenn doch die VDI-Nachrichten ihr Klientel anderer wissenschaftlicher Vereine. Vielleicht ehemaliger Vorsitzender des VDI BV allumfassend und deutschlandweit erreichten? könnte diese ja zukünftig durch fachliche Gast- München und VDI Landesvertreter Bayern Rückblickend hatte der anhaltende Erfolg beiträge von Astronomie, Biologie, Chemie bis Besser als auf dieser Seite kann man nicht zei- von TiB wohl mehrere Väter: Das Umfeld war ...Z wieder belebt werden. gen, dass Technik in Bayern in die nächste Gene- günstig. Denn im gleichen Jahr gründeten die Für die nächste Generation der TiB drücke ration geht: hie die junge, engagierte Vorsitzende vier VDI Bezirksvereine die VDI Landesvertre- ich allen Verantwortlichen die Daumen, dass aus der Wissenschaft und da der Zeitzeuge und tung Bayern, die den Kontakt zu Politik, Wirt- ihnen die Schwerpunktthemen nicht ausgehen ehemalige Mitverantwortliche der TiB. schaft und Öffentlichkeit landesweit verbessern und der Spagat zwischen Print- und Online- Was waren das 1996 für Diskussionen, als- sollte. Da konnte TiB nur helfen. Das Magazin Medium gelingen möge. Persönlich freue ich man dem alten Organ „Technik & München“ das selbst bestach durch die klare inhaltliche Struk- mich, wenn ich die nächste TiB – wie in den mausgraue Kleid nehmen, den Umfang verdop- tur, die attraktive Aufmachung mit wohldosier- vergangenen 20 Jahren übrigens immer pünkt- peln, die Verteilung auf ganz Bayern ausdehnen ter Erscheinungsweise und einer gesicherten lich – wieder in Händen halte. und – wie wichtig – das für ein Technikmagazin Finanzierung. Der Teamgeist stimmte. Denn Es grüßt Sie in alter Verbundenheit unschickliche kaufmännische &-Zeichen aus ein ideenreiches, sich erneuerndes und hart- Eckart Naumann 20 Jahre Technik in Bayern setzte meine VDE-Aktivitäten im zentralen schafft ein tolles Heft zu produzieren und her- Ausschuss „Elektroningenieurinnen im VDE“ auszugeben. Die Themenvielfalt und fachliche nun in der Region Südbayern fort. Schnell ka- Breite ließ und lässt keine Wünsche offen. men viele neue Aufgaben hinzu. Dazu gehörte Mein Dank gilt der gesamten TiB-Redaktion, auch die Mitwirkung in der Redaktion „Tech- den Herausgebern und den Chefredakteuren nik in Bayern“. In dieser Zeit hatte ich die Ehre, sowie der guten Seele der TiB – Silvia Stett- mayer, seit vielen Jahren „Chefin vom Dienst“, Foto: privat unserem Dr. Jan Steinkamp zu assistieren und bildete für einige Zeit mit ihm zusammen die für die hervorragende Arbeit. Die Herausforde- Vertretung des VDE in der TiB-Redaktion. rung, ein stets anspruchsvolles Printmagazin Prof. Dr.-Ing. Petra Friedrich Er war ein leidenschaftlicher Redakteur und im Zeitalter der Digitalisierung, e-Paper und Vorsitzende VDE Südbayern engagierte sich sehr intensiv bei vielen Heft- Apps zu produzieren und herauszugeben, bleibt beiträgen. Sicher werden sich noch viele Leser hoch. Heute sprechen alle von Industrie 4.0, Di- 1997, das erste Heft der „Technik in Bayern“, erinnern. Redaktionssitzungen waren geprägt gitaler Fabrik, Internet der Dinge, Smart Home, kurz TiB, ist erschienen. Das neue Magazin von intensiven Diskussionen sowie Gerangel Medizin 4.0, virtueller Realität und vieles mehr. berichtet über Nachrichten aus Technik, Na- um Themen, Headlines und Aufmachung des Genügend Stoff für die nächsten Jahre, um von turwissenschaft und Wirtschaft. Es ist ebenso Heftes. Das war für mich persönlich eine sehr der TiB verständlich und informativ aufbereitet die neue Mitgliederzeitschrift des VDI Bezirks- spannende und lehrreiche Zeit. Insbesondere zu werden. vereins München, Oberbayern, Niederbayern die Erfahrung als Heftpatin zeigte mir die An- Dafür wünsche ich dem Team der Technik und des VDE Südbayern. Die Konvergenz der strengungen, die erforderlich sind, um ein kom- in Bayern für die Zukunft immer ein gutes Sprach- und Datenwelt, die rasante Entwick- plettes Schwerpunktthema einer Heftausgabe Geschick und viel Erfolg, vor allem aber viel lung des Mobilfunks und seiner Endgeräte und verantwortlich auf die Beine zu stellen, trotz Freude in der Auseinandersetzung mit den stets vieles mehr, verbunden mit den entsprechen- bester Unterstützung des gesamten Teams. Die neuen technischen Fragen und Themen. Wir den Veränderungen in den Geschäftsprozessen, Leistung der Redaktion über so viele Jahre hin- Leserinnen und Leser freuen uns sehr gespannt waren Quellen für spannende Beiträge und weg ist also gar nicht hoch genug zu bewerten. auf die kommenden Ausgaben. Themenschwerpunkte der TiB. 1997 wurde ich Das Redaktionsteam unter der Leitung ver- Mit herzlichen Grüßen in den Beirat des VDE Südbayern gewählt und schiedener Chefredakteure hat es immer ge- Petra Friedrich Technik in Bayern 01/2017 3
INHALT Schwerpunkt 20 Jahre Technik – nicht nur in Bayern 6 Fritz Münzel und Silvia Stettmayer Vom Fahrer zum Passagier 7 Interview mit Hans-Hermann Braess, Günther Reichart und Werner Huber Autonome Autos in Recht und Moral 12 Oliver Bendel Foto: Silvia Stettmayer 20 Jahre Entwicklung des Mobilfunks 14 Berthold Panzner und Wolfgang Zirwas 6 Sensoren und Signalverarbeitung 16 Günther Reichart Precision Farming 18 Hermann Auernhammer Die Informatisierung der Gesellschaft – eine Studie von 1978 19 Der historische Hintergrund von Frank Dittmann 16 Foto: Daimler AG Titelbild Autonomes Fahren Foto: Uli-B, fotolia Grafik: Auernhammer 18 4 Technik in Bayern 01/2017
INHALT Hochschule und Forschung Hochschule München: Der Klang des Fahrens 29 Christiane Taddigs-Hirsch Aktuelles VDI München: Mitgliederversammlung 2017 20 VDI Preise 2016 22 VDE Awards 24 VDI Bayern Nordost: Innovationspreis 2016 28 VDI BG Innviertel: Campus Burghausen 31 VDI Bayern Nordost: Mitgliederversammlung 2017 35 VDI/VDE FiB München 26 VDI Landesverband 28 VDI-AK Werkstofftechnik 30 Studenten und Jungingenieure 32 VDE-AK Energietechnik 36 VDI-AK Technische Führungskräfte und Unternehmer 46 Rubriken Veranstaltungskalender 39 Buchbesprechungen 48 Ausstellungstipp 50 Vorschau 50 Impressum 50 Die Redaktion der Technik in Bayern wünscht allen Leserinnen und Lesern Frohe Feiertage und ein Gutes Neues Jahr VDI Landesverband Bayern VDI Bezirksverein München, Ober- und Niederbayern e.V. Westendstr. 199, D-80686 München Fachliste Technik Tel.: (0 89) 57 91 22 00, Fax: (0 89) 57 91 21 61 www.verein-der-ingenieure.de, E-Mail: bv-muenchen@vdi.de Kontaktdaten von mehr als 340 r- qualifizierten technischen Über- VDI Bezirksverein Bayern Nordost e.V. setzern und Dolmetschern aus c/o Ohm-Hochschule, Keßlerplatz 12, D-90489 Nürnberg dem gesamten Bundesgebiet Tel.: (09 11) 55 40 30, Fax: (09 11) 5 19 39 86 E-Mail: vdi@th-nuernberg.de mehr als 30 Sprachen und über 200 technische Fachgebiete VDE Bayern, Bezirksverein Südbayern e.V. Hohenlindener Straße 1, D-81677 München kostenlos erhältlich per E-Mail Tel.: (0 89) 91 07 21 10, Fax: (0 89) 91 07 23 09 an service@bdue.de oder www.vde-suedbayern.de, E-Mail: info@vde-suedbayern.de direkt herunterladen unter fachliste-technik.bdue.de Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT 20 Jahre Technik – nicht nur in Bayern Als 1997 die erste Technik in Bayern mit Städten und an Autobahnen. Dennoch, die zung von Menschen und Maschinen, von einem Heft über Telematik erschien, konnte Elektroautos werden stetig mehr werden, allem mit jedem. Wird das Arbeitsplätze sich niemand vorstellen, dass wir heute die- denn die Politik wird die Umweltansprüche kosten? Sicher nicht in der IT-Wirtschaft, ses schöne Jubiläum feiern können. So wech- weiter erhöhen, und sie tut es bereits im Fer- denn die Abläufe sind so kompliziert, dass selvoll diese 20 Jahre auch waren – mehrfach nen Osten, wo deutsche Automarken wesent- sie ohne Kontrolle und Eingriff von kundi- wurden Layout und Heftkonzept geändert liche Absatzmärkte haben. Das Smart Grid, gen Menschen nicht funktionieren werden. und manchmal musste auch ein neuer her- und hier schließt sich der Kreis zur Telema- Andererseits ist auffällig, dass die Idee eines ausgebender Verlag gefunden werden – es tik, gibt es bisher fast nur in Fachpublikatio- Grundeinkommens immer häufiger disku- sind doch 120 Ausgaben der TiB erschienen. nen und auf Kongressen. tiert wird. 120 Ausgaben mit fast genau so vielen Eine besondere Fertigungstechnik ist die Schwerpunktthemen, mit sehr interessanten, Information und Bautechnik. Computergestütztes Planen und oft visionären Gesprächspartnern in unse- Telekommunikation Entwerfen mit durchgängiger Kostenkon- rem Interview. An den Fußleisten dieser Aus- Das Lieblingsgesetz der Branche ist nach trolle ist ein „Muss“ geworden. Weiterent- gabe erscheinen alle bisherigen Titelbilder Gordon Moore benannt: Er prophezeite 1965 wickelte Baustoffe in Richtung hochfester noch einmal im Briefmarkenformat, unmög- eine Verdoppelung der Schaltkreise auf einem Beton oder Leichtbeton und neue Beweh- lich, auf alle Themen einzugehen. Wenn man Computerchip in einem Jahr, heute werden rungen bis hin zu Carbon erlauben völlig sich aber im Sessel zurücklehnt, empfindet dafür ca. 18 Monate genannt, und ein Ende neue Konstruktionen. Eingebaute Sensorik man manche Entwicklungen durchaus be- ist noch nicht erreicht. Mit Innovationszyklen ermöglicht eine bessere Kontrolle über die deutender als andere, was natürlich immer wie bei keinem anderen Produkt erreichte die Vorgänge im Inneren eines Bauwerks. subjektiv ist. Begleiten Sie uns also auf einen Halbleiterindustrie damit im Laufe der Jahre kleinen Rundgang. eine immense Zunahme an Speicherkapazität Umwelttechnik sowie Prozessorgeschwindigkeit, welche die Schärfer gewordene Vorgaben für Schad- Elektrische Energie Voraussetzungen für alle einschlägigen Tech- stoffe in Luft, Boden und Gewässern haben Politische Vorgaben haben den Ausstieg nologiesprünge sind. uns eine saubere Umwelt beschert, um die aus der Kernenergie erzwungen. Erst be- Das Internet erlebte eine dramatische Ent- uns viele beneiden. Vollbiologische Klär- schlossen, dann abgebremst und wieder wicklung und gilt heute als eine der größten anlagen sind kein Zukunftsthema mehr, es mit dem Fukushima-Booster beschleunigt, Veränderungen in der Informationstechnik. gibt sie längst und die hier angewendete mit der Folge des Einstiegs in die regenera- Der Mobilfunk hat sich vom Telefondienst Biotechnologie wird akzeptiert, anders als tiven Energien mit allen Konsequenzen für zum universellen Breitbandnetz entwickelt, etwa in der Nahrungsmittelproduktion. Der die Infrastruktur. Als normaler Verbraucher Voraussetzung für das Entstehen der Wisch- menschengemachte Klimawandel ist in aller hat man außer dem gestiegenen Strompreis und Tippgeneration, aber auch unabdingbar Munde. Er wird als Grund für alle mögli- davon bisher nicht allzu viel mitbekommen: für die Vernetzung von Autos. Nicht zu verges- chen Katastrophen herangezogen, was einer Die Stromnetze sind weder, wie prophezeit, sen ist dabei der Siegeszug der Flachbildschir- wissenschaftlichen Beurteilung aber nicht instabil geworden noch sind nennenswerte me, mit oder ohne „Touch“, für Smart Phones standhält. Und so haben die „Klimaleug- Blackouts aufgetreten. Aber das heißt nicht, und Fernsehgeräte. Röhrenmonitore gibt es ner“ weltweit stärkeres Gewicht bekommen. dass die Stromversorgung hoch zuverlässig nur noch in unaufgeräumten Kellern. Bleibt zu hoffen, dass Politik und Technik wäre, denn es gibt Freileitungen und Wetter- dennoch einen verantwortbaren Weg in die bedingungen wie Sturm und Eis. Der Strom Fertigungstechnik Zukunft finden. kommt noch immer aus der Steckdose, nur Nachdem die Robotik die Fließbandpro- dort nicht, wo Elektroautos ihn bräuchten, duktion abgelöst hat, steht sie nun vor dem Fritz Münzel und Silvia Stettmayer also an den sog. „Laternengaragen“ in den nächsten Umbruch: Industrie 4.0; Vernet- Redaktion TiB 1997 6 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT Vom Fahrer zum Passagier 1997 haben wir die erste Ausgabe der TiB mit einem Interview mit Prof. Dr. Dr. e.h. Hans-Her- mann Braess, VDI, dem damaligen Leiter des Bereiches Wissenschaft und Forschung der BMW AG, begonnen. Unter dem Titel „Telematik im Gespräch“ sprach er damals u.a. über die Einbin- dung elektronischer Systeme zur Fahrerassistenz. 20 Jahre später konnten wir mit Prof. Braess und zweien seiner damaligen Mitstreiter, Dr.-Ing. Günter Reichart und Prof. Dr. Werner Huber, über die Entwicklungen der Telematik in den letzten Dekaden und die Zukunftsszenarien der Automobilindustrie unter dem Druck neuer Wettbewerber sprechen. Technik in Bayern: Herr Prof. Braess, Sie be- gente Tempomat. Es war das erste System, das schäftigten sich schon seit Mitte der 1980er Jahre schon bald nach Projektende in die Fahrzeuge mit Verkehrstelematik, u.a. dem Forschungs- eingebaut wurde. programm PROMETHEUS. Können Sie uns die Günter Reichart: Als wir das ACC – Active Motivation zu solchen Projekten kurz skizzieren? Cruise Control eingeführt haben, haben wir ver- Prof. Braess: Die technologische Situation einbart, dass eine Automatisierung auf einem konnte man als Aufbruchsstimmung für Elek- niedrigen Level durchaus möglich ist. tronik im Auto bezeichnen. Sensorik, Aktua- torik etc. fingen damals in den 1980er Jahren TiB: Wie haben Sie das damals mit der Len- an und es gab erste Fortschritte in der Infor- kung gemacht? mations- und Kommunikationstechnologie. Prof. Huber: Damals hatten wir natürlich Es gab erste Konzepte zur dynamischen Ver- noch nicht die elektromechanischen Systeme, kehrsbeeinflussung und erste Studien zu Un- die wir heute haben. Es gab aber schon elektri- Prof. Braess fallvermeidungspotenzialen und Fahrerunter- sche Aktuatoren, die die Lenkaufgabe überneh- stützung. Ich zitiere nur Dr. Enke von Daimler: men konnten. Das sind mehrere Punkte, die maßgeblich „Wenn man den Fahrer nur 0,5 Sekunden frü- von PROMETHEUS getriggert und nachträg- her informiert, dann kann er eine ganze Menge TiB: Wurden nicht auch Navigationssysteme lich weiter verfolgt und entwickelt wurden. Und an Unfällen vermeiden.“ im Rahmen von PROMETHEUS erstmals prä- es ist interessant, was im Nachgang zu PROME Mit PROMETHEUS sollte die vorwett sentiert? THEUS im Laufe der Jahre alles gekommen bewerbliche Technologieforschung zu europa- Dr. Reichart: Das ist richtig, es gab schon ist. PROMETHEUS war der Auslöser für viele weiten Standards führen. Der Verkehr war da- fahrzeugbasierte Navigationssysteme, eine technische Neuerungen und eine ganze Menge INFO mals schon stark grenzüberschreitend, man hat Baken-basierte Lösung und als infrastruktu- nationaler und internationaler Forschungs INFO also gesagt: Wenn wir was machen, dann nicht relle Ergänzung RDS-TMC (Übermittlung von programme. Da ist schrittweise alles Mögliche TIPP nur auf Deutschland bezogen, sondern europa- Zusatzinformationen beim Hörfunk) mit der eingeführt worden. weit. Das Gesamtziel von PROMETHEUS war, jeweils aktuellen Verkehrsinformation. Die Na- Konzepte und Lösungen zu schaffen, die den Weg vigationssysteme waren sicher eine der ganz ANMERKUNG hin zu hoher Umweltverträglichkeit und Wirt- großen Erfolgsgeschichten von PROMETHEUS. Das EUREKA-PROMETHEUS-Projekt schaftlichkeit sowie bisher noch nie erreichter Das zweite Thema war ACC – Active Cruise (PROgraMme for a European Sicherheit im Straßenverkehr aufweisen. Control oder die intelligente Abstandsregelung. Traffic of Highest Efficiency and Unpre- cedented Safety, 1986–1994) kam auf In- Auch wurden Spurhaltungsunterstützungs- itiative von Ferdinand Panik (damals bei TiB: Diese Ziele sollen auch mit dem automa- systeme wie Heading Control oder Lane Keeping Daimler-Benz) und seinen Kollegen aus den tischen Fahren von heute erreicht werden. War System entwickelt. Und dann gab es die Tote- Konzernforschungen der meisten anderen das mit angedacht und welche Ergebnisse hat Winkel-Überwachung als wesentliches Ergebnis europäischen Fahrzeughersteller zustande. An diesem bislang größten europäischen PROMETHEUS gebracht? sowie die Nachtsichtgeräte Night Vision und das Projekt zur Verbesserung der Effizienz, Um- Prof. Braess: Wir wollten damals ganz be- aktive Kurvenlicht. weltverträglichkeit und Sicherheit des Stra- wusst kein automatisches Fahren. Wir wollten Prof. Braess: Nicht zu vergessen der Auto- ßenverkehrs mit einem Förderumfang von den automatischen Nothalt: Wenn der Fahrer matische Notruf, der ja jetzt ab 2018 Vorschrift über 700 Mio. ECU beteiligten sich neben den Fahrzeugherstellern fast alle bedeu- nicht mehr in der Lage ist, seiner Fahraufgabe wird. Den haben wir damals auch schon ent- tenden europäischen Zuliefererfirmen und nachzukommen, wollten wir das Fahrzeug kon- wickelt. Wir wollten einfach nach einem Unfall, weitere Elektronikfirmen, die bisher noch trolliert, nicht schlagartig anhalten. Das haben bei dem es evtl. Schwerverletzte gibt, keine Zeit nicht im Automobilbereich tätig waren, so- wir damals diskutiert. Ein wichtiges Ergebnis vergeuden und sofort Hilfsmaßnahmen einlei- wie eine Vielzahl wissenschaftlicher Institu- te. (Quelle: Wikipedia, abgerufen 26.10.16) von PROMETHEUS war der ACC – der intelli- ten. Automatischer Notruf ist wichtig. 7 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT TiB: Machen wir einen Zeitsprung. Heute ist das Prof. Braess: Und es kommt ein Grundsatz Autonome Fahren in aller Munde. Wie sieht es da aspekt ins Spiel, dadurch, dass Sie in Deutsch- mit gesamteuropäischen Projekten aus? land erst dann eine Technologie zugelassen Dr. Reichart: Die Bereitschaft zur Zusam- bekommen, wenn sie ausgereift und erprobt ist. menarbeit war damals in Europa wesentlich Die Amerikaner sehen das ein wenig anders. Die größer als heute. Mit PROMETHEUS wurden probieren erst einmal und kippen es später, falls auch die Amerikaner und die Japaner angeregt, es nicht funktioniert. Sie sagen: Schauen wir mal die dann ihre eigenen nationalen Forschungs- und machen erst einmal. Wir Deutschen versu- programme gemacht haben. In diesem Rah- chen immer zuerst die Risiken abzuwägen und men wurde damals erstmalig das automatische einzuschätzen und zu minimieren. Fahren realisiert. Sie haben das getan, indem sie Prof. Huber: Das sieht man ja schon an den Magnetnägel in die Straße geschlagen haben, ganzen Testfeldern für das autonome Fahren denen die Fahrzeuge dann nachgefahren sind. in Amerika, die da aus dem Boden gestampft Prof. Huber wurden, lange vor uns. Und wir ziehen hier jetzt erst langsam nach. des Auto zu bauen ist ja kein Fahrzeugprojekt Prof. Braess: Ein weiterer Punkt sind die ge- mehr. Es ist ein reines IT-Projekt geworden. Die änderten Entwicklungsmethoden. Als wir uns Fragen, um die es geht, sind: Wie schaffen wir damals mit den Themen angefangen haben zu die richtigen Architekturen, wie entwickeln wir befassen, stellten wir fest, dass die klassischen die richtige Software? Wie sieht die Absicherung Entwicklungsmethoden aus dem Maschinen- der Funktion aus? bau überhaupt nicht mehr ausreichten. Und Wir reden hier nicht mehr über einen reinen heute spielt die Software eine ganz entschei- Automobilentwicklungsprozess, den wir natürlich dende Rolle. Ohne Software kann das Ganze können, sondern wir reden plötzlich über ganz nicht mehr funktionieren. Schon der heutige andere, agile Prozesse in der Entwicklung, die assistenzgestützte Verkehr ist ein offenes System dann diejenigen Partner mitbringen, die aus der Das birgt große Gefahren durch Eingriffe durch IT-Branche kommen, die Googles und Apples die- Hacker. Das Problem gab es damals noch nicht. ser Welt, die ganz anders entwickeln. Dazu müssen wir die Kompetenz des Auto- bauens mit der IT-Kompetenz ergänzen. Jochen Lösch TiB: Da stellt sich doch die Frage: Warum kön- Heute müssen wir leider feststellen, dass die nen diese neuen Player so plötzlich am Markt Bereitschaft zum gemeinsamen Forschen und Ent auftauchen? wickeln beim Autonomen Fahren insgesamt nicht Dr. Reichart: Aus meiner Sicht gar nicht so ausgeprägt ist, wie man es sich wünschen würde. so verwunderlich, weil natürlich bei diesen Ich denke, die Firmen werden sich keinen Gefallen Playern eine ganz andere Geschäftsabsicht da- tun, wenn sie sich in punkto Automation und Si- hinter steht: das Big Data Geschäft. Google ist cherheitstechnik weiter auseinander entwickeln. eine der größten Datamining Companies der Welt und seit langem in diesem Geschäft tä- TiB: …und es kommen neue Player ins Spiel, tig. Die sehen natürlich das Potenzial in diesen Dr. Reichart (li.) und Fritz Münzel siehe Tesla, Google, Amazon, nicht unbedingt aus- selbstfahrenden Autos: einerseits Werbeträger gestattet mit Kompetenz, die sie sich aber mit viel Prof. Huber: Aber einen Punkt möchte ich zu haben und auf der anderen Seite Informa- Geld einkaufen. Eine Marktmacht, die die Investi- noch erwähnen: Wir stehen ja heute mit dem tionsquellen der besonderen Art. Und diese tionskraft von Daimler, BMW und den anderen Autonomen Fahren wieder vor der gleichen Strukturen wollen sie auch für alles Mögliche Automobilherstellern bei weitem übersteigt. Aufgabenstellung, denn ein autonom fahren- nutzen. Sie können damit die Bewegungs- 1998 8 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT und andere Start-Ziel-Profile der Kunden er- sagen, es liegt alles auf dem Tisch, damit man kennen und auch zielsicher nutzen. Mit den Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation vernünf- selbstfahrenden Autos haben sie natürlich die tig machen kann. Die Frage ist nur: Wer fängt perfekte Datamining-Plattform, die unter dem damit an? Mobilitätsaspekt vertrieben wird. Und das Fahrzeugknowhow kaufen sie sich TiB: Ist es einigungsfähig? Fotos: Silvia Stettmayer dazu. Das sieht man gerade an der Verbindung, Prof. Huber: Ja, es ist einigungsfähig. Das INFO die sie mit FIAT eingegangen sind. Sie suchen scheint ein Henne-Ei-Problem zu sein. Das er- INFO sich also Firmen, die im Elektronikbereich nicht ste Auto, das auf den Markt kommt, wird wahr- TIPP so stark sind, die aber trotzdem Automobil- scheinlich nie auf eine Situation treffen, in der Know-how haben. Das funktioniert, weil die es Informationen, die es benötigen würde, von Plattform, auf der das läuft, nicht besonders einem anderen Fahrzeug erhält. Erst ab einem ANMERKUNG kompliziert ist. Die Komplexität liegt in der gewissen Durchdringungsgrad können solche Ziel des Forschungsprojektes SIMTD Sensorik und letztendlich in der Software, mit Systeme wirken. Bis dieser Punkt allerdings er- (Sichere Intelligente Mobilität – der man das realisieren muss. Aber das Ganze reicht wird, dauert es einfach zu lange. Deshalb Testfeld Deutschland) ist es, die Funktiona- ist für diese Player nicht mehr der große Akt. wird Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation nur lität, Alltagstauglichkeit und Wirksamkeit von Car-to-X-Kommunikation erstmalig un- auf Basis einer gesetzlichen Einführung zum ter realen Bedingungen zu erproben. Durch TiB: Die Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation Leben erweckt werden können. Car-to-X-Kommunikation werden Fahrzeu- war schon zu PROMETHEUS Zeiten ein gerne ge und Infrastruktur elektronisch vernetzt. diskutiertes Thema. Hier kommen wir aber ganz Dr. Reichart: Das haben wir seinerzeit bei So werden nachfolgende und entgegen- kommende Verkehrsteilnehmer über po- schnell zur Datensicherheit. Gibt es für die Ver- PROMETHEUS auch schon vorausgesehen. tenzielle Gefahren frühzeitig informiert und netzungssysteme eine irgendwie geartete Nor- Die Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation können rechtzeitig reagieren. Informatio- mungsbestrebung, die vernünftig ist und in der wird wesentlich schneller realisiert werden als nen zur Verkehrslage werden an die SIMTD- Sicherheitsstandards definiert werden? die Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation. Weil Versuchszentrale übermittelt, die dann Verkehrsentwicklungen zuverlässig pro- Prof. Huber: Ja, die gibt es, nicht zuletzt aus sich dort der Nutzen für das Einzelfahrzeug gnostizieren und zielsicher steuern kann. dem Forschungsprojekt SIM-TD. Hier wurden unmittelbarer darstellen lässt, als wenn Fahr- Die gewonnenen Informationen werden erstmals gemeinsame Standards definiert zeuge direkt miteinander kommunizieren. den Verkehrsteilnehmern zur Verfügung und festgelegt. Das ganze Thema Fahrzeug- Bei der Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation gestellt, die damit ihre Fahrtrouten anpas- sen können. Dies reduziert auch den CO2- Fahrzeug-Kommunikation wurde hier über braucht man einfach eine Mindestausstat- Ausstoß im Straßenverkehr. Fahrzeugbezo- Use Cases und Protokolle gestaltet. Und man tungsquote, damit der Fahrer einen Nutzen gene Daten werden dabei ausschließlich in hat die infrage kommenden Übertragungs- davon hat. Dies führt dann eben zu dieser er- anonymisierter Form übermittelt. (Quelle: technologien beleuchtet. Ich würde mal so schwerten Einführungssituation. Wikipedia, abgerufen 26.10.16) CARTOON Cartoon: Cornelis Jettke Moderne Navigation in historischem Umfeld 9 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT Z.B. Bremsleistungen beim ACC. Wenn jetzt TiB: Könnte einer der vorgenannten neuen ein Auto in den vom System eingehaltenen Wettbewerber das automatische Fahren einfach Sicherheitsabstand hineinfährt, kann das Sys einführen und zeigen, dass es funktioniert? Viele tem nicht so schnell reagieren und muss es ja angestammte Industriebereiche wurden ja schon vielleicht auch nicht. Es informiert den Fahrer, komplett aufgemischt. Sehen Sie diese Gefahr dass dies gerade passiert, und der kann dann auch für die gesamte Automobilindustrie? beurteilen und handeln. Dieses Vorgehen ist in Dr. Reichart: Ja, ich sehe das wie Prof. Braess, dem Automatisierungsgrad „Assistenz“ sicher der das auch schon früher angesprochen hat, auch optimal. dass die Automobilindustrie sich überlegen Schwieriger wird der Sachverhalt, wenn ich muss, wie ihre zukünftige Rolle sein wird. Da- TiB: Wenn wir durch die Zunahme der Assi- dem Fahrer noch mehr abnehme, ohne gleichzei- mals war der Ansatz ein Mobilitätsunternehmen stenzsysteme den Automationsgrad immer mehr tig die dann aufkommenden Situationen perfekt mit Verkehrskonzepten und vieles mehr… Wir vorantreiben, wird das zu Entwicklungen führen, zu beherrschen. Die Gefahr geht dabei auch ein haben die großen Mobilitätsfragen in den Bal- dass z.B. niemand mehr einparken kann, wenn Stück weit von den Fahrern aus. Wenn diese er- lungsgebieten noch nicht wirklich adressiert. er es doch mal selbst machen müsste? kennen, dass sie sich zu über 99 % auf das Sys Wie wollen wir z.B. den Massentransport or- Dr. Reichart: Das ist richtig und eine not- tem verlassen können, dann beginnen sie, die ganisieren? Das geht dann übrigens auch nicht wendige und unvermeidbare Konsequenz aus Verantwortung an das System abzugeben. mit den Peoplemovern von Google. Sobald die einer technischen Weiterentwicklung. Man Aufgabe ist, z.B. 50.000 Menschen von einem muss aber bei der Konzeption von technischen TiB: 99 % ist aber ein sehr schlechter Wert. Fußballstadion weg zu transportieren, geht das Systemen genau hinschauen, denn ich kann Prof. Huber: Das genau ist aber das Problem. nicht auf diese Weise. Das würde genauso zu 15 nicht immer weiter die Abläufe automatisieren Je mehr man die Systeme von den Assistenz- zu km Stau führen wie wir das jetzt hin und wieder und dann in einer Notsituation unvermittelt die vollautomatischen Systemen hin entwickelt, erleben. Kontrolle an den Fahrer zurückgeben. aber von der Perfektionierung noch ein Stück weg ist, desto schlechter wird die Gesamtper- TiB: Wohin soll der Transformationsprozess der TiB: Das gibt es in der Luftfahrt regelmäßig. formance der Systeme. Weil das Fahrzeug dann Automobilindustrie gehen? Prof. Huber: Das ist aber etwas anderes, die den Eindruck erweckt, die Situation zu beherr- Prof. Braess: Wir haben uns offensichtlich Piloten sitzen da und erwarten aufmerksam schen, es aber nicht vollständig kann, der Fahrer zu wenig Gedanken gemacht, wohin das Ganze diesen Moment. aber nur selten die Grenzen des Systems erlebt. gehen soll. So wie aber automatisiertes Fahren propa- Wir sollten also solche Systeme besser nur Dr. Reichart: Wenn sich beim automatisier- giert wird – mit Abwenden vom Cockpit und bis zu einem bestimmten Automatisierungs- ten Fahren ein BMW genauso fährt wie ein Opel Zeitung lesen etc. – wird das mit der Rücküber- grad entwickeln und für die restlichen z.B. 5% oder ein Mercedes, und sie sich nur noch in der gabe an den Fahrer nicht funktionieren. Es ist bewusst auf den Fahrer zurückzugreifen. Das Farbe der Polsterung unterscheiden, ist das kein ja schon fast ironisch, den Fahrer systematisch schafft mehr Sicherheit als scheinbar sicher Geschäftsmodell. Wir haben zusätzlich ein paar aus der Loop zu nehmen, weil der Automat es vollautomatisch. große Themen, die wir noch nicht richtig ver- besser kann. Wenn aber der Automat dann eine In einem Assistenzsystem wird der Fahrer nünftig beantwortet haben, wie die CO2-The- Situation nicht mehr lösen kann, wieder nach immer eingebunden und auch an die Grenzen matik, für die wir mit dem Elektroauto sicher dem Menschen zu rufen. Das wird sicher nicht geführt, d.h. er erlebt sie aktiv und bleibt auch auch nur eine Übergangstechnologie anbieten. funktionieren. in die Regelkreisläufe eingebunden. In diesem Das ist nur eine lokale Lösung, keine für das Gott sei Dank sind die Fahrerassistenzsys Fall kann ich dann auch die Fahraufgabe wieder Gesamtproblem. Auf die Frage des Antriebs der teme heute auf einem Entwicklungsstand, bei an ihn zurückgeben. Zukunft muss die Automobilindustrie endlich dem davon ausgegangen wird, dass der Fahrer Prof. Braess: Trotzdem gibt es das Thema der eine Antwort finden. noch auf sein System aufpasst. Das heißt, er Dilemma-Entscheidung (s. S. 12, Anm. d. Red.). ist immer noch in die Loop eingebunden. Das Das haben wir damals schon andiskutiert, es ist TiB: Vielen Dank für das Gespräch. ist auch gut so, denn unsere heutigen Systeme aber bis heute noch nicht gelöst. Das Interview führten Jochen Lösch, haben begrenzte Unterstützungsleistungen. Fritz Münzel und Silvia Stettmayer 1999 10 Technik in Bayern 01/2017
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SCHWERPUNKT Autonome Autos in Recht und Moral Das autonome Fahren beschwingt und beflügelt die einen, als würde man damit den Boden verlassen können, und empört die anderen. Es entstehen Eutopien und Dystopien. Es werden Behauptungen aufgestellt, die entweder eine gewisse Plausibilität haben oder von der Rea- lität weit entfernt sind. Im Folgenden werden Behauptungen diskutiert, die man vor allem aus Industrie und Politik immer wieder hört. Dabei werden rechtliche und moralische Fragen aufgeworfen. Die Unfallzahlen werden drastisch tos zwingen, nicht mehr als 20 km/h zu fahren. relativ dumm halten. Dann fährt es in einer reduziert So macht man es mit einem Shuttle in Sitten im Gefahrensituation einfach geradeaus oder ver- Diese Aussage ist verbreitet. Tatsächlich Wallis, das im Herbst 2016 dennoch die offene sucht zu bremsen. Was aber, wenn die Bremsen kann man z.B. die Zahl der Verkehrsopfer in Heckklappe eines Lieferfahrzeugs touchiert hat. versagen und auf dem Zebrastreifen mehrere bestimmten Gebieten senken, nämlich überall Solche und schwerere Unfälle lassen sich, selbst Kinder sind? Müsste es nicht ausweichen und dort, wo es übersichtlich ist und wo nur weni- mit einer Kombination aus Kameras, Radar, die womöglich schwerwiegenden Folgen be- ge Einfluss- und Störfaktoren vorhanden sind. Lidar und Ultraschall, auch mit hochkarätigen rücksichtigen? Schon rutschen wir in Dilem- Autonome Autos auf den Autobahnen sind eine klassischen und genetischen Algorithmen, in mata hinein. Vermutlich existieren im Stadt- gute Idee, in den Städten sind sie eine schlechte Innenstädten nicht verhindern. verkehr keine befriedigenden Ansätze, um allen (s. Abbildung). In den Städten gibt es Fußgän- Beteiligten gerecht zu werden oder nicht gegen ger, Fahrrad- und Rollstuhlfahrer, Skater, Kat- Es werden keine klassischen die populäre Ansicht, dass jedes Menschenle- zen, Hunde, Füchse, Lichtreflexe und -signale, Dilemmata vorkommen ben zählt, zu verstoßen. Sowohl das Qualifizie- Schattenwürfe von Häusern und Brücken, Kon- Das hört man vor allem von Seite der Au- ren, das Bewerten von Personen, als auch das fettiregen, Seifenblasen, Müllsäcke – und man tobauer. Nicht immer wird verstanden, wozu Quantifizieren, das Durchzählen, bringt Pro- könnte weiter so machen, mehrere hundert be- moralische Dilemmata dienen. Es sind Gedan- bleme mit sich. Auf der Autobahn wird es so wegte und unbewegte Objekte aufzählen, die der kenexperimente, mit denen man moralische wenige kritische Situationen geben, dass man Wagen in jeder Sekunde in ihrer Art beurteilen Grundfragen stellen, -probleme ergründen, sich moralische Maschinen, die Menschen be- und in ihrem Verhalten berechnen muss. Wenn -prinzipien erkennen will. Man geht, auch in werten, ersparen kann (Bendel 2016). er wenige berücksichtigt, wird es viele Unfälle der Maschinenethik, den Dingen auf den Grund geben. Wenn er alle berücksichtigt, wird er ste- (Bendel 2016). Natürlich hat sich das Trolley- Der Verkehr wird vollkommen henbleiben. Selbst wenn er ständig dazulernen Problem in dieser Form nie ereignet. Nie ist autonom sein könnte, sind die Situationen sehr komplex. eine Straßenbahn auf fünf Personen auf einem Davon gehen manche Experten in mehrfacher Auf den Autobahnen ist kaum etwas von dem Gleis zugefahren, während man die Möglichkeit Hinsicht aus. Es werde eine umfassende Infra- vorhanden, was genannt wurde, man fährt in gehabt hat, sie auf ein anderes Gleis mit einem struktur geben, ein Verkehrsüberwachungs- eine Richtung, die Kurven sind sanft, die Ge- Unbeteiligten umzulenken. Das ist aber gar und Verkehrsleitsystem, sowie eine funktionie- fälle und Anstiege schwach. Autonomes Fahren nicht der Punkt. Die gefährlichen Situationen, rende Car2Car Communication, und kaum noch würde die Unfallzahlen in den nächsten Jahren in die das autonome Auto verwickelt sein wird, ein Auto, das nicht als autonomes konzipiert ist. auf den Autobahnen senken, in den Städten können Varianten von klassischen Dilemmata, Zudem werde es kaum noch erlaubt oder mög- erhöhen. Natürlich kann man diese wieder neuartige Dilemmata oder ganz gewöhnlicher lich sein, das Fahrzeug nicht als autonomes zu einmal umbauen (Maurer 2015). Man kann Art sein. betreiben, also manuell einzugreifen. Sonderspuren einrichten, Straßen mit Straßen Generell ist die Herausforderung, das Auto Diese Vorstellungen werden verbunden mit überdachen, Tunnel bohren, man kann die so zu gestalten, dass es Unfälle vermeidet. Man der Hoffnung auf enorme Chancen, etwa auf Menschen vertreiben. Oder man kann die Au- kann es, wie es manche Autobauer wünschen, hohe Verlässlichkeit und Sicherheit (Maurer 2000 12 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT 2015). Gegen sie sprechen viele Fak- toren. Eine lückenlose Infrastruktur sowie eine beherrschende Über- macht autonomer Autos werden sich so schnell kaum entwickeln. Es scheint unwahrscheinlich zu sein, dass die Gesetzgeber mehrerer zu- sammenhängender Länder eine radikale Position einnehmen, um die autonomen PKW sich grenzen- los bewegen zu lassen. Nicht zuletzt kennen wir aus unseren eigenen konventionellen Fahrten unzählige Situationen, wo wir spontan ein- greifen müssen, weil wir zu rollen begonnen, in die falsche Richtung gelenkt oder einfach die Meinung geändert haben. Vermutlich werden wir hybride Fahrzeuge haben. Die Politik in Deutschland ist ebenfalls der Meinung, dass der Insasse aktiv werden können muss; er dürfe sich vom Verkehrsgeschehen abwenden, solle sich aber bei Bedarf wieder zuwenden. Abb.: Das autonome Auto hat in der Stadt nichts verloren. Der Sicherheitsaspekt ist in dem skizzierten Gesamtsystem mit sei- nen unzähligen Objekten, diesem Teilsystem des Internets der Dinge, grundsätz- einfach hat, wenn man eine bestimmte Aufgabe Auf dem Boden bleiben lich zu beachten. Mehrmals wurde vorgeführt, übernimmt (Höffe 2008). Eine Sekundärver- Wie es am Ende kommen wird, weiß nie- dass man die Mehrzahl eingebetteter Systeme antwortung kann es schwerlich übernehmen, mand. Aber bis dahin sollten wir Lösungen dis- relativ einfach hacken und diese missbrauchen es kann also nicht zur Rechenschaft gezogen kutieren, sollten uns im Theoretischen streiten kann. Wenn man Autos auf diese Weise ent- werden. Natürlich ist es möglich, seine Tech- und im Praktischen ausprobieren, und zwar so, führen, umleiten, weglenken und abbremsen nik zu überarbeiten oder es aus dem Betrieb zu dass niemand auf der Strecke bleibt. Im Mo- kann, ist die persönliche Autonomie außer nehmen, aber das ist damit nicht gemeint. Eine ment gibt es zu viele Höhenflüge, und mit Autos Kraft gesetzt und die körperliche Unversehrt- Tertiärverantwortung schließlich ist weitgehend sollte man auf dem Boden bleiben. heit gefährdet. ausgeschlossen. Ein Auto kann man nicht verur- Prof. Dr. oec. HSG Oliver Bendel teilen und nicht bestrafen. Die Haftung ist allen- Fachhochschule Nordwestschweiz INFO Das Auto kann Verantwortung falls in einem gewissen Rahmen abbildbar: Man Institut für Wirtschaftsinformatik INFO tragen könnte autonome Fahrzeuge mit einem Budget CH-5210 Windisch TIPP Aus der Politik kam im Frühjahr 2016 auch ausstatten und sie untereinander Bagatellschä- der Vorschlag, Autopilot oder autonomes Auto den regeln lassen. Die Versicherung des Besitzers und Fahrer rechtlich gleichzustellen. Ein Fah- wird auch künftig bezahlen müssen. An wen sie LITERATUR rer, der vor allem ein Beifahrer ist, sollte nach unter Umständen herantreten können soll, ist Baumann, Uli. Maas bremst Dobrindt aus. dem Wunsch des Bundesverkehrsministeriums eine heikle Frage, und überhaupt, wer haftbar In: auto motor und sport, 7. Juni 2016. Über nicht fahrlässig handeln, wenn er das System gemacht werden kann. Die einen Autobauer wol- http://www.auto-motor-und-sport.de/news/ autonomes-fahren-maas-bremst-dobrindt- lenken und entscheiden lässt, außer eben, die- len an einer gemischten Haftung festhalten, die aus-8841995.html. ses fordert ihn auf, selbst aktiv zu werden. Er anderen die volle übernehmen. Wer die Verant- Bendel, Oliver. Die Moral in der Maschine: soll also in rechtlicher Hinsicht seine Verant- wortung in den Unternehmen trägt, ist schwierig Beiträge zu Roboter- und Maschinenethik. wortung abgeben. Das Bundesjustizministe- zu beurteilen. Der Geschäftsführer, der Manager, Heise Medien, Hannover 2016. Höffe, Otfried. Lexikon der Ethik. 7., neube- rium bremste Dobrindt im Sommer 2016 erst der Programmierer, der Verkäufer? Vermutlich arb. und erweit. Auflage. C. H. Beck, Mün- einmal aus (Baumann 2016). jeder von ihnen, und jeder hat eine gewisse chen 2008. Manche sind sogar der Meinung, das Auto Schuld. Und der Fahrer? Der kann in moralischer Maurer, Markus; Gerdes, J. Christian; Lenz, selbst könne Verantwortung tragen. Das kann es Hinsicht nicht einfach die Verantwortung abge- Barbara et al. Autonomes Fahren: Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte. höchstens, um Begriffe der Ethik zu verwenden, ben, und schon gar nicht an Maschinen, die über Springer Vieweg, Wiesbaden 2015. im Sinne der Primärverantwortung, die man Leben und Tod von Menschen entscheiden. 13 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT 20 Jahre Entwicklung des Mobilfunks Der Mobilfunk blickt auf eine lange und abwechslungsreiche Historie zurück und hat durch seine rasante Weiterentwicklung unser Leben und unseren Alltag in den vergangen zwei Jahrzehnten erheblich verändert. Im folgenden Beitrag möchten wir eine kleine Zeitreise un- ternehmen, beginnend von den Anfängen des digitalen zellularen Mobilfunks vor mehr als 20 Jahren bis zu den aktuellen Entwicklungen für 5G. GSM – Der erste globale, digitale sen Übertragung, Authentisierung, internationa- Project) Standardisierung an der Weiterentwick- Mobilfunkstandard les Roaming, automatische Positionserkennung, lung von GSM, z.B. im Release 13 wurde EC-GSM Vor etwa 20 Jahren wurden analoge Mobil- Interoperabilität mit ISDN und Faksimile Grup- (Enhanced GSM) für schmalbandige IoT (In- funksysteme der ersten Generation wie das pe 3. Die digitalisierten Sprachsignale wurden ternet of Things) Anwendungen mit 10 kbit/s A-, B- oder C-Netz vom neuen digitalen GSM mittels GMSK auf einen hochfrequenten Träger Übertragung, hoher Reichweite und niedrigem (Global System for Mobile Communications) in einer Rahmenstruktur aus 8 Zeitmultiplex- Energieverbrauch spezifiziert. Standard der zweiten Generation abgelöst. Mit kanälen übertragen. Die Vermittlung im GSM GSM war zum ersten Mal ein länderübergrei- Kernnetz war anfänglich leitungsorientiert (cir- UMTS – Die GSM Nachfolge fendes Mobilfunksystem verfügbar, welches die cuit-switched) und erlaubte die digitale Übertra- generation bis dahin existierende starke Fragmentierung gung von Sprache und Daten mit 9,6 kbit/s Nutz- Durch den Erfolg von GSM vorangetrieben, der analogen Vorgängersysteme durch einen datenrate pro Teilnehmerkanal. Die Architektur begann das in den 90er Jahren gegründete Stan- gemeinsamen weltweiten Standard ablöste. des GSM Netzes mit der Unterteilung in 3 klas- dardisierungsorgan 3GPP die sogenannte dritte Technisch basiert GSM auf einer gemeinsamen sische Domänen des drahtlosen Zugangsnetzes Mobilfunk Generation zu standardisieren, welche europäischen Entwicklung, die die Vorteile eines RAN (Radio Access Network), des Weitbereich offiziell mit dem ersten 3GPP Release 99 im Jahre digitalen Übertragungsverfahrens – in diesem Übertragungsnetzes (core oder Kernnetz) und 1999 UMTS aus der Taufe hob. Aus vielen konkur- Falle basierend auf dem robusten Gaussian Mini- der Management Schicht (OSS/BSS) sind bis rierenden Vorschlägen für die Luftschnittstelle mum Shift Keying (GMSK) – deutlich vor Augen heute in ihrer Grundstruktur für nachfolgende der dritten Mobilfunkgeneration (UMTS) setzte führte. Effiziente Nutzung der Kanalbandbreite Mobilfunksysteme erhalten geblieben. sich am Ende das sogenannte W-CDMA (Wide- bei gleichzeitig guter Sprachqualität und Unter- Ebenfalls richtungsweisend für spätere Mo- band-Code Division Multiple Access) Verfahren stützung von Datendiensten, wie z.B. den im Jahre bilfunkgenerationen war die kontinuierliche durch und mit dem Begriff Universal Mobile Tele- 1995 eingeführten Short Message Service (SMS), Weiterentwicklung (Evolution) des GSM Stan- communications Systems (UMTS) wurde auch bei gleichzeitig hoher Mobilität und großen Zell- dards durch die ETSI in sogenannten Releases. bereits der Anspruch auf ein weltweit einheitli- durchmessern waren so überzeugend, dass sich So wurde beispielsweise im Laufe der Zeit die ches Verfahren unterstrichen. GSM global als der wichtigste Mobilfunkstandard Datenübertragungsrate von 9.6 kbit/s (ein GSM Einheitliches Entwicklungsziel waren eine er- durchsetzen konnte. Attraktive Mobiltelefone im Kanal) gesteigert durch Bündelung mehrerer höhte Datenrate pro Nutzer, eine höhere Kapazi- Hemdtaschenformat waren ein weiterer Schlüs- Transportkanäle, bezeichnet als HSCSD (High tät, eine erhöhte spektrale Effizienz, kürzere La- selfaktor für den Erfolg von GSM. Speed Circuit Switch Data) auf bis zu 57.6 kbit/s, tenzzeiten und natürlich eine möglichst direkte Im 900 MHz Bereich und ab 1994 auch im packetorientierte Übermittlung im Netz genannt Internetanbindung. Der Europäische Vorschlag 1800 MHz Bereich (dort als DCS 1800 - Digital GPRS (General Packet Radio Service) auf bis zu W-CDMA basiert auf Direct Sequence Spread Cellular System bezeichnet) benutzt GSM ein 171.2 kbit/s und durch Einsatz von höherwerti- Spectrum und benutzt Code Division Multiplex Frequenzsprung Verfahren, einen Mix aus Zeit- ger Modulation (8-PSK Phase Shift Keying) mit für den Mehrfachzugriff auf das Übertragungs- und Frequenzmehrfachzugriff mit 200 kHz Ka- EDGE (Enhanced Data GSM Evolution) auf 384 medium, d.h. mehrere Teilnehmer benutzen nalraster und 124 full duplex Kanälen. Es bot als kbit/s. Auch heute noch arbeitet ein kleiner Teil exakt den gleichen Zeitschlitz sowie Kanal, weitere Merkmale Verschlüsselung der drahtlo- innerhalb der 3GPP (3rd Generation Partnership verwenden allerdings unterschiedliche (ortho- 2001 14 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT gonale) Spreizcodes. Als verbinden (IoT). Inzwischen anschauliches Beispiel The journey for human technology ist die Entwicklung für 5G in kann man sich meh- Mobile networks today and tomorrow vollem Gange und wird unter rere Personenpaare in europäischer Federführung Smart VoLTE, Private LTE, Internet of einem Raum vorstellen, Mobile Voice phone VoWiFi Public things im 5G PPP (Public Private revolution Safety welche zugleich jeweils Partnership) vorangetrieben. miteinander sprechen, 5G tritt mit dem Ziel an, die allerdings jeweils un- Kapazität des LTE Netzes terschiedliche Sprachen Network (Stand 2012) um den Faktor 2G 3G LTE Heterogeneous benutzen. Der entspre- network Function Virtualization 1000 zu übertreffen. Neben Telco chende Sprachpart- 5G dieser drastischen Steigerung Cloud Licensed- ner (Empfänger) kann unlicensed (WiFi) der Leistungsfähigkeit wer- aus dem gleichzeitigen den viele neue Anwendungs- Stimmen-Wirrwarr die 1 © Nokia 2016 optionen erschlossen, wie die für ihn bestimmte Nach- Historie und Ausblick auf die Entwicklung des Mobilfunks. optimale Unterstützung von richt dekodieren. Da die Sensornetzen oder die Car- verwendeten Trägerfrequenzen bei 3G höher Einzelträger) die im Frequenzbereich orthogo- to-Car Kommunikation und das mit höchster als bei GSM waren (3G: 1.9 GHz) und die Sen- nal sind, wobei jeder Träger mehrwertig QAM Zuverlässigkeit und gleichzeitig extrem kurzen deleistung auf eine wesentlich höhere Kanal- modulierte Symbole überträgt. Damit kann die Latenzzeiten unterhalb 1ms. bandbreite aufgeteilt wurde (5 MHz anstatt 200 drahtlose Übertragung bei LTE sehr effektiv an kHz), war die Reichweite mit 3G geringer als die Frequenzselektivität des drahtlosen Über- Zusammenfassung mit GSM. Der Zellradius ist also mit 3G kleiner tragungskanals angepasst werden. Die Kombi- Interessant ist auch ein Blick auf die Verän- geworden, was eine dichtere Platzierung von 3G nation von OFDM mit neuesten Turbo Kodie- derungen im täglichen Leben, die sich seit den Zellen bedingte, damit aber auch die Netzkapa- rungsverfahren kommt für Einzelverbindungen ersten Anfängen mit GSM ergeben haben. Zu zität steigerte. sehr nahe an das theoretische Maximum (ge- Beginn war die einfache Idee, vorhandene Fest- Ein neues technisches Thema, welches mit geben durch das Shannon-Limit des Kanals) netztelefone weltweit mobil zu machen, d.h. es 3G auftauchte und danach dauerhaft im Mobil- heran. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ortho- ging vornehmlich um mobile Sprachkommu- funk bestehen blieb, war interworking mit der gonalisierung von OFDM ist die vereinfachte nikation. Spätestens mit UMTS kam die Idee, Vorgänger-Mobilfunktechnologie (beispiels- Implementierung von MIMO-Verfahren (Mul- jederzeit überall mit allem verbunden zu sein, weise im einfachsten Fall ein Anruf von einem tiple Input Multiple Output). MIMO erlaubt die d.h. speziell jederzeit Zugriff auf jedwede In- UMTS Teilnehmer zu einem GSM Teilnehmer). räumliche Mehrfachnutzung des verfügbaren formation aus dem Internet zu haben. Mit LTE Entsprechende Schnittstellen wurden mit jeder Spektrums für mehrere Nutzer bzw. Datenströ- haben sich die Endgeräte zu multifunktionalen neuen Mobilfunkgeneration geschaffen und me und wurde daher von Anfang an als zentra- Alleskönnern weiterentwickelt die neben Ka- sorgen so für ein nahtloses Zusammenwirken les LTE Merkmal festgelegt. mera, Musik, Video und Internetanbindung vor der verschiedenen Mobilfunktechnologien. LTE benutzt unterschiedliche Systemband- allem Zugriff auf Plattformen der sozialen Me- Der weltweite Erfolg von GSM und dem In- breiten (1.4, 5, 10, 15, 20 MHz) bei unterschied- dien bereitstellen, mit denen jederzeit weltweit ternet löste um die Jahrtausendwende einen lichen Trägerfrequenzen (42 Frequenzbänder interagiert werden kann. Das Smartphone ist regelrechten Hype im Mobilfunkmarkt aus, der sind spezifiziert; populär in Deutschland sind heute unser täglicher Begleiter geworden und leider auch mit überzogenen Erwartungen an 800 MHz, 2.1 GHz und 2.6 GHz) und kann hat unsere Lebensweise in so kurzer Zeit verän- neue Geschäftsmodelle für 3G einherging. Vor sowohl als Frequenzmultiplex-Technik (LTE dert, wie es nur sehr wenige Technologien zuvor allem waren sowohl die Netze als auch die End- mode 1) als auch als Zeitmultiplex-Technik vermocht haben. INFO geräte anfangs nur eingeschränkt internetfähig. (LTE mode 2) eingesetzt werden. Dabei ist LTE Dr. Berthold Panzner und INFO Dies verzögerte den Erfolg der 3. Generation, ein sogenanntes Frequency Reuse 1 System, bei Wolfgang Zirwas TIPP der sich erst 2007 mit dem Erscheinen des ers dem alle Zellen das gesamte Spektrum gleich- Nokia Networks, München ten iPhones durch Apple einstellte. zeitig nutzen dürfen. REFERENZEN LTE – Die 4. Mobilfunkgeneration 5G – Das neue Mobilfunksystem [1] Berthold Panzner, Wolfgang Zirwas, Von Bei LTE (Long Term Evolution) als Synonym steht in den Startlöchern LTE zur nächsten Mobilfunkgeneration, Tech- für 4G war das Ziel eine sehr flexible und sehr Obwohl LTE noch über viele Jahre die Basis nik in Bayern, März 2014, S. 8-9 leistungsfähige Luftschnittstelle einzuführen, des Mobilfunks sein wird, hat man frühzeitig [2] Werner Mohr, 5G Forschung und Entwick- die Datendienste wie das Internet von Anfang die Initiative für die Erarbeitung der näch- lung (5G Kommunikationsnetz Teil 1), VDE Dialog 02/2016, ITG News, S. 4-7 an optimal unterstützt und sich perfekt an den sten Mobilfunkgeneration 5G ergriffen [1-4]. [3] Joachim Sachs, Michael Meyer , 5G Stan- Kanal anpasst. OFDM (Orthogonal Frequency Während vorangegangene Generationen des dardisierung (5G Kommunikationsnetz Teil 2), Division Multiplex) ist eine Multiträger Tech- Mobilfunks primär dazu dienten Menschen VDE Dialog 02/2016, ITG News, S. 8-10 nik und benutzt separate Einzelträger (bei miteinander zu verbinden, wird 5G verstärkt [4] Thomas Hock, 5G Technologie: Start in ein neues Zeitalter, VDE Dialog 02/2016, S. 36-37 LTE mit voller 20 MHz Systembandbreite 1200 den Fokus darauf setzen Dinge miteinander zu 15 Technik in Bayern 01/2017
SCHWERPUNKT Sensoren und Signalverarbeitung Die Wahrnehmung der Fahrumgebung bei autonomen Fahrzeugen Eine der zentralen Herausforderungen des autonomen Fahrens ist die verlässliche und korrekte Wahrnehmung und Interpretation der Fahrzeugumgebung. Sensoren im optischen Bereich und im Mikrowellenbereich liefern die entsprechenden Informationen, die zusammengeführt und gemeinsam ausgewertet werden müssen. Einleitung People Movern (bis ca. 40km/h) auf Sensoren 150-200m werden üblicherweise in einem Fre- Zur Fahrumgebung gehören alle Objekte und mit hoher Reichweite verzichtet werden. Googles quenzbereich um 77 GHz betrieben. Sie sind Zustände, die für eine sichere Fahrzeugführung Prototypfahrzeug benutzt beispielsweise nur in der Lage, in einem entfernungsabhängigen und zur Erkennung von Systemgrenzen ein- einen, zwar sehr aufwendigen Laserscanner, Winkelbereich von ca. 12 bis 60°, Abstand und zubeziehen sind: die Straße, Kreuzungen und um ein Bild der Fahrumgebung zu erzeugen. radiale Differenzgeschwindigkeit von Objekten Einmündungen, Ausfahrten, Baustellen, beweg- Allerdings stellt sich bei einem breiteren Ein- relativ präzise zu messen. Die Winkelposition liche oder statische Objekte, Verkehrszeichen, satz die Frage, ob nicht allein aus Gründen der ist dagegen ungenauer. Je nach Auflösungs- und Sichtbedingungen, Straßenzustand und vieles Funktionssicherheit eine redundante Sensorik Trennvermögen können mehrere Ziele gleich- mehr. Eine weitere wichtige Randbedingung ist ohnehin zwingend erforderlich wird. Je nach zeitig erfasst werden. Diese Radarsysteme sind der Verkehrsraum, der befahren werden soll. So Automatisierungsumfang eines Automobils relativ unempfindlich gegenüber Sichtbeein- sind Autobahnen wesentlich einfacher für die müssen die Sensoren den gesamten Bereich der trächtigungen durch leichten und mittleren Re- Automatisierung zu handhaben als der Verkehr Fahrumgebung erfassen. Wird nur eine Automa- gen, Nebel, Staub oder Rauch. in komplexen, städtischen Umgebungen (par- tisierung des Folgefahrens hinter vorausfahren- Für den Nahbereich bis ca. 40m sind hoch- kende Fahrzeuge, Fußgänger, Radfahrer etc.). den Fahrzeugen in der eigenen Fahrspur beab- genaue, weitwinklige Radare verfügbar. Sie Der Mensch als Fahrzeugführer leistet diese sichtigt, genügt die Erfassung im Frontbereich. arbeiten bei einer Frequenz von 24 GHz und Aufgaben primär über die visuelle Wahrneh- Der Stand der Technik setzt primär auf bild- liefern bei Multiple Beam Lösungen oder bei mung, unterstützt durch das Kontext-Wissen, gebende Verfahren, d.h. Stereo- oder Monoka- scannenden Verfahren auch die Winkellage des das er sich durch die Fahrerfahrung erworben mera, LIDAR (scannend oder Multibeam) wie Reflexionsschwerpunktes, sowie dessen Entfer- hat. Die menschliche visuelle Wahrnehmung ist auch auf RADAR- Sensorik. Die physikalischen nung und Relativgeschwindigkeit zum eigenen einerseits extrem leistungsfähig, aber sie hat ge- Eigenschaften dieser Sensoren erlauben keine Fahrzeug. Diese Systeme sind relativ empfind- genüber technischen Sensoren auch Defizite, z.B. vollständige Redundanz der Wahrnehmungs- lich gegenüber starkem Regen, Schneefall und bezüglich der Präzision der Entfernungsbestim- leistungen. gegenüber der Vereisung des Radoms. mung, der Relativgeschwindigkeits-Schätzung oder auch bezüglich der Aufrechterhaltung der Radarsensorik Optische Sensoren Aufmerksamkeit bei Ermüdung oder Ablenkung. Radarsysteme (heute meist Multibeam- Optische Systeme haben eine deutlich gerin- Radare) werten die von Objekten reflektierten gere maximale Detektionsentfernung, Kameras Anforderungen an die technische Signale aus [1]. Die Objektausdehnung lässt können bis zu einem Entfernungsbereich von Sensorik sich in aller Regel nicht bestimmen und führt etwa 80m eingesetzt werden, LIDAR-Systeme Einen erheblichen Einfluss auf den Aufwand zu einer gewissen Unsicherheit gerade bei quer- bis ca. 130m. Sie sind deutlich empfindlicher bei der Sensorik hat der Geschwindigkeitsbe- stehenden Objekten. gegenüber Sichtbeeinträchtigungen. reich, der durch die Automatisierung abgedeckt Mikrowellenradare mit mehreren Sende- LIDAR Systeme senden aktiv Lichtimpulse werden soll. So kann bei langsam fahrenden keulen (Multibeam) für den Fernbereich bis über Laserdioden aus und werten die Laufzeit 2002 16 Technik in Bayern 01/2017
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