III/2012 - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
III/2012 VORSÄTZE DIE 3 »Das macht man nur einmal im Leben« ist ein ebenso beliebter wie wahrer Satz von Bauherren. Die Entscheidung für ein Haus gründet meist auf wenig Erfahrung. Der Bauherr ist daher auf gute Beratung angewiesen. Einen konstruktiven Anfang macht das vorliegende Heft für all jene, die in erwachsenenpädagogischen Arbeits- feldern Bildungsbauten verantworten. Auch sie bauen meist nur einmal im Leben. »Welche Architektur ist gut für die Erwachsenenbildung?« ist auch eine wichtige Frage für alle anderen, die tagein, tagaus Bildungsbauten als Arbeitsplatz nutzen. »Das Gelingen der Erwachsenenbildung hängt weitgehend davon ab, ob ihr der angemessene Raum und Ort, die rechte Einrichtung ihrer Stätten und eine Peter Brandt (Hg., komm.) Umgebung geboten wird, welche die ihr zuträgliche Atmosphäre schaffen hilft«, schrieb Franz Pöggeler 1959 (vgl. in diesem Heft, S. 42f.). Aber welche Architektur ist für Lernen und Bildung nun wirklich förderlich? Hierzu gibt das Heft viele Anre- gungen, teilweise auch aus dem Schulbereich. Die Autor/inn/en bleiben dabei den empirischen Nachweis der Lernförderlichkeit schuldig – kein Wunder, konnte sich einmal im leben doch eine architekturbezogene Lehr-/Lernforschung bisher nicht etablieren. Die Beiträge des vorliegenden Heftes machen unisono deutlich, dass der Bildungs- bau nur dann gelingt, wenn erwachsenenpädagogische und architektonische Vorstellungen aufeinander abgestimmt sind – und zwar von der ersten Planungs- skizze über die Grundsteinlegung bis hin zur Fertigstellung. Eine zentrale Frage gehört dabei an den Beginn jeder Bauplanung: Wie wird Lernen in zwanzig oder dreißig Jahren aussehen, und was soll dann die Funktion einer Weiterbildungsein- richtung sein? Diese Überlegungen können zu ungewöhnlichen Lösungen führen, wie Rob Bruijnzeels (vgl. S. 37) spekuliert: »Vielleicht führt dies auch zu etwas anderem als einem Gebäude«. Noch, so scheint es aber, sind offene oder elektro- nische Strukturen nicht in der Lage, den Bildungsbau abzulösen. Unter der Leitperspektive einer Inklusion ermöglichenden Erwachsenenbildung – die sich übrigens wie ein roter Faden durch zahlreiche Beiträge des Magazinteils zieht – bleibt eine früher wie heute brennende Frage offen: Welche Ästhetik lädt alle ein und grenzt niemanden aus? Sind es die multioptionalen Bildungsbau- ten mit aufblasbaren Gruppenräumen und mobilem Interieur? Ist die gläserne Fassade entscheidend? Wenn Kurse nicht mehr hinter geschlossenen Türen stattfinden, wird das Lernen Erwachsener in die Öffentlichkeit geholt. So kann Transparenz Akzeptanz schaffen. Aber will jeder Teilnehmende eines Alphabeti- sierungskurses dabei beobachtet werden, wie er sich an der deutschen Sprache abmüht? Kann Architektur auch überfordern? Ein Gedanke, den Richard Stang einbringt (vgl. S. 23), scheint mir hierfür wesent- lich zu sein: Die Architektur muss die Wertschätzung für den Teilnehmenden aus- drücken. Das kann auf vielerlei Weise gelingen und geschieht oft halbbewusst, wie uns Urs Maurer lehrt (vgl. S. 38). Wenn wir sehen, wie Bildungseinrichtungen, zumal in öffentlicher Trägerschaft, eingerichtet sind (dunkle Gänge, geschlossene Türen), dann wundert nicht, was ein Teilnehmer der Bundeskonferenz der regiona- len Volkshochschulen in Quedlinburg formulierte: »Oft kommen Leute nicht wieder, weil sie die Räume und Stühle der Volkshochschule kennen.« Und dann zeigt sich umso dringender, dass wir mit »Architektur für Erwachsenenbildung« ein aktuelles Thema aufgreifen. Die Beiträge des Heftes gehen übrigens teilweise auf Vorträge einer Fachtagung zurück, die Fachleute aus Bildung und Architektur Ende Februar im Deutschen Institut für Erwachsenenbildung zusammengeführt hat. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre! Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
DOI Eindeutiges Zitieren aus digitalen Quellen Ein Digital Object Identifier (DOI) dient der eindeutigen Bezeichnung eines elektronischen Dokuments. Der wbv vergibt seit 2012 für alle digitalen Zeitschriftenartikel und Zeitschrif- tenausgaben (E-Paper) der DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung einen DOI. Er ermöglicht das nachvollziehbare und zuverlässige Zitieren von Forschungs- DIE Zeitschrift für literatur im Internet. Erwachsenenbildung Der DOI identifiziert ein digitales Dokument dauerhaft und leitet zu einer hinterlegten Web-Adresse bzw. direkt zum Dokument weiter. Beispiel eines DOI: 10.3278/DIE1203W Geben Sie das oben genannte Beispiel unter: http://dx.doi.org/ in das Suchfeld ein und Sie gelangen direkt zum E-Paper der DIE Zeitschrift für Erwachsenen- bildung. wbv-journals.de/die-zeitschrift W. Bertelsmann Verlag Bestellung per Telefon 0521 91101-11 per E-Mail service@wbv.de Perspektive E-Learning Früh- Bildungshorizonte erweitern bucherpreise sichern bis Mobile Learning, Social Learning und Game Based Learning 31.08.12 sind die aktuellen Trends im E-Learning. Die Erwartungen der Nutzer an Lern- und Weiterbildungsangeboten werden an- spruchsvoller. Neue Ideen, Konzepte und Angebote müssen 9. wbv-Fachtagung entwickelt und in bewährte Strukturen integriert werden. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis geben Perspektive E-Learning notwendige Impulse und stehen für den fachlichen Austausch Bildungshorizonte erweitern zur Verfügung. Neben der Information und dem Austausch in Bielefeld, 24. – 25. Oktober 2012 Foren stellen ausgesuchte E-Learning-Anbieter Konzepte und Geschäftsmodelle vor. wbv-fachtagung.de W. Bertelsmann Verlag Bestellung per Telefon 0521 91101-11 per E-Mail service@wbv.de Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
III/2012 INHALT DIE 5 Die Piktogramme im Logo 3 VORSÄTZE des »Deutschen Lernatlas« MAGAZIN stehen für schulisches, Szene 6 berufliches, soziales und persönliches Lernen. So weit so Service 15 gut. Im Blick auf die Methodik raten DIE 18 Experten zu einer Überarbeitung des Lernatlas (s. S. 9). THEMA 20 Stichwort: »Erwachsenenbildung Zum Themenschwerpunkt und Architektur« »Architektur für Erwachsenenbildung« Richard Stang / Karin Dollhausen / Hans-Joachim Schuldt Der Raum und das Lernen erwachse- ner Menschen stehen in einem engen, 22 »Wir brauchen eine pädagogische jedoch von Wissenschaft und Praxis Bauleitung« der Erwachsenenbildung bislang weit- Thomas Vollmer im Gespräch mit Richard gehend vernachlässigten Verhältnis. Stang über das Verhältnis von Architektur und Erwachsenenbildung Dies hat zur Folge, dass die Architektur von Weiterbildungseinrichtungen Lehr-/ 26 Architektur aus Sicht der Bildungs Lernprozesse oft nicht ausreichend theorie unterstützt. Pädagogen und Architek- Anforderungen an Bildungsräume ten, so der Tenor der auf den folgenden Joachim Ludwig Seiten versammelten Beiträge, müssen 30 Bildungsbau: Im Kern eine inhaltliche deshalb bereits bei den ersten Pla- Herausforderung nungsprozessen bessere Dialog- und Inspirationen aus der Schularchitektur Kooperationsformen entwickeln. Das Frauke Burgdorff Heft bietet hierfür eine Art Verständi- 34 Bibliotheken als Lernorte der gungshilfe, indem es bildungstheoreti- Erwachsenenbildung sche Sichtweisen und architektonische Vom »passiven« zum »aktiven« Nutzer Perspektiven zusammenführt und auf Rob Bruijnzeels diesem Weg die räumlichen Voraus- setzungen für erfolgreiches Lernen 38 Unbewusste Leitbilder Fundamente, Kriterien und Merkmale aufzeigt. einer Architektur für Bildung Urs Maurer Die »Tür spricht« – sie hebt »die 42 Franz Pöggelers »Neue Häuser der Ab sofort erhält jede Online-Ausgabe Trennung zwi- der DIE Zeitschrift einen Digital Object Erwachsenenbildung« Ein Literatur-Fundstück aus der Frühzeit schen dem Innen Identifier (DOI). Dieser ermöglicht u.a. und dem Außen der Debatten ein zuverlässiges Zitieren von digitaler Klaus Heuer auf«, so meinte Literatur. Mehr dazu in der Anzeige auf S. 4. Auf wbv-journals.de/die-zeitschrift der Kulturphi- 46 Bauprozesse aus Weiterbildungs können Sie über eine Suchfunktion losoph Georg perspektive recherchieren und auch einzelne Beiträge Flexibilität, Helligkeit und Transparenz Simmel, dessen herunterladen. Wolfgang Eckart / Anne-Kathrin Lind- Text in dieser ner / Hubert Hummer / Rita Weißen- vorliegenden Aus- berg / Richard Stang gabe den Blick- FORUM punkt rahmt. Damit kommt in der Die erneuerte europäische Agenda 50 Architektur des Bildungsbaus dem für die Erwachsenenbildung Eingang eine besondere Bedeutung Auf dem Weg zu »Erasmus for all« zu: Er sollte laut Richard Stang eine Hans Georg Rosenstein »Einladung an Lernwillige« darstel- 53 len, indem er Menschen anspricht SUMMARIES und dadurch zum Abbau von Bil- 54 NACHWÖRTER dungsbarrieren beiträgt. Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
DIE MAGAZIN THEMA FORUM III/2012 6 Szene »Ich habe noch nie einen Verstehenshorizont gesehen« Vermittlungsprobleme als Subtext des 23. DGfE-Kongresses in Osnabrück Was hat die Hirnforschung, was wir der eigenen Anliegen in Politik, For- – ein Vermittlungsproblem steht nicht haben? Diese Frage warf Käthe schungsförderung und Medien so gut einer Disziplin schlecht an, deren Meyer-Drawe bei ihrem Vortrag auf gelingt. Offenbar wirkt auch hier das Gegenstand u.a. didaktisch gestaltete dem diesjährigen Kongress der Deut- »empirische Pathos«, das Meyer-Drawe Bildungspraxis ist. Die Mehrzahl der schen Gesellschaft für Erziehungs- diagnostiziert: »Wenn jemand etwas didaktisch involvierten Kongressak- wissenschaft auf. Warum greifen ›wissenschaftlich erforscht‹ haben will, teure blieb den Nachweis schuldig, Wissenschaftsjournalisten, Praktiker dann meint er ›empirisch‹.« Aber, so dass die Erziehungswissenschaftler/ und Eltern so gerne auf Erkenntnisse hält sie mit Verweis auf Blumenberg innen die besseren Didaktiker/innen und Lösungen der Hirnforscher zurück fest: »Auch dem Empiriker muss die sind. Ob Folienmarathon, Folienverbot und ignorieren die Beiträge von oder Ko-Referate von »Diskutan- Pädagogik und Erziehungswis- ten« – es wurde den Teilnehmen- senschaften? Weil die Hirnfor- den eine Menge abverlangt. schung Korrelationen in Kausa- Eine rühmliche Ausnahme bildete litäten übersetze, unzulässige der Vortrag von Gabi Reinmann Schlüsse ziehe, unaufwändige von der Münchener Bundeswehr- Lösungen anbiete (Pharma- Universität. Sie plädierte für zeutika statt pädagogische eine »Aufhebung« der Didaktik in Interventionen) und weil sie in einer breiter gefassten Vermitt- einer gleichsam liturgischen lungswissenschaft. Ausgehend Sprachhandlung immergleiche von einer Krise der sich selbst Bilder und Metaphern rezitiere. begrenzenden Allgemeinen Indem Meyer-Drawe in Osna- Didaktik entwarf sie das Bild brück den Hirnforschern man- einer Inter-Disziplin unter Ein- gelnde Selbstkritik vorwarf, hat schluss der Instruktionspsycho- sie – aber das blieb unausge- logie sowie der Sprach-, Medien-, sprochen – zugleich den Erzie- Kommunikationswissenschaft. hungswissenschaften einen Davon verspricht sich Reinmann Spiegel vorgehalten: Ihnen eine Strahlkraft didaktischer Foto: Peter Brandt gelingt es offenbar zu wenig, Erkenntnis in Handlungsfelder ihre Erkenntnisse wirkungsvoll wie den Wissenschaftsjournalis- in die Medien zu vermitteln. mus, die Patienten-Interaktion Vielleicht bieten sie zu selten der Mediziner oder die Politikbe- oder zu spät Lösungen an, viel- »Denn wir wissen nicht, was sie tun« lautete der Titel einer öffentli- ratung. Ihr Ansatz wurde von der leicht verwenden sie zu selten chen Podiumsdiskussion, die mit Unterstützung der Bohnenkamp- Zuhörerschaft äußerst positiv anschauliche Bilder. In diesem Stiftung durchgeführt wurde. Götz Alsmann brillierte als (Selbstzitat) aufgenommen, gerade auch Sinne jedenfalls merkte Zuhörer »einziger Nicht-Fachmann in der Runde« mit kulturpessimistischen von Vertretern der Allgemeinen Aussagen zu sozialen Netzwerken, wie man sie vor 50 Jahren nicht Micha Brumlik an: »Ich habe reaktionärer dem Fernsehen gegenüber hätte formulieren können. Didaktik wie etwa Wilfried Plöger. noch nie einen Verstehenshori- Er trug auf seine Art dazu bei, dass die »jugendlichen Lebenswel- Aus Sicht der Erwachsenen- zont gesehen.« ten«, die das Forum zu erhellen trachtete, im Dunkeln blieben. Das bildung ist das Vorhaben zu Schwierige Zeiten für die Erzie- war auch kein Wunder, hatte man doch keine Person unter 30 Jah- begrüßen, stellt es doch den hungswissenschaften also, ren aufs Podium geladen. längst überfälligen Schritt dar, zumal sich mit der Gesellschaft der Entgrenzung des Lernens für empirische Bildungsforschung eine Welt schon vorhanden sein, damit sie eine entgrenzte Theorie der Vermittlung wissenschaftliche Parallelgesellschaft ihm gesprächig wird.« Die Untiefen gegenüberzustellen, die didaktisches gegründet hat, die eine Schwächung des Theorie-Empirie-Verhältnisses, die Wissen in »verkannten Vermittlungssi- der wissenschaftspolitischen Bedeu- Meyer-Drawe gegenüber der Hirnfor- tuationen« fruchtbar macht. Vielleicht tung der Erziehungswissenschaften zu schung auslotete, wären somit auch im kommt der Vorschlag von Gabi Rein- zementieren scheint. Mit Vermittlungs- Verhältnis zu weniger fernen Gegnern in mann angesichts des diagnostizierten problemen muss sich die Bildungsfor- Erinnerung zu bringen. Vermittlungsproblems der Erziehungs- schung jedenfalls nicht herumschlagen, Wie auch immer Theorie und Empirie wissenschaften gerade zur rechten zumindest solange die Wahrnehmung ins Verhältnis zu setzen sein mögen Zeit. DIE/PB Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
III/2012 MAGAZIN THEMA FORUM DIE Szene 7 Zwei Heimaten der empirischen Bildungsforschung Zur Neugründung der Gesellschaft für empirische Bildungsforschung (GEBF) Ende 2011 wurde in der DIE Zeitschrift gewicht zur DGfE verstanden werden. beiten, sondern eine große Offenheit (H. I/2012, S. 11) bereits über die Ob es allerdings zu einer nennenswer- auch gegenüber interaktionistischen, aktuellen Entwicklungen in der Arbeits- ten Zahl an Austritten aus der DGfE rekonstruktiven oder hermeneutischen gruppe empirische pädagogische For- kommt oder ob sich das Modell der Zugängen. schung (AEPF) der Deutschen Gesell- Doppelmitgliedschaft als präferierte Für die Erwachsenenbildungsforschung schaft für Erziehungswissenschaft Lösung erweist, bleibt abzuwarten. Zu ergibt sich daraus die Chance, for- (DGfE) berichtet und auf die geplante berücksichtigen ist hier, dass viele der schungsmethodische Diskurse – wie Neugründung einer Gesellschaft für bisherigen AEPF-Mitglieder nie DGfE- sie aktuell nicht nur in der deutschspra- empirische Bildungsforschung (GEBF) Mitglieder waren. Aktuell gibt es keinen chigen Erwachsenenbildungsforschung verwiesen. Diese Gesellschaft wurde Hinweis auf einen Rückzug der empiri- wieder verstärkt geführt werden – über inzwischen im Rahmen einer konstitu- schen Bildungsforschung innerhalb der das eigene Forschungsfeld hinauszutra- ierenden Sitzung in Frankfurt a.M. ins DGfE, und auch die von vielen DGfE- gen und in einen intensiven Austausch Leben gerufen, und es wurde ein Vor- Mitgliedern getragene Weiterführung mit Empirikern anderer erziehungswis- stand gewählt, der die interdisziplinäre der AEPF spricht eine andere Sprache. senschaftlicher Gebiete einzutreten. Ausrichtung widerspiegeln soll. Entspre- Fest steht, dass über die durch die Gelegenheit dazu bietet sich im Rah- chend sind in diesem Gremium neben Neugründung angestoßenen Neue- men der nächsten Tagung der AEPF, die der Erziehungswissenschaft auch die rungsprozesse in der AEPF – die weiter- im September in Bielefeld stattfinden Psychologie, die Soziologie und die hin als Teil der DGfE aktiv bleibt – sich wird. Es wird sicherlich auch von der Fachdidaktik vertreten. neue Chancen für eine stärkere Vernet- Resonanz in den anderen Sektionen Präsident der GEBF, die ihre erste zung von AEPF und der Sektion Erwach- abhängen, inwieweit die AEPF ihren in Tagung im März 2013 in Kiel plant, ist senenbildung ergeben. Osnabrück beschlossenen Kurs hin zu Manfred Prenzel. Weitere Vorstands- In ihrem Selbstverständnis als Ort für mehr sektionsübergreifendem Dialog mitglieder sind u.a. Heike Solga und methodische Diskurse plant die AEPF innerhalb der DGfE langfristig realisiert Jürgen Baumert. Inwieweit die GEBF zukünftig aktiver auf die anderen Sekti- und welche Rolle dabei der Erwachse- auch für Themen der Erwachsenenbil- onen zuzugehen, um die dort empirisch nenbildungsforschung zukommt. dungsforschung offen ist und Kolleg/ Forschenden auch für die AEPF zu Verfolgt man die immer stärker wer- inn/en aus diesem Feld ein Forum bie- gewinnen. Empirisch meint damit kei- dende empirische Erwachsenenbil- tet, bleibt abzuwarten. neswegs eine methodologische Festle- dungsforschung, so wird deutlich, dass Aus bildungspolitischer Perspektive gung auf in der Tradition des kritischen eine Vernetzung mit anderen Bereichen kann die GEBF durchaus als ein Gegen- Rationalismus stehende Forschungsar- empirischer Bildungsforschung nicht nur mit Blick auf die Weiterentwicklung von Forschungsmethoden sinnvoll DGfE kompakt scheint, sondern auch hinsichtlich einer Auf der sich dem Kongress anschließen- Im Jahr 2014 feiert die DGfE ihr 50-jähri- längsschnittlichen Betrachtung von Bil- den Mitgliederversammlung wurde ein ges Bestehen. Begleitend zum 24. DGfE- dungsprozessen über den Lebenslauf, neuer Vorstand gewählt. Aus der Sek- Kongress, der an der Humboldt-Univer- wie er aktuell im Rahmen des nationa- tion Erwachsenenbildung ist nun Prof. sität zu Berlin stattfinden wird, ist dazu len Bildungspanels angegangen wird. Christine Zeuner (Hamburg) Mitglied. eine Ausstellung geplant, in der die Ent- Gleichzeitig scheint es geboten, auch Ebenfalls neu in den Vorstand gewählt wicklungsgeschichte der DGfE und ihrer die Bedeutung und Relevanz qualitativer wurden Prof. Dr. Ingrid Miethe (Gießen) Sektionen präsentiert werden soll. Der Forschungszugänge (weiter) zu betonen und Prof. Dr. Marcelo Caruso (Berlin). Vorstand hat die »Vorstands-AG Moderni- und Räume zu eröffnen, die methodi- Auf eigenen Wunsch ausgeschieden sierungsrat« berufen, in dem die Erwach- sche Reflexionen qualitativer Bildungs- sind die Hochschulprofessoren Dr. Ingrid senenbildung durch Prof. Dr. Sabine forschung zulassen. Wenn sich dies im Lohmann, Dr. Hans-Rüdiger Müller und Schmidt-Lauff (Sektionssprecherin) Rahmen der AEPF-Tagungen realisieren Dr. Klaus Breuer. Weiterhin dort tätig vertreten ist. Es geht um die Gestaltung lässt, könnte das auch eine Chance für sind Prof. Dr. Sabine Reh, Prof. Dr. Tina der Binnenstruktur der DGfE, die Profile die Erwachsenenbildungsforschung Hascher und Prof. Dr. Stefan Aufenan- der Sektionen bzw. ihrer Kommissionen bedeuten, ihre methodisch anspruchs- ger. Prof. Dr. Werner Thole bleibt Vorsit- sowie um die zukünftige Darstellung der vollen Arbeiten über die Grenzen der zender der DGfE, deren Mitgliederzahl wissenschaftlichen Fachgesellschaft eigenen Subdisziplin hinaus zur Diskus- auf mehr als 3.000 angestiegen ist. DGfE nach außen. sion zu stellen und weiterzuentwickeln. Bernhard Schmidt-Hertha Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
DIE MAGAZIN THEMA FORUM III/2012 8 Szene Bildungsforschung 2020: Bilanz und Ausblick in Deutschland noch stark rückständig, und die große Aufgabe wird es sein, die- Forschungsdesiderate für die Erwachsenenbildung? sen Strukturwandel zu begleiten. Zur Tagung »Bildungsforschung 2020« Belege sozialer Ungleichheit) gute For- 4. Offen ist auch die Frage der Gestal- lud das Bundesministerium für Bildung schungsergebnisse bescheinigt werden tung von Rückmeldesystemen (bis hin zu und Forschung (BMBF) Ende März nach können, gibt es dagegen erhebliche den Lehrenden), z.B.: Wie wirken Quali- Berlin ein. Einerseits sollten Investitio- Defizite in der Erforschung bestimmter täts- und Inspektionssysteme? Hier sind nen in die empirische Bildungsforschung domänenspezifischer Wissensprozesse. Formen von Implementationsforschung transparent gemacht werden. Gleichzei- Bisher bleibt die empirische Bildungs- angesprochen, die bereits bestehendes tig sollte aber auch Bilanz gezogen wer- forschung vor allem auf das Fach Wissen in die nachhaltige breite Umset- den, ob und in welche Richtung bildungs- Mathematik und naturwissenschaftli- zung transferieren können. bezogene Forschung weiterzuentwickeln che Didaktik bezogen. Jürgen Baumert Für alle vier Bereiche ist es sinnvoll sei. Circa 400 Wissenschaftler/innen, spricht hier sogar von der »Drosophila« und notwendig, dass sich die Erwach- Bildungspraktiker/innen und politische der Bildungsforschung. Stiefkinder und senenbildung engagiert. Im laufenden Vertreter/innen nahmen an der Veran- damit in Zukunft stärker zu beforschen Nachwuchsförderprogramm »Empiri- staltung teil und nutzten diese auch für sind dagegen die geisteswissenschaftli- sche Bildungsforschung« des BMBF ist das eigene Netzwerken in insgesamt 12 chen und sprachlichen Domänen. gerade ein Dissertationsvorhaben mit Foren und mehreren Plenumsveranstal- 2. Insgesamt fehlen Interventions- genuiner Erwachsenenbildung befasst: tungen. Alle Projekte und Ergebnisse zu studien, d.h., es ist unklar und nicht »Einrichtungstypen bei Volkshochschu- würdigen, kann an dieser Stelle nicht erforscht, inwiefern biographische Kop- len« von Meike Weiland (DIE), welches gelingen, deshalb werden einige zen- pelungen mit (realistisch bezahlbaren) mit Infostand und Poster während der trale Desiderate skizziert, denen sich Interventionen im Feld bestehen, z.B. in Tagung vertreten war. Dies zeigt, welche die Erwachsenenbildung und das DIE in einem Quartier, und sich (positiv) auswir- Anschlusserfordernisse für die Disziplin Zukunft widmen könnten, wenn sie in der ken. Kontrollgruppendesigns und eine bestehen, will sie im Kanon der »empi- empirischen Bildungsforschung sichtbar Verknüpfung mit NEPS- und SOEP-Daten rischen Bildungsforschung« 2020 eine werden wollen. Angeregt vom Hauptvor- wären hier notwendig. Rolle spielen. Monika Kil (DIE) trag von Prof. Baumert lassen sich vier 3. Als weitere große Herausforderung große Herausforderungen benennen. ist die Umsetzung der UN-Behinderten- 1. Während der »Dauerbeobachtung der rechtskonvention anzusehen (vgl. DIE www.bildungsforschungstagung.de Dynamik des Bildungssystems« (z.B. II/2012). Hier ist das Bildungssystem Zwischen Inklusion und Milieumarketing rungsgruppen, die Gewinnung Jüngerer über soziale Netzwerke sowie die Bin- 47. Bundeskonferenz regionaler Volkshochschulen tagte in Quedlinburg dung von Einmal-Teilnehmern. Von der Gerlinde Schöpp, Leiterin der Kreisvolks- gesamten Bildungsprogramm hingegen Herausforderung inklusiver Bildung war hochschule Harz, hatte der Konferenz schon, sofern für alle etwas dabei ist. dabei kaum mehr die Rede. ein anspruchsvolles Thema gegeben: Der Herausforderung milieuheteroge- Auch wenn die diesjährige Tagung mit »Vom Noch-Nicht-Teilnehmer zum ner Lerngruppen habe man sich damit rund 80 Teilnehmenden wieder bes- Stammhörer der Volkshochschule – der aber noch nicht gestellt. Es müsse die ser besucht war als ihre Vorläufer, so Inklusionsansatz mit Milieus«. Hier sollte Erwachsenenbildung in Sachen Exklusi- drängt sich dem Beobachter doch die offenbar verbunden werden, was bisher onsvermeidung durchaus auch vor der Frage auf, warum die regional arbeiten- nicht zusammen gehört: ein auf soziale eigenen Türe kehren – so sehr die Volks- den Volkshochschulen ihre Jahresta- Milieus ausgerichtetes Marketing und hochschule dem Anspruch nach bereits gung nicht mit den Mittel- oder gar den die unter der Chiffre Inklusion firmie- »einschließend« angelegt sei. Zu oft Großstädten zusammen durchführen. rende Offenheit für alle und jede/n, begnüge man sich damit, die Schuld bei Das auf eine möglichst homogene Teil- unabhängig von Status und Vermögen den Bildungsfernen zu suchen, anstatt nehmerschaft zielende Strukturierungs- (vgl. DIE II/2012, d. Red.). Kann so sich selbst auch als den Menschen prinzip ist im Blick auf die Produktivität Widersprüchliches denn überhaupt in »fremde Einrichtung« wahrzunehmen. des wechselseitigen Austauschs zu Einklang gebracht werden? Danach In den Arbeitsgruppen, deren Wirken hinterfragen – zumal unter dem Leitge- fragte Prof. Helmut Bremer von der Uni- den zweiten Konferenztag prägte, wur- danken der Inklusion. DIE/PB versität Duisburg-Essen in seinem Eröff- den klassische Marketingprobleme der Infos und Fotogalerie von Peter Brandt unter nungsvortrag. Seine Antwort: In einer Volkshochschule diskutiert: die Gründe einzelnen Veranstaltung sicher nicht, im www.vhs-bundeskonferenz.de für Nicht-Teilnehmerschaft von Bevölke- Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
III/2012 MAGAZIN THEMA FORUM DIE Szene 9 Mit dem Lernatlas zur Kultur des lebenslangen Lernens? Expertenworkshop der Bertelsmann Stiftung Der Deutsche Lernatlas der Bertels- Qualität der Daten und die unscharfe durch einen überarbeiteten und wei- mann Stiftung rief bei seiner Veröffent- Definition der Kennzahlen. terentwickelten Lernatlas das Thema lichung Ende letzten Jahres ein großes Zudem standen nur für einen geringen Lebenslanges Lernen nachhaltig auf Medienecho hervor. Der Versuch, die Teil der verwendeten Kennzahlen Daten die politische Agenda zu setzen und Bedingungen für lebenslanges Lernen auf kommunaler Ebene zur Verfügung. relevante Akteure für dieses Thema in Deutschland darzustellen und dem Für den Bereich der beruflichen Wei- zu sensibilisieren. Diskutiert wurde, Konzept des Lernens im Lebenslauf terbildung konnte auf die vom Deut- inwieweit die an das Vier-Säulen-Modell eine breite öffentliche Aufmerksamkeit schen Institut für Erwachsenenbildung der UNESCO (learning to know, learn zukommen zu lassen, wurde vielfach betreute VHS-Statistik des Deutschen ing to do, learning to live together und positiv bewertet, dagegen stießen ins- Volkshochschul-Verbandes zurückge- learning to be) angelehnten Lerndi- besondere die methodische Umsetzung griffen werden; die in dem Lernatlas mensionen des Bertelsmann-Atlas der Studie, die konzeptionellen Mängel dargestellte Kennzahl zeigt die Anzahl besser erfasst und beleuchtet werden und die Darstellung der Ergebnisse in der durchgeführten Volkshochschul- könnten und welche Daten auf kommu- Form eines Rankings von Kommunen Kurse mit berufsrelevantem Bezug je naler Ebene dazu herangezogen oder auf massive Kritik. Der Deutsche Städ- 100 Einwohner in einem Kreis an. Für generiert werden sollten. Breiten Raum tetag rügte in einer Stellungnahme die mehr als die Hälfte der Kennzahlen nahmen auch die Diskussionen darü- Datenqualität des Lernatlas als »frag- wurden jedoch aggregierte Daten, wie ber ein, welche Lerndimensionen bei würdig« und die Vergleiche zwischen z.B. die nur auf Länderebene vorlie- einer Weiterentwicklung des Modells den Kommunen als unfair und nicht genden Ergebnisse der PISA-Studie, der Bertelsmann Stiftung in Zukunft sachgerecht. Kritik aus wissenschaft- herangezogen und auf die Kommunen thematisiert werden sollten und wel- licher Sicht fand sich in der Stellung- übertragen. Eine sinnvolle Basis für che politische Ebene mit dem Thema nahme des Konsortiums »Kommunales einen interkommunalen Vergleich ist Lebenslanges Lernen angesprochen Bildungsmonitoring« im Programm damit nicht gegeben. werden kann. Die Anwesenden waren Lernen vor Ort des Bundesministeriums Diese breite Kritik wurde auf einem indes einig in dem Anliegen, den Lern- für Bildung und Forschung. Darin wer- Expertenworkshop der Bertelsmann atlas grundlegend zu überarbeiten und den das zirkuläre methodische Vorge- Stiftung aufgegriffen. Vertreter aus For- konzeptionell zu schärfen. Mit einer ver- hen des Lernatlas und die nicht nach- schung, amtlicher Statistik und Kom- änderten Fassung des Lernatlas kann vollziehbare Auswahl der verwendeten munen kamen am 21. März 2012 unter daher gerechnet werden. Kennzahlen ebenso bemängelt wie die dem Leitgedanken nach Gütersloh, Christina Weiß (DIE) »Weiterbildung macht Schule« unabhängige und bisher nur in der Weiterbildung anerkannte telc-Prüfung Ein großer Schritt auf dem Weg zum Abitur – ein großer Schritt zur Inklusion wird nun vom Berliner Senat für alle »Soziale Inklusion und Volkshoch- im Jahr 2006 berichtete sie über die Berliner Schulen gebilligt. Die ersten schule« war das Thema der Tagung positive Entwicklung, die ihre Schule Anerkennungen erfolgten im April 2012 des Arbeitskreises Großstädtischer seitdem gemacht habe. Die Koopera- für Schüler/innen, die die 11. Klasse Volkshochschulen. Das DIE mit seinem tion mit der VHS Neukölln, geleitet von des Campus Rütli besuchen. Die VHS Projekt »Lernen im Quartier« in Koope- Bernd Müller, habe wesentlich zum Neukölln bietet aber auch Kurse in Tür- ration mit den Berliner Volkshochschu- Gelingen beigetragen, denn sie ermög- kisch und Arabisch für Schüler/innen len bot dort aus der Perspektive der licht den Schüler/inne/n, die Hürde der mit Migrationshintergrund in weiteren Weiterbildung zentrale Anschluss- und zweiten Fremdsprache im Übergang zur Schulen des Bezirks an. Die telc hat Diskussionsmöglichkeiten für die gymnasialen Oberstufe zu nehmen. diese Kurse mit Stipendien unterstützt. Volkshochschulleiter/innen. Einen 2008 startete die VHS Neukölln im Nicht nur formal ist so eine verbesserte wesentlichen Aspekt von Sozialraum Rahmen der Ganztagsbetreuung Durchlässigkeit zum »höheren« Schulab- orientierung bildet dabei die Bündelung Kurse in Türkisch und später auch in schluss gegeben, sondern die Anerken- aller Bildungsakteure im Quartier. Sehr Arabisch. Die Volkshochschule testet nung der Herkunftssprache als zweite beindruckt war das Auditorium deshalb nun mit ihren telc-Prüfungen in der Fremdsprache bietet neue Potenziale vom Beitrag der Schulleiterin des Cam- 10. Klasse die sprachlichen Kompeten- und Formen von Wertschätzung auf pus Rütli – CR², Cordula Heckmann. zen entsprechend dem Kenntnisstand dem Weg zur sozialen Inklusion. Nach dem »Brandbrief« der Schule in einer zweiten Fremdsprache. Diese Monika Kil (DIE) Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
DIE MAGAZIN THEMA FORUM III/2012 10 Szene »Zeitalter der Partizipation« Blickwinkel der erwachsenenpädagogi- schen Forschung Prof. Christine Zeuner 12. Kongress Politische Bildung in Berlin (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) Seit 1982 werden in der Bundesrepub- »Zeitalter der Partizipation: Paradig- Erfahrungen ein, die die Notwendigkeit lik Deutschland regelmäßig Kongresse menwechsel in Politik und politischer von politischer Grundbildung und Alpha- für politische Bildung als Angebot zum Bildung?« betisierung deutlich machten. Austausch zwischen Theorie und Pra- Nach der Eröffnung durch Prof. Colin Der Bundeskongress, mit dem die dies- xis durchgeführt. Bislang wurden die Crouch, der über neue Formen der jährigen Aktionstage Politische Bildung großen Fachkongresse – mit zeitweise Partizipation »als Markenzeichen der ihren Abschluss fanden, bewährte sich 1.000 Teilnehmern – von der Bundes- Postdemokratie« sprach, und einer so, wie von bpb-Präsident Thomas zentrale für politische Bildung (bpb) anschließenden Podiumsdiskussion Krüger angekündigt, als zentraler Ort und der Deutschen Vereinigung für folgten am zweiten Tag elf Sektionen, für den Dialog aller beteiligten Akteure. Politische Bildung (DVPB) veranstaltet, die sich mit den unterschiedlichsten Deutlich wurde hier aber auch: »Die fungierten also auf Grund der starken Dimensionen von Partizipation, mit the- Aufgaben der politischen Bildung sind Schulorientierung der DVPB vor allem oretischen und praktischen Zugängen, viele, die Ressourcen sind knapp«, so als Forum für den formalen Bildungs- mit dem Verhältnis von Parteiendemo- der bap-Vorsitzende Lothar Harles. bereich. kratie und Zivilgesellschaft auseinander Innenminister Hans-Peter Friedrich, Der diesjährige Bundeskongress, der setzten. Der dritte Kongresstag stand der an der Eröffnung teilnahm, konnte vom 21. bis 23. Mai an verschiedenen im Zeichen von knapp 50 praxisbezoge- hinsichtlich der öffentlichen Mittel zwar Orten rund um die Friedrichstraße nen Workshops, die sich ebenfalls am auch keine Besserung zusagen (mit in Berlin stattfand, öffnete sich jetzt Kernthema ausrichteten. Ausnahme der zusätzlichen Förderung, programmatisch für die Jugend- und Das »Journal für politische Bildung«, die das Bundesministerium des Innern Erwachsenenbildung. Mitverantwortlich die vom bap herausgegebene Fachzeit- jetzt der Bildungsarbeit gegen rechts für den Kongress war erstmals der Bun- schrift für den non-formalen Bereich, zukommen lassen will); er betonte desausschuss Politische Bildung (bap), bot im Rahmen des Kongresses eine aber die Notwendigkeit der politischen in dem die überregionalen Träger der eigene Veranstaltung an. Hier nahm Bildung, deren Aufgabe es in der Demo- non-formalen Szene kooperieren. Prof. Herfried Münkler (Humboldt- kratie sei, das ganze Volk zu bilden. Der 12. Bundeskongress, der mit Universität zu Berlin) zu der Frage »Was Johannes Schillo 900 Teilnehmer/inne/n wieder regen ist das Politische an der Partizipation?« Zuspruch fand, stand unter dem Motto Stellung. Dabei brachte aus dem Konzept für Kurse mit Eltern und Kindern Katholische Erwachsenen- und Familienbildung in NRW profiliert die Elternbildung »kidix« lautet der Name des neuen kann Eltern die Orientierung unter der gemeinsame und getrennte Aktivitäten Kurs-, Fortbildungs- und Marke- Vielzahl der Angebote erleichtern. Ein von Eltern und Kindern und eine feste tingkonzeptes, das die Landesar- gemeinsames pädagogisches Aufga- Elternbildungszeit. In einem Handbuch beitsgemeinschaft für katholische ben- und Qualitätsverständnis profiliert werden die Rahmenbedingungen für die Erwachsenen- und Familienbildung in die Eltern-Kind-Kurse der katholischen Fortbildung der Kursleitenden, das Qua- Nordrhein-Westfalen (LAG KEFB) im Einrichtungen. Inhaltlich beschreibt das litätsmanagement sowie Werbematerial März vorgestellt hat. Das Konzept gibt Konzept, wie diese Kurse professio- dargestellt. für alle Kurse mit Eltern und ihren Kin- nell gestaltet werden: als qualifizierte »kidix Eltern-Kind-Kurs« wurde von einer dern im Alter von ein bis drei Jahren Verknüpfung von Elternbildung und Projektgruppe aus Mitarbeiter/inne/n einen gemeinsamen Rahmen vor. Kleinkindpädagogik. Eltern-Kind-Kurse der katholischen Erwachsenen- und Damit reagiert die LAG auf den gestie- bieten Information und Kommunikation Familienbildung in NRW entwickelt. Aus genen Bildungs- und Informationsbe- für Eltern und eine entwicklungsge- bildungswissenschaftlicher Sicht haben darf von Eltern mit Kleinkindern und rechte Spielumgebung für Kinder. Ange- Prof. Dr. Carola Iller (Universität Linz) den zunehmenden Wettbewerb auf sprochen werden u.a. Kursorganisation, und Prof. Dr. Ulrich Papenkort (Katho- dem Markt der Elternbildung. Eltern- Kursleitung, Kursraum und die Gestal- lische Fachhochschule Mainz) das Bil- Kind-Kurse gehören zu dem Veranstal- tung der Themen. Besonderer Wert dungskonzept kommentiert. DIE/GB tungstyp, der bei jungen Eltern großen wird auf die gleichbleibende Struktur Zuspruch findet. Das »kidix«-Konzept der Kursstunde gelegt. Es gibt stets Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
III/2012 MAGAZIN THEMA FORUM DIE Szene 11 Kultur mit allen Novelle im Norden Bundesfachtagung Kulturelle Bildung der Volkshochschulen Neues Weiterbildungsgesetz in Kreative Gestaltungsmöglichkeit nutzen faszinierten, aber auch zu kritischen Schleswig-Holstein und offen sein für Experimente – dazu Diskussionen führten. Best-practice- Am 1. April ist in Schleswig-Holstein ein animierte die alle zwei Jahre stattfin- Workshops ergänzten das Thema: neues Weiterbildungsgesetz in Kraft dende Bundesfachtagung Kulturelle Online-Schreibwerkstätten mit der getreten, das das bisherige Bildungs- Bildung des Bundesarbeitskreis Kultur Lernplattform Moodle, Jahreslehrgänge freistellungs- und Qualifizierungsgesetz im Deutschen Volkshochschul-Verband Kunst mit eigenem Blog oder Zeichen- von 1990 in das Weiterbildungsgesetz (dvv), die Ende April an der VHS Ulm kurse auf dem iPad. Im Zentrum des integriert. Es kann als kleine Über- stattfand. Dem Motto »Kultur.Netz. zweiten Konferenztags stand die Frage raschung gelten, dass die frühere Praxis« waren rund 90 VHS-Programm- »Wie können wir Migrant/inn/en als schwarz-gelbe Koalition unter Peter verantwortliche gefolgt und diskutier- Publikum gewinnen?«. Vera Allmanritter, Harry Carstensen damit einen Beitrag ten aktuelle Entwicklungen: Wie neue ehemalige Mitarbeiterin des Zentrums zum Überleben des so genannten Bil- Medien nutzen? Wie neue Zielgruppen für Audience Development der FU dungsurlaubs geleistet hat. gewinnen, insbesondere Menschen mit Berlin, stellte dazu ihre Forschungser- Neu ist das Verfahren zur Anerkennung Migrationshintergrund? gebnisse vor. Sie unterstrich die Not- von Bildungsurlaubsveranstaltungen. Der erste Tag stand ganz im Zeichen wendigkeit einer gezielten Nachfrage- Um 1,5 Planstellen im Wirtschaftsmi- der »Neuen Medien«. Prof. Dr. Thorsten orientierung bei der Programmplanung nisterium zu sparen, hat der Gesetz- Meyer von der Universität zu Köln ver- und das Einbeziehen von Keyworkern. geber entschieden, die Anerkennung anschaulichte den einschneidenden An einigen VHS gibt es hierfür bereits gebührenpflichtig zu machen. Die Bear- Wandel in der Medienkultur: wie die gelungene Praxisbeispiele, z.B. »Kunst beitung der jährlich rund 3.000 Anträge »Generation C«, die »digital natives« und Integration«, eine Kooperation der liegt jetzt bei der Investitionsbank mit den aktuellen, vernetzten Medien VHS Karlsruhe mit der Städtischen Schleswig-Holstein. Für Weiterbildungs- eine vollkommen andere kulturelle und Galerie, oder das Konzept in NRW, veranstaltungen, die für die Bildungs- soziale Umwelt produzieren und – in kulturelle Bildung in Alphabetisierungs- freistellung zugänglich gemacht werden Zukunft die Mehrheit der Gesellschaft kurse einzubeziehen. sollen, entstehen keine dramatischen bilden werden. Sie leben in »social Gemeinsames Fazit beider Themen- Kosten, max. 70 Euro je Anerkennungs- media«, fotografieren mit dem Telefon, komplexe war: Sowohl bei der Integra- verfahren. Berücksichtigt man, dass die sehen fern mit Youtube, kreieren ihre tion Neuer Medien in die Programmge- Wiederholung einer Veranstaltung keine Selbstbilder bei Facebook und tragen staltung wie auch bei der Gewinnung neue Anerkennung erforderlich macht, den Cyberspace in der Hosentasche. neuer Zielgruppen ist ein grundsätz- so drängt sich der Eindruck auf, dass Wie also können Volkshochschulen liches Umdenken nötig, eine Öffnung sich die Neuregelung als Innovations- mit diesem Wandel umgehen? Meyer alter Strukturen und Denkgewohnhei- bremse entpuppen könnte. Eine aktu- stellte kreative Ideen im Umgang mit ten – eben ein Perspektivwechsel. elle Themen und Bedarfe berücksichti- den Medien vor, die viele Teilnehmende Hans-Hermann Groppe, VHS Hamburg/ gende Programmplanung ist gegenüber Mareike Schams, VHS-Verband Rhl.-Pf. der Wiederholung bekannter Formate finanziell benachteiligt. Änderungen gibt es auch bei der staat- lichen Anerkennung von Trägern und Einrichtungen. Anbieter sind durch die Novelle verpflichtet, Teilnehmende im Vorfeld umfassend zu unterrichten (Regelungen zum Teilnahmeschutz, Foto: Esther Hagenmaier § 16). Im Zuge der Anerkennung ist auch eine Gutachterbegehung not- wendig. Schließlich muss nunmehr je anerkannter Einrichtung ein volle Stelle überwiegend pädagogisch-konzeptionell tätig sein, vormals reichte eine halbe. Ob deswegen kleine Einrichtungen Bei der abschließenden Podiumsdiskussion über die Frage »Wo steht die Kulturelle Bildung an Volkshochschulen?« diskutierten, moderiert von Dr. Christoph Köck (stellvertr. Leiter hvv) (v.l.n.r.): einem verstärkten Fusionsdruck ausge- Dr. Dagmar Engels (VHS Ulm), Hans-Hermann Groppe (VHS Hamburg), Vera Allmanritter und setzt sind, bleibt abzuwarten. Dr. Karl Ermert (ehemals Bundesakademie für kulturelle Bildung, Wolfenbüttel). DIE/PB Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
DIE MAGAZIN THEMA FORUM III/2012 12 Szene Den Fuß in der EU-Tür Kommission verabschiedet Agenda für Erwachsenenbildung/Konferenz in Brüssel Das letzte Strategiepapier hieß noch Der neue Aktionsplan enthält fünf sentiert, wie Erwachsenenbildung in der »Aktionsplan« (2008–2010), jetzt ist Punkte, die die Mitgliedsstaaten in ihrer Gesellschaft und den Medien sichtbar es eine »Europäische Agenda für die nationalen Politik umsetzen sollen: werden kann. Prominenteste Rednerin- Erwachsenenbildung«, die die Europäi- • Erhöhung der Teilnahme auf 15 nen waren die zuständige Kommissarin sche Kommission mit einer Konferenz Prozent durch Maßnahmen wie Androulla Vassiliou, die sich sehr deutlich in Brüssel offiziell startete. Das Bemer- Nachfragestimulierung, Arbeitge- für eine wichtige Rolle der Erwachsenen- kenswerte an dieser Agenda ist weniger beraktionen oder Anerkennung von bildung in Europa aussprach, und die der Inhalt, sondern die Tatsache, dass non-formal und informell erworbe- Vorsitzende des Kultur- und Bildungs- die Erwachsenenbildung eigenständiges nen Kompetenzen; ausschusses im EU-Parlament, Dr. h.c. Thema bleibt, obwohl sie innerhalb der • Qualitätssicherung, Bildung von Doris Pack. Dr. Peter Brandt vom DIE war Initiative Europa 2020 und des geplan- regionalen Netzwerken, Verbesse- Mitdiskutant auf dem Podium und stellte ten Bildungsprogramms »Erasmus for rung der Aus- und Weiterbildung des die Besonderheiten von Kampagnen zur all« wenig Beachtung findet. Personals; Alphabetisierung in Deutschland heraus. Zur Umsetzung der neuen Agenda hat • Förderung der Chancengleichheit, Er kritisierte die Aussetzung der Förde- die zuständige Abteilung in Brüssel eine insbesondere für Benachteiligte rung des journalistischen Informations- europäische Arbeitsgruppe ins Leben und Ältere; Netzwerkes »European InfoNet Adult gerufen, die sich in den jeweiligen Län- • Stärkung der Kreativität und Inno- Education«, an dem sich das DIE betei- dern um die Umsetzung des neuen Akti- vationskraft durch Förderung von ligte und das gerade für die Sichtbarkeit onsplans kümmern soll. Normalerweise Schlüsselkompetenzen, Einsatz von der Erwachsenenbildung auf europäi- werden die Koordinatoren von den jewei- computergestützten Methoden, scher Ebene eine große Rolle spielte. ligen Ministerien gestellt. In Deutsch- Stärkung von Kultureinrichtungen; Michael Sommer (Akademie Klausenhof) land fiel die Wahl auf Georg Rosenstein, • mehr Forschung und statistische zuständig für die Erwachsenenbildung in Erhebungen. Eine ausführliche Einordnung der Agenda der Nationalagentur im Bundesinstitut Auf der Brüsseler Tagung »One Step Up« finden Sie im Beitrag von Hans Georg Rosen- für Berufsbildung (BIBB). wurden hauptsächlich Beispiele prä- stein in der Rubrik FORUM auf Seite 50. Kampagnen für die Erwachsenenbildung Europäische Kommission möchte mehr Aufmerksamkeit für lebenslanges Lernen Wie die Popularität von Erwachsenen- Rolle und die Aufgaben der Stakehol- Instrument schätzen die Stakeholder bildung gesteigert werden könnte, darü- der der Erwachsenenbildner definiert, das Fernsehen ein, um über Werbung, ber hat sich eine Studie im Auftrag der von der Europäischen Kommission bis Dokumentationen oder Filme poten- Generaldirektion Bildung und Kultur der zu den regionalen Sozialpartnern. Der zielle Lerner zu gewinnen. Als wichtigste EU-Kommission Gedanken gemacht. zweite Teil der Studie stellt Fallbeispiele Botschaft sehen sie nicht eine emotio- »Strategies for improving participation europäischer Projekte der Erwachse- nale, persönliche Variante, sondern den in and awareness of adult learning« ist nenbildung vor, beurteilt deren Ergeb- Hinweis auf einen erwarteten finanziel- eine Hilfestellung für die Akteure der nisse und analysiert die gemachten len Ertrag der »Bildungsinvestition« für Erwachsenenbildung, die Vorteile und Erfahrungen. Zudem werden potenzielle den Einzelnen. Ein Ranking möglicher die Bedeutung des Lernens für jeden neue Bildungsprojekte vorgestellt, die erfolgreicher Marketingaktivitäten setzt Einzelnen und für die Gesellschaft auf verschiedenen Ebenen – von lan- den allgemeinen Begriff »Aufklärungs- bewusst und bekannt zu machen. Der desweit bis kommunal, von Bildungsmi- kampagne« auf Platz eins, gefolgt von im März 2012 erschienene Leitfaden nister bis Volkshochschule – erfolgreich der Erhöhung der finanziellen Mittel zeigt Strategien auf, wie das Bewusst- sein könnten. und der Veranstaltung von Konferen- sein für und der Zugang zur Erwachse- In einer Umfeldanalyse wurden ab- zen. Abgeschlagen auf Platz 15 hier die nenbildung verbessert werden kann. schließend 1.500 Erwachsenenbild- Wirkung von Grundtvig-Programmen. Der »European Guide« soll helfen, die ner/innen um ihre Einschätzung von Der englischsprachige, rund 160 Seiten im November 2011 beschlossene Marketingmaßnahmen gebeten. Als starke Leitfaden kann kostenlos abge- »European Agenda for Adult Learning« wichtigste Zielgruppe sahen diese die rufen werden. erfolgreich zu machen und die Teilnah- politischen Entscheidungsträger, denen DIE/BP mezahlen der Erwachsenenbildung zu damit implizit unzureichendes Engage- http://ec.europa.eu/education/more- steigern. Im ersten Abschnitt werden die ment unterstellt wird. Als effizientestes information/doc/2012/adult_en.pdf Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
III/2012 MAGAZIN THEMA FORUM DIE Szene 13 Zeit zu handeln – jetzt! Lebenslanges Lernen für eine bessere Zukunft Jahrestagung von EUCIS-LLL »Social Innovation for Active Inclusion« Prof. Ides Nicaise von der Universität Ebene der Methoden und schließlich war das Motto der diesjährigen Jahres- Leuven eine gerechte(re) Verteilung eine generelle Ausweitung der Lern- tagung der European Civil Society Plat- von Bildungschancen und -hilfen im zeiten als besonders wirksam hervor. form on Lifelong Learning (EUCIS-LLL) Bereich der Früherziehung, für Kinder Anschließend diskutierten die Teilneh- am 14. Mai 2012 in Leuven/Belgien. mit Migrationshintergrund und für die menden in vier Arbeitsgruppen zu den Gina Ebner, die Präsidentin von EUCIS- hohe Zahl von jugendlichen Schulab- Themen »Migration«, »Lernen zwischen LLL, hieß etwa 100 Vertreter/innen brechern. Für die Erwachsenenbildung den Generationen«, »Zugang zu Bildung« von zivilen Netzwerkorganisationen im forderte er eine stärkere Offensive und »Bildung und Jugendarbeitslosig- Bereich Bildung und Erziehung willkom- im Bereich der »Second Chance«-Bil- keit« weitere Möglichkeiten inkludie- men. Diese diskutierten gemeinsam dungsmaßnahmen. Wie innovative und render Bildung. Dass Europa keine Zeit mit hochrangigen Mitgliedern der EU- inkludierende Bildungsinterventionen verlieren darf auf dem Weg, Menschen Kommission – vertreten unter anderem aussehen können, stellte Prof. Ramon in die Gesellschaft (zurück)zuholen, die durch den Direktor des Programms Flecha von der Universität Barcelona durch Armut, ungleiche Bildungschan- »Lifelong Learning and 2020 Strategy« anhand zahlreicher Beispiele, vornehm- cen, Arbeitslosigkeit, Migrationshinter- Pierre Mairesse – Bildungsstrategien lich aus EU-Projekten, vor. Er hob dabei gund oder Behinderung an den Rand und Bildungsinterventionen auf dem die Faktoren Beteiligung verschiedener gedrängt werden, und dass Bildung Weg in eine inkludierende Gesell- Akteure am Bildungsprozess (z.B. durch hier bereits über einige erfolgverspre- schaft. Ausgehend von der These, die stärkere Einbindung von Eltern, chende Ansätze verfügt, darüber waren dass die Bildungsgesellschaft (»Knowl Großeltern und anderen Bezugsper- sich alle Teilnehmenden am Ende der edge Society«) nicht per se eine faire sonen in den Schulunterricht), Familiy Tagung einig. Gesellschaft ist, sondern im Gegenteil Education, eine dialogische und partizi- Bettina Thöne-Geyer (DIE) Ausgrenzung vorantreibt, forderte patorische Herangehensweise auf der Landesweit einheitliche Qualitätsstandards Einführung eines bundesweiten Qualitätsrahmens für die Erwachsenenbildung in Österreich Nach der Gründung der Weiterbildungs- neun Bundesländern und Erwachse- tionen kein neues Qualitätsmanage- akademie Österreich (wba) vor fünf nenbildungsorganisationen umgesetzt. mentsystem mit regelmäßigen Audits Jahren, die Kompetenzen von Personen Für (potenzielle) Teilnehmer/innen gibt übergestülpt, sondern die bestehenden in der Weiterbildung zertifiziert, wurde es neben der Vielfalt an Erwachse- neun Qualitätszertifikate werden als nun mit Ö-Cert ein weiterer Schritt in nenbildungsorganisationen auch noch Nachweis anerkannt. Darüber hinaus Richtung Professionalität – diesmal eine schwer überschaubare Anzahl an sind spezifische Grundvoraussetzun- auf der Organisationsebene – getan. Qualitätsmanagementsystemen (ISO, gen nachzuweisen, die als zusätzlicher Hinter dem Label Ö-Cert verbirgt EFQM, LQW u.v.m.) und damit verbun- Beleg für die Qualität der Anbieter gel- sich ein europaweit einzigartiger denen Zertifikaten, die bei Erwachse- ten. Über www.oe-cert.at können diese Qualitätsrahmen für Erwachsenenbil- nenbildungsorganisationen zur Anwen- Nachweise einfach und schnell an die dungsorganisationen, der bestehende dung kommen. Gleichzeitig wurden in Geschäftsstelle übermittelt werden. Qualitätsmanagementsysteme öster- zunehmendem Ausmaß in den Ländern Eine Akkreditierungsgruppe, bestehend reichweit anerkennt und Standards für Qualitätskriterienlisten oder Verfahren aus fünf Expert/inn/en (der u.a. auch qualitätvolle Anbieter der Erwachsenen- der externen Qualitätssicherung (z.B. Dieter Gnahs vom DIE als internationa- bildung/Weiterbildung setzt. Damit wer- OÖ Qualitätssiegel, Cert-NÖ) etabliert, ler Experte angehört), prüft die Unter- den erstmals bundesweit einheitliche um Verzeichnisse von anerkannten Bil- lagen. Nach erfolgreicher Überprüfung Qualitätsstandards geschaffen. Das dungsanbietern zu erstellen. Dies hat wird Ö-Cert durch das bmukk verliehen, innovative Zertifizierungsmodell wurde dazu geführt, dass sich überregionale und es erfolgt die Aufnahme in das im Auftrag des Bundesministeriums für Anbieter mehrfach (bis zu neun Mal!) öffentlich zugängliche »Verzeichnis der Unterricht, Kunst und Kultur (bmukk) Anerkennungsverfahren unterziehen Qualitätsanbieter der österreichischen von Elke Gruber (Universität Klagenfurt) müssen. Das erzeugt bei Bildungs- Erwachsenenbildung«. und Peter Schlögl (Österreichisches organisationen und Verwaltungen Elke Gruber Institut für Berufsbildungsforschung) zusätzlichen Aufwand. Mit Ö-Cert wird www.oe-cert.at entwickelt und in Kooperation mit den den Erwachsenenbildungsorganisa- Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
DIE MAGAZIN THEMA FORUM III/2012 14 Szene Sozialer Nutzen des »community learning« AONTAS-Studie zu inklusiven Bildungsstrukturen in Irland Die Irish National Learning Organisation vertreten die Idee, dass der Wohlstand not least ist noch der Punkt »volunteered (AONTAS) hat in den Jahren 2009–2010 der (irischen) Gesellschaft nicht bloß in community group« hervorzuheben, eine Studie mit bemerkenswerten von der Ausbildung von Humankapital der auf den Wert von 25 Prozent kommt. Ergebnisse erarbeitet. Analysiert wurde abhängt. Vielmehr benötigt ein funktio- Dieser Befund wird von Natasha Bailey, der soziale Nutzen des so genannten nierendes Gemeinwesen Bürgerinnen Mitautorin der Studie, wie folgt gewertet: »community learning«, womit eine über- und Bürger, die sich aktiv an demokra- »When the contribution of those who wiegend nicht-akkreditierte, jedoch tischen Prozessen beteiligen und das began to volunteer as a result of commu- zum größten Teil staatlich geförderte Ethos der »active citizenship« verinner- nity education was valued monetarily, Form der Erwachsenenbildung in Irland licht haben. Hierfür benötigen die Indivi- the researchers calculated that the bezeichnet wird. »It entails groups of duen ausgebildete soziale Fertigkeiten, return to the State, even with conserva- learners coming together in dedicated Fähigkeiten und Kompetenzen. Tabelle 1 tive estimates, was at least 9.1 million community education centers or more zeigt, welche »outcomes« Teilnehmende euro per annum. This amount almost informal settings in local areas. A key am »community learning« erfahren covers the state’s investment in com- difference between it and other types haben. munity education during the year of the of adult learning provision comes from research, which was 10,1 million euro« the needs of the target group and/or Es zeigt sich, dass immerhin 32 Prozent (Bailey 2011, S. 272). the geographical community and is, for der Teilnehmenden am »community the most part, run by and for the com- learning« den Entschluss gefasst haben, Spätestens an dieser Stelle wird klar, munity« (Bailey 2011, S. 268). Das Ziel der Gemeinschaft etwas zurückzuge- was die AONTAS-Studie auch für die der Maßnahme ist die Inklusion insbe- ben. Zugleich werden die zur Verfügung Erwachsenenbildung in Deutschland sondere von bildungsfernen Bevölke- stehenden Medien – Buch (29%) und so interessant werden lässt: Es geht rungsschichten. In der Praxis wird dem Internet (25%) – stärker und damit mitunter um den »return of investment« non-formalen Lernen als Brücke zu for- horizonterweiternd genutzt. Zur ver- staatlicher Bildungsfinanzierung und malen und arbeitsplatzerschließenden besserten politischen Willensbildung somit, auch wenn die Autoren der Stu- Bildungsgelegenheiten ein hoher Stel- dürfte beitragen, dass 25 Prozent der die dies so nicht explizit formulieren, lenwert zuerkannt. Allein im Jahr 2009 Befragten angaben, häufiger Nachrich- um die monetäre Rechtfertigung eines haben 55.716 Personen an den entspre- ten zu sehen, und 23 Prozent, dass sie Bildungssektors außerhalb formaler Bil- chenden Angeboten teilgenommen. sich über politische Fragen mit ihrem dungsinstitutionen wie Schule, Univer- Verfechter des »community learning« näheren Umfeld austauschen. Last but sität oder Berufsbildung. Damit schließt die AONTAS-Studie eine Legitimations- lücke, die sich aus den Imperativen Abb.: Percentage Political and Civic Engagement Outcomes for Learners modernen Bildungsmonitorings ergibt: (Quelle: Bailey 2011, S. 129) Die Wirkung von verausgabten Förder- geldern ist solange bloß Glaubenssache, Yes, I did this Yes, I did this Yes, I did this No, I did not do and I feel it but not as but I have this bis der Nutzen der Erwachsenenbildung is as a result a result of always done it nicht mehr nur unterstellt wird, sondern of community community gegenüber Kritikern auf empirischer education education Grundlage bewiesen werden kann. Dass Decided to give sich Investitionen in inklusive Bildungs- something back to the 32 6 30 32 strukturen also in mehrfacher Hinsicht – community sozial und ökonomisch – auszahlen, hat Used internet 29 9 42 19 die AONTAS-Studie gezeigt. DIE/TV Began to read more 25 8 44 23 books www.aontas.com Volunteered in 25 8 26 40 community group Literatur Watched news more 25 8 53 14 often Bailey, Natasha (2011): Understanding the effects of adult learning – the outcome and Talked to friends or impact of community eduation in Irland. In: family about politics or 23 7 49 21 Lline. Lifelong Learning in Europe, H. 4, S. social issues 266–276 Online: http://www.diezeitschrift.de/32012/architektur-07.pdf
Sie können auch lesen