Ein Like für gute Bildung! - Faszination und Skepsis beim Einsatz digitaler Medien - Verband Reale Bildung
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Ausgabe 3 und 4/2019 Ein Like für gute Bildung! Faszination und Skepsis beim Einsatz digitaler Medien Digitalpakt: Funke ist übergesprungen Besoldung und Versorgung: Überfälliger Aufholschritt Klima: Schule muss wachrütteln Wunderding Handy: Da ist die Welt drin! Datenschutz: Konferenzprotokolle, Schülerakten und Mailversand KlarText: Unrühmliches Aus für Berufseinstiegsbegleitung
Inhalt 6_INGELHEIMER FACHKONGRESS 2019 Ausgabe Mai 2019 Titelthema Ingelheimer Fachkongress 2019: Ein Like für gute Bildung Michael Eich: „Likes sind die soziale Währung der digitalen Welt!“ …… 6 Julia Egbers und Armin Himmelrath: „Was sich in Schule und Studium, Gesellschaft und Politik ändern muss. Ein Like für gute Bildung.“ …… 7 Christoph Krier: Talkrunde mit Vorstellung der Arbeitskreise …………… 8 Aussteller …………………………………………………………………… 12 26_DIGITALPAKT SCHULE: DER FUNKE IST ÜBERGESPRUNGEN! Timo Lichtenthäler: „Die Digitalisierung verändert die Welt, die Gesellschaft, die Bildung. Forderung nach einem ‚DigitalpaktPlus‘“ …… 13 Jürgen Böhm: „Chancen und Grenzen beim Einsatz digitaler Medien“… 15 Haiku ……………………………………………………………………… 16 ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey: „Qualitätsjournalismus in Zeiten des Populismus“ …………………………………………………………… 17 Fake-News-Quiz und Resümee …………………………………………… 19 Interviews Im Gespräch mit Armin Himmelrath und Julia Egbers: „Digital heißt nicht besser oder effektiver“………………………………… 20 Im Gespräch mit dem ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey: „Wir müssen 30_FRIDAYS FOR FUTURE andere Meinungen darstellen, aushalten, ihnen Raum geben“ ………… 23 Bildungspolitik Pinnwand ………………………………………………………………… 25 Digitalpakt Schule: Bund und Länder finden einen Weg aus der Sackgasse – der Funke ist übergesprungen! ……………………………… 26 VRB-Pressemitteilung: VRB fordert „DigitalpaktPlus“ …………………… 28 Kommentar: Selbstkritik: Fehlanzeige! Bundesrat sieht den Bildungsföderalismus gestärkt …………………………………………… 29 Fridays for Future: Schülerproteste nach Gretas Vorbild ………………… 30 VRB-Verbandsarbeit VRB im Gespräch mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Soziales Lernen 40_HARALD LESCH: gewinnt in den Schulen an Bedeutung“ ………………………………… 34 KLIMASCHUTZ JETZT! VRB im Gespräch mit dem ADD Präsidenten Thomas Linnerz …………… 35 VRB im Gespräch mit Ministerin Dr. Stefanie Hubig und Staatssekretär Hans Beckmann …………………………………………… 36 Brockhaus: Kostenloser Zugriff auf Online-Nachschlagewerke für alle Schulen …………………………………………………………… 37 Landeselternbeirat: „Zukunftssichere Schulen für unsere Kinder schaffen“ 38 Frühjahrestagung der dbb frauenvertretung rheinland-pfalz …………… 39 2 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
Schule in Rheinland-Pfalz 46_AUF EIN WORT MINT im Dialog – Rheinland-Pfälzische Gespräche zur Pädagogik: Harald Lesch: In Notfallmodus für unser Klima umschalten! Schule muss wachrütteln ……………………………………………… 40 Dr. Stefanie Hubig: „Unsere MINT-Strategie: Entdecken – Entwickeln – Zukunft gestalten“ ………………………… 41 Im Gespräch mit Harald Lesch: Es ist wichtig, dass kein Konflikt entsteht. Das wäre fatal. ……………………………………………… 42 Georg Stenner feiert 80. Geburtstag: „Blick in die Vergangenheit ist wichtig, um die Gegenwart zu verstehen.“ ………………………… 44 Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte trifft Malu Dreyer: Rheinland-Pfalz will mehr für die Gewinnung und Bindung von Fachkräften tun …………………………………………………… 45 48_DSGVO: DAS RECHT Auf ein Wort, Frau Leicher! ……………………………………………… 46 AUF VERGESSENWERDEN – Schule und Recht LÖSCHUNGSPFLICHT DSGVO: Das Recht auf Vergessenwerden: Löschungspflicht, Teil II …… 48 TEIL II Beruf Lehrer Pinnwand ……………………………………………………………… 51 Einkommensrunde 2019 im öffentlichen Dienst: Harte Verhandlungen: Gutes Ergebnis ………………………………… 51 didacta 2019: Begegnungen …………………………………………… 54 Unterrichten – Pädagogik, Didaktik und Methodik Pinnwand ………………………………………………………………… 56 Ernst Peter Fischer: „Handys im Unterricht“ …………………………… 57 Im Gespräch mit Bettina Becht: Das europäische Miteinander stärken – die Begegnung der Menschen fördern ……………………… 59 VRB-Bezirk Koblenz Personalräte-Fortbildung: Rechtssichere Personalratsarbeit erfordert adressatenbezogene Schulungsangebote……………………… 62 VRB-Bezirk Neustadt Personalräte-Fortbildung: Im Mittelpunkt: Schul- und 59_DAS EUROPÄISCHE personalrechtliche Fragestellungen …………………………………… 63 MITEINANDER STÄRKEN: VRB-Mitglieder in der Kunsthalle Mannheim: „Konstruktionen der Welt – Kunst und Ökonomie“…………………… 65 IM GESPRÄCH MIT BETTINA BECHT VRB-Bezirk Trier Studienseminar: VRB begrüßt neue Lehramtsanwärterinnen und -anwärter …………………………………………………………… 66 70_KLARTEXT: Personalräte-Fortbildung: Kollegialer Austausch zu Aufgaben ÜBERGANGSCOACH und Handlungsmöglichkeiten……………………………………………… 67 UND LBB STATT BerEb Termine, Service und Internes Geburtstagswünsche …………………………………………………… 68 Feedback an die Redaktion, Heft-Vorschau, Impressum …………… 69 KlarText! Übergangscoach und LBB statt BerEb …………………………………… 70 Unsere Titelbeiträge sind mit einem roten Pfeil versehen. 3
Editorial Impulse Gespräche mit Harald Lesch, Bettina Wilfried Rausch zeigt auf, dass der Bil- Becht, Stefanie Hubig, Peter Frey und dungsföderalismus jetzt beweisen muss, Antonia Dufeu dass er Schulqualität bundesweit und dau- Die Klimaschäden sind offenkundig. Und erhaft sichern kann. dennoch glauben viele, sie ignorieren zu Überfällig. VRB-Mitglieder waren mit- können. Der Astrophysiker und Wissen- tendrin bei den Demonstrationen gegen schaftsjournalist Harald Lesch erläutert, schleppende Tarifverhandlungen. Am warum die Akzeptanz der Klimarealität so Ende wurden die Tarifergebnisübernah- schwerfällt und was er für das Allerwich- me und eine „2 x 2 %“-Zusatzanpassung tigste beim Umgang mit den Schülerinnen von Besoldung und Versorgung für die und Schülern hält, die für die Klimawen- beamteten Lehrkräfte erreicht. Beides zu- de unter anderem freitags auf die Straße sammen ist ein längst überfälliger Aufhol- gehen. schritt im Bund-Länder-Vergleich. Anfang des Jahres unterzeichneten An- Fridays for Future. Wolfgang Häring geht gela Merkel und Emmanuel Macron den den anhaltenden Schülerprotesten für Aachener Vertrag über die deutsch-fran- eine effektive Klimaschutzpolitik auf den zösische Zusammenarbeit. Rheinland-Pfalz Grund. Die Bewegung legt einen Genera- hat die Impulse aufgenommen. Wir fragen tionenkonflikt offen. Fachleiterin Bettina Becht, was sie von den Weichen stellen. Und zwar jetzt! neuen Europa-Ideen für die Schule hält. Auf ein Wort. Im Zeitalter der Digitalisie- Der Ingelheimer Kongress stand unter dem rung muss sich das Kino nicht nur gegen- Thema „Ein Like für eine gute Bildung! MINT ist für Bildungsministerin Hubig zu über dem Fernsehen behaupten. Filme Faszination und Skepsis beim Einsatz di- einem besonderen Anliegen geworden. Es sind durch die Streamingdienste jederzeit gitaler Medien“. Die Autoren Julia Egbers geht ihr um die Frage, wie wir es schaffen, verfügbar. Im Stichwortinterview begrün- und Armin Himmelrath warnen davor, Kinder und Jugendliche entlang der ge- det Kinobetreiberin Karin Leicher, wieso die Distanz zwischen der Lebenswelt der samten Bildungskette für die Fächer Ma- sie auf die Schulen zugeht und im digita- Schülerinnen und Schüler und der Schule thematik, Informatik, Naturwissenschaf- len Zeitalter eine lohnenswerte Herausfor- zu groß werden zu lassen: „Schule muss ten und Technik zu begeistern. derung sieht. sich um digitale Kompetenzen kümmern. Peter Frey spricht über Qualitätsjourna- Und zwar jetzt!“ Dr. Peter Frey, Chefredak- Wunderding Handy. Der Wissenschafts- lismus, Einschaltquoten, die Geschwin- teur des ZDF, sprach über „Qualitätsjour- historiker Ernst Peter Fischer nimmt eine digkeit des Nachrichtengeschäfts, den nalismus in Zeiten des Populismus“. Den Zeitungs-Schlagzeile auf und vertritt eine Umgang mit Kritik und über nicht verhan- Kongress dokumentieren wir als „Heft im überraschende und klare Haltung zum delbare Werte. Heft“. Thema „Handys in der Schule“. Sein Mot- Im Datenschutzrecht gelten sowohl Lösch- to: „Wer Menschen etwas erklären will, Trotz allgemein leicht rückläufiger Schü- pflichten als auch Löschrechte. Rechtsan- muss sie da abholen, wo sie stehen.“ lerzahlen sind die Anmeldezahlen an den wältin Antonia Dufeu befasst sich mit dem Realschulen plus erneut landesweit gestie- Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. „Recht auf Vergessenwerden“ (Teil 2) und gen. Timo Lichtenthäler gibt sich in seinem nimmt Konferenzprotokolle, Schülerakten Ihr Wolfgang Wünschel Leitartikel damit nicht zufrieden. Er schaut und den E-Mailverkehr von Lehrkräften genauer hin und benennt Maßnahmen zur unter die Lupe. Attraktivitätssteigerung. Auch das gibt es in dieser Ausgabe Das Förderprogramm zur Berufseinstiegs- zu entdecken. begleitung endet. Der Bund steigt aus. Der Funke ist übergesprungen. Beim Digi- Michael Eich nimmt in seinem Klartext talpakt Schule haben Bund und Länder das Nachfolgeprogramm kritisch unter die einen Weg aus der Sackgasse gefunden. Lupe. 4 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
Der Landesvorsitzende hat das Wort Eine „Digitale Schule“ wird es auch in Zukunft nicht geben Liebe Kolleginnen und Kollegen, Realschule plus und Gesamtschule inhalt- lich weiterentwickeln das Schuljahr 2018/2019 biegt auf die Unser Verband zielt neben dem gewerk- Zielgerade ein und die pädagogischen, schaftlichen Auftrag auf eine inhaltliche strukturellen und personellen Planungen Weiterentwicklung der Realschulen plus des neuen Schuljahres laufen auf Hoch- und der Gesamtschulen. Der Ingelheimer touren. Trotz allgemein leicht rückläufiger Fachkongress setzt ein beispielhaftes Zei- Schülerzahlen sind die Anmeldezahlen an chen. In diesem Jahr thematisierte der den Realschulen plus erneut landesweit Kongress den reflektierten Einsatz von gestiegen, wie uns Ministerin Dr. Hubig in Medien im pädagogischen Alltag. Exper- einem Anfang April geführten Gespräch tinnen und Experten zeigten dort auf, was mitteilte. sich in Schulen und Studium, Gesellschaft Spiegel des unermüdlichen Einsatzes der und Politik ändern muss. Lehrkräfte Unterstützung der Lehrkräfte bei der Tenor war, dass diese positive Resonanz in Umsetzung des Digitalpakts hohem Maße den unermüdlichen Einsatz Schulpolitisch leiten wir übergreifend im der Lehrkräfte widerspiegelt. Auch im öf- Zusammenhang mit dem so genannten fentlichen Bewusstsein ist die Erkenntnis Digitalpakt unsere Forderung gegenüber angekommen, dass die Realschule plus ein der Landesregierung und dem Landkreis- unverzichtbares Element unseres Schulsys- tag ab, dass die Kriterien der Vergabe tems ist. Umso wichtiger ist es, dass die der Gelder transparent erfolgen. Es muss Attraktivität dieser Schulart noch transpa- das gemeinsame Interesse sein, dass das renter wird. Informationsveranstaltungen Geld auch wirklich bei den Schülerinnen sind ein wichtiger Beitrag, aber sie dürfen und Schülern ankommen wird. Gleicher- sich nicht auf isolierte Maßnahmen redu- maßen wichtig ist es, dass wir Lehrkräfte zieren. Unterstützung bei der didaktischen und Investitionen in Personal und Ausstat- methodischen Umsetzung der durch die tung sind überfällig Digitalisierung entstandenen schulischen Zur Attraktivitätssteigerung müssen aus Aufgaben erhalten. Dazu gehören ein Sicht unseres Verbandes noch einige Stell- qualitatives Fort- und Weiterbildungsan- schrauben bewegt werden. Weitere In- gebot und angemessene Freiräume. Denn vestitionen in Personal und Ausstattung trotz digitaler Entwicklungen und daraus sind mehr als überfällig. Während die entstehender Veränderungen wird es auch „Pluspunkte“ immer noch unzureichend weiterhin auf die Lehrkräfte ankommen. und infolgedessen kaum wahrnehmbar Eine rein „Digitale Schule“ wird es auch in sind, werden die Belastungen beispiels- Zukunft nicht geben. weise durch den ausgeweiteten Anspruch Ihr Timo Lichtenthäler an Erziehungsaufgaben sowie durch die Herausforderungen zusätzlicher gesell- schaftlicher Aufgaben, die der Schule neu zugewiesen werden, nicht ansatzweise durch Entlastungen und Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung kompensiert. Un- ter den gegebenen Bedingungen wird es nicht gelingen, junge Menschen für den Lehrerberuf zu gewinnen. 5
„Heft im Heft“: Ingelheimer Fachkongress 2019 Ingelheimer Fachkongress 2019: Ein Like für eine gute Bildung! Faszination und Skepsis beim Einsatz digitaler Medien Die Digitalisierung verändert die Welt und die Gesellschaft. Das Bildungssystem ist gefor- dert, den digitalen Wandel der Gesellschaft in die Lehr- und Lernprozesse einzubinden. Das Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter ist daher ein zentrales Thema der aktuellen Bildungspolitik wie auch der Schulpädago- gik und -psychologie. Der Einsatz digitaler Medien stößt sowohl auf Faszination als auch auf Skepsis. Der Ingelheimer Fach- kongress hatte in diesem Jahr den Themen- schwerpunkt auf den Einsatz der digitalen Medien gelegt und dabei unterschiedliche Akzentuierungen vorgenommen. In seiner programmatischen Einführung versprach der stellvertretende Landesvorsitzende Michael Eich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen abwechslungsreichen, informativen und spannenden Tag. Als Experten gingen die Buchautoren Ju- lia Egbers und Armin Himmelrath in ihrem Vortrag der Frage nach, was sich in Schule und Studium, Gesellschaft und Politik än- dern muss. In den daran anschließenden Arbeitskreisen wurden für den schulischen Alltag konkrete Hinweise und praktische Anregungen gegeben. Michael Eich » »Likes sind die soziale Währung der digitalen Welt! In seiner programmatischen Einfüh- kontrollieren, ob ihr Beitrag geliked würde. re Hass und Gewalt seien in der digitalen rung versprach der stellvertretende Ähnlich verhielten sich Erwachsene, wenn Welt weit verbreitet und es entstünde der Landesvorsitzende Michael Eich den sie Beiträge auf Facebook stellten. Die Ent- Eindruck, dass die „analogen Regierun- Teilnehmerinnen und Teilnehmern ei- täuschung sei groß, wenn Bestätigungen gen“ dem nichts entgegensetzen könn- nen abwechslungsreichen, informati- über Likes ausblieben. Die Beispiele beleg- ten. Dies gelte auch für Google, Amazon, ven und spannenden Tag. ten, dass wir längst in einer digitalen Welt Facebook und Apple, deren Einfluss und leben, die selbstverständlich Auswirkun- Macht zunehme und die Politik herausfor- » » Digitalisierung verändert die Kommunikation und das gen auf unsere analoge Welt habe. Likes dern würden. Zusammenleben seien die soziale Währung der digitalen „Der DigitalPakt, die Datenschutzgrund- Welt. Michael Eich griff zunächst den Begriff verordnung und auch die angekündigte „Like“ des Kongressthemas auf. Bei die- » » Spannungsverhältnis von Stundenerhöhung für das Fach Sozialkun- sem Begriff habe man sofort den bekann- Chancen und Risiken der de sind Reaktionen auf die Chancen und ten Like-Button vor Augen; denn der But- digitalen Welt ausloten Risiken der digitalen Welt.“ Lehrkräfte ton entfalte in den sozialen Netzwerken Die unbegrenzten Möglichkeiten der digi- seien nach wie vor kritisch gegenüber der eine enorme Wirksamkeit. Er erinnerte talen Welt faszinieren die Menschen, er- digitalen Welt eingestellt, in der sich unse- an die Teenager, die in Instagram ständig schrecken sie allerdings auch. Insbesonde- re Schülerinnen und Schüler ganz selbst- 6 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
verständlich bewegten. Es wurde Skepsis digitalen Welt finden. Es gelte, das Span- geäußert, ob Schule und Unterricht digita- nungsverhältnis von Risiken und Chancen ler werden müssten. Wenn wir vermeiden der digitalen Welt auszuloten. wollten, dass unsere Kinder in einen unge- » » „… und wenn es Ihnen bei uns gefallen hat, bremsten Digitalisierungshype getrieben dann geben sie uns doch einen Like!“ würden, müssten wir eine pädagogische Antwort auf die Herausforderungen der Julia Egbers und Armin Himmelrath » »Was sich in Schule und Studium, Gesellschaft und Politik ändern muss. Ein Like für gute Bildung. Herzog zugeschrieben. Dass diese Forde- rung schon 1999 – also vor 20 Jahren ge- äußert wurde – wirft die Frage auf, warum bisher so wenig geschehen ist. Julia Egbers sprach von einer Dekade der digitalen Läh- mung, denn durch den PISA-Schock im Jahr 2000 wurden alle Energien auf Lese- kompetenzen, Rechenkompetenzen u. ä. konzentriert, und es gab keine Zeit und keine schulischen Ressourcen für die neu- en Medien. Hinzu kam, dass wir laut And- reas Schleicher „immer besser darin sind, unsere Kinder für unsere Vergangenheit zu Unter diesem Titel stimmten Julia Egbers bilden, als für deren Zukunft.“ Es ist daher der Inhalt ihren Ansichten zu entsprechen und Armin Himmelrath die Teilnehmerinnen die große Herausforderung, Schülerinnen schien. Hier war die Verkürzung, in ande- und Teilnehmer des Kongresses auf des- und Schüler für etwas vorzubereiten, von ren ähnlichen Fällen die Verknappung oder dem wir nicht genau wissen, was es ist. die Herausnahme aus dem Zusammen- sen Thematik ein und begannen mit einer kleinen Fragerunde, von wem nämlich das » » Was sollten Schülerinnen hang eindeutig als Manipulationsabsicht und Schüler denn können? zu erkennen. nachfolgende Zitat stamme: Armin Himmelrath erläuterte, „seit es Öf- » » Welche Antworten geben „Das Bildungssystem muss sich daher fentlichkeit gibt, gibt es auch Fake News.“ wir darauf? nachhaltig mit den neuen Medien ausei- Bereits Cäsars De bello gallico ist eine reine Die Kultusministerkonferenz hat 2016 ein nandersetzen, es sollte sich nachhaltig mit Propagandaschrift, in der sein Handeln - Strategiepapier mit dem Titel „Bildung den neuen Medien auseinandersetzen. ich kam, sah und siegte – ungeachtet aller in der digitalen Welt“ herausgegeben, in Der geübte Umgang mit ihnen wird zu ei- Realitäten glorifiziert wird. dem sechs Kompetenzen genannt wer- ner elementaren Kulturtechnik wie Lesen, den, über die alle Schülerinnen und Schü- Zeitungsbilder werden seit Jahrzehnten Schreiben und Rechnen werden. Das ist ler, die 2018 eingeschult wurden, am Ende manipuliert (z. B. Wasser wird in Blut ge- eine Grundvoraussetzung für eine erfolg- ihrer Schullaufbahn verfügen sollen. Laut färbt beim Attentat in Luxor am 17. No- reiche Lebensgestaltung.“ Julia Egbers ist das Strategiepapier vielen vember 1997), um Überschriften drasti- Lehrkräften gar nicht bekannt. Zur Auswahl standen die ehemalige Bil- scher wirken zu lassen. Und nach dem dungsministerin Johanna Wanka (2013), Anschlag auf ein Konzert in Las Vegas Die erste Kompetenz steht unter der Über- der verstorbene Bundespräsident Roman am 2. Oktober 2017 tauchte im Netz eine schrift „Suchen, verarbeiten, aufbewah- Herzog (1999), Andreas Schleicher von der Nachricht mit einem Bild von Mesut Özil ren“ und wir müssen die Frage stellen, wie OECD (2006) und die aktuelle Bildungsmi- auf, dass dieser muslimische Bruder ver- nisterin Anja Karliczek (2018). Die Abstim- misst werde. Dank der Technik ist eine mung erfolgte über die App „Kahoot“, die Wiederholung oder Weiterleitung solch sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Nachricht sehr schnell möglich, den im Vorfeld kostenlos herunterladen konn- Sinn dahinter konnte auch Armin Himmel- ten. rath nicht erklären. » » Dekade der digitalen Lähmung Anders verhält es sich mit dem Inhalt eines Ungefähr die Hälfte der Anwesenden hatte Tweets des SWR zu dem Mord in Kandel, richtig getippt und diese Aussage Roman der von der AfD so verkürzt wurde, dass 7
„Heft im Heft“: Ingelheimer Fachkongress 2019 sellschaft mitteilen zu können. Gleichzeitig tenzbereiche Bereiche mit Kreativität, En- sollen Schülerinnen und Schüler dazu be- trepreneurship, Offenheit und Empathie fähigt werden, digitale Medien zu analy- abgefragt werden. sieren und zu reflektieren. Dies ermöglicht » » Schule muss sich um digitale ihnen, Nachrichten kritisch zu hinterfra- Kompetenzen kümmern! Und gen, auf Kleinigkeiten zu achten und ent- zwar jetzt! sprechende Informationen einordnen zu Der „Versuch“ eines Fazits von Armin können. Das bedeutet natürlich auch, zu- Himmelrath: Man sieht die Schnelligkeit grundeliegende Algorithmen zu erkennen und das Tempo der Entwicklung in der und zu formulieren. Dazu sollten Lehrkräf- digitalen Kommunikationswelt, in der te – laut KMK – ebenso in der Lage sein. sich unsere Schülerinnen und Schüler be- Die Einführung des Pflichtfachs Informatik wegen. Weil sich jedoch der Schulsaal in wird kontrovers diskutiert. einem vergleichbaren Zeitraum nicht so gehen junge Menschen mit dem riesigen Neben diesem Kompetenzmodell der KMK elementar verändert hat wie beispielswei- Informationsschwall, der ihnen z. B. von wurde 2013 das 4K-Modell aus den USA se technische Geräte wie das Telefon oder Google geboten wird, um? Sie müssen ler- nach Deutschland importiert: Kommuni- der Fotoapparat, muss es Schule jetzt ge- nen, welche Informationen sind relevant, kation – Kollaboration – Kreativität – Kri- lingen, eine Balance herzustellen zwischen welche sind gefaked, welche Interessen tisches Denken. Das sind die vier Kompe- den schulischen Anforderungen und der stehen dahinter? Oder kennen die Schü- tenzbereiche, die gebraucht werden, um Lebenswelt unserer Schülerinnen und lerinnen und Schüler die Umgangsregeln angemessen mit den digitalen Medien Schüler. Letztere werden nämlich eine In- (digitale „Netiquette“) und halten sie ein? umgehen zu können. Dahinter steckt der stitution ablehnen, die digitale Kommuni- Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, be- Gedanke, dass die Menschen sich mit be- kation und digitale Kompetenzen einfach stimmte Umgangsformen müssen gelten, stimmten Fähigkeiten von der künstlichen ausblendet. Schule muss sich darum küm- um der Phänomene Cybermobbing und Intelligenz unterscheiden, so dass sie in mern, sonst wird die Distanz zwischen der Hate Speech Herr zu werden. Im Strate- vielen Berufsfeldern nicht ersetzbar oder Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler giepapier steckt auch ein demokratischer austauschbar sind. Daher ist dieses 4K- und der Schule zu groß. Schule muss sich Aspekt: Die Teilnahme an der Gesellschaft Modell parallel zum KMK-Papier durchaus um digitale Kompetenzen kümmern! Und soll nicht nur analog, sondern auch digital für die Schule relevant, auch wenn es nicht zwar jetzt! erfolgen. Junge Menschen sollen digitale unumstritten ist. In der PISA-Studie 2021 Regina Sersch Medien nutzen, um sich selber in der Ge- werden wahrscheinlich diese vier Kompe- Christoph Krier » »Talkrunde mit Vorstellung der Arbeitskreise Um die Entscheidung zu erleichtern, stellte an der Universität Oldenburg, kündigt für Medien – gute Bildung? Lernen mit Christoph Krier die jeweiligen Referentin- ihren Arbeitskreis „Hate Speech, Fake und über Medien“ Anregungen für die nen und Referenten in einer kurzen Talkrun- News, Hass im Netz. Zum Umgang mit medienpädagogische Praxis. de vor und ließ sie die Ziele der Workshops einem neuen Phänomen“ interessan- Franziska Lehnhardt (2. v. re.), Redakteurin präsentieren. te Beispiele aus dem Netz an und möch- bei SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, wird die te praktische Tipps zur Erkennung von Möglichkeiten des vom SWR entwickelten Julia Egbers (3. v. li.), Wissenschaftliche Falschmeldungen geben. „Fake-Finders“ aufzeigen. Die Teilneh- Mitarbeiterin am Institut für Pädagogik Antonia Dufeu (3. v. re.), Rechtsanwältin mer können sich in die Rolle der Schüler für Medien- und Arbeitsrecht und seit begeben und Nachrichten bewerten. vielen Jahren VRB-Justiziarin, leitet den Der Workshop „Digitalisierung in der Arbeitskreis „Rechtssicherer Umgang Ausbildung“ soll den Blick dafür öffnen, mit digitalen Medien: Nicht alles ist wie Wirtschaft und Industrie mit dem The- erlaubt, was möglich ist!“ Sie will den ma umgehen. Die Referenten Berthold juristischen Blick der Lehrkräfte schärfen Raab (2. v. li. – Boehringer Ingelheim) und für das Hochladen von Inhalten sowie für Andreas Fels (links – IHK Rheinhessen) haftungsrechtliche Regelungen beim Me- werden von Felix Kressmann, IT-Student dieneinsatz. im Dualen Studium, unterstützt, der über Armin Himmelrath (Mitte), Bildungs- und seine Ausbildung berichten soll. Wissenschaftsjournalist sowie Sachbuch- Wolfgang Häring autor, verspricht im Arbeitskreis „Neue 8 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
Arbeitskreis 1 biert. Mit den Tools können die Schülerin- » »Hate Speech, Fake News, Hass im Netz. nen und Schüler Nachrichten gezielt auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersuchen. Zum Umgang mit einem neuen Phänomen Apps können allerdings keine kritische Be- » » Referentin: Julia Egbers – Moderatorin: Regina Sersch urteilung vermitteln. Da Falschmeldungen immer raffinierter gestaltet werden, muss Der Umgangston bei digitalen Kom- und Schüler soziale Netzwerke als seriöse die Fähigkeit zur kritischen Analyse im Un- munikationsprozessen ist zuweilen Informationsquellen ansehen, müssen sie terricht geschult werden. scharf geworden. Kommentarfunkti- lebensnah für einen kritischen Nachrich- Fazit: Schülerinnen und Schüler müssen onen und soziale Netzwerke ermögli- tenkonsum sensibilisiert werden. Wichtig vor Einflüssen geschützt werden, die in chen die Verbreitung von ungeprüften ist, dass Schülerinnen und Schüler lernen, der digitalen Kommunikation neu oder in wie anonymen Meinungen und Nach- Lügen und Fake News von Wahrheit und verschärftem Maße auftreten. Es ist auch richten. Die Grenze zwischen dem seriöse Nachrichten zu unterscheiden. Die Aufgabe der Lehrkräfte, Aspekte der di- Recht auf freie Meinungsäußerungen Schule kann und muss das Informations- gitalen Kommunikation in den eigenen und verbalen Angriffen ist längst nicht verhalten von Kindern und Jugendlichen Unterricht zu integrieren. Das bedeutet je- immer trennscharf. Infolgedessen sind prägen. Insbesondere muss die Schule die doch zunächst, dass Lehrkräfte detaillierte Phänomene wie Fake News und Hate Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Kompetenzen besitzen und entsprechen- Speech allgegenwärtig. Schüler trainieren, damit sie erkennen, wie de Fortbildungen bzw. Schulungen benöti- schnell und einfach falsche Informationen Der Arbeitskreis gab einen Überblick über gen. Es kommt dabei nicht auf den Einsatz ins Internet gelangen und sich dann „vi- die Strategie der KMK zur Bildung in der modernster Medien an, es kommt darauf ral“ verbreiten. digitalen Welt und zeigte Möglichkeiten an, digitale Kommunikationsstrukturen auf, Themen wie Fake News und Hate Hilfreich können Apps sein, die die Tricks überhaupt im Unterricht aufzugreifen und Speech im Unterricht kompetenzorien- der Fake-News-Macher spielerisch ver- ihre Möglichkeiten nutzbar zu machen. tiert aufzugreifen. Die Teilnehmer und deutlichen. Im Arbeitskreis wurden bei- Tipp: Mit Google ist eine Rückwärtssuche Teilnehmerinnen wurden aktiv einbezo- spielhaft die Apps „Faktenfinder“ (Ta- bei Bildern möglich. Hiermit lassen sich gen und konnten Tools und Apps direkt gesschau, Spiegel online, SWR) und Fälschungen oder Veränderungen erken- an ihren Endgeräten ausprobieren. Da Fake-News-Bingo vorgestellt und direkt nen. laut Ergebnis der JIM-Studie Schülerinnen an den Endgeräten der Teilnehmer auspro- Marlies Kahn Arbeitskreis 2 » »Rechtssicherer Umgang mit digitalen Medien: „Nicht alles ist erlaubt, was möglich ist!“ » » Referentin: Rechtsanwältin Antonia Dufeu – Moderator: Wilfried Rausch Der Einsatz digitaler Medien eröffnet » » Nutzung der schülereigenen • Haftung für die Geräte für den unterrichtlichen Einsatz neue Endgeräte im Unterricht • Urheberrechte Möglichkeiten, aber auch zahlreiche (BOYD – Bring Your Own Device) Sinnvolle Vereinbarungen mit Herausforderungen. Es gilt auch hier: Herausforderungen bestehen: Schülern und Eltern sind: Nicht alles, was möglich ist, ist zu- • Sicherheit vor Hacker-Angriffen • Vorgehen der Schule bei rechts- gleich auch rechtlich erlaubt. • Datenschutzrechtliche Aufgaben widrigen Inhalten Der Arbeitskreis stellte den Teilnehmerinnen • Lizenzen bei Lernsoftware • Vorgehen der Schule bei und Teilnehmern an ausgewählten Beispie- • Entscheidung über schulische oder diskriminierenden Äußerungen len aus dem Schulalltag die Rechtslage dar. auch private Nutzung • Ermächtigung der Lehrkräfte • Jugendgefährdende Inhalte zur Einsichtnahme in die Geräte bei 9
„Heft im Heft“: Ingelheimer Fachkongress 2019 begründetem Verdacht von rechtswidri- Wichtig: Vereinbarungen sollten klar de- tenschutz, die Überwachungsmöglichkei- gen Inhalten und Äußerungen finiert werden. Lehrerinnen und Lehrer ten und die Erstellung von Bewegungspro- • Vorgehen der Schule bei verursachten erhalten dadurch einen Rechtfertigungs- filen. Schäden an den Geräten bis hin zum rahmen für eine konsequente und souve- Lehrkräfte sollten ihren Schülerinnen und Totalschaden räne Haltung gegenüber Schülerinnen und Schülern deutlich die Risiken und Nach- • Hinweis auf Umgang mit Urheber- Schülern sowie deren Eltern. teile von WhatsApp benennen und ihnen rechtsverletzungen » » Umgang mit WhatsApp Alternativen zu dieser sozialen Kommuni- • Hinweis zur außerunterrichtlichen Problembereiche von Messanger-Diensten kationsplattform aufzeigen. Nutzung sind Persönlichkeitsrechtsverletzung, die Nicole Weiß-Urbach • Hinweis auf Datenschutz Verletzung von Urheberrechten und Da- Arbeitskreis 3 Netz. Sie seien perfekt gestaltet und wür- » »Neue Medien – gute Bildung? den perfekt strukturiert dargestellt. Auf dem Bildschirm sähen sie richtig gut aus. Lernen mit und über Medien. Ansätze Dadurch werde gezielt vom dargebotenen für die medienpädagogische Praxis Inhalt abgelenkt. » » Referent: Armin Himmelrath – Moderator: Martin Radigk » » Neue Medien – gute Bildung? Der Einsatz digitaler Medien mache, so Der Einsatz von sogenannten Neuen und eingesetzt werden können und wel- Achim Himmelrath, Bildung an sich nicht Medien ist in Schule und im Unter- che Funktionen und Wirkung sie haben besser. Es gäbe keinen Automatismus. richt noch immer nicht selbstverständ- können. Er verdeutlichte an Beispielen, Neue Medien sind andere Instrumente, die lich, auch wenn wir mittlerweile breit dass das Phänomen „Fake News“ nicht mit Gewinn in den Unterricht eingebracht über deren Mehrwert in Bildungs- neu ist. Das eigentlich Neue ist, dass zur werden können. Jede Lehrkraft müsse im- prozessen diskutieren. Wie gestaltet Verbreitung der Fake News digitale Wege mer wieder prüfen, ob der Einsatz sinnvoll sich der Bildungsbegriff? Auf welche genutzt werden und diese sich sehr schnell sei. Das hinge auch vom Alter der Schüler, gesellschaftlichen Herausforderungen verbreiten. In der Schnelligkeit der digita- vom Fach, vom Unterrichtsthema und von müssen Schülerinnen und Schüler in len Wege sieht Armin Himmelrath ein gro- der Lernsituation ab. Es sei auch nicht not- Zeiten der Digitalisierung vorbereitet ßes Problem. wendig, dass an einer Schule jeder mit di- werden? gitalen Medien arbeiten müsse. Erfolgreich » » Digitale Bildungswelt » » Phänomen „Fake News“ erschließen sei Schule auch, wenn es unterschiedliche ist nicht neu Aufgabe der Schule sei es nun, die digita- Gruppierungen von Lehrkräften gäbe. Achim Himmelrath stellte an anschauli- le Welt den Schülerinnen und Schülern zu Wenn ein Kollegium die Gegensätzlichkeit chen Beispielen aus Geschichte, Politik, erschließen. Die Notwendigkeit der unter- aushalte, entstehe eine Balance, die trage. Gesellschaftsleben und Wissenschaft dar, richtlichen Behandlung ergebe sich auch Katharina Becker was Fake News sind, wie sie entstehen aus der Präsentation von Fake News im 10 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
Arbeitskreis 4 » » „SWR Fakefinder for school“ Der SWR bietet den Schulen ein Tool an, » »Der „SWR Fakefinder for school“ das wichtige Hilfestellungen zur Bearbei- » » Referentin: Franziska Lehnhardt – Moderator: tung des Themenbereichs auf spieleri- Wolfgang Seebach sche Weise im Unterricht gibt. Bei einem Online-Quiz werden den Schülerinnen und In den Streams der Social- Media- Apps mal wird zu einer wahren Nachricht etwas Schülern Nachrichten gepostet, die zum trudeln täglich unzählige Meldungen dazu erfunden und damit die Nachricht Teil seriös, zum Teil satirisch, aber auch teil- ein. Darunter auch viele mit nur gerin- verändert. Nicht nur Texte, auch Bilder weise gefaked sind. Unterstützung erhal- gem Wahrheitsgehalt. Den Überblick werden gefälscht. Die Urheberschaft ist oft ten die Schülerinnen und Schüler durch ei- zu behalten bei all den Fake News, Ho- nicht nachvollziehbar. nen Freund, der sich mit Chat-Nachrichten axes oder klassischen Zeitungsenten einbringt. Schritt für Schritt führt das Quiz » » Informationsquellen von ist gar nicht so einfach. die Schülerinnen und Schüler in wichtige Kindern und Jugendlichen Fake News sind ein Phänomen, das viele Recherchetechniken ein. Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen verunsichert, das sich aber beherrschen verwenden Online-Suchmaschinen als In- Für den Einsatz im Unterricht bietet der lässt. Diese Möglichkeit bietet der SWR formationsquellen (JIM-Studie 2016). Wei- SWR die eigens entwickelte Funktionali- mit „Fakefinder for school“. Im Arbeits- tere beliebte Quellen sind YouTube, soziale tät eines virtuellen Klassenraumes an. Die kreis wurde er praktisch und anhand ganz Netzwerke und Wikipedia. Nur wenige Lehrkraft kann die Arbeit der Klasse verfol- aktueller Beispiele vorgestellt. nutzen journalistische Nachrichtenportale. gen und den Lernfortschritt der einzelnen » » Phänomen Fake News Schülerinnen und Schüler kontrollieren. Eine US-Studie zeigt, Schülerinnen und Fake News lehnen sich im Stil an ech- Schüler achten weniger auf Quellen, sie Das browserbasierte Spiel kann unter te Nachrichten an. Sie werden gezielt in vertrauen vor allem detailreichen Texten SWR.de/fakefinder aufgerufen werden. Umlauf gebracht. Häufig sind sie politisch und Bildbelegen. Kindern und Jugendli- motiviert. Sie werden allerdings auch als chen fällt es schwer, Relevanz und Wahr- Gerhard Hein Satire oder „Klick-Falle“ genutzt. Manch- heitsgehalt herauszufinden. es als unbedingt notwendig an, dass die Arbeitskreis 5 Schülerinnen und Schüler in der Schule » »Digitalisierung in der Ausbildung gezielter auf diese Herausforderung vor- » » Referenten: Andreas Fels, Industrie- und bereitet werden. Handelskammer, Berthold Raab und Felix Kressmann, Eine gute technische Ausstattung reiche Boehringer Ingelheim – Moderator: Christoph Krier hierfür keinesfalls aus. Die Arbeit mit PDF- Dokumenten, das Anlegen von systemati- Im Rahmen der fortschreitenden Di- » » Digitalisierung und Bewer- schen Ordnerstrukturen und die elektro- gitalisierung stehen die Unterneh- bungen, Auswahlverfahren nische Kommunikation als wesentliche men, Schulen und Bildungsinstitute Bewerbungen und Auswahlverfahren in Grundlagen für eine erfolgreiche Bewer- sowie nicht zuletzt die Schülerinnen größeren Unternehmen erfolgen mittler- bung sollten ihrer Meinung nach verstärkt und Schüler selbst vor großen He- weile fast ausschließlich digital. Gleiches Berücksichtigung in der schulischen Be- rausforderungen. Der Arbeitskreis gilt für die damit in Zusammenhang ste- rufsorientierung finden. behandelte die Themenkomplexe hende Kommunikation zwischen Bewer- „Digitalisierung und Bewerbungen, » » Digitalisierung und Ausbildung bern und Unternehmen. Auswahlverfahren“ und „Digitalisie- Die Ausbildung selbst ist ebenfalls ge- rung und Ausbildung“. Weiterhin gab Berthold Raab (Boehringer, Talent, Lea- prägt durch einen hohen digitalen Anteil. er Hinweise, wie Schulen den digita- dership & Org. Effectivness) und Andreas Blended–Learning, Lern- und Kollabora- len Veränderungen in der Arbeitswelt Fels (IHK Rheinhessen, Abteilungsleiter tionsplattformen, der digitale Ausbil- Rechnung tragen müssen. gewerblich-technische Ausbildung) sehen dungsnachweis und elektronisch gestützte 11
„Heft im Heft“: Ingelheimer Fachkongress 2019 Prüfungen gehören heute zum Alltag der gibt zur Verdeutlichung u.a. einen Einblick gebaut werden. Aber auch die flächende- Auszubildenden. So sehen sich diese mit in die Ausbildung 4.0 und in diesem Zu- ckende Einrichtung digitaler Schulportale Eintritt in ihre Ausbildung mit einer für sie sammenhang in seinen „digitalen“ Ar- zur Kommunikation zwischen Lehrkräften völlig neuartigen digitalen Herausforde- beitsalltag. und Schülerinnen und Schülern sehen die rung konfrontiert, denn die Kompetenzen Auszubildenden als Chance. Gemeinsam mit weiteren Auszubilden- im Umgang mit digitalen Medien im pri- den in unterschiedlichen Berufsfeldern, Katharina Bitz vaten Umfeld und denen, die die Arbeits- formuliert er Ansätze und Visionen für welt betreffen, sind keineswegs deckungs- Unterricht und Schule, die eine bessere gleich. Vorbereitung auf die digitale Arbeitswelt Felix Kressmann (IT-Student, absolviert ein gewährleisten sollen. Die Arbeit mit dem Duales Studium bei Boehringer Ingelheim) PC müsse verstärkt in den Unterricht ein- Andreas Fels (mittleres Foto, li.): IHK Rheinhessen, Abteilungsleiter Felix Kressmann, IT-Student, gewerblich-technische Ausbildung; Berthold Raab (re): Boehringer, absolviert ein Duales Studium bei Talent, Leadership & Org. Effectivness; Boehringer Ingelheim Aussteller » » Cornelsen-Verlag » » Deutsche Beamtenver- Der Cornelsen Verlag zählt zu den sicherung (DBV) großen Anbietern für Bildungs- Im Angebot der DBV sind die medien im deutschsprachigen Bereiche Krankenversicherung, Raum und wird schon viele Jahre Unfallversicherung, Dienst- in Ingelheim von den Schulbera- Haftpflichtversicherung und tern Bernhard Köhler und Mattias Alterssicherung. Als besonde- Cassens repräsentiert. Im Bereich rer Service wird eine informelle der digitalen Medien bietet der Berechnung der Ruhestandsbe- Verlag seit mehreren Jahren sei- züge mit Beratung angeboten. ne Schulbücher auf der Plattform Die Deutsche Beamtenversiche- www.scook.de als E-Books an. rung (DBV) wurde dieses Mal Mit dem „Unterrichtsmanager“ von den Herren Marchlewitz, bietet Cornelsen eine integrierte Moeller und Weiß vertreten. Umgebung von Buch und Begleit- https://www.dbv.de/Home materialien an. » » Achtung: Fake News! www.cornelsen.de/home Das Buch wird auch in Zeiten » » Klett-Verlag der Digitalisierung nicht an Bedeutung verlieren. Gunnar Döll, Die Qualität der Bildung in einer Gesellschaft ist maßgeblich für Buchhändler in Bingen, präsentierte „Achtung: Fake News!“. ihre wirtschaftliche Zukunft. Die Bildung wird nicht zuletzt darü- Armin Himmelrath und Julia Egbers beleuchten in ihrem Buch ber entscheiden, ob unsere demokratischen Gesellschaften in der die Geschichte der Fälschungen und Falschmeldungen. Sie zei- Lage sind, ihre liberalen, offenen Gemeinwesen zu einem lebens- gen, wie es um die Vertrauenswürdigkeit verschiedener Medien werten Ort für möglichst viele weiterzuentwickeln. Die Klett Grup- steht, und skizzieren, wie Schule, Gesellschaft und Politik durch pe, ihre Unternehmen und ihre Mitarbeiter wollen dazu beitragen, die neue Medienrealität herausgefordert werden. die Bildung im Sinne jedes Einzelnen und im Sinne unserer Ge- sellschaft als Ganzem zu kräftigen. Der Klett-Verlag hatte seinen Martin Radigk Schulvertreter für Rheinland-Pfalz, Daniel Faßbender, entsendet. https://www.klett.de/ 12 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
Im Mittelpunkt der Nachmittagsveranstaltung standen Grundsatzreden vom VDR-Bundesvorsitzenden Jürgen Böhm zum Thema „Chancen und Grenzen beim Einsatz digitaler Medien“ und vom Hauptredner ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey zum Thema „Qualitätsjournalismus in Zeiten des Populismus“ mit anschließender Fragerunde mit Dr. Peter Frey, die von Bernd Karst moderiert wurde. Der Landesvorsitzende Timo Lichtenthäler ging in seiner Begrüßungsrede auf den Digitalpakt Schule ein und stellte heraus, welche Erwartungen und Forderungen der Verband an das Land hat. Landesvorsitzender Timo Lichtenthäler » »Die Digitalisierung verändert die Welt, die Gesellschaft, die Bildung. Forderung nach einem „DigitalpaktPlus“ VRB Landesvorsitzender Timo Lichtenthä- Aus dem hohen ler konnte im Namen des Landesvorstan- Norden angereist des wieder viele Gäste und Teilnehmer ist heute die Lan- begrüßen. Mit Blick auf die Anwesenden desvorsitzende stellte er fest, dass diese sowohl zu den des IVL Schleswig- „digital immigrants“ als auch zu den „di- Holstein Grete gital natives“ gehörten und das Thema Rhenius. Aus des Kongresses wohl auf generationsüber- rheinland-pfäl- greifende Akzeptanz stieße. zischer Sicht be- grüße ich herzlich „Es ist uns eine besondere Freude und leiterin Elke Schott (re.), Christiane die ehemalige Landesvorsitzende Jutta auch Ehre, dass wir auch in diesem Jahr Schönauer-Gragg (2.v.re.) sowie Chris- Grabkowsky und unseren Ehrenvorsit- hier in der Fridtjof-Nansen-Akademie die tine Eschborn-Müller (3.v.re.) willkom- zenden Bernd Karst. zur Tradition gewordene freundschaftli- men. Die Schulaufsicht der Außenstelle che Kooperation fortführen dürfen. Dafür Neustadt wird heute vertreten durch die möchte ich Herrn Dr. Pfeil und seinem koordinierende Referentin Rosemarie Team ganz herzlich danken. Höh-Eymael (3.v.li.) und den Leiter des Referats 35 Ralf Schaubhut (2.v.li.). Für die Schulleitervereinigung Realschulen plus begrüßen wir Manfred Schabowski (li.). Vom Pädagogischen Landesinstitut, hier vom Zentrum für Schulleitung, ist die Leiterin Dr. Karla Weber heute unser Gast. Vom Zentrum für Lehrerbildung Wir heißen willkommen den stv. dbb-Lan- der Universität Koblenz-Landau heiße ich desvorsitzenden Jürgen Kettner (3.v.li.) Dr. Karin Knop herzlich willkommen. und von den befreundeten Verbänden den Aus dem rheinland-pfälzischen Landtag Des Weiteren begrüßen wir die Vorsitzen- Landesvorsitzenden des VLW Karl-Heinz begrüßen wir die bildungspolitische Spre- de des Bereichs SCHULE von der Landes- Fuß (re.), die stellvertretende Landesvor- cherin der FDP-Fraktion Helga Lerch, den arbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT sitzende des VBE Barbara Mich (Mitte), Landtagsabgeordneten der CDU-Fraktion Doris John, den Landeselternsprecher Dr. vom Philologenverband RLP den Pressere- Thomas Barth (mitte) und von der SPD- Thorsten Ralle, den Präsidenten der TH ferenten Jochen Ring (li.). Verbandsintern Landtagsfraktion Daniel Schäffner. Bingen Prof. Dr. Klaus Becker. begrüße ich den Bundesvorsitzenden des Von der Abteilung 4B des Bildungsminis- VDR Jürgen Böhm.“ (2.v.li) teriums heiße ich die neue Abteilungs- 13
„Heft im Heft“: Ingelheimer Fachkongress 2019 » » Auftrag der Schule im digitalen zukunftsgewandten digitalen Unterricht. „Wir Lehrkräfte besitzen Zeitalter Geld für digitale Technik bereitstellen – das weder das Know-how noch die Das Motto „Ein Like für gute Bildung!“ reicht eben nicht.“ Zeit für Wartungs- und aufgreifend ging Timo Lichtenthäler auf Reparaturaufgaben. Die Rolle die Arbeitskreise ein und warf die Frage „Die Verantwortung der der Lehrkräfte ist eine andere!“ auf, welchen Auftrag Schule bezüglich Politik für die Digitalisierung der Schulen endet nicht mit dem Di- » » Forderung nach Digitalisierung habe. „Wenn digitale Tech- gitalpakt – sie fängt damit an.“ einer Investitionsoffensive nologien im Alltag eine solch dominante Bedeutung besitzen, dann sind die Kom- Auf große Resonanz stieß der Landesvor- » » Forderung nach einem sitzende bei den Zuhörern mit weiteren petenzen der Nutzung digitaler Technolo- DigitalpaktPlus Forderungen, die er als wesentlichen Be- gien Fertigkeiten, die sich bei den Kultur- techniken Lesen, Schreiben und Rechnen Durch den Digitalpakt sei genau festgelegt standteil eines DigitalpaktPlus sehen will. einreihen.“ worden, in welche Bereiche die Mittel des • Freiräume für Lehrkräfte Bundes und der Länder fließen sollen. Die » » Finanzmittel des Digitalpakts und Entlastungen Länder, und damit auch Rheinland-Pfalz, allein reichen nicht aus • Freistellungen aufgrund der hätten sich verpflichtet, eigene Mittel zur Schule, so Timo Lichtenthäler, müsse Verfügung zu stellen. Der Verband fordere Heterogenität also die digitalen Technologieprozesse in die Landesregierung auf, einen Digitalpakt- • Absenkung der Klassenmesszahl ihre Arbeit aufnehmen, um im Werben Plus zu beschließen, der die notwendigen • Absenkung des Unterrichtsdeputats um neue Schülergenerationen nicht ab- Landesmittel u. a. für Anwendungsbetreu- auf 24 Lehrerwochenstunden gehängt zu werden. Schule müsse aber ung, ein schlüssiges Fortbildungskonzept auch die erforderlichen Rahmenbedin- und Entlastungen bereitstelle. Der VRB fordere eine Investitionsoffensive, gungen einfordern, um nicht voreilig auf die angesichts der aktuellen Erziehungs- dem rasanten Zug der Digitalisierung zu „Für das Plus ist und Bildungsherausforderungen das Ziel entgleisen. Die Politik habe inzwischen das Land zuständig!“ habe, die Unterrichtsqualität an Realschu- den Digitalpakt beschlossen: „Fünf Milliar- len plus und an Integrierten Gesamtschu- den Euro wird der Bund in den nächsten » » Anwendungsbetreuung len zu sichern. Jahren für die Digitalisierung der Schulen ist überholt ausschütten. Rechnet man die Mittel dazu, Schulen, so die Einschätzung von Timo „Wir fordern einen die der Bund für schnelles Internet ausge- Lichtenthäler, benötigten zweierlei, näm- DigitalpaktPlus, der all die notwendigen systemischen ben will (und auch hier sollen die Schulen lich eine verlässliche Technik und Personen, und personellen Verbesserungen Vorrang haben) und das, was so man- die die Technik pflegen könnten. Die mo- vollumfänglich einbezieht. che ehrgeizige Kommune zusätzlich auf- mentan noch gültige Formel zur Anwen- Der VRB fordert ein Like für wendet, kommt alles in allem schon eine dungsbetreuung sei mehr als überholt. Die gute Bildung.“ hübsche Summe zusammen, mit der sich Schulen benötigten eine dauerhafte Un- viel bewegen lässt.“ Doch mit der „mo- terstützung nicht nur bei der Installation, netären Spritze“ allein sei es nicht getan: sondern auch bei der Unterhaltung der Jutta Okfen „Der Digitalpakt ist eine notwendige, aber digitalen Werkzeuge durch IT-Fachkräfte keine hinreichende Bedingung für einen und Systemadministratoren. 14 Reale Bildung in Rheinland-Pfalz 3–4/2019
VDR-Bundesvorsitzender Jürgen Böhm » »Chancen und Grenzen beim Einsatz digitaler Medien Jürgen Böhm stellte eingangs seine unterschiedlichen Funktionen dar, in denen er Berüh- intelligente, gut ausgebildete und digita- rungen zum Thema Digitalisierung hat. In einem beeindruckenden Streifzug durch die The- lisiert orientierte Arbeiter mit einem mitt- menfelder „Gesellschaft“ „Bildung“, „öffentlicher Dienst“ und „Ethik“ zeigte er deren leren Schulabschluss, der alle Wege nach Bedeutung für die Zukunft auf. oben eröffnet.“ » » Gesellschaft » » Öffentlicher Dienst berufliche Bildung wieder zu stärken. Die Digitalisierung ordnet Jürgen Böhm Science-Fiction. Deutschlands öffentli- als Revolution ein. Er prognostiziert, dass » » Bildung cher Dienst im Jahr 2035: Bürgerämter eine radikale Umwälzung der Gesellschaft Die Digitalisierung werde, so Jürgen sind dünn gesät. Die wenigen Kinderta- gerade erst beginne. Deren Folgen sei- Böhm, auch für die Bildung eine wichtige gesstätten platzen aus allen Nähten. Gute en noch nicht abzusehen. Er warnt aus- Rolle spielen. Es gehe in der Schule doch öffentliche Schulen gibt es nur noch in drücklich vor einem allzu euphorischen darum, Kinder und Jugendliche auf die Baden-Württemberg und Bayern. Zulas- Zukunftsbild. Ebenso lehnt er es ab, die Realität bzw. auf die Zukunft vorzuberei- sungsstellen sind lediglich für großzügig negativen Auswirkungen der Digitalisie- ten. Digitalprozesse setzten umfassende zusammengefasste Landkreise verfügbar. rung zu dramatisieren: „Die Wahrheit liegt Bildung voraus. Ohne Grundlagenwissen Polizei und Feuerwehr können 50 Prozent zwischen digitaler Demenz und ungebro- bleibe alle Digitalisierung ohne Substanz. ihrer Einsätze gar nicht mehr oder nur chener Zukunftseuphorie.“. Unstrittig sei Daher müsse Bildung digitalisiert werden, noch mit einer Minimalbesetzung fahren. jedoch, dass wir uns im Bildungsbereich eine „digitale Bildung“ oder gar „digita- Bauanträge werden so langsam bearbei- der Digitalisierung nicht entziehen kön- le Kompetenzen“ existierten in seinen tet, dass der Schwarzbau fröhliche Ur- nen. Denn eine Zukunft ohne Digitalisie- Augen nicht. Schülerinnen und Schüler stände feiert, der Zoll kann die ausufern- rung sei schlicht nicht vorstellbar. benötigten analoge Kompetenzen wie de Schwarzarbeit nicht mehr eindämmen. Lesen, Rechnen und Schreiben, um sich in Wirtschaftsberater haben weite Teile der Durch die Digitalisierung habe sich die Be- der digitalen Welt zurechtfinden zu kön- Verwaltung unter Kontrolle, während rufswelt verändert: Die Zahl der Produkti- nen. Wolle also Schule auf das „reale Le- große Anwaltskanzleien Gesetze schrei- onsarbeiter werde weniger, die der „Wis- ben“ vorbereiten, dann müsse sie analoge ben. Bürgerinnen und Bürger sind zum sensarbeiter“ und der „Servicearbeiter“ Grundkompetenzen als Kompass für die Spielball des Staatsversagens geworden nehme zu. Allerdings müssten auch künf- digitale Welt mitgeben. und können den Mangel an öffentlichem tig immer noch Menschen in der Produk- Personal nicht online ausgleichen, weil tion beschäftigt werden. Daher ist es pro- Lehrkräfte sollten die Möglichkeiten mo- Deutschland die Digitalisierung öffent- blematisch, wenn die Duale Ausbildung derner IT nutzen, um schulische Arbeits- licher Infrastrukturen verschlafen hat. zugunsten der akademischen Bildung abläufe effektiver zu gestalten und damit IT-Fachleute arbeiten eben lieber für die weiter abqualifiziert wird. Jürgen Böhm ihre Lehre zu verbessern. Dazu würden freie Wirtschaft statt für das untergehen- befürchtet, dass die benötigten Wissens- nicht nur Fortbildungsangebote, sondern de Schiff öffentlicher Dienst. und Servicearbeiter in der Konsequenz auch Freiräume im immer stärker verdich- Aus: dbb beamtenbund und tarifunion: dann auch nicht zur Verfügung stehen. Es teten schulischen Arbeitsalltag benötigt. Mitnehmen und Mitgestalten. Thesen zur liege also im Interesse der Gesellschaft, die Er zeigte sich überzeugt: „Wir brauchen Digitalisierung. Juni 2018, S.1 15
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