Hochwasserschutz für Kommunen - Inhalt - Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele - Landkreis Kronach
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Inhalt Hochwasserschutz Praxisratgeber für Kommunen Erläuterungen Thesen Tipps Beispiele Praxisratgeber Hochwasserschutz für Kommunen
Dem Arbeitskreis „Hochwasserschutz“ beim Bayerischen Gemeindetag gehören an: Herausgeber: Bayerischer Gemeindetag Dr. Jürgen Busse Bayerischer Gemeindetag, München Dr. Franz Dirnberger Zeichnung: Werner Schmid (Leiter des Arbeitskreises) Marion Kipfelsberger, Grafing Papier: Bayerisches Staatsministerium für Stephan März Umschlag elementar chlorfrei Landesentwicklung und Umweltfragen Andreas Holderer Innenteil aus 100 % Altpapier Katrin Horn Druck und grafische Gestaltung: Dr. Günther Knopp kelly-druck GmbH, Abensberg Karl Schindele Bezugshinweis: Theo Schlaffer Bayerischer Gemeindetag Dreschstraße 8 Hans-Joachim Weirather 80805 München Telefon 089/360009-0 Telefax 089/365603 Bayerisches Staatsministerium für Ingeborg Bauer www.bay-gemeindetag.de Ernährung, Landwirtschaft, Forsten Dr. Paul Dosch baygt@bay-gemeindetag.de Wolfgang Ewald BayGT, München Josef Wein Oktober 2003 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck Bayerisches Staatsministerium des Innern Hans Ellmayer und Wiedergabe nur mit Genehmi- gung des Herausgebers. Bernd Zaayenga Oberste Baubehörde Thomas Engel im Staatsministerium des Innern Landesamt für Wasserwirtschaft Karlheinz Kraus Gemeinden Stadt Miltenberg Joachim Bieber, 1. Bürgermeister Markt Schmidmühlen Peter Braun, 1. Bürgermeister Stadt Tittmoning Dietmar Cremer, 1. Bürgermeister Markt Frickenhausen Ludwig Hofmann, 1. Bürgermeister Markt Regenstauf Dagobert Knott, 1. Bürgermeister Stadt Schrobenhausen Josef Plöckl, 1. Bürgermeister Gemeinde Stockheim Albert Rubel, 1. Bürgermeister Gemeinde Neuhaus a. Inn Josef Schifferer, 1. Bürgermeister Stadt Windsbach Wolfgang Seidel, 1. Bürgermeister Markt Diedorf Otto Völk, 1. Bürgermeister Bayerische Versicherungskammer Wolfgang Raab Finanzielle Unterstützung durch Bayerische Versicherungskammer und Bayerisches Staatsministerium des Innern 2
Vorwort Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, manch eine(r) von Ihnen mag im ersten Augenblick denken: Schon wie- der eine Broschüre? Wer soll dies lesen? Es ist nicht unsere Absicht, die oft beklagte „Informationsflut“ mit einer schön bebilderten, aber inhaltsarmen Hochglanzbroschüre weiter anzu- reichern. Es ist uns an einem aktiven „Mehrwert“ für Sie gelegen. Das verheerende Hochwasser im August 2002 war für uns der aktuelle Anlass, verbandspolitisch zu handeln und einen Arbeitskreis Hochwas- serschutz ins Leben zu rufen. Auftrag und Ziel bestanden darin, einen Praxisratgeber „Hochwasserschutz für Kommunen“ zu erstellen. Aus dem Blickwinkel des kommunalen Praktikers sollte den Fragen nachgegangen werden: • Was kann ich als Gemeinde beim Hochwasserschutz tun? • Wer hilft mir dabei? • Wie setze ich die Planungen fachlich um? • Wie kann ich die Umsetzung finanzieren? Der Ratgeber setzt seinen Schwerpunkt auf Maßnahmen an Gewässern 3. Ordnung, für deren Unterhal- tung und Ausbau die Gemeinden zuständig sind. Das Thema Hochwasserschutz ist so vielfältig, dass manche Aspekte nur angerissen werden konnten. Wegen der akuten Finanznot von Staat und Kommu- nen kann auch keineswegs alles, was wünschenswert ist, umgesetzt werden. Selbst die Umsetzung der als notwendig erkannten Maßnahmen wird seine Zeit brauchen. Nicht verantwortbar wäre es jedoch, untätig zu verharren. Der Ratgeber soll dazu beitragen, dass dies nicht passiert. Mein Dank gilt dem Arbeitskreisleiter Direktor Werner Schmid und den Mitgliedern des Arbeitskreises Hochwasserschutz für ihre engagierte Mitarbeit und ihre Beiträge, dem Bayerischen Staatsministerium des Innern und der Bayerischen Versicherungskammer für die gewährte finanzielle Unterstützung. In der Erwartung, dass der Leitfaden Sie bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützt Ihr Dr. Uwe Brandl Präsident des Bayerischen Gemeindetags 3
Inhaltsverzeichnis I. Einleitung – Anlass, Ziele und Schwerpunkte des Praxisratgebers – Aufbau und Struktur des Ratgebers – Gefahrenlage bei großen Flüssen (Gew I) – Gefahrenlage bei mittleren Flüssen (Gew II) – Gefahrenlage bei Gewässern mit kleinen Einzugsgebieten (Gew III) – Konsequenzen in Thesenform II. Krisenmanagement bei Hochwasser – Einführung 1. Wettervorhersage und Warnungen – fachliche und rechtliche Grundlagen – Konkretisierung des Vorhersagegebietes, landkreisgenaue Warnungen – Einführung des Vorhersagesystems KONRAD für die bayerischen Katastrophenschutzbehörden – Einbindung der Gemeinden in das Unwetterwarnsystem – Unwetter-Frühwarnsystem der Versicherungskammer Bayern 2. Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr – Entwurf künftiges Unwetterwarnsystem in Bayern 3. Hochwassernachrichtendienst – Aufgaben der Gemeinden im Hochwassernachrichtendienst – Entwicklungen im Hochwassernachrichtendienst – Muster eines gemeindlichen Melde- und Einsatzplanes III. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates – Einführung 1. Überschwemmungsgebiete – planerische Grundlagen und Verfahren – Beispiel einer kartografischen Darstellung 2. Vorranggebiete für Hochwasser in Regionalplänen – Grundlagen und Verfahren – Beispiel aus einem Regionalplan 3. Ermittlung und Bereitstellung von Basisdaten IV. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden – Einführung 1. Gewässerentwicklung: Planen und Ausführen – Erhaltung und Wiederherstellen naturnaher Zustände an Gewässern und ihren Auen – Bedeutung einer qualifizierten Planung – Reduzierung des Unterhaltungs- und Pflegeaufwands – Schrittweises Vorgehen – Planungsablauf 2. Baulicher Hochwasserschutz – Palette möglicher Maßnahmen – Beispiel eines Rückhaltebeckens Hausen 4
3. Hochwasserschutz in der Bauleitplanung – Bindung der Bauleitplanung durch Ziele der Raumordnung und förmlich festgesetzte Überschwemmungsgebiete – Hochwasserschutz in der bauleitplanerischen Abwägung – Hochwasserschutz und Flächennutzungsplan – Hochwasserschutz und Bebauungsplan – Darstellung in Flächennutzungsplan am Beispiel des Marktes Diedorf 4. Interkommunale Zusammenarbeit – verschiedene Modelle – Praxisbeispiele aus dem Landkreis Cham und dem Landkreis Aichach-Friedberg V. Umsetzung und Finanzierung eines kommunalen Hochwasserschutzkonzepts sowie von Maßnahmen an Gew III – Einführung 1. Förderung über die Wasserwirtschaftsverwaltung 2. Förderung über die Verwaltung ländliche Entwicklung – Regionale Landentwicklung – Flurneuordnung – Dorferneuerung 3. Förderung der Flächennutzung für die Land- und Forstwirtschaft – Landwirtschaft – Forstwirtschaft 4. Refinanzierung gemeindlicher Aufwendungen 5. Gemeinsames Informationsblatt von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium: Schwerpunktprogramm aktiver Wasserrückhalt in der Fläche VI. Kommunale Haftung und Versicherbarkeit kommunaler Risiken 1. Kommunale Haftung 2. Gebäudeversicherung gegen Hochwasserschäden 3. ZÜRS – Risikoanalyse als Voraussetzung für Hochwasserversicherung VII. Bürger und Kommunen – effiziente Öffentlichkeitsarbeit am Beispiel des Marktes Diedorf 1. Ausgangslage 2. Aus Betroffenen werden Beteiligte 3. Die Öffentlichkeitsarbeit im Einzelnen 4. Fazit der Gemeinde 5. Eigenverantwortung der Bürger VIII. Kommunaler Klimaschutz 1. Klima- und energiegerechte städtebauliche Planung 2. Ökologische Bestandssanierung 3. Ökologische Energieversorgung in kommunaler Verantwortung IX. Veröffentlichungen, Quellenverzeichnis und weitere Informationen 5
I. Einleitung Anlass, Ziele und Schwerpunkte der bauliche und technische Schutz vernachlässigt des Praxisratgebers werden dürfen. Der Ratgeber versucht deshalb, die ganze Band- breite des kommunalen Hochwasserschutzes abzu- decken, wobei Entstehung, Ursachen und Erschei- nungsformen von Hochwässern nur angerissen wer- den können. Aufbau und Struktur des Ratgebers Der Aufbau des Praxisratgebers geht vom Konzept eines integrierten Hochwasserschutzes aus. Hierzu gehören als Handlungsfelder die 3 Kernbereiche: Überschwemmung in Neustadt an der Donau Natürlicher Wasserrückhalt/vorbeugender Hochwasserschutz Unter dem Eindruck des Augusthochwassers 2002 haben wir als Bayerischer Gemeindetag im Septem- Technischer Hochwasserschutz ber 2002 einen Arbeitskreis Hochwasserschutz ein- gerichtet. Wir wollten – nicht zuletzt wegen der Weitergehende Hochwasservorsorge. Dimension der Überflutungen und der Schäden – auch verbandspolitisch Handlungsbedarf signali- Im Text der Kapitel III und IV wird zwischen den sieren. Maßnahmen des Staates und den Handlungsmög- lichkeiten der Gemeinden unterschieden. Der Arbeitskreis steckte sich die Ziele, Schwachstel- len beim Hochwassermanagement zu analysieren, Die Möglichkeiten, wie ein integriertes Hochwas- kommunalspezifische Handlungsmöglichkeiten auf- serschutzkonzept umgesetzt und finanziert wer- zuzeigen und einen Praxisratgeber als Arbeitshilfe den kann, werden in Kapitel V beschrieben. Umwelt- für die Kommunen zu entwickeln. und Landwirtschaftsministerium bieten den Gemeinden als Hilfestellung eine umfassende „Ein- Der Schwerpunkt sollte dabei bei den Gewässern stiegsberatung“ an. Ausführlich werden im Kapitel 3. Ordnung (Gew III) liegen. Die kreisangehörigen V auch die verschiedenen Fördermöglichkeiten dar- Gemeinden sind in Bayern für die Unterhaltung und gestellt. den Ausbau von mehr als 60.000 Kilometern Fließ- gewässer zuständig. Die bisherigen „Hilfen“ für die Diesen Fachkapiteln vorangestellt ist die Darstel- Gemeinden waren spärlich. Kommunalpolitiker, aber lung eines wirksamen Krisenmanagements, um auch Verwaltungen sollten deshalb Informationen, die Gefahren und Auswirkungen – unvermeidba- Tipps und Handlungsempfehlungen mit Beispielen rer – Hochwässer zu mindern. Hervorzuheben erhalten, die auf ihre Bedürfnisse, ihre Strukturen sind insbesondere die Verbesserungen bei Wet- und ihre Aufgaben zugeschnitten sind. tervorhersagen- und -warnungen sowie die Ein- bindung der Gemeinden in das Unwetterwarn- In den Arbeitskreis wurden „hochwassererfahrene“ system. Bürgermeister aus allen Regierungsbezirken beru- fen. Vertreter der Staatsministerien des Innern, für Angereichert werden diese Aussagen durch Infor- Landwirtschaft und Forsten sowie für Landesent- mationen und Empfehlungen zur interkommuna- wicklung und Umweltfragen und des Landesamts len Zusammenarbeit, zu Fragen der kommunalen für Wasserwirtschaft bereicherten die „Ideenschmie- Haftung und Versicherbarkeit sowie zur Öffentlich- de“ mit ihrem Sachverstand. keitsarbeit, dargestellt am Beispiel des Marktes Diedorf. Hochwasserschutz ist ein komplexes Thema. Viel zu kurz griffe deshalb die Reduzierung des Ratge- Schließlich betont der Ratgeber den Zusammen- bers auf technische Maßnahmen. Der Vorbeugung hang zwischen Hochwasserschutz und Klimaschutz. kommt zentrale Bedeutung zu, ohne dass jedoch Wichtig ist aktives klimarelevantes Handeln gera- 6 Einleitung
de der Gemeinden, Märkte und Städte, auch wenn wässer auf die Hochwasserentwicklung der gro- Maßnahmen nur langfristig greifen. Beispielhaft ßen Flüsse verdeutlicht. werden deshalb auf kommunaler Ebene Handlungs- möglichkeiten aufgezeigt. An den großen Flüssen befinden sich zudem alle dringlichen Maßnahmen des technischen Hoch- Immense Schäden durch Hochwasser entstehen wasserschutzes im Stadium der Planung bzw. vor allem bei großflächigen Überschwemmungen Umsetzung. Die künftige Vorsorge konzentriert sich an den großen Flüssen. Nachfolgend wird auf die auf die Schaffung zusätzlicher Retentionsräume. aktuelle Gefahrensituation eingegangen. Gleich- Großvolumige steuerbare Flutpolder spielen dabei zeitig wird die Gefahrenlage an den mittleren Flüs- eine wesentliche Rolle. Die räumliche Konzentra- sen und den Gew III beleuchtet, vor allem um die tion auf wenige Gemeinden mit Auswirkungen auf Zusammenhänge der Gesamthochwasserentwick- ihre Entwicklungsmöglichkeiten und der hohe Flä- lung aufzuzeigen. chenbedarf führen allerdings teilweise zu Akzep- tanzproblemen. Gefahrenlage bei großen Flüssen (Gew I) Gefahrenlage bei mittleren Flüssen (Gew II) Die Einzugsgebiete dieser Gewässer sind zwar im Vergleich zu Main und Donau kleiner, die Hochwas- sergefahr ist jedoch keineswegs geringer. Gerade Voralpen- und Mittelgebirgsflüsse können beson- ders im Frühjahr und Sommer aufgrund der spezi- fischen Wetter- und Klimasituationen sehr rasch Hochwässer aufbauen. Besondere Bedeutung kommt deshalb für die an diesen Gewässern von Überschwemmungen betroffenen Kommunen Überschwemmung in Neustadt an der Donau einem funktionierenden Frühwarnsystem zu. Hochwässer an den großen bayerischen Flüssen Donau (z. B. 1988, 1999 und 2002) und Main (z. B. Gefahrenlage bei Gewässern mit kleinen 1995) haben Tradition. Bilder der überschwemm- Einzugsgebieten (Gew III) ten Stadt Passau gehören nach schweren Regen- fällen zur Standardberichterstattung in den Medien und zeigen den Handlungsbedarf deutlich auf. Die bisherigen Investitionen in den baulichen Hochwasserschutz konnten bei den letzten Hoch- wässern noch höhere Schäden in Bayern verhin- dern, auch wenn die Schadenshöhe beim August- hochwasser 2002 immerhin ca. 185 Mio. Euro Scha- den betrug. Die großen Einzugsgebiete insbeson- dere der Donau, die zahlreichen Zuflüsse mit der Gefahr großer Abflusssteigerungen und die jah- reszeitlich bedingten Abflussszenarien erschwe- ren ein Beherrschen der Wassermassen gerade bei lang anhaltenden Regenfällen oder bei langem Tauwetter, so dass auch in Zukunft Überschwem- mungen größeren Ausmaßes drohen. Zudem lie- gen sowohl an Donau als auch am Main große Bei Gewässern mit kleinen Einzugsgebieten stel- Siedlungsschwerpunkte wie Regensburg, Passau len vor allem kurze, sehr kräftige Regengüsse eine oder Würzburg, die aufgrund ihrer Nähe zum Fluss Gefahr dar. In kurzer Zeit kommt es häufig zu enor- stets gefahrenträchtig bleiben werden. Gerade die men Abflusssteigerungen. Die Rückhalte- und Ereignisse 1999 und 2002 haben auch den erheb- Abflusskapazitäten der Bäche und Flüsse sind dann lichen Beitrag der Abflusssituation der Seitenge- meist schnell erschöpft. Erhebliche Gefahrenlagen Einleitung 7
und überproportional hohe Schäden können dann als abflussbeschleunigend und damit besonders die Folge sein. Paradebeispiel ist die Gemeinde Die- für die Unterliegergemeinden als zusätzliche Kapitel VII, Seite 34 dorf im Landkreis Augsburg im Jahr 2002 mit drei Gefährdung auswirkt. getöteten Personen und 3,2 Mio. Euro Schaden. Ausreichend genaue und rasche Vorhersagen der Die hautnahe Betroffenheit der Gewässeranlieger Hochwasserentwicklung sind oft nicht möglich und und die Zuständigkeit für die Unterhaltung und den stellen die Anliegergemeinden vor große Proble- Ausbau der Gew III fordert die Gemeinden in beson- me. Eine „hausgemachte“ Ursache für besondere derem Maße. Dies ist jedoch auch eine Chance, da Gefahrenlagen stellt die Bebauung hochwasserge- eine wirksame kleinräumige Vorsorge und Schutz- fährdeter Flächen dar. Auch die Gewässer selbst maßnahmen von den Betroffenen unmittelbar wurden häufig wenig naturnah ausgebaut, was sich erlebt werden. Konsequenzen in Thesenform Aus der Sicht des Arbeitskreises haben die vergangenen Ereignisse vor allem folgendes gezeigt: Hochwässer können nicht verhindert, aber in ihren Wirkungen abgemildert werden Das Vorsorgedenken und –handeln muss verstärkt werden Anstelle isolierter Maßnahmen sind ein Denken in Einzugsgebieten und integrierte Hochwasser- konzepte gefragt Hochwasser macht nicht vor Gemeindegrenzen Halt – solidarisches Verhalten und interkommunale Zusammenarbeit sind unverzichtbar Präzisere Unwetterwarnungen und die Aktualisierung von Meldeplänen sind wichtige Bausteine eines wirksamen Krisenmanagements Zusätzliche Messpegel und Niederschlagsabflussmodelle können auch für Gewässer dritter Ord- nung wichtige Hilfsmittel sein Eine integrierte Gewässerentwicklungsplanung stellt eine gute Basis für effektive Hochwasser- schutzmaßnahmen dar Gemeinden brauchen funktionierende Instrumente, um ihre Aufwendungen verursachergerecht umlegen zu können Staatliche Haushaltsmittel sind verstärkt für Planungen und Maßnahmen an Gewässern dritter Ordnung einzusetzen Eine gezielte kommunale Öffentlichkeitsarbeit erhöht die Akzeptanz bei den Betroffenen 8 Einleitung
II. Krisenmanagement bei Hochwasser Den folgenden Fachkapiteln zur weitergehenden Hochwasservorsorge vorangestellt wird das wich- tige Kapitel Krisenmanagement. Sein Funktionie- ren ist eine Grundvoraussetzung für eine spätere Schadensminderung und eine effektive Schadens- abwehr. Parallel entwickelt und mitbeeinflusst durch den Arbeitskreis Hochwasserschutz sind wichtige Neuerungen bei der Unwettervorhersa- ge und Unwetterwarnung bereits umgesetzt oder in Entwicklung. Auch der Hochwassernachrichten- dienst wird fortentwickelt. Im Bereich Katastro- phenschutz werden die Strukturen für eine stärke- re Einbindung der Gemeinden gerade geschaffen. Die verheerenden Hochwasser der letzten Zeit (Pfingsthochwasser 1999 und Augusthochwasser 2002) haben verdeutlicht, dass der Katastrophen- schutz zwar gut vorbereitet war, aber auch die Not- wendigkeit aufgezeigt, die Gemeinden in das Unwetterwarnsystem einzubinden und auf örtlicher Ebene bei Bedarf entsprechende Katastrophen- schutz-Sonderpläne aufzustellen. Fachliche und rechtliche Grundlagen Es hat sich zudem erwiesen, dass ein erfolgreiches Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat Krisenmanagement in besonderem Maße von in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetter- dienst (DWD), Regionalzentrale München, in den – einer rechtzeitigen und fundierten Information letzten Jahren in Bayern ein umfassendes Unwet- bzw. Warnung sowie terwarnsystem aufgebaut. Der DWD nutzt hierzu – einer vorbereiteten Katastrophenschutz-Sonder- einen leistungsfähigen Faxverteiler. Während und planung abhängig ist. außerhalb der Dienstzeiten informiert er die vor- aussichtlich betroffenen Katastrophenschutz- behörden, die Polizei, das Technische Hilfswerk, das 1. Wettervorhersage und Warnungen Bayerische Rote Kreuz, die Forstdirektionen und die Bundeswehr. Innerhalb von wenigen Minuten Unwetter kommen für die Betroffenen oft über- werden so alle wichtigen Stellen erreicht, die dann raschend, aber keineswegs aus heiterem Himmel. Die diese Warnungen in eigener Zuständigkeit bewer- Profis der Wetterdienste erfassen das Gewitter bereits ten und umsetzen können. In der Anlage wird in in der Entstehungsphase. Für einen funktionierenden einem Entwurf das künftige Unwetterwarnsystem Unwetterwarndienst stellen sich folgende Fragen: in Bayern dargestellt. Kapitel II, Seite 12 – Wie wird sich das Gewitter entwickeln? – Wohin wird es zielen? Die Bevölkerung wird vor Unwettern bayernweit – Wie können die betroffenen Gebiete rechtzeitig über den Rundfunk gewarnt. Dies geschieht durch gewarnt werden? den Deutschen Wetterdienst unter Nutzung des – Wie können die Gemeinden in das Warnsystem Verkehrswarndienstes. Geregelt ist das Verfahren eingebunden werden? durch Bekanntmachung des Bayerischen Staats- ministeriums des Innern vom 19. April 1991, Nr. I Diese recht einfachen Fragen sind wegen der Kom- D 4 – 3041/1 1c/71 (AllMBl. S. 362). plexität des Wettergeschehens eine große Heraus- forderung für alle Beteiligten. Das Unwetterwarnsystem orientierte sich in der Ver- gangenheit vor allem an den Aufgaben und Bedürf- Gerade für Gew III besteht für präzise Vorhersagen nissen der Katastrophenschutz- und Sicherheitsbe- ein besonderer Bedarf, da dort häufig Beobach- hörden. Sie müssen die notwendigen Maßnahmen tungspegel nicht vorhanden sind und auch nicht vorbereiten oder einleiten, um Personen- oder Sach- eingerichtet werden können. schäden zu vermeiden oder zu vermindern. Die gro- Krisenmanagement 9
ßen Schäden der Unwetterereignisse des Jahres Hohenpeißenberg entwickeltes System für die 2002 sind Anlass für das Innenministerium, zusam- Gewittervorhersage. Es handelt sich um ein de- men mit dem DWD an einer Fortentwicklung und tailliertes radargestütztes Gewitterdiagnose- und Verbesserung des Verfahrens zu arbeiten. -prognosesystem, das insbesondere auf die Über- Schwerpunkte sind dabei die Verbesserung der „Tref- wachung von Gewitterlagen ausgelegt ist. Aus fergenauigkeit“ von Unwetterwarnungen, die Kon- den Daten von 16 Radarmessgeräten des Deut- kretisierung des Vorhersagegebiets und die Einbin- schen Wetterdienstes berechnet KONRAD zuver- dung der Gemeinden in das Unwetterwarnsystem. lässige Prognosen über den Fortgang des Unwet- ters für die nächste halbe Stunde und stellt dies am PC-Bildschirm dar. Mit dem System können die Konkretisierung des Vorhersagegebietes, Auswirkungen eines starken Gewitters bzw. Stark- landkreisgenaue Warnungen regens mehr ortsbezogen und genauer dargestellt werden. Nach einer Testphase bei verschiedenen Hierzu hat der DWD zunächst in seinem Internet- Katastrophenschutzbehörden und Feuerwehren auftritt die Vorhersagegebiete kleinräumiger gestal- wurden im Juni diesen Jahres in Zusammenarbeit tet und die Warnung auf die betroffenen Landkrei- mit dem Deutschen Wetterdienst die Vorausset- se abgestellt. In Kürze soll diese landkreisgenaue zungen geschaffen, allen bayerischen Katastro- Warnung auch dem vorgenannten Unwetterwarn- phenschutzbehörden den Zugang zu KONRAD zu system zu Grunde gelegt werden, so dass jeweils ermöglichen. KONRAD schafft eine noch bessere nur die voraussichtlich von einem Unwetter bedroh- Grundlage für abgestimmte und kurzfristige Alar- ten Landkreise über Fax vom Deutschen Wetter- mierungs-, Warn- und Einsatzmaßnahmen. Dies dienst gewarnt werden, statt wie bisher ganze sollte für Gemeinden Anlass sein, die Aufstellung Regionen oder Regierungsbezirke. Dadurch ist eine eines Katastrophenschutz-Sonderplans Unwetter bessere und deutlich höhere „Treffergenauigkeit“ einschließlich der Alarmierungsplanung für die der Unwetterwarnungen zu erwarten. benötigten Einheiten, Personen und sonstige Stel- len zu prüfen. Einführung des Vorhersagesystems KONRAD Die bayernweite Einführung von KONRAD ent- für die bayerischen Katastrophenschutzbehörden spricht sowohl einem Beschluss des Bayer. Land- tags als auch Forderungen des Arbeitskreises Hoch- Das System KONRAD (= Konvektionsentwicklung wasserschutz des Bayerischen Gemeindetags sowie in Radarprodukten) ist ein beim Observatorium des Bayerischen Städtetags. KONRAD – Prognose eines Unwetterverlaufs 10 Krisenmanagement
Einbindung der Gemeinden die Alarmierungskarte Unwetter aus und informiert in das Unwetterwarnsystem auf diese Weise die Ansprechpersonen bzw. -stel- len aller Gemeinden in ihrem Zuständigkeitsbe- Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdien- reich über die Unwetterwarnung. Telefongesprä- stes erreichen bisher direkt und schnell die Bevöl- che sind häufig zeitaufwändig. Die o. g. Ansprech- kerung sowie die betroffenen Katastrophenschutz- personen bzw. -stellen sollten deshalb für die Ent- behörden (Kreisverwaltungsbehörden, Regierun- gegennahme von Unwetterwarnungen mit Funk- gen, Bayerisches Staatsministerium des Innern), meldeempfängern ausgestattet sein. die Polizei, das Technische Hilfswerk, das Bayerische Rote Kreuz, die Forstdirektionen und die Bundes- wehr. Unwetter-Frühwarnsystem der Versicherungskammer Bayern Die Erfahrungen der Unwetter aus den letzten Jah- ren haben jedoch deutlich gemacht, dass auch auf Neben dem oben dargestellten amtlichen Unwet- Gemeindeebene wesentliche Schutz- und Vorkeh- terwarnsystem stellt die Versicherungskammer rungsmaßnahmen schnell und zielführend mög- Bayern versicherten Personen und Kommunen auf lich sind. Im Regelfall weiß nur die Gemeinde, ob Wunsch ein Unwetter-Frühwarnsystem zur Verfü- auf ihrem Gebiet Veranstaltungen (z. B. Jugendzelt- gung, das auf der gleichen Datengrundlage, näm- lager, Märkte u. ä.) stattfinden oder Örtlichkeiten lich den 16 Radarstationen des Deutschen Wetter- bestehen, die in besonderem Maße anfällig für ein dienstes, aufgebaut wurde. Durch den ständigen sich näherndes Unwetter sind. Es ist daher erfor- Einsatz einer Unwetterwarnzentrale, die Nutzung derlich, auch die Gemeinden in das Unwetterwarn- zusätzlicher Wetterstationen und einer speziellen system einzubinden und sie über die Unwetter- Prognosesoftware werden auch kleinräumige und warnungen zu informieren. Dazu müssen die ortsgenaue Vorhersagen ermöglicht. Dieses System Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdien- kann das amtliche Unwetterwarnsystem ergänzen stes in geeigneter Form und zeitgerecht auch an und bietet vor allem die Möglichkeit einer aktiven zuständige Stellen in der Gemeinde gelangen. Die- Zustellung von Warnmeldungen an einzelne Per- se Information kann für die Gemeinde von Bedeu- sonen. tung sein, um im Einzelfall auch als örtliche Sicher- heitsbehörde handeln zu können. Auf das Thema Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde das Haftung wird in Kapitel VI näher eingegangen. Unwetterwarnsystem „WIND“ (Weather Informa- tion On Demand) durch die Versicherungskammer Art. 6 LStVG Bayern realisiert und nach dem Test durch Kunden Die Gemeinden… haben als Sicherheitsbehör- zur Anwendungsreife gebracht. Die Versicherungs- den die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und kammer Bayern bietet ihren kommunalen Kunden Ordnung durch Abwehr von Gefahren und gebührenpflichtig über Internet den Zugang zu durch Unterbindung und Beseitigung von Stö- einem geschützten Bereich, in dem ausführliche rungen aufrecht zu erhalten. Warnungen und Radarvorhersagen enthalten sind. Zur Unterstützung von Hochwasservorhersagen werden in diesem System auch Gebietsniederschlä- Hierzu wird im Laufe des Jahres 2003 die Unwet- ge ausgewiesen und vorhergesagt. Zusätzlich kön- terwarnung in das System der Alarmierung im nen Warnungen auch aktiv zugestellt werden (SMS, Brand- und Katastrophenschutz eingebunden. Fax, Pager). Über ein Nutzerprofil im Internet kön- nen diese Abonnements ständig aktualisiert und Jede Kreisverwaltungsbehörde erstellt hierzu im angepasst werden. Rahmen ihrer Alarmierungsplanung im Brand- und vgl. Entwurf Künftiges Katastrophenschutz eine so genannte „Alarmie- Unwetterwarnsystem in rungskarte Unwetter“ in die jede Gemeinde einge- Bayern, Seite 12 bunden wird. Die Gemeinde benennt hierfür eine Ansprechperson oder -stelle (z. B. Bürgermeister, Gemeindemitarbeiter, Feuerwehr, Bauhof, nachalar- mierende Stelle), die Unwetterwarnungen entge- gen nimmt. Geht eine Unwetterwarnung bei der jeweiligen erstalarmierenden Stelle ein, löst diese Krisenmanagement 11
2. Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr wetter zum Schutz der Bevölkerung und von Sach- werten daran anschließt. Jede Gemeinde sollte des- Eine Unwetterwarnung kann erst dann ihren vol- halb auf ihrem Gebiet die bereits bekannten, sowie len Zweck erfüllen, wenn ein auf das örtlich vor- die künftig denkbaren Auswirkungen von Unwet- handene Gefahrenpotenzial abgestellter und vor- tern erfassen und analysieren. Ergibt sich dann ein bereiteter Katastrophenschutz-Sonderplan Un- entsprechendes Gefahrenpotential, sollten die not- Entwurf Künftiges Unwetterwarnsystem in Bayern 12 Krisenmanagement
wendigen und möglichen Einsatzmaßnahmen ein- über die verfügbare Informationen rasch weiter- schließlich der Alarmierungsplanung abgestimmt, gegeben werden können. festgelegt und vorbereitet werden. Rechtsgrundlagen: Nach Eingang einer Unwetterwarnung bei der Art. 67 Bayerisches Wassergesetz Ansprechperson bzw. -stelle der Gemeinde ent- Verordnung über den Hochwassernach- scheidet diese Person oder Stelle, ob und – bei abgestuften Planungen – welche Stufe des Kata- richtendienst (HNDV) vom 23.05.1990 (GVBl. S. 159) strophenschutz-Sonderplans ausgelöst werden soll und verständigt dann die jeweils zuständige alar- Bekanntmachung des Bayerischen Staats- mierende Stelle im Brand- und Katastrophenschutz ministeriums des Innern vom 04.01.1991, Nr. zur Durchführung der entsprechenden Alarmie- II E 3 - 4502.505 - 001/90 zum Vollzug der Ver- rung. ordnung über den Hochwassernachrichten- dienst (VBHNDV) Die Gemeinden werden hierbei in ihrer Eigenschaft als untere Sicherheitsbehörden gem. Art. 6 LStVG tätig. Gemeindebezogene Katastrophenschutz-Sonder- pläne Unwetter können auch durch die Katastro- phenschutzbehörde bzw. den Ansprechpartner Füh- rungsgruppe Katastrophenschutz – FüGK – aus- gelöst werden. Das Konzept zur Erstellung der oben dargestell- ten Katastrophenschutz-Sonderplanungen Un- wetter wird im Laufe des Jahres 2003 durch das Bayer. Staatsministerium des Innern in Abstim- mung mit den beteiligten Stellen eingeführt. Es soll auch ein Muster eines Katastrophenschutz- Sonderplans Unwetter mit Hinweisen veröffent- licht werden. 3. Hochwassernachrichtendienst Wenn große Niederschlagsmengen niedergehen, ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. An den gro- ßen und meisten mittleren Flüssen können der Wasserstand und die Hochwasserentwicklung gemessen werden. Hierfür existiert ein organisier- tes Meldesystem mit Pegeln und Meldestellen, der Hochwassernachrichtendienst (HND). Er hat die Aufgabe, betroffene Landkreise, Gemeinden, Bevöl- kerung und die Verantwortlichen rechtzeitig und auf kurzen Wegen über die Hochwasserentwick- lung zu informieren. An Gew III sind nur vereinzelt Messpegel eingerich- tet. Häufig sind die Vorhersagezeiträume an sol- chen Gewässern so kurz, dass Pegel zu einer effek- tiven Gefahrenabwehr nichts beitragen können. Im Einzelfall kann es jedoch hilfreich sein, eine infor- melle Nachrichtenkette zwischen Gemeinden in einem Gewässereinzugsbereich zu vereinbaren, Krisenmanagement 13
Aufgaben der Gemeinden im Hochwassernachrichtendienst 3. Verzeichnis der Eigentümer, Besitzer und Betrei- ber der vom Hochwasser bedrohten Gebäude Die Hochwasserereignisse in den letzten Jahren und Anlagen. haben gezeigt, dass den gemeindlichen Meldeplä- nen, in denen die Warnung der Betroffenen durch 4. Verzeichnis der zuständigen Behörden sowie der die Gemeinde geregelt wird, als letztem Glied in der örtlichen und überörtlichen Hilfsdienste. Meldekette eine besondere Bedeutung zukommt. 5. Kommunaler Organisationsplan für die Hoch- Zur Aufstellung und Aktualisierung dieser Melde- wasserabwehr. pläne sind die Gemeinden gem. § 8 der Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst (HNDV) 6. Hinweis auf den Aufbewahrungsort der für die verpflichtet. Katastrophenabwehr erforderlichen Unterlagen. Zur Vorbereitung auf Hochwasserereignisse müs- Die Wasserwirtschaftsämter unterstützen die sen die Gemeinden festlegen, ➙ wer ➙ wann und Gemeinden bei der Aufstellung gemeindlicher Mel- ➙ wie zu warnen ist und ➙ welche Maßnahmen depläne und stellen auch Beispiele und Planmu- bei ➙ welchen Wasserständen an den Pegeln zu ster zur Verfügung. veranlassen sind. In besonders gefährdeten Bereichen sollte unter- In einem gemeindlichen Meldeplan sollten folgen- sucht werden, ob es für die Gemeinde zweckmäßi- de Punkte enthalten sein: ger ist, einen Katastrophenschutz-Sonderplan Unwetter aufzustellen. Ein derartiger Katastrophen- 1. Zusammenstellung: schutz-Sonderplan kann gemeindliche Meldeplä- - Art und Weise der Bekanntmachung der Hoch- ne ergänzen oder ersetzen. wassernachrichten, - Lage und Höhe der örtlichen Hochwassermarken, - bemerkenswerte Pegelstände des Meldepegels Entwicklungen im Hochwassernachrichtendienst und deren örtliche Auswirkungen (z.B. Straßen- überflutungen) und Im Innovationsprogramm gewässerkundlicher - Bezug zwischen den Vorhersagen der Scheitel- Dienst wird der Freistaat Bayern bis Ende 2004 wasserstände des Meldepegels und der zu 320 automatische Niederschlagsmessstationen erwartenden Scheitelwasserstände vor Ort. bauen, mit Datenfernübertragung kombinieren 2. Lagepläne: und mathematische Vorhersagemodelle für alle - Überschwemmungsbereiche größerer Hoch- großen Flüsse entwickeln. Zusätzlich wird geprüft, wasser bzw. festgesetzte Überschwemmungs- ob auch an Gew III weitere Pegel eingerichtet oder flächen vorhandene auf den beschriebenen Stand - Rückstaubereiche im Untergrund gebracht werden können. - Hochwasserbedrohte Objekte und - Lage der Hochwassermarken. 14 Krisenmanagement
Muster Gemeindlicher Melde- und Einsatzplan im Hochwassernachrichtendienst Gemeinde Donautal - Ortsteil Auendorf Stand: .......................... 1. Meldebeginn : .............. cm (Pegelmessstelle .......................................................... ) Meldung erfolgt durch Alarm-Einsatzzentrale, Landratsamt .................. , Tel: Nr .............. Telefax Meldung erfolgt an: a) Bgm ............................... Tel.-Nr. dienstl.:........................... privat :........................... b) FFW ............................... Tel. -Nr dienstl. :........................... privat :........................... c) ....................................... Tel.-Nr.dienstl.:........................... privat :........................... Unterlagen befinden sich: .......................................................... Erste Maßnahmen Zu verständigen sind folgende Anlieger ( bei .. cm Pegelstand .......................... ) Name Telefon-Nr. Maßnahmen xxxxx Räumung Parkplatz Zugang zum Haus sichern Weitergabe der Meldung an Verwaltung und Bauhofleiter: Tel.-Nr. dienstl.: ... z. Meldestufe 2 ab .............. cm Pegelstand Weitere Hilfs- und Einsatzkräfte Verständigung von ............................................................... ...Tel.-Nr. privat : Die Feuerwehr/Sonstige: .......................verständigt die nachfolgend aufgeführten Anlieger: Muster eines gemeindlichen Melde- und Einsatzplanes im Hochwassernachrichtendienst der Gemeinde Donautal, Ortsteil Auendorf Wasserstand Ortsbezeichnung Wirkung Flurstück-Nr. Name, Anschrift Telefon-Nr. Auswirkung cm 28/2 Huber; Lange Straße 5 Zugangsbereich überschwemmt 400 Windorf Überflutung der Zufahrt zur Donauinsel 440 Vilshofen - Windorf Überflutung des Radweges 32 Maier; Flutstraße 3 nur Gartenland betroffen 450 Vilshofen Verkehrslandeplatz gefährdet 450 Vilshofen Rückstau in Kanalisation Bereich Donaustaße 44 Müller; Bachweg 22 Keller unter Wasser 455 Hofkirchen Überflutung Vorländer 23 Propper; Zitronenweg 5 Absichern der Badfenster 700 Hofkirchen Standsicherheit der Deiche im Stadtbereich gefährdet 78 Sommer; Zitronenweg 7 gesamtes EG unter Wasser, Hofkirchen beginnende Überströmung der Deich im Stadtbereich keine Zufahrtsmöglichkeit 65 Appelt; Donaustraße 10 Zugangsbereich überschwemmt - schwerbehindert ! - HQ,oo... Krisenmanagement 15
III. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates Hochwasserschutz als natürliches Geschehen lässt sich nicht verhindern. Staat und Kommunen kön- Definitionen: nen aber „hausgemachte“ Ursachen vermeiden, Hochwasservorsorge betreiben und den techni- Unter natürlichem Rückhalt/vorbeugender schen Schutz optimieren. Damit Maßnahmen von Hochwasservorsorge versteht man Maßnah- der Bevölkerung auch akzeptiert werden, ist eine men im Einzugsgebiet/Aue, die zu einer Schärfung des „Hochwasserbewusstseins“ notwen- Erhöhung der Speicherfähigkeit und Vermin- dig. derung der Abflussgeschwindigkeit führen Wirksamer Hochwasserschutz kann nie nur aus Ein- Der technische Hochwasserschutz umfasst zelmaßnahmen bestehen. Vielmehr bedeutet inte- Maßnahmen wie Bachbettausbau, Flutmul- grierter Hochwasserschutz eine Kombination ver- den, Hochwasserschutzmauern und Rückhal- schiedener Maßnahmen, mit denen ein einheitli- tebecken usw. ches Ziel erreicht wird. Die weitergehende Hochwasservorsorge Bereits 1995 ist von der Landesarbeitsgemeinschaft umfasst Maßnahmen zur Verringerung und Wasser (LAWA) eine Kombination der 3 (Kern-) künftigen Vermeidung des Schadenspotenti- Handlungsfelder als in hochwassergefährdeten Gebieten. zur Vorsorge zählt man die Flächenvorsorge, Ver- natürlicher Rückhalt/vorbeugender Hochwas- haltensvorsorge, Bauvorsorge und Risikovor- sorge ser-schutz technischer Hochwasserschutz und weitergehender Hochwasservorsorge Für die Kommunen stellen sich folgende Fragen: als „Dreisäulenmodell“ beschrieben worden. Der Wie können sie in ihrem Zuständigkeitsbereich Siehe unter Freistaat Bayern hat dies in seinem (Hochwasser)- (Gew III) integrierten Hochwasserschutz betrei- Veröffentlichungen, Aktionsprogramm 2020 aufgegriffen und als Leit- ben? Wie sollen sie dabei vorgehen? Seite 39 bild formuliert. Eine zwingende Verpflichtung zur Aufstellung eines bestimmten Konzepts oder zu einer bestimmten integrierten Planung kann es nicht geben. Soll Hochwasserschutz jedoch auf Dauer angelegt sein, ist den Gemeinden die Aufstellung eines integrier- ten kommunalen Hochwasserschutzkonzepts zu empfehlen. Dieses kann auch in einen Gewässer- entwicklungsplan integriert werden. Die Gemein- de wird sich hierfür in der Regel eines qualifizier- ten Fachbüros bedienen. Die grobe Vorgehensweise kann wie folgt skiz- ziert werden: Gespräche mit Wasserwirtschaftsamt/ Verwaltung für ländliche Entwicklung über Schwerpunkt fachlicher Maßnahmen Beiziehung eines Fachbüros Auslotung von Fördermöglichkeiten Details finden sich in Kapitel V, Seite 24 Konzepterstellung für Umsetzung 16 Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates
Die nachfolgenden fachlichen Beiträge unterschei- wirtschaftsämter den Kreisverwaltungsbehörden den zwischen Maßnahmen des Staates und der die Überschwemmungslinie in der Regel für ein Gemeinden und beziehen sich jeweils auf Teilaspek- Hochwasserereignis mit, das statistisch gesehen te des integrierten Hochwasserschutzes. alle 100 Jahre auftritt (HQ100). Die Gemeinden wer- den frühzeitig darüber informiert und verfahrens- mäßig beteiligt. Sie erhalten – falls gewünscht – 1. Überschwemmungsgebiete weitere Erläuterungen, bevor die Rückhalteräume förmlich als Überschwemmungsgebiete festgesetzt Ein wichtiges Instrument der Flächenvorsorge ist werden. Dies ist besonders wichtig, haben Gemein- die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten. den doch bei ihrer Bauleitplanung festgesetzte Sie dient der Sicherung von Hochwasserrückhalt- Überschwemmungsgebiete zu berücksichtigen. räumen und des schadlosen Wasserabflusses. Über- Damit wird sichergestellt, dass im Hochwasserfall schwemmungsgebiete werden von den Kreisver- ausreichend Raum für die Rückhaltung und das waltungsbehörden durch Rechtsverordnung fest- schadlose Abfließen von Hochwasser zur Verfügung gesetzt. Nach jetziger Rechtslage sind Über- steht. schwemmungsgebiete Flächen, die bei Hochwas- ser durchflossen werden. Sie enthalten parzellen- Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt scharfe Festlegungen und sind gegenüber jeder- Landesamt für Wasserwirtschaft, mann verbindlich. Teilweise enthalten sie einschnei- Projektschwerpunkt Hochwasser dende Nutzungsverbote. Insbesondere ist die Errichtung von Gebäuden in festgesetzten Über- schwemmungsgebieten grundsätzlich verboten. Rechtsgrundlagen: § 32 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Art. 61 Abs 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) In Bayern werden – zusätzlich zu den teilweise ermittelten und festgesetzten Überschwemmungs- gebieten – an allen größeren Gewässern 1. und 2. Ordnung mit einer Gesamtlänge von 9.000 Kilome- tern sowie vor allem in den Siedlungsgebieten an den Gewässern 3. Ordnung bis zum Jahr 2006 wei- tere Überschwemmungsgebiete ermittelt. Die vom Flugzeug aus gemachten Luftaufnahmen werden mit der Photogrammetrie ausgewertet. Kartografische Darstellung eines Überschwemmungsgebietes 2. Vorranggebiete für Hochwasser in Regionalplänen Ebenfalls der Flächenvorsorge dient die Auswei- sung von Vorranggebieten Hochwasser in der Regionalplanung. Sie unterstützt die Freihaltung und die Rückgewinnung von Rückhalte- und Abflussräumen auf der regionalen Ebene. Im Gegensatz zu den Verordnungen für Über- Unterschiedliche Höhenlagen werden so genau schwemmungsgebiete findet keine parzellenschar- erfasst. In Form von Lageplänen teilen die Wasser- fe Festsetzung statt. Die Darstellung erfolgt in Kar- Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates 17
ten 1: 100 000. Gemeinden haben festgesetzte Vor- wenn z. B. ein Siedlungsdruck auf die maßgeben- ranggebiete Hochwasser bindend in die Bauleit- den Flächen erkennbar ist. planung zu übernehmen. Auch bei der Festsetzung von Vorranggebieten ist in der Regel ein Be- Vorranggebiete sind kein stumpfes Schwert. Sie messungshochwasser HQ100 maßgeblich. schließen andere konkurrierende Nutzungen aus, wenn sie mit den Belangen des vorbeugenden Rechtsgrundlagen: Hochwasserschutzes nicht vereinbar sind. Dies gilt Raumordnungsgesetz (ROG) in der Fassung z. B. für die Störung des Wasserabflusses (z. B. vom 15.12.1997 (BGBl I S. 2902) hochwasserabflusshemmende und – beschleuni- Bayerisches Landesplanungsgesetz gende Maßnahmen), die Verminderung der natür- (BayLPlG) in der Fassung vom 25.4.2000 lichen Hochwasserrückhaltung und die Ausweitung (GVBl S. 280) von Siedlungsflächen. Möglich ist – im Gegensatz Landesentwicklungsprogramm Bayern vom zu den wasserrechtlich festgesetzten Überschwem- 12.03.2003 (GVBl 2003, S. 173) mungsgebieten – auch die Sicherung künftiger (re)aktivierbarer Flächen. Zuständig für die Aufstellung von Regionalplänen und die Ausweisung von Vorranggebieten sind die Ansprechpartner: Regionaler Planungsverband regionalen Planungsverbände, in denen alle Land- Örtliches Wasserwirtschaftsamt kreise und Gemeinden einer Region zusammenge- schlossen sind. Bei der Aufstellung von Regional- plänen können die Belange des Hochwasserschut- 3. Ermittlung und Bereitstellung zes mit konkurrierenden anderen Belangen abge- von Basisdaten stimmt und für eine gesamte Region gesichert wer- den. In erster Linie werden Vorranggebiete Hoch- Der Freistaat hat ein Interesse an einem wirksa- wasser an Gew I und II ausgewiesen. Aber auch men kommunalen Hochwasserschutz. Bei kommu- Gew III kommen für Vorranggebiete in Betracht, nalen Planungen, der Erstellung kommunaler Hoch- wasser-Kataster und der Entwicklung von Nieder- schlagsabflussmodellen unterstützt die staatliche Wasserwirtschaft deshalb die Gemeinden. Sie stellt hydrologische Grundlagendaten zur Verfügung oder erarbeitet sie im Bedarfsfall. Weiterhin wer- den für den Ausbau von Gew III Bemessungsda- ten, wie z. B. die Jährlichkeiten von Abflüssen, angeboten. Der Freistaat erstellt derzeit mathematische Abflussmodelle für alle großen Flüsse. Er prüft, ob dies in Einzelfällen auch für Gew III möglich ist, wenn z. B. die Einrichtung neuer Pegel in Frage kommt. Für Gemeinden können Niederschlagsab- flussmodelle darüber hinaus dann sinnvoll sein, wenn ein kommunales Hochwasserflächenkataster zu erstellen ist oder wenn im Rahmen eines Kon- zepts Gefährdungspotentiale wie unterdimensio- nierte Durchlässe, überbaute Bereiche oder zu klei- ne Verrohrungen ermittelt werden sollen. Für einen rechtzeitigen und zielgerichteten Einsatz von Hilfs- kräften im Krisen- oder Katastrophenfall kommt der Kenntnis derartiger Schwachstellen besonde- re Bedeutung zu. Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt Auschnitt aus dem Regionalplan Allgäu (Region 16) Landesamt für Wasserwirtschaft, Vorranggebiete sind blau gerastert Referat 16 18 Hochwasserschutz – Maßnahmen des Staates
IV. Nachhaltiger integrierter Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden Die Palette der Handlungsmöglichkeiten der Erhalten oder Wiederherstellen naturnaher Gemeinden ist umfangreich und reicht von der qua- Zustände an Gewässern und ihren Auen lifizierten Planung bis zu Modellen der kommuna- len Zusammenarbeit. Eine aus den Reihen des Ar- Die Renaturierung von Bächen oder die Erhaltung beitskreises Hochwasserschutz genannte Möglich- eines bereits vorhandenen naturnahen Zustands keit ist, den Gemeinden ein wirksames Instrument hat eine Doppelfunktion – eine ökologische und der Flächensicherung bzw. des Flächenerwerbs für eine im Sinne eines vorbeugenden Hochwasser- bauliche Maßnahmen außerhalb von Bebauungs- schutzes. plänen an die Hand zu geben. Denkbar erscheint die Schaffung eines solchen Instruments im Rah- Der naturnahe Ausbau eines Gewässers oder der men des Wasserrechts. Der Bayerische Gemeinde- Erhalt eines solchen vorhandenen Zustandes tag hat vorgeschlagen, eine solche Regelung in ein bedeutet die Schaffung oder Sicherung vielfältiger künftiges Bundesgesetz zur Verbesserung des vor- Lebensräume von Tieren und Pflanzen in und am beugenden Hochwasserschutzes aufzunehmen. Wasser. Die Gewässerentwicklung ist damit prak- tizierter Artenschutz. Zur Gewässerentwicklung gehört auch die Anlage oder Wiederherstellung von 1. Gewässerentwicklung: Bach- und Flussauen. Uferstreifen mit einer stand- Planen und Ausführen ortgerechten Vegetation helfen Nährstoffe und Oberboden zurückzuhalten und führen zu einer Ver- Das Ziel einer Deregulierung auf staatlicher und besserung der Selbstreinigungskraft und Qualität kommunaler Ebene und die knappen Finanzen nöti- von Gewässern. Schließlich prägen naturnahe gen auch bei der Gewässerentwicklungsplanung Gewässer mit ihren begleiteten Ufergehölzen und zur Prüfung folgender Fragen: Auen auch den Erholungswert und das Landschafts- bild. Ist ein Gewässerentwicklungsplan (GEP) erfor- derlich? Die beschriebenen Maßnahmen tragen zum vor- beugenden Hochwasserschutz bei, weil mehr Hoch- Welchen Nutzen bringt er für die Gemeinde? wasser zurückgehalten werden kann. Wie ist er zu finanzieren? Bedeutung einer qualifizierten Planung Die Gewässerentwicklungsplanung ist eine freiwil- lige, gewässerbezogene Fachplanung der Gemein- Überzeugende Lösungen erfordern Sachverstand. de und dient dem vorbeugenden Hochwasser- Die Einschaltung qualifizierter Planungsbüros ist schutz. Der GEP zielt zunächst auf die Durchfüh- deshalb von Vorteil. Sowohl Gründe der Effizienz, rung fachgerechter Pflege-, Unterhaltungs- und als auch Kostengesichtspunkte machen die Bildung Ausbaumaßnahmen für ein Gewässer. Empfehlens- von Planungsgemeinschaften sinnvoll. wert ist allerdings die Betrachtung aller Gewässer im Gemeindegebiet, die zu einem Einzugsgebiet Bei einer qualifizierten Planung sollte die Beteili- gehören. Dies entspricht auch dem Denken und gung von Behörden, Verbänden und Einzelperso- Handeln in Flusseinzugsgebieten, wie es der euro- nen selbstverständlich sein. Je nach Lage, örtlicher päischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zugrun- Situation und Planungsstadium kommt die Ein- de liegt. Besondere Aktualität gewinnt die Gewäs- schaltung von Unterer Naturschutzbehörde, Amt serentwicklungsplanung durch Aussagen zum für Landwirtschaft, Direktion für ländliche Entwick- Hochwasserschutz. Der GEP kann aufzeigen, wo lung, Fischereiverband, Bauernverband, Natur- ein Wasser- bzw. Nährstoffrückhalt notwendig ist, schutzverbänden und Jagdpächtern in Frage. Die wo Gewässer naturnah umgestaltet werden sollen Planaufstellung wird vom zuständigen Wasserwirt- und wo ein „technischer“ Hochwasserschutz unab- schaftsamt im Rahmen der Beratung begleitet. dingbar ist. Der Wasserrückhalt in der Fläche und am Gewässer ist eine wesentliche Voraussetzung Eine effektive Öffentlichkeitsarbeit hilft die Akzep- für eine Abflussminderung. Es liegt nahe, den GEP tanz zu erhöhen. Grundstückseigentümer und Nut- mit der Erstellung eines Rückhaltekonzepts zu ver- zer sollten deshalb frühzeitig informiert und im binden. Rahmen von Ortsterminen und regelmäßiger Pres- Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden 19
seberichterstattung frühzeitig eingebunden wer- Planungsablauf den. • Erhalten und Bewerten von Gewässern und Aue Reduzierung des Unterhaltungs- und Pflegeaufwandes Nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten ist eine Erhaltung oder Wiederherstellung naturnaher Zustände sinnvoll. Dies kann erreicht werden durch: • Formulieren eines Leitbildes Rückbau von technischen Ufer- und für Gewässer und Aue Sohlsicherungen zur Förderung der Eigen- dynamik der Gewässer. Umbau von Abstürzen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit. Soweit notwendig, Ufer- und Sohlsicherung in ingenieurbiologischer Bauweise. Sinnvol- ler ist die Ausweisung breiterer Uferstreifen (mind. 5 m) und Duldung von Uferanbrüchen. • Ausarbeiten von Entwicklungszielen und Maß- nahmen, die sich unter den gegebenen Rahmen- bedingungen umsetzen lassen Gehölzpflege nach ökologischen Gesichtspunkten, wie z. B. turnusmäßiges auf den Stock setzen bei Erlen und Weiden. Abschnittsweises Entfernen von Pappeln und Fichten. Schrittweises Vorgehen Nach dem Prinzip Erhalten – Entwickeln – Gestal- ten wird ein Vorgehen in folgenden Schritten emp- fohlen: Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt Erhebung und Bewertung des Ist-Zustands: Landesamt für Wasserwirtschaft, Hydrologische Daten, Gewässerstruktur, Gewäs- Referat 41 sergüte, Nutzungen von Aue und Gewässer, schützenswerte Lebensräume von Pflanzen und Tieren, Landschaftsbild. 2. Baulicher Hochwasserschutz Formulierung des Leitbildes – Definition des Ein ausreichender Schutz vor Hochwasser natürlichen Zustandes des Gewässers – bezo- bedingt auch und oft sogar in erster Linie bauli- gen auf die „Gewässerlandschaft“. che Maßnahmen,. Wasserrückhaltung in der Flä- che allein reicht in den meisten Fällen nicht aus. Ausarbeiten der Ziele und Maßnahmen, Um Bebauung und hochwertige Infrastruktur vor Beschreibung des innerhalb einer absehbaren Hochwasser bis zu einem in der Regel 100-jähr- Zeitspanne schrittweise erreichbaren Zustan- lichen Ereignis zu schützen, können erforderlich des des Gewässers und seiner Aue. sein 20 Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden
ein Ausbau des Gewässerbetts auf ein ent- sprechendes Abflussvermögen eine Umleitung von Hochwasser über Flutmulden die Errichtung von Hochwasserdeichen und/oder Mauern der Bau von Hochwasserrückhaltebecken eine Kombination von Gewässerausbau und Hochwasserrückhaltebecken auch bauliche Maßnahmen an den Gebäuden selbst (Objektschutz) Beispiel für einen Rückhalt in einem Hochwasserrückhaltebecken: Hochwasserschutz Hausen Der bauliche Hochwasserschutz kostet Geld. Dies gilt für Planung, Umsetzung von Maßnahmen und die erforderliche Unterhaltung von Anlagen. 3. Hochwasserschutz in der Bauleitplanung Aufwand und Nutzen sollten deshalb bereits in der Planungsphase intensiv berücksichtigt wer- Hochwasserschutz betrifft die Planungsträger den. Planungsalternativen helfen bei der Beur- aller Planungsebenen. Der gemeindeübergrei- teilung. fende Hochwasserschutz ist eine Aufgabe der Landesplanung, die z. B. über die Ausweisung In manchen Fällen kann ein Hochwasserschutz bzw. von Vorranggebieten Hochwasser umgesetzt eine Schadensminderung auch durch bauliche Maß- wird. Daneben steht die Fachplanung. Im Bereich nahmen an den Gebäuden ergänzt werden (Abdich- des Wasserrechts stellt die Festsetzung von Über- tung der Gebäude bzw. Gebäudeöffnungen, dich- schwemmungsgebieten durch Rechtsverordnung te und ausreichend hohe Kellerlichtschächte, Ver- das effektivste Instrument für den Hochwasser- wendung wasserdichter und wasserbeständiger schutz dar. Baustoffe etc.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch ein ausreichender Schutz gegen das Eindrin- Aber auch die kommunale Bauleitplanung kann gen von Grundwasser und Rückstauwasser aus ihren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Sie dem Kanalnetz sowie die Sicherheit gegen Auf- ergänzt die überörtliche Planung und das wasser- triebskräfte und Wasserdrücke vorhanden sein müs- rechtliche Instrumentarium. sen. Zum Objektschutz gibt es zahlreiche Informa- vgl. Veröffentlichungen, tionsbroschüren von Bund, Ländern und Versiche- Seite 39 rungen. Bindung der Bauleitplanung durch Ziele der Raumordnung und förmlich festgesetzte Über- Ein Gewässerausbau, dazu gehören auch Deich- schwemmungsgebiete und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, bedarf einer Planfeststellung bzw. Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung Plangenehmigung nach Wasserrecht (§ 31 WHG, anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Solche Ziele sind Art. 58 BayWG). Bei Hochwasserrückhaltebecken im Regionalplan ausgewiesene Vorranggebiete für sind die Belange einer ökologischen Durchgängig- den Hochwasserschutz. keit des Gewässers zu berücksichtigen. Flächennutzungs- oder Bebauungspläne, die zu der Mobile Hochwasserschutzeinrichtungen, wie z. B. Zielsetzung des Vorranggebiets in Widerspruch ste- Dammbalkenwände, können nur dort in Betracht hen, sind mit § 1 Abs. 4 BauGB nicht vereinbar. Eine gezogen werden, wo ausreichende Vorwarnzeiten Bauflächenausweisung kommt in solchen Gebie- einen Aufbau ermöglichen. Dies ist bei kleineren ten grundsätzlich nicht in Frage. Gewässern oft nicht der Fall. Darüber hinaus enthält das am 1. April 2003 in Kraft Ansprechpartner: Örtliches Wasserwirtschaftsamt getretene Landesentwicklungsprogramm folgen- Landesamt für Wasserwirtschaft, des, für die gemeindliche Bauleitplanung binden- Projektschwerpunkt Hochwasser des Ziel: Hochwasserschutz – Maßnahmen der Gemeinden 21
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