Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
SkyNews.ch

                                          Das aktuelle Magazin der Schweizer Luftfahrt
   Nr. 12, Dezember 2010

                                                         Rückblick: 75 Jahre
                                                         Douglas DC-3
   CHF 8.50 / EUR 6.50

                           Schwerpunkt: Schweizer Airlines

                           Aktuell: Schweizer Armee        Exklusiv: Luftwaffe-Einsatz
                           verabschiedet Alouette III      am Frankophonie-Gipfel

01-25_SkyNews12_10.indd 1                                                        15.11.2010 14:24:20 Uhr
Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
SkyIntro
                                                    INHALT                                Aktives Aviatik-Jahr geht zu Ende

        SkyNews.ch, Nr. 12, Dezember 2010, 7. Jahrgang                                                                      Geschätzte Leserinnen und Leser
        Titelbild: In Grenchen zeigte sich die DC-3 HB-ISC Ende Juni 2010 noch mit
                   Swissair-Aufschrift, nun wird sie «amerikanisiert». © Hansjörg Bürgi
                                                                                                                            2010 war ein besonderes Jahr für die Schweizer Luftfahrt. Sie
INHALT  4    SkyStory: Hommage an die 75-jährige DC-3                                                                       feierte ihr 100-Jahr-Jubiläum mit diversen Anlässen gebüh-
                                                                                                                            rend. Wie nachhaltig diese sind, wird sich zeigen. Allerdings
        8    SkyTalk: mit DC-3-Experte Hans Jörg Herzog
                                                                                                                            bleibt auch der Eindruck haften, dass sich die Luftfahrt in
       11    SkyHeli: Swiss Jet fliegt Schweizer Ski-Stars                                                                  erster ­Linie selbst gefeiert hat, und dabei die Chance ver-
       12    SkyNews: Erfolgreiches GA-Forum im BAZL                                                                        passt hat, in der breiten Öffentlichkeit auch in Zukunft nicht
                                                                                                                            in erster ­Linie durch Fluglärm und Unfälle wahrgenommen
       14    SkyNews: Luftfahrtkongress in Dübendorf                                                                        zu werden.
       18    SkyInflight: Des Menschen bester Freund
                                                                                          Diesbezüglich einen positiven Kontrapunkt stellte der Luftfahrtkongress in Dübendorf
       20    SkyPort: News vom Flughafen Zürich
                                                                                          dar (siehe Seite 14). Alles, was in der Schweizer Luftfahrt Rang und Namen hat, war
       22    SkyPort: Das Neuste vom EuroAirport                                          vertreten. Dass in der breiten Bevölkerung die Aviatik (noch) nicht als wichtiger Wirt-
                                                                                          schaftsfaktor erkannt wird, wurde auch thematisiert. Swiss-CEO Harry Hohmeister
       25    SkyPort: Baboo baut in Genf ab
                                                                                          gestand ein, dass auch die Swiss diesbezüglich noch mehr tun müsste. Mit der neuen
       26    SkyFlight: Aviatisches zum Frankophonie-Gipfel                               Verkehrsministerin Doris Leuthard wird immerhin politisch ein besserer Kurs einge-
       33    SkyLine: Helvetic Airways landet im Belpmoos                                 schlagen. Wir legen in dieser Ausgabe einen Schwerpunkt auf die Schweizer Airlines,
                                                                                          auch um aufzuzeigen, welche volkswirtschaftlichen Leistungen diese Branche erbringt
       34    SkyLine: Die grossen Pläne der SkyWork Airlines                              (Seite 35).
       35    SkyLine: Facts über die Schweizer Airlines
                                                                                          Doch auch das Verhältnis zwischen der Aufsichtsbehörde und den Akteuren in der
       36    SkyLine: Wie Hello ihre erste A320 einsetzt
                                                                                          Schweizer Aviatik ist auf dem Weg der Besserung, sofern die am GA-Forum (Seite
       37    SkyLine: Wie die Farnair diversifiziert                                      12) gemachten Versprechen auch umgesetzt werden. Weniger Bürokratie und mehr
                                                                                          gesunder Menschenverstand lautet die Devise. Diese Devise galt übrigens auch vor
       38    SkyLine: Die Story der Genfer SATA
                                                                                          75 Jahren, als die DC-3 erstmals abhob (Seite 4). Sie legte den Grundstein für die
       42    SkySim: A320 und Helis am PC fliegen                                         Verkehrsluftfahrt von heute und spielt nach wie vor eine Rolle in der weltweiten Aviatik.
       44    SkyHeli: Luftwaffe verabschiedet Alouette III                                Sie wird dies auch in 25 Jahren noch tun, wenn der gesunde Menschenverstand in
                                                                                          der Luftfahrt wieder etwas mehr Auftrieb erhält.
       48    SkyReg: Oktober-News im HB-Register

       50    SkyView: Gastkolumne, Events und Vorschau                                                                                              Hansjörg Bürgi, Chefredaktor und Verleger

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                                                                                            Wir freuen uns über die Kooperationen mit folgenden Vereinen:

        Herausgeber, Redaktion und Verlag:                                                  Antique Airplane Association of Switzerland (AAA), www.a-a-a.ch (Vereinsorgan)
        Aviation Media AG, Oberteufenerstrasse 58, 8428 Teufen ZH,                          Airside Foto Zürich, www.airsidefoto.ch (Vereinsorgan)
        Telefon 044 881 72 61, Fax 044 881 72 63, E-Mail: info@skynews.ch                   Starflight Switzerland, www.starflight.ch (Vereinsorgan)
        Chefredaktor und Verleger: Hansjörg Bürgi, hjb@skynews.ch
                                                                                            Verein der Freunde der Schweizer Luftwaffe VFL, Fliegermuseum Dübendorf, www.airforcecenter.ch (Partner)
        Stellvertreter: Peter Lewis, 17@skynews.ch
        Redaktor: Eugen Bürgler, eb@skynews.ch                                              Fliegermuseum Altenrhein FMA, www.fliegermuseum.ch, www.hunterflying.com (Partner)
                                                                                            SFSA Swiss Flight-Simulation Association, www.pcflight.ch (Partner)
        Druckvorstufe:
        Team media GmbH, 6482 Gurtnellen                                                    Aerosuisse, Dachverband der Schweizer Luftfahrt, www.aerosuisse.ch (Partner)
        E-mail: team@teammedia.ch                                                           Super Constellation Flyers Association, www.superconstellation.org (Partner)
                                                                                            Probelpmoos, www.probelpmoos.ch (Partner)
        Layout/Bildbearbeitung:
        Monika Imholz-Walker, Roger Indergand                                               Die Mitglieder dieser Vereine können SkyNews.ch zu einem Vorzugspreis beziehen.
        Grafik/Konzept:
        Raini Sicher, Jason Hegetschweiler

                                                                                                                                                                                      TEAM
        Korrekturteam:
        Daniel Dufner, Monika Imholz-Walker
        Inserate:
        Publicitas Publimag AG, Philip Muther, Postfach, CH-8010 Zürich,
                                                                                            Das SkyNews.ch-Team setzt sich aus folgenden freien Mitarbeitern zusammen: Peter Abgottspon (SkySpace,
        Telefon 044 250 31 31, E-Mail: philip.muther@publicitas.com
                                                                                            ­SkyMedia), Roger Ackermann (SkyLine, SkyVision), André Aebi (SkyPort), Bernhard Baur (SkyNews, ­SkyShow),
        Druck:                                                                              Jiri Benesch ­(SkyNews), Samuel Berger (SkyNews, SkyHeli, SkyForce), Thomas Binz (SkySim), Karl ­Bommeli
        AVD Goldach, 9403 Goldach
                                                                                             (SkySim), ­Werner Bönzli (SkyPort BSL), Guido E. Bühlmann (SkyPast, SkyShow), Robert Bührer (Marketing),
        Abonnements:                                                                         ­Manfred Brunner (SkyBiz), Nick Däpp (SkyHeli), Tino Dietsche (SkyPort ACH, SkyHeli), Daniel ­Dufner (Sky-
        Schweiz: Jahresabo CHF 81.– / D und OE: Jahresabo EUR 65.–
                                                                                              News ­International), Max Fankhauser (SkyPort GVA, SkyNews), Andy Fischer (SkyFlight), Urs Forrer (SkyForce,
        inkl. Porto und MwSt. – Postkonto: 87-334084-2
                                                                                              ­SkyNews), Erich Gandet ­(SkyClub AAA, SkyPast), Peter Gerber (SkyReg, SkyNews), Werner ­Gisler ­(SkySim),
        Auflage: 8000 Exemplare (Druckauflage), 6007 Ex. (WEMF/SW-Beglaubi-                    Hansruedi Huber (SkyTrip, SkyShop), François Hug ­(SkyPort BSL), Reto Isler ­(SkyWeb, ­SkyNews), Franz
        gung 10/11), monatlich
                                                                                               Knuchel (SkyNews, SkyForce), Christoph Kugler (SkyCam, ­SkyForce, ­SkyTech), ­Daniel ­Martel (SkyPort GVA,
        Copyright: Alle in dieser Zeitschrift und auf der Website www.skynews.ch               SkyCard), Martin Michel (SkyForce, SkyNews, SkyShow), Mario Richard ­(SkyNews, ­SkyReg, ­SkyShow), Erich
        veröffentlichten Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dür-
                                                                                               Riester (SkyForce, SkyNews, SkyShow), Lukas Rösler (SkyNews), Markus Seiler (SkyLine), ­Werner Solter-
        fen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Redaktion und entsprechender
                                                                                               mann (SkyPort BSL, ­SkyPast), Urs Stoller (SkyForce, SkyNews, ­SkyShow), Erich Strobl ­(SkyNews International),
        Quellenangabe weiter verwendet werden.
                                                                                               Aldo Wicki (­SkyForce, SkyNews), Roger W ­ immer (SkyForce), René Zürcher (SkyPast)
        ISSN 1660-8178                                           Mwst.-Nr. 599 433

                                                                                                                                                                                                                 3

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
Foto Joe Rimensberger

                            Die noch einzige flugtüchtige DC-3 im Schweizer Register ist derzeit die HB-IRJ, die Breitling-DC-3, die erst 2009 eingetragen wurde.

                            «The Plane that changed the World» fliegt nach wie vor weiter

                            75 Jahre Douglas DC-3
                            Kein anderes Flugzeug hat die Luftfahrt so verändert wie die DC-3. Auch 75 Jah-
                            re nach dem Jungfernflug vom 17. Dezember 1935 existieren weltweit noch über
                            1000 dieser legendären Transporter. 200 bis 300 davon dürften noch flugtüchtig
                            sein. In der Schweiz fliegen noch zwei von vier existenten DC-3.

                                                                                                                                               Report von Hansjörg Bürgi
    Foto Hansjörg Bürgi

                                                                                                                               Es ist der 4. November 2010. Um 5 Uhr
                                                                                                                               morgens brausen zwei C-47 der Lee County
                                                                                                                               Mosquito Control im Tiefstflug in nur 60 Meter
                                                                                                                               Höhe über die flache Gegend um Fort Myers
                                                                                                                               in Florida und versprühen Chemikalien, welche
                                                                                                                               den ungeliebten Stechmücken den Garaus
                                                                                                                               machen. Dieses Schauspiel wiederholt sich
                                                                                                                               fast täglich, insbesondere im Sommer, wenn
                                                                                                                               die Mosquito-Population sehr hoch ist. Seit 35
                                                                                                                               Jahren setzt das Lee County ehemalige C-47
                                                                                                                               der US Air Force praktisch im Originalzustand
                                                                                                                               für diese Aufgabe ein. Doch just 2010 werden
                                                                                                                               zwei der noch vier aktiven C-47 durch eine
                            So sieht ein modernes DC-3 Cockpit aus: Bei der N146RD handelt es sich um die Turbinen-DC-3        in Südafrika modifizierte Turbo-DC-3 ersetzt.
                            der Lee County Mosquito Control.		                                                                 Was ist der beste Ersatz für eine DC-3? Eine

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
SkyStory

                                                                                                                                                              Foto Erich Gandet
       DC-3-Websites
       Wer sich für die DC-3 interessiert, findet im
       Internet Informationen und Bilder zuhauf.
       Alle noch existierenden DC-3 sind beispiels-
       weise fein säuberlich auf www.oldprops.uk-
       home.net aufgelistet. Auf folgenden Links
       findet man weitere DC-3-Infos:
       www.douglasdc3.com
       www.thedc-3network.com
       www.dc3history.org
       www.dc3airways.com
       www.oldprops.ukhome.net/DC3
       http://friendsofthedc3.20m.com                   Die 1944 mit der Werknummer 14037 gebaute DC-3C wurde 1986 von Beat Wertli auf die
       www.sr692.com                                    Dream Air Suisse SA eingetragen (hier am 16. August 1992 in Saanen) und flog bis Mitte der
       http://dc3forsale.com                            1990er-Jahre ab Sion und Lausanne als Privatflugzeug. Sie gehört nach wie vor der Dream Air
                                                        Inc. und ist mit nur 3400 Flugstunden in den USA zum Verkauf ausgeschrieben.

     andere DC-3. Dieses Sprichwort gilt auch 75        Einsatz. Wieso? Seit Jahrzehnten kennen die        maligen Dakotas in Jakarta für die Fallschirm-
     Jahre nach dem Erstflug der Legende.               lokalen Mechaniker und Piloten die DC-3 in-        ausbildung zur Verfügung. Viele ausser Dienst
                                                        und auswendig. Und um 2,5 Tonnen auf einen         gestellte Dakotas findet man noch in Indien,
                                                        800 Meter langen Grasstrip zu befördern, gibt      auf den Philippinen, in Thailand und in Taiwan,
     Auf allen Kontinenten im Einsatz
                                                        es kaum eine günstigere Alternative.               wo die Luftwaffe eine grosse Flotte betrieb. Di-
     Szenenwechsel: Im nördlichen Kanada, in Yel-           Im südlichen Afrika zeigt Flippie Vermeulen    verse Basler-Turbo BT-67 fliegen noch für die
     lowknife, startet «Buffalo Joe» auch diesen Win-   den Touristen regelmässig mit seiner DC-3 der      Royal Thai Air Force.
     ter mit seiner DC-3 zum wohl weltweit letzten      Springbok Classic Air Naturschönheiten auf             In Europa dagegen findet man noch fast in
     Linienflug einer dieser unverwüstlichen Doug-      mehrtägigen Flugsafaris. Die südafrikanischen      jedem Land eine fliegende DC-3, wenn auch
     las-Props. Buffalo Airways verfügt noch über       Luftstreitkräfte betreiben noch eine grosse Da-    nur noch als Privatflugzeuge. Leider wurde
     drei Passagier-Dakotas und sieben Frachter.        kota-Flotte, vielfach handelt es sich aber um      die letzte europäische kommerzielle DC-3, die
     Jeden Werktag verlässt der Linienflug morgens      modifizierte C-47, die von Pratt&Whitney PT-6A-    D-CXXX von Air Service Berlin, vergangenen
     Hay River nach Yellowknife, abends erfolgt der     45 Propellerturbinen angetrieben werden. Auch      Juni bei einer gelungenen Notlandung in Ber-
     Rückflug – meistens mit Joe ­Mc­Bryan, dem         in Australien setzt beispielsweise Shortstop Jet   lin-Schönefeld beschädigt. Allerdings will ein
     Chef selbst am Steuer, denn er wohnt in Hay        Charters nach wie vor ihre originale DC-3 auf      Förderverein den «Rosinenbomber» bis 2012
     River und pendelt per DC-3.                        Champagnerflügen über Melbourne ein.               wieder flugtüchtig machen. In Europa verun-
         In Südamerika schwindet zwar die DC-3-                                                            möglichen die EASA-Vorschriften den weiteren
     Population kontinuierlich, doch gerade in Ko-                                                         kommerziellen Einsatz der fliegenden Legende
                                                        Rigorose Vorschriften in Europa
     lumbien kommt der unverwüstliche Transpor-                                                            (siehe auch Seite 8). In der Schweiz existieren
     ter ab Villavicencio nach wie vor dutzendweise     In Asien sind fliegende DC-3 rar. Doch die         noch vier DC-3, zwei davon in flugtüchtigem
     für Flüge auf Naturpisten in die Pampas zum        indonesische Luftwaffe stellt zwei ihrer ehe-      Zustand.                                           Foto Hansjörg Bürgi

     Drei C-47 der Lee County Mosquito Control standen im November 2010 in Buckingham (Florida) für die nächsten Sprüh-Einsätze bereit.

                                                                                                                                                          5

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
Foto Hansjörg Bürgi

                          Dass nach dem Abschied der DC-3 bei der Swissair, 16 Jahre später, nämlich 1985, die DC-3 in der Schweizer Luftfahrt wieder eine Rolle zu spielen
                          begann, ist der 1985 gegründeten, heute aber inaktiven Classic Air zu verdanken. Die abgebildete HB-ISB ist seit 2005 in Mollis abgestellt.

                          Vom Schlafwagen in den Krieg                          tärisch als C-47, C-53 oder R-4D (Navy) be-        tet wurden. So ist die Struktur des Flugzeugs
                                                                                zeichnet wird. Als Transporter für alles und als   geschont worden.
                          Die DC-3 entstand 1935 als Weiterentwicklung          Fallschirmspringer-Plattform schaffte sich die         In den 1950er- und 1960er-Jahren versuch­
                          der DC-2, die wiederum aus der DC-1 her-              «Skytrain» im Krieg einen guten Ruf. Sie war       ten sich verschiedenste Flugzeughersteller in
                          vorging, von der aber nur ein Exemplar gebaut         auch kriegsmitentscheidend, denn ohne C-47         der Entwicklung eines DC-3-Ersatzes. Convair
                          wurde. Die amerikanischen Airlines verlangten         wäre die Invasion in der Normandie 1944 nicht      präsentierte ihre CV-240, 340, 440, Martin baute
                          Mitte der 1930er-Jahre nach einem zuverläs-           möglich gewesen. Auch bei der Berliner Luft-       die 2-0-2 und 4-0-4, in England kam die Vickers
                          sigen Flugzeug, das Coast-to-Coast fliegen            brücke spielte die C-47 eine wichtige Rolle.       Viking auf oder die Airspeed Ambassador, Saab
                          konnte. Da eine Nonstop-Verbindung von New                                                               lancierte die Scandia. Fokker schliesslich er-
                          York nach Los Angeles noch unmöglich war,                                                                setzte mit der F-27 Friendship wohl am meisten
                                                                                Revolution im Luftverkehr
                          sollte der Komfort an Bord möglichst gross                                                               DC-3. Weniger erfolgreich war Hawker-Sidde-
                          sein, deshalb forderten die Airlines – ­allen         Bis Kriegsende verliessen 10’655 C-47 die          ley mit der HS-748 oder die japanische NAMC
                          voran American Airlines – ein Flugzeug mit            Produktionsstätten in den USA. Weitere rund        mit der YS-11. Mittlerweile sind die Tage der
                          Schlafkojen. Douglas modifizierte die DC-2 mit        2500 (andere Quellen nennen über 6000)             YS-11 oder HS-748 gezählt. Auch die weltweit
                          einem breiteren Rumpf, grösseren Flügeln und          ­Lisunov Li-2 wurden in der Sowjetunion in         einsatzbereite Fokker F-27-Flotte ist gemäss
                          einem grösseren Leitwerk und insbesondere              Lizenz gebaut, allerdings mit Shvetstov M-62      «Flight International» auf nur noch 65 Exem-
                          mit stärkeren Motoren. Eine Forderung der              oder ASH-62 Motoren. Japan stellte weitere        plare im zivilen Einsatz gesunken. Doch die
                          Kunden bestand auch darin, dass die DC-3 mit           450 als L2D2 her. So ist es nicht erstaunlich,    Anzahl flugtüchtiger DC-3 hält sich seit Jahren
                          nur einem Motor weiterfliegen kann. Am 17.             dass nach dem Zweiten Weltkrieg der zivile        konstant bei 200 bis 300.
                          Dezember 1935 – Zufall oder nicht – 32 Jah-            Markt mit Tausenden von überzähligen C-47
                          re nach dem ersten Motorflug der Gebrüder              überflutet wurde. Die Militär-Transporter waren
                                                                                                                                   Zukunft als Privatflugzeug
                          Wright, hob die DC-3 zum Jungfernflug ab.              günstig, wiesen meistens nur wenige Stunden
                              Die ersten wurden mit 14 Schlafkojen an            auf und zeichneten sich durch ihre Robustheit     Die meisten heute noch lufttüchtigen DC-3
                          American Airlines abgeliefert und kamen auf            aus. Damals baute man die Flugzeuge so stark      werden als Privatflugzeuge eingesetzt. Daran
                          den Transkontinental-Linien zum Einsatz. Doch          wie möglich, denn es standen schlicht nicht die   dürfte sich auch in Zukunft nicht viel ändern,
                          bald stellte sich heraus, dass sich die DC-3 ­ideal    Messmethoden zur Verfügung, um sie so leicht      da die Anschaffungskosten für eine DC-3 mo-
                          für den komfortablen Transport von 28 Passa-           wie möglich zu bauen, wie es heute geschieht.     derat sind, ausreichend Ersatzteile vorhanden
                          gieren auch tagsüber eignete. So wurden die            Der Vorteil ist aber, dass die DC-3 auch nach     sind und das Know-How nach wie vor vieler-
                          ersten tausend DC-3 bereits vor dem Zweiten            sieben Jahrzehnten noch ein absolut sicheres      orts vorhanden ist. Zu hoffen bleibt, dass nicht
                          Weltkrieg als zivile Passagierflugzeuge gebaut         Flugzeug ist, sofern sie die notwendige Pflege    bürokratische Hürden dieser Legende der Lüf-
                          und weltweit – ab 1937 auch in die Schweiz             erhält. Ihren heute noch guten Zustand haben      te plötzlich die Luft unter den Flügeln wegneh-
                          – verkauft. Der Zweite Weltkrieg sorgte dann           viele DC-3 auch dem Umstand zu verdanken,         men. Die DC-3 kann nämlich auch 100 Jahre
                          für die Massenproduktion der DC-3, die mili-           dass sie nie mit einer Druckkabine ausgerüs-      lang fliegen!	 

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
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                  Alle in der Schweiz registrierten Douglas DC-3/C-47
                   Registration   Typ           Werknummer Eintrag         Löschung      Bemerkungen
                   HB-ASA         C-47B         ?           4.1946         3.8.1946      Alpar. 1947 abgebrochen als Ersatzteilspender
                   HB-ATA         C-47B-10-DK   26355/14910 14.5.1947      30.3.1948     Alpar. Als F-BEIT an Corsara, dann F-VNBT, XV-NIE, Unfall am 17.11.73
                                                                                         in Vietnam
                   HB-ATB         C-47A-30-DL   9510          16.11.1950   20.1.1951     Alpar, ex KLM PH-TBG, N9997F, N104E, als N98BC am 1.1.75 verunfallt
                   HB-ATD         C-47B-1-DK    25591/14146   23.2.1951    27.9.1951     Rotes Kreuz, trug keine Schweizer Kennzeichen, als F-VNAE am
                                                                                         17.10.53 in Indo-China verunfallt
                   HB-ATI         C-47B-5-DK    26162/14717   25.9.1946    11.7.1947     Alpar. Als HB-IRX von Swissair übernommen
                   HB-ATO         C-47A-1-DK    11923         27.11.1947   11.3.1948     Oceanic Trading Company, Genf. Später OO-APB, N27, am 26.6.66 als
                                                                                         4X-AES in Israel ausser Dienst gestellt.
                   HB-ATU         C-47B-5-DK    25875/14430   6.12.1946    8.5.1948      Alpar. Als F-BEIU an Corsara, dann F-OBDS, F-BBOS, TU-TCL bei Air
                                                                                         Afrique, 1973 ausser Dienst gestellt
                   HB-IRA         DC-3-216      1945          10.6.1937    30.3.1955     Swissair. Als N2815D und N141D an Ozark Airlines. 1984 vor Kolumbien
                                                                                         notgewassert.
                   HB-IRB         DC-3-1012D    42969         4.3.1946     19.6.1962     Swissair. Bruchlandung in Zürich, dann LN-LMK. ZS-DXW, ET-AIB, nach
                                                                                         wie vor in Addis Abeba abgestellt.
                   HB-IRC         DC-3-1012D    42978         4.3.1946     9.5.1969      Swissair/SLS. Als ZS-FRJ an Protea Airways, dann 3D-ABI, R7310
                                                                                         Rhodesian / Zimbabwe Air Force, in Harare abgestellt
                   HB-IRD         C-47B-5-DK    26054/14609   15.2.1946    26.4.1950     Swissair. Als 4X-ACW an Elsham Ltd, Arkia. 1966 verschrottet
                   HB-IRE         DC-3-276      2121          10.5.1939    18.2.1955     Swissair. Als N2818D an Fleetwings, N61SA Southern Airways, dann
                                                                                         N817 North Central Air Lines. 1984 am Boden zerstört.
                   HB-IRF         C-47B-10-DK   26465/15020   29.5.1946    18.11.1960    Swissair. Als EC-AQF an Spantax, dann N99873, ET-EGK Ethiopian
                                                                                         Airlines, ab 1981 Ground Trainer
                   HB-IRG         C-47B-1-DK    25641/14196   4.2.1946     8.10.1960     Swissair. Als EC-AQE an Spantax. Absturz 30.9.1972 in Madrid-Barajas
                   HB-IRH         C-47A-25-DK   13483         24.8.1951    26.9.1952     Swissair. Gemietet von Ethiopian Airlines (ET-T-15 / ET-AAT). Absturz
                                                                                         30.11.1963 in Addis Abeba
                   HB-IRI         DC-3-216      1946          22.6.1937    28.3.1955     Swissair. Als N2816D an Yoder / Fleetwings, dann als N142D bei Ozark
                                                                                         Airlines. Absturz 20.3.1969 bei New Orleans.
                   HB-IRJ         DC-3-277B     2204          14.4.2009                  12.4.1940 als NC25658 an American Airlines abgeliefert, 1968 zu Texas
                                                                                         International, 1969 zu PBA Airlines als N34PB, 7.1992 als N922CA zu
                                                                                         Champlain Air, 2009 von Francisco Agullo gekauft und seither von der
                                                                                         SCFA betrieben
                   HB-IRK         C-47B-1-DL    20747         10.9.1947    18.6.1957     Swissair. Absturz am 18.6.1957 in den Bodensee bei Schulungsflug
                   HB-IRL         C-47B-10-DK   26259         30.1.1947    5.2.1961      Swissair. Als KA-DFN nach Katanga / Kongo 9.61 abgeschossen
                   HB-IRM         C-47B-30-DK   32939/16191   10.4.1947    23.2.1961     Swissair. Als CN-AHL 1961 an marokkanische Luftwaffe. 1978 N54605.
                                                                                         Am 27.12.1980 durch Sturm in Reykiavik beschädigt, verschrottet.
                   HB-IRN         C-47B-35DK    33393/16645   10.4.1947    14.5.1969     Swissair / SLS, ausgestellt im Verkehrshaus Luzern
                   HB-IRO         DC-3-227A     2054          31.10.1938   8.3.1955      Swissair. Als N2817D an Yoder / Fleetwings, dann N143D bei Ozark Air
                                                                                         Lines, dann Frachter bei Academy Airlines (Griffin, Georgia). Heute noch
                                                                                         aktiv als „Herpas DC-3“ N143D
                   HB-IRU         DC-3-268      2132          8.8.1939     10.5.1940     Swissair. Als SE-BAG an ABA. Am 22.10.43 über Hällo abgeschossen
                   HB-IRX         C-47B-5-DK    26162/14717   11.7.1947    6.6.1969      Swissair / SLS, vorher Alpar HB-ATA, als ET-ADC an Ethiopian AL. Am
                                                                                         31.5.76 in Massawa verbrannt.
                   HB-ISB         C-47-DL       4666          1.1986                     Nach wie vor auf Classic Air eingetragen, vorher CF-CPW, C-FTAS, seit
                                                                                         2005 in Mollis im Hangar abgestellt
                   HB-ISC         C-47A-45-DL   9995          9.1986       11.2010       NC65266, N88YA, dann zu Classic Air, 2003 zu Ju-Air und ab 10.2007
                                                                                         zu Mathys Aviation, derzeit in den USA zur «Amerikanisierung»
                   HB-ITD         C-47B-35-DK   33213/16465   26.10.1967   27.5.1974     Balair / UNO. Vorher PH-MAA. Als N37737 an Air Transport Inc. Im Janu-
                                                                                         ar 1979 in Mexico ausser Dienst.

                                                                                                                                                                    Foto Erich Gandet
  FACTS

                  Bis 1969 setzte Swissair für ihre Luftverkehrsschule SLS noch drei DC-3 ein. Die hier am 29. August 1968 in Zürich fotografiert HB-IRC
                  ging anschliessend nach Südafrika und flog zuletzt für die Zimbabwe Air Force. Sie soll heute noch in Harare abgestellt sein.

                                                                                                                                                                          7

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
Mit Hans Jörg Herzog, DC-3-Pilot, -Instruktor und -Experte

      «Liebe auf zweiten Blick»
      «Was, eine DC-3 soll ich fliegen?», fragte sich Hans Jörg Herzog, als 1985 die
      Classic Air startete. Doch bald entfachte sich in ihm das Feuer für das legendäre
      Flugzeug. Heute ist der 51-jährige einer der wenigen Schweizer DC-3-Piloten
      und als Fluglehrer und Experte jener mit der grössten Erfahrung.

                                                            «
                Die Fragen stellte Hansjörg Bürgi           herbst wurde ich dann zum Kommandanten er-          Regeln kann man durchaus Erfolg haben und
                                                            nannt, und bald danach war ich nicht nur DC-3-      dies gibt einem ein Glücksgefühl. Eine weite-
      ❙ Wie kam es vor rund 25 Jahren zur                   Instruktor, sondern auch noch Check­pilot.          re Herausforderung ist die Performance. Die
        Wiederauferstehung der DC-3 in der                                                                      DC-3 ist kein Jet, der steil in den Himmel steigt.
        Schweiz?                                                                                                Wenn man beispielsweise in Samedan startet,
      Ausschlaggebend war die Gründung der Clas-
                                                                 Fingerspitzengefühl                            muss man genau wissen, wozu die DC-3 fähig
      sic Air, als Bruno Dobler ein ursprüngliches               und ‹Füdligefühl› sind                         ist, und wozu nicht. Um sie sauber zu ope-
      Projekt der Crossair mit seiner Horizon Flug-         angesagt.                                           rieren, muss man sie sehr gut kennen. Doch
      schule verwirklichte und eine DC-3 in Kanada                                                              all dies ist die Herausforderung des DC-3-Flie-
      kaufte. Ich war zu jener Zeit einer von drei fest                                                         gens und löst eben auch grosse Freude und
      angestellten IFR-Instruktoren bei Horizon. Uns        ❙ Wie fliegt sich eine DC-3?                        Begeisterung aus.
      Dreien gab man damals die Gelegenheit, auf            Es ist ein Flugzeug, das seine Piloten in allen
      die DC-3 umzuschulen. Ehrlich gesagt, ich riss        Belangen fordert, das ist etwas vom lässigs-        ❙ Wie fordernd ist der Instrumentenflug
      mich nicht darum. Zu dieser Zeit führte Crossair      ten. Man braucht einfach ein Feeling für dieses       mit der DC-3?
      die modernen Saab 340 mit den ersten Glas-            Flugzeug. Was nicht funktioniert, ist irgend­eine   Auch das war zu Classic-Air-Zeiten jeweils eine
      cockpits ein. Als ich die DC-3 zum ersten Mal         «Technokraten-Checkliste», wenn man das             Herausforderung, da wir ohne Druckkabine auf
      sah, erlitt ich einen Schock: Damit werde ich         «Gspüri» nicht hat. Nur schon alleine das Star-     dem tiefsten IFR-Level von 15’000 Fuss über
      gar nie fliegen, war meine erste Reaktion.            ten der Motoren ist eine Herausforderung. Ent-      die Alpen brummen mussten. Heute schätze
                                                            weder gibt es einen Riesenknall, es brennt, der     ich sehr, dass wir die DC-3 praktisch nur noch
      ❙ Weshalb?                                            Motor ersäuft oder er läuft eben an. Entweder       bei gutem VFR-Wetter fliegen, das macht viel
      Im Cockpit herrschte Chaos. 42 Jahre lang             man kann es oder nicht. Fingerspitzengefühl         mehr Spass.
      wurde einfach herumgebastelt. Alle Schalter           und «Füdligefühl» sind dabei angesagt. Auch
      und Radios waren irgendwo und nirgends, ein           beim Rollen. Bei starkem Seitenwind ist das         ❙ Was blieb von Classic Air haften?
      heilloses Durcheinander. Im DC-3-Theoriekurs          ein Albtraum. Auch ist die DC-3 nicht einfach       Es war eine gute Zeit. 25 Leute hatten dank
      begann ich aber etwas mehr Sympathie für den          zu landen. Befolgt man aber gewisse Spiel-          den beiden DC-3 ihren Lohn. Aber leider ist
      Oldtimer zu verspüren. Als wir dann noch ein
      neues Cockpit einrichten durften, steigerte sich
                                                          ZUR PERSON

      meine Begeisterung rapide. Wir bauten ein für
      die damalige Zeit, also Mitte der 1980er-Jahre,                  Hans Jörg Herzog
      modernstes IFR-Cockpit in die DC-3 ein. Jeder                    Am 16. Mai 1959 in Olten geboren und aufgewachsen, hatte Hans Jörg Herzog
      Wunsch wurde erfüllt, ausser einem Autopilot                     plötzlich mehr Plausch am Fliegen als am Fussball. Mit 16 Jahren nahm er in Olten
      und Flight-Director, es war absolut «state of the                erste Theoriekurse, mit 17 Jahren lernte er fliegen. Drei Monate später hatte er
      art». Wir verfügten sogar über ein sogenanntes                   seine Privatpilotenlizenz in der Tasche. Er steuerte bereits eine Cessna 210 bevor
      R-NAV, mit dem man VORs versetzen und neue                       er Autofahren konnte. Nach seiner Schulzeit liess er sich als Maschinenmechaniker
      Waypoints kreieren konnte. Davon träumten                        ausbilden und wollte möglichst schnell in die Fliegerei. Die RS begann er als
      damals sogar noch die Swissair-­Piloten auf ih-                  Pilotenanwärter, kam aber dann zu den Helis, seither ist er ein grosser Fan der Alouette
      ren Kurzstreckenfliegern. So kam ich nach und                    III. Nach der Unteroffiziersschule verdiente er sein Geld als VFR- und IFR-Fluglehrer.
      nach auf den DC-3-Geschmack. Mit jedem                           1991 stiess er zur Jet Aviation, wo er als Fluglehrer, Flottenchef der Citations und
      Flug stieg die Begeisterung, und ich realisierte                 Head of Training von Jet Aviation Business Jets bis heute wirkt. Kürzlich hat Hans
      erst allmählich, welche Ehre mir zugekommen                      Jörg Herzog die 12’000 Flugstunden-Grenze überschritten, davon hat er über 900
      war, ein solches Flugzeug fliegen zu dürfen.                     auf der DC-3 absolviert. Seit über 20 Jahren ist er mit derselben Lebenspartnerin
                                                                       zusammen, sie wohnen in Winkel-Rüti, direkt neben der Piste 14 des Flughafens
      ❙ Wie verlief der Weg zum DC-3-Checkpi-                          Zürich. Seine Freizeit verbringt Hans Jörg Herzog gerne in Grindelwald, am liebsten
        loten?                                                         beim Skifahren. Zudem ist er ein leidenschaftlicher «Modelleisenbähnler».
      Bis im Frühling 1989 war ich Copilot. Im Spät-

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
SkyTalk
     die Classic Air Geschichte. Heute könnte eine
     Classic Air kaum mehr mit DC-3 fliegen, rein
     von den Vorschriften her. Die DC-3 müsste
     Flight Data Recorders oder eine schusssichere
     Cockpit-Türe haben, um nur zwei Beispiele zu
     nennen. Das ist sehr schade.

     ❙ Als Privat- und Show-Flugzeug hat die
       DC-3 aber noch ihren Platz?
     Durchaus, die DC-3 ist ein Zeitzeuge der Luft-
     fahrt. Der D-Day in der Normandie oder die
     Berliner Luftbrücke wären ohne sie wohl nicht
     möglich gewesen. Die DC-3 hat ihren Platz in
     der Luftfahrt-Geschichte und gehört weiterhin
     an den Himmel.

     ❙ Was ist heute der Reiz, sie immer noch
       zu fliegen?
     DC-3-Fliegen ist noch richtiges Fliegen: In        Hans Jörg Herzog vor der HB-ISC im Hangar in St. Stephan: «DC-3-Fliegen ist noch richtiges
     St. Stephan, wo die ISC und IRJ stationiert        Fliegen!»
     sind, kennen wir keine Slots, keinen Flugplan,
     keine Security, keine ATC. Es geht nur ums
     Fliegen, das geniesse ich sehr. Zudem fliegt       ❙ Wie viele Schweizer Piloten fliegen heu-          Verkauf ausgeschrieben. In der TV-Sendung
     man tief und langsam. Und unsere Leute an            te noch DC-3?                                     «Benissimo» von Ende Oktober hatte die ISB
     Bord sind Fans und lieben die DC-3. Letztes        Es sind nur noch sieben, vier Captains und drei     einen Auftritt. Dafür wurden nach einem aus-
     Jahr reisten zwei Amerikaner per Linienflug aus    Co-Piloten: Drei fliegen bei Hugo Mathys und        giebigen Check durch die Mechaniker die Mo-
     Washington nach Genf, von dort flogen sie mit      vier auf der Breitling-DC-3. Wir helfen uns aber    toren gestartet und die ISB rollte sogar auf die
     der DC-3 nach Bern. Dann erlebten sie einen        gegenseitig aus.                                    Piste. Um sie jedoch wieder flugfähig zu ma-
     Rundflug mit der Super Constellation und flo-                                                          chen, ist ein erheblicher Aufwand notwendig.
     gen von Zürich aus wieder in die USA. Es gibt      ❙ Weshalb befindet sich die HB-ISC, die
     sie also schon noch, die echten Fans! Das freut      DC-3 von Hugo Mathys, in den USA?                 ❙ Damit ist die HB-IRJ derzeit die einzige
     uns Piloten jeweils auch sehr, solche Gäste an     Dies ist eine der bürokratischen Auswirkungen         flugtüchtige Schweizer DC-3?

     «
     Bord begrüssen zu dürfen. Wenn wir ihnen           der heutigen Zeit. Die DC-3 ist ein «Multi-Pilot    Ich hatte das Glück zur richtigen Zeit am rich-
     dann noch die Berner Alpen und das Matter-         Aircraft», dafür wird in der Schweiz eine «frozen   tigen Ort zu sein. Als Experte und Fluglehrer
     horn zeigen können, stimmt einfach alles.          ATPL-Theorie» vorgeschrieben. Das ist zwar          wurde ich mit der DC-3 wie ein «Ersatzteil» an
                                                        alles korrekt, aber ist es für eine DC-3 notwen-    die neuen Operators «weitergereicht». So kam
                                                        dig? Theorien und Prüfungen über «High Level        ich mit der ISC zur Ju-Air und dann zu Hugo
           Von der Anzahl Flug-                         Meteo», «High Speed Aerodynamik», «Jet Fun-         Mathys. So kam ich auch bei der Breitling-
           stunden her, könnten                         damentals», «Computer- und Elektrotechnik»          DC-3, der HB-IRJ, ins Spiel. Das Faszinierende
                                                        oder «Longrangenavigation» machen keinen            bei der «Romeo Juliett» ist, dass es sich um
     die Schweizer DC-3 noch lan-                       Sinn für eine DC-3. Leider gab es keine po-         eine echte DC-3, also keine C-47 handelt. Sie
     ge betrieben werden.                               sitive Entscheidung des BAZLs während der           hat eine reine zivile History, die Türe auf der
                                                        gesetzten Frist. In den USA dagegen braucht         rechten Seite zeugt davon, dass sie für Ame-
     ❙ Wie lange fliegen die DC-3 noch?                 man dies alles nicht. Hugo Mathys, der Besit-       rican Airlines gebaut wurde und mit Jahrgang
     Um eine solches Flugzeug in der Luft zu be-        zer der DC-3, will sie einfach nur fliegen. Des-    1940 ein echter Oldie ist.
     halten, braucht es nicht nur einen grossen         halb hat er entschieden, die DC-3 zu amerika-
     ­Enthusiasmus, sondern auch ein dickes Porte-      nisieren, so kann er sie ohne Riesenaufwand         ❙ Welches war das schönste DC-3-Erleb-
      monnaie. Wenn man zudem noch in Betracht          selbst steuern. Derzeit wird die HB-ISC bei           nis?
      zieht, wie viele Hürden durch die Bürokratie      Basler Aviation in Oshkosh auf die US-Stan-         In den vergangenen 24 Jahren haben sich vie-
      solchen Flugzeugen in den Weg gelegt wer-         dards umgebaut. Sie wird dann amerikanisch          le DC-3-Geschichten angesammelt. Ein Flug
      den, realisiert man, dass früher oder später      registriert wieder in der Schweiz betrieben.        bleibt jedoch unvergessen. Zu meinem 50.
      ein Ende naht. Der grosse Vorteil der DC-3 ist,   Der 39-stündige Überflug verlief mit sieben         Geburtstag wurde mir 2009 die ISC für eine
      dass sie noch als normales Flugzeug und nicht     Zwischenlandungen übrigens problemlos. Die          Stunde zur Verfügung gestellt. Mit einer Grup-
      in der Kategorie «restricted» oder im Annex II    ISC ist in einem Top-Zustand.                       pe von Freunden flogen wir tief durch die Al-
      zugelassen ist. Von der Anzahl Flugstunden                                                            pen. Das war schlicht einmalig. Ein Copilot der
      her, könnten die Schweizer DC-3 noch lange        ❙ Und die HB-ISB, die zweite ehemali-               Classic Air flog damals als Hunter-Milizpilot bei
      betrieben werden. Die ISC hat nur rund 18’000       ge Classic-Air-DC-3, existiert ja auch            der Staffel 21. Vom Aletschgletscher nach Sion
      Stunden und fliegt weniger als 100 Stunden          noch?                                             wurden wir von sechs Huntern im Formations-
      pro Jahr. Ich bin überzeugt, dass die DC-3        Ja, ich habe sie am 5. Januar 2005 von              flug begleitet. Wir mit Vollgas im Sinkflug, die
      auch 100 Jahre nach dem Erstflug noch fliegt,     Buochs nach Mollis überflogen. Seither steht        Hunter mit Speed Brakes und Full Flaps! Das
      aber wahrscheinlich nicht in Europa.              ­«Brösmeli» im Hangar und ist immer noch zum        war ebenfalls einzigartig.	 

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
SkyNews

                                                                                                                                                                                      Foto Eugen Bürgler
     Slowenischer Cougar zum Unterhalt im herbstlichen Alpnach
     RUAG Aviation in Alpnach wartet in ihrem Kompetenzzentrum in Alpnach seit langem nicht nur die Heli-Flotte der Schweizer Luftwaffe. Zu den
     Kunden gehört neben zivilen Heli-Betreibern auch die slowenische Luftwaffe, welche ihre AS532AL Cougars zur Maintenance in die Innerschweiz
     schickt. Die slowenische Luftwaffe erhielt zwischen 2003 und 2004 insgesamt vier Exemplare dieses Neun-Tonnen-Helis. Der Cougar H3-73 führte
     am 21. Oktober einen Werksflug aus.

                  Mit Swiss Jet schneller am Start – und hoffentlich schneller im Ziel
                  «Die Skirennfahrer haben ein enormes Pensum an Verpflichtungen       als Sponsoring-Partner der Skischulen rund um St. Moritz. Im
                  und Terminen an unterschiedlichsten Destinationen zu erfüllen»,      Rahmen des Dreijahresvertrages, der mit GFC abgeschlossen
                  sagt Giusep Fry, Geschäftsführer der GFC Sports Management           wurde, werden die Athleten der Swiss Jet als Werbeträger für
                  AG. Diese Agentur hat mehrere Athleten aus der Schweizer Ski-        den effizienten Lufttransport zur Verfügung stehen. «Darüber
                  nationalmannschaft unter Vertrag, darunter Carlo Janka, Daniel       hinaus kann natürlich der ganze Schweizer Tourismus davon pro-
                  Albrecht, Nadja Kamer und Sandro Viletta. Der Weltmeister            fitieren, wenn wir erfolgreiche Skifahrer haben. Zu diesem Erfolg
                  und Olympiasieger im Riesenslalom, Carlo Janka, der im letzten       wollen wir einen Beitrag leisten, indem wir die Reisezeit verkürzen
                  Winter auch den Gesamtweltcup gewonnen hat, habe beispiels-          und damit die Zeit für Ruhe und optimale Vorbereitungen verlän-
                  weise in einer Saison rund 30 Weltcuprennen und ein mehrfaches       gern», so Marco Schmied. Carlo Janka versteckt übrigens seine
                  an Trainingsfahrten zu bestreiten. In diesem dicht gedrängten        Faszination für die Fliegerei nicht und findet: «Der Heli ist wohl eine
                  Programm würde das Reisen derart viel Zeit in Anspruch neh-          der besten Erfindungen, welche die Menschheit hervorgebracht
                  men, dass die wichtigen Ruhe- und Erholungsphasen oft zu kurz        hat.» Er kann sich auch gut vorstellen, sich eines Tages auch als
                  kämen. So sehe der Rennkalender nach einem Rennen im öster-          Pilot zu versuchen. www.swiss-jet.ch Report Eugen Bürgler
                  reichischen Schladming beispielsweise zwei Tage später bereits
                  ein Abfahrtstraining im französischen Chamonix vor.
                                                                                                                                                                 Foto Eugen Bürgler

                  Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, hat Giusep Fry nach
                  einer Lösung gesucht und mit Swiss Jet den idealen Partner dazu
                  gefunden. Die GFC-Athleten werden künftig, dort wo es öko-
                  logisch und ökonomisch sinnvoll ist, mit Swiss Jet zu ihren
                  Rennen oder anderen wichtigen Terminen fliegen können. Mit
                  ihrer vielfältigen Flotte von sieben Flächenflugzeugen und neun
                  Helikoptern kann Swiss Jet dabei immer das ideale Fluggerät zur
                  Verfügung stellen, wie Marco Schmied von Swiss Jet anlässlich
   SkyHeli

                  der Präsentation der neuen Zusammenarbeit am 29. Oktober in
                  Feusisberg erklärte. Nicht nur die Trainer, auch die Skirennfahrer
                  sehen im Heli-Transport echte Vorteile. «Statt acht Stunden Auto­
                  fahrt zwischen Obersaxen und Val d’Isère mit dem Heli schon          Die neue Partnerschaft zwischen Swiss Jet und GFC soll den
                  nach einer guten Stunde am Ziel zu sein, das macht schon einen       Athleten optimale Voraussetzungen für Spitzenleistungen bieten.
                  grossen Unterschied», so Carlo Janka.                                Von links: Swiss-Jet- Pilot Nino Martocchi, Beat Feuz, Carlo Jan-
                  Swiss Jet engagiert sich schon länger im Skisport, beispielsweise    ka, Marco Schmied von Swiss Jet und Sandro Viletta.

                                                                                                                                                              11

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Rückblick: 75 Jahre Douglas DC-3
GA-Forum: Kritik beim BAZL aufgenommen – Dialog zeigt Erfolge
      Massive Kritik musste sich die Führung des          mit rund 60 Mitarbeitenden für ein Audit Be-          Die Bündelung der Audits sei ein «ganz
      Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) Anfang        such von etwa zehn EASA-Inspektoren.              zentrales Anliegen», betonte Peter Müller.
      Dezember 2009 am Forum anhören, bei dem                 Obwohl vom Bundesgericht gestützt, hielt      Auch die «Management Attention» sei eine
      sich Vertreter der General Aviation (GA) und        Emil Blumer fest, dass in der Arbeitsgruppe       berechtigte Forderung: «Es soll so sein, dass
      der Aufsichtsbehörde trafen. Ein Jahr später,       die Dienstleistungen des BAZL als überrissen      Sie bei Problemen an die Direktion gelangen.»
      am 5. November, trafen sich erneut rund 30          teuer betrachtet wurden. Das BAZL habe sich       Sehr gefallen habe ihm auch der Vorschlag,
      Fachleute aus der General Aviation, darunter        bereit erklärt, gewisse Reduktionen bis Ende      die Inspektoren regelmässig in die Betriebe
      Vertreter fast aller Verbände, mit einer Dele-      2010 zu prüfen, zum Beispiel das Vier-Augen-      zu schicken, um ihre Fachkompetenz zu
      gation der BAZL-Direktion. Am Forum 2009            Prinzip für Audits bei Kleinst­betrieben.         stärken. Das BAZL prüfe zurzeit, Inspektoren
      gehörten dabei die Forderung nach besserer          Auch durch die Bündelung von Audits am            zwei bis fünf Tage pro Jahr in einen Betrieb zu
      Information, mehr Augenmass bei der Umset-          gleichen Ort sollen Kosten eingespart wer-        entsenden, um ihre praktischen Fähigkeiten
      zung neuer Regelungen, Senkung der massiv           den. Allerdings sei das Amt nicht bereit, die     zu erweitern und zu sehen, was sich an der
      gestiegenen Gebühren und das Ausnützen              Gebührenordnung grundsätzlich zu überar-          Front abspielt. Geprüft werde auch, wie Au-
      des Handlungsspielraums bei der Einführung          beiten. BAZL-Direktor Peter Müller räumte         dit-Berichte zur sofortigen Gegenzeichnung
      von EASA-Auflagen zu den wichtigsten Anlie-         ein, dass die Grundgebühren für einzelne          eingeführt werden könnten, damit Beanstan-
      gen.                                                Dienstleistungen so hoch seien, dass sie zum      dungen beim Debriefing eines Audits wenig-
          Um das schwierige Verhältnis zwischen           Teil über den Aufwand hinausgehen würden:         stens in Entwurfsform schriftlich vorliegen.
      dem BAZL und der General Aviation kon-              «Entsprechend werden wir ein Fein-Tuning,             Als Vertreter der Arbeitsgruppe Infrastruk-
      struktiv anzugehen, wurden vier gemischte           aber keine grundsätzlichen Änderungen vor-        tur und Flugplätze sprach Charles Riesen,
      Arbeitsgruppen gebildet, die ihre Resultate         nehmen.» Wenige Tage nach dem Forum, am           Verwaltungsratsdelegierter des Flughafens
      am 5. November in Bern vorstellten. Emil            10. November, hat der Bundesrat über die am       Bern-Belp. Aus dieser Gruppe wurde eine
      Blumer, Leiter Internationales/EASA beim            Forum angetönte, revidierte Gebührenver-          Reihe von Forderungen an die Politik gestellt:
      Aero-Club der Schweiz und Präsident des             ordnung des BAZL entschieden: Demnach             Gleichbehandlung der verschiedenen Ver-
      Segelflugverbandes der Schweiz, präsentierte        wird der Minimalbetrag für einzelne Gebühren      kehrsträger, bezogen auf neue (europäische)
      die Resultate der Arbeitsgruppe Regulations         per 1. Januar 2011 gesenkt. Das BAZL be-          Regulationen Verhältnismässigkeit, Nutzung
      und Internationales. Er stellte in den Vor-         gründet diesen Schritt damit, dass die euro-      des Spielraumes, ein vertiefter Einbezug der
      dergrund, dass die Industrie die Möglichkeit        päischen technischen Vorgaben bei den Luft-       Stakeholder und die Berücksichtigung prak-
      habe, Vertreter in die Gremien der European         fahrtakteuren, insbesondere der Kleinaviatik,     tikabler Fristen. Als wichtiges Anliegen nann-
      Aviation Safety Agency (EASA) zu entsenden,         heute besser bekannt seien und dadurch der        te Charles Riesen auch die Übernahme der
      und so am EASA-Gesetzgebungsprozess                 Aufwand für die Inspektoren gesunken sei.         Security-Aufgaben auf den Flughäfen durch
      mitzuarbeiten. Als weitere Möglichkeit für die          Über die Anliegen der Arbeitsgruppe Au-       den Staat. Dies sei eine hoheitliche Aufgabe
      Industrie, Inputs am richtigen Ort zu platzieren,   dits und Inspektionen referierte Stefan           und im Sinne einer Bündelung der Kompe-
      hat das BAZL eine Liste mit den schweizeri-         Freudiger vom Ingenieurbüro Flugwesen             tenzen mache das auch Sinn, denn es sei der
      schen Vertretern in den EASA-Arbeitsgruppen         und Biomechanik IFB. Ein verbesserter Infor-      Staat, der über nachrichtendienstliche Infor-
      ins Internet gestellt. Emil Blumer stellte auch     mationskanal, um bei besonderen Schwierig­        mationen und das Gewaltmonopol verfüge.
      fest, dass die Industrievertreter ein Moratori-     keiten direkt an den zuständigen Abteilungs-          Zwar seien zurzeit nur grössere Flughäfen
      um bei der Übernahme internationalen Rechts         leiter beim BAZL gelangen zu können, war          von EU-Regulationen betroffen, doch es sei zu
      ablehnen würden, dies wegen der Befürch-            das erste von zwölf Anliegen, das sich in         erwarten, dass sich das ändern werde: «Kei-
      tung, internationale Aufträge zu verlieren.         dieser Arbeitsgruppe herauskristallisiert hat-    ne Anlage wird sich den steigenden Sicher-
          Das BAZL wolle seine Politik fortführen,        te. Prä­zisere Vorgaben, beispielsweise kla­re    heitsanforderungen entziehen können», so
      Regelungen nur dort einzuführen, wo sie nö-         Be­gründungen, wenn eingereichte Doku-            Charles Riesen weiter. Umso wichtiger sei es,
      tig sind und im europäischen Kontext, wo im-        mentationen zurückgewiesen werden und             die Betroffenen so früh wie möglich in laufen-
      mer möglich, versuchen, sich einen gewissen         obligatorische Refresher-Kurse für BAZL-          de Prozesse zu involvieren, denn was einmal
      Spielraum zu bewahren. Zur Erreichung der           Inspektoren, bei denen sie die Arbeiten selber    eingeführt sei, lasse sich erfahrungsgemäss
      eigenen Ziele strebe man die Bildung von Alli-      ausführen, die sie normalerweise inspizieren,     kaum noch verändern.
      anzen mit anderen, ähnlich betroffenen Staaten      sowie Audit-Reports, die am Schluss von Au-           Das BAZL hat eine Überprüfung aller be-
      an, versicherte BAZL-Direktor Peter Müller.         dits unterzeichnet werden können, gehörten        stehenden Rechtsgrundlagen für Flugplätze
      Das BAZL verfüge über eine entsprechende            weiter zu den vorgeschlagenen Massnahmen.         im Hinblick auf ihre Kompatibilität mit ICAO-
      Verhaltens-Policy für seine Mitarbeitenden und      Eine Erleichterung der Aufsichtsabläufe erhofft   Vorschriften in die Wege geleitet. In diesen
      verfolge in diesem Bereich dieselbe Stossrich-      sich die General Aviation auch durch die Zu-      Prozess sollen auch die Flugplatzhalter und
      tung wie die General Aviation. Allerdings be-       sammenlegung der verschiedenen Audits;            Vertreter des Verbandes Schweizer Flugplät-
      streitet das BAZL, bei der Umsetzung europä-        zudem soll unmittelbar nach einem Audit von       ze (VSF) mit einbezogen werden. Damit soll
      ischen Rechts grossen Handlungsspielraum            den Inspektoren ein Audit-Bericht oder eine       mehr Planungssicherheit für die Flugplätze
      zu besitzen. Dass die Verhältnismässigkeit bei      ausgefüllte Checkliste zur Unterschrift vorge-    erreicht werden und vorhandenes Experten-
      der EASA manchmal zu wünschen übrig lasse           legt werden. In seinem Fazit hielt Stefan Freu-   wissen auf Seiten der Flugplatzbetreiber ge-
      und die Regulierungsflut Probleme bereite,          diger fest: «Beim BAZL ist ein Kulturwandel       nutzt werden.
      räumte auch Peter Müller ein. Dass müsse das        spürbar, es findet ein Dialog auf Augenhöhe           Pierre Moreillon, Sekretär des Verbandes
      BAZL manchmal sogar im eigenen Betrieb er-          statt. Es bleiben aber exorbitante Gebühren       Schweizer Flugplätze wies darauf hin, dass
      fahren. So erhalte etwa eine BAZL-Abteilung         und Regulationseskapaden der EASA.»               bezüglich Flugplätzen und Regulationen der

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SkyNews
     Spielraum jetzt noch offen sei: «Deshalb ist es
     sehr wichtig, jetzt aktiv zu werden und die                     Erster Looping für Yves Rossy
     Anliegen bei der EASA einzubringen.» ­Peter
     Müller bemerkte allerdings, dass es kaum                        Yves Rossy, alias Jetman, hat
     realistisch sei, sich intensiv mit allen Regulie-               am 5. November um 10.03 Uhr
     rungsentwürfen auseinander zu setzen: «Es ist                   über dem waadtländischen
     so viel, das da kommt, man muss ehrlicher-                      Bercher seinen ersten Looping
     weise sagen, da kommen wir aus praktischen                      vor einem von Brian Jones
     Gründen an die Grenze.»                                         gefahrenen Heissluftballon,
          Einig waren sich die Forumsteilnehmer                      er­folgreich durchgeführt. Der
     darüber, dass die Sicherheitskosten auf den                     Schweizer Yves Rossy hob
     Flughäfen als hoheitliche Aufgabe vom Staat                     zuvor von Bercher an Bord
     bezahlt werden müssten. Jürg Fleischmann,                       des Ballons «Esprit Breitling
     Präsident der Lions Air Group, machte aber                      Orbiter» ab, um in 18 Minuten
     noch auf einen anderen Ansatz aufmerksam:                       eine Höhe von 2400 Metern
     «Wir sollten nicht nur darüber diskutieren, wer                 zu erreichen. Mit seinem Flügel
     diese Massnahmen bezahlt. In der Praxis se-                     auf dem Rücken und den vier
     hen wir täglich, wie grosse Kosten von Mass-                    Reaktoren in Betrieb, sprang er
     nahmen verursacht werden, die bei genauer                       aus dem Ballonkorb. Nach ein
     Betrachtung null Wirkung haben! Wir sollten                     paar Minuten Flugzeit erreichte
     vermehrt darüber diskutieren, wie wir bezüg-                    er den optimalen Winkel und
     lich der teilweise unsinnigen Massnahmen un-                    konnte den Looping vor dem
                                                         JETMAN

     ter dem Titel Sicherheit wieder zur Normali-                    Ballon durchführen. Er öffne-
     tät zurückfinden.»                                              te dann seinen Fallschirm und
          Beat Neuenschwander, Zentralpräsident                      landete sicher in Denezy.          Jetman Yves Rossy holte vor dem «Breitling
     des Schweizer Aero-Club, konnte feststellen,                    Dieser Flug wurde mit dem          ­Orbiter» Anlauf für den Looping.
     dass in allen Arbeitsgruppen offen und sachlich                 neuen Flügel durchgeführt,
     diskutiert wurde. Weiter informierte er über die                dieser ist kleiner (zwei Meter
     Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Arbeits­                    Spannbreite anstatt 2,5 Meter) und nicht entfaltbar. Dieser neue Prototyp, von
     gruppe, die sich mit dem Themenbereich                          Yves Rossy in Zusammenarbeit mit der RUAG konzipiert, besitzt ein besseres aero­
     Politik und Kommunikation befasste. Zur                         dynamisches Profil und mehr Stabilität. Diese technologischen Fortschritte hätten es
     Verbesserung der Feedback-Kultur zwischen                       Jetman ermöglicht, zwei Jahre nach seiner Überquerung des Ärmelkanals, seinen
     der General Aviation und der Aufsichtsbehör-                    ersten Kunstflug durchzuführen, teilten die Organisatoren weiter mit. Diese erste
     de soll zukünftig bei Bedarf einer Aussprache                   Kunstflugfigur kündige eine immer grössere Bewegungsfreiheit für den fliegenden
     eine Plattform zu einem bestimmten Thema,                       Menschen an, welcher sich nur durch die Bewegungen seines Körpers lenkt. pd
     analog beispielsweise dem GA-Forum, einbe-                      www.jetman.com
     rufen werden können.
          Ein zentraler Kritikpunkt am GA-BAZL
     ­Forum 2009 war das Fehlen einer klaren, ver-
      ständlichen Informationen zum Gesetz-               tengerecht verfasst sei. Er forderte auch aus-        Erstaunt hat, dass am Forum beschlossen
      gebungsprozess und der Implementierung              drücklich dazu auf, unverständliche Schreiben     wurde, die nächste Veranstaltung in dieser
      neuer Regelungen. Das BAZL sicherte zu,             an das BAZL zu retournieren.                      Form erst 2012 durchzuführen. Dieser Zeit-
      seine Kommunikation bezüglich neuen euro-              Als wichtiges Projekt soll die vom Aero-       punkt wurde von Peter Müller vorgeschlagen,
      päischen Rechts zu überprüfen und die BAZL          Club seit zwei Jahren geforderte Luftraum-        «weil dann das EASA OPS-Regelwerk auf
      Website zu diesem Thema aufzudatieren und           strategie erarbeitet werden. In einem Work-       uns niederprasseln wird, auf Sie wie auf uns.»
      sich bei der EASA für eine besser verständli-       shop im Frühjahr 2011 sollen sich das BAZL        Insgesamt scheint das GA-BAZL Forum viel
      che Website einzusetzen. In der Schweiz soll        und Vertreter der General Aviation auf gemein-    gegenseitiges Verständnis gefördert zu ha-
      mit dem Informationsdienst «EASA ak-                same Grundprinzipien einigen. Peter Müller        ben.
      tuell» über Neuerungen rund um die EASA             wies darauf hin, dass bezüglich der künftigen         Paul Kurrus konstatierte als Aerosuisse-
      informiert werden. Auch dem Bedürfnis nach          Gestal­tung des Luftraumes gewaltige Inte-        Präsident, dass der Druck im Dampfkessel im
      konsolidierten Fassungen der Gesetzestexte,         ressenskonflikte bestehen würden, versi-          ersten Halbjahr 2009 bedrohlich angestiegen
      aus denen einfach ersichtlich ist, was nun gilt,    cherte aber, dass die GA in den Gestaltungs-      sei, das Forum mit den Arbeitsgruppen dann
      versuche das BAZL vermehrt Rechnung zu              prozess involviert werde.                         aber viel zur Lösung der Probleme beigetra-
      tragen.                                                Beat Neuenschwander unterliess es nicht        gen habe: «Die Situation ist heute besser, es
          Die Kritik, dass auch das BAZL oft zu un-       darauf hinzuweisen, dass in der BAZL-Lei-         wird ein konstruktiver Dialog gepflegt und es
      verständlich kommuniziere und beispielsweise        tung klar ein Kulturwandel erkennbar sei.         ist ein grundlegender Wandel in der Zusam-
      Briefe zu technisch und zu juristisch und zu        Die BAZL-Führung nehme begründete GA-             menarbeit zu erkennen.» Spontan wurde am
      wenig praxisbezogen formuliert seien, nahm          Anliegen offen auf. Allerdings zeigten sich auf   Forum entschieden, die Resultate der ein-
      das Bundesamt entgegen. Peter Müller ver-           nachgeordneten Stufen in Einzelbereichen          zelnen Arbeitsgruppen auf der Website des
      sprach, dass das BAZL Anstrengungen un-             diesem Trend gegenüber erstaunlich resisten-      BAZL zu publizieren: www.bazl.admin.ch
      ternehme, damit ausgehende Post adressa-            te Mentalitäten.                                                                 Eugen Bürgler

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Luftfahrtkongress: Abschiedsvorstellung von Bundesrat Leuenberger
      Seine letzte Rede als Bundesrat in der Schweiz      weiter eingeengt werde. Als Beispiel nannte er    die Bevölkerung mit ihr identifiziere. Das sei der
      hielt Verkehrsminister Moritz Leuenberger am        die Rettungsfliegerei in den Alpen.               Swissair gelungen. Aus diesem Grund müsse
      26. Oktober, am vierten, von der Economie­              Im weitern kam er auf die Ressourcen-         der Name «Swiss» unbedingt erhalten bleiben.
      suisse organisierten, schweizerischen Luft-         knappheit in der Schweiz zu sprechen. Das         Die Swissness müsse zusätzlich verstärkt
      fahrtkongress auf dem Flugplatz Dübendorf.          Angebot könne in Zukunft die Nachfrage nach       werden. Diese Identifikation sei eben nicht nur
      Weitere hochkarätige Redner aus der Schwei-         Luftverkehr nicht befriedigen. Wachstum ja,       aus ökonomischen, sondern aus politischen
      zer Aviatik betonten den Stellenwert der Luft-      aber auf eine nachhaltige Weise, sagte Bun-       Gründen fundamental: Zustimmung zu finden
      fahrt für die Schweiz, insbesondere im Jubilä-      desrat Leuenberger. Zum Schluss erwähnte er       für Start- und Landezeiten in Randstunden sei
      umsjahr «100 Jahre Schweizer Luftfahrt».            die Bundeskompetenz bei den Landesflug-           am ehesten dann möglich, wenn möglichst
                          Verkehrsminister Leuenber-      häfen: «Wenn die für den Flughafen zustän-        viele Menschen die Swiss als «ihre» Flugge-
                          ger (Bild) blickte auf seine    digen kantonalen Behörden von der Unterstüt-      sellschaft betrachten würden.
                          15 Jahre zurück, in wel-        zung ihrer Bevölkerungskreise abhängig sind,                          Der Zürcher Regierungs-
                          chen er die Schweizer Avi-      kann man ihnen nicht verargen, dass sie ihre                          rat Ernst Stocker, (Bild)
                          atik erlebt hat. Er erinnerte   Entscheide auf diese Unterstützung ausrich-                           Vorsteher der Volkswirt-
                          an die Swissair, die ihm        ten. Deshalb wollen wir die Kompetenzen des                           schaftsdirektion und somit
                          auch wegen der «Schimpf-        Bundes bei den Entscheiden zum Betrieb des                            Flughafen-Verantwortlicher,
                          tiraden» von Philippe           Flughafens Zürich verstärken. Es braucht einen                        erinnerte an die Wiege
      Bruggisser viel weniger gut in Erinnerung           weitgehenden Einfluss des Bundes, der bis hin                         der Schweizer Luftfahrt,
      bleibt, als das heutige Swiss-Management. Er        zu einer Mehrheitsbeteiligung gehen kann.»                            nämlich den Flugplatz
      verglich das Swissair-Grounding auch mit der        Ein erster Schritt könnte darin bestehen, beim    Dübendorf, der vor 100 Jahren erstmals als
      Krise der UBS, beide Firmen hätten nur dank         Betriebsreglement selbständig verfügen zu         Start- und Landeort diente. Luftfahrt sei nicht
      Bundesinterventionen gerettet werden kön-           können. Moritz Leuenberger hat dies in seiner     Selbstzweck, auch nicht das Privileg weniger.
      nen. Bundesrat Leuenberger sprach auch die          Amtszeit noch vorbereitet. «Es wäre auf jeden     Luftfahrt stifte Nutzen für die Staaten und die
      Regulierungsdichte an: Es werde heute mehr          Fall konsequent, dass der Bund für Landes-        Volkswirtschaften. Aber wo Licht sei, finde
      reguliert, nicht nur aus Gründen der Sicher-        flughäfen ähnliche Kompetenzen erhält, wie er     man auch Schatten, und das sei bei der Aviatik
      heit, sondern auch, um gleich lange Spiesse         es für Nationalstrassen, Starkstromleitungen      der Fluglärm. Die Belastung solle für alle Betei-
      zu schaffen. Das habe auch zur Folge, dass          und Gaspipelines hat», fügte er an. Allerdings    ligten möglichst erkennbar sein. Ernst Stocker
      der Handlungsspielraum der Schweiz immer            sei die Luftfahrt darauf angewiesen, dass sich    verlangte Rechts- und Planungssicherheit.

                  Claude Nicollier mit diesjährigem Award ausgezeichnet
                  Mit dem «Aerosuisse Award» würdigt der Dachverband der               als Flugversuchsleiter des «Solar Impulse» unter Beweis gestellt.
                  schweizerischen Luft- und Raumfahrt grosse Verdienste von            Claude Nicollier führte in seiner Dankesrede an, dass er sehr viel
                  natürlichen und juristischen Personen zu Gunsten des schwei-         Glück gehabt habe und seine Bubenträume erfüllten konnte. Er
   AEROSUISSE

                  zerischen Luft- und Raumfahrtstandortes. Die diesjährige Aus-        blickt auf spannende 25 Jahre in Houston zurück. Zudem schätzt
                  zeichnung hat Aerosuisse-Präsident Paul Kurrus am Luftfahrt-         er sich besonders geehrt, die ganze Bandbreite der Geschwin-
                  kongress in Dübendorf an den bisher einzigen Schweizer Astro-        digkeit erfühlt zu haben: Von der 26-fachen Schallgeschwindig-
                  nauten, Claude Nicollier, verliehen.                                 keit oder Mach 26 im Space Shuttle bis zu Mach 0.037 in «Solar
                  Mit der Verleihung des diesjährigen Awards würdigt die Aero­         Impulse». Heute fliegt Claude Nicollier als Pilot des Fliegermu-
                  suisse Claude Nicollier für sein wegweisendes und erfolgreiches      seums Payerne auch einen ehemaligen Hunter der Schweizer
                  Wirken als Pilot, Astronaut, Dozent und Repräsentant der             Luftwaffe. Er sprach sich auch für die Ehrung der Pioniere der
                  Schweizer Luft- und Raumfahrt. «Als erster und bisher einziger       Schweizer Aviatik und für die Förderung neuer Technologien in
                  Schweizer Astronaut hat er das öffentliche Bewusstsein für die       der Luftfahrt aus. www.aerosuisse.ch                          pd
                  Schweiz als Luft- und Raumfahrtnation nachhaltig geprägt», er-
                  wähnte Paul Kurrus. Claude Nicollier verbinde wie keine andere
                  Schweizer Persönlichkeit die Schweizer Luft- und Raumfahrt mit
                  wissenschaftlicher Forschung, Lehre, Praxis und beispielhaftem
                  Verhalten. Nach seinem Abschluss in Physik und Astrophysik
                  an der Universität Genf hat ihn seine aviatische Laufbahn vom
                  Militärpiloten zum Swissair-Piloten und schliesslich zum Chef­
                  astronauten der Europäischen Weltraumorganisation ESA ge-
                  führt. Die Schweiz beteiligt sich mit 140 Millionen Franken pro
                  Jahr an der European Space Agency. Den Höhepunkt der Astro-
                  nautenlaufbahn von Claude Nicollier bildeten vier längere Flüge
                  ins All, zuletzt verbunden mit dem spektakulären Weltraumspa-
                  ziergang zur Reparatur des Weltraumteleskops Hubble. Auch in
                  jüngster Zeit hat er seine vielfältigen Fähigkeiten, unter anderem   Paul Kurrus (links) überreichte den Award an Claude Nicollier.

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