Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach

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Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
Inhalt

                      Hochwasserschutz
Praxisratgeber

                      für Kommunen

 Erläuterungen
 Thesen
 Tipps
 Beispiele

Praxisratgeber Hochwasserschutz für Kommunen
Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
Dem Arbeitskreis „Hochwasserschutz“
                                     beim Bayerischen Gemeindetag gehören an:
Herausgeber:                         Bayerischer Gemeindetag                 Dr. Jürgen Busse
Bayerischer Gemeindetag, München                                             Dr. Franz Dirnberger
Zeichnung:                                                                   Werner Schmid (Leiter des Arbeitskreises)
Marion Kipfelsberger, Grafing

Papier:                              Bayerisches Staatsministerium für       Stephan März
Umschlag elementar chlorfrei         Landesentwicklung und Umweltfragen      Andreas Holderer
Innenteil aus 100 % Altpapier
                                                                             Katrin Horn
Druck und grafische Gestaltung:                                              Dr. Günther Knopp
kelly-druck GmbH, Abensberg
                                                                             Karl Schindele
Bezugshinweis:                                                               Theo Schlaffer
Bayerischer Gemeindetag
Dreschstraße 8                                                               Hans-Joachim Weirather
80805 München
Telefon 089/360009-0
Telefax 089/365603                   Bayerisches Staatsministerium für       Ingeborg Bauer
www.bay-gemeindetag.de               Ernährung, Landwirtschaft, Forsten      Dr. Paul Dosch
baygt@bay-gemeindetag.de
                                                                             Wolfgang Ewald
BayGT, München                                                               Josef Wein
Oktober 2003

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck   Bayerisches Staatsministerium des Innern Hans Ellmayer
und Wiedergabe nur mit Genehmi-
gung des Herausgebers.                                                        Bernd Zaayenga

                                     Oberste Baubehörde                      Thomas Engel
                                     im Staatsministerium des Innern

                                     Landesamt für Wasserwirtschaft          Karlheinz Kraus

                                     Gemeinden
                                     Stadt Miltenberg                        Joachim Bieber, 1. Bürgermeister
                                     Markt Schmidmühlen                      Peter Braun, 1. Bürgermeister
                                     Stadt Tittmoning                        Dietmar Cremer, 1. Bürgermeister
                                     Markt Frickenhausen                     Ludwig Hofmann, 1. Bürgermeister
                                     Markt Regenstauf                        Dagobert Knott, 1. Bürgermeister
                                     Stadt Schrobenhausen                    Josef Plöckl, 1. Bürgermeister
                                     Gemeinde Stockheim                      Albert Rubel, 1. Bürgermeister
                                     Gemeinde Neuhaus a. Inn                 Josef Schifferer, 1. Bürgermeister
                                     Stadt Windsbach                         Wolfgang Seidel, 1. Bürgermeister
                                     Markt Diedorf                           Otto Völk, 1. Bürgermeister

                                     Bayerische Versicherungskammer          Wolfgang Raab

                                                                             Finanzielle Unterstützung durch
                                                                             Bayerische Versicherungskammer
                                                                             und Bayerisches Staatsministerium des Innern

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Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
Vorwort

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

manch eine(r) von Ihnen mag im ersten Augenblick denken: Schon wie-
der eine Broschüre? Wer soll dies lesen?

Es ist nicht unsere Absicht, die oft beklagte „Informationsflut“ mit einer
schön bebilderten, aber inhaltsarmen Hochglanzbroschüre weiter anzu-
reichern. Es ist uns an einem aktiven „Mehrwert“ für Sie gelegen.

Das verheerende Hochwasser im August 2002 war für uns der aktuelle
Anlass, verbandspolitisch zu handeln und einen Arbeitskreis Hochwas-
serschutz ins Leben zu rufen. Auftrag und Ziel bestanden darin, einen
Praxisratgeber „Hochwasserschutz für Kommunen“ zu erstellen. Aus dem Blickwinkel des kommunalen
Praktikers sollte den Fragen nachgegangen werden:

• Was kann ich als Gemeinde beim Hochwasserschutz tun?
• Wer hilft mir dabei?
• Wie setze ich die Planungen fachlich um?
• Wie kann ich die Umsetzung finanzieren?

Der Ratgeber setzt seinen Schwerpunkt auf Maßnahmen an Gewässern 3. Ordnung, für deren Unterhal-
tung und Ausbau die Gemeinden zuständig sind. Das Thema Hochwasserschutz ist so vielfältig, dass
manche Aspekte nur angerissen werden konnten. Wegen der akuten Finanznot von Staat und Kommu-
nen kann auch keineswegs alles, was wünschenswert ist, umgesetzt werden. Selbst die Umsetzung der
als notwendig erkannten Maßnahmen wird seine Zeit brauchen. Nicht verantwortbar wäre es jedoch,
untätig zu verharren. Der Ratgeber soll dazu beitragen, dass dies nicht passiert.

Mein Dank gilt dem Arbeitskreisleiter Direktor Werner Schmid und den Mitgliedern des Arbeitskreises
Hochwasserschutz für ihre engagierte Mitarbeit und ihre Beiträge, dem Bayerischen Staatsministerium
des Innern und der Bayerischen Versicherungskammer für die gewährte finanzielle Unterstützung.

In der Erwartung, dass der Leitfaden Sie bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützt

Ihr

Dr. Uwe Brandl
Präsident des Bayerischen Gemeindetags

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Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
Inhaltsverzeichnis
I.    Einleitung

      – Anlass, Ziele und Schwerpunkte des Praxisratgebers
      – Aufbau und Struktur des Ratgebers
      – Gefahrenlage bei großen Flüssen (Gew I)
      – Gefahrenlage bei mittleren Flüssen (Gew II)
      – Gefahrenlage bei Gewässern mit kleinen Einzugsgebieten (Gew III)
      – Konsequenzen in Thesenform

II.   Krisenmanagement bei Hochwasser
      – Einführung

      1. Wettervorhersage und Warnungen
         – fachliche und rechtliche Grundlagen
         – Konkretisierung des Vorhersagegebietes, landkreisgenaue Warnungen
         – Einführung des Vorhersagesystems KONRAD für die bayerischen Katastrophenschutzbehörden
         – Einbindung der Gemeinden in das Unwetterwarnsystem
         – Unwetter-Frühwarnsystem der Versicherungskammer Bayern

      2. Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr
         – Entwurf künftiges Unwetterwarnsystem in Bayern

      3. Hochwassernachrichtendienst
         – Aufgaben der Gemeinden im Hochwassernachrichtendienst
         – Entwicklungen im Hochwassernachrichtendienst
         – Muster eines gemeindlichen Melde- und Einsatzplanes

III. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates
      – Einführung

      1. Überschwemmungsgebiete
         – planerische Grundlagen und Verfahren
         – Beispiel einer kartografischen Darstellung

      2. Vorranggebiete für Hochwasser in Regionalplänen
         – Grundlagen und Verfahren
         – Beispiel aus einem Regionalplan

      3. Ermittlung und Bereitstellung von Basisdaten

IV. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden
      – Einführung

      1. Gewässerentwicklung: Planen und Ausführen
         – Erhaltung und Wiederherstellen naturnaher Zustände an Gewässern und ihren Auen
         – Bedeutung einer qualifizierten Planung
         – Reduzierung des Unterhaltungs- und Pflegeaufwands
         – Schrittweises Vorgehen
         – Planungsablauf

      2. Baulicher Hochwasserschutz
         – Palette möglicher Maßnahmen
         – Beispiel eines Rückhaltebeckens Hausen

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Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
3. Hochwasserschutz in der Bauleitplanung
        – Bindung der Bauleitplanung durch Ziele der Raumordnung und förmlich festgesetzte
          Überschwemmungsgebiete
        – Hochwasserschutz in der bauleitplanerischen Abwägung
        – Hochwasserschutz und Flächennutzungsplan
        – Hochwasserschutz und Bebauungsplan
        – Darstellung in Flächennutzungsplan am Beispiel des Marktes Diedorf

     4. Interkommunale Zusammenarbeit
        – verschiedene Modelle
        – Praxisbeispiele aus dem Landkreis Cham und dem Landkreis Aichach-Friedberg

V.   Umsetzung und Finanzierung eines kommunalen Hochwasserschutzkonzepts
     sowie von Maßnahmen an Gew III

     – Einführung

     1. Förderung über die Wasserwirtschaftsverwaltung
     2. Förderung über die Verwaltung ländliche Entwicklung
        – Regionale Landentwicklung
        – Flurneuordnung
        – Dorferneuerung
     3. Förderung der Flächennutzung für die Land- und Forstwirtschaft
     – Landwirtschaft
     – Forstwirtschaft
     4. Refinanzierung gemeindlicher Aufwendungen
     5. Gemeinsames Informationsblatt von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium:
        Schwerpunktprogramm aktiver Wasserrückhalt in der Fläche

VI. Kommunale Haftung und Versicherbarkeit kommunaler Risiken

     1. Kommunale Haftung
     2. Gebäudeversicherung gegen Hochwasserschäden
     3. ZÜRS – Risikoanalyse als Voraussetzung für Hochwasserversicherung

VII. Bürger und Kommunen – effiziente Öffentlichkeitsarbeit
     am Beispiel des Marktes Diedorf
     1. Ausgangslage
     2. Aus Betroffenen werden Beteiligte
     3. Die Öffentlichkeitsarbeit im Einzelnen
     4. Fazit der Gemeinde
     5. Eigenverantwortung der Bürger

VIII. Kommunaler Klimaschutz

     1. Klima- und energiegerechte städtebauliche Planung
     2. Ökologische Bestandssanierung
     3. Ökologische Energieversorgung in kommunaler Verantwortung

IX. Veröffentlichungen, Quellenverzeichnis und weitere Informationen

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Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
I. Einleitung

    Anlass, Ziele und Schwerpunkte                          der bauliche und technische Schutz vernachlässigt
    des Praxisratgebers                                     werden dürfen.
                                                            Der Ratgeber versucht deshalb, die ganze Band-
                                                            breite des kommunalen Hochwasserschutzes abzu-
                                                            decken, wobei Entstehung, Ursachen und Erschei-
                                                            nungsformen von Hochwässern nur angerissen wer-
                                                            den können.

                                                            Aufbau und Struktur des Ratgebers

                                                            Der Aufbau des Praxisratgebers geht vom Konzept
                                                            eines integrierten Hochwasserschutzes aus. Hierzu
                                                            gehören als Handlungsfelder die 3 Kernbereiche:

    Überschwemmung in Neustadt an der Donau                    Natürlicher Wasserrückhalt/vorbeugender
                                                                Hochwasserschutz
    Unter dem Eindruck des Augusthochwassers 2002
    haben wir als Bayerischer Gemeindetag im Septem-           Technischer Hochwasserschutz
    ber 2002 einen Arbeitskreis Hochwasserschutz ein-
    gerichtet. Wir wollten – nicht zuletzt wegen der           Weitergehende Hochwasservorsorge.
    Dimension der Überflutungen und der Schäden –
    auch verbandspolitisch Handlungsbedarf signali-         Im Text der Kapitel III und IV wird zwischen den
    sieren.                                                 Maßnahmen des Staates und den Handlungsmög-
                                                            lichkeiten der Gemeinden unterschieden.
    Der Arbeitskreis steckte sich die Ziele, Schwachstel-
    len beim Hochwassermanagement zu analysieren,           Die Möglichkeiten, wie ein integriertes Hochwas-
    kommunalspezifische Handlungsmöglichkeiten auf-         serschutzkonzept umgesetzt und finanziert wer-
    zuzeigen und einen Praxisratgeber als Arbeitshilfe      den kann, werden in Kapitel V beschrieben. Umwelt-
    für die Kommunen zu entwickeln.                         und Landwirtschaftsministerium bieten den
                                                            Gemeinden als Hilfestellung eine umfassende „Ein-
    Der Schwerpunkt sollte dabei bei den Gewässern          stiegsberatung“ an. Ausführlich werden im Kapitel
    3. Ordnung (Gew III) liegen. Die kreisangehörigen       V auch die verschiedenen Fördermöglichkeiten dar-
    Gemeinden sind in Bayern für die Unterhaltung und       gestellt.
    den Ausbau von mehr als 60.000 Kilometern Fließ-
    gewässer zuständig. Die bisherigen „Hilfen“ für die     Diesen Fachkapiteln vorangestellt ist die Darstel-
    Gemeinden waren spärlich. Kommunalpolitiker, aber       lung eines wirksamen Krisenmanagements, um
    auch Verwaltungen sollten deshalb Informationen,        die Gefahren und Auswirkungen – unvermeidba-
    Tipps und Handlungsempfehlungen mit Beispielen          rer – Hochwässer zu mindern. Hervorzuheben
    erhalten, die auf ihre Bedürfnisse, ihre Strukturen     sind insbesondere die Verbesserungen bei Wet-
    und ihre Aufgaben zugeschnitten sind.                   tervorhersagen- und -warnungen sowie die Ein-
                                                            bindung der Gemeinden in das Unwetterwarn-
    In den Arbeitskreis wurden „hochwassererfahrene“        system.
    Bürgermeister aus allen Regierungsbezirken beru-
    fen. Vertreter der Staatsministerien des Innern, für    Angereichert werden diese Aussagen durch Infor-
    Landwirtschaft und Forsten sowie für Landesent-         mationen und Empfehlungen zur interkommuna-
    wicklung und Umweltfragen und des Landesamts            len Zusammenarbeit, zu Fragen der kommunalen
    für Wasserwirtschaft bereicherten die „Ideenschmie-     Haftung und Versicherbarkeit sowie zur Öffentlich-
    de“ mit ihrem Sachverstand.                             keitsarbeit, dargestellt am Beispiel des Marktes
                                                            Diedorf.
    Hochwasserschutz ist ein komplexes Thema. Viel
    zu kurz griffe deshalb die Reduzierung des Ratge-       Schließlich betont der Ratgeber den Zusammen-
    bers auf technische Maßnahmen. Der Vorbeugung           hang zwischen Hochwasserschutz und Klimaschutz.
    kommt zentrale Bedeutung zu, ohne dass jedoch           Wichtig ist aktives klimarelevantes Handeln gera-

6                                                                                              Einleitung
de der Gemeinden, Märkte und Städte, auch wenn        wässer auf die Hochwasserentwicklung der gro-
Maßnahmen nur langfristig greifen. Beispielhaft       ßen Flüsse verdeutlicht.
werden deshalb auf kommunaler Ebene Handlungs-
möglichkeiten aufgezeigt.                             An den großen Flüssen befinden sich zudem alle
                                                      dringlichen Maßnahmen des technischen Hoch-
Immense Schäden durch Hochwasser entstehen            wasserschutzes im Stadium der Planung bzw.
vor allem bei großflächigen Überschwemmungen          Umsetzung. Die künftige Vorsorge konzentriert sich
an den großen Flüssen. Nachfolgend wird auf die       auf die Schaffung zusätzlicher Retentionsräume.
aktuelle Gefahrensituation eingegangen. Gleich-       Großvolumige steuerbare Flutpolder spielen dabei
zeitig wird die Gefahrenlage an den mittleren Flüs-   eine wesentliche Rolle. Die räumliche Konzentra-
sen und den Gew III beleuchtet, vor allem um die      tion auf wenige Gemeinden mit Auswirkungen auf
Zusammenhänge der Gesamthochwasserentwick-            ihre Entwicklungsmöglichkeiten und der hohe Flä-
lung aufzuzeigen.                                     chenbedarf führen allerdings teilweise zu Akzep-
                                                      tanzproblemen.

Gefahrenlage bei großen Flüssen (Gew I)
                                                      Gefahrenlage bei mittleren Flüssen (Gew II)

                                                      Die Einzugsgebiete dieser Gewässer sind zwar im
                                                      Vergleich zu Main und Donau kleiner, die Hochwas-
                                                      sergefahr ist jedoch keineswegs geringer. Gerade
                                                      Voralpen- und Mittelgebirgsflüsse können beson-
                                                      ders im Frühjahr und Sommer aufgrund der spezi-
                                                      fischen Wetter- und Klimasituationen sehr rasch
                                                      Hochwässer aufbauen. Besondere Bedeutung
                                                      kommt deshalb für die an diesen Gewässern von
                                                      Überschwemmungen betroffenen Kommunen
Überschwemmung in Neustadt an der Donau               einem funktionierenden Frühwarnsystem zu.

Hochwässer an den großen bayerischen Flüssen
Donau (z. B. 1988, 1999 und 2002) und Main (z. B.     Gefahrenlage bei Gewässern mit kleinen
1995) haben Tradition. Bilder der überschwemm-        Einzugsgebieten (Gew III)
ten Stadt Passau gehören nach schweren Regen-
fällen zur Standardberichterstattung in den
Medien und zeigen den Handlungsbedarf deutlich
auf. Die bisherigen Investitionen in den baulichen
Hochwasserschutz konnten bei den letzten Hoch-
wässern noch höhere Schäden in Bayern verhin-
dern, auch wenn die Schadenshöhe beim August-
hochwasser 2002 immerhin ca. 185 Mio. Euro Scha-
den betrug. Die großen Einzugsgebiete insbeson-
dere der Donau, die zahlreichen Zuflüsse mit der
Gefahr großer Abflusssteigerungen und die jah-
reszeitlich bedingten Abflussszenarien erschwe-
ren ein Beherrschen der Wassermassen gerade bei
lang anhaltenden Regenfällen oder bei langem
Tauwetter, so dass auch in Zukunft Überschwem-
mungen größeren Ausmaßes drohen. Zudem lie-
gen sowohl an Donau als auch am Main große            Bei Gewässern mit kleinen Einzugsgebieten stel-
Siedlungsschwerpunkte wie Regensburg, Passau          len vor allem kurze, sehr kräftige Regengüsse eine
oder Würzburg, die aufgrund ihrer Nähe zum Fluss      Gefahr dar. In kurzer Zeit kommt es häufig zu enor-
stets gefahrenträchtig bleiben werden. Gerade die     men Abflusssteigerungen. Die Rückhalte- und
Ereignisse 1999 und 2002 haben auch den erheb-        Abflusskapazitäten der Bäche und Flüsse sind dann
lichen Beitrag der Abflusssituation der Seitenge-     meist schnell erschöpft. Erhebliche Gefahrenlagen

Einleitung                                                                                                  7
und überproportional hohe Schäden können dann          als abflussbeschleunigend und damit besonders
                        die Folge sein. Paradebeispiel ist die Gemeinde Die-   für die Unterliegergemeinden als zusätzliche
Kapitel VII, Seite 34   dorf im Landkreis Augsburg im Jahr 2002 mit drei       Gefährdung auswirkt.
                        getöteten Personen und 3,2 Mio. Euro Schaden.
                        Ausreichend genaue und rasche Vorhersagen der          Die hautnahe Betroffenheit der Gewässeranlieger
                        Hochwasserentwicklung sind oft nicht möglich und       und die Zuständigkeit für die Unterhaltung und den
                        stellen die Anliegergemeinden vor große Proble-        Ausbau der Gew III fordert die Gemeinden in beson-
                        me. Eine „hausgemachte“ Ursache für besondere          derem Maße. Dies ist jedoch auch eine Chance, da
                        Gefahrenlagen stellt die Bebauung hochwasserge-        eine wirksame kleinräumige Vorsorge und Schutz-
                        fährdeter Flächen dar. Auch die Gewässer selbst        maßnahmen von den Betroffenen unmittelbar
                        wurden häufig wenig naturnah ausgebaut, was sich       erlebt werden.

                        Konsequenzen in Thesenform

                        Aus der Sicht des Arbeitskreises haben die vergangenen Ereignisse vor allem folgendes gezeigt:

                         Hochwässer können nicht verhindert, aber in ihren Wirkungen abgemildert werden
                         Das Vorsorgedenken und –handeln muss verstärkt werden
                         Anstelle isolierter Maßnahmen sind ein Denken in Einzugsgebieten und integrierte Hochwasser-
                          konzepte gefragt
                         Hochwasser macht nicht vor Gemeindegrenzen Halt – solidarisches Verhalten und interkommunale
                          Zusammenarbeit sind unverzichtbar
                         Präzisere Unwetterwarnungen und die Aktualisierung von Meldeplänen sind wichtige Bausteine
                          eines wirksamen Krisenmanagements
                         Zusätzliche Messpegel und Niederschlagsabflussmodelle können auch für Gewässer dritter Ord-
                          nung wichtige Hilfsmittel sein
                         Eine integrierte Gewässerentwicklungsplanung stellt eine gute Basis für effektive Hochwasser-
                          schutzmaßnahmen dar
                         Gemeinden brauchen funktionierende Instrumente, um ihre Aufwendungen verursachergerecht
                          umlegen zu können
                         Staatliche Haushaltsmittel sind verstärkt für Planungen und Maßnahmen an Gewässern dritter
                          Ordnung einzusetzen
                         Eine gezielte kommunale Öffentlichkeitsarbeit erhöht die Akzeptanz bei den Betroffenen

                        8                                                                                        Einleitung
II. Krisenmanagement bei Hochwasser

Den folgenden Fachkapiteln zur weitergehenden
Hochwasservorsorge vorangestellt wird das wich-
tige Kapitel Krisenmanagement. Sein Funktionie-
ren ist eine Grundvoraussetzung für eine spätere
Schadensminderung und eine effektive Schadens-
abwehr. Parallel entwickelt und mitbeeinflusst
durch den Arbeitskreis Hochwasserschutz sind
wichtige Neuerungen bei der Unwettervorhersa-
ge und Unwetterwarnung bereits umgesetzt oder
in Entwicklung. Auch der Hochwassernachrichten-
dienst wird fortentwickelt. Im Bereich Katastro-
phenschutz werden die Strukturen für eine stärke-
re Einbindung der Gemeinden gerade geschaffen.

Die verheerenden Hochwasser der letzten Zeit
(Pfingsthochwasser 1999 und Augusthochwasser
2002) haben verdeutlicht, dass der Katastrophen-
schutz zwar gut vorbereitet war, aber auch die Not-
wendigkeit aufgezeigt, die Gemeinden in das
Unwetterwarnsystem einzubinden und auf örtlicher
Ebene bei Bedarf entsprechende Katastrophen-
schutz-Sonderpläne aufzustellen.                         Fachliche und rechtliche Grundlagen

Es hat sich zudem erwiesen, dass ein erfolgreiches       Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat
Krisenmanagement in besonderem Maße von                  in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetter-
                                                         dienst (DWD), Regionalzentrale München, in den
– einer rechtzeitigen und fundierten Information         letzten Jahren in Bayern ein umfassendes Unwet-
  bzw. Warnung sowie                                     terwarnsystem aufgebaut. Der DWD nutzt hierzu
– einer vorbereiteten Katastrophenschutz-Sonder-         einen leistungsfähigen Faxverteiler. Während und
  planung abhängig ist.                                  außerhalb der Dienstzeiten informiert er die vor-
                                                         aussichtlich betroffenen Katastrophenschutz-
                                                         behörden, die Polizei, das Technische Hilfswerk, das
1. Wettervorhersage und Warnungen                        Bayerische Rote Kreuz, die Forstdirektionen und
                                                         die Bundeswehr. Innerhalb von wenigen Minuten
Unwetter kommen für die Betroffenen oft über-            werden so alle wichtigen Stellen erreicht, die dann
raschend, aber keineswegs aus heiterem Himmel. Die       diese Warnungen in eigener Zuständigkeit bewer-
Profis der Wetterdienste erfassen das Gewitter bereits   ten und umsetzen können. In der Anlage wird in
in der Entstehungsphase. Für einen funktionierenden      einem Entwurf das künftige Unwetterwarnsystem
Unwetterwarndienst stellen sich folgende Fragen:         in Bayern dargestellt.                                 Kapitel II, Seite 12
– Wie wird sich das Gewitter entwickeln?
– Wohin wird es zielen?                                  Die Bevölkerung wird vor Unwettern bayernweit
– Wie können die betroffenen Gebiete rechtzeitig         über den Rundfunk gewarnt. Dies geschieht durch
  gewarnt werden?                                        den Deutschen Wetterdienst unter Nutzung des
– Wie können die Gemeinden in das Warnsystem             Verkehrswarndienstes. Geregelt ist das Verfahren
  eingebunden werden?                                    durch Bekanntmachung des Bayerischen Staats-
                                                         ministeriums des Innern vom 19. April 1991, Nr. I
Diese recht einfachen Fragen sind wegen der Kom-         D 4 – 3041/1 1c/71 (AllMBl. S. 362).
plexität des Wettergeschehens eine große Heraus-
forderung für alle Beteiligten.                          Das Unwetterwarnsystem orientierte sich in der Ver-
                                                         gangenheit vor allem an den Aufgaben und Bedürf-
Gerade für Gew III besteht für präzise Vorhersagen       nissen der Katastrophenschutz- und Sicherheitsbe-
ein besonderer Bedarf, da dort häufig Beobach-           hörden. Sie müssen die notwendigen Maßnahmen
tungspegel nicht vorhanden sind und auch nicht           vorbereiten oder einleiten, um Personen- oder Sach-
eingerichtet werden können.                              schäden zu vermeiden oder zu vermindern. Die gro-

Krisenmanagement                                                                                           9
ßen Schäden der Unwetterereignisse des Jahres          Hohenpeißenberg entwickeltes System für die
2002 sind Anlass für das Innenministerium, zusam-      Gewittervorhersage. Es handelt sich um ein de-
men mit dem DWD an einer Fortentwicklung und           tailliertes radargestütztes Gewitterdiagnose- und
Verbesserung des Verfahrens zu arbeiten.               -prognosesystem, das insbesondere auf die Über-
Schwerpunkte sind dabei die Verbesserung der „Tref-    wachung von Gewitterlagen ausgelegt ist. Aus
fergenauigkeit“ von Unwetterwarnungen, die Kon-        den Daten von 16 Radarmessgeräten des Deut-
kretisierung des Vorhersagegebiets und die Einbin-     schen Wetterdienstes berechnet KONRAD zuver-
dung der Gemeinden in das Unwetterwarnsystem.          lässige Prognosen über den Fortgang des Unwet-
                                                       ters für die nächste halbe Stunde und stellt dies
                                                       am PC-Bildschirm dar. Mit dem System können die
Konkretisierung des Vorhersagegebietes,                Auswirkungen eines starken Gewitters bzw. Stark-
landkreisgenaue Warnungen                              regens mehr ortsbezogen und genauer dargestellt
                                                       werden. Nach einer Testphase bei verschiedenen
Hierzu hat der DWD zunächst in seinem Internet-        Katastrophenschutzbehörden und Feuerwehren
auftritt die Vorhersagegebiete kleinräumiger gestal-   wurden im Juni diesen Jahres in Zusammenarbeit
tet und die Warnung auf die betroffenen Landkrei-      mit dem Deutschen Wetterdienst die Vorausset-
se abgestellt. In Kürze soll diese landkreisgenaue     zungen geschaffen, allen bayerischen Katastro-
Warnung auch dem vorgenannten Unwetterwarn-            phenschutzbehörden den Zugang zu KONRAD zu
system zu Grunde gelegt werden, so dass jeweils        ermöglichen. KONRAD schafft eine noch bessere
nur die voraussichtlich von einem Unwetter bedroh-     Grundlage für abgestimmte und kurzfristige Alar-
ten Landkreise über Fax vom Deutschen Wetter-          mierungs-, Warn- und Einsatzmaßnahmen. Dies
dienst gewarnt werden, statt wie bisher ganze          sollte für Gemeinden Anlass sein, die Aufstellung
Regionen oder Regierungsbezirke. Dadurch ist eine      eines Katastrophenschutz-Sonderplans Unwetter
bessere und deutlich höhere „Treffergenauigkeit“       einschließlich der Alarmierungsplanung für die
der Unwetterwarnungen zu erwarten.                     benötigten Einheiten, Personen und sonstige Stel-
                                                       len zu prüfen.

Einführung des Vorhersagesystems KONRAD                Die bayernweite Einführung von KONRAD ent-
für die bayerischen Katastrophenschutzbehörden         spricht sowohl einem Beschluss des Bayer. Land-
                                                       tags als auch Forderungen des Arbeitskreises Hoch-
Das System KONRAD (= Konvektionsentwicklung            wasserschutz des Bayerischen Gemeindetags sowie
in Radarprodukten) ist ein beim Observatorium          des Bayerischen Städtetags.

KONRAD – Prognose eines Unwetterverlaufs

10                                                                         Krisenmanagement
Einbindung der Gemeinden                                die Alarmierungskarte Unwetter aus und informiert
in das Unwetterwarnsystem                               auf diese Weise die Ansprechpersonen bzw. -stel-
                                                        len aller Gemeinden in ihrem Zuständigkeitsbe-
Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdien-             reich über die Unwetterwarnung. Telefongesprä-
stes erreichen bisher direkt und schnell die Bevöl-     che sind häufig zeitaufwändig. Die o. g. Ansprech-
kerung sowie die betroffenen Katastrophenschutz-        personen bzw. -stellen sollten deshalb für die Ent-
behörden (Kreisverwaltungsbehörden, Regierun-           gegennahme von Unwetterwarnungen mit Funk-
gen, Bayerisches Staatsministerium des Innern),         meldeempfängern ausgestattet sein.
die Polizei, das Technische Hilfswerk, das Bayerische
Rote Kreuz, die Forstdirektionen und die Bundes-
wehr.                                                   Unwetter-Frühwarnsystem
                                                        der Versicherungskammer Bayern
Die Erfahrungen der Unwetter aus den letzten Jah-
ren haben jedoch deutlich gemacht, dass auch auf        Neben dem oben dargestellten amtlichen Unwet-
Gemeindeebene wesentliche Schutz- und Vorkeh-           terwarnsystem stellt die Versicherungskammer
rungsmaßnahmen schnell und zielführend mög-             Bayern versicherten Personen und Kommunen auf
lich sind. Im Regelfall weiß nur die Gemeinde, ob       Wunsch ein Unwetter-Frühwarnsystem zur Verfü-
auf ihrem Gebiet Veranstaltungen (z. B. Jugendzelt-     gung, das auf der gleichen Datengrundlage, näm-
lager, Märkte u. ä.) stattfinden oder Örtlichkeiten     lich den 16 Radarstationen des Deutschen Wetter-
bestehen, die in besonderem Maße anfällig für ein       dienstes, aufgebaut wurde. Durch den ständigen
sich näherndes Unwetter sind. Es ist daher erfor-       Einsatz einer Unwetterwarnzentrale, die Nutzung
derlich, auch die Gemeinden in das Unwetterwarn-        zusätzlicher Wetterstationen und einer speziellen
system einzubinden und sie über die Unwetter-           Prognosesoftware werden auch kleinräumige und
warnungen zu informieren. Dazu müssen die               ortsgenaue Vorhersagen ermöglicht. Dieses System
Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdien-             kann das amtliche Unwetterwarnsystem ergänzen
stes in geeigneter Form und zeitgerecht auch an         und bietet vor allem die Möglichkeit einer aktiven
zuständige Stellen in der Gemeinde gelangen. Die-       Zustellung von Warnmeldungen an einzelne Per-
se Information kann für die Gemeinde von Bedeu-         sonen.
tung sein, um im Einzelfall auch als örtliche Sicher-
heitsbehörde handeln zu können. Auf das Thema           Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde das
Haftung wird in Kapitel VI näher eingegangen.           Unwetterwarnsystem „WIND“ (Weather Informa-
                                                        tion On Demand) durch die Versicherungskammer
Art. 6 LStVG                                            Bayern realisiert und nach dem Test durch Kunden
Die Gemeinden… haben als Sicherheitsbehör-              zur Anwendungsreife gebracht. Die Versicherungs-
den die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und         kammer Bayern bietet ihren kommunalen Kunden
Ordnung durch Abwehr von Gefahren und                   gebührenpflichtig über Internet den Zugang zu
durch Unterbindung und Beseitigung von Stö-             einem geschützten Bereich, in dem ausführliche
rungen aufrecht zu erhalten.                            Warnungen und Radarvorhersagen enthalten sind.
                                                        Zur Unterstützung von Hochwasservorhersagen
                                                        werden in diesem System auch Gebietsniederschlä-
Hierzu wird im Laufe des Jahres 2003 die Unwet-         ge ausgewiesen und vorhergesagt. Zusätzlich kön-
terwarnung in das System der Alarmierung im             nen Warnungen auch aktiv zugestellt werden (SMS,
Brand- und Katastrophenschutz eingebunden.              Fax, Pager). Über ein Nutzerprofil im Internet kön-
                                                        nen diese Abonnements ständig aktualisiert und
Jede Kreisverwaltungsbehörde erstellt hierzu im         angepasst werden.
Rahmen ihrer Alarmierungsplanung im Brand- und                                                                vgl. Entwurf Künftiges
Katastrophenschutz eine so genannte „Alarmie-                                                                 Unwetterwarnsystem in
rungskarte Unwetter“ in die jede Gemeinde einge-                                                              Bayern, Seite 12
bunden wird. Die Gemeinde benennt hierfür eine
Ansprechperson oder -stelle (z. B. Bürgermeister,
Gemeindemitarbeiter, Feuerwehr, Bauhof, nachalar-
mierende Stelle), die Unwetterwarnungen entge-
gen nimmt. Geht eine Unwetterwarnung bei der
jeweiligen erstalarmierenden Stelle ein, löst diese

Krisenmanagement                                                                                        11
2. Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr            wetter zum Schutz der Bevölkerung und von Sach-
                                                    werten daran anschließt. Jede Gemeinde sollte des-
Eine Unwetterwarnung kann erst dann ihren vol-      halb auf ihrem Gebiet die bereits bekannten, sowie
len Zweck erfüllen, wenn ein auf das örtlich vor-   die künftig denkbaren Auswirkungen von Unwet-
handene Gefahrenpotenzial abgestellter und vor-     tern erfassen und analysieren. Ergibt sich dann ein
bereiteter Katastrophenschutz-Sonderplan Un-        entsprechendes Gefahrenpotential, sollten die not-

                                         Entwurf
                              Künftiges Unwetterwarnsystem
                                        in Bayern

12                                                                      Krisenmanagement
wendigen und möglichen Einsatzmaßnahmen ein-              über die verfügbare Informationen rasch weiter-
schließlich der Alarmierungsplanung abgestimmt,           gegeben werden können.
festgelegt und vorbereitet werden.
                                                          Rechtsgrundlagen:
Nach Eingang einer Unwetterwarnung bei der                   Art. 67 Bayerisches Wassergesetz
Ansprechperson bzw. -stelle der Gemeinde ent-
                                                             Verordnung über den Hochwassernach-
scheidet diese Person oder Stelle, ob und – bei
abgestuften Planungen – welche Stufe des Kata-                richtendienst (HNDV) vom 23.05.1990 (GVBl.
                                                              S. 159)
strophenschutz-Sonderplans ausgelöst werden soll
und verständigt dann die jeweils zuständige alar-            Bekanntmachung des Bayerischen Staats-
mierende Stelle im Brand- und Katastrophenschutz              ministeriums des Innern vom 04.01.1991, Nr.
zur Durchführung der entsprechenden Alarmie-                  II E 3 - 4502.505 - 001/90 zum Vollzug der Ver-
rung.                                                         ordnung über den Hochwassernachrichten-
                                                              dienst (VBHNDV)
Die Gemeinden werden hierbei in ihrer Eigenschaft
als untere Sicherheitsbehörden gem. Art. 6 LStVG tätig.

Gemeindebezogene Katastrophenschutz-Sonder-
pläne Unwetter können auch durch die Katastro-
phenschutzbehörde bzw. den Ansprechpartner Füh-
rungsgruppe Katastrophenschutz – FüGK – aus-
gelöst werden.

Das Konzept zur Erstellung der oben dargestell-
ten Katastrophenschutz-Sonderplanungen Un-
wetter wird im Laufe des Jahres 2003 durch das
Bayer. Staatsministerium des Innern in Abstim-
mung mit den beteiligten Stellen eingeführt. Es
soll auch ein Muster eines Katastrophenschutz-
Sonderplans Unwetter mit Hinweisen veröffent-
licht werden.

3. Hochwassernachrichtendienst

Wenn große Niederschlagsmengen niedergehen,
ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. An den gro-
ßen und meisten mittleren Flüssen können der
Wasserstand und die Hochwasserentwicklung
gemessen werden. Hierfür existiert ein organisier-
tes Meldesystem mit Pegeln und Meldestellen, der
Hochwassernachrichtendienst (HND). Er hat die
Aufgabe, betroffene Landkreise, Gemeinden, Bevöl-
kerung und die Verantwortlichen rechtzeitig und
auf kurzen Wegen über die Hochwasserentwick-
lung zu informieren.

An Gew III sind nur vereinzelt Messpegel eingerich-
tet. Häufig sind die Vorhersagezeiträume an sol-
chen Gewässern so kurz, dass Pegel zu einer effek-
tiven Gefahrenabwehr nichts beitragen können. Im
Einzelfall kann es jedoch hilfreich sein, eine infor-
melle Nachrichtenkette zwischen Gemeinden in
einem Gewässereinzugsbereich zu vereinbaren,

Krisenmanagement                                                                                            13
Aufgaben der Gemeinden
im Hochwassernachrichtendienst                         3. Verzeichnis der Eigentümer, Besitzer und Betrei-
                                                          ber der vom Hochwasser bedrohten Gebäude
Die Hochwasserereignisse in den letzten Jahren            und Anlagen.
haben gezeigt, dass den gemeindlichen Meldeplä-
nen, in denen die Warnung der Betroffenen durch        4. Verzeichnis der zuständigen Behörden sowie der
die Gemeinde geregelt wird, als letztem Glied in der      örtlichen und überörtlichen Hilfsdienste.
Meldekette eine besondere Bedeutung zukommt.
                                                       5. Kommunaler Organisationsplan für die Hoch-
Zur Aufstellung und Aktualisierung dieser Melde-          wasserabwehr.
pläne sind die Gemeinden gem. § 8 der Verordnung
über den Hochwassernachrichtendienst (HNDV)            6. Hinweis auf den Aufbewahrungsort der für die
verpflichtet.                                             Katastrophenabwehr erforderlichen Unterlagen.

Zur Vorbereitung auf Hochwasserereignisse müs-         Die Wasserwirtschaftsämter unterstützen die
sen die Gemeinden festlegen, ➙ wer ➙ wann und          Gemeinden bei der Aufstellung gemeindlicher Mel-
➙ wie zu warnen ist und ➙ welche Maßnahmen             depläne und stellen auch Beispiele und Planmu-
bei ➙ welchen Wasserständen an den Pegeln zu           ster zur Verfügung.
veranlassen sind.
                                                       In besonders gefährdeten Bereichen sollte unter-
In einem gemeindlichen Meldeplan sollten folgen-       sucht werden, ob es für die Gemeinde zweckmäßi-
de Punkte enthalten sein:                              ger ist, einen Katastrophenschutz-Sonderplan
                                                       Unwetter aufzustellen. Ein derartiger Katastrophen-
1. Zusammenstellung:                                   schutz-Sonderplan kann gemeindliche Meldeplä-
   - Art und Weise der Bekanntmachung der Hoch-        ne ergänzen oder ersetzen.
     wassernachrichten,
   - Lage und Höhe der örtlichen Hochwassermarken,
   - bemerkenswerte Pegelstände des Meldepegels        Entwicklungen im Hochwassernachrichtendienst
     und deren örtliche Auswirkungen (z.B. Straßen-
     überflutungen) und                                Im Innovationsprogramm gewässerkundlicher
   - Bezug zwischen den Vorhersagen der Scheitel-      Dienst wird der Freistaat Bayern bis Ende 2004
     wasserstände des Meldepegels und der zu           320 automatische Niederschlagsmessstationen
     erwartenden Scheitelwasserstände vor Ort.         bauen, mit Datenfernübertragung kombinieren
2. Lagepläne:                                          und mathematische Vorhersagemodelle für alle
   - Überschwemmungsbereiche größerer Hoch-            großen Flüsse entwickeln. Zusätzlich wird geprüft,
     wasser bzw. festgesetzte Überschwemmungs-         ob auch an Gew III weitere Pegel eingerichtet oder
     flächen                                           vorhandene auf den beschriebenen Stand
   - Rückstaubereiche im Untergrund                    gebracht werden können.
   - Hochwasserbedrohte Objekte und
   - Lage der Hochwassermarken.

14                                                                         Krisenmanagement
Muster
                                 Gemeindlicher Melde- und Einsatzplan im
                                     Hochwassernachrichtendienst
                                  Gemeinde Donautal - Ortsteil Auendorf
                                                                                        Stand: ..........................

      1. Meldebeginn : .............. cm (Pegelmessstelle .......................................................... )

          Meldung erfolgt durch                      Alarm-Einsatzzentrale, Landratsamt .................. ,
                                                     Tel: Nr .............. Telefax

        Meldung erfolgt an:                          a) Bgm ...............................
                                                                                     Tel.-Nr. dienstl.:...........................
                                                                                              privat :...........................
                                     b) FFW ............................... Tel. -Nr dienstl. :...........................
                                                                                              privat :...........................
                                      c) ....................................... Tel.-Nr.dienstl.:...........................
                                                                                               privat :...........................
         Unterlagen befinden sich: ..........................................................

          Erste Maßnahmen

  Zu verständigen sind folgende Anlieger ( bei                                                   .. cm Pegelstand .......................... )

        Name                                      Telefon-Nr.                                 Maßnahmen
        xxxxx                                                                                 Räumung Parkplatz
                                                                                              Zugang zum Haus sichern

           Weitergabe der Meldung an Verwaltung und Bauhofleiter:
                                                  Tel.-Nr. dienstl.: ...

      z. Meldestufe 2 ab .............. cm Pegelstand
          Weitere Hilfs- und Einsatzkräfte

              Verständigung von

              ............................................................... ...Tel.-Nr. privat :

              Die Feuerwehr/Sonstige: .......................verständigt die nachfolgend aufgeführten Anlieger:

Muster eines gemeindlichen Melde- und Einsatzplanes im Hochwassernachrichtendienst der Gemeinde Donautal, Ortsteil Auendorf

Wasserstand     Ortsbezeichnung        Wirkung                                                         Flurstück-Nr.   Name, Anschrift          Telefon-Nr.   Auswirkung
      cm                                                                                               28/2            Huber; Lange Straße 5                  Zugangsbereich überschwemmt
400             Windorf                Überflutung der Zufahrt zur Donauinsel
440             Vilshofen - Windorf    Überflutung des Radweges                                        32              Maier; Flutstraße 3                    nur Gartenland betroffen
450             Vilshofen              Verkehrslandeplatz gefährdet
450             Vilshofen              Rückstau in Kanalisation Bereich Donaustaße                     44              Müller; Bachweg 22                     Keller unter Wasser
455             Hofkirchen             Überflutung Vorländer
                                                                                                       23              Propper; Zitronenweg 5                 Absichern der Badfenster
700             Hofkirchen             Standsicherheit der Deiche im Stadtbereich gefährdet
                                                                                                       78              Sommer; Zitronenweg 7                  gesamtes EG unter Wasser,
                Hofkirchen             beginnende Überströmung der Deich im Stadtbereich
                                                                                                                                                              keine Zufahrtsmöglichkeit

                                                                                                       65              Appelt; Donaustraße 10                 Zugangsbereich überschwemmt
                                                                                                                                                              - schwerbehindert ! -

                                       HQ,oo...

Krisenmanagement                                                                                                                                                                            15
III. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz –
                              Maßnahmen des Staates
                         Hochwasserschutz als natürliches Geschehen lässt
                         sich nicht verhindern. Staat und Kommunen kön-       Definitionen:
                         nen aber „hausgemachte“ Ursachen vermeiden,
                         Hochwasservorsorge betreiben und den techni-            Unter natürlichem Rückhalt/vorbeugender
                         schen Schutz optimieren. Damit Maßnahmen von             Hochwasservorsorge versteht man Maßnah-
                         der Bevölkerung auch akzeptiert werden, ist eine         men im Einzugsgebiet/Aue, die zu einer
                         Schärfung des „Hochwasserbewusstseins“ notwen-           Erhöhung der Speicherfähigkeit und Vermin-
                         dig.                                                     derung der Abflussgeschwindigkeit führen

                         Wirksamer Hochwasserschutz kann nie nur aus Ein-        Der technische Hochwasserschutz umfasst
                         zelmaßnahmen bestehen. Vielmehr bedeutet inte-           Maßnahmen wie Bachbettausbau, Flutmul-
                         grierter Hochwasserschutz eine Kombination ver-          den, Hochwasserschutzmauern und Rückhal-
                         schiedener Maßnahmen, mit denen ein einheitli-           tebecken usw.
                         ches Ziel erreicht wird.
                                                                                 Die weitergehende Hochwasservorsorge
                         Bereits 1995 ist von der Landesarbeitsgemeinschaft       umfasst Maßnahmen zur Verringerung und
                         Wasser (LAWA) eine Kombination der 3 (Kern-)             künftigen Vermeidung des Schadenspotenti-
                         Handlungsfelder                                          als in hochwassergefährdeten Gebieten. zur
                                                                                  Vorsorge zählt man die Flächenvorsorge, Ver-
                          natürlicher Rückhalt/vorbeugender Hochwas-             haltensvorsorge, Bauvorsorge und Risikovor-
                                                                                  sorge
                           ser-schutz
                          technischer Hochwasserschutz und
                          weitergehender Hochwasservorsorge                  Für die Kommunen stellen sich folgende Fragen:

                         als „Dreisäulenmodell“ beschrieben worden. Der       Wie können sie in ihrem Zuständigkeitsbereich
Siehe unter              Freistaat Bayern hat dies in seinem (Hochwasser)-    (Gew III) integrierten Hochwasserschutz betrei-
Veröffentlichungen,      Aktionsprogramm 2020 aufgegriffen und als Leit-      ben? Wie sollen sie dabei vorgehen?
Seite 39                 bild formuliert.
                                                                              Eine zwingende Verpflichtung zur Aufstellung eines
                                                                              bestimmten Konzepts oder zu einer bestimmten
                                                                              integrierten Planung kann es nicht geben. Soll
                                                                              Hochwasserschutz jedoch auf Dauer angelegt sein,
                                                                              ist den Gemeinden die Aufstellung eines integrier-
                                                                              ten kommunalen Hochwasserschutzkonzepts zu
                                                                              empfehlen. Dieses kann auch in einen Gewässer-
                                                                              entwicklungsplan integriert werden. Die Gemein-
                                                                              de wird sich hierfür in der Regel eines qualifizier-
                                                                              ten Fachbüros bedienen.

                                                                              Die grobe Vorgehensweise kann wie folgt skiz-
                                                                              ziert werden:

                                                                                 Gespräche mit Wasserwirtschaftsamt/
                                                                                  Verwaltung für ländliche Entwicklung über
                                                                                  Schwerpunkt fachlicher Maßnahmen

                                                                                 Beiziehung eines Fachbüros

                                                                                 Auslotung von Fördermöglichkeiten
Details finden sich
in Kapitel V, Seite 24                                                           Konzepterstellung für Umsetzung

                         16                                 Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates
Die nachfolgenden fachlichen Beiträge unterschei-      wirtschaftsämter den Kreisverwaltungsbehörden
den zwischen Maßnahmen des Staates und der             die Überschwemmungslinie in der Regel für ein
Gemeinden und beziehen sich jeweils auf Teilaspek-     Hochwasserereignis mit, das statistisch gesehen
te des integrierten Hochwasserschutzes.                alle 100 Jahre auftritt (HQ100). Die Gemeinden wer-
                                                       den frühzeitig darüber informiert und verfahrens-
                                                       mäßig beteiligt. Sie erhalten – falls gewünscht –
1. Überschwemmungsgebiete                              weitere Erläuterungen, bevor die Rückhalteräume
                                                       förmlich als Überschwemmungsgebiete festgesetzt
Ein wichtiges Instrument der Flächenvorsorge ist       werden. Dies ist besonders wichtig, haben Gemein-
die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten.           den doch bei ihrer Bauleitplanung festgesetzte
Sie dient der Sicherung von Hochwasserrückhalt-        Überschwemmungsgebiete zu berücksichtigen.
räumen und des schadlosen Wasserabflusses. Über-       Damit wird sichergestellt, dass im Hochwasserfall
schwemmungsgebiete werden von den Kreisver-            ausreichend Raum für die Rückhaltung und das
waltungsbehörden durch Rechtsverordnung fest-          schadlose Abfließen von Hochwasser zur Verfügung
gesetzt. Nach jetziger Rechtslage sind Über-           steht.
schwemmungsgebiete Flächen, die bei Hochwas-
ser durchflossen werden. Sie enthalten parzellen-      Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt
scharfe Festlegungen und sind gegenüber jeder-                          Landesamt für Wasserwirtschaft,
mann verbindlich. Teilweise enthalten sie einschnei-                    Projektschwerpunkt Hochwasser
dende Nutzungsverbote. Insbesondere ist die
Errichtung von Gebäuden in festgesetzten Über-
schwemmungsgebieten grundsätzlich verboten.

Rechtsgrundlagen:
   § 32 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
   Art. 61 Abs 1 Bayerisches Wassergesetz
    (BayWG)

In Bayern werden – zusätzlich zu den teilweise
ermittelten und festgesetzten Überschwemmungs-
gebieten – an allen größeren Gewässern 1. und 2.
Ordnung mit einer Gesamtlänge von 9.000 Kilome-
tern sowie vor allem in den Siedlungsgebieten an
den Gewässern 3. Ordnung bis zum Jahr 2006 wei-
tere Überschwemmungsgebiete ermittelt. Die vom
Flugzeug aus gemachten Luftaufnahmen werden
mit der Photogrammetrie ausgewertet.

                                                       Kartografische Darstellung eines Überschwemmungsgebietes

                                                       2. Vorranggebiete für Hochwasser
                                                          in Regionalplänen

                                                       Ebenfalls der Flächenvorsorge dient die Auswei-
                                                       sung von Vorranggebieten Hochwasser in der
                                                       Regionalplanung. Sie unterstützt die Freihaltung
                                                       und die Rückgewinnung von Rückhalte- und
                                                       Abflussräumen auf der regionalen Ebene.

                                                       Im Gegensatz zu den Verordnungen für Über-
Unterschiedliche Höhenlagen werden so genau            schwemmungsgebiete findet keine parzellenschar-
erfasst. In Form von Lageplänen teilen die Wasser-     fe Festsetzung statt. Die Darstellung erfolgt in Kar-

Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates                                                                          17
ten 1: 100 000. Gemeinden haben festgesetzte Vor-     wenn z. B. ein Siedlungsdruck auf die maßgeben-
ranggebiete Hochwasser bindend in die Bauleit-        den Flächen erkennbar ist.
planung zu übernehmen. Auch bei der Festsetzung
von Vorranggebieten ist in der Regel ein Be-          Vorranggebiete sind kein stumpfes Schwert. Sie
messungshochwasser HQ100 maßgeblich.                  schließen andere konkurrierende Nutzungen aus,
                                                      wenn sie mit den Belangen des vorbeugenden
 Rechtsgrundlagen:                                    Hochwasserschutzes nicht vereinbar sind. Dies gilt
  Raumordnungsgesetz (ROG) in der Fassung            z. B. für die Störung des Wasserabflusses (z. B.
   vom 15.12.1997 (BGBl I S. 2902)                    hochwasserabflusshemmende und – beschleuni-
  Bayerisches Landesplanungsgesetz                   gende Maßnahmen), die Verminderung der natür-
   (BayLPlG) in der Fassung vom 25.4.2000             lichen Hochwasserrückhaltung und die Ausweitung
   (GVBl S. 280)                                      von Siedlungsflächen. Möglich ist – im Gegensatz
  Landesentwicklungsprogramm Bayern vom
                                                      zu den wasserrechtlich festgesetzten Überschwem-
   12.03.2003 (GVBl 2003, S. 173)
                                                      mungsgebieten – auch die Sicherung künftiger
                                                      (re)aktivierbarer Flächen.
Zuständig für die Aufstellung von Regionalplänen
und die Ausweisung von Vorranggebieten sind die       Ansprechpartner: Regionaler Planungsverband
regionalen Planungsverbände, in denen alle Land-                       Örtliches Wasserwirtschaftsamt
kreise und Gemeinden einer Region zusammenge-
schlossen sind. Bei der Aufstellung von Regional-
plänen können die Belange des Hochwasserschut-        3. Ermittlung und Bereitstellung
zes mit konkurrierenden anderen Belangen abge-           von Basisdaten
stimmt und für eine gesamte Region gesichert wer-
den. In erster Linie werden Vorranggebiete Hoch-      Der Freistaat hat ein Interesse an einem wirksa-
wasser an Gew I und II ausgewiesen. Aber auch         men kommunalen Hochwasserschutz. Bei kommu-
Gew III kommen für Vorranggebiete in Betracht,        nalen Planungen, der Erstellung kommunaler Hoch-
                                                      wasser-Kataster und der Entwicklung von Nieder-
                                                      schlagsabflussmodellen unterstützt die staatliche
                                                      Wasserwirtschaft deshalb die Gemeinden. Sie stellt
                                                      hydrologische Grundlagendaten zur Verfügung
                                                      oder erarbeitet sie im Bedarfsfall. Weiterhin wer-
                                                      den für den Ausbau von Gew III Bemessungsda-
                                                      ten, wie z. B. die Jährlichkeiten von Abflüssen,
                                                      angeboten.

                                                      Der Freistaat erstellt derzeit mathematische
                                                      Abflussmodelle für alle großen Flüsse. Er prüft, ob
                                                      dies in Einzelfällen auch für Gew III möglich ist,
                                                      wenn z. B. die Einrichtung neuer Pegel in Frage
                                                      kommt. Für Gemeinden können Niederschlagsab-
                                                      flussmodelle darüber hinaus dann sinnvoll sein,
                                                      wenn ein kommunales Hochwasserflächenkataster
                                                      zu erstellen ist oder wenn im Rahmen eines Kon-
                                                      zepts Gefährdungspotentiale wie unterdimensio-
                                                      nierte Durchlässe, überbaute Bereiche oder zu klei-
                                                      ne Verrohrungen ermittelt werden sollen. Für einen
                                                      rechtzeitigen und zielgerichteten Einsatz von Hilfs-
                                                      kräften im Krisen- oder Katastrophenfall kommt
                                                      der Kenntnis derartiger Schwachstellen besonde-
                                                      re Bedeutung zu.

                                                      Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt
Auschnitt aus dem Regionalplan Allgäu (Region 16)                      Landesamt für Wasserwirtschaft,
Vorranggebiete sind blau gerastert                                     Referat 16

18                                          Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates
IV. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz –
    Maßnahmen der Gemeinden
Die Palette der Handlungsmöglichkeiten der           Erhalten oder Wiederherstellen naturnaher
Gemeinden ist umfangreich und reicht von der qua-    Zustände an Gewässern und ihren Auen
lifizierten Planung bis zu Modellen der kommuna-
len Zusammenarbeit. Eine aus den Reihen des Ar-      Die Renaturierung von Bächen oder die Erhaltung
beitskreises Hochwasserschutz genannte Möglich-      eines bereits vorhandenen naturnahen Zustands
keit ist, den Gemeinden ein wirksames Instrument     hat eine Doppelfunktion – eine ökologische und
der Flächensicherung bzw. des Flächenerwerbs für     eine im Sinne eines vorbeugenden Hochwasser-
bauliche Maßnahmen außerhalb von Bebauungs-          schutzes.
plänen an die Hand zu geben. Denkbar erscheint
die Schaffung eines solchen Instruments im Rah-      Der naturnahe Ausbau eines Gewässers oder der
men des Wasserrechts. Der Bayerische Gemeinde-       Erhalt eines solchen vorhandenen Zustandes
tag hat vorgeschlagen, eine solche Regelung in ein   bedeutet die Schaffung oder Sicherung vielfältiger
künftiges Bundesgesetz zur Verbesserung des vor-     Lebensräume von Tieren und Pflanzen in und am
beugenden Hochwasserschutzes aufzunehmen.            Wasser. Die Gewässerentwicklung ist damit prak-
                                                     tizierter Artenschutz. Zur Gewässerentwicklung
                                                     gehört auch die Anlage oder Wiederherstellung von
1. Gewässerentwicklung:                              Bach- und Flussauen. Uferstreifen mit einer stand-
   Planen und Ausführen                              ortgerechten Vegetation helfen Nährstoffe und
                                                     Oberboden zurückzuhalten und führen zu einer Ver-
Das Ziel einer Deregulierung auf staatlicher und     besserung der Selbstreinigungskraft und Qualität
kommunaler Ebene und die knappen Finanzen nöti-      von Gewässern. Schließlich prägen naturnahe
gen auch bei der Gewässerentwicklungsplanung         Gewässer mit ihren begleiteten Ufergehölzen und
zur Prüfung folgender Fragen:                        Auen auch den Erholungswert und das Landschafts-
                                                     bild.
   Ist ein Gewässerentwicklungsplan (GEP) erfor-
    derlich?                                         Die beschriebenen Maßnahmen tragen zum vor-
                                                     beugenden Hochwasserschutz bei, weil mehr Hoch-
   Welchen Nutzen bringt er für die Gemeinde?       wasser zurückgehalten werden kann.

   Wie ist er zu finanzieren?
                                                     Bedeutung einer qualifizierten Planung
Die Gewässerentwicklungsplanung ist eine freiwil-
lige, gewässerbezogene Fachplanung der Gemein-       Überzeugende Lösungen erfordern Sachverstand.
de und dient dem vorbeugenden Hochwasser-            Die Einschaltung qualifizierter Planungsbüros ist
schutz. Der GEP zielt zunächst auf die Durchfüh-     deshalb von Vorteil. Sowohl Gründe der Effizienz,
rung fachgerechter Pflege-, Unterhaltungs- und       als auch Kostengesichtspunkte machen die Bildung
Ausbaumaßnahmen für ein Gewässer. Empfehlens-        von Planungsgemeinschaften sinnvoll.
wert ist allerdings die Betrachtung aller Gewässer
im Gemeindegebiet, die zu einem Einzugsgebiet        Bei einer qualifizierten Planung sollte die Beteili-
gehören. Dies entspricht auch dem Denken und         gung von Behörden, Verbänden und Einzelperso-
Handeln in Flusseinzugsgebieten, wie es der euro-    nen selbstverständlich sein. Je nach Lage, örtlicher
päischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zugrun-       Situation und Planungsstadium kommt die Ein-
de liegt. Besondere Aktualität gewinnt die Gewäs-    schaltung von Unterer Naturschutzbehörde, Amt
serentwicklungsplanung durch Aussagen zum            für Landwirtschaft, Direktion für ländliche Entwick-
Hochwasserschutz. Der GEP kann aufzeigen, wo         lung, Fischereiverband, Bauernverband, Natur-
ein Wasser- bzw. Nährstoffrückhalt notwendig ist,    schutzverbänden und Jagdpächtern in Frage. Die
wo Gewässer naturnah umgestaltet werden sollen       Planaufstellung wird vom zuständigen Wasserwirt-
und wo ein „technischer“ Hochwasserschutz unab-      schaftsamt im Rahmen der Beratung begleitet.
dingbar ist. Der Wasserrückhalt in der Fläche und
am Gewässer ist eine wesentliche Voraussetzung       Eine effektive Öffentlichkeitsarbeit hilft die Akzep-
für eine Abflussminderung. Es liegt nahe, den GEP    tanz zu erhöhen. Grundstückseigentümer und Nut-
mit der Erstellung eines Rückhaltekonzepts zu ver-   zer sollten deshalb frühzeitig informiert und im
binden.                                              Rahmen von Ortsterminen und regelmäßiger Pres-

Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden                                                             19
seberichterstattung frühzeitig eingebunden wer-      Planungsablauf
den.
                                                     • Erhalten und Bewerten von Gewässern und Aue

Reduzierung des Unterhaltungs-
und Pflegeaufwandes

Nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten ist eine
Erhaltung oder Wiederherstellung naturnaher
Zustände sinnvoll.

Dies kann erreicht werden durch:
                                                     • Formulieren eines Leitbildes
    Rückbau von technischen Ufer- und                 für Gewässer und Aue
     Sohlsicherungen zur Förderung der Eigen-
     dynamik der Gewässer.

    Umbau von Abstürzen zur Wiederherstellung
     der Durchgängigkeit.

    Soweit notwendig, Ufer- und Sohlsicherung
     in ingenieurbiologischer Bauweise. Sinnvol-
     ler ist die Ausweisung breiterer Uferstreifen
     (mind. 5 m) und Duldung von Uferanbrüchen.      • Ausarbeiten von Entwicklungszielen und Maß-
                                                       nahmen, die sich unter den gegebenen Rahmen-
                                                       bedingungen umsetzen lassen
    Gehölzpflege nach ökologischen
     Gesichtspunkten, wie z. B. turnusmäßiges
     auf den Stock setzen bei Erlen und Weiden.
     Abschnittsweises Entfernen von Pappeln und
     Fichten.

Schrittweises Vorgehen

Nach dem Prinzip Erhalten – Entwickeln – Gestal-
ten wird ein Vorgehen in folgenden Schritten emp-
fohlen:
                                                     Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt
   Erhebung und Bewertung des Ist-Zustands:                          Landesamt für Wasserwirtschaft,
    Hydrologische Daten, Gewässerstruktur, Gewäs-                     Referat 41
    sergüte, Nutzungen von Aue und Gewässer,
    schützenswerte Lebensräume von Pflanzen und
    Tieren, Landschaftsbild.                         2. Baulicher Hochwasserschutz
   Formulierung des Leitbildes – Definition des     Ein ausreichender Schutz vor Hochwasser
    natürlichen Zustandes des Gewässers – bezo-      bedingt auch und oft sogar in erster Linie bauli-
    gen auf die „Gewässerlandschaft“.                che Maßnahmen,. Wasserrückhaltung in der Flä-
                                                     che allein reicht in den meisten Fällen nicht aus.
   Ausarbeiten der Ziele und Maßnahmen,             Um Bebauung und hochwertige Infrastruktur vor
    Beschreibung des innerhalb einer absehbaren      Hochwasser bis zu einem in der Regel 100-jähr-
    Zeitspanne schrittweise erreichbaren Zustan-     lichen Ereignis zu schützen, können erforderlich
    des des Gewässers und seiner Aue.                sein

20                            Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden
   ein Ausbau des Gewässerbetts auf ein ent-
    sprechendes Abflussvermögen
   eine Umleitung von Hochwasser über
    Flutmulden
   die Errichtung von Hochwasserdeichen
    und/oder Mauern
   der Bau von Hochwasserrückhaltebecken
   eine Kombination von Gewässerausbau und
    Hochwasserrückhaltebecken
   auch bauliche Maßnahmen an den Gebäuden
    selbst (Objektschutz)
                                                      Beispiel für einen Rückhalt in einem Hochwasserrückhaltebecken:
                                                      Hochwasserschutz Hausen
Der bauliche Hochwasserschutz kostet Geld. Dies
gilt für Planung, Umsetzung von Maßnahmen
und die erforderliche Unterhaltung von Anlagen.       3. Hochwasserschutz in der Bauleitplanung
Aufwand und Nutzen sollten deshalb bereits in
der Planungsphase intensiv berücksichtigt wer-        Hochwasserschutz betrifft die Planungsträger
den. Planungsalternativen helfen bei der Beur-        aller Planungsebenen. Der gemeindeübergrei-
teilung.                                              fende Hochwasserschutz ist eine Aufgabe der
                                                      Landesplanung, die z. B. über die Ausweisung
In manchen Fällen kann ein Hochwasserschutz bzw.      von Vorranggebieten Hochwasser umgesetzt
eine Schadensminderung auch durch bauliche Maß-       wird. Daneben steht die Fachplanung. Im Bereich
nahmen an den Gebäuden ergänzt werden (Abdich-        des Wasserrechts stellt die Festsetzung von Über-
tung der Gebäude bzw. Gebäudeöffnungen, dich-         schwemmungsgebieten durch Rechtsverordnung
te und ausreichend hohe Kellerlichtschächte, Ver-     das effektivste Instrument für den Hochwasser-
wendung wasserdichter und wasserbeständiger           schutz dar.
Baustoffe etc.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass
auch ein ausreichender Schutz gegen das Eindrin-      Aber auch die kommunale Bauleitplanung kann
gen von Grundwasser und Rückstauwasser aus            ihren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Sie
dem Kanalnetz sowie die Sicherheit gegen Auf-         ergänzt die überörtliche Planung und das wasser-
triebskräfte und Wasserdrücke vorhanden sein müs-     rechtliche Instrumentarium.
sen. Zum Objektschutz gibt es zahlreiche Informa-
                                                                                                                        vgl. Veröffentlichungen,
tionsbroschüren von Bund, Ländern und Versiche-
                                                                                                                        Seite 39
rungen.                                               Bindung der Bauleitplanung durch Ziele der
                                                      Raumordnung und förmlich festgesetzte Über-
Ein Gewässerausbau, dazu gehören auch Deich-          schwemmungsgebiete
und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss
beeinflussen, bedarf einer Planfeststellung bzw.      Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung
Plangenehmigung nach Wasserrecht (§ 31 WHG,           anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Solche Ziele sind
Art. 58 BayWG). Bei Hochwasserrückhaltebecken         im Regionalplan ausgewiesene Vorranggebiete für
sind die Belange einer ökologischen Durchgängig-      den Hochwasserschutz.
keit des Gewässers zu berücksichtigen.
                                                      Flächennutzungs- oder Bebauungspläne, die zu der
Mobile Hochwasserschutzeinrichtungen, wie z. B.       Zielsetzung des Vorranggebiets in Widerspruch ste-
Dammbalkenwände, können nur dort in Betracht          hen, sind mit § 1 Abs. 4 BauGB nicht vereinbar. Eine
gezogen werden, wo ausreichende Vorwarnzeiten         Bauflächenausweisung kommt in solchen Gebie-
einen Aufbau ermöglichen. Dies ist bei kleineren      ten grundsätzlich nicht in Frage.
Gewässern oft nicht der Fall.
                                                      Darüber hinaus enthält das am 1. April 2003 in Kraft
Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt       getretene Landesentwicklungsprogramm folgen-
                 Landesamt für Wasserwirtschaft,      des, für die gemeindliche Bauleitplanung binden-
                 Projektschwerpunkt Hochwasser        des Ziel:

Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden                                                                        21
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